1893 / 75 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

§ 2

Im Jahre vom 1. April 1893,94 können nach Anordnung

des Finanz⸗Ministers zur vorübergehenden Verstärkung des Betriebsfonds der General⸗Staatskasse verzinsliche Schatz⸗ anweisungen bis auf Höhe von 100 000 000 ℳ, welche vor dem 1. Januar 1895 verfallen müssen, wiederholt ausgegeben werden. Auf dieselben finden die Bestimmungen der 88 ·4 und 6 des Gesetzes vom 28. September 1866 (Gesetz⸗Samml. S. 607) Anwendung. 8 8 0

Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dies 3 setzes beauftragt. . b G 1 Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Könialichen Insiegel. Gegeben Berlin, Schloß, den 26. März 1893. (L. S.) Wilhelm.

Graf zu Eulenburg. von Boetticher. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Graf von Caprivi. Miquel. von Kaltenborn. von Heyden. Thielen. Bosse.

A““ .“ 6 e s e tz,

betreffend die Ergänzung der Einnahmen in dem Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April

1893/94. Vom 26. März 1893. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Preußen ꝛc.

verordnen, mit Zustimmung der Monarchie, was folgt:

König von

der beiden Häuser des Landtags

Zur Bereitstellung des Geldbetrages, welcher zur Ergänzung

der Einnahmen in dem Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr

vom 1. April 1893/94 erforderlich und unter Kapitel 24

Titel 17 der Einnahme in dem Etat der allgemeinen Finanz⸗

verwaltung in Höhe von 57 800 000 in Ansatz gebracht ist,

ist eine Anleihe durch Veräußerung eines entsprechenden Betrages von Schuldverschreibungen aufzunehmen.

8

Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuß, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Cursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen, bestimmt der Finanz⸗Minister. Im übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleihe und wegen Ver⸗ jährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. De⸗ zember 1869 (Gesetz⸗Samml. 8 1197) zur Anwendung.

Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Ge⸗ setzes beauftragt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrif und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 26. März 1893.

(L. S.) Wilhelm. Graf zu Eulenburg. von Boetticher. Freiherr von Berlepsch. Graf von Caprivi. von Kaltenborn. von Heyden. Thielen.

von Schelling. Miquel. Bosse.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Die bisherigen Geheimen Kanzlei⸗Diätare Jamrowski, Bohnholtzer und Menzel sind zu Geheimen Kanzlei⸗ Secretären ernannt worden

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

In der Königlichen Turnlehrer⸗Bildungsanstalt hierselbst wird zu Anfang Oktober d. J. wiederum ein sechsmonatlicher Cursus zur Ausbildung von Turnlehrern eröffnet werden. Für den Eintritt in die Anstalt sind die Bestimmungen vom 6. Juni 1884 maßgebend. Die Königliche Regierung veranlasse ich, diese Anordnung in Ihrem Verwaltungsbezirk in geeigneter Weise bekannt zu machen und über die dort eingehenden Meldungen vor Ablauf des Juli d. J. zu berichten. Auch wenn Aufnahmegesuche dort nicht eingehen sollten, erwarte ich Bericht. Unter Bezugnahme auf meine Rundverfügung vom 25. April 1887 ILI. III b 5992 erinnere ich wiederholt daran, daß jedem Bewerber ein Exemplar der Bestimmungen vom 6. Juni 1884 mitzutheilen ist und die anmeldende Behörde sich von der genügenden Turnfertigkeit des Anzumeldenden Ueberzeugung zu verschaffen hat, damit nicht, wie es immer noch vorkommt, aufgenom⸗ mene Bewerber wegen nicht genügender Turnfertigkeit wieder entlassen werden müssen.

Indem ich noch besonders auf den zweiten Absatz des § 8 der Bestimmungen vom 6. Juni 1884 verweise, veranlasse ich die Königliche Regierung, die EA111414“] keit der Bewerber sorgfältigst zu prüfen, sodaß die

bezüglichen Angaben in der durch meinen Erlaß vom 20. März

1877 U. III 7340 vorgeschriebenen Nachweisung als unbedingt zuverlässig bei Bewilligung und Bemessung der Unterstützungen zu Grunde gelegt werden können.

Auch noch im letzten Jahre sind trotz des wiederholten ausdrücklichen Hinweises auf diesen Punkt in einzelnen Fällen erhebliche Schwierigkeiten daraus erwachsen, daß die pecuniäre Lage einberufener Lehrer sich hier wesentlich anders auswies, als nach jenen vorläufigen Angaben bei der Einberufung an⸗ genommen werden durfte. Die betreffenden Lehrer sind ausdrücklich auf die mißlichen Folgen ungenauer

Angaben hinzuweisen. Die Lebensläufe, Zeugnisse ꝛc. sind von jedem Bewerber zu einem besonderen Hefte vereinigt vorzulegen.

(Unterschrift.) 18

An sämmtliche Königliche Regierungen und das König⸗ liche Provinzial⸗Schulcollegium hier.

