t ihr digkeit. der vermeintliche Erblasser, Professor Pamfilio, der „auf dem Kirchhof ist“, dorthin nur als Leidtragender sich begeben hat und nicht, wie die Erben meinten, selbst gestorben ist. hat der gelehrte Herr das Glück, die Liebe seiner Magd und Pathin, der Pia oder Stupida, wie er sie nennt, zu ihm zu entdecken, und gern führt er das kluge, naive Bauernkind als Gattin heim. Die hervorragendste künstlerische Leistung des gestrigen Abends rührt indeß weder vom Componisten noch vom Textdichter, sondern von der Darstellerin der Stupida, Ilka von palmar her. Frische und Fröhlichkeit strahlten aus der Darstellung, die eine glückliche Mischung von natürlicher Einfalt und ursprünglicher Verschmitztheit bot. Die Künstlerin besitzt ein sehr glückliches Bühnentemperament, das besonders in dem Vortrage des an und für sich unbedeutenden Walzers zu Tage trat; es lag darin eigene, künstlerische Schaffenskraft,
die das Anmuthige zu gestalten weiß.
An „Stupida“ schloß sich der erste Act von Jacques Offen⸗ bach'’s Operette „Die schöne Helena“. Das urwüchsige Talent der Gastin trat hier wieder scharf in die Erscheinung. Die Künstlerin traf den parodistischen Ton sicher und charakteristisch, aber die Ueber⸗ gänge zum hohen Pathos erschienen zu unvermittelt; die Leistung entbehrte als Ganzes der Harmonie, obwohl die Einzelheiten schauspielerisch wie ge⸗
sanglich trefflich durchgeführt wurden. Die einheimischen Kräfte thaten
nasee ihre Schuldigkeit. Herr Hanno als Groß⸗Augur Kalchas war
voll übermüthiger Laune, die in der stummen Illustration, mit der er das Parislied des Herrn Bruch von den Abenteuern auf Ida's Höhen begleitete, ihren Gipfelpunkt erreichte. Herr Wellhof konnte als Menelaus wieder seinen behaglichen Humor wirken lassen. Herr Bruch als Paris sang mit angenehmer Stimme und spielte zurückhaltender, als in dieser Operette erwartet wird.
1 Sing⸗Akademie.
Herr Hans Pfi “ ein junger Componist aus Frank⸗ furt a. M., erschien gestern mit einer größeren Anzahl eigener Com⸗ positionen zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum. Der begabte Künstler läßt ernstes Streben, große Selbständigkeit der Erfindung und eine gediegene musikalische Ausbildung erkennen, befindet sich jedoch zur Zeit noch in seiner Sturm⸗ und Drangperiode, wie aus dem Uebermaß im Gebrauch der orchestralen Effectmittel und aus den oft
ermüdenden Längen in der Durchführungsweise seiner Motive hervorgeht. Kennzeichnend für die Eigenart seiner Werke
ist zugleich die Wahl der dichterischen Stoffe, die meist von zer⸗ störtem Liebesglück, von Unheil und Tod handeln, und der Musik zu Ibsen's „Fest auf Solhaug“, der Erzählung aus dem Musikdrama „Der arme Heinrich“ und der Herder'schen Ballade „Herr Oluf“ ihren ief elegischen und schwermüthigen Charakter geben. Die Vorliebe für Molltonarten zeigte sich auch in der Sonate für Klavier und Cello, deren besondere Schönheiten sich in dem Andante und im Scherzefat befinden und die von Herrn Dr. Jedliczka und Herrn Kiefer aus Erfurt) ganz vortrefflich vorgetragen wurde. Eine sehr will⸗ ommene Abwechselung gewährten den Zuhörern vier sehr anmuthige ieder für Sopran, mit welchen Frau Lieban⸗Globig großen Beifall erntete, sowie ein am Schluß des Abends ausgeführtes Scherzo für Orchester. Der Herzoglich sächsische Kammersänger Herr Büttner, dessen kräftiger und sehr umfangreicher Bariton us dem Kampf mit der geräuschvollen Orchesterbegleitung stets sieg⸗ eich hervorging, trug „Dietrich's Erzählung“ und die Ballade „Herr lufe mit tiefer Empfindung und großer Leidenschaft des Ausdrucks vor. Dem Sänger sowohl wie dem von dem Concertgeber geleiteten
Philharmonischen Orchester spendete das zahlreich erschienene Publikum
reiche Beifallsbezeugungen.
Im Königlichen Opernhause wird am Sonntag Meyer⸗ beer's „Afrikanerin“ mit den Damen Pierson und Hiedler, den Herren Rothmühl, Fränkel, Mödlinger, Stammer und Krolop gegeben. Kapellmeister Dr. Muck wird die Oper dirigiren. Am Montag ge⸗ langt Brüll's „Goldenes Kreuz“ mit den Damen Weitz und Herzog, den Herren Philipp, Stammer und Schmidt zur Aufführung. Hierauf folgt das Ballet „Die Rebe“ mit der Musik von Rubinstein.
Im Neuen Theater wird von dem Königlichen Schau⸗ spiel am Sonntag das Drama „Vasantasena“ wiederholt.
Ernst Wichert's vieractiges Lustspiel „Der Freund des Fürsten“, das im Berliner Theater morgen zur ersten Darstellung gelangt und am Sonntag Abend wiederholt wird, ist in den Hauptrollen mit Agnes Sorma, Antonie Baumeister, Charlotte Bach, Marie Wilke, Ludwig Stahl, Emanuel Stockhausen, Albert Schindler, Paul Nollet
nangelt ir anz; . das Textbuch, das auf einem komischen misberstindnit aufgebaut ist, verdient besondere Erwähnung. Eine Erbschaft zerfließt den erwartungsvollen Erben in nichts, da
abei
finden besondere Einladungen an nicht statt, doch sind Gäste zu allen diesen Versammlungen willkommen.
ermäßigten Preisen „Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der in Scene.
Im Lessing⸗Theater findet morgen eine Wiederaufführung von Oscar Blumenthal's vieractigem Lustspiel „Falsche Heilige“ statt, in welcher die hervorragendsten Lustspielkräfte dieser Bühne zusammen⸗ wirken. Die Rolle der Angèle wird Meta Jäger vom Hoftheater in Altenburg zur Darstellung bringen.
