1893 / 125 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Kraft getretenen Vorschriften für die Lieferung und Prüfung von Papier zu amtlichen Zwecken haben ferner die folgenden Fabrikanten ihr Wasserzeichen bei der unterzeichneten Anstalt angemeldet. Die Anmeldungen Nr. 1 7 sind im „R.⸗A.“ Nr. 84 d. J. 1892, 1 1 m 8 1 814 2 2 7 111 2

17, 15 26 2 7 136 1“ 71 27 34 7 157 2 35 39 40—44 18 45— 49 8öö.

50 55 277

56 65 11 1893

Firma Wortlaut des Wasserzeichens

Wintersche Papierfabriken

in Altkloster bei Buxtehude (Provinz Hannover)

Wintersche Papierfabriken Altkloster Normal . . ..

J. J. Goßler 1893

Frankeneck Normal ...

J. J. Goßler in Frankeneck bei Lambrecht (Pfalz) V

Charlottenburg, den 23. Mai 1893. Königliche mechanisch⸗technische Versuchs⸗Anstalt.

In Vertretung: Rudeloff.

der Director der Königlichen Staats⸗Archive, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. von Sybel, nach Hessen.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 27. Mai.

Seine Majestät der Kaiser haben auf die Einladung des Senats von Bremen zu der im Herbst d. Z. dort in Aussicht genommenen Feier der Enthüllung des Denkmals für den hochseligen Kaiser Wilhelm I. nach der „Wes⸗Ztg.“ fol⸗ gendes Antwortschreiben erlassen:

„Das gefällige Schreiben des Senats der freien Hansestadt Bremen vom 21. v. M. habe Ich erhalten und gern von seinem Inhalt Kenntniß genommen. Die freundliche Einladung, der am 18. Oktober d. J. stattfindenden Enthüllungsfeier des Reiterstandbildes Meines in Gott ruhenden Herrn Großvaters, des Kaisers und Königs Wilhelm I. Majestät, beizuwohnen, nehme Ich mit Freuden an, und wird es Mir zum Ver⸗ gnügen gereichen, wieder in Ihrer Stadt zu weilen, an welche sich aus der Zeit Meiner Anwesenheit im April des Jahres 1890 die an⸗ genehmsten Erinnerungen knüpfen. Zugleich benutze Ich diesen will⸗ kommenen Anlaß, um die freie Hansestadt Bremen Meiner ihr allezeit gewidmeten wohlwollenden Gesinnungen zu versichern.

Neues Palais, den 20. Mai 1893.

Wilhelm I. R. An den Senat der freien Hansestadt Bremen.“

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Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 24. und 25. Mai die Berathung der Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1145 bis 1205) fort.

Die §§ 1148, 1149, welche den Umfang bestimmen, in welchem das Pfand für die Forderung haftet, und diese Haftung verschieden gestalten, je nachdem der Verpfänder das Pfandrecht für eine eigene oder für eine fremde Schuld bestellt hat, wurden sachlich nach dem Entwurf an⸗ enommen. Auch die Vorschriften des § 1150 über die 58 Untheilbarkeit des Pfandrechts sowie die Vorschriften der §§ 1151, 1152 über das Rangverhältniß fanden mit einigen nicht erheblichen Aenderungen Zustimmung. Dagegen wurde der § 1153, der das Recht des Pfandgläubigers zum Besitze des Pfandes besonders hervorhebt, als entbehrlich ge⸗ strichen. Ein Antrag, den Entwurf durch die Bestim⸗ mung zu ergänzen, daß, wenn die verpfändete Sache zerstört oder beßchaͤbigt wird, das Pfandrecht sich auf die dem Eigenthümer der Sache dadurch erworbenen Ersatz⸗ ansprüche, ünsbeonders auf die Versicherungssumme, erstrecke, . keinen Beifall. Die Vorschriften des § 1154 über das Nutzungspfand erfuhren nur insoweit Widerspruch, als der Abs. 3 es für zulässig erklärt, die im Abs. 2 getroffenen Bestimmungen, daß der Pfandgläubiger zur Gewinnung der Nutzungen und zur Rechnungslegung verpflichtet ist, sowie daß der Reinertrag der Nutzungen auf die bezw. die Nebenforderungen abgerechnet wird, durch Vertrag zu ändern. Ein Antrag, in ersterer Feniz die dertragostehen ganz auszuschließen, in letzterer die Gültig⸗ keit einer abweichenden Vereinbarung an die Schriftform zu knüpfen, wurde jedoch abgelehnt. Die Vorschriften des § 1155 über den Schutz des Pfandrechts gegen Beeinträchtigung erfuhren keine Anfechtung. Zu einer eingehenden Erörterung führten die Vorschriften der §§ 1156 bis 1158, welche die Verwahrungs⸗ und Rückgewährungspflicht des Pfandgläubigers regeln. Der Entwurf sieht als Grundlage dieser Pflichten nicht den Verpfändungsvertrag an, sondern geht davon aus, daß durch die dingliche Pfandbelastung wischen dem Pfandgläubiger und dem Eigenthümer er belasteten Sache ein Legalschuldverhältniß begründet werde, und sieht hinsichtlich der aus dem Pfandvertrage hervor⸗ gehenden Rechte und Pflichten zwischen dem bde und dem Verpfänder von einer besonderen Regelung ab. Demgegenüber war beantragt, den Standpunkt eines Legasschuldverhäͤltnisses zwischen dem Pfandgläubiger und dem Eigenthümer des Pfandes aufzugeben, viel⸗

