1893 / 66 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

sehr das Schulwesen im Osten infolge dieses Spstems noch im Argen liegt, wieviel da noch zu thun ist, weiß jeder. Die Agrarier verlangen nun auch noch Bestrafung des Contractbruchs. Davon ist aber eine wirk⸗ same Abhilfe gar 85 zu erwarten; viel bessere Früchte wird die Seßhaftmachung der ländlichen Arbeiter tragen. In dieser Richtung sollten alle Parteien zusammenwirken. 8 B

Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssecretär Dr. von Boetticher das Wort. ““

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 3. Sitzung vom 17. März. . Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Justiz⸗ Minister Dr. von Schelling und der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse bei. 8 Der Erste Vice⸗Präsident Freiherr von Manteuffel gedachte zunächst des verstorbenen Präsidenten des Herren⸗ hauses Herzogs von Ratibor, zu dessen Andenken sich die Mitglieder des Hauses von den Plätzen erhoben. (Schluß des Blattes.)

8

Haus der Abgeordneten. 54. Sitzung vom 17. März.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei.

In dritter Berathung wird der Gesetzentwurf über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadt⸗ kreises Kiel ohne Debatte angenommen.

Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs zur Abänderung der 88 26 bis 30 des Gesetzes, be⸗ treffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren, wonach der Steuersenat des Ober⸗Verwaltungsgerichts auf Beschluß des Staats⸗Ministeriums in Kammern eingetheilt werden kann.

Abg. Dr. von Gneist (nl.) weist auf die übergroße Zahl von Steuerreclamationen hin, mit denen sich der Steuersenat infolge des neuen Einkommensteuergesetzes zu beschäftigen habe, sodaß eine Ver⸗ zögerung der Entscheidungen eintreten müsse, deren Beseitigung im Interesse der Steuerzahler dringend wünschenswerth sei. Der Gesetz⸗ entwurf enthalte auch genügend Cautelen, um etwaige Uebelstände aus der Theilung des Senats in Kammern zu verhindern. Eine Commissionsberathung halte er nicht für erforderlich.

Abg. von Buch (cons.) hält gleichfalls die Annahme der Vor⸗ lage ohne Commissionsberathung für angemessen. Ihm schließen sich die Abgg. Im Walle (Centr.), von Tiedemann⸗Labischin (freicons.) und Czwalina (dfr.) an.

In der sofort erfolgenden zweiten Berathung beantragt Abg. Czwalina (dfr.), im § 3, nach welchem Be⸗ schwerden von grundsätzlicher Bedeutung der Entscheidung des Steuersenats vorbehalten bleiben können (nicht einer einzelnen

Kammer), das Wort „können“ durch „müssen“ zu ersetzen.

Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg bittet um Ablehnung dieses Antrags, da sonst auch alle schon einmal entschiedenen principiellen Fragen nochmals dem

Abg. Dr. von Gneist (nl.) erklärt sich gleichfalls gegen den Antrag, ebenso die Abgg. Freiherr von der Reck (cons.) und Im Walle (Centr.). .

Der Antrag Czwalina wird abgelehnt. wird der Gesetzentwurf g8. Debatte angenommen.

Es folgt die erste Berathung des Antrags der Abgg. Kolisch (d 4 und Genossen auf Annahme eines Gesetz⸗ entwurfs zur Abänderung des Gesetzes vom 20. Mai 1882, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten.

Abg. Kolisch (dfr.) befürwortet den Antrag mit dem Fe darauf, daß nach dem erwähnten Gesetze die Wittwen der Staats⸗ beamten schlechter gestellt seien als die der Geistlichen, insofern den Wittwen der ersteren, wenn sie 15 Jahre älter sind als der Ver⸗ storbene, das Wittwengeld für jedes Jahr des Altersunterschiedes um 1/,20 gekürzt wird, während die Kürzung für die Wittwen der Geist⸗ lichen nur ¼40 beträgt.

Der Abg. Franke⸗Tondern (nl.) spricht für die Ablehnung des Antrags. 8 18

Der Antrag wird darauf der Budgetcommission über⸗ wiesen. Es folgt die Berathung des Antrags des Abg. Lerche (dfr.): Die Regierung zu ersuchen, in den Etat für 1894/95 die er⸗ forderlichen Mittel einzustellen, um alle infolge der Geschäfts⸗ vermehrung nicht bloß vorübergehend, sondern dauernd mehr erforderlich gewordenen Richterstellen mit etats⸗ mäßigen Richtern zu besetzen.