„Frau Moran⸗Olden wird, wie bereits gemeldet, morgen ihre Thätigkeit im Kroll'schen Theater als Gräfin in „Figaro's
ochzeit wieder aufnehmen. Am Sonntag geht zum zweiten und etzten Male „Cavalleria rusticana mit den Gästen Gemma Bellincioni, Roberto Stagno und Demeter Popovici in Scene. Vorher findet die Wiederholung der komischen Oper „Gute Nacht, Herr Pantalon“ statt.
Signorina Carolina Elia, die erste Ballettänzerin des Theaters Unter den Linden tritt morgen, nach vier⸗ wöchiger, durch eine Fußverstauchung herbeigeführter Unterbrechung ihrer künstlerischen Thätigkeit zum ersten Male wieder als „Columbia“ in dem g eichnamigen Ausstattungs⸗Ballet auf. Die Vorstellung bringt ferner im „Mikado“ zum ersten Male den bereits früher angekündigten Rollentausch: Herr Steinberger tritt als Mikado auf, Herr Fröden als Koko, Herr Drucker als Nauki⸗Poo, Frau Grimm⸗Einödshöfer als Katicha, Herr Strampfer als Po⸗Pa.
8 1 8 J 8
Mannigfaltiges.
8 8 1“ ““ 8 In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde beschlossen, die Sitzungen, wie alljährlich, während der Monate Juli und August ausfallen zu lassen. Der Deutsche Verein für Knaben⸗Handarbeit wird⸗ im Anschluß an die deutsche Lehrerversammlung, seine diesjährigen Sitzungen am 25. und 26. Mai in Leipzig abhalten. Am erst⸗ .“ Tage werden Vorstand und Ausschuß im Höôtel Sedan erathen. Am 26. Mai, Vormittags 10 ½ Uhr, wird Professor Dr. Marschall im Zoologischen Institut der Universität Leipzig, Thal⸗ straße 33, einen Vortrag über „die Entwicklung der 1“ in ihrem Einfluß auf den menschlichen Geist“ halten. Um 12 Uhr folgt sodann in den Räumen des Vereinshauses für Volkswohl, Löhrstraße 7, die Hauptversammlung des Vereins, woselbst u. g. der Professor der Kunstwissenschaften an der Universität zu Königsberg Dr. Lange einen Vortrag über das Thema halten wird: „Inwieweit kann der Handferti keits⸗Unterricht zur Geschmacksbildung der deutschen Jugend beitragen?“ Nachmittags 3 Uhr folgt ein gemeinsames Mahl, Abends 8 Uhr eine Versammlung der Handfertigkeitslehrer. Auch auf der deutschen Lehrerversammlung wird bereits am Mitt⸗ woch, den 24. Mai, von früh 7 bis 8 ½ Uhr, im Saale des Vereins für Volkswohl über die gleichen Bestrebungen verhandelt werden, indem Rector Rißmann⸗Berlin über „den Ent⸗ wickelungsgang und den Stand des Handfertigkeits⸗Unterrichts in Deutschland“ und Director Dr. Götze⸗Leipzig über das Thema sprechen wird: „Wie kann der Handfertigkeits⸗Unterricht der Schule dienen?“ In den Unterrichtsräumen des Vereinshauses findet an den Versammlungstagen eine Ausstellung statt. Da der deutsche Verein nur zweijährlich öffentliche Congresse abhält, so Behörden und Private dieses Mal
Eine Belohnung von 200 ℳ ist vom Königlichen
Polizei⸗Präsidium auf die Ermittelung derjenigen Personen aus⸗ gesetzt worden, die in der Nacht zum 19. März die in der Säulen⸗ vorhalle des Alten Museums 1“ Bildsäulen von Schinkel, Winckelmann und von Knobel
Von den Standbildern Schinkel's und Winckelmann's sind die Finger der rechten Hand abgeschlagen, Bildsäule von Knobelsdorff's angebracht sind, die Spitzen der Hörner. Die Thäter haben die abgebrochenen Stücke mitgenommen.
sdorff verstümmelt hat. von den Widderköpfen, die an der
Bad Warmbrunn im Riesengebirge. Außer mancherlei neuen
Anlagen, wie einem eleganten Musikpavillon und einer neuen, dem Gebirgspanorama zugekehrten Colonnade am Kursaal hat Bad Warm⸗ brunn als besonders werthvolle Errungenschaft des Jahres 1893 die Einrichtung von Moorbädern zu verzeichnen, die zusammen mit den seit Jahrhunderten gegen Gicht, Rheumatismus ꝛc. bewährten heißen Quellen die Kranken von diesen Uebeln befreien sollen. Nicht un⸗ erhebliche finanzielle Opfer hat die Herrschaft Schaffgotsch, die alle dankenswerthen Neuerungen und Verbesserungen durch ihre umsichtige
und Ferdinand Suske besetzt. Am Sonntag Nachmittag geht zu
icht vom 5. Mai, r Morgens.
8 U
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haus. Stationen. Wetter.
Graeb.
Tetzlaff.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. M.
in ° Celsiu
5 ° C. = 40R.
Temperatur
fang 7 Uhr
Neues 121. Vorstellung.
Belmullet.. 2 bedeckt Aberdeen.. — 4 bedeckt Christiansund 3 wolkenlos Kopenhagen. 1 wolkenlos Stockholm. still bedeckt W1 2 4 bedeckt
t Petersburg l bedeckt Moskau... 2 wolkenlos
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von Emil Pohl.
geschlossen. mann.
Cork, Queens⸗ Grube. — halb bed.