mehr auf der Grundlage des Verpfändungsvertrages die Rechte und Pflichten zwischen dem Pfandgläubiger und dem Ver⸗ pfänder zu ordnen und, soviel das Rechtsverhältniß zwischen dem Pfandgläubiger und dem Eigenthümer betrifft, es bei denjenigen Bestimmungen zu belasfen, welche das Rechts⸗ verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Be⸗ sitzer regeln. Die Mehrheit entschied sich für die Annahme des Antrages. Demgemäß soll in den §§ 1156 bis 1158 das Wort „Eigenthümer“ durch „Verpfänder“ ersetzt werden. Im übrigen wurden die Vorschriften der §§ 1156, 1157 und des § 1158 Abs. 1 sachlich im wesentlichen genehmigt. Abweichend vom Entwurf, beschloß man indessen, im § 1157 zu be⸗ stimmen, daß, wenn der Verderb des Pfandes oder eine wesentliche Minderung seines Werthes zu besorgen ist, der Verpfänder gegen anderweitige Sicherheitsleistung, jedoch unter Ausschluß der Sicherheitsleistung durch Bürgen, die Rückgabe des Pfandes verlangen kann. Auch soll im Falle der Besorgniß einer Werthminderung des Pfandes die Versteigerung desselben durch den Pfandgläubiger erst zulässig sein, wenn eine dem Verpfänder von dem Pfandgläubiger zur Leistung ander⸗ weiter Sicherheit bestimmte angemessene Frist verstrichen ist. Ein Antrag, die Zulässigkeit der Versteigerung in den Fällen des § 1157 von einer vorgängigen ge⸗ richtlichen Bewilligung abhängig zu machen, wurde bis zur Berathung des § 1169 ausgesetzt. Die Vorschrift des § 1158 Abs. 2 über das Recht des persönlichen Schuldners, die Zurückgewährung des Pfandes an den Eigenthümer bezw. den Verpfänder zu verlangen, hielt man für ent⸗ behrlich; es wurde deshalb die Streichung beschlossen. Der § 1159 regelt den Anspruch des Pfandgläubigers auf Ersatz der von ihm gemachten Verwendungen. Na

dem Entwurf kann der Pfandgläubiger den Ersatz noth⸗ wendiger Verwendungen ohne Beschränkung, den Ersatz anderer Verwendungen nach den Vorschriften über die Geschäfts⸗ führung ohne Auftrag verlangen. Die Meohrheit entschied sich dafür, dem Pfandgläubiger auch wegen nothwendiger Verwendungen einen Ersatzanspruch gegen den Verpfänder nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu gewähren. Daneben soll bestimmt werden, daß, wenn die Verwendung in einer Ein⸗ richtung besteht, die für die Miethe geltenden Vorschriften des § 491 Abs. 2 Satz 2, 3 (Entw. II) über das Recht der Weg⸗ nahme entsprechende Anwendung finden. Neu hinzugefügt wurde als § 1159 a eine Vorschrift, nach welcher die Ersatz⸗ ansprüche des Verpfänders wegen Veränderungen oder Verschlechterungen des Pfandes und der Anspruch des Pfand⸗ gläubigers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Ge⸗ stattung der Wegnahme einer Einrichtung einer Verjährung von sechs Monaten unterliegen sollen. Der § 1160 handelt von den Einwendungen, welche dem Eigenthümer des Pfandes gegen den dinglichen Anspruch des Pfandgläubigers zustehen. Die Bestimmung, daß der Eigenthümer sich derjenigen Einwendungen bedienen kann, welche sich auf ein zwischen ihm und dem Pfandgläubiger bestehendes persönliches Rechtsverhältniß grün⸗ den, wurde als entbehrlich gestrichen. Im übrigen erhobd sich gegen den sachlichen Inhalt des § 1160 kein Wider⸗ spruch. Entsprechend einem bei der Bürgschaft beschlossenen Zusatze 710 Entw. II) soll aber hinzugefügt werden, daß der Eigenthümer des Pfandes der des Pfandgläubigers aus dem Pfande widersprechen kann, so lange dem persönlichen Schuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft an⸗ zufechten, und daß der Eigenthümer die gleiche Befugniß hat, solange der Pfandgläubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fällige E“ des persönlichen Schuldners befriedigen kann. Die Vorschriften der §§ 1161 1164 über das Einlösungsrecht des Eigenthümers des Pfandes und der Realberechtigten gelangten mit der Abweichung zur Annahme, daß auch den Realberechtigten das Einlösungsrecht schon bei Fälligkeit der Pfandforderung, also ohne Rücksicht darauf zustehen soll, ob das Pfand von dem Pfand⸗ gläubiger zum Zwecke der Befriedigung bereits zum Verkauf gebracht ist. Der sachliche Inhalt des § 1165, welcher das Verkaufsrecht des 111“ und die Voraussetzungen dieses Rechts bestimmt, erfuhr, vor⸗ behaltlich der Frage, in welcher Art der Verkauf zu bewirken ist (8§ 1169 ff.), keine Anfechtung. Als Zusatz wurde die Vorschrift beschlossen, daß der Pfandgläubiger, wenn ihm nicht der Alleinbesitz oder der alleinige mittelbare Besitz des Pfandes eingeräumt ist, nach dem Eintritt der Voraussetzungen des Ver⸗ tausgrechts verlangen kann, daß das Pfand ihm zum Zweck des Verkaufs äe oder einem gemeinschaftlichen Verwahrer mit der Verpflichtung übergeben wird, es zum Verkaufe bereit zu stellen. Ferner soll die Civilprozeßordnung durch die als § 6922 das. einzustellende Vorschrift ergänzt werden, daß, wenn der Gläubiger eine bewegliche Sache des Schuldners im Besitze hat, an welcher ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, der Schuldner der Zwangs⸗ vollstreckung in sein übriges Vermögen widersprechen kann, soweit die Forderung des Gläubigers durch die in seinem Besitze befindliche Sache gedeckt ist. Besteht das Pfandrecht oder das Zurückbehaltungsrecht auch für andere Forderungen des Gläubigers, so soll der Widerspruch nur insoweit erhoben werden können, als auch die anderen Forderungen gedeckt sind.

