1893 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Beahnhofe besichtigten Allerhöchstdieselben das Denkmal für den 15 Friedrich Carl vor dem Blockhause. Seiner Majestät wurden dabei von der dichtgedrängten Bevölkerung enthusiastische Kundgebungen dargebracht. Um 5 Uhr reisten Seine Majestät der Kaiser nach Muskau ab, wo die Ankunft um 6 Uhr 10 Minuten er⸗ folgte. Auf dem festlich decorirten Bahnhof daselbst wurden Seine Majestät von dem Grafen Hermann von Arnim und dem Grafen von Bismarck⸗Bohlen empfangen. Auf der Fahrt nach dem Schlosse wurden Allerhöchstdieselben von den am Wege Spalier bildenden Vereinen sowie von der zahlreich 1“ Bevölkerung mit begeisterten Hurrahrufen egrüßt.

Der Bundesrath ertheilte in der am Mittwoch unter dem Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen über das Gnadenquartal, dem Gesetzentwurf, betreffend einige

Abänderungen und Ergänzungen der Militär⸗Pensionsgesetze vom 27. Juni 1871 und vom 4. April 1874, und dem Gesetz⸗ entwurf, betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher, letzteren beiden Entwürfen mit den dazu vom Reichs⸗ tag gefaßten Beschlüssen, die Zustimmung. enehmigt wur⸗ den ferner der Entwurf einer Vereinbarung erleichternder

Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs rücksichtlich der bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenstände und der Antrag des Reichskanzlers, betreffend die auf den Eisenbahnen Deutschlands noch vorhandenen Abweichungen von dem Normalprofil des lichten Raumes. Einem gemein⸗ nützigen Bauverein wurde auf seinen Antrag das Recht zur Ausgabe von Actien zu einem geringeren als dem gesetzlichen Mindestbetrag zugestanden. Endlich wurde über mehrere Ein⸗ gaben in Zoll⸗ und Steuerangelegenheiten Beschluß gefaßt. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab der Vorsitzende namens der Versammlung dem tiefen Gefühl der Trauer über das am 12. Mai erfolgte Ableben Seiner Durchlaucht des Fürsten Georg Victor zu Waldeck und Pyrmont Ausdruck.

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Für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schlusse des Monats April 1893 sind im Deutschen Reich von Ein⸗ nahmen (einschließlich der creditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern sowie von anderen Einnahmen zur Anschreibung gelangt:

Zölle 23 606 802 (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres 8 356 915 ℳ), Tabacksteuer 603 051 (+ 54 282 ℳ), uckermaterialsteuer 1 468 320 (+. 5 975 828 ℳ), Zuckersteuer 5 592 156 (+ 1 759 675 ℳ), Salzsteuer 2 871 118 (+ 215 048 ℳ), Maischbottich⸗ und Brannt⸗ weinmaterialsteuer 685 412 (— 30 596 ℳ), Ver⸗ brauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 9 772 351 (+ 1 391 736 ℳ), Brausteuer 2 562 725 + 119 290 ℳ), Uebergangsabgabe von Bier 264 721 8 4343 ℳ); Summe 44 490 016 (+ 1 132 691 ℳ). Spielkartenstempel 85 578 (— 858 ℳ), Wechsel⸗ stempelsteuer 677 055 (+ 6537 ℳ), Stempelsteuer für: a. Werthpapiere 306 594 (+ 46 734 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte 852 335 + 25 540 ℳ), c. Loose zu: Privatlotterien 94 385 8. 18 826 ℳ), Staatslotterien 317 600 (— 306 385 ℳ).

Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme ab⸗ züglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende April 1893: Zölle 21 266 523 (— 5 825 530 ℳ), Tabacksteuer 662 311 (— 25 601 ℳ), Zuckermaterialsteuer 1 462 304 (s— 15 823 146 ℳ), Zuckersteuer 6 505 308 8 478 222 ℳ), Salzsteuer 3 487 363 (+ 32 782 ℳ), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 1 584 0659 (+ 39 833 ℳ), Ver⸗ brauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 9 647 610 (+ 620 216 ℳ), Brausteuer und Uebergangs⸗ abgabe von Bier 2 404 558 (+ 105 209 ℳ); Summe 44 095 438 (— 19 398 015 ℳ). Spielkartenstempel 109 582 (— 1899 ℳ)

Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, General⸗Lieutenant und Commandeur der 29. Di⸗ vision, ist gestern Abend nach Freiburg zurückgekehrt.

Der Vice⸗Admiral Koester, Director des Marine⸗ Departements des Reichs⸗Marineamts, hat sich auf einige Tage mit Urlaub nach Dresden begeben.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergischer Ministerial⸗Rath von Fischer, Großherzoglich mecklenburgischer Ober⸗Zolldirector Oldenburg und Senator der freien von Berlin wieder abgereist.

Wiesbaden, 18. Mai. Seine Majestät der König von Dänemark und Seine Hoheit der Herzog Johann zu Schleswig⸗Holstein⸗Sonderburg⸗Glücksburg sind zum Kurgebrauch hier eingetroffen.

8 Württemberg. 1

In der gestrigen Sitzung der Kammer der Abgeord⸗ neten standdie gestern erwähnte Interpellation überdie durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse für die Landwirth⸗ schaft und besonders die Viehzucht entstandene Nothlage zur Verhandlung. Nach der Begründung der Inter⸗ pellation durch den Freiherrn von Gültlingen gaben, wie der „St.⸗A. f. W.“ berichtet, die Staats⸗Minister der Finanzen und des Innern Erklärungen ab, wonach den Fincheheden eine reichlichere Ablassung von Streu und Gras aus den Staats⸗ und Corporationswaldungen aufgegeben ist. In der Debatte wurden noch von den Rednern verschiedene Wünsche und Vorschläge im einzelnen vorgebracht, und zum Schluß sprach Freiherr von Gültlingen den Dank des Hauses gegen die Feg. rung und die Anerkennung für ihr rasches Eingreifen aus. Der Bericht der volkswirthschaftlichen Commission der Kammer über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Beschaffung von Geldmitteln für den Eisenbahn⸗ bau, sowie für außerordentliche Bedürfnisse der Verkehrs⸗

und Hansestadt Lübeck Dr. Klügmann sind

anstaltenverwaltung in der Finanzperiode 1893/95 (Bericht⸗ erstatter: von Leibbrand) ist im Druck erschienen. lauten durchweg auf Genehmigung.

