b“
— Fur dritten Lesung des Reichshaushalts⸗Etats (Etat
für die Verwaltung der Kaiserlichen Marine) haben die Abgg.
Dr. Buhl (nl.), Fritzen⸗Düsseldorf (Centr.), Hahn (dcons.),
Hinze (dfr.), von Keudell (Rp.) folgenden Antrag ein⸗
gebracht:
Der Reichstag wolle beschließen: Kapitel 53 Titel 3: Brotgeld. Den Betrag von 30 200 ℳ zuzusetzen, demnach statt 303 200 ℳ eine Summe von 333 400 ℳ zu bewilligen. Titel 4: Verpflegungs⸗ geldzuschüsse. Den Betrag von 48 000 ℳ zuzusetzen, demnach statt 478 000 ℳ eine Summe von 526 000 ℳ zu bewilligen.
Begründung. In der zweiten Lesung ist bei Kapitel 52 Titel 2 „Schiffsverpflegung“ ein Betrag von 200 000 ℳ gestrichen; dadurch muß natürlich die Landverpflegung sich erhöhen, in dem Maße wie dies im Vorstehenden beantragt ist.
— Die XIV. Commission des Reichstags zur Vorberathung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz und die Ergänzung des Strafgesetzbuchs besteht aus Sn. Abgeordneten: Dr. Baum⸗ bach (Berlin), Vorsitzender; Graf von Holstein, Stellvertreter des Vorsitzenden; Kraemer, Schriftführer; Marbe, Schriftführer; von Reib⸗ nitz, Schriftführer; Brandenburg, Dreesbach, von Flügge, Gamp, Greiß, Hahn, Dr. Prinz Handjery, Klose, von Koscielski, lDr. Osann,
von Pfetten⸗Arnbach, Poll, von Schalscha, Schröder, Stolle,
Wilbrandt.
Leand⸗ und Forstwirthschaft.
Stand der Saaten.
Im Regierungsbezirk Liegnitz konnten die Saaten bis auf die Oderniederung, wo der erhärtete Boden der Bestellung große Schwierig⸗ keiten bereitete, und wo demzufolge auch der Saatenstand dürftig ist, schnell und rechtzeitig eingebracht werden. Bis auf Raps, der vielfach nicht aufging, haben sich die Saaten durchweg kräftig entwickelt und sind gut bestockt in den Winter gekommen. Die kurze Zeit des offenen Frostes hat auch nur den höher gelegenen, ungeschützten Stellen ge⸗ schadet, während am Schluß des Quartals ausreichend Schnee die Fluren bedeckte. 8 116“
Die Weinlese im Regierungsbezirk Liegnitz hat ein qualitativ gutes, quantitativ so geringes Resultat ergeben, daß die Nachfrage meist nicht befriedigt werden konnte.
Saatenstandsbericht aus Ungarn.
Aus Budapest, 18. d. M., wird der „Wien. Ztg.“ gemeldet: Nach den beim Ackerbau⸗Ministerium eingelangten Berichten herrschte in letzterer Zeit oft großer Frost und Sturmwind; in Siebenbürgen und Ober⸗Ungarn schneite es, aus welchem Grunde der Anbau sich nicht genügend entwickeln konnte und sogar stellenweise seine grüne Farbe verlor. Trotz des dadurch verursachten Schadens kann der Stand der Weizen⸗ und Roggensaaten im allgemeinen als zufrieden⸗ stellend, stellenweise sogar als sehr gut bezeichnet werden. Der Raps⸗ anbau wurde in is deere Gegenden schütter und ist an manchen Stellen theilweise, an manchen ganz zu Grunde gegangen.
In Egypten war der Stand von Weizen und Gerste, deren Ernte im April stattfinden soll, zu Anfang dieses Monats ein guter.
Die Bohnen⸗ und Linsenernte beginnt noch in diesem Monat und scheint eine gute zu werden. “
Mannigfaltiges. n
Die unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich stehende Vietoria⸗Fortbildungsschule für die weibliche Jugend hatte gestern in der Aula der Anstalt, am Tempel⸗ hofer Ufer 2, in Verbindung mit der Eröffnung ihrer Ausstellung eine Prüfung veranstaltet, der ein zahlreiches geladenes Publikum beiwohnte. Ein unter Leitung des Musik⸗Directors Rösel aus⸗ geführter Gesang leitete die Prüfung ein; alsdann nahm die Vorsitzende des Curatoriums Frau Hentschke das Wort zu einer Ansprache, in der sie auf die Aufgabe der Schule hinwies, die Bildung der weiblichen Jugend nicht nur zu erweitern, sondern vor allem auch zu vertiefen. Die Prüfung selbst erstreckte sich auf Rechnen und Buchführung, Deutsch und Französisch, Englisch, Schneidern und Kochen. Nach einem Schlußgesang wurden in der Turnhalle Gang⸗ und Freiübungen ausgeführt und alsdann von 36 jungen Mädchen ein Reigen im Wiegegang geschritten. Die in der Aula veranstaltete Ausstellung, die bis morgen Abend geöffnet sein wird, giebt ein Bild von der Thätigkeit der kechnischen Klassen; sie ist namentlich reich an Kunsthandarbeiten und an gewerblichen Zeichnungen. Auch der Schneiderei⸗Cursus hat sich in hervorragender Weise betheiligt.