Abg. Lerche (dfr.) führt aus, daß der Justiz⸗Minister sich bereits im Princip mit seinem Antrag einverstanden erklärt habe. Der Antrag wolle nicht das Hilfsrichterwesen ganz beseitigen, sondern es nur be⸗ schränken an den Stellen, wo eine dauernde Vermehrung der Richter⸗ stellen nöthig sei. Mit Rücksicht auf die parlamentarische Gepflogen⸗ heit, in den Etat keine weiteren Ausgaben durch die Initiative des Hauses einzustellen, habe er diesen Antrag nicht zu dem Etat für 1893/94 gestellt, er halte es aber für dringend nöthig, daß die Re⸗ gierung in den nächsten Etat die erforderlichen Mittel einstelle. Es handle sich hier nicht um die Lage der Hilfsrichter, sondern um die höheren Interessen einer geordneten Rechtspflege, aber die Hilfsrichter hätten auch einen Anspruch auf etatsmäßige Anstellung. Das Gerichtsverfassungsgesetz verlange die Besetzung aller erforder⸗ lichen Richterstellen mit angestellten Richtern, spreche aber nicht von Hilfsrichtern. Auf die finanzielle Seite der Frage könne es hierbei nicht ankommen. Die Durchführung seines An⸗ trages würde nur 100 800 erfordern, und diese Mittel müßten im Interesse der Rechtspflege unter allen Umständen bereit gestellt werden. Die Verfassung verlange gewisse Garantien für den Richterstand, vrn in dem Hilferichterwesen nicht zu finden seien. Unser Richterstand stehe ja so hoch, wie nur irgend ein Richterstand, aber es müsse auch alles gescheben um ihn auf aner Höhe zu erhalten. Er beantrage die Ueberweisung seines Antrages an die Justiz⸗ commission. 8 .

Geheimer Justiz⸗Rath Vierhaus beruft sich auf die frühere Erklärung des Justiz⸗Ministers, daß die Justizverwaltung principiell den Uebelstand anerkannt habe und bestrebt sei, die gesetzlich vor⸗ geschriebene Besetzung der Hilfsrichterstellen mit etatsmäßigen Richtern durchzuführen, aber die Finanzlage habe diese Absicht bisher vercitelt; die Justizverwaltung werde aber auch weiter sich um eine Verbesserung der Sache bemühen. Redner be⸗ treitet sodann einige Angaben des Vorredners über die zu geringe Besetzung der Richterstellen in Beuthen, bemerkt, daß die Einführung der Dienstalterszulagen für die Richter im nächsten Jahr noch nicht in Aussicht genommen werden könne, und führt aus, daß der Ver⸗ leihung des Stimmrechts als Richter an Assessoren ein gesetzliches

Im übrigen

Hinderniß nicht entgegenstehe, die Integrität des Richterstandes lie in guten Händen und die Justizverwaltung thue alles Erforderlichte um sie zu wahren. 1 bG 3

Abg. Korsch (cons.) stimmt der Commissionsberathung zu, be⸗ antragt aber die Ueberweifung an die Budgetcommission, da et sich hier hauptsächlich um eine finanzielle Frage handele.

Abg. Rveren (Centr.) spricht sich für den Antrag Lerche aus; die dauernd geschaffenen Richterstellen müßten auch mit etatsmäßigen Richtern besetzt werden. Er wünsche die Ueberweisung des Antrages an die Justizcommission, was auch die Abgg. Brandenburg (Centr.), Krah (freicons.) und Schmidt⸗Warburg (Centr.) befürworteten.

Der Antrag Lerche wird der Justizcommission über⸗ wiesen. (Schluß des Blattes.)

Die Militärcommission des Reichstags, die gestern die zweite Lesung der Militärvorlage begann, hat heute bei der Schlußabstimmung sowohl die gestellten Abänderungs⸗ anträge, wie die Regierungsvorlage selbst und zwar letztere gegen sechs Stimmen verworfen. Hiermit ist die Arbeit der Commission bis auf die Fertigstellung des dem Abg. Gröber (Centrum) übertragenen schritlichen Berichts beendigt: die Verlesung dieses Berichts soll nach Ostern, zwischen dem 14. und 17. April, erfolgen.

Der deutschfreisinnige Abgeordnete Hinze veröffentlicht, wie die „Nat.⸗Ztg.“ mittheilt, einen offenen Brief an seine Wähler, worin er, mit Bezug auf eine angeblich bei ihnen bestehende Miß stimmung gegen ihn, sagt:

„Ich bedauere, daß eine solche Mißstimmung vorhanden ist, tröste mich aber hierüber mit dem Bewußtsein, durch ernste und anhaltende Arbeit zu einer besseren Erkenntniß der Be⸗ deutung der Militärvorlage in ihren einzelnen Theilen und in ihrem Zwecke gekommen zu sein, als vor meinem Eintritt in die Militärcommission. Der hieraus entstandenen Ueberzeugung habe ich offenen, ehrlichen und begründeten Ausdruck gegeben. Wenn ich nun in dieser meiner Ueberzeugung mich nicht im Einklang befinde mit einem Theile meiner parlamentarischen Fgektonsgenossen und mit den Parteigenossen des Fürstenthums, so befinde ich mich doch in vollstem Einklang mit dem Programm der deutschfreisinnigen Partei, auf welches hin ich die Ehre hatte, mich um das Mandat des Wahlkreises zu bewerben und dasselbe auch zu erhalten. Der Ar⸗ tikel V des Programms vom 5. März 1884 lautet: „Erhaltung der vollen Wehrkraft des Volkes; volle Durchführung der allgemeinen Dienst⸗ pflicht bei möglichster Abkürzung der Dienstzeit; Feststellung der Friedenspräsenzstärke innerhalb der Legislaturperiode. Aus dem Rahmen dieses Programms, zu dessen strengster Innehaltung ich meinen Wählern gegenüber verpflichtet bin und bleibe, bin ich auch nicht um eines Haares Breite herausgetreten. Innerhalb dieses Programms aber muß ich für mich, als Abgeordneten, das Recht freier Bewegung in Anspruch nehmen dürfen. Nur hierdurch fühle ich mich in der Lage, eine feste Ueberzeugung von dem gewinnen zu können, was ich für das Wohl des gesammten Volks und des ganzen Vaterlandes als ersprießlich, nothwendig und zu schaffen auch für möglich halte. Nur in diesem Streben und fest⸗ stehend auf dem weiten Boden eines entschiedenen Liberalismus, habe ich bis zur Stunde mein Mandat ausgeübt, werde in Zukunft das⸗ selbe weiter ausüben und werde endlich zu gegebener Zeit dem ge⸗ sammten ersten Wahlkreise des Großherzogthums Oldenburg gern und offen Rechenschaft über mein Verhalten ablegen.“

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Senat vorgelegt werden müßten.

Wetterbericht vom 17. März, 8 Uhr Morgens.

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Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres

8 .

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Temperatur in 0 Celsius

8 . 9 4 heiter Christiansund 35 S 1 wolkenlos Kopenhagen. W 2 Dunst

Stockholm. 736 W 8 Schnee

aranda. 732 N 4 wolkenlos t Petersburg 736 SW 3 bedeckt oskau... 752 S edeckt

1 752 WSW I bedeck

763 WNW 3bheiter 761 WNW 6 beiter 752 W s wolkig 747 WNW F5 bhalb bed. ¹) 750 WSW 3 halb bed. ²) winemünde 749 WSW A beiter) Neufahrwasser 748 W 5 wolkig Memel 7748 S bedeckt ⁴) nis 761 WSW Zwolkenlos ünster. 753 SSW 2 6bbalb bed. Karlsruhe.. 758 SW Regen ⁵) Wiesbaden. 757 W halb bed.”9) München.. 758 SW wolkig?) Chemnitz. 755 WSW A bedeckts) 66752 bedeckt ³) Hö6757 wolkig Breslau 752 bedeckt Fle d'Aix .. 763 bedeckt Nizza.. 760 wolkig . 760 bedeckt

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¹) Starke Hagelböen. ²) Nachts Regen. ³) Abends Regen, Morgens Schneece. 9. Nachte Regen. ⁵) Gestern Regen. ³) Nachts Regen. ⁷) Nachts Regen. ³) Morgens Regen und Schnee. ⁷) Nachts Regen. 8

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Minimum, welches gestern an der mittleren norwegischen Küste lag, ist ostsüdost⸗ wärts nach Finland fortgeschritten, während ein Theilminimum über der südlichen Nordsee in Ent⸗ wickelung begriffen ist, unter 8 Einfluß die Winde daselbst stark aufgefrischt sind. Ein barome⸗ trisches Maximum liegt vorm Kanal. Die Abküh⸗ lung, welche sich gestern über den Britischen Inseln zeigte, hat sich suͤdostwärts auch über Deutschland ausgebreitet, wo die Temperatur vielfach etwas unter den Mittelwerth herabgegangen ist. Bei lebhafter Feeetlsche. bis nordwestlicher Luftströmung ist das

ter in Deutschland trübe und vielfach regnerisch, allenthalben ist Regen oder Schnee gefallen. Keitum meldet Hagelböen, Cuxhaven Gewitter, auch zu Wien fand gestern Nachmittag ein Gewitter statt. 8 Deutsche Seewarte.

Fheater⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 69. Vorstellung. Der Freischütz. Ro⸗ mantische Oper in 5 Aufzügen von Carl Maria v. Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung von August Apels). Neu in Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 76. Vorstellung. Othello, der Mohr von Venedig. Trauerspiel in 5 Auf⸗ zügen von William Shakespeare. Uebersetzt von August Wolf Graf Baudissin (Schlegel⸗Tieck). An⸗ fang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 70. Vorstellung. Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Aufzügen von Carl Maria v. Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen gesehging. An ust Apels). Neu in Scene gesetzt vom Ober⸗ hcsear Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 77. Vorstellung. Vafantasena. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Talisman. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Zwei glückliche Tage.

Montag: Der Talisman.

Sonnabend Der

Berliner Theater. Sonnabend: Kean. An⸗ fang 7 Uhr.

Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Hütten⸗ besitzer. Abends 7 ½ Uhr: Hamlet.

Montag: Der Kanfmann von Veuedig.

Lessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Die Tragödie des Menschen. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Die Tragödie des Menschen.

Montag: Heimath.

Dienstag: Die Tragödie des Menschen.