1“

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie ein Telegramm des „Wolff'schen Bureaus“ aus Karlsruhe meldet, von seinem Unwohlsein wiederhergestellt, nahm gestern die Vorträge entgegen und wohnte der zur Feier des vierzigjährigen Bestehens des Hoftheaters veranstalteten Festvorstellung bei. b

Die „Karlsruher Zeitung“ giebt die Ansprache, die Seine Königliche Hoheit der Großherzog bei dem Militär⸗ vereinsfeste in Heidelberg am 14. d. M. (vgl. Nr. 114 und 117 d. Bl.) gehalten hat, und über die in mehreren Blättern ungenaue Berichte veröffentlicht wurden, in nach⸗ stehender authentischen Fassung wieder: 18

Da ich zuletzt rede, wird mir die werthe Pflicht zu theil, für vieles zu danken. Zunächst danke ich dem Herrn Ober⸗Bürgermeister für das, was er mir persönlich an freundlicher Gesinnung gewidmet, und für den reichen Inhalt und so schönen Gedankenausdruck seiner Rede; ich danke ihm von ganzem Herzen. Ebenso dankbar bin ich dem Herrn Verbands⸗Präsidenten für dessen erhebende Worte, sowie für den werthen Ausspruch anerkennender Gesinnungen, welche der Großherzogin gelten, in deren Namen ich wärmstens danke. 8

Ganz besonderen Dank zolle ich dem hiesigen Militärverein dafür, daß er mir Gelegenheit gab, dieser Feier anzuwohnen. Bedeutet sie doch einen Zeitabschnitt von 20 Jahren und damit den Hinweis auf die wichtigste Periode der Entwickelungsgeschichte Deutschlands uns Allen werth, besonders aber denen, die dabei fürs Vaterland mit⸗ gekämpft haben.

Erwarten Sie daher nicht von mir, daß ich über die Gegenwart, über die Ereignisse der letzten Zeit reden werde, Ereignisse, welche den Geist der ganzen Nation erfüllen, aber nicht nur das Deutsche Reich stark in Bewegung gesetzt haben, sondern auch die Aufmerksamkeit des Auslandes allzu sehr auf uns lenken müssen. Ueber diese Ereignisse schweige ich lieber und will von den Aufgaben reden, die uns zur Besserung führen, wobei die Militärvereine besonders thätig zu sein berufen sind.

Ich schließe meine Betrachtungen gerne an eine Zeit an, welche die Kraft in sich schließt, der Zukunft getroster entgegenzugehen, da sie die Bedingungen enthält, aus welchen allein Großes erwachsen kann: es ist die Zeit der Erhebung von 1870 —71.

Unsere Aufgaben, meine lieben Freunde, sind sehr einfach zu⸗ sammenzufassen, sie gründen sich auf die Schule des Heeres, dem Sie ja Alle angehörten. Jeder Deutsche, welcher diese Schule mit der ganzen Tiefe ihrer Wirkung erprobte, der hat eine Erziehung genossen, die für das ganze Leben, für alle Berufe von Nutzen ist. Die hervor⸗ ragendsten Eigenschaften können dabei erlangt werden Selbstlosig⸗ keit, Hingebung und Treue —, aus denen nur Gutes und Dauerndes entstammen kann.

Sie Alle, meine Freunde, haben diese Erfahrung gemacht und viele von Ihnen haben, wie ich mich heute überzeugen konnte, noch an dem großen Krieg theilgenommen die schönste und wirksamste Schule, die man sich denken kann. Da erkennt man erst, was es heißt, sich in treuer Unterordnung voll hingeben und an das Ganze sich fest anschließen, sowie mit Hilfe der in längerem Dienste zu er⸗ langenden Erfahrungen und Kenntnisse zu der Selbständigkeit erzogen zu werden, welche uns die Sicherheit giebt, in der Gefahr mit Fassung dem Feinde entgegen zu gehen. as drückt sich dahin aus, daß die Schule des Heeres die Güte des Einzelnen zu unüber⸗ windlicher Stärke erhebt, wie wir das im großen Kriege erlebt haben. Sie haben aber auch Alle erfahren, wie nothwendig es ist, solchen Entwickelungsgang gründlich durchzuführen und sich der wichtigen Schulung so zu fügen, daß die nöthige Zahl Ausgebildeter erreicht werde. In diesen Sätzen liegt die Grundlage der Zukunft und da meine ich, daß Sie Alle dazu beitragen müssen, daß die Jugend es erkennen lernt, was es heißt, dem Heer anzugehören; es ist nicht nur eine Ehre, eine Pflicht, es ist auch ein Vorzug, ein großer Vorzug, der aber erkannt werden muß. Zu dieser Erkenntniß, meine Freunde, müssen Sie Alle beitragen, dadurch, daß Sie aus Ihrer Erfahrung die hohe Bedeutung von dem, was es heißt, dem Heer anzugehören, in weite Kreise eindringen lassen. Die Verbreitung dieser Erkenntniß kann uns zu besseren Zeiten führen.

Aber zu meinem Bedauern muß ich sagen, daß es dermalen nicht allenthalben so ist, da zu viel andere Interessen an die Stelle treten. Es macht sich ein Egoismus breit, der die Selbstlosigkeit zu ver⸗ drängen droht, weil Begehrlichkeit und Maßlosigkeit sich zu sehr geltend machen. Hüten wir uns, liebe Freunde, vor diesen Gefahren dadurch, daß wir nüchtern und bescheiden in unseren Lebensbedürfnissen sind und darnach trachten, mit dem auszukommen, was wir haben. Das sind die gesunden Grundlagen einer festen Ordnung in Staat und Gesellschaft, ohne die es keine frohe Zukunft giebt.