8J“ Cherbourg heiter
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Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ zus. 114. Vorstellung. Sängerkrieg auf der Romantische Oper in 3 Acten von R. Wagner. Ba
In Scene gesett vom Ober⸗Regisseur Dirigent:
Theater 1 Zum 1. wirthschaftlichen Balle. Lustspiel in 1 Aufzug
Regisseur Max Grube. — Lustspiel in 1 Aufzug von Karl Nie⸗ In 8 geseßt vom Ober⸗Regisseur Max Wum 1. N Lustspiel in 1. Aufzug von Emil Pohl. In Scene Fefaßt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7
itelrolle
lage der Moor⸗ und medizinischen Bäder ermöglichen zu können.
angekauft und auf deren Boden die neuen Badeanstalten im modernen Stile erbaut. — Die reizende Lage des schmucken Badeorts, seine
unbestrittene Vorzüge, denen Warmbrunn von Alters her seinen leb⸗ haften Fremdenzufluß verdankt. Die schöne Umgebung ist durch die Bahnverbindung mit Hirschberg und Hermsdorf⸗Petersdorf in nächste Nähe gerückt. Mancher Besucher des Gebirges, der bisher seine Sommerfrische in größerer Nähe des Gebirgskammes aufgeschlagen hatte, wird jetzt das behagliche Warmbrunn vorziehen. Die Auskunfts⸗ stelle der Ortsgruppe Warmbrunn des Riesengebirgs⸗Vereins (Hof⸗ Juwelier Bergmann, an der Promenade) verschickt gegen Einsendung einer 10 J⸗Marke gratis das in neuer Auflage erschienene „Verzeichniß der Sommerwohnungen von Bad Warmbrunn“, das auch sonst alles dem Besucher Wissenswerthe über dieses Bad in gedrängter Kürze enthält.
Friedrichroda. Mit Eröffnung der Badesaison, am 15. Mai wird die Stadt, wie die „Friedr. Ztg.“ schreibt, in der neuen Entwässerungsanlage eine Einrichtung besitzen, um die sie viel⸗ fach beneidet werden dürfte. Die von Herrn Ingenieur Mairich aus Gotha geleiteten Bauten schreiten trotz des fast durchweg felsigen, stellenweise mit Meißel und Hammer zu bearbeitenden Untergrunds, schnell fort. Die Entwässerungsanlage wird nach den neuesten Er⸗ fahrungen als sogenannte „Tiefkanalisation“ ausgeführt. Das Grund⸗ wasser wird durch dieselbe dauernd gesenkt. Die sämmtlichen Abwässer werden auf dem kürzesten Wege aus der Stadt abgeleitet und nach Reinigung in einer großen Kläranlage dem Schilfwasser erst 1200 m unterhalb der Stadt wieder zugeleitet. Auch für energische Spülung der Kanäle und Rohrsiele mittelst selbstthätig wirkender Spülapparate ist gesorgt. Die Entlüftungsanlagen werden mit besonderer Sorgfalt angelegt. Die Herstellung der Hausentwässerungsanlagen wird sorg⸗ fältig überwacht und alle etwa noch bestehenden Sickergruben sollen beseitigt werden. Der Stadt erwächst aus diesen Arbeiten ein Auf⸗ wand von ca. 275 000 ℳ% Man hofft, daß die Entwässerungsanlage innerhalb der von den Badegästen am meisten besuchten Stadtviertel bis zum Beginn der Saison betriebsfähig fertiggestellt sein wird.
London, 4. Mai. Das „R. B.“ meldet aus Aden: Der am 12. April von Bombay nach Dieddah abgegangene Dampfer „Khiva“ ist verbrannt. Der Dampfer erreichte jedoch noch, bevor er vom Feuer vollständig ergriffken wurde, Ras Mirbat an der arabischen Küste zwischen Aden und Muskat und landete daselbst alle Mekkapilger, von denen er etwa 900 an Bord hatte, sowie die Mannschaft. Ein Dampfer mit Lebensmitteln für die Geretteten, welche Entbehrungen ausgesetzt sind, wurde nach Muskat abgesandt.
St. Petersburg, 4. Mai. Ein ungeheurer Eisblock, welcher unerwartet den Oberlauf der Wolga hinabtrieb, hat, wie „W. T. B.“ meldet, bei Nishny⸗Nowgorod zwei Dampfer der Dampf⸗ schiffahrts⸗Gesellschaft Ssamolet förmlich zerschnitten und einen Dampfer einer anderen Gesellschaft stark beschädigt. Die Dampfer lagen zum Auslaufen gerüstet. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Aus gleicher Veranlassung kam 25 Werst flußabwärts von Nishny⸗Nowgorod 8 der Dampfer „Kasenin“ sammt Ladung zum Sinken. Die Mannschaft wurde auch hier gerettet.
3 St. Petersburg, 5. Mai. Die Wolga ist, laut Meldung des „W. T. B.“, in Jaroslaw bei starkem Eisgang drei Meter über Normalhöhe gestiegen.
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen. 8
8
für Württemberg“ veröffentlicht die des bisherigen württembergischen Gesandten Freiherrn von Maucler in Wien und die Ernennung des bisherigen Gesandten in St. Petersburg Freiherrn von Varnbüler von und zu Hem⸗ mingen zu dessen Nachfolger.
Wien, 5. Mai. (W. T. B.) Wie die „Politische Correspondenz“ aus Budapest meldet, werden die Dele⸗ gationen am 25. Mai nach Wien einberufen; die Thron⸗
rede wird am 27. Mai verlesen werden.
und energische Verwaltung durchführen läßt, bringen müssen, um die An⸗
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
C. 25. Sonnabend:
Tannhäuser und der perette von Meilhac und Ha llet von Emil edermann.
Herr Kapellmeister Zum 3.
apellmeister Dr. Muck. An⸗ Palmay.) — Vorher: Musik von Alexander Neumann. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr.
In Scene gesetzt vom Ober⸗ Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Zum 1. Male: Ein⸗ — —
(am Schiffbauerdamm 4/5). Male: Vom land⸗
Kale: Die Schulreiterin.
burg. Anfang 7 ½ Uhr.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
11. Gastvorstellung von Ilka von almay. Die schöne Helena. 8* Act.) Komische
6vy. Deutsch von —— 8 J. Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: 8 (Helena: Ilka von ale: Stupida. perette in 1 Act von Richard Genée und F. Zell. Dirigent: (Pia: Ilka von Palmay.)
Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗
burg. Sonnabend: Neu einstudirt: Die Sirene. (La Flamboyante.) Schwank in 3 Acten von Albin Valabrogue. In Scene gesetzt von Sigmund Lauten⸗
in Chicago und Die deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs⸗Ballet Columbia. Anfang präc. 7 ½ Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Zum 36. Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theil⸗ weise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Goldlotte.
Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.
Herr
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter B Geöffnet von 12 — 11 1 8* rk (Lehrter Bahnhbof)
Mehrere, im Privatbesitz befindliche Häuser wurden zur Niederlegung
würzige “ und die Billigkeit der ganzen Lebensweise sind⸗
Stuttgart, 5. Mai. (W. T. B.) Der „Staats⸗Anzeiger
Helder. ... amburg.. winemünde
Neufahrwasser
Memel..
