Auguste Victoria und die Königin Margherita mit den Prinzessinnen eintrafen, erneuten sich die enthusiastischen Ovationen. Allerhöchstdieselben betraten die Königliche Tri⸗ büne, empfingen dort die Minister und die Behörden und bestiegen dann Ihre Wagen, um das Defiliren der Truppen aus der Nähe zu betrachten. Ihre Majestäten der Kaiser und der König beobachteten mit großer Aufmerksamkeit den Vorbeimarsch der Truppen.
Nach Beendigung der Parade sprachen Ihre Majestäten
der Kaiser und der König dem Kriegs⸗Minister Ihre hohe Befriedigung über die Haltung der Truppen während der Parade aus und beauftragten ihn, den Truppen diese Ihre Befriedigung in einem Tagesbefehl kundzugeben. Unmittelbar darauf ließ Seine Majestät der Kaiser noch dem Chef des Generalstabs General Cosenz und dem Kriegs⸗Minister Pelloux den Ausdruck Seiner Zufriedenheit mit dem Verlauf der Parade aussprechen. Ihre Majestäten die Kaiserin und die Königin sowie die Fürstlichen Damen fuhren, von der Menge auf das Lebhafteste begrüßt, um 10. Uhr 50 Minuten nach der Stadt zurück, und unmittelbar darauf folgten Allerhöchstdenselben zu Pferde der Kaiser Wilhelm, der König Humbert, sämmtliche italienische und aus⸗ ländische Fürstlichkeiten, der Generalstab, aus ungefähr hundert italienischen Generalen bestehend, sowie alle Militär⸗Attachés. Der Rückweg nach dem Quirinal wurde über die Piazza del Popolo, den Corso und die Via Nazionale genommen; die Begleitung bis zur Piazza di Venezia bildeten zweiz Infanterie⸗, zwei Alpenjäger⸗, ein Artillerie⸗ und vier Cavallerie⸗Regi⸗ menter.
Auf dem ganzen Wege waren die Straßen, die Fenster und Terrassen der Häuser, sowie die eigens errichteten Tribünen mit jubelnden Volksmassen erfüllt, sodaß die Truppen nur muͤhsam vorwärts kommen konnten. Vom Monte Pincio aus betrachtete eine große Menschenmenge die Anfahrt und Rückfahrt der Allerhöchsten und hohen Herrschaften, die ein glänzendes Schauspiel bot. Die Rückkehr zum Quirinal bildete einen wahren Triumphzug. Ihre Majestäten die Kaiserin und die Königin trafen um 11 Uhr 20 Minuten, der Kaiser und der König um 11 Uhr 27 Minuten unter dem Jubel der Menge dort wieder ein.
Gestern Nachmittag 2 ½ Uhr begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, wie „W. T. B.“ weiter berichtet, mit der Eisenbahn nach Tivoli, um die Villa Adriana und die Villa d'Este zu besuchen. Die italienischen Königlichen Majestäten waren verhindert, die Kaiserlichen Herrschaften zu begleiten, da Sie Ihr Erscheinen bei der Garden Party in der englischen Botschaft zu⸗ gesagt hatten. Bei der Ankunft in Tivoli, welche Nachmittags 3 Uhr 37 Minuten erfolgte, wurden der Kaiser und die Kaiserin von dem Bürgermeister und den Spitzen der Behörden empfangen, während die städtische Kapelle die preußische Nationalhymne spielte. Die Schulkinder und die Mitglieder der Vereine bildeten auf dem Wege Spalier und eine zahlreiche Menschenmenge begrüßte die 2 ajestäten mit begeisterten Hochrufen. Vom Bahnhof begaben
Sich Ihre Majestäten mit dem Gefolge zu Wagen nach der dem Cardinal Hohenlohe Villa d'Este.
, Nach Be⸗ sichtigung der Wasserfälle nahmen der Kaiser und die Kätserin in der Villa den Thee ein. Während die Kaiserlichen Majestäten in der Villa verweilten, ertönte Glockengeläut; gleichzeitig wurden Salutschüsse abgegeben. Der Bürgermeister von Tivoli überreichte Allerhöchstdenselben nach der Besichtigung im Namen der Municipalität ein Mosaikbild, welches den Tempel der Sibylle und die kleinen Wasserfälle darstellt, sowie ein Album mit Ptttadgze anderer Sehenswürdigkeiten des Orts. odann begaben Sich Ihre Mafestäten, von be⸗ rittenen Gendarmen begleitet, nach der Villa Adriana, besich⸗ tigten zu Wagen die Anlagen derselben und nahmen die daselbst befindlichen Alterthuͤmer in Augenschein. Darauf traten Allerhöchstdieselben, allenthalben auf das 6ö begrüßt, in einem Sonderzuge die Rückfahrt nach Rom an, woselbst um 7 Uhr 20 Minuten die Ankunft erfolgte.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen, sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
Der Inspecteur der 1. Cavallerie⸗Inspection, General der Cavallerie von Krosigk hat Berlin verlassen.
Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goltz hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten.
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Graf von Baudissin, beabsichtigt am 29. April von Nagasaki nach Kobe in See zu gehen.
“ Bayern. 8 y111“
Das gestern über das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Luxemburg ausgegebene Bulletin lautet: „Schlaf und Appetit besser; die Schmerzen nehmen ab. Professor Dr. Angerer.“ Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent sowie sämmtliche Prinzen des Königlichen Hauses haben den Großherzog persönlich besucht und lassen täglich mehrmals Erkundigungen über das Befinden einziehen.