Wallner-Theater. Sonnabend: Die Rosa⸗ Dominos. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Die Rosa⸗Dominos.

Voranzeige. Donnerstag, 23. März: 1. Gastspiel von Hedwig Niemann. Cyprienne. A tempo.

Preise unverändert. Vorverkauf von Montag ab an der Tageskasse. ““

48

Friedrich⸗Wilhelmstüdtisches Theater.

Chausseestraße 25.

Sonnabend: Der Bettelstudent. Operette in 3 Acten von F. Zell und Richard Genée. Musik von Carl Millöcker. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Der Bettelstudent.

Sonnabend, 25. März: Zum 1. Male: Neu! Capitän Fracassa. Neu! Hyerette in 3 Acten von F. Zell und R. Genée. Musik von R. Dellinger.

Residenz⸗Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum 8. Male: Die beiden Champignol. (Champignoel malgré Iui.) Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvalliéres. Deutsch von Benno Jacobson. In Sceene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Kroll's Theater. Sonnabend: Der Waffen⸗ schmied. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Fra Diavolo.

Montag: Dritte populäre Vorstellung und letztes Gastspiel von Sgra. Emma Nevada. Die Nacht⸗ wandlerin.

Victoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. Großes Aus⸗ stattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) von A. d'Ennery und Jules Verne. Ballet arran⸗

irt vom Balletmeister C. Severini. Musik von

ebillemont und C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Die Reise um bdie Welt in achtzig Tagen.

Neues Theater (am Schiffba Sonnabend: Zum letzten Male: Durch die utendanz. Preislustspiel in 5 Acten von E. Henle. Hierauf: Die Lore. Von O. E. Hart⸗ 1 (Frau Hachmann⸗Zipser als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Adrienne Lecouvreur. Schauspiel in 5 Acten von Scribe u. Legouvé. (Frl. Barkany a. G.)

Theater Unter den Linden. Sonnabend: Zum 65. Male: Lachende Erben. Operette in 3 Aecten von Horst und Stein. Musik von Carl Weinberger. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Binder. Dirigent: Kapellmeister A. Ferron. Die militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von Gundlach. Vollständig neue Ausstattung an Deco⸗ rationen und Kostümen. Hierauf: Zum 86. Male: Die Sirenen⸗Insel. Ballet in 1 Act von H. Regel. Musii von R. Mader. Der choreogr. Theil von Jos. Haßreiter. Inscenirt durch den Ballet⸗ meister Herrn L. Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Zum 80. Male: Modernes Babylon. Gefangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theilweise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Gesammt⸗Gastspiel des Wiener Eu⸗ semble unter Leitung des Directors Franz Josef

Graselli. Zum 8. Male: Ihr Korporal. Posse mit Gesang in 5 Acten von Carl Costa. Most

von Carl Millöcker. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorftellung.

(Sensationeller Erfolg.)

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 —11 Uhr.

Concerte.

Conrert-Haus, Leipzigerstraße 48. Sonnabend: Karl Meyder⸗Concert. Strauß⸗Suppé⸗Millöcker⸗ Offenbach⸗Abend. Anfang 7 Uhr.

Saal Bechstein, Linkstraße 42. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr: Concert des „Pariser Trio“, bestehend aus Mme. Berthe Breitner⸗Haft (Violine), Mr. L. Breituer (Klavier), Mr. F. Ronchini (Cello).

Circus Renz (Carlstraße.) Sonnabend, Abende

7 ¼ Uhr: Große Gala⸗Vorstellung. CEin Künstlerfest. 2☚

Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballet⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht⸗ und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt vom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗ sammten Personals. Neue Einlagen mit groß⸗ artigen Lichteffecten. 8☛☚ Kinder⸗Orchester neu besetzt, neue Musik. 2ug Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Brillant⸗ Feuerwerk. Außerdem u. a.: Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. 6 Springpferde, in Freiheit dressirt und vorgeführt vom Director Fr. Renz ꝛc.

Sonntag: 2 große Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei): Die lustigen Heidelberger. Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest.

nA.s KETEIMAbx-KxCAH aEETKEEnaANnaeeeeman Familien⸗Nachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Grafen Wilhelm von Pourtalês (Neudöbern). Hrn. Alfred von Dazur (Tschachawe bei Trebnitz in Schles.).

Gestorben: Fr. Margarete von Sittmann, geb. von Besser (Zurow). Fr. Superintendent Anna Hildebrandt, geb. ag es (Babbin bei Warten⸗ berg i. Pomm.). Verw. Fr. Berg⸗ und Hütten⸗ Inspector Auguste geb. Lindenau (Landeck).

Grabruque,

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

i Staats⸗ e eaa928. Perascn scher Schuld⸗

verschreibungen und Münster Hammer Eisen⸗ bahn⸗Stammactie.