Abschrift erhält das Königliche Provinzial⸗Schulcollegium zur Nachricht und gleichmäßigen weiteren Veranlassung be⸗ züglich der zu seinem Ges UFtstreise gehörigen Unterrichts⸗ gnstalten. 8

Dabei bemerke ich, daß in hohem Maße erwünscht ist,

größere Zahl wissenschaftlicher Lehrer welche für Erthei⸗

lung des Turnunterrichts geeignet sind, durch Theilnahme an dem Cursus dafür ordnungsmäßig zu befähigen. Berlin, den 20. März 1893. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Im Auftrage: An das Künfsliche Provinzial⸗Schulcollegium.

11“ 8

Die Nummer 7 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter

Nr. 9597 das Gesetz, betreffend die Feststellung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für das Jahr vom 1. April 1893/94. Vom 26. März 1893; und unter

Nr. 9598 das Gesetz, betreffend die Ergänzung der Ein⸗ nahmen in dem Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1893/94. Vom 26. März 1893. 8

Berlin, den 28. März 1893.

8 Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt.

Weberstedt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. März.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag gegen 10 Uhr den Vortrag des Rei⸗ skanzlers, sodann denjenigen des Chefs des Militärcabinets und später militärische Meldungen entgegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr traten heute zu einer Sitzung zusammen.

In den weiteren Verhandlungen der gestrigen Sitzung der Conferenz der Vertreter der Landesversicherungs⸗ ämter und der Invaliditäts⸗ und Alters⸗Ver⸗ sicherungsanstalten wurden diejenigen Maßregeln erörtert, welche seitens der Versicherungsanstalten auf Grund des § 12 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesebes zum Zweck der Wiederherstellung erkrankter Versicherter bis⸗ her getroffen worden sind. Es wurde hierbei namentlich an⸗ erkannt, daß in dieser Beziehung kein Unterschied danach zu machen sei, ob der betreffende Versicherte der reichsgesetz⸗ lichen Krankenversicherung unterliege oder nicht, daß vielmehr die Versicherungsanstalten bezüglich beider Kategorien von Versicherten die gleichen Befugnisse haben. Bezüglich des Zeitpunktes, in welchem derartige Maßregeln anzuordnen sind, und hinsichtlich ihres Umfangs bestehen nach der einhelligen Ansicht der Anwesenden keine Schranken für das Ermessen der Versicherungsanstalten, welche in jedem Einzelfalle unter Berück⸗ sichtigungaller in Betracht kommenden Gesichtspunkte, insbesondere finanzieller und socialpolitischer Erwägungen, zu entscheiden haben: ob, wann und wie sie von diesem ihrem Rechte Gebrauch machen wollen. Von den verschiedenen, hierbei zur Erörterung ge⸗ langten Einzelfragen ist hervorzuheben, daß die Versammlung sich mit der Ansicht des Reichs⸗Versicherungsamts einverstanden erklärte, wonach ein Versicherter zur Duldung einer ihm ärzt⸗ licherseits zur Abwendung drohender Erwerbsunfähigkeit an⸗ gesonnenen Operation nicht gezwungen werden kann.

Bei eingehender Besprechung der Frage, betreffend die Verwendung eines Theils des Vermögens der Ver⸗ sicherungsanstalten zur Herstellung von Arbeiter⸗ wohnungen, zeigte sich die überwiegende Mehrheit der Ver⸗ treter der Versicherungsanstalten geneigt, innerhalb der gesetz⸗ lichen Grenzen Kapitalbeträge zu Gunsten der Förderung des Baues von Arbeiterwohnungen anzulegen. Der Ankauf von Grundstücken und die Herrichtung von Wohnungen in eigener Regie der Versicherungsanstalten wurde im allge⸗ meinen nicht in Aussicht genommen, weil hierdurch der Ver⸗ waltungsapparat der Anstalten ein zu verwickelter werden würde. Als regelmäßige Form wurde viel⸗ mehr die Hingabe von Darlehnen, insbesondere an Communalverbände und gemeinnützige Baugesellschaften, ins Auge gefaßt. Das Reichs⸗Versicherungsamt erklärte sich mit diesen Grundsätzen einverstanden. Es werde nach wie vor den auf Errichtung von Arbeiterwohnungen zielenden Bestrebungen seine wohlwollende Unterstützung nicht versagen; nur werde den Versicherungsanstalten empfohlen, mit Rücksicht auf den Mangel an Erfahrungen schrittweise und allmählich vorzugehen und bei Bemessung der Darlehne die allgemeinen finanziellen Verhältnisse der be⸗ treffenden Versicherungsanstalt zu berücksichtigen. Allgemein war man unter Zustimmung des Reichs⸗Versicherungsamts der Ansicht, daß nicht allein die großen Städte und Industrie⸗ centren, sondern auch das flache Land mit Wohlfahrtsein⸗ richtungen für die arbeitende Bevölkerung bedacht werden sollen.

Nach Abschluß dieser Berathung wurden die Verhand⸗ lungen Nachmittags 5 ½ Uhr abgebrochen und auf heute vertagt.