Das Victoriahaus für Krankenpflege hielt gestern unter dem Vorsitz des Staats⸗Ministers Dr. Delbrück im Reichstagsgebäude die Generalversammlung ab, mit der das erste Jahrzehnt des Hauses abgeschlossen wurde. Das Arbeitsfeld hat sich auch im verflossenen Jahre erweitert. Die Zahl der Schwestern hat sich von 149 auf 160 vermehrt; neu aufgenommen wurden 53 Probeschwestern, wieder aus⸗ schieden 25 Probeschwestern und 17 angestellte Schwestern, von welchen letzteren 9 der Krankenpflege erhalten blieben. Die theoretische Prüfung be⸗ standen 32 Probeschwestern. Im Dienste der Stadt Berlin stehen 94 der Schwestern, und zwar wirken 59 am Friedrichshain, 28 am Urban, die übrigen in Rummelsburg, Blankenburg, Heinersdorf und an der neuen Heimstätte für Genesende in Malchow. Außerdem sind in Berlin noch Victoriaschwestern thätig im Kaiser und Kaiserin Friedrich⸗Krankenhaus, in der Universitäts⸗Frauenklinik und in der chirur⸗ gischen Klinik; drei Schwestern helfen in Privatkliniken, 5 stehen im Dienst der Armenpflege, die von 2 Stationen aus geübt wird; endlich war die in der Friedenstraße Nr. 13 befindliche Station für Privatkranken⸗ pflege mit 7 Schwestern besetzt, welche im vorigen Jahre an 31 Kranken in 723 Tagen Pflege ausgeübt haben. Auch auswärts hat sich das Arbeitsfeld erweitert. Nachdem bereits im Vorjahr der chirurgischen Klinik der Universität Breslau Schwestern überwiesen waren, ist nunmehr die Aufsicht der Pflege auch in drei anderen Kliniken dieser Universität: in der Frauenklinik, in der medizinischen Klinik und in der Klinik für Hautkrankheiten übernommen. Außerdem befinden sich Schwestern in Friedrichshagen, in Bornstedt, in Kronberg, in Neuen⸗ hain und in San Remo, sowie neuerdings auch in der neugegründeten Volksheilanstalt für Schwindsüchtige in Frankenstein im Taunus. Für einige Wochen hatte sich auch in Hamburg während der Cholera ein reiches Arbeitsfeld eröffnet. Die Finmal nen des Hauses betrugen insgefammt 67 078 ℳ, die Ausgaben 67 097 ℳ Das Vermögen beläuft sich auf 257 165 ℳ, wovon 56 713 ℳ den Pensions⸗ und Unterstützungsfonds bilden.
Zur Erinnerung an die vor hundert Jahren erfolgte Gründun einer Pensionskasse für deutsche Schauspieler durch Friedri Ludwig Schröder ließen der General⸗Intendant Graf Hochberg als Präsident des Deutschen Bühnen⸗Vereins durch den Schriftführer Dr. Sachse und die Mitglieder des Königlichen Schauspiels kostbare Kränze auf dem Grab des großen Schauspielers in Hamburg nieder⸗ legen. Bekanntlich ist Schröder's Gründung die überhaupt ge⸗ wesen, da vorher für alte oder kranke Schauspieler keinerlei Unter⸗ stützungskassen in Deutschland existirten.
Die Wärmehallen am Aleranderplatz sind, wie die „Neuest. Nachr.“ mittheilen, am 15. d. M. geschlossen worden, nachdem sie während der Wintermonate etwa 50 000 Personen Unterkunft gewährt haben. Nähere Angaben über die Kosten der Erhaltung, über den Betrieb, sowie genaue Zahlen über die in diesem gemeinnützigen Institut zur Vertheilung gelangten Speisen und Getränke sollen in einem im April d. J. zur Veröffentlichung gelangenden Jahresbericht gemacht werden.
London, 18. März. Der Tod einer 106 Jahre alten Frau, Namens Catherine O'Hara, wird der „A. C.“ aus Newcastle gemeldet; auch ihr Vater war ein Hundertjähriger.
Paris, 19. März. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Saint⸗Seébastien entstand daselbst in der vergangenen Nacht in einem Spirituslazer Feuer, infolgedessen zehn Personen umkamen und drei Häuser in Asche gelegt wurden.
Moskaun, 20. März. In der hiesigen Kirche des Erz⸗ engels Michael brach, wie „H. T. B.“ meldet, gestern Nacht Feuer aus, dessen Entstehungsursache bisher noch nicht ermittelt werden konnte. Durch den Brand wurden Theile des rechten Schiffes zerstört; der Schaden ist ein sehr bedeutender.
Libau, 20. März. Den Eisbrechern ist es, wie „W. T. B.“ berichtet, nunmehr gelungen, einen Weg zu den Dampfern zu legen, die vor dem hiesigen Hafen im Eise stecken geblieben waren; die Dampfer liefen hierauf in den hiesigen Hafen ein.
Corfu, 20. März. Der Hamburger Schnelldampfer „Fürst Bismarck“ ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ am Sonnabend hier angekommen und heute früh 7 Uhr nach Malta weitergegangen. Das Wetter ist herrlich, an Bord Alles wohl.
Kopenhagen, 20. März. Das im Jahre 1586 erbaute Schloß Vallö bei Kjöge auf Seeland, worin sich ein adeliges Fräuleinstift befindet, ist nach einer Mittheilung des „W. T. B.“ heute Morgen vollständig niedergebrannt. Die Rettung mehrerer Klosterdamen gelang noch im letzten Augenblick. Die kostbare Biblio⸗ thek, die Gemälde und das Mobiliar sind verbrannt, die Kronleuchter und heiligen Gefäße der Kirche gerettet. Das Schloß war für 222 000 und das Mobiliar für 130 000 Kron. versichert.
Christiania, 19. März. Der Christianiafjord ist laut Meldung des „W. T. B.“ nunmehr als offen für große Dampf⸗ schiffe anzusehen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 20. März,
8 Uhr Morgens. Sudraka.
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Stationen. Wind. Wetter. 7 ½ Uhr.
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S A 358 53 d
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bedeckt 8 1 V I halb bed. iel. SW Regen
WNW 1 Dunst WNW. 2 wolkenlos still wolkenlos
SSO 5 bedeckt
Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm . aranda . oskau ... Cork, Queens⸗ town ... 2 SSO F5 heiter Cherbourg. OSO 3 wolkenlos “ 2 W wolkenlos EZEEIT1“ NNW 3 Regen ¹) mburg.. NNW A bedeckl²) winemünde NNW 2 heiter) Neufahrwasser 765 NNW lI wolkenlos Memel 763 N 2heiter4) 2 72881“ 2 wolkenlos Künster. 771 W 2 bedeckt Karlsruhe. 773 SW 2 bedeckt ) Wiesbaden 772 NNW FIbedeckt ⁰) München . 771 NW 5 Shme
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Graeb.
fang 7 Uhr.