Sachsen. 8
Seine Majestät der König empfing gestern Nachmittag den am sächsischen Hofe beglaubigten württembergischen außer⸗ ordentlichen Gesandten, Geheimen Rath von Soden behufs Entgegennahme seines Abberufungsschreibens, und den neu⸗ ernannten württembergischen außerördentlichen Gesandten, Staatsrath von Moser behufs E antgegennahme seiner Accreditive in Privataudienz
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich gestern auf einige Zeit nach der Wartburg begeben.
junionistischer
18 Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Der Landtag des Herzogthums Coburg ist, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, auf den 4. Mai d. J., nach Coburg einberufen worden. Der Staatshaushalts⸗Etat für die mit dem 1. Juli d. J. beginnende neue Finanzperiode für 1893 bis 1897 wird den hauptsächlichsten Berathungs⸗ gegenstand bilden. vX“
Oesterreich⸗Ungarn.
Gestern Nachmittag um 2 Uhr empfing der Kaiser den serbischen Obersten Zdravkovic zur Ueberreichung des eigen⸗ händigen Schreibens des Königs von Serbien, worin dieser seinen Regierungsantritt mittheilt, in einviertelstündiger Audienz. Später empfing der Kaiser den bisherigen württem⸗ bergischen Gesandten Freiherrn von Mauecler behufs Entgegennahme seines Abberufungsschreibens. Hierauf wurden Oberst Zdravpkovic, der serbische Geschäftsträger Barlovac und das Personal der serbischen Gesandtschaft, sowie die in Wien anwesenden serbischen Offiziere zur Hoftafel geladen, an der auch der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky, der Reichs⸗Kriegs⸗Minister Freiherr von Bauer, der bisherige württembergische Gesandte Freiherr von Maucler und die Gesandten von Hengelmüller und von Trauttenberg theilnahmen.
Der russische Staats⸗Minister von Giers wurde vor⸗ gestern Abend bei seiner Ankunft in Wien von dem russischen Botschafter Fürsten Lobanow und den Mitgliedern der russischen Botschaft empfangen. Gestern Vormittag stattete der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky, am Nachmittag der Kaiser Herrn von Giers einen Besuch ab. Heute gedenkt dieser seine Reise nach St. Petersburg fortzusetzen.
Die bulgarischen Minister Stambulow und Grekow sowie der Präsident der Sobranje Petkow sind gestern in Budapest eingetroffen und haben heute die Reise nach Sofia
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses erklärte bei der Berathung des Budgets für 1894 der Minister⸗Präsident Dr. Wekerle unter stürmischem Beifall der Rechten, er werde in den nächsten Tagen einige kirchen⸗ politische Reformen betreffende Vorlagen einbringen. Der Minister⸗Präsident hob den Aufschwung hervor, den Ungarn auf allen Gebieten genommen habe, und betonte namentlich die staatsrechtliche Selbständigkeit Ungarns.
Budapester Berichte der „Politischen Correspondenz“ ver⸗ anschlagen die im Budget pro 1894 für Heereszwecke ein⸗ gestellten Mehrausgaben, die sich aus der Vermehrung der Offiziere und der Compagnien um je neun Mann sowie aus der Weiterentwicklung der Artillerie auf bisheriger Grundlage er⸗ geben, auf vier bis fünf Millionen Gulden.
Der böhmische Landtag bewilligte der Prager Ge⸗ nossenschaft zur Errichtung und Erhaltung einer Producten⸗ börse ein Darlehen von 30 000 Fl. v
Großbritannien und Irland. “
☛
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses legte, wie
„W. T. B.“ berichtet, der Kanzler der Schatzkammer Sir W.
Harcourt — die gestrige Meldung des „H. T. B.“ von dessen Erkrankung erweist sich als unbegründet — das Budget vor. Der Ueberschuß des verflossenen Jahres beträgt 20 000 Pfund Sterling. Nach dem Voranschlag beziffern sich die Ausgaben des laufenden Jahres auf 911 ½ Millionen, die Ein⸗ nahmen auf 899/10 Millionen. Zur Deckung des Deficits von 1 ½ Millionen schlägt der Kanzler der Schatzkammer vor, die Einkommensteuer um einen Penny per Pfund zu erhöhen. Die Stempelsteuer auf die Uebertragung ausländischer und colonialer, auf den Inhaber lautender Werthpapiere soll aufgehoben und statt dessen der Stempel auf Schlußnoten von sechs Pence auf einen Schilling er⸗ höht werden. Für den Fall, daß der Vorschlag, die Stempel⸗ steuer aufzuheben, beanstandet werden sollte, bestehe er jedoch nicht das veranschlagte Deficit durch Erhöhung der Einkommensteuer in einen Ueberschuß von 176 000 Pfund zu verwandeln. Sir W. Harcourt hob in seiner Rede weiter hervor, das anhaltende Wachsen der Einkommen⸗ steuer sei ein unzerstörbares Zeugniß für das rapide Steigen des Einkommens und des Kapitals, sowie die schlagendste Antwort auf die Behauptung der Pessimisten, daß England durch ein schädliches Handelssystem ruinirt werde. Das Deficit sei nur in geringem Grade auf ab⸗ nehmende Einkünfte, in höherem Grade auf das ungeheuere Anwachsen der Ausgaben zurückzuführen, die keiner Partei be⸗ sonders zur Last fielen. Die Nation werde reich und erhöhte Ausgaben würden der jeweiligen Regierung von dem Lande und dem Unterhause aufgezwungen. Obwohl zeitweilig auf den Handelsverhältnissen ein Druck laste, gebe es keine permanente Abnahme, sondern ein anhaltendes Anwachsen des Wohlstandes und der Hilfsquellen des Landes. Er habe die Absicht gehabt, eine Reform der Erbschafts⸗ und Hinterlassenschaftssteuer in dem Sinne vorzuschlagen, daß das bewegliche und unbewegliche Eigenthum auf gleichem Fuße