Hauptm. und Comp. Chef des Inf. Leib⸗Regts., bisher commandirt zur Eisenbahn⸗Abtheil. des Königl. Preuß. Großen Generalstabs, unter Stellung à la suite des Generalstabs, zum Eisenbahn⸗Com⸗ missar bei der Eisenbahnlinien⸗Commission in Ludwigshafen a. Rh., — ernannt. 8
* Im Sanitäts⸗Corps. 6. Juni. Dr. Bernard (Würz⸗ burg), Dr. Diez (Erlangen), Unterärzte der Res., Dr. Knehr (Bayreuth), Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots, — zu Assist. Aerzten 2. Kl. befördert.
Beamte der Militär⸗Verwaltung. 1 6. Juni. Kirchner (Ludwigshafen), Behringer (Würzburg),
Unter⸗Apotheker der Res., zu Ober⸗Apothekern befördert.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps. —
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im activen Heere. 9. Juni. Die Port. Fähnrs.: Schlesing im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, Frhr. v. Tessin im Ulan. Regt. König Karl Nr. 19, Herbert im Inf. Regt. König Wilhelm I. Nr. 124, Renner im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, Hoffmann im Drag. Regt. König Nr. 26, Baumgärtner im 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, Graf v. Normann⸗Ehrenfels im Gren.⸗Regt. Königin Olga Nr. 119, v. Schnizer im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, Melsheimer im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, — zu Sec. Lts. vernannt. Graf v. Westerholt⸗Gysenberg, Rittm. im Ulan. Regt. König Karl Nr. 19, als Escadr. Chef in das Drag. Regt. Königin Olga Nr. 25 versetzt. Frhr. v. Reinhardt, Pr. Lt. à la suite des Ulan. Regts. König Wilhelm I. Nr. 20, in das Ulan. Regt. König Karl Nr. 19 eingetheilt. 8 1.
Im Beurlaubtenstande. 9. Juni. Barth, 1 Vice⸗ Wachtm. vom Landw. Bezirk Reutlingen, zum Sec. Lt. der Res. des
eld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13 ernannt. Die Vice⸗Feldwebel: Leid.Arn. I. vom Landw. Bezirk Stuttgart, zum Sec. Lt. der Res. des Gren. Regts. Königin Olga Nr. 119, Heckel von demselben Landw. Bezirk, zum Sec. Lt. der Res. des Inf. Regts. Alt⸗Württem⸗ berg Nr. 121, Bandell II. von demselben Landw. Bezirk, zum Sec. Lt. der Res. des Gren. Regts. Königin Olga Nr. 119, Heilgers von demselben Landw. Be umn Seec. Et. der Reserve des Inf. Regts. König Wilhelm I. Nr. 124, Grözinger von demselben Landw. Bezirk, zum Sec. Lt. der Reserve des Inf. Regts. Alt⸗Württemberg Nr. 121, Fein, Clausen, Vice⸗Wachtm. vom Landw. Bezirk Stuttgart, zu Sec. Lts. der Res. des 2. Feld⸗Art. Regts. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, — ernannt. Die Sec. Lts.: Widm ann von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Stuttgart, Ehrismann von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Eßlingen, — zu Pr. Lts.; die Unteroffiziere: Bacmeister im Feld⸗Art. Regt. König Karl Nr. 13, Baumann im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, — zu Port. Fähnrs., — befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im activen Heere. 9. Juni. Etzel, Rittm. und Escadr. Chef im Drag. Regt. Königin Olga Nr. 25, mit “ und der Regts. Uniform sowie unter Verleihung des Charakters als Major der Abschied bewilligt.
Im Beurlaubtenstande. 9. Juni. Geyer, Sec. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Stuttgart, Böh ringer, Sec. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Ludwigsburg, — der Abschied bewilligt. 1 Im Sanitäts⸗Corps. 9. Juni. Dr. Winternitz, Unter⸗
arzt von der Landw. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Reutlingen, Dr. Schloßberger, Unterarzt vom 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, — zu Assist. Aerzten 2. Kl. er⸗ nannt. Dr. Sperling, Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. und Bats. Arzt im 4. Infanterie⸗Regiment Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, als Regiments⸗Arzt in das In⸗ fanterie⸗Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120 versetzt. Dr. Neidert, Stabsarzt im Drag. Regt. König Nr. 26, zum Bats. Arzt des 3. Bats. Inf. Regts. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn ernannt. Dr. Schuon, Assist. Arzt 2. Kl. im Inf. Regt. König Wilhelm I. Nr. 124, zum Assist. Arzt 1. Kl. befördert. Dr. Distel, Assist. Arzt 2. Kl. im Feld⸗Art. Regt. König Karl Nr. 13, in das Drag. Regt. König Nr. 26 versetzt. Dr. Hoffmann, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt des Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, mit Pension und seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.
Preußen. Berlin, 14. Juni. 6
Seine Majestät der Kaiser und König trafen heute Morgen kurz vor 8 Uhr, von Posen zurückkehrend, auf der Wildpark⸗Station ein, empfingen im Neuen Palais um 9 Uhr den Chef des Civilcabinets, sowie um 12 Uhr den Minister des Königlichen Hauses von Wedel zum Vortrag und nahmen um 1 Uhr die Meldung des General⸗Inspecteurs der Fuß⸗Artillerie, General⸗Lieutenants Edlen von der Planitz
unter
Der Bundesrath faßte in der dem Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abge⸗ haltenen Plenarsitzung über mehrere Eingaben sowie über die geschäftliche Behandlung neuer Vorlagen Beschluß. Der
am Montag
Entwurf eines Gebührentarifs für die Strecke Holtenau⸗ Rendsburg des Nord⸗Ostsee⸗Kanals wurde den Ausschüssen für Handel und Verkehr, für das Seewesen und für Rechnungswesen überwiesen. Mit der Vorberathung der Entwürfe von Vorschriften über die Einrichtung von Anlagen zur Anfertigung von Zünd⸗ hölzern, die Einrichtung und den Betrieb von Bleifarben⸗ und Bleizuckerfabriken, endlich die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen wurde der usschuß für Handel und Verkehr beauftragt.