Heute Vormittag 9 Uhr wurden die Berathungen fort⸗ gesetzt. Sie erstreckten sich auf folgende Punkte:

Die angeregte Einführung eines einheitlichen Ver⸗ fahrens bezüglich der von den Versicherungsanstalten vorzu⸗ nehmenden Entwerthung von Beitragsmarken wurde nicht für erforderlich erachtet; es wurde aber als nothwendig bezeichnet, für die Entwerthung nur solche Stempel zu ver⸗ wenden, durch welche die Erkennbarkeit der auf der Marke befindlichen Bezeichnungen der Versicherungsanstalt, der Lohn⸗ klasse und des Werthbetrages möglichst wenig beeinträchtigt wird. Andernfalls würden für die Vertheilungsarbeiten des Rechnungsbureaus große Schwierigkeiten entstehen.

Zur Vermeidung zu häufiger Nachwahlen, sowie anderer⸗ seits zur Wahrung thunlichster Gleichmäßigkeit in der Ver⸗ tretung der Arbeitgeber und der Versicherten in den Ausschüssen der Versicherungsanstalten 48 Abs. 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes) wurde die Auf⸗ nahme einer Bestimmung in das Statut vorgeschlagen, wonach beim Ausscheiden eines oder mehrerer Mit⸗ glieder der einen Kategorie nebst deren Ersatzmännern

eine der dadurch entstandenen Differenz entsprechende Anzahl von Mitgliedern der zahlreicheren Kategorie nach Bestimmung durch Loos sich der Abstimmung zu knthalten hat. Der Vorschlag fand mit der Maßgabe die Billigung der Versammlung, daß der Vorsitzende des Ausschusses von der Ausloosung ausgenommen sein solle. Dagegen wurde ein Antrag, das gleiche Verfahren auch bei bloßer Verhinderung einzelner Vertreter und ihrer Ersatzmänner einzuführen, als ““ Absicht des Gesetzgebers widersprechend ab⸗ gelehnt.

Eine einheitliche Regelung der Frage, wie die ge⸗ fundenen Quittungskarten, deren Inhaber nicht sogleich zu ermitteln sind, zu behandeln seien, wurde nicht für geboten erachtet, da die Angelegenheit in den Bezirken der überwiegen⸗ den Mehrzahl der Versicherungsanstalten den örtlichen Verhält⸗ nissen entsprechend bereits geregelt ist. Inzwischen tauschten die Anwesenden ihre auf diesem Gebiet gesammelten Er⸗ fahrungen weiter aus.

Es wurden hierauf mehrere prozessuale Fragen aus dem Gebiet des Rentenfeststellungsverfahrens erörtert. Dabei wurde allseitig anerkannt, daß bisher in ausreichender Weise seitens des Schiedsgerichts⸗Vorsitzenden vor dem Verhandlungs⸗ termin eine Mittheilung des wesentlichen Ergebnisses schieds⸗ gerichtlicher Beweiserhebungen an die Versicherungsanstalten bewirkt worden ist. Insbesondere habe, so wurde betont, eine Mittheilung des Beweismaterials dann stattgefunden, wenn die Erhebungen die Annahme nahelegten, daß nunmehr die Versicherungsanstalt freiwillig den erhobenen Rentenanspruch anerkennen werde. Dadurch, daß in dieser Weise die Schieds⸗ gerichte mit den Versicherungsanstalten Hand in Hand ge⸗ gangen seien, hätten zahlreiche Ansprüche zur frei⸗ willigen Anerkennung gelangen und Streitigkeiten ver⸗ mieden werden können. In Anknüpfung an diese Verhandlungen wurde von Vertretern einzelner preußischer Versicherungsanstalten über wiederholt wahrgenommene Ver⸗ zögerungen in der Behandlung von Berufungs⸗ sachen geklagt und dabei darauf hingewiesen, daß in der Hauptsache das langsame Arbeiten einzelner Schiedsgerichte auf Mängel in der Organisation der letzteren und auf den un⸗ erwünscht häufigen Wechsel in der Person der Schiedsgerichts⸗ Vorsitzenden zurückzuführen sei. 1

Beim Austausch der Meinungen über die mit dem soge⸗ nannten Einzugsverfahren (§§ 112 ff. des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes) gemachten Erfahrungen und über die etwaigen Vorzüge dieses Verfahrens gegenüber der Entrichtung der Beiträge durch die Arbeitgeber selbst ging die allgemeine Ansicht dahin, daß ein abschließender Vergleich beider Systeme noch verfrüht sei. Jedenfalls sei nach den bisherigen Erfahrungen dem Einzugsverfahren nicht so unzweifelhaft der Vorzug zuzuerkennen, daß eine Verallgemeinerung dieser Maß⸗ regel für diejenigen Versicherungsanstalten sich empfehle, wesche bisher ohne Einzugsverfahren thätig gewesen sind. Insbesondere trifft dies für die preußischen Versicherungs⸗ anstalten zu. Dieselben besitzen auch zum theil. segensreich wirkende Controleinrichtungen, durch welche schon eine umfang⸗ reiche Beitragsentrichtung erzielt worden ist.

