Der „Sun“ meldet aus Washington, der Secretär des Schatzamts Carlisle bereite eine Erklärung über die Politik des Schatzamts vor, welche besage, die Goldreserve sei einzig zur Ein⸗ lösung der Greenbacks zu verwenden; der Staatsschatz könne die Schatzscheine von 1890 in Gold oder in Silber einlösen; wenn das zur Verfügung stehende Gold erschöpft sei, werde die Einlösung in Silber erfolgen. Chicago, 20. April. (W. T. B.) Weizen eröffnete unregel⸗ mäßig, später trat auf Deckungen der Baissiers eine Besserung ein. Schluß stetig. — Ma is allgemein fest während des ganzen Tages.
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause wird am Sonntag „Ca- valleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Dietrich und Lammert und den Herren Rothmühl und Fränkel, sowie Rossini's „Barbier von Sevilla“ mit den Damen Dietrich und Lammert, den Herren Lieban, Bulß. Mödlinger und Schmidt gegeben. In der am Montag zum ersten Mal in Scene gehenden Oper „Unter Räubern“ von
Unton Rubinstein sind g
chramm, sowie die Herren Rothmühl, Bulß, Lieban, Fränkel, Ritter, Krasa, Schmidt und Stammer beschäftigt. In dem darauf folgenden Ballet „Die Rebe“, mit Musik von Rubinstein, treten die Damen dell Era, Urbanska, Stoßmeister, Herr Burwig ꝛc. auf. Das Königliche Schauspiel (im Neuen Theater) bringt am Sonntag eine Wiederholung des Einacter⸗Abends: „Gastrecht“, „Meister Gert Westfaler“, „Die wachsame Schildwache“, „Die ehrlich Bäckin“. “ Im Lessing⸗Theater werden in dem Wiener Volksstück „Brave Leut; vom Grund“ von Ludwig Anzengruber, das morgen zur ersten Aufführung gelangt, neben Jenny Groß und Franz Schönfeld, welche die beiden Hauptrollen darstellen werden, auch Marie Meyer und Carl Waldow in hervorragenden Aufgaben beschäftigt sein, während die zahlreichen episodischen Figuren des Stücks fast alle übrigen Lust⸗ spielkräfte des Lessing⸗Theaters in Anspruch nehmen. Die musikalische Leitung der Vorstellung hat Herr Kapellmeister Hoffmann über⸗ nommen. 1
Mit Ilka von Palmay in der Titelrolle gelangt im Friedrich⸗ Wilhelmstädtischen Theater am Montag zum ersten Male das Vaudeville „Mame;zelle Nitouche“ zur Aufführung. Die übrigen Hauptrollen sind mit den Damen Elise Schmidt, Cornelli und den Herren Klein, Wellhof, Bruch, Broda, Ernsthaft und Ewald besetzt.
In Max Halbe's Drama „Jugend“, das am Sonntag in einer Matinée des Resi denz⸗Theaters zur Aufführung gelangt, wird das jugendliche Paar, das im Mittelpunkte der Handlung steht, von Vilma von Mayburg und Rudolf Bittner dargestellt; die anderen Rollen liegen in den Händen der Herren Josef Jarno, Hermann Werner und Paul Biensfeld. Vorausbestellungen zu dieser Matinée werden an der Kasse des Theaters entgegengenommen.
Im Kroll'schen Theater wird Signorina Prevosti in der Titelpartie in Donizetti's „Lucia von Lammermoor“ am Sonntag sich verabschieden.
In dem morgen Abend 8 Uhr in der Philharmonie statt⸗ findenden großen Concert zum Besten des Vereins „Mädchenhort“ wird, außer Anton Rubinstein, Signorina Prevosti, Fräulein Sophie Sakimowski (Klavier) und Fräulein Annette von Jerebtzoff (Gesang), auch Signor Merli mitwirken. Mit genanntem Künstler wird Signorina Prevosti das große Duett aus Donizetti's „Liebestrank“ zu Gehör bringen; außerdem singt die Künstlerin eine Arie
die Damen Götze, Leisinger, Herzog und
aus Fel. David's „Perle du Brssil“. Die Leitung des Orchesters in der durch Fräulein von Jerebtzoff zum Vortrage gelangenden Arie aus der Oper „Die Kinder der Haide“ übernimmt Herr Anton Rubinstein. — Der Concertsänger und Gesanglehrer Herr Julius Zarneckow veranstaltet mit einigen seiner Gesangsschüler morgen in der Aula des Falk⸗Realgymnas iums einen Vortragsabend; Einlaßkarten sind unentgeltlich in der Musi⸗ kalienhandlung von Georg Plothow, Potsdamerstraße 113, zu haben.
Mannigfaltiges.