Benedix.
Chemnitz. 769 W 4 Schnee Berlin... 767 NW 3, Schnee Wien . .. 768 W 2 Schnee Breslau. 767 W 2 wolkenlos Ile d'Aix. 767 O 4 wolkenlos -e 1““ 769 O 2 wolkenlos iest 768 stilltheiter
wirkung der
³) Nachts Reif. ⁴) Nachts etwas Schnee. ⁵) Reif. 6) Gestern Nachm. Schnee. ⁷) Nachts Schnee. Uebersicht der Witterung.
hat sich wenig verändert, während bei den Lofoten eine Depression von mäßiger Tiefe erschienen ist, welche nordostwärts fortzuschreiten scheint; eine Theil⸗ depression ist am Skagerak in Entwickelung be⸗
riffen. Bei meist schwacher, vorwiegend nördlicher (Ludwig Barnay.) 1 1 öͤm̃e 8 Mittwoch: Der Hüttenbesitzer. (Nuscha Butze, Anfang 7 ½ Uh deutschland durchschnittlich etwas wärmer, im Anna Braga, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Donnerstag: Der Veilchenfresser.
bis westlicher Luftströmung ist das Wetter in Westen trübe mit Regen oder Schneefällen, im Osten vielfach heiter; die Temperatur liegt, außer an der Nordseeküste, allenthalben unter dem Mittelwerth, an der Ostseeküste bis zu 3, im Binnenlande bis zu 5 Grad. Die Frostgrenze verläuft von der Oder⸗ mündung nach dem Bodensee, auch im Innern herrscht leichter⸗Frost, in Nordwestruß⸗
and strenge Kälte. Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 72. v; Die Hexe. Oper in 3 Acten von August Enna. Text nach Arthur Fitger’s Drama „Die Hexe“, übersetzt von Mary von Borch. In Scene gesetzt vom -aaa -. eur Tetzlaff. Dirigent:
An.
Kapellmeister Dr. Muck. fang 7 Uhr.
Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier
Benutzung der Dichtung des altindischen Königs In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Operette in 3 Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. Keine Vorstellung. 9. Symphonie der Königlichen Kapelle.
Schauspielhaus. Keine Vorstellung.
deutsch von Ludwig Hartmann. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. meister 1“ EE“ 1 Act von .Bizet. Text von 2 ische Oper in 4 Acten. Frei L. Gallet, deutsch von L. Hartmann. Tanz von E. Zages ns ehe snantische Sper etct van E. d. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Wägger und G Langenbeck
Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. An⸗ en 7 Uhr 1 3 “ Mittwoch: Der Troubadonr. Schauspielhaus. Fortsetzung folgt. Zwei Scenen aus der Komödie des Lebens, frei nach dem Englischen des W. S. Gilbert und Hans Meery.
Ein Lustspiel. Lustspiel in 4 Aufzügen von Roderich 1 In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Marx Grube. (Bergheim: Herr Friedrich Mitter⸗ wurzer, als Gast.)
Deutsches Theater. Dienstag: Zwei glück⸗ das be ische Mari g f d liche Tage. Anfang 7 Uhr. Das barometrische Maximum über Südengland EEE1 Donnerstag: Zwei glückliche Tage.
Berliner Theater. Dienstag: Uriel Acosta. von Jos⸗ h meister Herrn L. Gundlach. (Sensationeller Erfolg.)
Lessing⸗Theater. Dienstag: Zum 4. Male: Die Tragödie des Menschen. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Die Tragödie des Menschen. Donnerstag: Die Tragödie des Menschen. Görß. Musik von G. Steffens. von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. 8 1 se In Vorbereitung: Goldlotte. Gesangsposse in re. Anfang 7¼ Uhr. 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theilweise von G. Görß. Musik von G. v
Wallner-Theater. Dienstag: Die Orient⸗
Mittwoch: Die Nosa⸗Dominos. Donnerstag: 1. Gastspiel von Hedwig Niemann. Steffens Cyprienne. — A tempo. 3
Thomas-⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Gesammt⸗Gastspiel des Wiener En⸗ 3 Bssses esn
semble unter Leitung des Directors Franz Josef Druck der Norddeutschen Buchdruckerei ung Verlags Operette in Graselli. Lumpaci vagabundus. Zauber⸗ Musik posse mit Gesang in 3 Aufzügen von Johann Nestroy.
Chausseestraße 25. Der Bettelstudent. 3 Acten von F. Zell und Richard Genée. Schauspielhaus. 79. Vorstellung. Vasantasena. von Carl Millöcker. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Der Bettelstudent.
Musik von R. Dellinger.
Anfang
Dirigent: Kapell⸗
80. Vorstellung. Zum 1. Male:
Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Tosca.
Zur Aufführung gelangt u. a.:
Acten von Horst und Stein.
Anfang 7 Uhr.
Sonnabend: Zum 1. Male: Capitän Fracassa. cten von F. Zell und R. Genée. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof).
N esidenz⸗Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Dienstag: Zum 11. Male: Die beiden Champignol. (Champignol malgré Iui.)
Donnerstag: Opernhaus. 73. Vorstellung. Bajazzi Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvalliéres. Karl Meyder⸗Concert. Anfang 7 Uhr. (Pagliacci). Oper in 2 Acten und einem Vor⸗ Deutsch von Benno Jacobson. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. von Auber. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Theater Unter den Linden. Dienstag:
88. : Lach 8 erette in mit dem Schulpferde . “ Grpfan, 88 Carl Quadrille de la haute équitation. — Das borende
3 Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Geöffnet von 12—11 Uhr.
Concerte. Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Dienstag:
In Scene gesetzt Ouv. „Preciosa“ von Weber. „Marco Spada“ „Die weiße Dame“ von Boildieu. Phantasie aus „Carmen“ von Bizet. „Klänge aus Schlesien“, Walzer von Bilse. „Der Mikado“,
Kroll’'s Theater. Dienstag: Der wilde Porpourri von Sullivan. „Reverie“ für Harfe von
Thomas (Frl. Stahl). „Le Désir“ für Cello von Servais (Herr Smit). „'s Sträußli“ für Piston von
usik von A. Schulz. Hoch (Herr Steffens).