Wenn ich Ihnen diese ernsten Worte zurufe, so geschieht es, weil ich fest hoffe, in ernsten Zeitverhältnissen von Ihnen ganz und gerne verstanden zu werden.

Nun aber, liebe Freunde, trachten wir darnach, daß all das, was in schwerer Zeit und mit Aufwand theueren Blutes geschaffen und erkämpft wurde, uns ungetheilt erhalten bleibe! Dafür sind wir Alle verantwortlich, jeder Einzelne so gut, wie alle Deutschen zusammengenommen. Also trachten wir darnach, daß das Deutsche Reich in seiner Kraft und Stärke erhalten bleibt, und daß es sich weiter entwickele zum Glück des deutschen Volks wie jedes einzelnen Deutschen. Daß das so werde, darauf hoffe ich mit Zuver⸗ sicht; denn so alt ich bin, mein Herz ist jung und guten Muthes. Ich

laube daran, daß die deutsche Nation die ganze Kraft, die jugend⸗ siche Kraft bethätigen wird, um über die dermalen schwierigen Zeiten erfolgreich hinwegzukommen. Mit dieser Zuversicht wende ich mich an Sie und fordere Sie auf, mit mir ein dreifaches Hoch auf unser liebes deutsches Vaterland auszubringen. Das deutsche Vaterland lebe und gedeihe! Hoch!

Deutsche Colonien.

Ein gestern in der Kapstadt eingetroffener weiterer Bericht

des Hauptmanns von Francois ergiebt, o bei der Er⸗

stürmung von Hornkranz (vgl. Nr. 115 d. Bl.) von der

Besatzung 50 Mann getödtet und 100 Mann verwundet

worden sind. Der Häuptling Witbooi, zu größeren militärischen Unternehmungen unfähig, ist nach Westes geflohen. 8

8 Oesterreich⸗Ungarn. 11“ . 8 1“ ö1 Der Kaiser empfing, wie „W. T. B.“ meldet,

gestern den seit Mittwoch in Wien weilenden Prinzen Gaston

von Orleans. Gestern Nachmittag stattete der Kaiser auch dem in Wien eingetroffenen Prinz⸗Regenten Luitpold von Bayern einen Besuch ab. Der Prinz⸗Regent besuchte alle in Wien anwesenden Mitglieder des Kaiserhauses.

Der Großherzog von Hessen folgte gestern nach seiner Rückkehr von dem Ausfluge nach Laxenburg, woselbst er an einer festlichen Umfahrt theilgenommen hatte, einer Einladung der Kronprinzessin⸗Wittwe Stephanie zum Diner, an welchem auch der Kaiser und die Erzherzoge Otto, Fer⸗ dinand und Ludwig Victor theilnahmen.

Der oberösterreichische Landtag ist nach einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ aus Linz gestern geschlossen worden.

Zu den Vorgängen im böhmischen Landtage (s. d. gestr. Nr. d. Bl.) schreibt das „Prager Abendblatt“: „Den

Die Anträge

jähen Abschluß der Landtags⸗Session verschuldeten die⸗ blchan b Fortsetzung der Verhandlungen durch ihr allen Grundsätzen der parlamentarischen Ordnung und des Anstandes widersprechendes Vorgehen und noch nicht dagewesene Ausschreitungen machten. Diese Schuld ist um so beklagenswerther, als der Landes⸗ haushalts⸗Etat nicht festgestellt ist, und daher zahlreichen dringenden Bedürfnissen der Bevölkerung nicht Rechnung ge⸗ tragen werden konnte.“ Die heutigen Prager Morgenblätter veröffentlichen ein Manifest der deutschen Landtags⸗ Abgeordneten, in welchem die gewaltsame Störung der Landtagsverhandlungen verurtheilt, das Festhalten an dem Ausgleich betont wird, und die Deutschen zur Einigkeit und zu sfestem Zusammenhalten ermahnt werden.

Großbritannien und Irland.

Das Oberhaus hat sich gestern bis zum 30. d. M. vertagt.

Aus der Mittwochssitzung des Unterhauses theilt die „Wes. Ztg.“ noch Folgendes mit: Mr. Bartley 8 den Ersten Lord des Schatzamts, ob, falls die irische Bill Gesetz würde, die 33 000 000 Pfd. Sterl. übersteigende Summe, welche laut der Landankaufsbill vom Jahre 1891 dazu ausgeworfen war, Pächter durch Vorschüsse in den Stand zu setzen, ihre Pachtgüter als Besitz zu erwerben, zu Zwecke weiter verwendet werden solle und bejahten Falls, gegen welche Sicherheiten und aus welchen Fonds; insbesondere, ob dieser, wie bisher, aus den Steuereinkünften des Vereinigten König⸗ reichs herzunehmen oder aus denen Irlands zu bilden wäre. Der Premier⸗Minister Gladstone erklärte, daß die Regierung das durch die angezogene Bill eingeleitete Verfahren fortzusetzen gedenke, und die Homerule⸗Bill an dem Bestand der Angelegenheit nichts ändern solle. Falsch sei die Annahme des Fragestellers, daß die Steuerzahler des Ver⸗ einigten Königreichs hierbei in Betracht kämen; nur wenn der Garantiefonds nicht ausreiche, könne dieser Fall eintreten. Im übrigen würden später noch die näheren Aufklärungen gegeben werden.

Am Mittwoch fand im Imperial Institute ein länzender Empfangsabend des Prinzen von Wales statt. Etwa 20 000 Personen waren dazu erschienen, welche alle Räumlichkeiten des Instituts füllten.

Der Minister des Auswärtigen Develle theilte in dem gestrigen Ministerrath mit, daß die Regierung von Siam aufs neue ihrem Bedauern über den jüngsten Vorfall in Khone Ausdruck gegeben und wegen desselben um Ent⸗ schuldigung gebeten habe. Der Ministerrath beschloß sodann, dem „W. T. B.“ zufolge, die französische Regie⸗ rung am 28. d. M. in Palestro bei der Einweihung eines zu Ehren der in den Gefechten vom 31. Mai 1859 dort ge⸗ fallenen Käag errichteten Beinhauses durch einen General vertreten zu lassen.