1 Heute waren die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr zu einer Sitzung versammelt.
Aus einer telegraphischen Mittheilung des Reichscommissars für die Welt⸗Ausstellung in Chicago läßt sich folgern, aß die amerikanischen Ausstellungsbehörden ihren Widerspruch gegen die Bildung eines internationalen Preisgerichts auf⸗ gegeben und darein gewilligt haben, daß jeder Staat durch eigene Preisrichter in der Jury angemessen vertreten werde. Als Zeitpunkt für den Zusammentritt der Jury ist der 15. Juli in Aussicht genommen; ihre Arbeiten werden etwa 4 bis 6 Wochen dauern.
Der französische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Jules Hraxsefisch ist Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
S. M. Kreuzer „Seeadler“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Koellner, ist am 12. Juni in 183 Said ein⸗ und beabsichtigt heute, am 14., die Reise nach Aden fortzusetzen.
S. M. Kreuzer⸗Corvette „Arcona“, Commandant Cor⸗ vetten⸗Capitän Hofmeier, beabsichtigt am 15. Juni von Montevideo nach Santa Catharina (Brasilien) in See zu gehen.
Posen, 13. Juni. Der Ober⸗Präsident der Provinz Posen von Wilamowitz⸗Möllendorf hat nach— stehende Bekanntmachung erlassen:
Nachdem Seine Majestät der Kaiser und König heute ganz unerwartet hier eingetroffen waren, die Alarmirung der Garnison befohlen und den militärischen Uebungen beigewohnt hatten, haben Allerhöchstdieselben an der Spitze der Truppen Ihren Einzug in die Stadt gehalten. Seine Majestät haben hierbei sowohl das festliche Ansehen, welches allen Stadttheilen in der kurzen Zeit durch Fahnen und anderen Schmuck gegeben war, als die patriotische Haltung der Be⸗ völkerung, welche die Straßen füllte und ihrem König zujubelte, mit Wohlgefallen wahrgenommen und mich zu beauftragen geruht, den Einwohnern von Posen Allerhöchstihren Dank für die Ihrem landes⸗ väterlichen Herzen wohlthuende Begrüßung auszusprechen.
Hannover, 13. Juni. Seine Königliche Hoheit der Graf von Durin traf heute früh von Berlin hier ein und stieg im Königlichen Schlosse ab. Wie der „Hann. Cour.“ berichtet, empfing Höchstderselbe heute Morgen den comman— direnden General des X. Armee⸗Corps, General⸗Lieutenant von Seebeck, den Chef des Generalstabs, Oberst⸗Lieutenant Liebert, sowie den Chef des Militär⸗Reitinstituts, Obersten von Willich, und begab sich darauf nach dem Institut, um dieses eingehend zu besichtigen. Nach der Besichtigung folgte der Prinz einer Einladung der Offiziere zu einem Frühstück in ihrem Casino und kehrte dann ins Schloß zurück. Nach dem auf 6 Uhr angesetzten Diner im Schlosse, an dem nur das Gefolge theilnahm, verließ der Prinz um 7 Uhr 44 Minuten Hannover wieder, um sich über Hamburg nach Kiel zu be⸗ geben.
“ “
Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent hat eine vierwöchige Hoftrauer für den Herzog Max Emanuel an⸗ geordnet. Das Hoftheater bleibt einstweilen geschlossen.
Das Verordnungsblatt des Königlich bayerischen Kriegs⸗ Ministeriums veröffentlicht, daß der Commandeur der ersten Feldartillerie-Brigade, General⸗Lieutenant von Malaise mit der Führung der zweiten bayerischen Division betraut worden ist. 8
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. 8
Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog un e Großherzogin beabsichtigen der „Th. C.“ zufolge, sich am 22. Juni nach Schloß Dornburg zu begeben und dort bis nach dem G burtstag des Großherzogs zu verweil
Oesterreich⸗Ungarn.
Die ungarische Delegation berieth gestern das Budget des Auswärtigen. Der Berichterstatter Falk hob, wie „W. T. B.“ berichtet, die Uebereinstimmung der Ansprache des Kaisers und des Exposés des Grafen Kälnoky mit den Anschauungen der ungarischen Delegation hervor und zollte der einfachen, ungekünstelten Politik des Grafen Kälnoky die wärmste Anerkennung. Die Dele⸗ girten Ugron und Graf Apponyi billigten im allgemeinen die äußere Politik, wünschten aber eine mehr active Gestaltung derselben und verweigerten den Anschluß an das Vertrauens⸗ votum wegen ihrer oppositionellen Stellung. Ugron verlangte die jährliche Vorlegung der diplomatischen und handelspolitischen Actenstücke. Koloman Tisza begründete die Vertrauenskund⸗ gebung mit dem Festhalten am Dreibund, der richtigen Politik im Orient und den vermehrten Friedensgarantien durch die Besserung des Verhältnisses zu Rußland. Der Sectionschef Graf Cziraky erklärte namens des Ministers des Aus⸗ wärtigen, Rothbücher seien zur Zeit ohne Interesse, gleichwohl sei eine Vorlegung von solchen uͤber bereits abgeschlossene oder über specielle Fragen nicht ausgeschlossen. Die beantragte Vertrauenskundgebung wurde mit sehr großer Mehrheit votirt und das Budget des Auswärtigen angenommen.