Die vom Reichs⸗Eisenbahnamt im Oktober v. J. erlassenen Bestimmungen, wodurch für die deutschen Eisenbahn⸗ Frachtbriefe einstärkeres, haltbares Schreibpapier vorgeschrieben wurde, haben zur Folge gehabt, daß bei der Versendung von Frachtbrief⸗Duplicaten mit der Post wegen der größeren Schwere des Frachtbriefpapiers nicht mehr so 11— briefliche Mittheilungen beigefügt werden konnten wie früher, wenn nicht das Gewicht des einfachen Briefs überschritten werden sollte. Um dem abzuhelfen, hat das Reichs⸗Eisenbahnamt für Frachtbrief⸗Duplicate, bei denen es auf Widerstandsfähigkeit des Papiers weniger ankommt, als bei den durch zahlreiche, oft rauhe Hände gehenden Original⸗Frachtbriefen, jene Bestimmungen bis auf weiteres außer Anwendung gesetzt und die Beschaffenheit des Schreibpapiers freigegeben. Wir verweisen im übrigen auf die im amtlichen Theile abgedruckte Bekanntmachung.

Der Königlich italienische Pofschofte am hiesige Aller⸗

Jüchsten Hofe Graf Lanza hat sich zu kurzem Aufenthalt nach Stuttgart begeben. Während seiner Abwesenheit fungirt

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der Erste Botschaftssecretär Marquis Dalla Valle al interimistischer Geschäftsträger.

Der Königliche Gesandte in München Graf zu Eulen⸗ burg hat sich nach Prökelwitz begeben. Während seiner Ab⸗ wesenheit fungirt der Legations⸗Secretär Graf von Pückler als Geschäftsträger.

Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Stauder im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten ist nach der Rheinprovinz abgereist.

Württemberg.

Ihre Majestäten der König und die Königin empfingen, wie der „St.⸗A. f. W.“ aus Stuttgart meldet, am Donnerstag Nachmittag Seine Durchlaucht den Prinzen Wilhelm von Schaumburg⸗Lippe, den Vater Ihrer Majestät, auf dem Bahnhofe und geleiteten ihn nach Marien⸗ wahl, wo der Prinz Wohnung genommen hat.

Die Kammer der Abgeordneten erledigte vorgestern in einer Vor⸗ und Nachmittags⸗Sitzung 11 auf Eisenbahn⸗ bauten bezügliche Petitionen.

Soachsen⸗Meiningen. „Seeine Hoheit der Herzog hat, wie das „Regbl.“ bekannt giebt, am Donnerstag von der Villa Carlotta am Comersee aus die Heimreise angetreten, wird morgen in München eintreffen und dort einige Tage verweilen. Die

letzten Nachrichten über das Befinden Seiner Hoheit waren

durchaus günstig.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser empfing heute Mittag die Delegationen, deren Präsidenten Ansprachen an ihn Rtesien Der Präsident der ungarischen Delegation Graf Aladar Andrassy ge⸗ dachte in seiner Ansprache der 1Sb Anzeichen, die für eine weitere Erhaltung des Friedens sprächen, und hob be⸗ sonders hervor, dies enthebe die ungarische Delegation nicht der Pflicht, opferwillig für die Aufrechterhaltung und soweit es die Großmachtstellung Oesterreich⸗Ungarns erfordere für die Förderung der Wehrkraft Vorsorge zu treffen. Oesterreich⸗Ungarn müsse einen starken Staat bilden, es müsse ein gesuchter Verbündeter und ein gefürchteter Feind sein. Der Kaiser beantwortete die Ansprachen der Präsidenten nach dem „W. T. B.“ hierauf mit folgender Rede:

„Mit aufrichtiger Befriedigung nehme ich Ihre Versicherung treuer Ergebenheit entgegen und sage Ihnen meinen herzlichen Dank. Nur wenige Monate sind verflossen, seit Sie das letzte Mal zu den Delegationsverhandlungen versammelt waren. Die politische Lage hat bisher keinerlei Aenderung erfahren. Unsere sehr freundschaftlichen Beziehungen zu allen Mächten bestehen unverändert fort, ebenso wie erfreulicher Weise die sonstigen der weiteren Erhaltung des Friedens günstigen Umstände ungeschwächt andauern. Andererseits hat sich die Lage aber auch darin nicht geändert, daß es meine Regierung im Interesse der Sicherheit und der vollen Wehrfähigkeit der Monarchie unentwegt für ihre Pflicht hält, die systematische Weiterentwickelung der Organisation und Schlagfertigkeit des Heeres und der Krieg's⸗ marine zur Durchführung zu bringen.