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wolkenlos bedeckt halb bed. halb bed. bedeckt halb bed.
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771 772 771 770 770 771 772 770 771
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wolkenlos heiter bedeckt bedeckt Regen bedeckt heiter ¹) wolkenlos heiter
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Ile d'Aix.
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1) Nachts Regen.
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4 1 4 2 2 4 5 3 1 3 1 2 4 1 2 2 3 4 ill ¹
wolkenlos heiter bedeckt
Uebersicht der Witterung. ochdruckgebiet, dessen Kern an der mittleren
norwegischen Küste liegt, überdeckt ganz West⸗Europa, charakterisirt durch schwache Luftbewegung und vor⸗ wiegend heiteres und trockenes Wetter, dessen Fort⸗
öst wahrscheinlich is. In Deutschland, wo stellenweise etwas Regen gefallen ist, dauert die
dauer funächft
kühle Witterung allenthalben die Erwärmung, die in den we
gebieten sich z i
Gegenden
eigt,
über
ort, indessen dürfte „westeuropäischen Küsten⸗ ostwärts auch
unsere
ausbreiten. Die Temperatur liegt an der deutschen Küste 1 bis 6, im Binnenlande 2 bis 8 Grad unter dem Mittelwerthe.
Deutsche S
Sonntag: Opernhaus. 115. Vorstellung. Die Afrikanerin. Oper in 5 Acten von G. Meyer⸗ beer. Text von E. Scribe, deutsch von F. Gumbert. Ballet en Paul Taglioni. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.
Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). 122. Vorstellung. Vasantasena. Drama in⸗ Pöh zügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. n Scene geseßt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Sonnabend:
glückliche Tage. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der Talisman. Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Der Freund des Fürsten. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Hamlet. (Ludw. Parnah Abends 7 ½ Uhr: Der Freund des F 2 8 Montag: Viel Lärm um Nichts.
Zwei
8
Sonnabend:
Lessing-Theater. Falsche Heilige. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Brave Leut’' vom Grund.
Montag: Sodoms Ende.
Sonntag und Montag: Dieselbe Vorstellung.
Kroll's Theater. Sonnabend: Gastspiel der
rau Moran⸗Olden. Die Hopcha tt des Figaro. Gräfin: Frau Moran⸗Olden.) Anfang 7 ½ Uhr.
Bei günstiger Witterung: Vor, während und nach der Vorstellung Großes Concert im Sommer⸗ Garten. Anfang 5 ½ Uhr.
Sonntag: Zum letzten Male: Cavalleria rusticana. Oper in 1 Act von Pietro Mascagni. (Santuzza: Gemma Bellincioni; Turiddu: Roberto Stagno; Alfio: Demeter Popovici, als Gäste.)
Victoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. Großes Fhsstertnang eg mit Ballet in 5 Acten (15 Bil⸗ dern) von A. d'Ennery und Jules Verne. Ballet arrangirt vom Balletmeister C. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr. Penntes; Die Neise um die Welt in achtzig
agen.
Nachmittags 4 Uhr bei günstiger Witterung: Concert im Garten. Entrée 50 ₰. 8
Theater Unter den Linden. Sonnabend: Zum 9. Male (vollständig neu inscenirt): Der Mikado. Burleske Operette von V. S. Gilbert. Musik von Arthur Sullivan. — Hierauf: Wieder⸗ auftreten der Prima Bellerina Signorina Carolina
Elisa. Zum 42. Male: Die Welt⸗Ausstellung
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Fredeke von Alvensleben mit Hrn.
Lieut. Alexander von Schickfus und Neudorff (Erx⸗
Pbehh. as Asfaß 88 do iecttsch 8,8 Hrn. egierungs⸗Assessor Rudo nge sdam —
Mänster i. W.). 1 v
Verehelicht: Hr. Prediger Paulus Schmidt mit Frl. Martha Nuglisch (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pastor L. Clasen (Eichenbarleben). — Hrn. Major Frhrn. von Czettritz und Neuhauß (Altona). — Hrn. Haupt⸗ mann Kurt von Lindenau (Flensburg). — Hrn. Amtsrichter Zweig (Berlin). — Eine Tochter: Frn Hauptmann von Bülow (Marburg). — Hrn.
ieut. Coupette (Allenstein).
Gestorben: Hr. Per Forstnfister a. D. Wil⸗ helm von Reiche (Straßburg i. E.).
Redacteur: J. V.: Siemenroth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32198-
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Deutscher Reichstag. 89. Sitzung vom Donnerstag, 4. Mai, 1 Uhr.
Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die
Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres wird
fortgesetzt.
Ueber den Anfang der Rede des Abg. Richter, der zu⸗ nächst das Wort hatte, ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Wir fahren nachstehend in der Berichterstattung über diese Rede fort.