In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten berichtete, wie wir der „Tägl. Rdsch.“ entnehmen, der Stadtverordnete Hütt namens des Ausschusses zur Vorberathung der Vorlage, betreffend die Umgestaltung des Schloßplatzes und eines Theils der Königstraße. Die Anträge des Ausschusses lauten: I. Die Ver⸗ sammlung ersucht den Magistrat: a. mit dem Königlichen Haus⸗ Ministerium oder mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten darüber in Verbindung zu treten, welchen Beitrag, sei es in Geld, sei es durch Abtretung einer zur Bebauung geeigneten Fläche des Marstalls, dieselben für den Fall der Freilegung des Schloßplatzes gemäß der Vorlage des Magistrats zu gewähren bereit sind, b. sich bei den zuständigen Behörden darüber zu ver ewissern, ob im Falle der Annahme der Magistratsvorlage die Genehmigung zur Durchlegung der Pferde⸗Eisenbahn Rathhaus-—Schloßplatz erfolgen wird, c. mit den betheiligten Eigenthümern zu verhandeln über den Preis der zu erwerbenden Grundstücke, und zwar: 1) am “ 7 bis 16, 2) an der Nordseite der Königstraße, zwischen Burg⸗ un Heiligegeiststraße, 3) an der Südseite der Königstraße, insbesondere: a. unter Anlegung des Colonnadenweges von Burg⸗ bis Poststraße, b. unter Beseitigung der sog. alten Post nach der projectirten Baufluchtlinie, c. unter Festsetzung der Bauflucht von Post⸗ bis Spandauerstraße, d. unter Abbruch der Häuser von Post⸗ bis Spandauerstraße. II. Die Versammlung setzt die Beschlußfassung über die Vorlage bis zur Er⸗ theilung der Auskunft des Magistrats aus. Der Antrag Ia wurde abgelehnt, der Antrag Ib angenommen. Ueber den Antrag Ie wurde durch namentliche Abstimmung entschieden. Es wurden 68 Stimmen für, 37 Stimmen gegen den Antrag abgegeben, der somit ebenfalls angenommen ist. “
St. Petersburg, 20. April. Gestern Abend entgleiste laut Meldung des „W. T B.“ ein von Woronesch nach Rostow am Don abgegangener Personenzug. Der Ober⸗Conducteur wurde getödtet, der Gepäckeonducteur und fünf Reisende wurden verwundet.
St. Petersburg, 21. April. Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Koslow ist die Eisenbahnverbindung mit Tambow und Woronesch durch Schneeverwehungen gestört. Unweit Koslow blieb im Schnee ein Personenzug stecken, dessen Passagiere auf Pferden nach Koslow geschafft wurden. Aus Nisch ny Nowgorod wird ebenfalls starker Schneefall gemeldet, sodaß der Verkehr durch Schlitten wieder aufgenommen werden mußte. Selbst in Sebastopol und in der Krim ist Schnee gefallen.
Lissabon, 20. April. Durch eine heftige Feuersbrunst wurden, wie „W. T. B.“ meldet, zahlreiche Fischerhütten an der Küste von Vieira, in der Nähe von Leiria, zerstört. Mehrere hundert Familien sind obdachlos und haben ihr ganzes Besitzthum verloren.
New⸗York, 20. April. Durch neue Cyklone wurden nach Meldung des „‚W. T. B.“ in Alabama, Mississippi und Arkansas große Verwüstungen angerichtet, zahlreiche Personen wurden getödtet oder verwundet. Die Ernte ist verloren, die Ge⸗ sammtverluste belaufen sich auf mehrere hunderttausend Dollarz. Der Mississippi ist mit Thierleichen bedeckt. Ein furcht. barer Sturm wüthete ferner am Michigan⸗See; die Wasserwerke von Milwaukee, welche am äußersten Ende des Kanals, etwa eine Meile von dem See entfernt liegen, wurden von den Wogen fortgerissen. Es ist unmöglich, den Arbeitern Hilfe zu bringen; einige zwanzig von ihnen sind ertrunken, nur einem gelang es, sich zu retten.
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
Rom, 21. April. (W. 2 B.) der König empfing heute “ die Botschafter und außerordentlichen Gesandten, welche seitens ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen mit der Ueber⸗ bringung von Gluͤckwünschen zur silbernen Hoch⸗
eit beauftragt sind: zuerst die in außerordentlicher
Mission beglaubigten Zotschafter, General Billot, Her⸗ zog von Alba und Hassan Fehmi Pascha, sodann die beim Quirinal beglaubigten Botschafter und Gesandten, welche Beglückwünschungsschreiben ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen überreichten, und schließlich die außerordentlichen Abgesandten Sachsens, Belgiens und der Niederlande, General von Carlowitz, General Fischer und Ten Besch. Später empfing die Königin dieselben Persönlichkeiten in der gleichen Reihenfolge.
Seine Majestät der Kaiser Wilhelm machte Vormittag einen Spazierritt zur Porta Maggiore hinaus zum Thurm von Centocelle und der Porta Furba und kehrte durch die Porta San Giovanni zurück. Ihre Majestät die Kaiserin besuchte mit Ihrem ganzen Gefolge das Forum Trajani und begab Sich von da zu Fuß nach dem Colosseum und nach dem Palatin. Von dort kehrte Ihre Majestät zu Wagen nach dem Quirinal zurück. Das Dejeuner nahmen Ihre Majestäten bei dem Königspaar ein. An demselben nahmen auch die Mitglieder des italienischen Königshauses und die anwesenden fremden Fürstlichkeiten sowie das Gefolge theil. Um 2 Uhr Nachmittags begaben Sich die Allerhöchsten und hohen Herrschaften auf den Capanello zum Derby reale.
Rom, 21. April. (W. T. B.) Die Specialmission des Sultans, welche die Glückwünsche zur silbernen Hochzeit des Königspaares überbringt, ist heute Vormittag hier einge troffen.
21. April. (W. T. B.) Das heute über das Befinden des Großherzogs von Luxemburg aus⸗ gegebene Bulletin constatirt, daß der Großherzog eine ziemlich unruhige Nacht verbrachte, daß aber das Allgemeinbefinden vollkommen befriedigend und der Verlauf der Krankheit normal ist.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Seine Majestät
1“
Wetterbericht vom 21. April, (Hertel. (Mit Einlagen von J. Brahms.) Diri⸗ gent: Herr Steinmann.
Theater (am
8 Uhr Morgens.
—
I Wind.
Neues
C. = 40° R.
sp.
red. in Millim.