Saal Bechstein, Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: Concert der Violin⸗Virtuosin
Victoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Irene von Brennerberg. In Sceue gesetzt vom Dienstag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um Ober⸗Reai har Grube. — Neu e irt: die Welt in achtzig Tagen. IT Fen ehalscabgs stattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) 1 1 von A. d’'Ennery und Jules Verne. Ballet arran⸗ 7 ½¼ Uhr: Große außerordentliche Vorstellung. irt vom Balletmeister C. Severini. Musik von kbillemont und C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr. 6 Sheer eh, deee. Gründonnerstag, 30. Mag, Abends 7.½ uhr⸗ im ETT Reise um die meister A. Siems. Mit überraschenden Licht⸗ und Königlichen Opernhause: Concert des König⸗ dasg lichen Opernchors, unter Leitung des Kapellmeisters Herrn Felix Weingartner, unter gütiger Mit⸗ 1 Königlichen Sängerinnen Fräulein Dienstag: Leisinger und Frau Götze, der Königlichen Sänger V. Sardou. Anfang 7 ½ Uhr. Herren Sylva und Mödlinger und der König⸗ lichen Kapelle. Das Requiem, von Mozart. 88 à 6, 18 82 88 1 85 sind vorher in der 8 . Königlichen Hof⸗Musikalienhandlung von Bote u. ¹) Nachts Schnee. ²) Nachts Schnee und Regen. Hemtslchen, Hefe Musghe 5 1 9- “
Aus-⸗ Großes Aus Circus Renz (Carlstraße.) Dienstag, Abends
☛☛ Ein Künstlerfest. Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballet⸗
Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenir vom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗
1 6 Schiffbauerdamm 4/5). 2 1 G 1 Neues Thöater 88 Fg 5 Aecten 8 sammten Personals. Neue Einlagen mit groß⸗ 11““ artigen Lichteffecten. 2.☛ Kinder⸗Orchester neu
besetzt, neue Musik. amg Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals FG Blumencorso. Zum Schluß: Großes Brillant⸗ Feuerwerk. — Außerdem u. a.: Mr. James Fillis „Germinal“. — Grande
inberger. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Kängeruh. — Cavallerie zu Fuß ꝛc. Veinbe b t. Frch de⸗ A. 185 Die Mittwoch, Abends 7 ¼ Uhr: Große Vorstellung militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von L. mit neuem Programm und Ein Künstlerfest. Gundlach. Vollständig neue Ausstattung an Deco⸗ — — rationen und Kostümen. — Hierauf: Zum 89. Male: Die Sirenen⸗Insel. Ballet in “ Regel. Musik von R. Mader. Der choreogr. Theil reiter. Inscenirt durch den Ballet, Verlobt: Frl. Alice Zirzow mit Hrn. Capitän⸗
—
1 Act von H. Familien⸗Nachrichten.
Lieut. William Kutter (Charlottenburg-Kiel). rl. Emma Ulbrich mit Hrn. Gutsbesitzer Paul Mittmann (Strehlen —Grünhartau). — Frl. Anna
Grasse mit Hrn. Gerichts⸗Assessor A. Zimmer (Schlauroth bei Görlitz —Neisse).
1eacben Adolph Ernst⸗Theater. Sonntag (vorletzte Gestorben: Hrn. Pastor Fruhner Tochter Elli
Anfang 7 ½ U
Woche der Aufführung): Zum 83. Male: Modernes Babylon. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theilweise von G.
r. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
(Schwanowitz). — Hr. Regierungs⸗ und Landes⸗ Oekonomie⸗Rath August Wilhelm Troschke (Bres⸗ lau). — Fr. Domänen⸗Pächter Maria Schneider⸗ geb. Lachmann (Städtel, Kreis Namslau). — Fr. Elisabeth von Eicke und Polwitz, geb. von Steg⸗ mann und Stein (Polwitz). — Verw. Fr. Oberst Jenny von Kreonhelm, geb. Gottwald (Gnesen).
In Scene gesetzt
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Verlag der Expedition (Scholz).
Anstalt. Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlich Borsen⸗Beilage). (4341
3 zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preu
68.
Erste
Verlin, Montag, den 20. März
Deutscher Reichstag. 70. Sitzung vom Sonnabend, 18. März, 1 Uhr.
Zur ersten Lesung steht die Novelle zum Militär⸗ penstons⸗, zum Reichsbeamtengesetz, sowie zum Gesetz, betreffend den Reichs⸗Invalidenfonds.
Aus der Verhandlung, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Sonnabend berichtet worden ist, tragen wir zunächst die einleitende Rede des Königlich preußischen Kriegs⸗ Ministers von Kaltenborn⸗Stachau im Wortlaut nach.
Kriegs⸗Minister von Kaltenborn⸗Stachau:
Meine Herren! Schon seit einer Reihe von Jahren ist die Militärverwoltung bestrebt, dahin zu wirken, daß diejenigen Bestim⸗ mungen des Militärpensionsgesetzes, welche sich durch die Erfahrung als hart oder unpraktisch erwiesen haben, einer Aenderung unterworfen werden.
Diesem Bestreben ist das hohe Haus dadurch zu Hilfe gekommen, daß dasselbe am 16. März 1891 drei Resolutionen gefaßt hat, deren Zweck dahin ging, die verbündeten Regierungen zur Erwägung zu ver⸗ anlassen:
a. inwieweit den kriegsinvaliden Militärpersonen der Unter⸗ klassen eine Aufbesserung ihrer Invalidenbezüge zu theil werden könne;
b. inwieweit die Kiegsinvaliden aus der Zeit vor 1870 den⸗ jenigen aus dem Kriege 1870/71 gleichzustellen;
c. inwieweit die Unzuträglichkeiten zu beseitigen seien, welche sich bei Anwendung der auf die Kürzung der Pensionen bei An⸗ stellung im Civildienst bezüglichen Bestimmungen fühlbar gemacht haben.