Abg. Richter (dfr.): Man hat ja 75 % mehr taugliche Mann⸗ schaften vorgefunden als 1890/91, und man könnte somit nicht bloß um 80 000, sondern um 240 000 Mann die Jahrespräsenz erhöhen. Die Vorlage nimmt eben nur 25 % mehr an. Ich finde, die Musterungsbehörden haben für den Zweck dieser Vorlage zu gut gearbeitet. Die Rede des Reichskanzlers enthält allerdings keine einzige Zahl, den Rechenstift hat sie verschmäht, darum aber paßte sie auf alle Militärvorlagen. Mit denselben allgemeinen Redewendungen haben der frühere Reichskanzler und Vorgänger des Kriegs⸗Ministers die Erhöhung um 30⸗, 40⸗, 50 000 Mann, auch das Septennat gerechtfertigt. Mit dem Hinweis auf die Ehre, das Dasein und die Fukunft des Landes könnte man auch die Verdoppelung und Ver⸗ dreifachung der Präsenz rechtfertigen. Nach den Worten des Reichs⸗ kanzlers könnte man fast glauben, als wenn wir für Culturaufgaben Geldmittel in Hülle und Fülle hätten, während es doch Thatsache ist, daß z. B. in Preußen die geringsten Reformen im Eisenbahn⸗ wesen nicht ausgeführt werden, weil die Militärlasten alle Mittel absorbiren. Es sind z. B. in Preußen zweiundzwanzig Bau⸗ gewerksschulen nothwendig, aber nur elf vorhanden. Jährlich müssen 16 000 Schüler zurückgewiesen werden, weil der preußische Staat nicht die geringen Mittel auffinden kann, um elf neue Schulen ins Leben zu rufen. Ferner hat der Ressort⸗Minister ver⸗ fügt, die Zuschüsse für das Fortbildungsschulwesen in Preußen in diesem Jahre um 10 % einzuschränken, weil die erforderlichen 44 000 ℳ im preußischen Staatshaushalt nicht vorhanden sind. Nicht einmal eine halbe Million kann man finden, um dem Richtermangel abzuhelfen. Die Wehrkraft eines Landes beruht nicht bloß auf dem Ptsa des Rechenexempels von ausgebildeten Soldaten für den Kriegsfall, — sie beruht auf dem Product der gesammten materiellen und ideellen Kräfte eines Volks. Der Abg. Freiherr von Huene deutete an, als ob die Patrioten bisher sich nur gegen den Feind mit dem Stock vertheidigen konnten und als ob erst durch diese Vorlage ihnen das Gewehr in die Hand gedrückt würde. Kann eine Uebertreibung excentrischer sein? Was nützt dem Patrioten das Gewehr, wenn er nichts zu essen hat und keine Kleider und Schuhe, um zu marschiren? Eine Behauptung ist so excentrisch wie die andere. Ohne eine gewisse Schonung der Volkskräfte können wir in einem zukünftigen Kriege nicht das leisten, was nothwendig ist. Der Reichskanzler hat dann eine besondere Einlage gemacht in Bezug auf die freisinnige Partei. Er hat angedeutet, daß wir gewisser⸗ maßen durch unseren Widerstand das Programm in Bezug auf die zwei⸗ jährige Dienstzeit verleugnen. Als der Feldmarschall Moltke einmal sagte, es sei ja gleichgültig, ob nach unserer Ansicht drei Mann zwei Jahre im Frieden dienten oder nach seiner Ansicht zwei Mann drei Jahre, erwiderte ich: in beiden Fällen sind es sechs Jahre, aber diese sechs Jahre, vertheilt auf drei Mann auf zwei Jahre, sind eine Schonung gegenüber der Einstellung von zwei Mann auf drei Jahre. Diesem Standpunkt entspricht unsere jetzige Haltung. Darum, weil wir die bisherige Präsenzstärke vertheilt auf eine größere Zahl von Mannschaften bei kürzerer Dienstzeit für einen Vorzug erachten, sind wir bereit, die Mehrkosten zur Durchführung der zweijährigen Dienstzeit zu bewilligen. Wir haben die zweijährige Dienstzeit nicht um einer militärischen Theorie willen verlangt, sondern im Interesse der Entlastung des Volks. In der Gestalt, wie „sie sich jetzt repräsentirt, führt sie zu einer Belastung des Volks. Für jedes Jahr, das erlassen wird, werden zwei Jahre dem Kasernenleben hinzugefügt. Die Belastung des Volks ist auch nach dem Antrage Huene doppelt so stark wie die Entlastung, die in dem Erwerbsleben eintritt durch Einführung der zweijährigen Dienstzeit. Wollten wir diese Belastung acceptiren, so würden wir geradezu unseren früheren Standpunkt vor dem Volke discreditiren. Wir würden die Empfindung hervorrufen: Man hat unter dem Namen der Entlastung Jahr aus Jahr ein etwas begehrt, was sich jetzt in Wirklichkeit als eine größere Belastung her⸗ ausstellt! Unser Antrag will ermöglichen, unter Innehaltung der Präsenzstärke die Zahl der Unteroffiziere und Capitulanten um etwa 8000 Mann zu erhöhen und die Rekrutenaushebung um etwa 25 000. Mann zu verstärken. Dazu sind wir bereit, die Ersatzreserve in ihrer bisherigen Einrichtung zu erhalten. Man sagt, das sei nicht möglich. Nun, der General von Verdy hat seiner Zeit in der Commission erklärt, bei Durchführung seiner Pläne würde noch für längere Zeit die Ersatzreserve in der bisherigen Einrichtung aufrecht erhalten werden können. Warum soll es nun auf einmal so völlig werthlos sein, 5 Monate die Mannschaften, die zum Ersatz bestimmt sind, auszubilden, während doch in Frankreich mehr als ein Viertel des Jahrescontingents überhaupt nur 10 Monate ausgebildet wird, und während man in Rußland die zwei⸗ oder dreifache Zahl unserer Ersatzreserve in 9 Monaten ausbildet? Der Abg. Freiherr von Huene wandelt die 17 500 Mann, die bisher in der Ersatzreserve ausgebildet wurden, in Mannschaften um, die künftig zwei Jahre zu dienen haben. Zieht man diese Zahl von der Zahl der Rekruten ab, so bleiben 36 000 Mann übrig, die nach seinem Antrage neu aus⸗ zubilden sind. Die Zahl der Mannschaften, welche in der zweijährigen Dienstzeit neu auszubilden sind, stellt sich nach unserem Antrage auf 25 000 Mann gegenüber 36 000. nach dem Antrag Huene. Dieses Plus von 11 000 Mann reicht aber auch nicht aus, um das Heer um einen einzigen Jahr⸗ gang zu verjüngen. Einen Unterschied von 11 000 Mann mehr pro Jahr auszubilden bedeutet für