Stationen. Wetter. Grube. —
in ° Celsius
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres Temperatur V
5
—
Zwolkenlos halb bed. bedeckt Dunst 2 Schnee ill wolkig wolkenlos bedeckt
heiter 3 heiter 16 wolkenlos 10. Nebel 5 heiter 12 wolkig ) 10
Mullaghmore NO erdeen.. ONO Christiansund SW Kopenhagen. W Stockholm. SW aparanda. t Petersburg NW Moskau ... W
Cork, Queens⸗ globn “ 89 erbourg. “ NO 1111““ WNW mburg.. NW winemünde SW Neufahrwasser SW bedeckt2²) 3 Memel ... W bedeckt 0
Pe heiter 14 ü 1 NNO wolkig 13
SW 2 Dunst 15 Wiesbaden NO 1 wolkenl. 3) 13 München. SW 4 halb bed. 4) 13 Chemnitz. still halb bed.5) 10 Berlin... still bedeckt 6) 10 Wien.. still wolkenlos 10 Breslau ...
OSO 2 bedeckt 6 Fle d⸗Aix SSO 3 heiter 14 Triest. 5ö
—
SSUᷓSSSONSS
Liebsten.
fang 7 Uhr.
Peingarther. Komische
Neues
O 1 wolkig 12 still bedeckt 12
¹) Nachts wenig Regen. ²) Früh Schneeflocken. ³) Abends Regentropfen. ⁴) Nachts etwas Regen. 5) Nebel, Thau. 6) Dunst. “
Uebersicht der Witterung.
Ein barometrisches Maxrimum liegt über Sch land, einen Ausläufer südostwärts nach der Alpen⸗ egend entsendend; ein Minimum liegt über Nord⸗ kandinavien mit einer Theildepression über Süd⸗ schweden; eine andere Depression lagert über der Biscayasee. In Deutschland ist das Wetter an⸗ dauernd ruhig, trocken, warm, im Norden ziemlich trübe, im Süden heiter, nur in den nordöstlichen Gebietstheilen, wo Abkühlung stattfand, liegt die Temperatur unter dem Mittelwerthe, in Memel um 5 Grad. Weiter westwärts fortschreitende Ab⸗ kühlung ist wahrscheinlich.
Deutsche Seewarte.
Messina.
Sorma.) Montag:
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 100. Vorstellung. Die Rantzau. Oper in 4 Acten von Pietro Mascagni. Text von G. Targioni⸗Tozzetti und G. Menasci. (Nach Erkmann und Chatrian.) Deutsch von Max Kalbeck. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. — d Slavische Brautwerbung. Tanzbild von Emil Herr Epstein. Graeb. Musik componirt und arrangirt von P.] mann.
reise.
107. Vorstellung. Dramatisches Gedicht in 1 Aufzug von Rudolph Genée. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Zum 1. Male: faler. Komödie in 1 Aufzug aus dem Dänischen des Ludwig Holberg (geschrieben 1722). deutsche Bühne eingerichtet von Dr. Julius Hoffory und Dr. Paul Schlenther. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. — Die wachsame Schildwache. 1 Aufzug nach Cexvantes (geschrieben um 1612), bearbeitet von Rudolph Genée. vom Ober⸗Regisseur Max Grube. — Zum 1. Male: Die ehrlich Bäckin mit ihren drei vermeinten Ein Possenspiel zur Lehr und Kurzweil 8 gemeiner Christenheit, Frauen und Jungfrauen zum 13 sgoldenen Spiegel von Jacobus Ayrer. Male aufgeführt in Leipzig im Jahre 1615.) An⸗
Sonntag: Opernhaus. 101. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleich⸗ aamigen Volksstück von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regissevr Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister
Oper Dichtung nach Beaumarchais, von Cesar Ster übersetzt von Ignatz Kollmann. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Theater 108. Vorstellung.
Westfaler. — Die wachsame Schildwache. — Die ehrlich Bäckin mit ihren drei vermeinten Liebsten. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. glückliche Tage. Sonntag: Der Talisman. Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Sonnabend: Nachmittags 2 ½ Uhr: Julius Cäsar. Tropfen Gift. 8
Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Braut von
Abends 7 ½ Uhr:
Viel Lärm um Butze, Ludwig Barnay.)
Lessing⸗Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Brave Leut’ vom Grund. von Ludwig Anzengruber.
Sonntag: Brave Leut’ vom Grund.
Wallner⸗Theater. Sonnabend: Die Orieut⸗ Anfang 7 ½ Uhr. “ Sonntag: Die Orientreise. 8
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches
Sonnabend: Der Vogelhändler. 3 Aufzügen nach einer Idee des Bieville von M. West und L. Held. Musik von Carl Zeller. Regie: Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ Anfang 7 Uhr.
Anzeige! Anfang 7 Uhr.
Schiffbauerdamm 4/5.) Gastrecht.
Theaters an der Wien in
Neu einstudirt:
Meister Gert West⸗
Für die burg. Sonnabend:
Zum 1. Male: Zwischenspiel in Sigmund Lautenburg. Vorher: In Seene gesetzt
7 ½ Uhr.
Sonntag
(Zum ersten pignol.
festlichkeit geschlossen. Sonntag: Letztes Franceschina Prevosti. (Lucia: Signorina Prevosti.) er Barbier von Sevilla.
in 2 Acten von G. Nephint ini,
Roberto Stagno. 3 Acten von Giordano.
Anfang 7 Uhr.
(am Schiffbauerdamm 4/5). Gastrecht. — Meister Gert
Tagen. 5 Miten Verne.
Sonnabend: Anfang 7 Uhr.
Zwei Anfang 7 ½ Uhr.
Welt in achtzig Tagen.
Abends 7 ½ Uhr: Ein (Agnes Sorma.)
Ballet Columbia. Vorher:
(Agnes (Nuscha
Ein Tropfen Gift.
Nichts. Anfang 7 Uhr.
Wiener Volksstück
Anfang 7 ½ Uhr. 8 Scene gesetzt von
8
Mallachow. Anfang 7 ½ Uhr.