In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind die Resolutionen a und e berücksichtigt worden; was die Resolution b anbetrifft, so soll derselben durch einen besonderen Gesetzentwurf entsprochen werden. Ich hege die Hoffnung, daß derselbe Ihnen kurz nach Wieder⸗ zusammentritt des Reichstags nach Ostern zugehen kann. Es ist dies übrigens ein kurzer und einfacher Gesetzentwurf, bei dem es sich handelt um eine Ausgabe von etwa 1 250 000 ℳ jährlich zu Lasten des Reichs⸗Invalidenfonds.
Meine Herren, die wesentlichsten Punkte des heute zur Berathung stehenden Gesetzentwurfs betreffen:
1) Erweiterung der bisherigen als unzureichend erkannten Frist⸗ bestimmungen;
2) Erweiterung der Einkommensgrenzen, von welchen ab bei Anstellung im Civildienst die Pension einbehalten wird;
3) Befreiung des Communaldienstes von den Pensionskürzungen;
4) Anrechnung der Millitärdienstzeit bei Pensionirung der im Communaldienst befindlichen Militäranwärter;
5) Erhöhung der Kriegszulage für invalide Soldatenn::
6) Erhöhung der Zulage für Nichtbenutzung des Civilversorgungs⸗ scheins;
7) Fortfall der einschränkenden Bestimmungen, nach welchen in⸗ valide Soldaten bei Steigerung des Grades ihrer Erwerbsunfähigkeit nach der Entlassung bisher jeweils nur die um eine Klasse herab⸗ gesetzte Pension erhalten.
Meine Herren! Bei dem lebhaften Interesse, welches das hohe Haus von jeher dem Militärversorgungswesen bezeugt hat, bin ich gewiß, daß auch dieses Gesetz eine wohlwollende Aufnahme bei Ihnen finden wird. (Bravo! rechts.)
Im weiteren Verlauf der Verhandlung erhält nach dem Abg. Dr. Pieschel, über dessen Rede bereits berichtet worden ist, das Wort der
Abg. Dr. Hartmann (dcons.): Wir danken den verbündeten Regierungen für die Vorlage, mit welcher sie eine Reihe von Wünschen des Reichstags und der Betheiligten zu erfüllen sich bestrebt haben. Wir sind dafür dankbar, aber damit nicht zufrieden; wir verlangen mehr und hoffen, daß es in der Commission möglich sein wird, mehr zu erlangen. Ich beantrage, eine Commission von 21 Mitgliedern nieder⸗ zusetzen. Die Erhöhung der Pensionen sollte durchgehends, auch für die Hinterbliebenen, erfolgen; die Verweisung auf die Allerhöchste
Gnade sollte mehr in den Hintergrund treten. Die Kriegsinvaliden
aus der Zeit vor 1870/71 müssen den späteren gleichgestellt werden; in dieser Richtung ist uns ja allerdings ein eigener Gesetz⸗ entwurf in Aussicht gestellt; die Anrechnung der Pension soll nur bei den in den Communaldienst, tretenden Pensionären fortfallen. Das genügt uns nicht; wir sind da derselben Ansicht, wie der Vorredner. Die zahlreichen Einzelbestimmungen der Vorlage bringen theils materielle Verbesserungen der Lage unserer Pensionäre,
theils beseitigen sie eine Menge vorhandener Ungleichheiten und
Unklarheiten. Nicht einverstanden bin ich mit der Bestimmung, wonach das Recht auf den Bezug der Pension erlöschen soll wegen Ver⸗ urtheilung wegen Hochverraths, Landesverraths und dergleichen. Da⸗ gegen müssen wir uns erklären. Eine Pension kann nicht gerichtlich aberkannt werden und darf auch durch strafbare Handlungen nicht be⸗ rührt werden. Besonders bedenklich ist uns, daß diese Bestimmung sogar rückwirkende Kraft erhalten soll.
Abg. von Schöning (dcons.).: Nach den geltenden Bestim⸗ mungen werden demjenigen Offizier, der in Folge seiner Verwundung mehr als zwei Monate in einem Lazareth auf französischem Boden krank gelegen hat, zwei Dienstjahre angerechnet, demjenigen, der zufällig in ein deutsches Lazareth transportirt wurde, nicht. Diese Ungerechtigkeit trifft etwa 400 Offiziere. Wir behalten uns die Stellung eines be⸗ sonderen Antrages zur Beseitigung dieser Ungleichheit vor.
Abg. Dr. Seelig (dfr.) bedauert, daß man sich auch bei dieser Gelegenheit in der Militärverwaltung nicht hat entschließen können, die vor 1848 activ gewesenen schleswig⸗holsteinischen Offiziere zu berücksichtigen. Alle Schritte, welche diese gethan haben, um eine höhere Pension zu erlangen, seien ben e gewesen; eine ange⸗ strengte Civilklage habe mit Abweisung und mit der Verurtheilung zur Tragung einer ganz erheblichen Kostensumme geendet. Ihre letzte Hoffnung hatten sie auf die jetzige Vorlage gesetzt; aber auch diese
asse sie im Stich, und so müßten diese Ungluͤcklichen bei ihren binzigen Pensionen bleiben, wenn ihnen nicht der Reichstag zu Hilfe ommt. „Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗ Lieutenant von Spitz: Der Vorredner ist im Irrthum, die Novelle erfüllt alle seine Wünsche bis auf einen, und in 618. einen Punkt theilen die schleswig⸗holsteinischen Offiziere das Schicksal aller anderen
mit Ausnahme der Theilnehmer am Kriege von 1870/71, wie Art. 23
weist: die Vorschriften bezüglich der Pensionskürzungen finden An⸗ wendung „ohne Rücksicht darauf, nach welcher gesetzlichen oder sonstigen
Vorschrift ihre Pensionirung erfolgt ist.“ Die Absicht des Gesetzes ist also, die schleswig⸗holsteinischen Offiziere miteinzubegreifen. Außerdem erfolgt allerdings eine Vorschrift, daß eine Pensionskürzung erst stattfinden kann, wenn ein Gesammteinkommen von 3000 ℳ vorhanden ist. Das betrifft aber lediglich die Theilnehmer am Kriege
1870/71. Von dieser Besserung sind jene schleswig⸗holsteinischen Offi⸗
ziere ausgeschlossen, wie alle anderen Offiziere, die diesen Krieg nicht mitgemacht haben. Sie werden durch dieses Gesetz aber gleichgestellt mit allen übrigen Offizieren.
Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.) bekämpft ebenfalls die Verschiedenheit, welche dadurch ga werden soll, daß nur beim Eintritt in den Communaldienst die Militärpension nicht gekürzt werden soll. Diese Bestimmung sei eine große Ungerechtigkeit gegen diejenigen, welche in den Staats⸗ oder Reichsdienst treten. Was die Aberkennung der Pension infolge Bestrafung wegen Hochverraths, Landesverraths, Kriegsverraths oder wegen Vergehungen gegen das Gesetz, betreffend den Verrath militärischer Geheimnisse betrifft, so steht Redner im Gegensatz zu dem Abg. Dr. Hartmann durchaus auf dem Boden der Vorlage und pflichtet der dort gegebenen Begrün⸗ dung bei, wonach es im höchsten Maße zur Verwirrung des Rechts⸗ gefühls beitragen müsse, wenn einem Offizier, dessen Beruf der Schutz des Vaterlandes ist, die Pension fortgezahlt werden muß, nach⸗ dem er sich soweit vergessen hat, daß er verrätherische Handlungen unternimmt, welche geeignet sind, die Wohlfahrt des Reichs zu ge⸗ fährden. Bedenklich sei nur die rückwirkende Kraft, die dieser Be⸗ stimmung im Widerspruch mit dem geltenden Strafgesetzbuch beigelegt ber den soll. Auch die Reichspartei wird für Commissionsberathung stimmen.
Abg. Gröber (Centr.) hält ebenfalls den Gesetzentwurf für ganz gbislch entworfen und die Mehrzahl seiner Einzelbestimmungen für annehmbar. Für die Vorprüfung sei aber nicht sowohl eine Specialcommission als vielmehr die Budgetcommission geeignet. In Betreff der Hauptfrage, ob und wie weit die Pension bei Eintritt in den Staats⸗, Reichs⸗ oder Communaldienst gekürzt werden soll, könne er die Lösung der Novelle als die beste nicht anerkennen. Viel richtiger würde es sein, bezüglich der Pension selbst einen Unterschied zu machen und die infolge von Dienstbeschädigung bewilligte Pension durchweg unverkürzt weiter zu gewähren.
Abg. Schmidt⸗Frankfurt (Soc.) hält eine Aenderung der⸗ jenigen Bestimmungen des Militärpensionsgesetzes für nothwendig, welche die Festsetzung der Inpalidität betreffen. Bis jetzt werde dieselbe nur auf Grund militärischer Gutachten festgestellt, und oft werde nur auf Halbinvalidität erkannt, sodaß dem Betreffenden ein Pensionsanspruch überhaupt nicht zusteht, obwohl er nicht mehr er⸗ werbsfähig ist. Dies komme besonders häufig bei Leiden vor, welche erst nach Jahren zum Ausbruch kommen. Zahlreiche Dienstbeschä⸗ digungen rührten bekanntlich auch von Mißhandlungen her. Ein System, welches dem einzelnen so viel Schaden zufügen, seine Ge⸗ sundheit für immer untergraben könne, müsse auch Entschädigung dafür bieten. Wenn die Belastung dadurch wachsen sollte, so würde sie andererseits durch die Abnahme der Mißhandlungen und ihrer Folgen erleichtert werden können.
Abg. Richter (dfr.): Es unterliegt keinem Zweifel, daß außer⸗ halb des Rahmens dieses Gesetzentwurfs noch manche Härten in Bezug auf das Pensionswesen vorliegen, deren Beseitigung sehr wünschens⸗ werth wäre. Die große Pensionslast entsteht zum großen theil daraus, daß auch solche Militärs pensionsberechtigt sind, die zwar nach militärischen Begriffen nicht mehr felddienstfähig, aber im bürgerlichen Leben vollkommen erwerbsfähig sind. Auch abgesehen von diesem neuen Gesetz, ist die eine außerordentlich steigende. Es ist vom nächsten Jahre ab eine Steigerung der Pensionslast um zwei Millionen zu erwarten. Wird aber die neue Heeresvorlage Gesch⸗ so wird allein aus dieser Vorlage eine Steige⸗ rung der Pensionslast um weitere fünf Millionen erfolgen. Jetzt betragen die Militärpensionen schon über 60 Millionen. Es ist gar nicht schwer, auf Punkte hinzuweisen, wo größere Aufwendungen für verabschiedete Militärs gewiß wünschenswerth sind; aber die Millionen wachsen nicht auf der flachen Hand, nicht einmal die Hunderttausende. Wenn daher von rechts mit einer gewissen Freigebigkeit Ver⸗ besserungsvorschläge gemacht werden, so würden die Herren sich ein großes Verdienst erwerben, wenn sie zugleich angäben, wo das Geld dazu herkommt; insbesondere wäre es mir interessant, ob die Herren, welche für die verabschiedeten Offiziere eine so lebhafte Theilnahme zeigen, etwa bereit sind, von den Liebesgaben für die Brenner für die Invaliden eine Kleinigkeit abzugeben. Auf die Einzelheiten dieses Gesetzes gehe ich schon deswegen nicht ein, weil, wenn, wie zu erwarten ist, der Reichstag aufgelöst wird, dieses Gesetz garnicht zur Verabschiedung gelangt. *Sollten dabei auch nur annähernd die Summen der Militärvorlage bewilligt werden, so würde diese Steigerung der Militärlast allen anderen an sich wünschenswerthen Ausgaben die allerschärfste Con⸗ currenz machen, und wir würden hier wie überall auf eine höhere Dotirung auf absehbare Zeit ganz und gar verzichten müssen. Daher möchte ich auch alle diejenigen, welche hier und im Lande sich für die bessere Versorgung verabschiedeter Soldaten besonders inter⸗ essiren, bitten, dafür zu sorgen, daß nicht die Ausgaben für das active Heer in einem Maße gesteigert werden, daß für absehbare Zeit irgendwelche Besserstellung verabschiedeter Soldaten unmöglich wird.