In den Ihnen diesbezüglich zugehenden Vorlagen war die Kriegs⸗ verwaltung beflissen, ihre Anforderungen für Heer und Kriegsmarine in jenen Grenzen zu halten, welche unsere finanzielle Lage zuläßt. Diese Anforderungen bezwecken die schon seit Jahren als unbedingt nothwendig anerkannte, in allen Zweigen gleichmäßig erfolgende Ent⸗ wickelung und Stärkung der Wehrmacht, wobei mit Rücksicht auf die ungestörte Wahrung des Gleichgewichts im Staatshaushalt die ent⸗ sprechende Vertheilung der Lasten auf die nachfolgenden Jahre in Aus⸗ sicht genommen wurde.

Lie in dem Voranschlage für 1894 enthaltene Begründung legt Ihnen den in dieser Beziehung geplanten Vorgang dar.

Die Auslagen für die Verwaltung Bosniens und der Herzegowina werden auch in diesem Jahre in den eigenen Einnahmen dieser Länder volle Deckung finden.”

Ueberzeugt, daß Sie an die Prüfung der Ihnen zugehenden Vor⸗ lagen mit bewährter Einsicht und patriotischem Eifer herantreten werden, wünsche ich Ihren Arbeiten gedeihlichen Erfolg und heiße Sie herzlichst willkommen.“

In dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten der ungarischen Delegation wird, wie „W. T. B.“ aus Wien berichtet, nach den bisherigen Dispositionen der Minister

des Auswärtigen Graf Kälnoky am 3. Juni ein Erposé

über die auswärtige Lage geben. Fürst Nicolaus von Montenegro ist zum Besuch seiner Tochter Militza, Gemahlin des Großfürsten Peter

Nikolajewitsch von Rußland, gestern von Wien nach Baden⸗

Baden abgereist.

In Prag fanden, wie „W. T. B.“ meldet, anläßlich der Ankunft des für das Reichsrathsmandat candidirenden jungezechischen Agitators Schamanek gestern mehrfache Straßenexcesse statt. Eine zumeist aus cechischen Studenten bestehende große Menge zog mit lautem Zischen an dem deutschen Theater vorbei und versuchte, sich vor die Wohnung des ehemaligen Altczechenführers Rieger zu begeben, wurde aber von der Polizei daran verhin⸗ dert. Vor dem Hause des Jungcezechenführers Herold und der „Narodni Listi“ brach die Menge in stürmische Slavarufe aus. Mit Mühe zerstreute die Polizei die aus mehr als 2000 Köpfen bestehende Menge. Einer stürmisch verkaufenen Wählerver⸗ sammlung der Jungczechen, in welcher Schamanek, Gregr und Vasaty sprachen, folgten erneute Straßendemonstrationen. Vier Studenten und drei Handwerker wurden verhaftet.

Großbritannien und Irland.

Die Reise des Marquis von Salisbury nach⸗ Irland steht fortgesetzt im Vordergrunde der politischen Er⸗ örterungen. Die Bewohner der irischen Provinz Ulster fahren sort, dem Lord Ovationen zu bereiten. In der Ulster⸗ dgG zu Belfast hielt Lord Salisbury zum Abschied eine

nsprache an eine sehr zahlreich besuchte Unionistenversamm⸗ lung, von der ihm mehr als 80 Bewillkommnungsadressen überreicht wurden. Von seinen Darlegungen hebt die Londoner „Allg. Corr.“ als erwähnenswerth seine kräftige Ablehnung des Gedankens hervor, daß, falls Homerule auch diesmal nicht säeset würde, die Unionisten selber einen ähnlichen Plan vorschlagen würden. Lord Salisbury lobte die Wirksamkeit der von der letzten Regierung angewandten Heilmethode für die irischen Gebrechen und daß die Union, weit entfernt, gescheitert zu sein, in Irland segens⸗ reich gewirkt hätte. In Londonderry, wo Salisbury nach⸗

enthusiastisch begrüßt.

einem Telegramm des „H. T. B.“

gestern Abend eintraf, wurde er vom Lord⸗Mayor und

einer großen Volksmenge

8 rankreich. Ueber das Befinden des Präsidenten Carnot erfährt die „Köln. Ztg.“ aus Paris, der Präsident sei noch etwas er⸗ schöpft und habe am Donnerstag nur den rumänischen Ge⸗ sandten Lahovary empfangen, der sein Beglaubigungs⸗ schreiben überreichte. Der Gesandte habe in seiner Ansprache an den Präsidenten hervorgehoben, daß er mit besonderer mreude in Frankreich wirke, wo er erzogen worden sei und eine Bildung empfangen habe. Er werde dem Lande dafür stets dankbar sein.

Im Senat stand am Donnerstag der Bericht über die Vorlage zur Organisation und den Geschäftsbereich des Gouvernements von Algier zur Berathung. Regierungs⸗ vertreter ist der General⸗Gouverneur von Algier Cambon. Der Senator Chauveau, der an Stelle Jules Ferry'’s Berichterstatter geworden ist, begann seine Rede, konnte sie aber wegen Krankheit nicht zu Ende führen. Senator Tir⸗ man, der früher Gouverneur in Algier war, billigte im

allgemeinen den Commissionsentwurf, bemerkte aber, daß er

dem General⸗Gouverneur zu große Machtbefugniß gebe. Nach Erwiderung im Namen der Commission vertagte sich das aus.