Die „Politique coloniale“ hatte gemeldet (s. d. letzten Depeschen der gestr. Nr. d. Bl.), der Ministerrath habe beschlossen, daß General Dodds demnächst nach Dahomey zurückkehren solle, um die Leitung der Expedition gegen den Rest der Streitkräfte des Königs Behanzin zu übernehmen. Ein späteres Wolff'sches Telegramm theilt nun nach den gestrigen Pariser Abendblättern weiter mit, daß bei der Kammer für Dahomey ein Nachtragscredit in Höhe von 5 Millionen Francs beantragt werden solle.

In der gestrigen Sitzung des Senats präsidirte wieder Challemel⸗Lacour, der von seinem Unwohlsein vollständig wiederhergestellt ist. Der Senator Blavier meldete eine Interpellation an über die Gefahren, die für den Crédit Foncier aus der Ueberschreitung seiner Statuten erwachsen

8 Italien.

Die Deputirtenkammer begann in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung des Budgets des Auswärtigen. Im Laufe der Debatte erklärte, nach dem Bericht des „W. T. B.“, der Deputirte Pougliese: Er sei mit der Politik des Ministers Brin unzufrieden, weil er den legitimen Empfindlichkeiten des Landes nicht genügend Rechnung trage und sogar so weit gehe, zuzulassen, daß Oesterreich⸗Ungarn ungeachtet der be⸗ stehenden Allianz Italien nicht immer freundschaftlich behandle. Pougliese besprach sodann die Befestigung von Biserta seitens Frankreichs, durch welche bestehende Verträge offen⸗ kundig verletzt würden und das Gleichgewicht im Mittelmeer schwer bedroht würde, und fragte an, ob das Cabinet ent⸗ schlossen sei, in Paris empfinden zu lassen, daß Italien, gestützt auf die Verträge und mit der Cabinette von London, Berlin und Wien, die Umgestaltung Bisertas in einern befestigten Platz nicht dulden könne. Der Redner erörterte schließlich die Bestrebungen, welche Frankreich in Bezug auf die Zwischenzone zwischen Tunis und Tripolis hege.

8.

Portugal. 11u“

Ueber den am 16. d. M. in der Deputirtenkammer angenommenen Gesetzentwurf wegen der auswärtigen Schuld wird dem „W. T. B.“ unter dem gestrigen Tage aus Lissabon noch Folgendes mitgetheilt: Der Artikel 6 des Entwurfs stellt die Commission für die öffentliche Schuld wieder her. Artikel 8 besagt, daß die Regierung die zur Ausführung des Gesetzes nothwendigen Maßnahmen beschließen werde. In der Pairskammer sollte der Gesetzentwurf heute berathen werden, damit das Gesetz in der nächsten“ amtlichen Blatt erscheinen könne.

Serbien.

Durch einen Erlaß des Justiz⸗Ministers wird be⸗ kannt gemacht, daß die Advocaten Abvakumovic, Ribarac, Velikovic und Kundovic, welche als Minister und Mit⸗ glieder der Regierung bis zum Anfang des Monats April öffentliche Aemter bekleideten, im Sinne der Advocaten⸗ ordnung des Rechts, die Advocatur auszuüben, verlustig gegangen sind. 8

Dänemark.

(F) Die Einnahmen aus den Zöllen, der Brannt⸗

weinsteuer u. s. w. sowie der Kriegssteuer während der ersten elf Monate des Finanzjahres 1892/93 betrugen nack Abzug der Rückerstattungen 29 713 887 Kronen gegen 556 Kronen in der gleichen Zeit des Finanzjahres

Woche bereits im

8 Wahlangelegenheiten.

Vertreter der ‚Freisinnigen Vereinigung“ haben neben em von den Herren Bamberger, Theodor Barth und Karl Schrader erlassenen, in Nr. 111 des „R.⸗ u. St.“ inhaltlich mitgetheilten Wahlaufruf noch einen Wahlaufruf erlassen, der sich über die Militärfrage folgendermaßen äußert:

Meinungsverschiedenheiten über das Maß der erforderlichen mili⸗ tärischen Rüstung und über die Deckungsmittel, sowie über die Siche⸗ rung der zweijährigen Dienstzeit haben zur Auflösung des Reichs⸗ tags geführt. Diejenigen Abgeordneten der freisinnigen Partei, welche, festhaltend an allen freisinnigen Grundsätzen, einem güt⸗ lichen Ausgleich mit der Regierung in dieser schwerwiegenden Frage geneigt waren, haben sich zu einer „freisinnigen Vereinigung“ zusammengethan, um, wenn möglich, in dem neuen Reichstag zu einem befriedigenden Abkommen zu gelangen. Mitbürger! Wir fordern Euch auf, diese Männer in dem schweren Wahlkampfe, welcher bei den be⸗ vorstehenden Neuwahlen im ganzen Reich ausgefochten werden soll, zu unterstützen und Gleichgesinnte hinzuzuwählen, damit das Reich von schweren Krisen verschont werde. Das Vaterland über alles!

u den Unterzeichnern dieses Wahlaufrufs gehören u. a.: Profe 9 Dr. Theodor Mommsen, Dr. Georg von Bunsen, Justiz⸗Rath Makower, Professor Dr. Bach, Realgymnasial⸗ Director, Alwin Ball, Banquier, Dr. W. Dietrich, A. Frentzel, Geheimer Commerzien⸗Rath, Vorsitzender der Aeltesten der Kaufmannschaft, Präsident des Deutschen Handels⸗ tags, Professor Dr. Paul Goldschmidt, Professor Dr. Gusserow, Geheimer Medizinal⸗Nath, Professor Dr. Karl Gusserow, Professor Dr. Otto Hirschfeld, Phil. Hirschfeld, Dr. Hirsch Hildesheimer, A. Hoffmann, Kammergerichts⸗Rath, Heinr. Kochhann, Stadtrath und Aeltester der Kaufmannschaft, Dr. med. Körte, Geheimer Sanitäts⸗Rath, Körte, Regierungs⸗ Baumeister, Dr. Kunheim, Konsul, Heinrich Leo, Banquier, Lesse, Justiz⸗-Rath, M. Levy, Justiz⸗Rath, B. Liebermann, Geheimer Commerzien⸗Rath, Professor Dr. Oskar Liebreich, Geheimer Medizinal⸗Rath.