Theater.
Ilka von Palmay, erste Operettensängerin des Wien, eröffnet Mon⸗ tag ein auf 12 Abende festgesetztes Gastspiel. An den ersten vier Abenden kommt mit der Gastin „Mamzelle Nitouche“ zur Aufführung.
Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ Zum 42. Male: Die beiden Champignol. (Champignel malgré Iui.) Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvallibres. Deutsch von Benno Jacobson. In Scene gesetzt von
Lustspiel in 1 Act von August Strindberg. Anfang
Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matinée. Jugend. Liebesdrama in 3 Acten von Max Halbe. Frl. Abends 7 ½ Uhr: Die beiden Cham⸗
Kroll's Theater. Sonnabend: Wegen Privat⸗
Gastspiel Lucia von Lammermoor. Anfan Dienstag: Gastspiel von Gemma Bellincioni und Mala Vita.
Victoria⸗Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonnabend (vorletzte Woche): Mit stattung: Die Reise um die Welt in achtzig Großes Ausstattungsstück mit Ballet in 15 Bildern) von A. d'Ennery und Jules Ballet arrangirt vom Balletmeister C. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida.
Sonntag und folgende Tage: Die Reise um die q .◻
Sonntag, Nachmittags 4 Uhr bei günstiger Witte⸗ rung: Concert im Garten. Entrée 50 ₰.
Theater Unter den Linden. Sonnabend:
Die Welt⸗Ausstellung in Chicago. deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs⸗ Lachende Erben. Operette. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag u. folgende Tage: Dieselbe. Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 21. Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. weise von G. Görß⸗ Musik von G. Steffens. In
Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. Sönttec und folgende Tage: Goldlotte. er Sommer⸗Garten ist geöffnet.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Sonnabend: Novitäten⸗Cyclus. Zum 5. Male: Der Herzogsmüller. Volksdrama in 4 Acten von
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Concerte.
3 1 Philharmonie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Concert zum Besten des Vereins Mädcheuhort.
Circus Renz (Carlstraße.) Abschieds⸗Vor⸗ stellung am 2. Mai. Nur noch 4 Mal „Ein Künstlerfest“. Sonnabend, Abends 7 ¼ Uhr: Zum Benefiz für Frl. Oceana und Herrn Ernst Renz. Gala⸗Sport⸗ Vorstellung. Aus dem Froe. anh besonders hervor⸗ zuheben: Zum 1. Male: Springschule, auf dem englischen Vollblut „Camelliard“ geritten von Frl. Oceana Renz. — Zum 1. Male: „Maöstro“, ost⸗ preuß. Rapphengst, neu dressirt und geritten von Oceana Renz. — 4 arabische Vollbluthengste, vorgeführt von Herrn Ernst Renz. — Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“ ꝛc. — Zum Schluß: ☛ Ein Künstlerfest. ☚
Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballet⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht⸗ und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt vom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗ sammten Personals. Neue Einlagen mit groß⸗ artigen Lichteffecten. ☛☛☛ Kinder⸗Orchester neu besetzt, neue Musik. 2 Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Brillant⸗ Feuerwerk.
Sonntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr bein Kind unter 10 Jahren frei). Die Touristen. Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest.
Herbstzeichen.
der Signorina 7 ½ Uhr. Melodrama in
neuer Aus⸗
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: 888 Tilla Ziegler mit Hrn. Professor Dr. jur. Richard Schmidt (Freiburg i. B.) — Elisabeth Freiin von Wrangel mit Hrn. Lieut. Curt von der Groeben (Kurkenfeld). 8
Verehelicht: Ht. Lieut. Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau mit Frl. Mary von Bonin (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Achim von Karstedt Fretzdorf). — Eine Tochter: Hrn. Capitän⸗
ieut. Hoffmann (Kiel). — Hrn. Hauptmann Rudorff (Hirschberg). — Hrn. Hauptmann Schmid von Schwarzenhorn (Groß⸗Lichterfelde).
Gestorben: Hr. Pastor Leiber (Arnshagen). — Sr. Geh. Regierungs⸗Rath Friedrich Dodel (Wies⸗ baden). — Hr. Hofkunsthändler Eduard Gustav Honrath (Groß⸗Lichterfelde).
Die
um 97. Male:
Couplets theil⸗
Redacteur: J. V.: Siemenroth. Berlin: 1 as Verlag der Expedition (Scholz).
Chausseestraße 25. Operette in
Geöffnet von 12—11 Uhr.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellunas⸗Park (Lehrter Bahnhof).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
zum Deutschen Reichs⸗Anz
No. 94.
Deutscher Reichstag. 79. Sitzung vom Donnerstag, 20. April, 1 Uhr.
Zur ersten Berathung steht der Gesetzentwurf, betreffend den Schutz der Waarenbezeichnungen.
Nach demselben können Waarenzeichen in eine Zeichenrolle eingetragen werden, welche beim Patentamt geführt wird. Die Anmeldung ist schriftlich zu bewirken. Die Eintragung des Waarenzeichens gewährt dem Eingetragenen das Recht, Waaren der angemeldeten Art oder deren Verpackung oder Umhüllungen mit dem Waarenzeichen zu versehen und die so bezeichnete Waare in Verkehr zu setzen. Die bisherigen „Freizeichen“ sollen in Wegfall kommen. Anmeldungen von Waaren⸗ zeichen auf Grund des Markenschutzgesetzes von 1874 sollen vom 1. Oktober 1893 ab nicht mehr angenommen werden.