Ueber die Frage, wie die Beitragsleistung bei Ver⸗ sicherten zu erfolgen habe, die gleichzeitig in einem dauernden Arbeitsverhältniß zu mehreren Arbeit⸗ gebern stehen (z. B. Bauwächter über mehrere benachbarte Grundstücke), einigte man sich in der Ansicht, daß eine soli⸗ darische Verpflichtung der Arbeitgeber zur Verwen⸗ dung der gesetzlichen Beitragsmarken bestehe, insoweit nicht etwa das Arbeitsverhältniß bei dem einen oder anderen Arbeitgeber als ein nebensächliches im Sinne des Bundesrathsbeschlusses vom 22. Dezember 1891 von der Ver⸗ sicherungspflicht ausgenommen ist. Den mehreren Arbeit⸗ gebern bleibt es alsdann überlassen, sich über die Vertheilung der Beiträge untereinander zu verständigen.

Hiermit war die Tagesordnung erschöpft, worauf noch eine Conferenz der Vorstände derjenigen Versicherungsanstalten, die an der Versicherung der Seeleute betheiligt sind, unter Theilnahme von Vertretern des Reichs⸗Versicherungsamts stattfand.

11“

Nachdem mit Rücksicht auf die allgemeine Finanzlage des Staäats die vom Landes⸗Eisenbahnrath befürwortete Ausdeh⸗ nung des Ausnahmetarifs für Rohstoffe auf Brennstoffe wegen der daraus jedenfalls in der ersten Zeit zu erwartenden be⸗ trächtlichen Prachtausfälle auf Bedenken gestoßen, ist aus dem rheinisch⸗westfälischen Industriebezirk die baldige Ermäßigung der Frachtsätze für Eisenerze, welche gleichzeitig mit der Herab⸗ setzung der Brennstofffrachten in Aussicht genommen war, wieder⸗ holt in Antrag gebracht. Das Bedürfniß für diese Maß⸗ nahme ist durch den Hinweis auf die fortschreitende Vermin⸗ derung der in Preußen vorhandenen Vorräthe an solchen Eisenerzen und Schlacken, welche für die Erzeugung von phosphorhaltigem Roheisen geeignet sind, und die sich daraus ergebende Nothwendigkeit, zum Ersatz Minette aus Lothringen⸗Luxemburg zu beziehen, in zutreffen⸗ der Weise begründet worden. Zur thunlichsten Erhal⸗ tung des Gleichgewichts in den Wettbewerbsverhält⸗ nissen für diejenigen Hochofenbezirke, welche an Frachtermäßi⸗ gungen für Eisenerze gar nicht oder nur in geringem Umfang theilnehmen, da sie ihren Erzbedarf aus nächster Nähe decken, welche dagegen darauf angewiesen sind, ihre Brennstoffe auf weitere Ehesernungen zu beziehen, ist nach den angestellten Erhebungen eine mäßige Herabsetzung der Frachten für Koks zum Hochofenbetrieb fuͤr erforderlich, aber auch ausreichend

erachtet. Unter Zustimmung des Königlichen Staats⸗Ministeriums hat daher der Minister der öffentlichen Arbeiten die König⸗ lichen Eisenbahn⸗Directionen ermächtigt, im Verkehr der preußischen Staatsbahnen nach Stationen, an welchen sich Hochöfen befinden, die vom Landes⸗Eisenbahnrath befürworteten

Frachtermäßigungen

betrieb auf den Betrag von 2,2 Streckenfracht und 70 Abfertigungsgebühr für die Tonne erkehrsbeziehungen eine Ermäßigun is zu 50 für die Tonne zu gewähren; im Verkehr mit do G Bahnen, welche gleiche Einheitssätze annehmen, sollen dieselben Frachtermäßigungen 8Sa. werden. Auch die Kaiserliche General⸗Direction der Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen hat die gleiche Ermächtigung erhalt

ür Eisenerze baldthunlichst einzuführen und gleichzeitig die Frachtsätze für Koks zum Hochofen⸗

herabzusetzen, d. h. egen die regelmäßigen Frachtsätze t9 Koks in den meisten

deutschen und luxemburgischen

8

Harburg, ist bis auf rc Friedeberg N.⸗M. zur Hilfeleistung

auf das Offiziercorps,

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich

necklenburgische Ober⸗Zolldirector Oldenburg ist von hier wieder abgereist. 8

Der Regierungs⸗Assessor Landmann zu Marienwerder

ist an die Königliche Regierung zu Breslau versetzt worden.

Der Regierungs⸗Assessor von Bornstedt, zur Zeit in weiteres dem Landrath des Kreises in den landräthlichen Ge⸗ schäften zugetheilt worden. 8

Der Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Rose zu Breslau ist

der Königlichen Polizei⸗Direction zu⸗ Posen zur weiteren dienst⸗

lichen Verwendung überwiesen worden.

Die 1“ von Tschirschky und Bögendorff aus Potsdam, Haupt aus Merseburg und Dr. jur. Friedrich Wolff aus Bromberg haben die zweite Staatsprüͤfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden. vXX“ C“

1 8.

Sachsen.

Auf eine Einladung des Kriegs⸗Ministers Edler von der Planitz besichtigten die Mitglieder der internationalen Sanitäts⸗Conferenz gestern die Militär⸗Etablissements. Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich August empfing die Delegirten an der Schützenkaserne und ertheilte die erforderlichen Aufschlüsse. In den Kasernen der Jäger, Artillerie und Grenadiere übernahmen die betreffenden Commandeure die Führung der Delegirten. In der Grenadierkaserne gab das Offiziercorps ein Frühstück, bei welchem der türkische Bevoll⸗ mächtigte von Bronikowsky⸗Pascha einen Trinkspruch

der schwedisch⸗norwegische Gesandte von Lagerheim einen solchen auf den Kriegs⸗Minister aus⸗ brachte. Der Kriegs⸗Minister und der Regiments⸗Com⸗ mandeur Oberst von Hingst erwiderten die Trinksprüche. Oldenburg.