Im dritten Reichstagswahlkreise Wiesbaden (St. Goars⸗ hausen⸗Montabaur⸗Wallmerod) ist von katholischer Seite dem Abg. Lieber gegenüber, der diesen Wahlkreis seit 1871 ver⸗ treten hat, in der Person des Rechtsanwalts Hohl ein Gegen⸗ denn dar aufgestellt worden unter Veröffentlichung folgenden Aufrufs:

Der Reichstag ist wegen Nichtannahme der Militärvorlage auf⸗ gelöst worden. Wir stehen vor den Neuwahlen! Der bisherige Reichstags⸗Abgeordnete unseres Wahlkreises, Herr Dr. Lieber, hat gegen die genannte Vorlage gestimmt und selbst auch den Vermittelungs⸗ vorschlag seines Parteigenossen, des Centrums⸗Abgeordneten Freiherrn von Huene, dem die Reichsregierung zustimmte, abgelehnt. Durch diese seine Stellungnahme in einer für unser Vaterland so unendlich wichtigen Angelegenheit hat sich Herr Dr. Lieber in Gegen⸗ satz zu einer großen Anzahl Eingesessener seines Wahlkreises, ins⸗ besondere seiner eigenen Wähler, gesetzt. Deshalb wird für die Neu⸗ wahl als Candidat ein Mann empfohlen, der ein überzeugter Patriot von streng⸗katholischer Gesinnung in kirchlichen Fragen mit dem Centrum stimmt, und bezüglich der Militärvorlage für den Antrag Huene durchaus eintritt. Als solchen empfehlen die Unterzeichneten den Herrn Rechtsanwalt und Notar Hohl zu Montabaur, welcher uns allen in der bezeichneten Gesinnung und deren Bethätigung bekannt ist. Inm dritten Reichstagswahlkreise Köln (Bergheim⸗Euskirchen) ist als Gegencandidat des bisherigen, dem Centrum angehörigen Vertreters Rudolphi in Kalk, welcher gegen die Militärvor⸗ lage bezw. gegen den Antrag Huene gestimmt hat, Graf Hoensbroech auf Schloß Türnich von einer katholischen Wählerversammlung in Bergheim aufgestellt worden. In dem Bericht über diese Versammlung, den das dort erscheinende Kreisblatt bringt, heißt es:

Landrath Graf Beissel übernahm den Vorsitz und sprach seine Werkennung für die Thätigkeit des bisherigen Reichstags⸗Abgeord⸗ neten Dr. Rudolphi aus. Gerade die vergangene Zeit, so führte er aus, habe es besonders wünschenswerth erscheinen lassen, im Parlament durch einen geistlichen Herrn vertreten zu sein. Für die jetzige Zeit und die näͤchste Zukunft sei dies jedoch nicht mehr so dringend; heute seien es nicht Fragen kirchlicher, sondern wesentlich Fragen rein wirthschaftlicher, rein politischer Natur, welche sich in den Vordergrund gedrängt. Diesen Fragen stehe der Herr Dr. Rudolphi zu fern, und deshalb sei es angebracht und den Interessen des Kreises dienlich, an Stelle des Herrn Dr. Rudolphi einen anderen Candidaten zum Reichstag aufzustellen. Mit Rücksicht hierauf und auf die im nächsten Reichstag zur Ent⸗ scheidung kommenden Fragen müsse man an den neuen Candidaten drei Anforderungen stellen, von denen eine jede unerläßlich sei: 1) Der Candidat müsse in allen kirchlichen Fragen voll und ganz auf dem Standpunkt des Centrums stehen. 2) Er müsse in allen wirth⸗ schaftlichen Fragen die Interessen des Kreises wahrnehmen. 3) Für die Militärvorlage eintreten. Es sei ihm wohl klar gewesen, daß es schwer sein werde, den richtigen Candidaten ausfindig zu machen; allein zu seiner freudigen Genugthuung habe er die Mittheilung zu machen, daß er denselben doch gefunden, und zwar, wie es wohl des ganzen Kreises Wunsch, in einem Mann aus dem Kreise selbst, in der Person des Herrn Grafen Hoensbroech auf Schloß Türnich. Er habe zugesagt, für die Militärvorlage zu stimmen. Die Versammlung nahm die Candidatur des Grafen Hoensbroech begeistert auf.

In Sigmaringen haben sich Freunde der Militär⸗ vorlage aus allen Parteien geeinigt, als Candidaten für die bevorstehende Reichstagswahl den Regierungs⸗Präsidenten Freiherrn Frank von Fürstenwerth aufzustellen. Freiherr von Frank hat der an ihn entsandten Abordnung erklärt, daß er eine auf ihn fallende Wahl annehmen werde, wenn er auch nicht in der Lage sei, als Candidat hervorzutreten. Das Centrum, dessen bisheriger Vertreter Dr. Graf auf das Mandat verzichtet hat, ist, wie der „Nordd. Allg. Ztg.“ ge⸗ schrieben wird, über die Person seines Candidaten noch nicht einig.