Der Vierer⸗Ausschuß der ungarischen Dele⸗ gation hat gestern nach den Darlegungen des Reichs⸗Finanz⸗ Ministers von Kallay das Budget für Bosnien und die Herzegowina und den Occupationscredit unver⸗ ändert angenommen. “
Der „Magyar Allan“ vom Montag veröffentlicht ein Memorandum der ungarischen Bischöfe an den Papst vom 3. März, das schärfer gehalten ist als das Memorandum an den Kaiser und König. Die Bischöfe verwerfen darin die Glaubens⸗ freiheit, weil ein christlicher Staat confessionslose Bürger nicht dulden könne; die Civilehe, weil sie ekelhaft sei und zum Concubinat führe; die Judenreception, weil der Uebertritt zum Judenthum dogmatisch unerlaubt sei. Das Eherecht sei aller⸗ dings zu reformiren, jedoch in der Weise, daß auch nach dem Austritt aus der katholischen Kirche die Lösung der katholisch geschlossenen Ehe verboten werden müsse.
Großbritannien und Irland.
Das Oberhaus hat gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, die Bill wegen Ausführung des temporären Abkommens mit Rußland über den Robbenfang im Berings⸗Meer in dritter Lesung angenommen.
Im Unterhause erklärte der Parlaments⸗Secretär des Auswärtigen Sir E. Grey, die Regierung habe keinen Grund zu glauben, daß irgend welche Absicht bestehe, eine Eisenbahn von Teheran nach dem Kaspischen Meere zu bauen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde der § 3 der Homerule⸗Bill, wie er durch die Special⸗ debatte abgeändert worden ist, angenommen. Bei der Be⸗ rathung des § 4, durch den die Befugnisse der irischen Legis⸗ latur bezüglich des Erlasses von Gesetzen beschränkt werden, wurde ein Amendement H. Foster, daß sich diese Befugniß nicht 8n die Bewilligung von Staatsgeldern für gewisse Zweckeerstrecken solle, von dem Premier⸗Minister Gladstone bekämpft und mit
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269 gegen 234 Stimmen abgelehnt. Ein von Bartley bean⸗
tragtes Amendement, wonach die irische Legislatur befugt sein solle, Gesetze über die Dotirung von Confessionen zu erlassen, wurde gleichfalls von der Regierung bekämpft und ohne Ab⸗ stimmung abgelehnt. Weitere Amendements wurden mit 8g täten, welche zwischen 36 und 38 Stimmen variirten, ebenfalls verworfen. John Morley beantragte ein Amendement, das ver⸗ hindern soll, daß die irische Legislatur das Eigenthum religiöser Körperschaffen zu anderen Zwecken verwende. Das Amendement wurde angenommen, dagegen im weiteren Verlaufe der Sitzung ein Amendement Henry James, wonach die Be⸗ fugnisse der irischen Legislatur sich nicht auf die Verfügung über das Eigenthum für wohlthätige, fromme oder religiöse Zwecke erstrecken sollen, mit 187 gegen 143 Stimmen ab⸗ elehnt. 1
Der Deputirte Sexton hat die Niederlegung seines Man⸗ dats (siehe Nr. 137 des „R.⸗ u. St.⸗A.“) wieder rückgängig gemacht, nachdem die irische Partei in einer vorgestern abge⸗ altenen Sitzung die Zurücknahme der Resolution beschlossen atte, durch die der Entschluß Sexton’s veranlaßt worden war. Diese Resolution bezog sich auf die Streitigkeiten inner⸗ halb des Aufsichtsraths des antinationalistischen „Freeman’'s Journal“, Mitglied Sexton ist, und enthielt ein Tadels⸗ votum für letzteren.
Frankreich.
In dem Befinden des Präsidenten Carnot ist, wie „W. T. B.“ berichtet, eine leichte Besserung eingetreten. Das Fieber, welches sich gestern eingestellt hatte, ist geschwunden. Der Präsident der Nepubtit wird sich jedoch voraussichtlich mehrere Tage vollkommene Ruhe auferlegen müssen und keinerlei Empfänge abhalten können. Wie es heißt, wird sich der Präsident, sobald sein gegenwärtiger Schwächezustand vor⸗ über ist, auf den Rath der Aerzte nach Fontainebleau begeben. Eine Kur in Vichy halten die Aerzte für entbehrlich, da Carnot weniger an Leberkrankheit als an Uebermüdung und Anämie leidet. Den Präfecten in der Bretagne wird der Präsident mittheilen lassen, daß die üblichen Auszeichnungen vertheilt werden sollen, trotzdem er nicht dorthin komme. An den Minister⸗Präsidenten schickte er 50 000 Fr. zur Vertheilung unter die Armen der Bretagne. 8
Der Finanz⸗Minister Peytral empfing gestern Vormittag eine Delegation von Pariser und in der Provinz domicilirten Bankhäusern und erklaͤrte ihr gegenüber, das Börsensteuer⸗ Gesetz werde in Zukunft in der liberalsten Weise gehandhabt werden. Insbesondere würden Privatbanken dem Gesetz nicht unterworfen werden, wofern sie nicht regelmäßig Börsengeschäfte übernehmen und ausführen.