(H.) Zur Feier des Geburtstags Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin, Höchstwelche ihr 67. Lebensjahr vollendete, war vorgestern die Residenz festlich geschmückt. Ihre Königliche Hoheit die Erbgroß herzogin ist von Dresden nach Oldenburg zurückgekehrt.

8

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser empfing, wie „W. T. B.“ berichtet, geftern Nachmittag den ungarischen Minister⸗Präsidenten Dr. Wekerle und den Minister des Innern Hieronymi in einstündiger gemeinsamer Audienz. Der „Budapester Correspondenz“ zufolge soll die Audlenz mit der Vorlage über die allgemeinen obli⸗ gatorischen Standesregister zusammenhängen. Am späteren Nachmittage conferirte alsdann Dr. Wekerle mehrere Stunden mit dem österrekchischen Finanz⸗Minister Dr. Steinbach und Minister Hieronymi mit dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky. Abends traf auch noch der ungarische Minister für die Landesvertheidigung Feldzeugmeister Freiherr von Fejérväry zur Theilnahme an gemeinsamen Minister⸗ Conferenzen in Wien ein.

Der General⸗Adjutant Graf Paar hat im Auftrage des

Kaisers ein Beileidstelegramm an die Angehörigen des ver⸗ 6 Generals Freiherrn von Edelsheim⸗Gjulay erichtet. Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentlicht das Finanz⸗ gesetz und den Staatsvoranschlag pro 1893, sowie das Kaiserliche Patent, wodurch die Landtage von Böhmen und Steiermark auf den 6. April, von Tirol auf den 12. April, von Galizien auf den 24. April, von Niederösterreich, Oberösterreich, Krain, Bukowina, Vorarlberg und Goerz⸗Gradiska auf den 20. April einberufen werden. Ferner veröffentlicht die „Wiener Zeitung“ das Gesetz über die Vereinsthaler österreichischen Gepräges und deren Außercurssetzung sowie das bezügliche Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich⸗Ungarn.

Der „Pester Lloyd“ erfährt aus bester Quelle, der Fürst⸗ Primas Vaszary habe den Protestbeschluß der Preß⸗ burger autonomen Kirchengemeinde gegen die Kirchen⸗ politik der Regierung annullirt, weil es unzulässig sei, daß Kirchengemeinden sic mit Politik befaßten. 8

Großbritannien und Irland.

Unter Vorsitz des Premiers Gladstone fand gestern im

Auswärtigen Amt die bereits in Nr. 73 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ angekündigte Versammlung der liberalen Partei statt. Gladstone hielt dabei laut Meldung des „W. T. B.“ eine Ansprache über die Mittel und Wege, durch welche die Regierung in den Verhandlungen des Unterhauses einen größeren Spielraum für die Erledigung der ministeriellen Gesetzentwürfe gewinnen könne. Er führte Klage über die Obstructionstaktik der Opposition, die das Fortschreiten der Erledigung der von der Regierung eingebrachten Gesetz⸗ entwürfe zu hemmen suche. Demnächst betonte er, er habe bereits seit langer Zeit den großen Uebelstand empfunden, der für die liberale Partei mit dem Umstande verknüpft sei, einen Mann seines Alters zum Führer zu haben. Er habe auf seinem Posten lediglich Dank der ergebenen und geschickten Unterstützung verbleiben können, die ihm seine Collegen hätten zu theil werden lassen. Er fürchte, daß seine Kräfte der Erschöpfung nahe seien, er werde aber, soweit er es ver⸗ möge, nicht aufhören, sein bestes Bestreben auf Erfüllung seiner Pflicht zu richten. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen.

Im Unterhause theilte gestern der Parlamentssecretär des Auswärtigen Sir E. Grey dem Hause mit, am 20. März sei der bisherige englische Gesandte bei den Vereinigten Staaten Pauncefote zum Botschafter in Washington ernannt und dies sofort dem amerikanischen Staats⸗ secretär mitgetheilt worden. Die englische Regierung sei von der Absicht der Regierung der Vereinigten Staaten unter⸗ richtet worden, einen Vertreter desselben Ranges bei dem englischen Hofe zu accreditiren, indem sie den freundlichen Schritt der Königin von England annehme und erwidere. Hierauf kündigte der Premier Gladstone an, er beantrage, am Dienstag den à Conto⸗Credit und am Donnerstag eine Resolution zu berathen, durch die der Regierung nach den Oster⸗ ferien außer den üblichen Tagen auch die Dienstage und Mitt⸗ woche für die Regierungsgeschäfte zur Verfügung gestellt werden, sowie für die Homerule⸗Bill die Priorität eingeräumt wird an allen Tagen, an denen diese auf der Tagesordnung steht. Bei Wiederaufnahme der Sitzungen nach den Osterferien,