Er st

Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi

„Freitag, den 17. März

Berlit

Privilegium wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender An⸗ leihescheine der Stadt Aachen im Betrage von 5 500 000 Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. Nachdem die Stadtverordneten⸗Versammlung der Stadt Aachen

in ihren Sitzungen vom 15. September 1891 und 23. August 1892

beschlossen hat, die zur Anlage eines Schlacht⸗ und Viehhofes, zum Bau eines Realgymnasiums, einer Realschule und einer Feuerwehr⸗ kaserne, zu Kirchhofanlagen, zum Bau eines Bibliothekgebäudes, zum Umbau der unteren Bädergruppe an der Corneliusstraße, zum Bau einer medico⸗mechanischen Anstalt, eines Gymnasiums und eines Ver⸗ waltungsgebäudes im Anschlusse an das Rathhaus, zum Bau neuer Straßen und zur Neupflasterung von alten Straßen erforderlichen Mittel im Wege einer Anleihe zu beschaffen, wollen Wir auf den

Antrag der Stadt Aachen, zu diesem Zwecke auf jeden Inhaber lautende, mit Zinsscheinen versehene, seitens der Gläubiger unkündbare Anleihescheine im

Betrage von 5 500 000 ausstellen zu dürfen, da sich hiergegen weder im Interesse der Gläubiger noch der Schuld⸗ nerin etwas zu erinnern gefunden hat, in Gemäßheit des § 2 des Ge⸗ setzes vom 17. Juni 1833 zur Ausstellung von Anleihescheinen zum Betrage von 5 500 000 ℳ, in Buchstaben: „Fünf Millionen fünf⸗ hunderttausend Mark“, welche in einer Abtheilung zu 3 500 000 und in zwei Abtheilungen zu je 1 000 000 ℳ, und zwar je eine Million

n folgenden Abschnitten: 50 Stück à 5000 250 000 300 000

à 2000

à 1000 350 000

à 900 100 000 1 000 000

Sa. 750 Sltück nach dem anliegenden Muster auszufertigen, mit jährlich drei ein⸗ halb oder vier Procent zu verzinsen und für jede Abtheilung nach

en festgesetzten Tilgungsplänen durch Ausloosung oder freihändigen Ankauf und zwar, soweit es sich um Aufwendungen für den Bau neuer Straßen und die Neupflasterung alter Straßen handelt, mit jährlich wenigstens zwei Procent, im übrigen aber mit jährlich wenigstens einem Procent des Kapitalbetrages der Abtheilung unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldverschreibungen von demjenigen Jahre ab zu tilgen sind, welches auf die Verausgabung der betreffen⸗ den Abtheilung folgt, durch gegenwärtiges Privilegium Unsere landes⸗ herrliche Genehmigung ertheilen.

Die Straßenbaukostenbeiträge, welche von den Anliegern der aus der Anleihe zu erbauenden neuen Straßen zur Erhebung gelangen, sind zur außerordentlichen Tilgung der Anleihe zu verwenden.

Die Ertheilung dieses Privilegiums erfolgt mit der rechtlichen Wirkung, daß ein jeder Inhaber der Anleihescheine die daraus hervor⸗ gegangenen Rechte geltend zu machen befugt ist, ohne zu dem Nach⸗ weise der Uebertragung des Eigenthums verpflichtet zu sein.

Durch vorstehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der

fär die Befriedigung der Inhaber der Anleihescheine eine Gewährleistung seitens des Staats nicht über⸗ nommen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei⸗ gedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin Schloß, den 27. Februar 1893.

XX“ Wilhelm R. Miquel.

Rechte Dritter ertheilen, wird

8

Graf zu Eulenburg. Regierungsbezirk Aachen. Inleih 11 1 8 .. te Ausgabe, Buchstabe .. vvcV

Ausgefertigt in Gemäßheit des landesherrlichen Privilegiums vom 27. Februar 1893 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Aachen vom . . ten 189 „Nr. .„ Seite .. , und Gesetz⸗ Sammlung für 189 „Seite .. ., laufende Nr. . . .).

Auf Grund der von dem Bezirksausschusse zu Aachen ge⸗ nehmigten Beschlüsse der Stadtverordneten⸗Versammlung zu Aachen vom 15. September 1891 und 23. August 1892 wegen Aufnahme einer Anleihe von 5 500 000 in einer Abtheilung zu 3 500 000 und in zwei Abtheilungen zu je 1 000 000 bekennen sich die Unter⸗ zeichneten, der Ober⸗Bürgermeister und die beiden Bevollmächtigten der Stadtverordneten⸗Versammlung der Stadt Aachen, namens der Stadt durch diese für jeden Inhaber gültige, seitens des Gläubigers unkündbare Verschreibung zu einer Darlehnsschuld von.. Mark, welche an die Stadt baar gezahlt worden und mit v.. Procent jährlich zu verzinsen ist.

Die Rückzahlung der Schuld erfolgt für jede Abtheilung nach Maßgabe des genehmigten Tilgungsplans mittels Verloosung oder Ankaufs der Anleihescheine aus einem Tilgungsstock, welcher, soweit es sich um Aufwendungen für den Bau neuer Straßen und die Neu⸗ oflasterung alter Straßen handelt, mit jährlich wenigstens zwei

rocent, im übrigen aber mit jährlich wenigstens einem Seseßnt des Kapitals, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuld⸗ verschreibungen, gebildet wird; sie beginnt in dem auf die vollständige Begebung der Abtheilung folgenden Jahre.