besteuert würden, er habe dies aber aufgeben müssen, da in dieser Session die Zeit dazu mangele. Er hoffe jedoch, daß der Vorschlag nur um ein Jahr verschoben werde. Auf eine Anfrage Goschen's erklärte Sir W. Harcourt, er werde die Budget⸗Resolutionen am Donnerstag zur weiteren Debatte bringen und wünsche nur, daß jetzt die Resolutionen üͤber den Theezoll und die Stempelgebühren angenommen würden. Im weiteren kennf der Sitzung er⸗ klärte der Kanzler der Schatzkammer, er habe zu erwähnen vergessen, daß er vorschlage, die Befreiung der Händler mit nicht aus England herrührendem Wildpret von der Steuer, welche die Händler mit englischem Wildpret zu entrichten hätten, aufzuheben. Hierauf wurden die Resolutionen über die Beibehaltung des Theezolls und die Stempelgebühren an⸗ genommen und sodann die Budgetdebatte bis Donnerstag vertagt. Bei der Berathung des Berichts über die Regierungs⸗ vorlage, betreffend die Arbeitsstunden der Eisenbahn⸗ bediensteten, beantragte Gorst, daß acht Arbeitsstunden für Signalisten und zehn Stunden für andere Angestellte prima facie als übertrieben erflärt werden möchten. Der Präsident des Handels⸗ amts Mundella bekämpfte diesen Antrag, der nach längerer Debatte mit 257 gegen 71 Stimmen abgelehnt wurde. Sexton lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Unruhen in Belfast und erklärte, sie seien durch die aufreizenden Reden Lord Salisbury’s und anderer Führer verursacht. Er richte die An⸗
frage an die Regierung, was sie über diese Vorgänge denke, und welche Schritte sie denselben beabsich⸗ tige. Dunbar Barton bestritt, daß die Reden der Führer der Opposition die Ursache der Unruhen seien, und bezeichnete als die einzige Ursache Gladstone mit seiner Homerule⸗ Vorlage. Der Staatssecretär des Innern Asquith ver⸗ las sodann Einzelheiten über die Vorgänge in Belfast und erklärte, die Verantwortlichkeit hierfür trügen diejenigen, die aufreizende Reden gehalten hätten. Die Polizei werde alle Maßregeln ergreifen, um eine Wiederholung der Unruhen zu verhindern und Jeden gegen zu schützen.
Die Delegirten aus Ulster, die an der Demonstration gegen die Homerule⸗Bill in der Albert⸗Hall theilgenommen hatten, haben gestern Vormittag London verlassen und sich zum Besuch Lord Salisbury's nach Hatfield begeben.
Wie in London verlautet, würde die Brüsseler Münz⸗ conferenz nicht erst im Herbst, sondern bereits am 30. Mai wieder zusammentreten.
Frankreich.
Bei den am Sonntag vollzogenen Stichwahlen zum Pariser Municipalrath wurden, wie „W. T. B.“ meldet, 19 Radicale, 8 Socialisten, 4 gemäßigte Republikaner, 2 Revisionisten und 5 Anhänger der Wiederzulassung der Ordensschwestern zur Krankenpflege gewählt.
Italien. 8 Gestern Nachmittag wohnten der König und die Königin einem in der englischen Botschaft veranstalteten Gartenfeste bei. Allerhöchfädleselben wurden bei ihrer An⸗ kunft von dem Herzog von York und dem Botschafter Lord Vivian empfangen. Das Fest nahm einen glänzenden Verlauf. In dem prachtvoll geschmückten Garten waren die italienischen und fremden Prinzen und Prinzessinnen, die Mitglieder des diplomatischen Corps mit ihren Gemahlinnen, die Minister Giolitti, Brin und andere anwesend; ferner nahmen an der Festlichkeit die Präsidenten der Kammer und des Senats, zahlreiche Senatoren und Deputirte, unter denen sich auch Crispi befand, sowie viele hohe Offiziere Theil. Abends fand im Quirinal ein großes militärisches Diner statt, dem ein Cercle folgte. Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand von Sachsen⸗Coburg⸗Gotha sind gestern früh in Palermo eingetroff
Belgien.
Nach einer Meldung der „Magd. Ztg.“ aus Brüsse von gestern hätte der Kriegs⸗Minister ein vertrauliches Rundschreiben an die Commandanten der Garnisonen ge⸗ richtet, worin er diesen auftrage, die socialistische Propa⸗ ganda im Heere streng zu überwachen. Während der letzten Arbeiterbewegung solle die Theilnahme einberufener Reser⸗ visten an socialistischen Kundgebungen festgestellt worden sein.
Rumänien.
Die Deputirtenkammer genehmigte gestern den Art. des Famane1660 . der das Princip der Umlage feststellt. Der Minister des Auswärtigen Lahovary gab ein längere motivirte Erklärung ab. Die Kammercommission ha sich dahin ausgesprochen, daß Differentialtaxen die Auslands producte nicht treffen würden.
Serbien.
Vie die „Politische Correspondenz“ aus Belgrad meldet
wird Oberst Pantelic, ehemaliger Adjutant des Königse Milan, Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser ein eigen händiges Schreiben des Königs von Serbien überbringen worin dieser Mittheilung von seinem Regierungsantritt macht
Das Amtsblatt veröffentlicht, dem „W. T. B.“ zufolge eine allgemeine Amnestie für sämmtliche politischen Delicte, die bis zum 23. d. M. begangen worden sind. Bei den anderen Delicten wurden die Strafen der auf 15 Jahre verurtheilten Personen um 5 Jahre herabgemindert; bei den zu 10 Jahren Verurtheilten um 4 Jahre, bei den von 5 bis 10 Jahren Verurtheilten um 3, bei den von 3 bis 5 Jahren Verurtheilten um 2, bei den über 1 Jahr bis 3 Jahren Verurtheilten um 1 Jahr. Den Personen, die bis zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt waren, sowie den wegen Ver⸗
gehen und Uebertretungen Verurtheilten wurden die Strafen
ganz erlassen. 8 Schweden und Norwegen.