Die Deputirtenkammer begann gestern die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffs theilweiser Ern euerung der Kammer. Goussot (Boulangist) und Felixr Faure (Opportunist) sprachen gegen Barthou (Re⸗ publikaner) für den Entwurf. Die Regierung wird sich erst in der nächsten Sitzung über den Gegen⸗ stand äußern. Eine Interpellation des Deputirten Després wegen der Haltung der Regierung gegenüber dem Pariser Gemeinderath, dessen Vorsitzender Humbert in offener Sitzung den Minister einen Idioten genannt habe, wurde der „Köln. Ztg.“ zufolge auf einen Monat zurück⸗ gestellt. Der Deputirte Barnes überreichte einen Entwurf, der die Niederlassung von Fremden in Frankreich verbietet, sowie sämmtliche bereits angemeldeten Fremden mit einer be⸗ sonderen Militärtaxe belegt. Die Gruppe Méline unter⸗ sützte den Antrag.
Das Programm für die Sommermanöver zur See ist jetzt festgestellt. Die Manöver finden vom 1. bis 8. Juli, vom 17., bis 25. Juli und in den ersten Tagen des Monats August statt. Alle Schiffe der drei französischen Geschwader betheiligen sich an den Uebungen. Man wird ihnen aber eine gewisse Anzahl von Reserveschiffen beigeben, welche die Reser⸗ visten aufnehmen werden. Cherbourg stellt 5 große Schiffe und 7 Torpedoschiffe, Brest 2 große Schiffe und 7 Torpedo⸗ schiffe, Lorient und Rochefort 4 Torpedoschiffe, Toulon 2 große und 8 Torpedoschiffe. Frankreich wird dann 95 Schiffe aller Gattungen, 50 im Mittelmeer, 45 im Atlantischen Ocean, auf Kriegsfuß haben. 3
Rußland.
Das Minist er⸗Comité des Departements für Reichsökonomie hielt, wie „W. T. B.“ meldet, gestern eine combinirte Sitzung ab, worin es die Verstaatlichung der Donezbahn endgültig genehmigte. Die Bedingungen sind mit der Russischen Bank als Vertreterin der Mehrheit der Actionäre abgeschlossen worden. Außerdem bestätigte das Minister⸗Comité die Bildung der Südostbahnen⸗Gesellschaft und genehmigte den Bau der Eisenbahnstrecke Charkow — Pensa.
Italien.
Auf eine in der gestrigen Sitzung des Senats an ihn gerichtete Anfrage über den “ von Uciialli erklärte, dem „M. T Bapelg⸗ der Minister des Auswärtigen Brin, er wundere sich, daß von der Angelegenheit so viel Wesens gemacht werde, als wenn es sich um etwas Unbekanntes handele. Die Nachricht sei bereits am 26. März von der „Agenzia Stefani“ verbreitet und von ihm (dem Minister) selbst am 20. Mai⸗ der Kammer mitgetheilt worden. Der Minister warf dann einen Rückblick auf das Zustandekommen des Vertrages von Ucialli und führte aus, die Regierung habe die Dienste Tra⸗ versi’'s in Anspruch genommen, der die Mission geschickt durch⸗ geführt habe, mit freundschaftlichen Anträgen Menelik’s zurückgekehrt und später wieder mit genauen Instructionen zu Menelik gesandt worden sei. Traversi' sei erst am 17. März am Hofe Menelik's eingetroffen, der bereits am 27. Februar, wahrscheinlich infolge eines Italien feindlichen Einflusses, ein Schreiben mit einer Kündigung des Vertrages abgesandt hatte. Er (der Minister) habe Träver. sofort beauftragt, Menelik zu erklären, man könne, da es sich um einen Vertrag von un⸗ begrenzter Dauer handle, über event. Abänderungen ver⸗ handeln, ohne die Wirksamkeit des Vertrages einzustellen. Traversi habe Menelik bereits in geneigterer Stimmung vorgefunden. Menelik habe an die Königin von England, den Deutschen Kaiser und den Präsidenten Carnot Schreiben gerichtet, woraus aber nicht zu folgern sei, daß auch dem Kaiser von Oesterreich und dem Kaiser von Rußland Schreiben Menelik's zugegangen seien. Die Königin von England und der Deutsche Kaiser hätten sich in ihren Antwortschreiben durchaus der Erklärung Italiens angeschlossen, daß der Vertrag bei gemeinsamem Ein⸗ verständniß abgeändert werden könne, daß er jedoch unkündbar sei. Oesterreich⸗Ungarn habe Italien gegenüber erklärt, es werde ebenso vorgehen, falls der Kaiser Franz Josef von Menelik ein Schreiben erhalten sollte; die ttalienische
Oesterreich⸗Ungarn und der Schweiz sorische Anwendung des neuen verzeichnisses in den erwähnten drei Staaten.
eine schriftliche Erklärung überreich
Regierung warte nunmehr den Verhandlungen
Traversi’'s ab. Die Absichten Italiens seien gemäßigte und freundschaftliche. Es werde nicht schwierig sein, ein Einver⸗ nehmen herzustellen; die Regierung wünsche ein solches. Sollte es anders kommen, so werde Italien auch in Afrika eine den neuen Verhältnissen angepaßte Politik befolgen. Das Budget des Auswärtigen wurde sodann vom Senat angenommen.