Ueber die Rede des Abg. Dr. Hammacher, der zunächst das Wort hatte, ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Darauf erhält das Wort der
Abg. Schmidt⸗Elberfeld (dfr.): Bisher war die Decentrali⸗ sation der Listenführung und der Gesetzeshandhabung eine schlechte, weil an den Untet jertlhten häufig Mißverständnisse vorkamen. Die heutige Vorlage ist mit einer außerordentlichen Sorgfalt und mit großer Hingabe an die Sache ausgearbeitet worden und im allge⸗ meinen auf durchaus richtigen Anschauungen basirt; einige Aus⸗ stellungen werden in der Commission zu einem günstigen Austrag ge⸗ bracht werden können. Eine Erweiterung des Interessentenkreises und des Schutzes erschien als eine dringende Nothwendigkeit und es ist ja auch diese Erweiterung eingetreten in Bezug auf Marken. Hervorzu⸗ heben ist, daß ein Waarenzeichen niemals ein Vermögensgegenstand werden kann, sondern zum Geschäftsbetrieb gehört. Was die Vorprüfung betrifft, so wird eine Beurtheilung der Zeichen durch das Patentamt, besonders im Anfang, genügen. Die Handelskammern des bergisch⸗märkischen Industriebezirks machen mit Recht darauf auf⸗ merksam, daß es nothwendig sein wird, eine Centralstelle in den betreffen⸗ den Industriebezirken einzurichten, welche neben dem Patentamt ein Urtheil über die Zulässigkeit des Zeichens geben soll. Die bisherigen Erfahrungen mit den Entscheidungen über Markenschutzfragen seitens der Untergerichte müssen unbedingt dahin führen, daß wir diese Fragen dem Patentamt überlassen. Die Bestrafung der falschen Herkunftsbezeichuung muß noch einer besonderen Besprechung unter⸗ liegen; es muß auch für strafbar erklärt werden, wenn ein falsches Material oder eine falsche Herstellungsweise auf der Waare bezeichnet ist. Bedenklich ist es, daß der das Wort „Frei⸗ zeichen“ gebraucht, ohne daß gesagt ist, was als solches anzusehen ist. Es wird wohl nothwendig sein, Freizeichen ebenfalls beim Patentamt besonders einzutragen, indem man sie durch ein Aufgebot zu erfahren sucht, um eine Publikation derselben einzuführen. Insbesondere ist es durchaus nothwendig, daß in dem Gesetz gesagt wird: es kann dem Besitzer eines Waarenzeichens dieses nur dann wegen der Qualität eines Freizeichens abgesprochen werden, wenn der Nachweis geliefert wird, daß dieses Zeichen ein Freizeichen war vor der Eintragung desselben. Unbedingt muß ferner die Bevorzugung des Ausländers vor dem Deutschen aufhören; auch der Ausländer muß nothwendig nach dem vorgelegten Gesetz beurtheilt werden, und das um so mehr, wenn die Freizeichen nicht mehr eintragungsfähig sein sollen. Die Bestimmung über falsche Herkunftsbezeichnung trifft den Inländer jederzeit, den Ausländer aber nicht. Es wird nur der Deutsche bestraft, welcher die betreffenden Waaren in den Verkehr bringt oder feilhält. Wenn wir den ausländischen Fälscher nicht fassen können, dann müssen wir ihm auf andere Weise das Handwerk legen, indem wir die fälschlich bezeichneten Waaren überhaupt nicht hereinlassen, oder sie vom Zollamt confisciren lassen. Auch bezüglich der Anbringung von Waarenbezeichnungen bedürfen wir eines größeren Schutzes gegen die Ausländer. Das vorliegende Gesetz hindert den Ausländer nicht, noch im Ausland seine Waaren mit einer deutschen Bezeichnung zu versehen und dann in Deutsch⸗ land einzuführen. Die ausländischen Gesetze schützen den deutschen Gewerbetreibenden sehr mangelhaft dagegen, zumal diese bei der Aus⸗ legung derselben ganz auf den guten Willen der ausländischen Gerichte angewiesen sind. Verklagt man aber einen Ausländer in Deutsch⸗ land und wird er zum Schadenersatz verurtheilt, so lacht uns der Ausländer einfach aus und bezahlt niemals. Es muß ein Paragraph in das Gesetz aufgenommen werden, wonach zur Ein⸗ oder Durchfuhr gelangende Waaren confiscirt werden können, sofern sie ein in das Zeichenregister eingetragenes Waarenzeichen tragen oder sonst den Anschein erwecken, als ob es deutsche Waaren seien. Steht die Organisation unserer Zollbehörde der Ausführung dieses Gedankens entgegen, so muß diese Organisation schleunigst geändert werden, denn das deutsche Gewerbe hat ein Recht auf einen solchen Schutz. Viel⸗ leicht wäre es am besten, die Zollbehörden zu Reichsbehörden zu machen. Wir können in dieser Beziehung das Gesetz gar nicht scharf genug machen; denn während unsere Gesetze den Ausländern gegen⸗ über nach ihrem Wortlaut gehandhabt werden, besteht in England den Deutschen gegenüber eine geradezu nichtswürdige Auslegung der Gesetze, wodurch der deutsche Exporteur schwer geschädigt wird. Die englischen Zollbehörden verlangen bei deutschen Waaren immer die Herkunftsbezeichuung „made in Germany“, auch wenn sich eine solche auf den Waaren gar nicht anbringen läßt. Anderen Staaten, die zur Staatenconvention gehören, zumal den Vereinigten Staaten von Nordamerika, werden in dieser Beziehung Concessionen gemacht. Durch die Handhabung der englischen Gesetze ist es den deut⸗ schen Firmen unmöglich gemacht, ihre wohlbekannten Zeichen in ngland unverändert zu benutzen. Man will eben in England die deutschen Marken unterdrücken und die Inhaber zwingen, ihre Waaren markenlos herauszuschicken. Der Werth solcher Marken ist außer⸗ ordentlich groß; schon im Jahre 1600 hatte das Herzogthum Berg eine Zeichenordnung, und es wurde früher von den Kanzeln der Kirche herab verkündet, wenn einem Kaufmann ein Zeichen für seine Waaren bewilligt war. Wird die Benutzung eines solchen Jahrhunderte alten zeichens unmöglich gemacht, so ist das eine gewaltige Schädigung für den Betreffenden. Die deutschen Waaren werden wegen anstößiger Zeichen in England einfach confiscirt und zum Besten der Beamten des ollhauses versteigert, während amerikanische nur zurückgeschickt werden. Gegen die böswillige Auslegung nützt auch die Berufung auf den Handelsvertrag von 1865 nichts. Eine billige Behandlung unserer Erzeugnisse ist nur dadurch zu erlangen, daß wir den Herren mit gleicher Münze heimzahlen. Bei fernerhin mit dem Auslande ab⸗ zuschließenden Verträgen über Patent⸗ und Markenschutz muß die