Der Präsident des Storthings Nielsen hatte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern eine kurze Audienz bei dem König. Wie verlautet, hat er die Bildung eines neuen Cabinets abgelehnt. Man ist hier allgemein der Ansicht, daß die Krisis nur von kurzer Dauer sein werde, da in kurzem ein aus Mitgliedern der Rechten gebildet werden würde.
In der gestrigen Sitzung des Storthings theilte der Minister-Präsident Steen mit, daß das Ministerinm demissionirt habe, aber die Geschäfte vorläufig weiter leiten werde. Der Präsident Nielsen beantragte, die Ver⸗ handlungen vorläufig zu vertagen. Der Deputirte Stang sprach sich gegen diesen Antrag aus. Der Devputirte Ull- mann äußerte, die Krisis würde nur von kurzer Dauer sein. Der Deputirte Horst erklärte, es sei constatirt, daß die König⸗ liche Gewalt die Krisis nicht aus' Rücksichten auf Norwegen sondern aus solchen 8 Schweden hervorgerufen habe. Der König habe den Beschluß gefaßt ohne einen Norweger um Rath zu fragen. Das Storthing müsse deshalb die Verhandlungen vertagen, um diejenigen Männer abzu⸗ warten, die willig wären, eine Politik zu vertreten, welche nicht dem Vaterlande, sondern einem anderen Lande diene. Schließlich wurde der Antrag Nielsen mit 63 gegen 51 Stimmen angenommen. Dafür stimmte die ganze Linke mit Ausnahme des Deputirten Festing. Hierauf erfolgte die Wahl eines neuen Präsidenten. Als solcher wurde der Deputirte Ullmann mit 62 Stimmen gewählt. 8
Dänemark.
Die Prinzessin Waldemar wird sich aus Anlaß der
goldenen Hochzeit des e von Joinville heute Abend über
Kiel nach Frankreich begeben. Der Prinz Johann von Orléans und der Marquis Bouillé werden dem „W. T. B. zufolge die Prinzessin begleiten. 8
Parlamentarische Nachrichten. DSDeutscher Reichstag. 82. Sitzung vom Dienstag, 25. April, 1 hr.
Der Sitzung wohnen die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn sowie der König⸗ lich preußische Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei.
Vor der Tagesor dnung erhält zu einer kurzen Erklärung das Wort der Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.), welcher sich gegen einige Ausführungen vertheidigt, die der Abg. Dr. Horwitz als Referent der Geschäftsordnungscommission über den Antrag auf Sistirung des Strafverfahrens gegen den Redner’gemacht und in welchen der Referent eine von dem Redner der Commission überreichte Eingabe als eine Für⸗ bitte bezeichnet und ihr den Vorwurf „schielender Deduction“ 8e 8
Abg. Dr. Horwitz (dfr.) weist diesen Angriff auf seine Berichterstattung zurück. 1 1
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung. Erster Gegenstand ist der schleunige Antrag des Abg. Ahlwardt:
„Der Reichstag wolle beschließen: eine Commission von 21 Mitgliedern zu ernennen, welche zu prüfen hat, ob und inwieweit der Inhalt der von dem Abg. Ahlwardt dem Reichstag übergebenen Acten die durch den genannten Abgeordneten in den Sitzungen des Reichstags vom 18. und 21. März d. J. gegen frühere und jetzige Mitglieder des Reichstags und des Bundesraths erhobenen An⸗ schuldigungen rechtfertigt.“ Präsident von Levetz ow ersucht den Abg. Ahlwardt, der wohl selber einsehen werde, daß in eine materielle Discussion über den In⸗ halt der vorgelegten Acten heute nicht eingetreten werden könne, sich auf die formelle Seite seines Antrages zu beschränken und lediglich auszuführen, weshalb er sie vorgelegt hat, was er damit sagen will und wo etwa die Beweismittel in den Aecten zu finden sind.
Abg. Richter (dfr.) szur Geschäftsordnung]: Meine Partei ist der Meinung, daß dem Antragsteller nicht verschränkt werden kann, auf die Sache einzugehen, und daß wir dann ebenso berechtigt sind, ihm unsere Ansicht über sein Vorgehen und den Befund der Acten zu sagen. Es würde nach außen hin einen ganz falschen Eindruck erwecken, wenn wir bloß über die formelle Seite verhandeln wollten. Ohne auf die Acten selbst einzugehen, läßt sich hier kein Urtheil über die Nothwendigkeit einer Commission fällen.
(Bei Schluß des Blattes hat der Abg. Ahlwardt das
“
Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage. . 68. Sitzung vom 25. April. Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Vice⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei.
Die zweite Berathung des Communalabgabengesetzes wird fortgesetzt, und zwar bei der Abstimmung über § 18, bei der sich gestern die Beschlußunfähigkeit des Hauses ergeben hatte. Für den Antrag Friedberg, daß die Miethssteuer am 1. April 1900 aufhören solle, stimmten gestern 99, dagegen 109. Heute ist die Abstimmung wiederum zweifelhaft. Es muß die Zählung erfolgen, welche die Annahme des Antrags Friedberg mit 128 gegen 124 Stimmen ergiebt.