In der Deputirtenkammer beantwortete gestern der Unter⸗Staatssecretär Ferrari eine Anfrage Barzilai's, der die Anschauungen der Regierung über die jüngsten Erklärungen des Grafen Kaäͤlnoky zu erfahren wünschte. Ferrari führte aus, in den Erklärungen des Ministers des Auswärtigen Grafen Kälnoky seien zwei Punkte hervorzuheben: der eine, durch den der Dreibund als ein mächtiger, seinem Wesen nach friedlicher Bund bezeichnet werde, der gegen niemand gerichtet sei, und der zweite Punkt, der sich als eine Folge des ersten darstelle und die Besserung der Beziehungen zwischen Oester⸗ reich⸗Ungarn und Rußland betone. Daß dieses die den Erklärungen des Grafen Kälnoky zu gebende Auslegung sei, beweise die sorgfältige Art, womit Graf Kälnoky am 6. Juni im Budgetausschusse der österreichischen Delegation seinen Ge⸗ dankengang präcisirt habe. Diese Interpretation enthalte nichts, was nicht in Uebereinstimmung mit der italienischen Politik sei, die gerade, weil sie auf die finanzielle und wirthschaftliche Wiederaufrichtung des Landes gerichtet sei, jedes friedliche Anzeichen nur mit Befriedigung als eine Wohlthat begrüßen könne. Nach dem Urtheil der italienischen Regierung über die Erklärungen des Grafen Kälnoky bildeten diese ein sehr fried⸗ liches Symptom in der gegenwärtigen politischen Lage Europas. Barzilai habe die aus dem status quo fließenden Nach⸗ theile im Auge, was ihn dahin bringe, dem Frieden keine große Bedeutung beizulegen. Der Unter⸗ Staatssecretär sprach sodann den Wunsch aus, Barzilai möge die Folgen, die für Italien aus einem wie immer endigenden Kriege entstehen könnten, genau überlegen. Er glaube nicht, daß sich für Italien nach seiner Wiedergeburt eine Verzichtleistungs⸗ politik gezieme. Italien müsse ohne gefahrbringende Ueber⸗ treibung, aber auch ohne sträfliche Schwäche seine Action in der Welt zur Geltung bringen. Die erste Bedingung sei jedoch, daß es sich ein festes Ziel stecke und dasselbe kräftig zu erreichen strebe. In dieser Welt könne man nur durch Klar⸗ heit in den Zielen und Beständigkeit in den Absichten zu einem Erfolge gelangen.
Bei Beginn der Sitzung hatte ein gewisser Giuseppe Cibo aus Savoyen, ein entlassener Beamter des Kriegs⸗ Ministeriums, ein Packet Schriftstücke von der Galerie hinab⸗ geworfen, wobei er gerufen hatte: „Uebet Gerechtigkeit“. Cibo wurde festgenommen, aber, nachdem er verhört worden war, wieder freigelassen.
Schweiz.
Die internationale Conferenz für den Eisenbahn⸗ transport in Bern ist vorgestern Abend nach Unterzeichnung des Protokolls geschlossen worden. Die gefaßten Beschlüsse werden der „Frkf. Ztg.“ zufolge einstweilen nicht bekannt gegeben. Gestern begannen die Verhandlungen zwischen Deutschland, über die provi⸗ internationalen Transport⸗
Während der Nationalrath beschlossen hatte, daß der
Canton DTessin ein Drittel der Kosten der beiden letzten
eidgenössischen Interventionen tragen solle, hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Ständerath gestern den Beschluß gefaßt, sämmtliche Kosten dem Bund aufzuerlegen.
Luxemburg.
Bei den Wahlen für die Kammer wurden laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“ in der Hauptstadt gewählt: Der Bürgermeister Alexis Brasseur und das Gemeinderathsmitglied Servais. Zwischen dem bisherigen Vice⸗Präsidenten der Kammer Karl Simons und Herriges findet Stichwahl statt. In Diekirch erhielt der frühere Staats⸗Minister von Blochausen die meisten Stimmen. Der Eisenindustrielle Emil Metz wurde vwiedergewählt. Auf dem flachen Lande befinden sich die coalirten Klerikalen und Agrarier überall in der Mehrheit.
3 Türkei.
An Stelle des zum Vali von Smyrna ernannten Fehmi⸗ Pascha ist Tewfik⸗Pascha mit der Leitung der General⸗ D
irection der indirecten Steuern betraut worden. 8
Serbien.
Bei der gestrigen Eröffnung der Skupschtina waren die Abgeordneten fast vollzählig erschienen. Zum Präsidenten wurde, wie „W. T. B.“ meldet, Pasic, zu Vice⸗Präsidenten Katic nnd Vukowic gewählt. Der Kriegs⸗Minister Franassowic hat seine Demission eingereicht. Der Bestand des Cabinets Dokic gilt durch die Haltung des radicalen Clubs für in Frage gestellt, da, wie verlautet, die extremen Ele⸗ mente des radicalen Centralausschusses auf die Bildung eines radical⸗nationalen Cabinets dringen.
Schweden und Norwegen.
Wie „W. T. B.“ aus Stockholm erfährt, wurden gestern die Commandanten und Offiziere von S. M. Cadetten⸗Schulschiffen „Stosch“ und „Stein“ vom deutschen Gesandten dem König und dem Kronprinzen vorgestellt.