eistbegünstigung auf alle Fälle verlangt und die differentielle Be⸗ handlung zurückgewiesen werden. Die Begründung erkennt ja auch in gewissen Fällen die Nothwendigkeit einer scharfen Retorsionsmaß⸗ regel an; sie will aber nicht gelten lassen, daß es sich in England 5 der That nur um einen Kampf gegen die deutsche Concurrenz handelt. Der Chauvinismus in diesen Dingen geht in England schon so weit, daß es dort vor kurzem noch öffentlich monirt wurde, daß man am Mälischen Hof Gebrau sgegenstände habe, die nicht in England fa ricirt seien. G bezog sich wesentlich auf deutsche Blei tifte und amerikanische oldfedern, Gegenstände, die in dieser Qualität in England über⸗ faupt nicht hergestellt werden. Wie chicanös gegen deutsche Waaren in England verfahren wird, geht daraus hervor, daß die Zoll⸗
Erste Beilage eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 21. April
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1893.
behörden Rollenpapier beanstandeten, weil darin Dynamit enthalten sein könne, und daß man von je 5 Rollen eine zu durchstechen ver⸗ langte. Der Verein deutscher Papierfabrikanten hat sich wegen dieser Chicanen an das Auswärtige Amt gewendet und die Ant⸗ wort erhalten, daß auf die Vorstellungen des Amts in England erwidert sei, man müsse sich das Recht wahren, eingehende Güter so zu behandeln, wie es die Sicherheit des Landes erheische. Eine englische Fachzeitung hat es selbst ausgesprochen, daß es sich hier lediglich um die Bekämpfung der deutschen Industrie handle. Auf eine wiederholte Beschwerde vom vorigen Herbst lehnte das Aus⸗ wärtige Amt eine nochmalige amtliche Verwendung als aussichtslos ab. Um so wichtiger ist es, daß wir in diesem Gesetz den Regie⸗ rungen und dem Auswärtigen Amt Mittel an die Hand geben, einer derartigen Concurrenz der Engländer entgegenzutreten. Auch die amerikanischen Gesetze werden gegenüber den deutschen Gewerbe⸗ treibenden chicanbs gehandhabt, worin unter dem neuen Präsidenten vielleicht eine Wandlung eintreten mag. Die amerikanischen Konsuln in meiner Gegend Uaser die deutschen Fabrikanten nach vier⸗ bis fünfstündigem Warten oft nicht vor und bestellen sie auf den nächsten Tag. Sie fordern ferner nicht bloß Angaben über den Werth der zu expedirenden Waaren, sondern auch über den Werth des Rohmaterials, über die Art der Herstellung, über die Löhne, Verpackungskosten, und das alles lediglich zu dem Zweck, um den Amerikanern zu sagen, wie die Kosten des Verfahrens sich stellen, und ihnen eine wirksame Concurrenz zu ermöglichen. Hier kann es nur heißen: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Das ist das einzige Mittel, die deutschen Waaren zu schützen; die Exporteure in England müssen erst einmal an ihrem eigenen Geldbeutel erfahren, wie die Maßnahmen Eng⸗ lands gegenüber den deutschen Waaren wirken.
Abg. Freiherr von Buol (Centr.) wirft einen Rückblick auf die Entwickelung dieser gesetzgeberischen Materie, erkennt gleichfalls in dem vorgelegten Gesetzentwurf einen Fortschritt, und spricht sich mit dem Vorredner für Commissionsberathung aus. Der Hauptforderung des deutschen Kaufmanns und Gewerbetreibenden, daß die Freizeichen aus der Zeichenrolle verschwinden, komme der Entwurf in dankens⸗ werther Weise entgegen. Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Director im Reichsamt des Innern Nieberding: Wenn es durch die Ausführungen der sämmtlichen Redner leise hindurch klingt, daß die Vorlage viel Zeit gebraucht hat, um an den Reichstag zu ge⸗ langen, so ist darauf zu erwidern, daß allerdings gut Ding viel Weile haben will, und daß es einer langen Erfa rung bedurfte, um die reformbedürftigen Punkte der bisherigen Gesetzgebung genau zu erkennen. Daß die Gerichte nicht sachkundig genug sind für die Ent⸗ scheidung von Klagen auf Grund dieses Gesetzes, kann ich nicht zugeben. Diese Klagen beim Patentamt zur Entscheidung zu bringen, würde große Schwierigkeiten haben. Ebenso wenig würde es zweckmäßig sein, dem Fat. nach dem Vorschlag des Abg. Schmidt, gewisse Centralstellen an die Seite zu setzen, welche für die Beurtheilung von Wagrenbezeichnungen zuständig sein sollen; was die bergischen Industriellen verlangen, könnten alle beliebigen anderen Kategorien von Gewerbetreibenden ebenfalls verlangen und es würde dann die alte, von allen Seiten abgelehnte Decentralisation wieder vorhanden sein. Was die Frage der Behandlung der deutschen Waare im Auslande betrifft, so halten die verbündeten Regierungen die Vorschriften, die der Entwurf in § 20 giebt, für vollständig hinreichend. Der Abg. Schmidt hat allerdings den thatsächlichen Zustand der Behandlung ausländischer Waare in England richtig geschildert; was er vorgetragen hat, deckt sich mit den Ergebnissen unserer amtlichen Erhebungen. Aber es läßt sich nicht behaupten, daß der deutsche Import schlechter als der französische und jeder andere in England behandelt wird. Es erscheint dringend wünschenswerth, den Entwurf noch in dieser Session zu, verabschieden, und die ver⸗ bündeten Regierungen können daher den Reichstag nur um Be⸗ schleunigung der Berathung bitten.