die Kriegsstärke 198 000 Mann in 24 kriegsdienstpflichtigen Jahrgängen. Auf der Grundlage unseres Antrags kann jetzt schon ein Kriegsheer von 4 Millionen in Deutschland aufgestellt werden. Es ist ja in der Commission fest⸗ gestellt worden, daß diese ganze Vorlage garnicht bezweckt, die Kriegs⸗ armee als solche zu verstärken⸗ Es mußte zugegeben werden, vaß alle die Geschütze und Waffen, alles Trainmaterial, das erforderli ist auf Grund dieser Vorlage, schon jetzt vorhanden ist, weil alle Kriegsformationen, die bei dieser Vorlage nöthig sind, auch schon jetzt bei der Mobilmachung vorhanden sind. Es handelt sich nicht um eine Vermehrung der Kriegsarmee, sondern um eine Er⸗ höhung der Kriegsbereitschaft; darum, für dieselbe Kriegsarmee im Frieden eine höhere Präsenzziffer einzustellen. Ich weiß nicht, ob die russische Präsenzstärke von angeblich 900 000 Mann auf dem Papier steht oder nicht, aber was bedeutet das bei einem Lande, das 9 ½ mal so groß ist wie Deutschland, und bei einem Eisenbahnnetz, welches 13 ½ mal hinter Deutschland zurücksteht? Die französische Friedens⸗ präsenzstärke wurde 1874 bereits von der Regierung auf 454 000 Mann angegeben, im neuesten französischen Budget für 1893 ist sie auf 502 000, nach dem Referenten auf 496 000 ℳ angegeben. Wir hatten 1874 402 000, heute haben wir 486 000. Mann. Wir haben also seitdem die Präsenzstärke um 85 000 Mann erhöht, die F 3 000. Wie kann man de ber b
Berlin, Freitag, den 5. Mai
haupten, daß sich die Kriegsbereitschaft zu unseren Ungunsten verschoben hat? Der Kriegs⸗Minister von Verdy hat noch 1890 anerkannt, daß wir jeden Krieg mit Frankreich ehrenvoll bestehen können, und daß der Kampf gegen Rußland in gegenseitigem Hinundher sich ver⸗ bluten würde, wenn wir keine Bundesgenossen hätten. Seit 1890 ist nichts hinzugekommen, dieses Verhältni zu verschieben. Nun sagt der Reichskanzler, jede Einführung der zweijährigen Dienstzeit ohne Er⸗ höhung der Friedenspräsenzstärke sei ein Uebergang zum Millizsystem. Dasselbe hat man auch schon vom Triennat an Stelle des Septennats gesagt. Was ist überhaupt Milizsystem? Das ist ein eben solches Schlag⸗ wort wie Militarismus. Jeder kann sich darunter denken, was er will. Man führt gegen die zweijährige Dienstzeit an, daß sich dabei die Zahl der älteren Leute nicht vermehre. Es ist wahr; mit der Ein⸗ führung der zweijährigen Dienstzeit verliert jedes Bataillon aus dem dritten Jahrgang 76 alte Leute. Wir sind aber bereit, eine Zahl von Unteroffizieren und Capitulanten mehr zu bewilligen, sodaß der Ausfall edeckt wird. Wir haben nun in der Commission erfahren, daß gegenwärtig an der Zahl der etatsmäßigen älteren Leute ein Mangel vorhanden ist infolge der Ab⸗ commandirung zu Zwecken, die mit der militärischen Aus⸗ bildung sehr wenig zu thun haben. In jedem Bataillon werden durchschnittlich 24 alte Leute, Unteroffiziere und Gemeine, abcommandirt zu Diensten als Schreiber, Burschen u. s. w. Wir haben uns bereit erklärt, die Oekonomiearbeiter durch Civilarbeiter zu ersetzen und die Mehrkosten in Consequenz der Durchführung der zweijährigen Dienstzeit weit über die Vorlage hinaus auf uns zu nehmen. Es wäre auf diesem Wege möglich, die Zahl der alten Leute, die wirklich für den Frontdienst verfügbar sind, den Truppentheilen zu erhalten. Der Abg. Freiherr von Huene hat sich meine Mahnung zu Herzen genommen und bei der Regierung durch⸗ gesetzt, daß eine Verminderung im Präsenzstande der Oekonomie⸗ handwerker um 2300 Mann eintrete. Warum sollte man nicht in größerem Umfange die Oekonomiehandwerker durch Civilisten ersetzen können? Dieser Forderung wird man überall im Lande zustimmen, weil man überall wahrnimmt, wie Soldaten zu Diensten verwendet werden, die mit dem Soldatendienst nichts zu thun haben und zum theil der Uniform kaum würdig sind. Wenn es durch Ein⸗ schränken in dieser Richtung möglich wäre, zur Annäherung an die Regierung zu kommen, wird man das überall im Volk als gerechtfertigt anerkennen. Der Reichskanzler hat sich auf hervorragende volkswirthschaftliche Gelehrte berufen, welche ihn in Bezug auf die finanzielle Seite dieser Frage beruhigt haben. In der That scheint er neben den Offizieren auch Professoren unter seine Officiösen aufgenommen zu haben. Selbst von dieser Seite bestreitet man nicht, daß die Militärlasten in Oesterreich und Italien erheblich geringer sind als bei uns. Ueber Rußland schweigt man sich aus, dort beträgt die Militärlast auf den Kopf der Bevölkerung noch nicht die Hälfte der unserigen. Wir wenden schon jetzt mehrere Dutzend von Millionen mehr für die Armee auf als die Franzosen. Die Ausgaben für die Marine sind dort Fetsstehe in Anbetracht der größeren Auf⸗ gaben größer. Sollen denn überhaupt die französischen Verhältnisse für uns maßgebend sein? In Deutschland werden jährlich doppelt soviel Kinder geboren als in Frankreich. Der Bevölkerungszuwachs ist seit 1886 um sechs Millionen gestiegen. Für diesen Ueberschuß von sechs Millionen hat man in Deutschland sparen müssen. Von dem Jahresverdienst ging der Betrag für die Ausstattung des Bevölkerungszuwachses ab, und sollte auch nur der bisherige Cultur⸗ stand festgehalten werden, so müßte durch Ersparnisse an dieser Ausstattung soviel gewonnen werden, um die Erwerbs⸗ und Verbrauchskapitalien auf der bisherigen Höhe zu erhalten. Frankreich brauchte diese Er⸗ sparnisse nicht zu machen. Sollen wir auf den Bevölkerungszuwachs verzichten? Er ist doch die einfachste und natürlichste und sicherste Grundlage auch für die Wehrkraft des Landes. Wir geben für die Armee jetzt mehr aus als England für Armee und Flotte zusammen, trotzdem es ein coloniales