(E) Nach dem Bericht des Staatscomptoirs in Stock⸗ holm haben die Staatseinnahmen Schwedens in den ersten fünf Monaten dieses Jahres betragen: Zölle 13 099 572 Kronen gegen 15 294 286 Kronen, Branntweinsteuer 4 554 014 Kronen gegen 4 167 698 Kronen, Rübenzuckersteuer 455 980 Kronen gegen 679 002 Kronen, Staatseisenbahnen (Ueberschüsse) 2 900 000 Kronen gegen 2 800 000 Kronen, mit⸗ hin zusammen 21 009 566 Kronen gegen 22 940 986 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres.
Die Aussagen der drei gestern vor das Storthing ge⸗ ladenen Marine⸗Offiziere über die in Horten im Mai vor⸗ genommene Ausrüstung von Torpedo⸗ und Kanonen⸗ ooten ergaben, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania, keine neuen Momente. Bezüglich des Vorgangs mit Waffen der Marine im Jahre 1884 erklärte der Arsenalverwalter Saade, daß sämmtliche Gewehre und Pistolen der Marine in Christiania un⸗ brauchbar gemacht worden seien durch Abschraubung gewisser Theile, die in Kisten verpackt worden seien. Der Be⸗ ehl dazu sei von dem Vertheidigungs⸗Departement aus⸗ gegangen. Der ehemalige Marine⸗Minister Johansen, der gleichfalls vorgeladen war, sandte eine ärztliche Bescheinigung ein, daß er verhindert sei zu erscheinen. Zugleich ließ er ü in ausgeführ
wird, der Vorgang mit den Marinewaffen habe theils seine Ursache in den allgemeinen unruhigen Zuständen im Jahre 1884, theils habe es sich dabei um Versehen unter⸗ geordneter Beamten in Horten gehandelt, gegen welche kriegs⸗ Feetesttc vorgegangen sei. Alle vorgeladenen Personen hoben hervor, daß die Angelegenheit ganz unerheblich gewesen sei, und daß die Gewehre in kürzester Frist wieder in sand gesetzt werden konnten. v“
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos⸗Aires vom 13. Juni hat der Minister des Innern Venceslao Escalante aus Anlaß der Opposition, die gegen seine Rede über den neuerlichen Aufstand in Catamarca im Congreß hervortrat, seine Demission eingereicht.
Afrika.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Alexandrien meldet, wird sich der Khedive Ende Juli nach Konstantinopel begeben. In seiner Begleitung werden sich der Justiz⸗Minister Maslum⸗-⸗Pascha und der Minister der auswärtigen An⸗ gelegenheiten Tigrane⸗Pascha befinden. Die Dauer der Reise ist auf drei Wochen festgesetzt.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks gehen, nach einem in Uebereinstimmung mit der früheren Judicatur des Reichsgerichts ergangenen Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 18. März 1893, nicht bloß das Grundstück allein, sondern auch die auf demselben vorhandenen beweglichen Sachen, sofern sie der Eigenthümer des Grundstücks zum Zubehör desselben bestimmt hat, durch den Zuschlag in das Eigenthum des Erstehers über, auch wenn das Eigenthum an denselben zur Zeit des Zuschlags dem Eigen⸗ thümer des Grundstücks nicht zustand.
—— Die Bestimmung des Art. 146 des Handelsgesetzbuchs: „Die Klagen gegen einen Gesellschafter aus Ansprüchen gegen die Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach Auflösung der Gesell⸗ schaft oder nach seinem Ausscheiden oder seiner Ausschließung aus der⸗ selben, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Ver⸗ jährungsfrist gesetzlich eintritt. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Auslösung oder das Ausscheiden in das Handelsregister eingetragen ist“ — findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 22. März 1893 auch auf schon vor der Ein⸗ führung des deutschen Handelsgesetzbuchs entstandene Forderungen gegen eine Handelsgesellschaft in Preußen Anwendung, welche nach dem Inkrafttreten des Handelsgesetzbuchs ihre Firma in das Handelsregister hat eintragen lassen. Die entgegenstehenden preußisch⸗landrechtlichen Vorschriften über die Verjährung von Gesell⸗ schaftsschulden sind auch für diese älteren Handelsgesellschaften durch Art. 146 H.⸗G.⸗B. außer Kraft gesetzt.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Kohlenarbeiter der österreichisch⸗ ungarischen Staatseisenbahn⸗Gesellschaft in Kladno hat noch an Ausdehnung gewonnen. Seit dem 12. d. M. striken nach einer Meldung des „W. T. B.“ sämmtliche Bergarbeiter der neun Schächte des dortigen Kohlen⸗ reviers sowie der Schlaner Caroli⸗Zeche, im ganzen 5103 Mann. Verhandlungen zwischen der Bergwerks⸗Direction und den Ausständigen, die gestern geführt wurden, haben zu keinem Erfolge geführt. Wie „D. B. H.“ berichtet, wird das Auf⸗ treten der Arbeiter drohender. Es kamen bereits mehrere ernstliche Zusammenstöße mit dem Militär vor, weshalb außer den beiden eingetroffenen Infanterie⸗Bataillonen wahrscheinlich noch die Heranziehung eines dritten Bataillons erfolgen wird. Am Sete Abend wurde der Ingenieur des Engerth⸗ und Bresson⸗Schachtes überfallen und mit Gewalt an dem Betreten der Schächte verhindert. Erst nachdem starke Abtheilungen Militaͤr und Gendarmerie energisch eingeschritten, konnte der Ingenieur die Schächte besichtigen. Es wurden viele Verhaftungen vorgenommen.