§ 18 wird mit dem Antrag Friedberg aggenommen. Das Haus wendet sich darauf den Realsteuern (§§ 19 bis 26) zu. §19 bestimmt, daß von den Steuern vom Grund⸗ besitz Ausnahmen stattfinden sollen bezüglich der Königlichen Schlösser, der fremden Staaten gehörenden Grundstücke und Gebäude, der öffentlichen Dienstgrundstücke u. s. w. Die Aus⸗ nahmen sind aufgeführt unter 10 Nummern, à bis k.
Unter h sind die Grundstücke der Armen⸗, Waisen⸗ und öffentlichen Krankenhäuser, der Besserungs⸗, Bewahr⸗ und Ge⸗ fängnißanstalten sowie der Gebäude, welche milden Stiftungen angehören und für deren Zwecke unmittelbar benutzt werden, aufgeführt.
Die Abgg. von der Acht und Genossen (Centr.) bean⸗ tragen, diese Nummer zu faͤssen wie folgt:
Grundstücke der Armen⸗, Waisen⸗ und öffentlichen Krankenhäuser, der Gefängniß⸗, Besserungs⸗, Bewahr⸗ und derjenigen Wohlthätigkeits⸗ anstalten, welche die Bewahrung vor Schutzlosigkeit und sittlicher Gefahr bezwecken (Mägdehäuser und dergl.).
Die Abgg. von Jagow (cons.) und Sperlich (Centr.) empfehlen die Annahme des Antrages, den auch Abg. Dr. Enneccerus (nl.) befürwortet; letzterer will aber den von der Com⸗ mission velessegen Zusatz zu dieser Nummer, wonach durch Ge⸗ meindebeschluß auch anderweitige Gebäude solcher milder Stiftungen, die nicht bloß zu Gunsten bestimmter Personen und Familien bestehen, steuerfrei gelassen werden können, streichen.
In demselben Sinne sprechen sich die Abgg. Dr. Sattler und Boettinger (nl.) aus.
Abg. Hansen (freicons.) fragt an, ob auch die Anlagen der Wasserlösungsverbände steuerfrei sind.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Fuisting bezweifelt dies, worauf Abg. Hansen (freicons.) erklärt, daß er sich einen Antrag bis zur dritten Lesunz vorbehalte.
§ 19 wird mit dem Antrage v. d. Acht angenommen.
Nach § 20 können die Gemeinden besondere Steuern vom Grundbesitz einführen. Die Umlegung kann insbesondere erfolgen nach dem Reinertrage bezw. Nutzungswerth eines oder mehrerer Jahre, nach dem Pacht⸗ bezw. Miethswerth oder dem gemeinen Werth (in der Vorlage hieß es: Verkaufs⸗ werth) der Grundstücke und Gebäude, nach den in der Ge⸗ meinde stattfindenden Abstufungen des Grundbesitzes oder nach einer Verbindung mehrerer dießer Maßstäbe. 8
Abg. Dr. Meyer (dfr.) beantragt, diesen letzten Satz zu fassen wie folgt:
„Die Umlegung kann nach dem Reinertrage bezw. Nutzungs⸗ werth eines bis höchstens dreier Jahre oder nach dem gemeinen
Werth der Grundstücke oder der Gebäude erfolgen. Wo besonders
Steuern vom Grundbesitz nach einem anderen Maßstabe bisher er⸗
hoben sind, können dieselben beibehalten werden.“
Abg. Christophersen (freicons.) empfiehlt diesen Antrag mit Rücksicht darauf, daß dadurch in seiner Heimathprovinz Schleswig⸗ Holstein bestehende besondere Gemeindesteuern vom Grundbesitz auf⸗ recht erhalten werden könnten.
Abg. Dr. Meyer (dfr) weist darauf hin, daß bestehende Steuern schonend aufrecht erhalten werden sollten, aber es liege kein Anlaß vor, Steuern z. B. nach den Abstufungen des Grundbesitzes in den Gemeinden neu einzuführen, wo sie noch nicht beständen. So sehr auch die Freiheit der Selbstverwaltung ge⸗ chützt werden müsse, so müßten 805 immer bestimmte Regeln dafür bestehen, wie die Selbstverwaltung gehandhabt werden solle. Vor allem müsse die Schätzung des Werths nach den jetzigen Verhältnissen erfolgen und
nicht nach älteren Einschätzungen. bäudesteuer sei ja, daß sie nur alle fünfzehn Jahre revidirt werde, also der Entwickelung nicht folge.
Abg. Dr. Gerlich (freicons.): Die Liebe des Vorredners zur Selbstverwaltung scheint mir eine sehr platonische zu sein, denn er preßt die Gemeinden in Zwangsbestimmungen ein und läßt ihnen keinen Spielraum, einmal aus diesem Rahmen herauszutreten. Die Abstufungen des Grundbesitzes nach Bauern, Kossäthen u. s. w. sind auf dem Lande einmal vorhanden und sie 15 geschont werden. Redner fragt, ob die in seiner Heimath übliche Besteuerung nach Normalmorgen bestehen bleiben könne.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel bejaht dies und empfiehlt die Ab⸗ lehnung des Antrags Meyer, weil derselbe die zahlreich bestehenden Steuern nach Abstufungen des Grundbesitzes gefährden würde. Die jährliche Veranlagung der Nutzungswerthe mag für Berlin möglich und wünschenswerth sein, für die einfacheren Verhältnisse auf dem Lande aber nicht. Zur Zeit ist es nicht nöthig, hier bureaukratisch einzugreifen und die ““ der Dinge zu hemmen.
Abg. von Buch (cons.) erklärt sich ebenfalls gegen den Antrag Meyer, weil er und seine Freunde keine Schablonisirung der Com⸗ munalsteuerverhältnisse wollen.