Abg. Hultzsch (dcons.) äußert sich gleichfalls überwiegend zu⸗ stimmend zu der Vorlage; seine Partei stehe derselben freundlich gegenüber. So eingehende Ausführungen, wie sie der Abg. Schmidt gegeben habe, gehörten ihrer ganzen Natur nach mehr in die Com⸗ missionsberathungen; wenn er (Redner) also diesem Beispiel nicht folge, werde er sich den Dank des Hauses verdienen. Für die Com⸗ mission würden auch 14 Mitglieder genügen.
Abg. Goldschmidt (dfr.): Nachdem man beim Patentgesetz die Streitigkeiten in Patentsachen dem “ zugewiesen hat, muß consequenter Weise bezüglich der Waarenbezeichnungen ebenso ver⸗ fahren werden. Streitigkeiten in Patentsachen sind doch nicht weniger privatrechtlicher Natur als solche in Waarenbezeichnungsangelegen⸗ heiten. Die Bekämpfung der concurrence déloyale wird durch das Gesetz wesentlich erleichtert. Nur haben die Weinhändler immer noch Bedenken gegen den § 15, welcher die Anwendung eines Namens zu dem Zweck, über die Beschaffenheit und den Werth der Waaren einen Irrthum zu erzeugen, unter Geldstrafe bis zu 5000 ℳ und Gefängniß bis zu sechs Monaten stellt. Ihre Bedenken sind auch durch den Nachsatz nicht gehoben, der dem § 15 zugefügt ist, wonach die Verwendung von Namen, welche nach Handelsgebrauch zur Be⸗ nennung See Waaren dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen zu wollen, nicht unter diese Bestimmung fallen soll. Die weitere Erörterung dieser Frage wird in der Commission zu erfolgen haben.
Darauf wird die Discussion geschlossen und die Vorlage einer Commission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Es folgen die Abstimmungen über den § 302 e und den Art. 4 der Wuchergesetznovelle.
§ 302 e wird mit beträchtlicher Mehrheit angenommen.
Artikel 4 wird in namentlicher Abstimmung mit 131 gegen 83 Stimmen angenommen.
Abg. Rintelen hat folgenden Zusatz zu dem Commissions⸗ beschlusse als Artikel 5 vorgeschlagen:
Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, besondere Bestimmungen zur Verhütung und Bestrafung des Wuchers bei dem Handel mit Vieh, bei der Viehpacht und bei dem Handel mit ländlichen Grund⸗ stücken zu treffen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Dungs hat gegen diesen Antrag juristische und Kompetenzbedenken. Es sei bedenklich, dem Einzelstaate so weit⸗ gehende Befugnisse auf diesem Gebiet einzuräumen.
Abg. Dr. von Bar (dfr.) hält den ganzen Antrag für über⸗ flüssig, während
Abg. Graf von Hoensbroech (Centr.) vom Standpunkt der Prarxis und Erfahrung den Antrag empfiehlt. Man dürfe eine solche Frage nicht schablonisiren.
Abg. Stadthagen (Soc.) glaubt, daß eine solche Heraus⸗ hebung eines einzelnen Falls, wie sie der Antrag wünsche, gerade das Gegentheil von dem erreichen werde, was beabsichtigt würde. Nur durch eine einheitliche Reichs⸗Wuchergesetzgebung könne man dem Wucher wirksam entgegentreten.
Abg. Rintelen (Centr.) amendirt seinen Antrag dahin, daß es heißen soll statt „besondere Bestimmung zur Verhütung u. s. w.“: „weitergehende Bestimmung“ u. s. w.
Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) bittet den Abg. Rintelen, mit Rücksicht auf die erhobenen juristischen Bedenken seinen Antrag zurückzuziehen.
Abg. von Kardorff (Rp.) hält den Antra sachlich zwar für berechtigt, bittet aber den Antragsteller, aus “ ründen seinen “ “ 6
Abg. Dr. Boeckel (b. k. F.) tritt für den Antrag ein. Mit länd⸗ lichen Grundstücken sollte überhaupt nicht gehandelt Se Ländliche Grundstücke seien nicht gleichwerthig mit alten Kleidern. In Bezug auf den Pies häcber könne er aus seiner hessischen Heimath zahl⸗ reiche Fälle anführen. Die hessische Regierung habe zwar eine Enquste veranstaltet, natürlich habe dieselbe von der Sitte der Ein⸗ stallung von Vieh nichts bemerkt, während man im Elsaß zum Schutz gegen das Einstallvieh ein besonderes Se erlassen habe. Auch im Viehhandel herrschten arge Mißstände. Es müßte namentlich der Verkauf gegen Währschaft abgeschafft werden. In anderen Ländern kämen solche Betrügereien mit Vieh nur vereinzelt vor. Bei uns sei der Viehwucher sehr natürlich, denn die Viehhändler seien ja Juden. Er werde mit seinen antisemitischen Freunden für den An⸗ trag stimmen.