In Fünfkirchen mehren sich, nach einer Meldung des „Wolff'schen Bureaus“ die Anzeichen für eine friedliche Bei⸗ legung des Ausstandes der Bergarbeiter. Nachdem gestern 700 die Arbeit wieder aufgenommen haben, scheint jetzt eine allgemeine Wiederaufnahme der Arbeit bevorzustehen. Die Angriffe Strikender auf Arbeiter, die aus einem Schacht heraufkamen, wurden durch eine Husarenpatrouille, welche die Rädelsführer verhaftete, zuruüͤckgewiesen. Wie dem Wiener „Fr. Bl.“ berichtet wird, hat die Bergwerks⸗Direction mitgetheilt, daß auch jetzt noch allen zur Arbeit zurückkehrenden Arbeitern volle Verzeihung und ein fünfzigprocentiger Nachlaß vom bisherigen Wohnzins gewährt werden soll. Den fremden Arbeitern kündigt die Gesellschaft die Wohnungen, die am Freitag geräumt sein müssen. Trotzdem der Bergwerks⸗ Direction von fremden Arbeitern zahlreiche Anerbieten gemacht werden, geht sie nicht darauf ein, da sie noch immer eine friedliche Lösung des Ausstandes erhofft.
Hier in Berlin ist, wie wir dem „Vorwärts“ entnehmen, wegen Lohndifferenzen in der Schuhfabrik von 1
88
Fürstenheim u. Co., Neue Friedrichstr. 37, die Arbeit eingestellt worden.
Eine Lohnbewegung der in der Kürschnerei Berlins beschäf⸗ tigten Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Zahl auf etwa 1500 (500 männliche, 1000 weibliche) geschätzt wird, ist nach einer Mittheilung der Berliner „Volks⸗Ztg.“ jetzt bis zur Androhung eines Ausstandes ediehen. Nach einem gestern in einer Versammlung gefaßten Beschluß sollen am 24. d. M. die Forderungen der Ar⸗ beiter bei den Arbeitgebern geltend gemacht und im Nicht⸗ bewilligungsfalle soll die Arbeit niedergelegt werden. Die Forderungen gehen in erster Linie auf die gänzliche Beseitigung der Stücklohnarbeit. An Stelle dieser soll die Lohnarbeit treten bei folgenden wöchentlichen Mindestlohnsätzen: Gesellen 25 ℳ, Steppe⸗ rinnen 18 ℳ, Mamsells 14 ℳ Die Arbeitszeit soll um eine halbe Stunde auf 9 ½ Stunden täglich verkürzt werden. Gleichzeitig sollen die Ueberstundenarbeit und die Sonntagsarbeit in Wegfall kommen ꝛc. Diese Forderungen werden den Arbeitgebern unverzüglich zur Kennt⸗ 88 getkacht werden. Einige Werkstätten haben schon den Forderungen entsprochen. 8
Ueber den in Paris ausgebrochenen theilweisen Ausstand der Kutscher (vergl. Nr. 139 d. Bl.) wird der „Köln. Ztg.“ vom gestrigen Tage berichtet:
Gegen 1000 Kutscher haben die Arbeit niedergelegt, doch glaubt man an keinen allgemeinen Ausstand. Die Fuhrgesellschaften ver⸗ langten von den FFetschern sie sollten für den Sonntag, den Tag des großen Rennens, 21,75 Fr. abliefern. Infolgedessen erklärten die Leute den Ausstand und forderten die Pariser Kutscher auf, ihrem Beispiel zu folgen. In einer von 2000 Kutschern besuchten Versammlung wurde gestern beschlossen, den Ausstand ortzusetzen. Dem „H. T. B.* wird heute gemeldet, daß der Ausstand der Lohnkutscher
Ausdehnung annimmt, da bereits vier⸗ bis fünftausend
Kutscher verweigert hätten, den Dienst anzutreten. Diejenigen Kutscher, welche nicht den großen Compagnien angehören, nähmen jedoch an dem Ausstande nicht theil.
Als Ursache des Ausstandes der Streichholzarbeiter in Geraardsbergen (frz. Grammont) (vergl. Nr. 137 d. Bl.) wird der „Köln. Z.“ angegeben: Die Leute verlangen eine Lohn⸗ erhöhung, welche die Fabrikbesitzer wegen des durch den ausländischen Mitbewerb (Deutschland) schlechten Geschäftsgangs nicht bewilligen können. In den Werkstätten der Gesellschaft Mertens feiern alle. Eine weitere Forderung der Arbeiter geht dahin, die Fabrikanten möchten wieder dickere Hölzchen anfertigen lassen, weil diese billiger seien als die vom auswärtigen Wettbewerb aufgedrängten ünnen.
Die in Glasgow tagende Conferenz schottischer Berg⸗ leute nahm nach einem Telegramm des „D. B. H.“ von gestern einstimmig eine Resolution an, welche in der Woche vier Arbeitstage zu je acht festsetzt. 8
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Kunst und Wissenschaft.
In der Universität zu Cambridge fand, wie „W. T. B.“ aus London meldet, gestern die feierliche Uebergabe der Ehren⸗ diplome an die zu Doctoren der Musik ernannten Compo⸗ nisten Saint⸗Sasöns, Max Bruch und Tschaikowsky statt. Der norwegische Componist Edward Grieg war durch Unpäßlichkeit verhindert, das Diplom persönlich in Empfang zu nehmen. Der Professor der englischen Sprache und Literatur an der Berliner Universität Dr. Zupitza wurde gleichfalls zum Ehren⸗Doctor ernannt. Der italienische Componist und Dichter Arrigo Boito, welcher die Auszeichnung für Musik und Dicht⸗ kunst erhalten hatte, wurde feierlich ehnae rt.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Ungarn.