Weltreich zu schützen hat. Ich will das englische Werbesystem nicht empfehlen, aber die allgemeine Dienst⸗ pflicht legt dem Volk weit mehr persönliche Opfer auf. Die volkswirthschaftlichen Autoritäten des Reichskanzlers berücksichtigen in ihrer Zahlenwuth solche kleinen Nebenumstände nicht. Durch den Hinweis auf das Ausland wird man im Volk, welches den Druck dieser Lasten fühlt, wenig Eindruck hervorbringen. Die Verhandlungen in der Commission sind insbesondere nach der finanziellen Seite hin sehr eingehend gewesen. Die finanziellen Verhältnisse haben sich seitdem noch erheblich ungünstiger herausgestellt. Reichshaushalts⸗Etat ist größer, als man vorher glaubte. Allerdings hat man durch den Nachtrags⸗Etat eine Anzahl von Millionen durch Erhöhung der Matrikularbeiträge abgewälzt, was wiederum das preußische Deficit erhöht. Im Reich ist man für das nächste Etatsjahr um 20 Millionen schlechter gestellt als in diesem. In den nächsten vier Jahren wird die Verschlechterung der Finanzverhältnisse weitere 24 Mil⸗ lionen betragen. Durch die Militärpensionsnovelle wird das Reich noch weiter belastet. Der Chef der Admiralität überraschte im Winter die Budgetcommission durch die Ankündigung, daß die Ab⸗ sicht bestehe, in den nächsten Jahren alle zwei Jahre den Bau eines neuen Schiffes in Angriff zu nehmen; der Bau von fünf Panzer⸗ schiffen würde im ganzen 100 Millionen erfordern. Der Reichs⸗ kanzler hat dies zwar als noch nicht feststehend bezeichnet, ist aber hier für den Bau des ersten Panzerschiffes eingetreten. Wenn auch dieser Bau abgelehnt ist, glauben Sie damit die Sache erledigt? In diesem Jahre hat man allerdings darauf verzichtet, mit der Reichstagsmajorität gleichzeitig in einen Kampf zu Lande und zu Wasser einzutreten. Aber wenn erst dieser Kampf zu Lande mit der Militärvorlage durchgeführt ist, werden unzweifelhaft neue Forde⸗ rungen für die Marine in um so größerem Maße hervortreten. Die Durchführung des Antrages Huene erfordert 55 Millionen Mehr⸗ ausgaben. Dazu kommen die Mehrausgaben für erhöhte Pensionen, die Anleihe zur Deckung des Extraordinariums und die Anleihe für neue Kasernenbauten. Die 106 Millionen für neue Kasernenbauten nach der Regierungsvorlage werden durch den Antrag Huene nur wenig vermindert. Im übrigen sind noch 37 000 000 zur Kaser⸗ nirung der schon jetzt vorhandenen noch nicht kasernirten Truppen erforderlich. Wo soll das hinaus? Angesichts solcher Ver⸗ hältnisse hat der Reichskanzler gestern so cavalidrement die Deckungsfrage behandelt; und das geschah, trotzdem die Steuervorlagen der Regierung im gegenwärtigen Reichstag nicht auf Annahme rechnen dürfen. Der Reichskanzler ist zufrieden auch mit andern Steuern. Der Abg. Freiherr von Huene hat in leichten Ümrissen eine anderweitige Deckung angedeutet, aber auch sein Finanz⸗ programm war nicht ausreichend für einen zukünftigen Reichs⸗ Schatzsecretair. Er sprach von Luxussteuern. Der Luxus ist in Deutschland so wenig verbreitet, daß mit der Luxussteuer nur geringe Summen aufgebracht werden könnten. Mit der Tabacksteuer hat Abg. Freiherr von Huene die Interessenten aufs neue beunruhigt. Er hat nichts gegen eine Steigerung der Matrikularbeiträge und dem⸗ entsprechende Erhöhungen der Einkommensteuer. Die Finanz⸗Minister der einzelnen Staaten verwahren sich mehr als je gegen eine weitere Steigerung der Matrikularbeiträge. Erst in diesem Jahre sind dieselben um 36 000 000 ℳ gesteigert, während die Finanzverhältnisse in Preußen niemals ungünstiger waren. In Preußen schließt das Jahr 1891/92 mit einem Deficit von 45 Millionen ab, 1892/93 jedenfalls nicht mit einem geringeren Deficit, und für das jetzt begonnene Jahr 1893/94 ist das Deficit im Etat auf
weit größerer
Das Defieit im⸗
58 Millionen veranschlagt. Eine solche Schnur von Deficits ist seit
Menschengedenken im preußischen Haushalt nicht dagewesen. Und
dabei haben wir, zum Beispiel auf dem Gebiet des gewerblichen Unterrichtswesens, eine Finanzwirthschaft, wie sie knapper gar nicht gedacht werden kann. In Preußen ist soeben die Einkommensteuer um 40 Millionen erhöht. Wie das wirkt,
zeigt sich schon in diesem Jahre. Obgleich die Kunstfertigkeit der Veranlagungsbehörden mit dem zweiten Jahre sich erheblich ver⸗ bessert hat, ist ein Rückgang in dem Ertrage der Einkommensteuer um 2 ½ Millionen vorhanden. Dazu kommt demnächst noch die Ver⸗ mögenssteuer. Allerdings sollen dafür die Realsteuern den Ge⸗ meinden überwiesen werden. Ist etwa der Abg. Freiherr von Huene bereit, diese Ueberweisung zu suspendiren im Interesse der Deckung der Militärvorlage, oder ist er bereit, das Kapitalgeschenk an die Inhaber von Gutsbezirken, welches sich durch den Erlaß der Grundsteuer vorbereitet, zu Ehren der Militärvorlage rückgängig zu
machen? Im Gegentheil! Er hat den 5 Theil seiner parlamentarischen Kräfte aufgewendet, um diese Steuerreform unter das Dach zu bringen. Ich wünschte, daß die Deckungsfrage in dieser Vorlage Helbst erledigt würde, und daß man es nicht der Zukunft über⸗ ließe, woher die Deckung kommt. Die persönlichen Lasten der Vor⸗ lage tragen hauptsächlich die minder Wohlhabenden, nicht die Fa⸗ milien, deren Söhne einjährig⸗freiwillig dienen. Nichts wäre gerecht⸗
fertigter, als die Kosten der Regierungsvorlage den Klassen aufzu⸗
erlegen, die persönlich dadurch nicht getroffen werden. Nehmen wir
an, die Einkommen von 10 000 ℳ an aufwärts wären zur Deckung des Antrags Huene heranzuziehen, so würde die Einkommensteuer in Preußen um 60 % zu erhöhen sein. Die größten Bewunderer der Militärvorlage befinden sich gerade unter den Wohlhabenden. In