Abg. Rintelen (Centr.) bittet, für heute seinen Antrag an⸗ zunehmen, man könne ja zwischen der zweiten und dritten Berathung die Bedenken beseitigen.
Abg. Stadthag en (Soc.): Es scheint, als ob der Abg. Dr. Boeckel nur den von Juden geübten Wucher treffen will; dafür bin, ich nicht zu haben. Ich bin gegen den Wucher in jeder Form, mag er von Antisemiten oder Juden oder Muhamedanern geübt werden. Die Religion hat mit dem Wucher nichts zu thun.
Die Discussion wird geschlossen.
Der Antrag Rintelen wird angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes.
Schluß 5 ½ Uhr.
Preußischer Landtag Herrenhaus.
12. Sitzung vom Donnerstag, 20. April. Im weiteren Verlauf der Sitzung erwiderte dem Grafen
von Frankenberg, welcher den Unfall des Orient⸗Expreßzuges
auf der Neissebrücke (Strecke Oppeln — Neisse), am 15. Juli v. J., zur Sprache gebracht hatte (siehe den Anfangsbericht in der gestrigen Nummer d. Bl.), der G
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen.
Meine Herren! Die Angelegenheit, die der Herr Graf von Frankenberg hier zur Sprache gebracht hat, ist wiederholt im Hause der Abgeordneten erörtert worden, sie ist auch besprochen worden in Ihrer Commission, und es ist daselbst dem Herrn Grafen von Franken⸗ berg bereits diejenige Auskunft ertheilt worden, die sich auf Grund der Acten ergeben hat. Es ist richtig, daß nach Ansicht der zu ständigen Eisenbahnbehörden die Entgleisung des Orientzugs am fraglichen Tage höchstwahrscheinlich veranlaßt wurde dadurch, daß eine hölzerne Langschwelle nicht mehr im stande gewesen ist, dem großen Seitendruck der beiden Maschinen, die den Orientzug geführt haben, genügenden Widerstand zu leisten. In der hölzer⸗ nen Langschwelle, auf welche die betreffende Schiene aufgesattelt war, war ein von außen nicht erkennbarer Langriß, dieser Langriß gab nach, infolge dessen die Schienen auch, und der Orient⸗Expreßzug ent⸗ gleiste.
Ich darf mir wohl erlauben, einzelne Stellen aus den gerichtlich und administrativ geführten Untersuchungsverhandlungen hier zur Auf⸗ klärung der Sachlage mitzutheilen. Wenn Herr Graf von Franken⸗ berg auch heute nicht darauf zurückgekommen ist, was namentlich im Abgeordnetenhause und, wenn ich nicht irre, auch in Ihrer C ommission hervorgehoben ist, daß der betreffende Bahnmeister, dem die Unterhaltung der Brücke speciell unterstellt war, rechtzeitig den aufsichtsführenden Bauinspector davon unterrichtet habe, daß die Langschwelle gerissen sei, so möchte ich glauben, daß dies eigentlich der springende Punkt ist
unnd es daher angezeigt erscheint, gerade in dieser Beziehung noch aus
den gerichtlichen und administrativen Untersuchungsverhandlungen die ergänzende Aufklärung darüber auch hier im Hause zu geben.
Bei der gerichtlichen Untersuchung, die vor dem Landgericht zu Brieg eingeleitet worden ist, hat der Bahnmeister Schmidt, dem die Unterhaltung der bezüglichen Strecke oblag, sich auf seine außer gerichtliche Vernehmung bezogen und im wessentlichen Folgendes ausgesagt:
„Der Längsbalken, dessen Zustand anscheinend zur Entgleisung Anlaß gegeben habe, sei von ihm seiner vorgesetzten Behörde als schadhaft bezeichnet worden.
— Diese vorgesetzte Behörde ist der Strecke — Dieser Längsbalken zeigte so heißt es in der Niederschrift rissige Stellen auf der Oberfläche, die von den Vorstoßplatten herzurühren schienen. — Die Schienen sind nämlich auf den hölzernen Längsbalken auf eiserne Platten gelegt, um das sogenannte Wandern der Schienen zu ver⸗ hüten. Das Wandern der Schienen findet auf zweigleisigen Strecken dadurch statt, daß diese Gleise immer nur nach einer Richtung be⸗ fahren werden; der Druck des Zuges bringt dann zu Wege, daß die Schienen in der Zugrichtung vorwärts gedrängt werden, und um das zu verhindern, wird zwischen die hölzernen Schwellen und die Schienen die sogenannte Vorstoßplatte eingefügt. Es hatten sich nun in der Nähe dieser Vorstoßplatten, wie das häufig vorkommt und meist unbedenklich ist, rissige Stellen an der Oberfläche des Balkens gezeigt. —
Zudem schien mir, fährt der Bahnmeister fort, der Balken auch etwas zu schwach, er hatte nur 0,32 m im Quadrat. Daß dieser Längsbalken so schwere Schäden zeigte, wie sich das nach dem Unfall herausgestellt hat, war weder damals — “
zur Zeit der Meldung, daß der Balken überhaupt schadhaft sei — noch später und unmittelbar nach der Katastrophe zu erkennen; ich war selbst erstaunt, wie morsch dieser Längsbalken war, als ich mir ihn nach dem Unfall ansah. Der Spalt befand sich an der oberen Seite direct unter dem Schienenfuß; letzterer ver⸗ deckte also den Schaden, und zwar derart, daß man ange⸗ faulte oder durch Pilzbildung morsch gewordene Stellen nicht wahrnehmen konnte. Die sichtbaren Holztheile des Balkens machten bis auf die ausgearbeitete Stelle, die ich schon erwähnt
Bauinspector der betreffenden