In der Deputirtenkammer wurde der Entwurf zur Abänderung der dem Gesetz vom 13. Februar 1889 angehängten Abgrenzung der Wahlbezirke berathen. Hovelaque wünschte die sofortige Berathung seines Antrags auf Ver⸗ minderung der Deputirten von 512 auf 356. Dieser Wunsch wurde mit 287 gegen 219 Stimmen abgelehnt, der Entwurf selbst aber angenommen.

Das der Kammer vorgelegte Budget für 1894 weist mit 3 437 463 395 Franken Einnahmen einen Fehlbetrag von 212 851 Franken auf.

Der Nachfolger des Obersten Lambinet, des Höchst⸗ commandirenden in Dahomen, der, wie gestern gemeldet wurde, aus Gesundheitsrücksichten um seine Abberufung gebeten hat, ist noch nicht ernannt worden.

Rußland. 8

Im Kreml zu Moskau hat gestern in Gegenwart des Kaisers und der Kaiserin sowie der übrigen Mitglieder des Kaiserlichen Hauses und vieler Würdenträger die feierliche Grundsteinlegung zu dem Denkmal für Kaiser Alexander II. stattgefunden. Ein überaus zahlreiches Publikum wohnte der Feierlichkeit bei.

Italien.

Der König hat gestern das Decret unterzeichnet, durch welches Luigi Ferrari zum Unter⸗Staatssecretär des Aus⸗ wärtigen und Gianturco zum Unter⸗Staatssecretär im Justiz⸗ Ministerium ernannt werden.

Dem reconstruirten Cabinet Giolitti ist gestern von der Deputirtenkammer mit ansehnlicher Majorität ein

ertrauensvotum ertheilt worden. Der Sitzungssaal der Kammer und die Tribünen waren dicht besetzt. Auf der Tagesordnung stand die Berathung der von Fortis bean⸗ tragten und von der Regierung genehmigten Tages⸗ ordnung (vgl. Nr. 124 d. Bl.), durch welche die Kammer von den Erklärungen der Regierung Act zu nehmen erklärt und zugleich dem Cabinet ihr Ver⸗ trauen ausspricht. Der Minister⸗Präsident Giolitti ver⸗ theidigte das Cabinet gegen die Angriffe mehrerer Redner, welche ihm vorwarfen, daß es das Versammlungsrecht nicht achte und bei den Wahlen betrügerische Manipulationen verübt habe, sowie daß es der Geistlichkeit zu sehr entgegengekommen sei. Giolitti schloß mit der Aufforderung an die Kammer, sie möge sich erklären, ob sie das Cabinet für fähig halte zu regieren oder nicht. Die Tagesordnung Fortis' wurde hierauf mit 227 gegen 72 Stimmen angenommen. Crispi, Nicotera und Sonnino enthielten sich der Abstimmung, Rudini stimmte gegen die Tagesordnung.

Portugal.

Die in der gestrigen Nummer d. Bl. erwähnten Gerüchte von einer bevorstehenden partiellen Ministerkrisis werden neueren Nachrichten des „W. T. B.“ zufolge von den Lissaboner Blättern dementirt.

Belgien.

In der Deputirtenkammer richtete gestern der der äußersten Linken angehörende Deputirte Ferron an den Justiz-Minister die von ihm angekündigte Inter⸗ pellation (vgl. Nr. 123 d. Bl.) wegen der Aus⸗ weisung der französischen Delegirten zum Gruben⸗ arbeiter⸗Congreß, Basly und Lamendin. Der Interpellant führte aus: enn er auch das Ver⸗ halten der Delegirten während der vorigjährigen Ruhe⸗ störungen an der belgisch⸗ französischen Grenze miß⸗ billige, müsse er gleichwohl die Maßnahme der Regierung tadeln. Den Ausgewiesenen sei überhaupt keine so große Be⸗ deutung beizumessen. Der Justiz⸗Minister Lejeune erwiderte, dem „W. T. B.“ zufolge: Er müsse für die Regierung das Ausweisungsrecht ohne Controle des Parlaments in Anspruch nehmen. Die Maßregel sei übrigens gegenüber Lamendin und Basly dadurch gerecht gewesen, daß sie die französischen Arbeiter gegen belgische Unterthanen aufgereizt hätten. Die Kammer nahm hierauf mit 75 gegen 20 Stimmen einen Antrag an, wonach sie die Maßnahmen der Regierung und die von dem Justiz⸗Minister abgegebenen Erklärungen billigt. Dreizehn Abgeordnete enthielten sich dabei der Ab⸗ stimmung.

Die „liberale Vereinigung“ der Kammer nahm, wie aus Brüssel gemeldet wird, in einer gestern abgehaltenen Plenarversammlung nachsehr lebhafter Discussion eine Resolution an, welche die Mitglieder der radicalen Linken wegen ihrer Haltung in der Frage der Verfassungsrevision beglückwünscht und dem Wunsche nach einer Reorganisation der Fort⸗ schrittspartei im Hinblick auf den zukünftigen Wahlkampf Ausdruck giebt. Hiermit ist das Einvernehmen zwischen allen Fractionen der liberalen Vereinigung wiederhergestellt.

Bulgarien. Die Sobranje hat, wie dem „W. T. B.“ aus Tirnowo emeldet wird, die Aenderung des Artikels 38 der Ver⸗ betreffend die Religion des bestentlhegr⸗ in zweiter Lesung nahezu ohne Debatte mit Einstimmigkeit an⸗ genommen. Heute findet die dritte gesun statt. Der Schluß der Sobranje erfolgt voraussichtlich am Montag.