Nr. 20 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 17. Mai hat folgenden Inhalt: ersonal⸗Nachricht. Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volks⸗ rankheiten. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Sterblichkeit in deutschen rten mit 15 000 und mehr Einwohnern 1892 nach Monaten. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, April. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Flecktyphus. Genickstarre in weden 1890. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen. Reg.⸗Bez. Posen). Schweine⸗ schlachten und Schweinefleischuntersuchung. (Oesterreich). Leichen⸗ eförderung auf Eisenbahnen. (Kapceolonie). Medizinal⸗ personen und Giftverkehr. (Canada). Quarantäne. Thier⸗ euchen in Ungarn 1892, 4. Vierteljahr. Desgl. in Bul Farien. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Preuß. Reg.⸗Bez. Königs⸗ berg, Schleswig, Mecklenburg⸗Schwerin, Lübeck, Großbrztannen Spanien). Rechtsprechung. Landgericht Hamburg). Verkauf ver⸗ orbener Arzneimittel. Verhandlungen von gesetzgebenden Körper⸗ aften, Vereinen, Congressen u. s. w. (Großbritannien). Landung kanadischen Viehs. (Schweiz). Gewürze. Vermischtes. (Deutsches

Reich). Aerztliche und zahnärztliche Prüfungen 1891/92. Bevöl⸗ kerungsbewegung 1891. Arbeiter⸗Krankenversicherung 1891. (Kap⸗ colonie). Aerzte 1892. Geschenkliste. Beilage. Gerichtliche Ent⸗ scheidungen zum Nahrungsmittelgesetz (Pferdefleisch, Wurst).

Nr. 4 des „Ministerial⸗Blatts für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) vom 29. April hat 5 genden Inhalt: I. Organisationssachen. Be⸗ hörden und Beamte. Denkschrift, betreffend die Regelung der Ge⸗ hälter der mittleren Beamten und Kanzleibeamten nach Dienstalters⸗ stufen. Circular, betr. die Abänderung der Bestimmungen, betr. die Regelung der Gehälter der Unterbeamten nach Dienstaltersstufen. II. Polizeiverwaltung. A. Gendarmerie. Circular, betr. die An⸗ nahme von Prämien für Dienstleistungen seitens der Gendarmerie⸗ Mannschaften. B. Versicherungswesen. Circular, betr. die Rech⸗ nungslegung der in Preußen thätigen privaten Feuerversicherungs⸗ gesellschaften. C. Gewerbepolizei. Circular, betr. die Ueberwachung der Theater⸗Agenturen. Cirecular, betr. die Ueberwachung der Thätigkeit der Theater⸗Unternehmer.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Bestimmung des § 7 Abs. 2 des Preußischen Eigenthums⸗ erwerbsges. v. 5. Mai 1872 („Gegen seine Eigenthumsklage ([des ein⸗ getragenen Eigenthümers] steht dem Beklagten die Einrede der Ver⸗ jährung nicht zu. Hat der Beklagte von dem Kläger oder seinem Rechtsvorgänger auf Grund eines den Eigenthumserwerb bezweckenden Rechtsgeschäfts den Besitz des Grundstücks erhalten, so sind die aus dem Rechtsgeschäft herzuleitenden Rechte nicht als Einrede, sondern nur durch Klage oder Widerklage geltend zu machen“*) findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 4. Januar 1893, ebenso auf die Klagen der vor dem Fnkraft⸗ treten des Eigenthumserwerbsgesetzes ohne Auflassung ein⸗ getragenen Eigenthümer wie auf die der nachher auf Grund der Auf⸗ lassung eingetragenen Eigenthümer Anwendung.

Ist eine Urkunde über einen wechselseitigen Vertrag von einem Contrahenten unterschrieben und dem anderen Con⸗ trahenten zur Unterschrift übergeben worden, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 1. März 1893, im Gebiet des Preußischen Allgemeinen Landrechts, solange dieser nicht unterschrieben hat, der erste Contrahent an den Vertrag gebu nden; aber er darf vom anderen Theil fordern, daß er binnen einer angemessenen Frist sich entscheide.

Statistik und Volkswirthschaft.

Münzausprägungen in Dänemark.

(P) In der Königlichen Münze zu Kopenhagen sind vom 1. April 1873 bis 31. März 1893 ausgeprägt worden: in Gold 1 606 532 Stück 20⸗Kronenstücke und 618 210 Stück 10⸗Kronenstücke, zusammen im Betrage von 38 312 740 Kronen; in Silber: 5 079 550 Stück 2⸗Kronen⸗, 6 024 642 Stück 1⸗Krone⸗, 9 352 860 Stück 25⸗Oere⸗, 15 788 863 Stück 10⸗Oerestücke, zusammen im Betrage von 20 100 843 Kronen 30 Oere; in Kupfer: 4 751 497 Stück 5⸗Oere⸗, 22 322 635 Stück 2⸗Oere⸗ und 30 895 179 Stück 1⸗Oerestücke, zu⸗ sammen im Betrage von 992 979 Kronen 34 Oere. Im ganzen sind an Kronengeld ausgemünzt 96 439 968 Stück Münzen im Betrage von 59 406 562 Kronen 64 Oere. Goldmünzen sind seit dem Jahre 1882 nicht mehr geprägt worden.

Zur Arbeiterbewegung.

In Zittau i. S. ist, wie der „Vorwärts“ mittheilt, eine Lohn⸗ bewegung unter den Bürstenmachern durch gütliche Uebereinkunft beigelegt worden; der Arbeitgeber bewilligte eine Lohnerhöhung von 10 bis 15 %.

Hier in Berlin hielten die Filzschuharbeiter und ⸗Arbeiterinnen eine Versammlung ab, in der über den Ausstand verhandelt wurde. Es wurde beschlossen, die Sperre den Geschäften gegen⸗ über, welche die Forderungen nicht bewilligen, aufrecht zu erhalten. Die Lohnbewegung der Berliner Maler, Lackirer und Anstreicher scheint nach einer Mittheilung der Berliner „Volksztg.“ im Erlöschen begriffen zu sein. Eine zum Mittwoch einberufene öffentliche Versammlung war nur von etwa 300 Personen besucht. Der Maler Buhr berichtete über die Achtstundenbewegung und die Frage nach den weiteren Plänen. Nach langer Debatte wurde beschlossen, die Forderungen hochzuhalten und weiter zu agitiren. In der nächsten Versammlung soll die Neu⸗ wahl der stattfinden.