Die Ausloosung geschieht in dem Monat jeden Jahres. Die Straßenbaukostenbeiträge, welche von den Anliegern der aus der Anleihe zu erbauenden neuen Straßen zur Erhebung gelangen, werden zur außerordentlichen Tilgung der Schuld verwendet. Der Stadt Aachen bleibt das Recht vorbehalten, den Tilgungsstock zu verstärken, oder auch sämmtliche noch im Umlauf befindliche Anleihescheine der ganzen Anleihe oder jeder einzelnen Abtheilung derselben auf einmal zu kündigen. Die durch die verstärkte Tilgung ersparten Zinsen wachsen ebenfalls dem Tilgungsstock zu.

Die ausgeloosten sowie die gekündigten Schuldverschreibungen werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Betrage sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt spätestens drei Monate vor dem Zahlungstermine in dem „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger“, dem Amtsblatt der Köntglichen Regierung zu Aachen, dem Aachener „Politischen Tage⸗ blatte“ und dem Aachener „Echo der Gegenwart“. Geht eines dieser Blätter ein, so wird an dessen Statt von der Stadtverordneten⸗ Versammlung mit Genehmigung des Königlichen Regierungs⸗ Präsidenten zu Aachen ein anderes Blatt bestimmt. Erfolgt die Rück⸗ zahlung der Schuld durch Ankauf, so ist der Betrag der angekauften Schuldverschreibungen alsbald, nachdem der Ankauf bewirkt ist, in b Weise wie die Rückzahlung durch Ausloosung bekannt zu

en.

. Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 1. und 1.. vom 11 189. ab mit.. Procent jährlich verzinst. Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der fällig gewordenen Zinsscheine beliehungswelse dieser Schuldver chreibung bei der Stadt⸗Renteikasse zu Aachen und den sonst näher zu bestimmenden Zahlstellen, und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins folgenden Zeit.

Rheinprovinz.

der Stadt Aachen,. Nummer..

Mit der zur Empfangnahme des Kapitals eingereichten Schuld⸗ verschreibung sind auch die dazu gehörigen Zinsscheine der späteren Fälligkeitstermine zurückzuliefern. Für die fehlenden Zins⸗ scheine wird der Betrag vom Kapital abgezogen. Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermin nicht erhoben werden, sowie die innerhalb fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig ge⸗ worden, nicht erhobenen Zinsen verjähren zu Gunsten der Stadt Aachen. Das Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener oder ver⸗ nichteter Schuldverschreibungen erfolgt nach Vorschrift der §§ 838 u. ff. der Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 1877 E &. 83), beziehungsweise nach § 20 des Aus⸗ ührungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 (Gesetz⸗Samml. S. 281). Zinsscheine können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Doch soll demjenigen, welcher den Verlust von Zinsscheinen vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist bei der Stadtverwaltung anmeldet und den stattgehabten Besitz der Zinsscheine durch Vorzeigung der Schuldverschreibung oder sonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung ausgezahlt werden.

Mit dieser Schuldverschreibung sind halbjährige Zinsscheine bis zum Schluß des Jahres 19 ‧. ausgegeben; die ferneren Zinsscheine werden für zehnjährige Zeiträume ausgegeben werden. Die Ausgabe einer neuen Reihe von Zinsscheinen erfolgt bei der Stadt⸗Renteikasse zu Aachen gegen Ablieferung der der älteren Zinsscheinreihe bei⸗ gedruckten Anweisung. Beim Verlust der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheinreihe an den Inhaber der Schuld⸗ verschreibung, sofern deren Vorzeigung rechtzeitig geschehen ist. Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadt Aachen mit ihrem Vermögen und ihrer Steuerkraft.

Dessen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.

Aachen, den .. ten

Der Ober⸗Bürgermeister.

Die Bevollmächtigten der (L. S.) (Unterschrift.) tigt⸗

Stadtverordneten⸗Versammlung. (Unterschrift.)

11.“ Regierungsbezirk Aachen. ZiImneee zu der Schuldverschreibun der Stadt Aachen, —... te Ausgabe, Buchstabe WW11“ über Mar zu % Zinsen über . . . Mark .. . Pfennig.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom .. ten 1... ab die Zinsen der vor⸗ benannten Schuldverschreibung das Halbjahr vom . ten

bis . . . ten mit Mark ... Pfennig bei der Stadt⸗Renteikasse zu Aachen oder den sonst näher zu bestimmenden Zahlstellen.

achen, den .. ten Der Ober⸗Bürgermeister. (Faesimile.)

Rheinprovinz.

189 . Die Bevollmächtigten der Stadtverordneten⸗Versammlung. (Faesimile.) Der Controlbeamte. . .(Unterschrift.) Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag

nicht innerhalb fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit erhoben wird.

zirk Aachen.