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Amerika.

Das Cabinet der Vereinigten Staaten hat, wie man der „Times“ aus Washington berichtet, nach näherer Erwägung der Acte, betreffend die Ausschließung der Chinesen, beschlossen, keine weiteren Schritte in dieser Hin⸗ sicht zu thun. Der Schatzamts⸗Secretär habe den Erlaß offi⸗ cieller Instructionen über die Deportationsfrage in Betracht gezogen, ohne jedoch gegenwärtig darauf eingehen zu wollen. Der Congreß werde wahrscheinlich aufgefordert werden, eine bEEEET“ anzunehmen, der zufolge der Zeitpunkt hinausgeschoben werden soll, von dem ab die Chinesen sich in die Listen eingeschrieben haben müssen. Bisher sollen sich nur 5413 von ihnen haben eintragen lassen, darunter 1500 aus Colorado.

Nach einer Meldung des „New⸗York Herald“ aus San Juan del Sur in Nicaragua wären nach der Schlacht am 20. d. M. (vergl. Nr. 123 d. Bl.) der Gesandte der Ver⸗ einigten Staaten sowie die Konsuln zu einer Friedens⸗ commission zusammengetreten und verhandelten mit den Insurgenten. Die Basis der Verhandlungen sei unbekannt, doch wisse man, daß der Präsident Sacaza zu Gunsten eines der Insurgentenchefs abdanken solle. Trotz der handlungen sei ein Waffenstillstand nicht geschlossen worden und hätten die Insurgenten genommen.

gestern Tinotepe mit Sturm

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schluß des Berichts über die gestrige Sitzung des Herrenhauses befindet sich in der Ersten Beilage.

Die Tagesordnung für die 79. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten am Dienstag, 30. Mai, Mittags 12 Uhr, lautet: 1) Verlesung der Interpellation des Abg. Grafen Douglas, betreffend die Maßregeln gegenüber der Choleragefahr. In Verbindung damit: Berathung der Denkschrift über die gegen die Cholera in Preußen 1892 getroffenen Maßregeln. 2) Zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts außerhalb des vormaligen Herzog⸗ thums Berg bestehenden Pfandschaften, sowie die Abände⸗ rung und Ergänzung des Gesetzes vom 12. April 1888 über das Grundbuchwesen und die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts.

Wahlangelegenheiten.

Der von dem Freiherrn von Schorlemer⸗Alst und 150 westfälischen Landwirthen erlassene besondere Wahl⸗ aufruf stellt folgende Forderungen auf:

1) Festhalten in allen religiös⸗politischen und socialen Fragen an dem altbewährten Programm des Centrums. .

2) Eintreten für den Schutz der productiven Stände des Bauernstandes, Handwerkerstandes und der kleinen Gewerbe durch Ablehnung jeder Zollermäßigung unserer Producte; Eintreten für Sperrung unserer Grenzen gegen Einfuhr von Vieh aus verseuchten Ländern, für Beschränkung des Börsenspiels mit den wichtigsten Nahrungsmitteln, für internationale Regelung der Währungsfrage, für Einführung des ET“ und obligatorischer Hand⸗ werker⸗Innungen, Beschränkung des Hausirhandels, Einschränkung der Militärhandwerkerstellen und der Zuchthausarbeit.

3) Eintreten für Verminderung der drückenden Militärlasten durch Einführung zweijähriger Dienstzeit, Schonung der älteren Land⸗ wehrmänner im Kriegsfalle, Heranziehung der Wohlhabenden, vom activen Dienst Befreiten zu einer entsprechenden Wehrsteuer. 1

4) Sicherstellung des Friedens durch die Erhaltung einer für die Vertheidigung unserer Grenzen und den Schutz unseres Vaterlandes hinreichend sshrken Armee. Deshalb erwarten wir von unseren Ab⸗ geordneten, daß sie als freie Männer, entsprechend den altbewährten Grundsätzen der Centrumspartei, sich nicht durch Versprechen vor der Wahl binden und binden lassen, sondern sich die freie Entscheidung darüber vorbehalten, was sie im Interesse des wahren Wohles des Vaterlandes für gut und zutreffend erachten. G

Von den Unterzeichnern des Aufrufs seien genannt: Freiherr von Dalwig, Rittergutsbesitzer, Haus Horst bei Ahaus; Graf Max von Droste⸗Vischering; Dr. Federath, Landrath und Gutsbesitzer, Brilon; Freiherr von Gaugreben, Bruchhausen; Gunst, Guts⸗ besitzer, Henibsen; Freiherr von Ketteler, Ehrenamtmann, Füdstorf; Dr. jur. Freiherr von Landsberg⸗Velen; Freiherr von Lands⸗ berg, Königlicher Landrath, Münster; Freiherr von Wolff⸗ Metternich; Wehrden, Schulze; Ostrop, Buer; Freiherr von Schorlemer⸗Sondershaus (ein Sohn des Freiherrn von Schorlemer⸗Alst), Ehrenamtmann, Sonders haus bei Ahaus; Freiherr Ferd. von Wrede, Willibadessen.