6. April, solle sofort die zweite Lesung der Homerule⸗Bill vorgenommen werden. Hierauf ergriff Balfour das Wort zur Begründung des von ihm beantragten Tadelsvotums. (Siehe Nr. 72 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 24. d. M.) Sodann wandte sich der Chef⸗Secretär des Lord⸗Lieutenants von Irland Morley gegen das Tadelsvotum und erklärte: Falls Balfour unter dem Concordat mit den irischen Nationalisten das Bestreben der Regierung verstehe, zum ersten Mal unter⸗ stützt von den Sympathien der Majorität des irischen Volks zu regieren, dann habe sich die Regierung allerdings des Concordats schuldig gemacht. Die Anklage Balfour'’s sei so schwach, daß die Regierung weder das Votum des Hauses, noch das Urtheil des Landes zu fürchten brauche. Der Premier Gladstone erklärte, zur Rechtfertigung des Tadels⸗ votums sei nichts vorgebracht worden; störende Elemente seien als Ergebniß eines siebenhundertjährigen Verwaltungs⸗ systems noch in Irland vorhanden; die Regierung versuche ein System, wonach Irland in demselben Sinne verwaltet werden solle, nach welchem die Engländer und Schotten regiert würden; er stelle sich Morley zur Seite, um sein Schicksal zu theilen: Schließlich wurde das Tadelsvotum Balfour’s mit 319 gegen 272 Stimmen verworfen.

Die Osterferien des Parlaments werden vom 30. d. M. bis zum 5. April dauern.

Frankreich. 111“

Der Senat wählte gestern Challemel⸗Lacour mit

172 Stimmen zum Präsidenten. Bei der sodann fort⸗ gesetzten Berathung des Budgets wurde, wie meldet, bei dem Budget des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten ungeachtet der von dem Minister der öffentlichen Arbeiten Viette erhobenen Einwendungen die von der Kammer beschlossene Reorganisation der Eisenbahn⸗Controle mit 156 gegen 110 Stimmen abgelehnt. Die Deputirtenkammer wird heute die Frage der Petroleum⸗Besteuerung berathen. Die Zollcommission wird die provisorische Aufrechterhaltung der gegenwärtig be⸗ stehenden Zollsätze befürworten, um nicht die mit den Regie⸗ rungen der Petroleum⸗Export⸗Länder angeknüpften Verhand⸗ lungen zu stören, welche die Erlangung von handelspolitischen Zugeständnissen gegen die Herabsetzung der Petroleumzölle zum Ziele haben.

Die Panama⸗Untersuchungscommission beschloß, einen General⸗Berichterstatter zu ernennen, der die Bestim⸗ mungen der parlamentarischen Geschäftsordnung prüfen und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen der Commission unterbreiten soll.

Der 87, von Paris hat an die Präsidenten der monarchistischen Comités in den Departements ein Schreiben gerichtet, worin es heißt, angesichts der gegen⸗ wärtigen Lage empfänden die Männer von ehrenhafter Ge⸗ sinnung das Bedürfniß, sich zur höchsten Kraftanstrengung zu vereinigen. Die Monarchisten müßten ihnen mit gutem Bei⸗ spiel vorangehen, jede natürliche Allianz annehmen und Frank⸗ reich begreiflich machen, daß die Monarchie allein eine starke, dauernde und geachtete Regierung gewähre. Der Graf von Paris fügt hinzu, er werde, von seinem Sohn unterstützt, vor keiner Anstrengung zurückscheuen, um das Vaterland wieder

zu erheben.

Eine vom General Dodds eingegangene Depesche meldet, die Organisirung von Dahomey nehme ihren regel⸗ mäßigen Fortgang, der Zolldienst sei im Gange, die ganze Bevölkerung südlich vom Lama⸗Sumpf sei vollständig zur Ruhe gebracht; die Lage in Abomey sei unverändert. Von militärischen Vorkommnissen seien nur die Zerstörung eines Dorfs durch einen von Kotopa abgegangenen Recognoscirungstrupp und die Entwaffnung einer Ab⸗ theilung Nagos zu melden. Dem König von Dahomey dürfte es där Schwierigkeiten bereiten, Lebensmittel für seine Anhänger herbeizuschaffen. Mehrere Führer der Stämme im Norden von Dahomey zeigten dem General Dodds gegenüber die besten Gesinnungen. Angesichts der gegenwärtigen schlechten Jahreszeit sei der Gesundheitszustand der Truppen ein be⸗ friedigender . X““

8 Rußland. 8

Der Kaiser und die Kaiserin statteten, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, gestern der Familie des ver⸗ storbenen dänischen Gesandten Kjaer einen Besuch ab.

Spanien.

In der Provinz Galizien soll nach einer Meldung des „W. T B.“ aus Madrid eine autonomistische Be⸗ wegung ausgebrochen sein.

Schweiz.

Der Ständerath hat, dem „W. T. B.“ zufolge, den Beschluß des Nationalraths einstimmig angenommen, wonach der Kanton St. Gallen die durch den mit Oesterreich ab⸗ geschlossenen Vertrag über die Rhein⸗Reg ulirung für die Eidgenossenschaft erwachsenden Pflichten zu übernehmen hat und dafür eine Subvention von 8 700 000 Fr. vom Bunde erhält.