einer Versammlung im Gürzenich in Köln haben sich Bankdirectoren und Commerzien⸗Räthe nicht genugthun können in der Begeisterung für die Militärvorlage; wenn man diesen Leuten die Perspective vorgehalten hätte: 60 % Erhöhung der Einkommensteuer, die Begeisterung würde eine erhebliche Abkühlung erfahren haben. Daß der Reichskanzler die conservative Partei gelobt hat, gönnen wir ihr nach so viel Tadel. Die Herren haben sich ja durch rollende Beifallssalven dankbar gezeigt, und zwar an den⸗ jenigen Stellen, die, als sie der Reichskanzler in zwei früheren Reden so ziemlich wörtlich vortrug, von ihnen mit der größten Kälte und Schweigsamkeit aufgenommen wurden. Worin besteht denn das Verdienst der Conservativen? Sie wollten auch eine Ver⸗ mehrung des Heeres, aber dazu die Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit. Sie wollten dem Volke noch größere Lasten auferlegen, als die Regierung beabsichtigte. Die Haltung der Conservativen war ein Ueberbieten der Regierung. Jetzt wollen sich die Conservativen
mit der Regierungsvorlage zufrieden geben. Ich würde das Ver⸗ halten der Conservativen anerkennen, wenn sie bereitwilliger wären,
einen Theil der Lasten den Klassen aufzuerlegen, die i⸗ vorzugsweise ver⸗ treten, nämlich den Großgrundbesitzern in den östlichen Provinzen. Als Sie (rechts) sich Ihre Privilegien auf Kosten der Allgemeinheit kürzen lassen sollten, als es sich darum handelte, die Liebesgabe
für die Brenner auch nur um ein Viertel zu kürzen, wo war da Ihr Patriotismus und Ihre Opferwilligkeit? Da thaten Sie Alles hinter den Coulissen, um sich die Privilegien zu erhalten. Wenn Sie so
groß in Ihrem Patriotismus sind, überlegen Sie doch einmal, ob
Sie die vierzig Millionen Liebesgabe nicht opfern wollen, wenn es sich Ihrer Meinung nach um die Ehre, das Dasein und die Zukunft Deutsch⸗ lands handelt! Machen Sie den Anfang, legen Sie dieses Privilegium
auf den Altar des Vaterlandes nieder, dann werden wir vielleicht bereit sein, etwas weiter entgegenzukommen. Gerade jetzt, wo das Volk mehr belastet werden soll, wird von Ihnen (rechts) ein Bund zur Ver⸗
theuerung der Lebensmittel gestiftet. Der Reichskanzler sprach von dem Verkehrsleben; man werde nach Bewilligung der Vorlage nicht mehr nach dem politischen Wetterglase zu sehen brauchen. Wer im Verkehrsleben steht, den tröstet nicht die schneidige Offensive und die
schnelle Beendigung des Krieges, den beunruhigt jede Störung, schon die Möglichkeit eines Krieges. Man wird auch nach Annahme der Vorlage das politische Wetter beobachten müssen. Vor der S Beunruhigung in Friedenszeiten, vor der fortgesetzten Aufwerfung neuer Steuerfragen u. s. w. müßte das Erwerbsleben geschützt
werden; solche Beunruhigungen erschüttern die Unternehmungs⸗ lust und das Vertrauen der Einzelnen. Die Unzufrieden⸗ heit ist nicht gegründet auf den Pessimismus, sondern darauf,
daß die Illusionen, welche man mit der Begründung des Deutschen Reichs verband, zerstört worden sind, daß das Reich sich immer mehr präsentirt in der Form der Vermehrung der Steuern und Soldaten. Der Eindruck, den die Ablehnung der Vorlage im Auslande machen würde, geht uns wohl nichts an. Wir sollten mehr darauf sehen, welchen Eindruck die Sache im Inlande macht. Der große Un⸗ bekannte ist wieder aufgetaucht. Es ist allerdings sehr bequem, sich an der Macht Deutschlands von außen zu erfreuen, wenn man zu den La ten desselben nichts beizutragen braucht. Das Ansehen des Deutschen Reichs⸗ tags würde bei den Wählern nicht erhöht werden, wenn der Antrag
Huene zur Annahme gelangte. Bei der ersten Lesung stand der Abg. Freiherr von Stumm allein mit einem kleinen Häuflein seiner
Parteigenossen. Seitdem hat sich nichts geändert, die finanzielle Lage hat sich höchstens verschlechtert. Noch im Herbst wurde der Antrag Bennigsen für unannehmbar erklärt von einer großen Mehrheit, und
jetzt soll der Antrag Huene annehmbar sein? Das wird man sich im Volke nicht erklären können aus der Sache; da wird man andere
Dinge dahinter vermuthen. Der Abg. Freiherr von Huene selbst
erklärte, daß er nie geglaubt hätte, so weit in seinen Bewilligungen zu
kommen. Er hat vor dem Conflict gewarnt. Was heißt denn das? Wenn der Reichstag von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch macht, so
hat eine Maßnahme zu unterbleiben, die man beabsichtigt hat. Wenn
man da vom Conflict spricht, so kann das nur bedeuten, daß Macht
vor Recht gehen soll, daß die Revolution von oben eingeführt wird.
Ein Reichstag, der sich durch solche Drohungen einschüchtern läßt,
der auf sein Recht verzichtet, wäre nicht werth, dieses Recht jemals befessen zu haben. Meine Freunde haben die Ueberzeugung, daß sie niemals patriotischer gehandelt haben als gerade in diesem Augenblick,
wenn sie den Antrag Huene ablehnen und sich damit die Aufgabe stellen, die militärischen Interessen zu vereinbaren mit der noth⸗
wendigen Schonung der Volkskraft.
Reichskanzler Graf von Caprivi:
Der Herr Abg. Richter hat das wiederholt, was er schon bei anderen Gelegenheiten gesagt hat (sehr richtig! rechts), ausgenommen den letzten Theil seiner Rede. Ich verzichte darauf, ihm eingehend zu antworten. Monatelang haben wir dieselben Sachen gehört und ge⸗ lesen. (Sehr richtig! rechts.)
Ich habe mich gestern schon dahin ausgesprochen, daß ich die Sache zu ernst auffasse, um an kleine Gründe und dialektische Künste noch Hoffnung auf Erfolg knüpfen zu wollen. (Bravo! rechts.) Wenn die Sache nicht durch sich selbst, durch ihr Gewicht, ihren Ernst durch⸗ geht, — durch Ueberredung werden wir keinen Menschen mehr ge⸗ winnen.
Der Herr Abgeordnete sagt: Gott beschütze die Regierung vor ihren Freunden, und nennt als den Mann, vor dem wir geschützt