Freiherr von Huene ist in Neisse von den vereinigten Conservativen, Nationalliberalen und Katholiken gegen den Candidaten der Centrumspartei aufgestellt worden. Wie jetzt aus Neisse gemeldet wird, hat Freiherr von Huene erklärt, er wolle zwar nicht candidiren, doch sei er bereit, eine auf ihn fallende Wahl anzunehmen. Freiherr von Huene veröffentlicht zugleich in der ultramontanen „Neisser Zeitung“ eine Zuschrift, der wir Folgendes entnehmen:

Sie bringen den Abdruck der „vorläufigen Orientirung“, welche das „Centralcomité der badischen Centrumspartei“ an die badischen Centrumswähler erlassen hat. Dort steht geschrieben: „Es handelt sich keineswegs darum, einem dringenden Bedürfnisse der Armeeverstärkung Rechnung zu tragen u. s. w. Wozu ist denn aber die ganze Militärvorlage nach Ansicht der verbündeten Regierungen bestimmt? Ist nicht in eingehenden Zusammenstellungen nachgewiesen, daß eine Verstärkung unserer Armee im Vergleich mit den Nachbar⸗ staaten erforderlich erscheint, mit denjenigen Nachbarstaaten, gegen welche wir voraussichtlich den Bestand, die Sicherheit und Ehre unseres deutschen Vaterlandes zu vertheidigen haben würden, wenn es einmal zum Kriege kommen sollte? Die Orientirung aber bringt den Beweis dagegen: „Armeeverwaltung und Nes6 eerung würden in einem sehr sonderbaren Lichte erscheinen, da sie 1887, 1888 und 1890 noch nichts davon gewußt haben.“ Daß bis 1888 die als nothwendig erkannte Stärkung der Armee in der Ausdehnung der Heranziehung älterer Jahrgänge zur Feldarmee gesucht werden isßt⸗ ist vielleicht weniger bekannt, daß aber 1890 die berühmten Verdy'schen Pläne angekündigt wurden, welche die Durchführung des Scharnhorst'schen Gedankens aus der glorreichen opferfreudigen Zeit der Befreiungs⸗ kriege ins Auge faßten: alle wehrfähigen Männer auszubilden und dies zu thun unter Beibehalt der dreijährigen Dienst⸗ zeit, daran hätte das Centralcomité denken können. Diese Verdy⸗ schen Pläne hätten einen jährlichen Kostenaufwand von etwa 120 Millionen erfordert, also das Doppelte der jetzigen Regherunßs. vorlage. Also 1890 hat man an viel mehr gedacht. Wir lesen weiter: „Es handelt sich auch nicht darum, sich auf einen Krieg zu rüsten und dessen siegreichen Ausgang sicher zu stellen. Rüstungen zum Kriege werden in ganz anderer Weise vorgenommen.“ Ganz richtig! Wenn man sich zu einem bestimmten Kriege rüsten will, dann

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wird mobil gemacht. Daß aber eine solche age nu

den einen Zweck verfolgen kann, für den Fall eines Krieges das Vaterland wehrhaft zu erhalten, in einem Umfange und einer Art, welche, soweit es in Menschenhand liegt, den Sieg sichert, den Kampf von dem heimathlichen Boden fernhält, das geht doch aus allem hervor, was im Plenum und in der Commission von Freunden der Vorlage geäußert worden ist, und dazu führt jede ge⸗ wissenhafte und vorurtheilsfreie Prüfung der Einzelheiten der Vorlage. Das Centralcomité ist der Ansicht, daß es sich darum handle: „ob die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes für militärische Zwecke bis auf den letzten waffenfähigen Mann und bis auf die letzte Mark in Anspruch genommen werden soll“ und zwar „ständig und un⸗ unterbrochen, nicht bloß im Kriege, sondern auch in Zeiten un⸗ gestörten Friedens.“ Diese Stelle habe ich mehrere Male elesen, ohne daß ich mein Urtheil ändern könnte, daß es sich ier um eine unverantwortliche Uebertreibung handelt. Es be⸗ steht doch kein Zweifel, daß die Vorlage statt der dreijährigen die zweijährige Dienstzeit für einen großen Theil der Armee herbei⸗ führt, also für den einzelnen Wehrpflichkigen keine Verschärfung, sondern eine Erleichterung; es ist bekannt, daß die sehr lästigen Uebungen der Skses in Wegfall kommen sollen, daß dagegen, und dies ist die persönliche Mehrbelastung, nicht mehr so viele Leute, weil sie eine günstige Nummer beim Loosen gezogen hatten, oder weil sie minder brauchbar erachtet waren, vom Dienst befreit bleiben würden. Die schon jetzt bekannt Aushebungszahlen zeigen aber, daß dabei noch gar keine Rede davon ist, den letzten Mann auszuheben, selbst wenn man annimmt, daß bei der Aushebung nicht so streng verfahren sei als früher. Wenn dann das Centralcomité darauf inweis, daß die Fürsorge für die höheren Interessen den ersten Platz einnehmen müsse, daß die sociale Frag⸗ einer fried⸗ lichen Lösung zugeführt werden müsse, und daß alle, die dies wollten, die Annahme der Militärvorlage verhindern müßten, so wird gewiß zugegeben werden müssen, daß die Pflege der höheren Interessen viel wohlthuender und erfreulicher ist als die kriegerischen Rüstungen. Ich meine aber, da wir wissen, daß Russen und Sa nicht durch Lammfrommheit sich auszeichnen, so wird das Gedeihen aller Verhältnisse im Innern unseres Landes wesentlich davon abhängen, ob unsere 1“ den Frieden sichert. Nun kommt ein Satz in der welcher doch sehr bedenklich ist: „Die Freunde dieser Vorlage im Reichstag haben ja auch keineswegs deshalb ihre Zustimmung gegeben, weil sie von der Nothwendigkeit derselben überzeugt waren.’“ Es wird dann auf die Nationalliberalen hingewiesen, welche nur zur Vermeidung des Konflikts mit der Re⸗ gierung zugestimmt hätten. Ich Feveish⸗ ob dieses als richtig aner⸗ kannt werden wird. Ueber die große Mehrzahl der Zustimmenden aber wird nichts nachzuweisen versucht. An und für sich wird man es wohl nicht tadeln können, wenn politische Erwägungen über das friedliche Verhältniß zwischen den verfassungsmäßigen Factoren, oder auch über das Ansehen dem Auslande gegenüber bei Entschließungen mit in die Wagschaale geworfen werden, und jeder politisch denkende Mann wird dies thun, sollte es wenigstens thun. In dem vorliegenden Falle aber kann ich für meine Person außerdem die Versicherung abgeben, daß das eingehende Studium der Vorlage mich von der Unabwendbarkeit der Armeeverstärkung im allgemeinen, von der Zweckmäßigkeit fast aller Maßnahmen, von der unbedingten Nothwendigkeit des bei weitem größten Theils der Forderungen überzeugt hat.