Abg. Menzer (dcons.): Die Versorgung der Kriegsinvaliden des Deutschen Reichs ist bisher eine mehr als ärmliche. Die Männer, welche in dem Kriege von 1870/71 ihr Blut für die Wiederher⸗ stellung des Deutschen Reichs vergossen haben, könnten mit Recht von dem Vaterlande erwarten, daß sie aller Sorge um das tägliche Brot enthoben werden würden. Die Budgetcommission wird ja auch im stande sein, diesen patriotischen Erwägungen Rechnung zu tragen, wenn ich es auch für besser gehalten hätte, eine besondere Commission niederzusetzen. In England und Holland kennt man eine Verkürzung der Pensionsbeträge überhaupt nicht; wir sollten uns in dieser Beziehung ein Beispiel an ihnen nehmen. Die Weiterzahlung der Pension an solche, welche in den Communaldienst treten, giebt unzweifelhaft zu neuer tiefgehender Unzufriedenheit Anlaß bei Allen, welche in den Reichs⸗ oder Staatsdienst getreten sind. In dem Reichs⸗Invaliden⸗ pensionsfonds, der noch 1891/92 413 Millionen Mart besessen hat, müssen doch sicher noch die Mittel vorhanden sein, welche eine unverkürzte Zahlung der Pension an alle Kategorien von im Civildienst Angestellten ermöglichen. Die Inhibirung der Pensions⸗ zahlung bei Verurtheilung wegen Hoch⸗ und Landesverraths kann ich auch nicht billigen; ebenso erscheinen mir die Präclusivfristen von sechs Jahren für die Geltendmachung von Versorgungsansprüchen wegen im Kriege erlittener innerer Dienstbeschädigungen und die von einem Jahre für Unteroffiziere und Soldaten, welche im Frieden Dienstbeschädigungen erlitten haben, zu kurz.
Abg. Dr. Osann (nl.) sieht in der Bestimmung, daß die Pension solchen Personen, welche ften Hoch⸗ und Landesverraths veruürtheilt sind, aberkannt werden soll, einen sehr gerechtfertigten und durch die Verhältnisse gebotenen Schritt der Gesetzgebung. Man könne doch dem Offizier, der gegen den Bestand des Reichs Verbreche⸗ risches unternommen hat, nicht noch eine Pension in die Hände liefern, die dasselbe Reich aufbringen muß. Auch dieser Redner kann es nicht als gerecht gelten lassen, daß beim Eintritt in den Communaldienst die Pension weiter gezahlt werden soll, beim Eintritt in den Staats⸗ oder Reichsdienst nicht. Wie solle es gehalten werden mit Schulen,
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welche vom Staat subventionirt werden? Durch eine solche Aus⸗ legung würde ja auch der Vortheil, welchen man den Pen⸗ sionären zuwenden will, wieder aufgehoben werden. Es seien freilich die Hoffnungen der Interessenten durch die beab⸗ sichtigte Abzweigung von 67 Millionen aus dem Reichs⸗Invaliden⸗ fonds für Reichszwece erheblich geschwächt worden. Aber auch nach dieser Abzweigung blieben noch reichlich Mittel übrig, um, wenn au nicht im vollen Maße, die Gleichstellung sämmtlicher Kategorien hinsichtlich des unverkürzten Weiterbezugs der Pension zu ermöglichen. Auch die Militärvorlage bilde für ihn in dieser Beziehung kein Hemmniß. Man dürfe doch nicht außer Betracht lassen, daß die Lebensverhältnisse seit 1871 und 1874 ganz andere geworden sind, daß die Pensionen, welche damals ausreichend schienen, es heute nicht mehr sind. Die Budgetcommission sei ja gewiß auch sachverständig für diese Vorlage; aber sie habe doch so eine instinctive Neigung zu sparen, und man müsse hoffen, daß diese Neigung zurücktreten werde vor der entschlossenen Absicht, eine Menge früher begangenen Unrechts und zugefügten Unheils wieder gut zu machen.
Abg. Graf Douglas (dcons.) hat seiner Zeit zusammen mit dem Abg. Menzer die Resolution eingebracht, welche den verbündeten Regierungen die Beseitigung der in den Pensionsgesetzen enthaltenen Härten und Unbilligkeiten ans Herz legte. Diese Beseitigung erfolge in der Vorlage nur in sehr bescheidenem Maße. Die finanzielle Aufbesserung, die Erhöhung der Kriegszulage von 6 auf 9 ℳ, sei ver⸗ schwindend. Es müsse endlich einmal der Modus der Einkommens⸗ berechnung bei Pensionären in Wegfall kommen, wonach auch häus⸗ liche Arbeit auf die Pension angerechnet wird. In dieser Beziehung müsse die Commission Abhilfe schaffen.
Abg. Liebermann von Sonnenberg l(b. k. F.): Der Abg. Richter pfeift hier ein Rattenfängerlied an die Wähler, soweit sie Militärpensionäre sind: sie möchten ja nicht Freunde der Militärvorlage wählen, da sonst ihre Pensionsbezüge garnicht erhöht werden könnten. Ein Rohspiritusmonopol würde alle nöthigen Mittel für beides liefern. Der Abg. Richter rechne nicht mit dem Patriotismus der alten Soldaten: die wollen nicht auf Kosten der Sicherheit des Vaterlandes eine Erhöhung ihrer Pension haben, sie werden nicht hören auf das Pfeifen des Rattenfängers von Hagen.
Präsident von Levetzow verweist dem Redner den letzten Ausdruck als unparlamentarisch.