Rumänien.

Die Deputirtenkammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern das Kriegsbudget, das Budget des Aus⸗ wärtigen und das Justizbudget angenommen. Bei der Be⸗ rathung des Budgets des Auswärtigen verlangte die Oppo⸗ sition die Errichtung besonderer Konsulate für Siebenbürgen und das Banat. Der Minister des Auswärtigen Lahovary erwiderte, man müsse sich hüten, der Frage eine politische Wendung zu geben, es könne sich doch nur um den Schutz rumänischer Unterthanen handeln; man⸗ müsse abwarten, bis das wirthschaftliche Interesse die Errichtung der Konsulate erheische.

Serbien. 1

Wie der „Politischen Correspondenz“ aus Belgrad ge⸗ meldet wird, hat der König Alexander dem Sultan für den auszeichnenden Empfang, den dieser der Königin Natalie zu theil werden ließ, telegraphisch seinen Dank aus⸗ gesprochen.

Bulgarien.

Der Finanz⸗Minister Salabascheff ist gestern nach

Wien abgereist. . Amerika.

Der „Times“ wird aus Philadelphia gemeldet, allem Anschein nach werde der Präsident der Vereinigten Staaten Eleveland den Congreß zum September einberufen, um die finanzielle Lage und eine Revision des Zoll⸗ tarifs in Erwägung zu ziehen

Nach einer Meldung des „Reuter schen Bureaus“ aus Rio de Janeiro vom 27. d. M. entbehrt die von dem „New⸗York Herald“ gebrachte Nachricht von der Verhaftung des argentinischen Konsuls in Porto Alegre Begründung; die Beziehungen zwischen Brasilien und Argentinien und ebenso diejenigen zwischen Brasilien und Uruguay seien herzliche. Seitens der Regierung wird versichert, daß der Zustand der Dinge in Rio Grande do Sul keinerlei Bedenklichkeit biete; nur einzelne Auf⸗ ständische hätten die Grenze überschritten, die wegen ihrer großen Ausdehnung nicht an allen Punkten bewacht werden könne. Diese Aufständischen hätten sich indessen vor den Truppen wieder zurückgezogen, ohne daß es zu einem Zusammenstoß gekommen wäre. In allen anderen Staaten Brasiliens hecrsche vollkommene Ruhe. Nach einem Telegramm des „New⸗York Herald“ aus Rio Grande do ul bom⸗ bardiren die Regierungstruppen die Stadt Bagé von den benachbarten Anhöhen her. Sobald Verstärkungen ein⸗ geioffen sind, soll ein allgemeiner Angriff auf die Insurgenten erfolgen. .

Die gestern in der Provinz Buenos⸗Aires abge⸗ haltenen Wahlen zur Legislative haben eine Majorität für die Regierungspartei ergeben. Neuerdings verlautet ge⸗ rüchtweise, daß der Finanz⸗Minister Romero und der Kriegs⸗ Minister Victoriea zurücktreten würden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Berliner Arbeiter⸗Colonie hat nach den Berichten, die in der gestern abgehaltenen General⸗ versammlung erstattet wurden, in den letzten beiden Jahren mit einem Fehlbetrag von zusammen 79 600 abgeschlossen. Zur Deckung hat man neue Hypotheken auf das Anstaltsgrundstück, Reinickendorfer⸗ straße Nr. 36 a, aufnehmen müssen, das nun mit 165 000 belastet ist. Den über zwei Jahre sich erstreckenden Berichten war im einzelnen Folgendes zu entnehmen. Im Jahre 1891 sind 972 Mann an 73 474 Tagen beherbergt worden; im Jah ke 1892 ist diese Zahl auf 766 in 64 000 Tagen zurückgegangen, wein man neuerdings, um Er⸗ sparungen zu erzielen, die Anstalt nicht mehr voll belegt und außerdem nur möglichst arbeitskräftige Leute aufnimmt. Im Jahre 1891 hatte man 964 abgewiesen, 1892 ist die Zahl der Abgewiesenen noch weit Fößer gewesen; insgesammt sind die vorhandenen Betten im letzten Jahre in 34 900 Fällen nicht benutzt worden. Die Industrie der Colonie erstreckte sich im wesentlichen auf Stroh⸗ waaren, Kistenfabrikation und LTischlerei, Bürstenbinderei, Rohrflechterei und Buchbinderei. Aus den Betrieben wurden in beiden Jahren 205 000 eingenommen, während die directen Aus⸗ gaben der Betriebe sich auf 158 000 beliefen. Dazu treten freilich noch die sehr erheblichen Generalunkosten, die Unterhaltung des Fuhr⸗ werks u. dgl., sowie die Kosten für Bauten, die früher aus dem Gewinn bestritten werden konnten, den die Colonie in Höhe von 146 000 durch Grundstücksspeculation gemacht und der inzwischen vollständig auf⸗ gebraucht ist. Die Tegeler Filiale erforderte im Jahre 1891 4467, im Jahre 1892 1723 Zuschuß. In das Jahr 1893 trat die Colonie mit einem Vermögen von 246 000 ℳ, das allerdings im Grund⸗ stück festliegt und keine Zinsen bringt. Im laufenden Jahre hofft man den Fehlbetrag, der 1891 47 000, 1892 32 600 betrug, auf 18000 vermindern zu können. Zur Deckung digses Betrags sucht man schon jetzt der Colonie neue Einnahmen zuzuführen; u. a. hat die Anstalt von Ihren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, von Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Heinrich, dem Erbgroßherzog don Baden und von den Söhnen des Prinzen Albrecht Zuwendungen erbeten und erhalten. Zur Arbeiterbewegung.