In Brüssel wird jetzt, wie man der „Voss. Ztg.“ schreibt, auf Antrag des Brüsseler Bürgermeisters Buls eine „Caisse de Chömage“ nach dem Vorbild der in Bern bestehenden für die Arbeitslosen errichteten Hilfskasse begründet. Diese Kasse soll durch sieben Mitglieder, welche den leitenden Ausschuß bilden, verwaltet werden; drei Gemeinderäthe, zwei Arbeitgeber und zwei Arbeiter bilden den Aus⸗ schuß. Die Mitglieder dieser neuen Institution, die Behörden, die Arbeitgeber und Arbeiter geben für die Kasse regelmäßige Zuschüsse; jeder Arbeiter hat monatlich 0,40 Fr. zu zahlen, außerdem kann die Kasse Privatschenkungen annehmen. Entsteht im Winter Arbeits⸗ losigkeit, so hat die Kasse als Mindesttagelohn jedem unverheiratheten Arbeiter 1 Fr., jedem verheiratheten Arbeiter 1,50 Fr. zu zahlen. Gestatten es die Mittel der Kasse, so werden diese Löhne erhöht.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten. 11“

Im Regierungsbezirk Frankfurt war der Stand der Saaten zu Anfang April im allgemeinen recht befriedigend. Dank der schützenden Hülle, in welche der häufig und dicht gefallene Schnee sie barg, hatte ihnen die harte Winterkälte nicht geschadet. Namentlich der Roggen war überall kräftig, auf guten Böden beinahe üppig ge⸗ wachsen, und zeigte ein gesundes Grün; leider hat die anhaltende Dürre im April, verbunden mit starken Spätfrösten und austrocknen⸗ den kalten Winden, die Hoffnungen bereits erheblich herabgestimmt, sodaß, namentlich auf leichtem Boden, für den Ausfall der Roggenernte ernstliche Befürchtungen gehegt werden müssen. Der Weizen steht im allgemeinen nicht besonders hoffnungsreich, da ihn die Dürre der Saatzeit am kräftigen Gedeihen schon im Aufgehen hinderte. Meist dürr und schwach entwickelt, verspricht er nicht überall eine Mittelernte und bedarf, wenngleich sich nicht verkennen läßt, daß die anfänglich recht günstige Frühjahrswitterung auch auf ihn nicht ohne vortheilhaften Einfluß geblieben, gleichfalls zu seiner weiteren Entwickelung eines baldigen Witterungswechsels. Aus dem Oderbruche wird geklagt, daß viele Wintersaaten durch das Hochwasser zu Grunde gegangen seien. Von schädlicher Wirkung ist der trockene Herbst des Vorjahres auf den Klee gewesen, der einen so dürftigen Stand zeigt, daß eine Umackerung der Felder nothwendig erscheint, namentlich, da bei der herrschenden Dürre eine 1. Entwickelung nicht zu erwarten ist. Hierdurch und bei dem sehr zurückgebliebenen Stande der Wiesen und Weiden wird der ohnehin noch aus dem Voriahre herrschende Futtermangel empfindlich gesteigert werden. Mit der Frühjahrsbestellung hat man allerorten rechtzeitig begonnen. Leider sind die frühzeitig aufgegangenen Hafer⸗ saaten durch die Spätfröste bereits wieder vernichtet worden.

Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft in München.

Auf der Theresienwiese zu München ist im Laufe dieses Frühjahrs

ein großes Zeltlager entstanden, welches die Ausstellung der Deutschen

Landwirthschafts⸗Gesellschaft, die in den Tagen vom 8. bis 12. Juni

stattfindet, aufnehmen soll. Die Bauten sind, wie dies für eine nur fünf Tage währende Ausstellung geboten ist, leicht und in ihren wesentlichsten Theilen aus wasserdichter Leinewand hergestellt. Diese Zelte bieten genügend Schutz gegen die Sonne und, da sie Abends zu⸗ gezogen werden können, auch für das Vieh genügenden Schutz gegen die oft in München um diese, Jahreszeit noch kühlen Nächte. Auch die Schuppen und Hallen für die Geräthe und die landwirthschaftlichen Felderzeugnisse und Hilfsstoffe sind in derselben Weise gebaut. Architektonisch in gewissem Grade hervorragend sind die Tribüne und das Königszelt. ie Gartenkunst wird bestrebt sein, die Ausstellung zu schmücken, auch fehlt es nicht an sonstigen gefälligen Aufstellungen und Einrichtungen, welche die Eintönigkeit der Bauten angenehm unterbrechen. Ueberragt ist das Ganze von der Bavaria und der Ruhmeshalle, welche weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt genug sind. Die Zeltstadt ist darauf berechnet, etwa 2500 Thiere, über 3000 Nummern Maschinen und Geräthe und eine eben so große Anzahl Erzeugnisse des Ackerbaues und Hilfsstoffe der Landwirthschaft aufzunehmen, welche binnen kurzem, namentlich in der Abtheilung der Maschinen, ihren Einzug beginnen werdkn.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

1 Portugal. „Durch eine im „Diario do Governo“ vom 13. d. M. veröffent⸗ lichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern werden alle Häfen des Departements Finistore seit dem 1. d. M. für „von Cholera verseucht“ erklärt. Egypten. „Sufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Alexandrien vom 5. d. M. ist das zur Verhütung der Cholera⸗Ein⸗ schleppung gegen Ankünfte von der Küste des Yemen zwischen Moha und Lith in Kraft gesetzte Quarantäne⸗Reglement durch eine ärztliche Besichtigung ersetzt. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 40 vom 15. Februar d. J.)

Flecktyphus.