Ausgabe, . Mark.

Regierungsbe Nnwi zum Anleiheschein der Stadt Aachen

Buchstabe .. . Nr. ... Uber

Rheinprovinz.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu der obigen Schuldverschreibung die ... te Reihe von Zinsscheinen für die zehn Jahre 1 bis 1 bei der Stadt⸗Renteikasse zu Aachen oder den sonst näher zu bestimmenden Einlösestellen, sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden Inhaber der Schuldverschreibung dagegen Widerspruch erhoben wird.

189. .

Aachen, den . . ten .

Der Ober⸗Bürgermeister. Die Bevollmächtigten der (Faesimile.) Stadtverordneten⸗Versammlung. (Faesimile.) 8

Der Controlbeamte.

8 .— 8 (Unterschrift.) Anmerkung. Die Anweisung ist zum Unterschied auf der ganzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken:

.. ter Zinsschein. V .. ter Zinsschein.

Anweisung.

Deutscher Reichstag. 68. Sitzung vom Donnerstag, 16. März, 1 Uhr.

Zur ersten Berathung steht der Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Freistaat Columbien.

Aus der Verhandlung, über die in der Nummer vom Donnerstag bereits berichtet worden ist, tragen wir zunächst die beiden Reden des Staatssecretärs Freiherrn von Marschall im Wortlaut nach. Auf die Ausführung des Abg. von Staudy erwiderte der . 8

Staatssecretär Freiherr von Marschall:

Meine Herren! Ich werde der Versuchung widerstehen, auf die Rede des geehrten Herrn Vorredners hin nun in eine Discussion über unsere bisher abgeschlossenen europäischen Handelsverträge und über den noch gar nicht abgeschlossenen russischen Handelsvertrag ein⸗ zugehen. Ich glaube, der Herr Vorredner hat übersehen, daß es sich hier gar nicht um einen Tarifvertrag handelt, sondern um einen Meist⸗ begünstigungsvertrag, bei dem beide Contrahenten die Autonomie ihres Zolltarifs vollkommen wahren. Es ist das ein Handelsvertrag, der genau dem System entspricht, das neulich die Herren Abgg. Graf Kanitz und Graf von Mirbach als das einzig richtige System der Handelsverträge hier befürwortet haben. Mit dem Vors chlag des Herrn Abg. Oechelhäuser, diesen Vertrag in eine Commission zu verweisen, bin ich selbstverständ⸗ lich einverstanden. Nachdem Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Vertrags erhoben worden sind, Bedenken, die, wie ich sehe, hier nicht getheilt werden, kann es den verbündeten Regierungen nur er⸗

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wünscht sein, wenn die Vorlage möglichst gründlich in der Com⸗

chen Staats⸗Anzeiger. 1893

mission geprüft wird. Ich hoffe, dann in der Lage zu sein die Bedenken im einzelnen zu widerlegen.

Der Abschluß eines Handelsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Columbien ist schon seit mehr als 20 Jahren Gegenstand der Erörterung gewesen. In den 70er und 80er Jahren haben wieder⸗ holt Verhandlungen darüber stattgefunden. Es schien beiderseits ein Bedürfniß, einen solchen Vertrag abzuschließen, schon aus dem Grunde vorhanden zu sein, weil die columbische Regierung niemals anerkannt hat, daß der hanseatisch⸗columbische Vertrag vom Jahre 185 auch auf das Deutsche Reich Geltung habe. Sodann kam auch in der letzten Zeit noch ein weiteres und sehr wichtiges Momen hinzu, auf das der Herr Abg. Oechelhäuser schon hingewiesen hat der hanseatische Handelsvertrag enthält in seinem Art. 13 nur die beschränkte, die bedingte Meistbegünstigung; er verpflichtet die beiden Contrahenten, nur diejenigen an dritte Staaten gewährten Concessionen dem Gegencontrahenten zu bewilligen, die unentgeltlich gemacht worden sind. Es würde hiernach die columbische Regierung in der Lage ge wesen sein, einen Reciprocitätsvertrag mit einem dritten Staat ab zuschließen, ohne daß die Hansestädte des Vortheils aus diesem Ver trage theilhaftig geworden wären. Weil es der deutschen Re⸗ gierung gelungen ist, in diesem Vertrage die unbeschränkt Meistbegünstigung im Art. 22 zu erhalten, ist der Vertrag ursprünglich von den Interessenten mit großer Befriedigung auf genommen worden; erst allmählich hat sich an die Kritik einzelner Bestimmungen eine ziemlich scharfe Polemik geknüpft, die schließlich mit sehr kräftigen Worten geführt wurde. Man hat behauptet, einzelne Bestimmungen dieses Vertrages enthielten ein verhängnißvolles Prä⸗- judiz, es würden wichtige deutsche Interessen dadurch preisgegeben. Das charakteristische Moment bei dieser Polemik ist, daß die am meisten angefochtenen Bestimmungen des Vertrages, nämlich die Art. 6 und 20, nicht etwa durch diesen Vertrag erst in unser internationales Vertragsrecht aufgenommen wurden, demselben vielmehr schon seit fünf bezw. zehn Jahren angehören. Dem Art. 6 entspricht Art. 3 unseres Vertrages mit Ecuador vom Jahre 1888 und Art. 20 dem Art. 18 des Vertrages, den wir im Jahre 1882 mit Merxiko geschlossen haben. Der Vertrag mit Ecuador ist s. Z. hier im Reichstag ohne jede Discussion angenommen worden, und bei dem Vertrage mit Mexiko hat nur ein Redner das Wort ergriffen das war der Abg. Friedrich Kapp und zwar zu dem Zweck, um den Art. 18, der identisch ist mit unserem Art. 20, als nützlich und zweckentsprechend hier im Hause zu befürworten. Ich glaube, daß der Satz: wenn zwei dasselbe thun, ist es nicht dasselbe, auch für Regierungen eine gewisse Berechtigung hat; aber daß ein und dieselbe Stipulation, wenn sie Ecuador und Mexiko gewährt wird, nützlich und ersprießlich ist, wenn die nachfolgende Regierung sie aber Columbien einräumt, dann eine schwere Preisgebung der wichtigsten Interessen Deutschlands enthält, das scheint mir doch eine Ueber⸗ treibung des Satzes zu sein, mit der man kaum eine Wirkung hervor⸗ bringen wird.