Abg. Richter (dfr.): Man sucht niemand hinter einem Busch, wenn man nicht selbst dahinter gesteckt hat. Ich habe von dem Abg. Liebermann von Sonnenberg noch niemals eine sachliche Belehrung empfangen, wohl aber Agitationsreden gehört, wenn die Herren einmal zufällig überhaupt hier anwesend waren. Das lehrt auch dieser Fall. Ich habe mich für die Invaliden und alten Krieger interessirt zu einer Zeit, wo die Möglichkeit von Wahlen garnicht bevorstand. Das war vor anderthalb Jahren. Gerade diese Vorlage ist zu einem guten Theil, nämlich in der Zulage für die Kriegsinvaliden, meiner Anregung mit zu verdanken, indem ich den ersten Antrag auf die Besserstellung der Invaliden überhaupt in dieser Legis⸗ laturperiode eingebracht habe. Es war also seine Decla⸗ ration gegen niemand schlechter am Platze, als gegen mich. Das weiß freilich der Abg. Liebermann von Sonnenberg nicht, weil seine Beschäftigung mit dieser Materie vielleicht erst vom heutigen Tage datirt. Allerdings soll man den alten Soldaten das Leben möglichst leicht machen, und soweit der Reichs⸗Invaliden fonds dazu hinreicht, kann niemand mehr geneigt sein, Härten zu be⸗ seitigen als ich. Aber es handelt sich bei allen diesen Fragen durch⸗ aus nicht bloß um alte Krieger von 1870/71, sondern um Leute in mittleren Jahren, die in bürgerlichem Sinne vollkommen erwerbsfähig sind und nur aus irgend einem Grunde aus dem Militärdienst aus⸗ geschieden sind, in vielen Fällen nur nach dem verkehrten Princip, daß derjenige, der nicht in der Reihe seines Dienstalters avancirt, seinen Abschied einreichen muß. Dieses Princip, aus welchem ganz außerordentlich steigende Lasten erwachsen, führt die Betreffenden aus ihrem Beruf heraus, wo sie noch sehr gut Dienst leisten könnten. Die Steigerung der Pensionslast beruht ziffermäßig auf den Angaben des Kriegs⸗Ministeriums in der Militärcommission. Wenn Abg. Liebermann von Sonnenberg über⸗ haupt die Sache einigermaßen verfolgt hätte — er hat ja allerdings meist außerhalb zu thun — so müßte ihm das bekannt sein. Ein gutes Herz hier zu bekunden, ist äußerst dankbar, aber auch sehr leicht. Man muß nur auch die Börse haben, aus der heraus man die Wünsche des guten Herzens befriedigen kann. Wenn man nicht
Steuern nachweist zur Deckung neuer Ausgaben, so thut es
das gute Herz allein auch nicht. Unzufriedenheit kann man ja mindern durch höhere Dotationen, aber jede neue Steuer erweckt neue Unzufriedenbeit, und da ist doch eine Entscheidung, was man zu wählen hat, nicht so einfach. Wenn man sagt: es ist ja den Unterbeamten eine Gehaltsaufbesserung zu theil geworden, man müsse nun auch weiter gehen, so übersieht man, daß man über den Kreis der Unterbeamten in der Gehaltsaufbesserung nicht hinaus⸗ gekommen ist; wenn man diese nur ausdehnen wollte auf die übrigen Beamtenklassen, wie es 1890 geplant war, so wären dazu schon weitere 7 ½ Millionen Mark nöthig. Das ist verhindert worden durch die Erhöhungen des Militär⸗Etats und wird noch öfter verhindert werden durch die steigenden Militärlasten. Dem Abg. Dr. Osann möchte ich empfehlen, sich darüber zu unterrichten, wie der Abg. Dr. von Bennigsen die Sache ansieht, keineswegs so rosig wie er. Wir haben gestern von ihm gehört, die nothwendigsten Aufwendungen für culturelle Aufgaben muüßten in geradezu beschämender Weise zurückgestellt werden angesichts der großen Forderungen, die die Militärlast mit sich bringt. Das trifft zum theil auch hier zu. Ein Resecript des preußischen Handels⸗Ministers an die Regterungs⸗ Präsidenten fordert auf, das Fortbildungsschulwesen in Preußen einzuschränken, die Dotationen um 10 % zu ermäßigen und selbst Fortbildungsschulen an kleineren Orten eingehen zu lassen, weil die erforderlichen Zuschüsse nicht aufgebracht werden können. Da hat man doch alle Ürsache, sich vorzuseben, ehe man an eine weitere Steigerung der Militärlasten geht. (Zwischenruf: Eristenz⸗ frage!) Ist denn die Steuerfrage nicht auch eine Existenzfrage für viele Menschen? Durch die Vermehrung der Steuern wird es einer Menge von Existenzen unmöglich gemacht, sich wie bisher einen nved⸗ lichen Verdienst zu verschaffen. Der Abg. Liebermann von Sonnen⸗ berg hat das alte Branntweinmonopolprojeect wieder aufgewärmt. das darauf hinauslief, den Consum großer minder wohlhabender Klassen zu vertheuern. Ob der Abg. Liebermann von Sonnenberg und seine Freunde mit der Befürwortung dieses Projectes hei den Wahlen viel Glück haben werden, bleibt abzuwarten.
Abg. Liebermann von Sonnenbderg sb. k. F.) vermahrt sich gegen die Angriffe des Vorredners; er könne auch eine wird⸗ same Börsensteuer in Vorschlag bringen. (Vice⸗Präsident Graf Ballestrem: Wir verhandeln hier nicht über Steuervorlagen.) Auch fehle er nicht im Hause so oft, wie der Abg. Richter behaupte; er sei meistens anwesend; parlamentarisch wirksamer aber werde er sich erst dann hethätigen können, wenn er mit einer Fraction wieder⸗ komme. Der Abg. Richter habe sich selbst gelebt. Nun; chacun A son mauvgis haut-goüͤt! (Vice⸗Präsident Graf Ballestvem ver⸗ weist dem Reduer diesen Ausdruck.)
Abg. Ahlwardt (b. k. F.): Der ganze Schaden rührt daher, daß der Invalidenfonds ohne Verzinfung in sich selbst aufgebraucht worden ist. Zur Deckung aller dieser Aufgaden würde am hesten eine progressire Cinkommensteuer dienen. Er habe bedauerlicher Weise