Frankreich. Nach einem im „Journal officiel“ vom 19. April d. J. veröffentlichten Bericht des Comités für öffentliche Gesundheits⸗ pflege ist der Flecktyphus nach Lille von Amiens aus, wo er bereits im Dezember v. J. herrschte, eingeschleppt worden und zwar durch einen Landstreicher, der am 6. Januar in Lille anlangte und bis zum Tage seiner Hospitalaufnahme, den 8. Januar, in einer viel⸗ besuchten Herberge Unterkunft gefunden hatte. In das Gefängniß von Lille ist die Seuche wahrscheinlich Ende Januar eingedrungen; am 30. Januar nämlich wurde ein Gefangener eingebracht, welcher Tags darauf unter Fieber mit einem verdächtigen Hautausschlag erkrankte. Vom 13. bis 22. Februar wurden elf Gefangene wegen Flecktyphus dem Kranken⸗ hause übergeben, alsdann nach einer erkrankungsfreien Zwischenzeit noch siebzehn in den Tagen vom 8. bis 20. März. Seitdem sind im Gefängniß neue Fälle nicht mehr festgestellt worden. Von Lille und Amiens aus hat der Flecktyphus in Paris Eingang gefunden. Zu seiner Verbreitung haben vornehmlich die Landstreicher beigetragen. Mit dieser Beobachtung steht die Thatsache in Zusammenhang, daß bis zum 15. April unter den in ganz Frankreich Erkrankten sich 291 Gefangene befunden haben. Nach⸗ stehend angeführte Erkrankungen und Todesfälle infolge von Fleck⸗ typhus sind bis zum 15. April festgestellt: in Paris (einschließlich Nanterre) 85:32, Lille 39:12, Amiens 93:35, Abbeville 33: 6, St. Riquier (Somme) 6:1, Beauvais 20:5, Pontoise 20:3, Mantes 1:1, Versailles 3:0. Poissy 3:0, insgesammt 303:95. Kleine Seuchenherde hatten sich ferner in Chambly Maricel und Möéru gebildet.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die zweite englische Post über Ostende den Anschluß an Zug 31. nach Berlin über Hildesheim nicht erreicht. Grund: Verspätete Landung des Schiffes in Ostende und ugverspätung auf deutscher Strecke wegen Beschädigung der Maschine.

Im Regierungsbezirk Köln ist die Herstellung einer größeren Zahl von Kleinbahnen im Werke. Die Klein ahn von Frechen nach Köln, welche in der Richtung auf Bahnhof Ehrenfeld für Güter Normalspur erhalten soll, wird alsbald in Angriff genommen werden. Die sogenannte Vorgebirgsbahn, welche ang diesem Gebirge entlang Köln und Bonn verbinden soll, wird, sobald die Genehmigung ertheilt sein wird, ebenfalls begonnen werden. Die Kleinbahn von Bonn nach wird ihre Fahrten bis Mehlem ausdehnen. Der Bau der Pleißthalbahn im Siegkreise geht seiner Vollendung ent⸗ gegen. Die Eröffnung der Bahn von Gummersbach nach Marien⸗ haide im Kreise Gummersbach ist für den 1. Juli d. J. in Aussicht genommen. Der Weiterbau der Aggerthalbahn von Derschlag nach Bergneustadt in demselben Kreise ist seitens der Staatseisenbahn⸗ verwaltung in den diesjährigen Etat aufgenommen. Ferner finden im Kreise Euskirchen, Bergheim und Wipperfürt wegen Erbauung von Kleinbahnen lebhafte Unterhandlungen statt.

Bremen, 19. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Leipzig“ hat am 18. Mai Morgens Dover passirt. Der Postdampfer „Baltimore“ hat am 18. Mai Vor⸗ mittags die Reise von Santa Cruz nach Vigo fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Habsburg“, von Australien kommend, hat am 18. Mai Vormittags Ouessant passirt. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Lübeck“ ist am 18. Mai Nachmittags von Singapore nach Neu⸗Guinea abgegangen. Der Postdampfer „Berlin“ ist am 18. Mai Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Schnell⸗ dampfer „Aller“ hat am 19. Mai Morgens Lizard passirt. Der Postdampfer „H. H. Meier“ ist am 18. Mai Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Amerika“ hat am 19. Mai Morgens Lizard passirt.

Hamburg, 18. Mai. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Schnell⸗ dampfer „Columbia“ hat, von New⸗York kommend, heute Morgen Secilly passirt

Theater und Musik. .

Im Königlichen Opernhause werden am Pfingstsonntag Leoncavallo's „Bajazzi“ mit Frau Herzog und den Herren Sylva, Bulß, Fränkel, Philipp gegeben. Vorher geht Mozart's „Bastien und Bastienne“ mit Fräulein Weitz und den Herren Philipp und Krolop in Scene. Den Beschluß bildet das Ballet „Die Puppenfee“ mit den Damen dell'Era, Urbanska, Stoßmeister u. s. w. Am Pfingstmontag, 22., gelangt „Lohengrin“ als Gedenkvorstellung für Richard Wagner'’s achtzigsten Geburtstag mit den Damen Pierson und Götze und den Herren Rothmühl, Bulß, Mödlinger und Fränkel zur Aufführung. Die Gesellschaft des Mailänder Scala⸗Theaters, wel⸗ he an den beiden Pfingstfeiertagen im Wiener Hofopern⸗Theater Verdi's „Falstaff“ zur Darstellung bringt, kommt von dort schon in der nächsten Woche hierher, um an einigen Proben mit dem Orchester der Königlichen Oper theilzunehmen. Kapellmeister und Choreograph der Scala treffen am 26. Mai hier ein.

Im Neuen Theater wird von dem Königlichen Schau⸗ spiel am Sonntag „Vasantasena“ gegeben. Am Pfingstmontag gehen die Lustspiele „Die Schulreiterin“, „Eingeschlossen und „Herrn Kaudel's Gardinenpredigten“ in Scene.

Im Deutschen Theater finden die letzten drei Vorstellungen vor dem Gastspiel in Kopenhagen an den beiden Pfingstfeiertagen und am darauffolgenden Dienstag statt. Am Sonntag wird „D Talisman“, Montag „Zwei glückliche Tage“ und Dienstag „Der Talisman“ gegeben. Am Mittwoch Morgen erfolgt die Abreise d Personals nach Kopenhagen.

Im Berliner Theater setzt Adrienne von Kolà vom Hof⸗ burg⸗Theater zu Wien morgen ihr auf Engagement abzielendes Gast⸗

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spiel als Claire im „Hüttenbesitzer“ fort; zugleich mit ihr debütir