Abg. Dr. Meyer (dfr.) bestreitet, daß er die Schablonisirung empfehle; er wolle das Bestehende erhalten, aber nicht die bestehende Mannigfaltigkeit noch vermehren. Die Gemeindebesteuerung solle nicht in bestimmte Formen hineingepreßt werden, aber es müsse verhütet werden, daß sie sich dahin entwickele, wohin sie sich nicht entwickeln solle. Wer dahin wächst, wohin er nicht wachsen soll, den nennt man bucklig, und bucklige Steuerverfassungen sollten in den Gemeinden nicht bestehen. 3
Abg. Sombart (nl.) tritt für die Aufrechterhaltung der Com⸗ missionsbeschlüsse ein, die auch unter Ablehnung des Antrags Meyer angenommen werden.
§ 22 lautet:
.Die Steuern vom Grundbesitz sind nach gleichen Normen und
Sätzen zu vertheilen. 1 „Liegenschaften, welche durch die Festsetzung von Bauflucht⸗ linien in ihrem Werth erhöht worden sind (Bauplätze), können nach Maßgabe ihres höheren Werths zu einer höheren Steuer als die übrigen Liegenschaften herangezogen werden. Diese Besteuerung muß durch Steuerordnung geregelt werden.“
„Eine Vorschrift, betreffend die Herabsetzung der Steuer für Verwaltungen ist von der Commission gestrichen. Abg. Dr. Meyer (dfr.) beantragt, im zweiten Absatz des § 22 statt „ihres höheren Werths“ zu sagen: „dieses höheren Werths“, während Abg. Freiherr von Erffa den zweiten Absatz folgendermaßen fassen will.
„Liegenschaften, welche durch die Herstellung von Straßen oder Straßentheilen in ihrem Werth erhöht worden sind (Bauplätze), können mit einem höheren Steuersatze als die übrigen Liegenschaften oder zu einer besonderen nach Maßgabe ihres höheren Werths zu bemessenden Steuer herangezogen werden.“
Abg. von Buch (cons.) weist darauf hin, daß die Gemeinden vielfach die Neigung bewiesen haben, für große Flächen Bauflucht⸗ linien festzusetzen, ohne daß ein Bedürfniß dazu vorhanden ist. Diese Neigung wird sich ausdehnen, wenn die Gemeinden auch ein Besteuerungsrecht erhalten. Man wird dann die Neigung haben, die Speculationswerthe der Besteuerung zu⸗ grunde zu legen, sodaß vielleicht das Wort einmal wieder wahr wird: Tagxen sind Faxen! Anders liegt die Sache, wenn die Straßen wirklich angelegt sind, während der Baufluchtplan nachher vielleicht garnicht zur Durchführung kommt. Die schärfere Besteuerun der Bauplätze wollen wir herbeiführen; aber es müssen auch wirklich schon Bauplätze sein.
Abg. Dr. Sattler (nl.) erklärt sich gegen den Antrag; mit der Festsetung der Baufluchtlinien tritt die Werthsteigerung ein. Des⸗
alb braucht man die Besteuerung nicht erst von der Straßenanlage abhängig zu machen.
Abwbg. Freiherr von Zedlitz (freicons.) schließt sich diesen Aus⸗ führungen an; der Zweck der Bauplatzsteuer würde nach dem Antrage von Erffa in den meisten Fällen nicht erreicht werden. Der Beschluß der Commission bietet die Garantie, daß nur solche Grundstücke besteuert werden, welche wirklich eine Steigerung des Werthes erfahren haben. Die Taxen werden schwierig aufzustellen sein; aber darin liegt eine Garantie gegen eine leichtfertige Einführung der Bauplatzsteuer; denn die Gemeinden werden sich auf die ganze Sache nicht einlassen, wenn nicht wirklich eine erhebliche Werth⸗ steigerung stattgefunden hat.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel empfiehlt ebenfalls die Annahme des Commissionsantrages. Die bloße Thatsache, daß die Bauflucht⸗ linien festgestellt werden, erhöht den Werth der anliegenden Grundstücke ohne weiteres; in weiteren Entfernungen von bebauten Stadttheilen wird die Werthsteigerun nur eine minimale sein; je näher das Grundstück dem Centrum liegt,
umsomehr wird der Werth sich steigern. Ohne Baufluchtlinie ist ein⸗
Grundstück nicht zu bebauen, ist nur als Acker, Wiese ꝛc. zu nutzen. Wenn man den Eifer sieht, mit welchem die Grundbesitzer danach trachten, ihre Grundstücke an die Baufluchtlinie zu bringen, so kann man daraus entnehmen, daß sie davon eine Werthsteigerung erwarten. Abg. Dr. Meyer (dfr.): Ich will durch meinen Antrag dafür sorgen, daß nur der Mehrwerth getroffen wird, der durch die Fest⸗ seFung der Baufluchtlinien entsteht. Der Antrag von Buch würde den richtigen Zeitpunkt versäumen; denn die Werthsteigerung beginnt mit der Festsetzung der Baufluchtlinien. Die Baustellenspeculation ist in Deutsch⸗ land weiter verbreitet als anderswo. Dadurch werden die Wohnungs⸗ preise vertheuert. Wird der Bauplatz besteuert, so wird der Besitzer sich überlegen, ob er nicht lieber, um der Steuer zu entgehen, bauen will, was dann zur Entlastung der nicht bebauten Stadttheile führt. Abg. Dr. Brüel (Hosp. d. Centr.) erklärt sich für den Antrag der Commission, während Abg. Freiherr von Erffa (cons.) seinen Antrag empfiehlt.
(Schluß des Blattes.)
— Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags⸗Etats zum Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1893/94, nebst Denkschrift zugegangen. Der Nachtrag ist in Einnahme und Ausgabe auf 1 468 000 ℳ festgestellt. Die Ausgaben bestehen aus 50 400 ℳ an fortdauernden und 1 417 600 ℳ an einmaligen Ausgaben. Die Erhöhung der fort⸗ dauernden Ausgaben um 50 400 ℳ wird veranlaßt durch die beabsichtigte Erhebung der deutschen Gesandtschaft in Amerika zu dem Range einer Botschaft, während von der für einmalige Ausgaben im Nachtrag bestimmten Summe von 1 417 600 ℳ 817 600 ℳ zum Ankauf und zur Errichtung eines Botschaftsgebäudes in Madrid, 600 000 ℳ als weitere Kosten der Betheiligung des Reichs an der Weltausstellung zu Chicago dienen sollen. Die Deckung dieser Ausgaben soll durch Erhöhung der Matrikularbeiträge aller Bundesstaaten erreicht werden. In der Denkschrift sind die Gründe auseinandergesetzt, die eine Erhöhung der Ausgaben für die Welt⸗ ausstellung in Chicago nöthig gemacht haben.
— In der Militärcommission des Reichstags wurde gestern der vom Abg. Gröber verfaßte Bericht verlesen. Eine An⸗ zahl Streichungen, Aenderungen bezw. Ergänzungen, wie sie von den Abgg. Richter, Hinze, von Bennigsen u. a. beantragt wurden, fanden allseitige Annahme. Der Bericht wurde schließlich auch im ganzen gut geheißen; die in großer Zahl eingegangenen Petitionen wurden durch die Beschlüsse der Commission für erledigt erklärt. Der Vorsitzende Freiherr von Manteuffel beraumte darauf eine - Sitzung der Militärcommission auf morgen an, um die Vorlage über die Vertheilung des Ersatzes zu berathen. Er theilte sodann noch mit, daß der Bericht morgen zur Vertheilung gelangen solle, und da der Präsident beabsichtige, die zweite Lesung der Militär⸗ ’ im Plenum am Dienstag, 2. Mai, auf die Tagesordnung zu setzen.
Der Hauptvorwurf gegen die Ge⸗
— Die XVv. Commission des Reichstags zur Vorberathung des von den Acgg. Munckel und Gen. eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Abaͤnderung der für das Vorverfahren und für das Ver⸗ fahren erster Instanz geltenden Bestimmungen der Strafprozeß⸗ ordnung, besteht aus folgenden Mitgliedern: Spahn, Feh Schröder, Stellvertreter des Vorsitzenden; Dr. von Dziembowski⸗ Pomian, Gröber, Dr. Mehnert, unckel, Dr. Pieschel, Rembold, Dr. Schier, Schwartz, Stadthagen, Schriftführer; Dr. Stephan, Schriftführer; Stephanus, Traeger.
1ö1 Commission des Reichstags zur Vorberathung eines Gesetzes zum Schutz der Waarenbezeichnungen besteht aus folgenden Mitgliedern: Dr. Hammacher, Vorsitzender; Schmidt (Elberfeld), Stellvertreter des Vorsitzenden; Adt, Freiherr von Buol⸗Berenberg, Cegielski, von Gerlach, Goldschmidt, Hempel, Hultzsch, Mayer (Landshut), Menzer, Merbach, Pflüger (Baden), Rembold, Schriftführer; Dr. Rintelen, Samhammer, Schriftführer; Schmidt (Frankfurt), Stolle, Dr. Thomas, Wattendorff, Wenders.
— Im 5. Stettiner Landtagswahlbezirk (Naugard⸗
Regenwalde) ist an Stelle des verstorbenen Rittergutsbesitzers von Borcke auf Rienow der Rittmeister a. D. von Eisen⸗ hart⸗Rothe auf Lietzow (conservativ) einstimmig mit 178 Stimmen zum Mitglied des Hauses der Abgeord⸗ neten gewählt worden.
Nr. 16 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministeriumder öffentlichen Arbeiten, vom 22. April, hat folgenden Inhalt: Die Paulstraßenbrücke in Berlin. — Polizeivorschriften für Berlin über Aufzüge (Fahrstühle). — Geschäfts⸗ und Wohnhaus der „Münsterberger Zeitung“. — Wirth⸗ schaftsgebäude der Universitätskliniken in Breslau. — Vermischtes: Wettbewerb für Pläne zu einer Gastwirthschaft mit Concertgarten auf dem Stadtberge bei Löbau i. S. — Wettbewerb für Pläne zur Reinigung und Klärung der Sielwässer der Stadt Leipzig. — In⸗ standsetzung der Garnisonkirche in Potsdam. — Fe in Magazinbibliotheken. — Einsturz der Morawabrücke bei Ljubitschewo in Serbien. — Ausgaben für kirchliche Bauten in England. — Palast der Cancelleria in Rom.
8 Kunst und Wissenschaft 8
Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet morgen einen Fachabend für Silberschmiedekunst, an welchem hervor⸗ ragende hiesige Firmen Arbeiten verschiedener Technik vorführen werden. Herr Architekt Albert Hofmann wird „ueber Tafelsilber“ sprechen. Die Sitzung findet statt im großen Saale des Architekten⸗ hauses, 8 Uhr Abends.