Dann hat der Herr Abg. Oechelhäuser mit vollem Recht darauf hingewiesen, für uns wäre der wichtigste Gesichtspunkt, von seiten der columbischen Regierung die unbeschränkte Meistbegünstigung zu erhalten. Nun hat die columbische Regierung von uns verlangt, daß wir ihr dieselben Rechte, die wir Ecuador und Meriko eingeräumt haben, auch gewähren. In welche Lage wären wir nun gekommen, wenn wir auf der einen Seite von Columbien das unbeschränkte Meist⸗ begünstigungsrecht verlangen und auf der anderen Seite Columbien verweigern, diejenigen Bestimmungen in den Vertrag aufzunehmen, die wir in den Vertrag mit Ecuador und Mexiko aufgenommen haben? Das wäre in der That eine unmögliche Situation für unsere Unterhändler gewesen.

Der Art. 6, der von der Ausweisung spricht, ist bereits von dem Herrn Abg. von Bar richtig beleuchtet worden. Er entspricht einem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz, daß jeder Staat das Recht hat, Ausländer aus seinem Gebiet auszuweisen, wenn deren An⸗ wesenheit ihm aus irgend einem Grunde unvereinbar mit seinen Interessen erscheint. Man wird nicht behaupten können, daß dieser allgemeine völkerrechtliche Grundsatz bezüglich Columbiens nicht Platz greift. Sieht man den Art. 6 etwas genauer an, so heißt es da, daß die beiden Contrahenten das Recht haben, solche Personen aus⸗ zuweisen, bezw. nicht zuzulassen, „welche auf Grund ihres üblen Vorlebens oder ihres Verhaltens für schädlich anzusehen sind“. Darin liegt eher eine Beschränkung des unbedingten Ausweisungsrechts als eine Erweiterung, denn hiernach muß im Einzelfalle eine bestimmte Voraussetzung nachgewiesen werden, und der Mitcontrahent ist berechtigt, zu prüfen: liegt diese Voraussetzung vor? Er kann das bestreiten und auf dem Boden des Art. 6 eine Reclamation wegen einer Ausweisung mit Aussicht auf Erfolg anstrengen. Unser leider verstorbener Minister⸗ Resident in Bogota hat diese Bestimmung auch von dem Gesichts⸗ punkt aus befürwortet, daß sie eine gewisse Warnung sei für die gewerbsmäßigen Reclamanten, die leider auch in deutschen Kreisen sich dort bewegen, und daß es auch für uns wünschenswerth erscheine, diesen Art. 6 aufzunehmen. 1

Bezüglich des Art. 20 könnte ich mich lediglich auf das berufen, was der Herr Abgeordnete von Bar ausgeführt hat. Es ist hier in der That Vorsorge getroffen für alle Eventualitäten. .

Nach Art. 7 ist, wenn die columbische Regierung selbst Kriegs⸗ leistungen erhebt, sie zur Entschädigung verpflichtet. Nach Art. 20 ist sie, wenn Schädigungen durch Insurgenten vorgenommen werden, verpflichtet zur Entschädigung, sosern ihr nachgewiesen werden kann, daß sie die nöthige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, und auch, wenn eine culpa der Regierung nicht vorliegt, ist Entschädigung zu leisten, wenn Angehörigen anderer Staaten Entschädigungen gegeben werden. Ich glaube, mit Recht hat der Herr Abg. von Bar darauf hingewiesen, daß die Frage der Rebellenschäden sehr verschieden in der Praxis gehand⸗ habt worden ist. Nach meiner Kenntniß ist die Regel, daß die betreffenden Staaten a priori sich überhaupt weigern, etwas zu bezahlen. Haben

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