Im Wahlkreis Essen ist gegen die Candidaten des Centrums und der Socialdemokraten von den übrigen Parteien der Geheime Commerzien⸗Rath Krupp als Reichstags⸗Candidat aufgestellt worden.

Kunst und Wissenschaft.

Aus München wird geschrieben, daß für die Jahres⸗

stellung 1893 im Königlichen Glaspalaste daselbst be⸗ reits zahlreiche Anmeldungen deutscher und ausländischer Künstler vo liegen und die schon eingetroffenen Werke die Gewißheit geben, d kommende Ausstellung werde den vorhergehenden Unternehmungen der Münchener Künstlergenossenschaft auch an Werth keinesfalls nach⸗ stehen. Neben einer umfangreichen Vertretung der verschiedenen Kunstcentren soll eine Anzahl Collectwausstellungen hervorragender Künstler das Gesammtbild der Ausstellung noch reicher gestalten. So sollen von den unlängst verstorbenen Wiener Künstlern, dem Land⸗ schaftsmaler Emil Schindler und dem Genremaler Leopold Müller, eine Reihe bedeutender Bilder und Skizzen zur Ausstellung gelangen. Ferner wird eine plastische Arbeit des verstorbenen Malers und Bild⸗ hauers Stauffer⸗Bern zu sehen sein, welche Professor Hildebrand in Florenz der Ausstellung überlassen hat.

Die vierte allgemeine Versammlung der Inter⸗ nationalen criminalistischen Vereinigung findet bestimmt in den Tagen vom 26. bis 28. Juni d. J. (Montag, Dienstag, Mittwoch) zu Paris in der (neuen) Sorbonne statt. Die Société Générale des Prisons (14, Place Dauphine) und die Société de législation comparée (44, rue de Rennes) haben in entgegen⸗ kommender Weise die Vorbereitung der Versammlung übernommen. Nähere Auskunft ertheilen die Herren A. Rivière, Secrétaire général de la Société Générale des Prisons (52, rue d'Amsterdam, Paris), und F. Daguin, Avocat à la Cour d'appel, Secrétaire général de la Société de législation comparée (29, rue de l'Université, Paris). Die Tagesordnung der Berathungen findet sich in den „Mittheilungen der J. K. V.“ IV, S. 75. Hingmgefügt wurde als vierte Frage: „Die Bekämpfung von Bettel und Landstreicherei“; Berichterstatter: M. Drioux, Substitut du Procureur Général près la Cour d’'Orléans, und Pastor Robin.

Verdingungen im Auslande.

Dänemark. 2. Juni, 12 Uhr. Banechefen for Statsbanedriften (Staats⸗ bahnverwaltung) Colbjörnsensgade 11, Kopenhagen. Lieferung von ca. 60 000 Stück Zaunpfosten von Eichenholz, 8 35 000 Pfd. Zaundraht, 700 Stück Telegraphenstangen, 0 000 Pfd. Telegraphendraht, 5 000 Stück Zinkceylinder, 1 620 Uniform⸗Mützen, . 380 fertigen Mänteln. Bedingungen und Proben an Drt und Stelle; erstere auch beim „Reichs⸗Anzeiger“ (in dänischer Sprache). 8. Juni, 1 Uhr. Maskinchefen for Statsbanedriften (Staats⸗ bahnverwaltung) Colbjönsensgade Nr. 6, K h Lieferung von: ca. 2000 Pfd. Kupfer, 2000 Banca⸗Zinn, 2000 Blei, 500 Zink, 1000 Antimon, 1“ Phosphorkupfer, 2100 Yellowmetall. Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle; erstere auch beim „Reichs⸗Anzeiger“ (in dänischer Sprache).

Verkehrs⸗Anstalten.

Der PostdampferObdam“ der Niederländisch⸗Amerika⸗ nischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 25. Mai in

New⸗York angekommen. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd.

Der Rechs polthandi Hohenzol! hat am 24. Mai er Reichs⸗Postdampfer „Hohenzollern“ hat am 24. Mai ort Said fortgesetzt. Der

Abends die Reise von Neapel nach P 1

Schnelldampfer „Havel“ hat am 25. Mai Abends Prawle Point passirt. Der Schnelldampfer „Lahn“ ist am 24. Mai Abends auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „München,“ ist am

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