4 Der Leiter des Meisterateliers für Kupferstecherkunst an der Berliner Akademie, Professor Karl Köpping, hat eine große Originalradirung vollendet, welche er am Sonntag einem 8 Kreise von Kunstfreunden in seinem Atelier vorlegte. Es ist die Frucht nahezu anderthalbjährigen, emsigsten Künstlerfleißes, eine wahre Ency⸗ klopädie all jener complicirten Versuche und technischen Combinationen, die die Radirkunst zur dankbarsten, aber auch schwierigsten unter den graphischen Techniken machen. Sie bleibt nach Ruskin's treffendem Ausdruck immer ein „blundering art’, dessen schließliche Wirkung der schaffende Künstler bei aller G und Ueberlegung nicht ganz zu berechnen im stande ist. Um so beglückender ist die Ueberraschung des schließlichen Gelingens, eines wirrklichen Erfolgs. Zum ersten Mal hat sich Köpping hier in der Ausführung eines eigenen Ent⸗ wurfs versucht: zwei Frauengestalten im Dämmerschatten eines alten Laubwaldes, eine Träumerei im Sinne Böcklin's und auch darin Böcklin's Schöpfungen verwandt, daß die ganze Poesie in der coloristischen Haltung des Werks liegt. Scheinbar nur ist es ein Widerspruch, durch die Ssnc . coloristische Wirkungen anzustreben; seine glänzendste iderlegung findet er in dieser Arbeit des Berliner Meisters. Mit Recht hebt auch Hubert Herkomer in seinen anregenden Slade⸗ vorlesungen über Malerradirung hervor, daß der Radirer vor allem besitzen müsse, da er die Vorstellung von Farben den Beschauer mit seinen Mitteln suggeriren will. Wunderbar hat auch Köpping dies verstanden. Das eevorleuchten des halbbekleideten Frauenleibes aus den Schatten des Waldinnern, das Spiel des Lichts auf Blättern und Stämmen, alles gewinnt unter seiner Radirnadel der der Grabstichel und die kalte Nadel noch ihre Hilfe geliehen Farbenleben und Tonwirkung. Der virtuose Uebersetzer des Hell dunkels in Rembrandt's Gemälden hat hier seine Fähigkeiten z höchsten erreichbaren Leistung gesteigert und fordert Bewunderung wi Neugier nach den technischen Geheimmitteln solcher Wirkung in gleichem Maße heraus. Hoffentlich begegnen wir dieser Meister leistung auf der akademischen Kunstausstellung des kommenden Sommers.
† In Warschau starb die ungewöhnlich reichbegabte noch jugend liche Malerin Anna Bilinska, deren fascinirende Bildnisse auf de internationalen Kunstausstellung des Jahres 1891 sowohl durch den kecken, geistreichen Vortrag, wie auch durch die tiefeindringende Charakleristik und das vornehme coloristische Gefühl berechtigtes Auf⸗ sehen erregten. Die hervorragendste Leistung der in Paris ausgebil deten Malerin war ohne Zweifel das große Damenporträt der Gräfir A. de V. in grünem Seidenkleide: eine Perle unter den Werken der modernen Bildnißmalerei, die damals in Berlin vereinigt waren.
— Der Verein der Künstlerinnen und Kunst freundinnen hielt am Sonntag unter Vorsitz der Gemahlin de Staats⸗Ministers Dr. Delbrück im großen Saal seiner Zeichenschule di diesjährige Generalversammlung ab. Der Verein zählt unter seinen 565 Mitgliedern 214 ausübende Künstlerinnen. Die Zeichenschule, welche sich der Subvention des Cultus⸗Ministeriums und der Stadt Berlin erfreut und der Leitung des Fräulein M. Hönerbach unterstell
ist, zählt zur Zeit 339 Schülerinnen, die in 20 Klassen 630. Fächer
belegt haben. Die Schule brachte im letzten Jahr 3000 ℳ Ueberschuß. Mit dem Oktober wird sie in die für sie erbauten Räume au dem ööb Potsdamerstraße Nr. 39 übersiedeln. In⸗ folge eines Aufrufs sind zur größeren finanziellen Sicherung der Schule von Gönnern 62 862 ℳ gestiftet. Die Ausstellung bracht eine Einnahme von 3892 ℳ und einen Ueberschuß von 1959 ℳ Au der Weihnachtsmesse wurde ein Umsatz in Höhe von 10 152 ℳ erzielt; in diesem Jahre gedenkt man in Magdeburg eine Filialmesse zu er richten. Das große Costümfest brachte einen Ueberschuß von 5000 ℳ Die Pensionskasse verfügt über 30 438 ℳ, wovon 11 827 ℳ d Penseanssande und 18 611 ℳ dem Hilfsfonds zugehören. Di Darlehnskasse gewährte 6 Darlehne und 4 Unterstützungen un besitzt 23 950 ℳ Zur würdigen Beschickung größerer Aef ellunge ist ein Fonds angelegt. An der für 1896 geplanten Berliner Ge werbeausstellung gedenkt sich der Verein mit einer Collectivausstellun in eigener Abtbeikung zu betheiligen. Die ausgeschriebene Concurrenz für die Prämien bis zu 500 ℳ ausgesetzt sind, wird erst im Mai zu Erledigung kommen. Die Hauptkasse des Vereins balaneirte in E nahme und Ausgabe mit 12 164 ℳ; 1217 ℳ wurden zum Ankauf von Bildern verwendet. Das Vereinsvermögen, das von dem der Schule tregnt verwaltet wird, betrug am Schluß des Geschäftsjahres 37 788 ℳ
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— Die Reinigung und Klärung der Sielwässer der
Stadt Leipzig hat, wie wir dem „Centr.⸗Bl. d. Bauv.“ entnehmen, deren Rath zum Gegenstand eines Wettbewerbes gemacht und bewilligt für die drei besten Lösungen dieser Se. je einen Preis von 5000, 3000 und 2000 ℳ Der erste Preis kann auf Kosten des
dritten erhöht werden. Die Bedingungen und näheren Angaben sind