Aus Dortmund berichtet die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“, daß am letzten Sonntag wieder eine sogenannte „große, dFferiische⸗ Berg⸗ arbeiterversammlung wegen der geringfügigen Zahl der Besucher nicht zu stande kam. Außer Herrn L. Schröder waren nur wenige⸗ andere Personen anwesend. (Vgl. Nr. 70 d. Bl.)

Der „Voss. Ztg.“ wird aus Hamburg über den drohenden Ausstand der Heizer und Trimmer (vgl. Nr. 74 d. Bl.) vom gestrigen Tage geschrieben: Einer unter dem Vorsitz des Heizers Hoff⸗ mann am Sonntag in Altona abgehaltenen Versammlung wurde Mittheilung gemacht von einer Unterredung mit Vertretern des Rhedereivereins. Nachdem die Verhandlungen sich als vergeblich er⸗ wiesen haben, wurde der Ausstand der Heizer und Trimmer verkündigt. Neunzig Heizer des eben angekommenen Schnelldampfers „Augusta Victoria“ Floflen sich fofort an. Es wurde eine Fn mission von sieben Mitgliedern von den Ausständigen gewählt. Dem gegenüber steht eine Mittheilung der „Hamb. Börsenh.“, der zufolge der Ausstand nicht zum Ausbruch gekommen sei. Es werde nach wie vor zu den alten Sätzen angemustert, da die Rhedereien er⸗

klärten, bei der jetzigen Geschäftslage keine höheren Löhne bewilligen

zu können. Der Verein Hamburger Rheder, der nicht ein für allemal, sondern nur von Fall zu Fall Vollmacht zum Unterhandeln hat, sei 8 demnach gegenwärtig nicht in der Lage, den Heizern und Trimmern höhere Löhne in Aussicht stellen zu können.

Ueber den Ausstand der Berliner Schneidergesellen liegen in den Blättern folgende Mittheilungen vor: In einer Versammlung am Sonntag wurde mitgetheilt, daß bis dahin 103 Geschäfte die Tarife der Arbeiter anerkannt hätten. Eine Bekanntmachung der .“ giebt die Zahl der Ausständigen jetzt auf 1200 an.

Eine Versammlung der Glaser Berlins beschloß, wie die Berliner „Volksztg.“ berichtet, am Sonntag, die Sperre über die Firmen Spinn u. Co., Kronenstraße, und Wahl u. Sohn, Behrenstraße, als für die weitere Dauer zwecklos aufzuheben, da diese Firmen über tüchtige Kräfte in genügender Zahl verfügen. Weiter berieth man über eine vorzunehmende Lohnbewegung der Bau⸗ glafer, welche die Bleigaser zu unterstützen versprachen. Beschluß hierüber soll in einer späteren Versammlung gefaßt werden.

In Charlottenburg haben in der Roͤbelfabrik von Ge⸗ brüder Weinmann die Tapezierer wegen Verweigerung der neunstündigen Arbeitszeit die Arbeit niedergelegt.

Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg.“ telegraphirt, daß der Aus⸗ stand in den Bergwerken von Paturages, wo 1000 Bergleute feierten, wieder beigelegt ist. (Vgl. Nr. 73 d. Bl.) 1

Ein Brüsseler Telegramm des „D. B. H.“ berichtet, daß man, obwohl die für den 1. Mai geplanten Demonstrationen der Arbeiter in Lüttich von den Behörden untersagt sind, annimmt, daß die Partei in ungewöhnlicher Stärke durch Umzüge sich bemerklich machen werde.

Der Ausstand der Arbeiter der Zünd holzfabriken in Pantin ist gestern nicht beendet worden (pgl. Nr. 74 d. Bl.), son⸗ dern wird, wie der „Temps“ berichtet, auf Grund eines Versamm⸗ lungsbeschlusses fortgesetzt. 8

Kunst und Wissenschaft.

Adolf Menzel's neueste Schöpfung, eine wenige Quadratzoll messende Gouache, ist vor ihrer Versendung zur trans⸗ atlantischen Weltausstellung in der Kunsthandlung von R. Wagner (Dessauerstraße 2) für wenige Tage ausgestellt. Die Dimensionen des Bildchens, das uns ein Augenblicksbild des Kissinger Badelebens mit unübertroffener Lebendigkeit vorzanbert, gestatten nur die Betrachtung aus nächster Nähe; man müßte stundenlang ungestört vor der Staffelei sitzen können, um die Fülle witziger Einfälle und glücklicher Beobach⸗ tung zu erschöpfen, die sich hier zusammendrängt. Der greise Meister verfügt offenbar heute noch mit seinen siebenundsiebzig Jahren