Die ungarische Regierung hat die im vergangenen Jahre
Eegen die Einschleppung der Cholera erlassenen Bestimmungen wegen in⸗ und Durchfuhr von Waarensendungen ꝛc. außer Kraft gesetzt. (Vergl. auch „R.⸗A.“ Nr. 136 vom 9. d. M.)
Norwegen.
Nach einer Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 7. d. M. sind die dee Häfen am nördlichen Eismeer und an der Ostsee für cholerafrei erklärt worden.
Cholera. 1
Alais (Dep. Gard), 14. Juni. „W. T. B.“ meldet: Am Montag sind hier sieben Personen an Cholera gestorben. Aus Montpellier wird dem „H. T. B.“ berichtet, daß dort zwei neue Cholerafälle vorgekommen sind. Ein Polizeibeamter und ein Provisor des Spitals sind an der Seuche gestorben. Auch aus Cette werden unter dem gestrigen Tage abermals drei Todesfälle infolge von Cholera gemeldet.
Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 28. Mai bis 3. Juni kein besonders günstiger, doch hat die Sterblich⸗ keit erheblich abgenommen und sank die Sterblichkeitsziffer auf 18,0 pro Mille und Jahr (von 22,1 der Vorwoche) herab. Noch immer traten acute Entzündungen der Athmungsorgane in großer Zahl zu Tage und führten sogar in einer gegen die Vorwochen ge⸗ steigerten Zahl zum Tode. Auch Erkrankungen an Grippe waren nicht selten; aus der der Berichtswoche vorhergegangenen Woche wurden 6 Todesfälle an Grippe gemeldet. Dagegen kamen acute Darmkrankheiten etwas seltener zum Vorschein und ver⸗ anlaßten weniger Todesfälle. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine kleinere; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 53 Säuglinge. — Größere Verbreitung haben aber von den Infettionskrankheiten Masern und Scharlach ge⸗ wonnen, von denen letztere vielfach tödtlich endeten und aus dem Stralauer Viertel und der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten zur Anzeige kamen; während Erkrankungen an Masern sich in der Schöneberger und Tempelhofer Vorstadt, dem Stralauer Viertel und namentlich auf dem Wedding sehr zahlreich zeigten. Erkrankungen an Diphtherie (in Moabit und auf dem Wedding am häufigsten) wurden etwas weniger oft gemeldet, auch kamen nur 6 Erkrankungen an Kindbettfieber zur Kenntniß. Erkrankungen an rosenartigen Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut blieben häufig, Erkrankungen an Unterleibstyphus traten in beschränkter Zahl zu Tage. Erkrankungen an Keuchhusten blieben häufig, poch nahmen sie meist einen milderen Verlauf. Ein Todesfall an epidemischer Genickstarre gelangte zur Mittheilung. Rheumatische Beschwerden der Muskeln sowohl wie acute Gelenkrheumatismen kamen weniger in ärztliche Behandlung.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks 88 an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 13. d. M. gestellt 10 195, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 3908, nicht recht⸗ jeitig gestellt keine Wagen. 8
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand am 13. Juni das der Frau Ida Marquardt gehörige, in der Lützow⸗ straße 42 belegene Grundstück zur Versteigerung. Nutzungswerth 16 280 ℳ Mindestgebot 340 150 ℳ Für das Meistgebot von 362 000 ℳ wurde der Maurermeister Fritz Noack, Hagelsberger⸗ straße 8, Ersteher.
— Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“ Das oberschlesische Kohlengeschäft hat in letzter Woche keinerlei Aenderung erfahren. Die Verladungen von Stück⸗ und Würfelkohlen gehen seit Eintritt der günstigeren Schiffahrt in bisheriger Stärke weiter, dagegen ist für die übrigen Sortimente, als Nuß I. und II., Erbs⸗, Gries⸗ und Kleinkohlen, wenig Nachfrage vorhanden. Die allgemeine Lage des oberschlesischen Kohlengeschäfts ist keine günstige, da trotz der von der Kohlenconvention der Gruben vorgeschriebenen Förderungseinschränkung und der auf den meisten Gruben eingestellten Nachtförderung ein wesentlicher Theil der frisch gewonnenen kleineren Kohlensorten keine Abnahme findet. Nur Staubkohle findet seit der Verbesserung der Feuerungsanlagen zur Kesselheizung, sowie auch zum Ziegelbrennen gute Verwendung, sodaß dieselbe flott abgefahren und gut bezahlt wird. Der Absatz nach Galizien erstreckt sich ebenfalls nur auf Stück⸗ und Würfelkohlen; nur vereinzelt sieht man auch Nußkohlen dahin verladen. Im Betriebe der Kokswerke hat sich ebenfalls nichts geändert. Der Bedarf an Koks für die oberschlesischen Hochofenwerke und Gießereien wird regelmäßig abgefahren, und die Mehrproduction kommt wegen Mangels an Absatz bei mehreren Werken in die Bestände. Trotz des billigen Angebots will es den Producenten nicht gelingen, das Fabrikat voll und ganz abzusetzen resp. die Bestände nicht weiter an⸗ wachsen zu lassen, ein Beweis, daß auch hier eine Ueberproduction
vorhanden ist. Magdeburg, 13. Juni. W. T. B.) ehr Kornzucker ercl., von 92 % —,—, ornzucker exel., 88 % Rendement Nachproducte exel., 75 % Rendement 16,15. Still. Brod⸗ raffinade I. 31,00. Brodraffinade II. —,—. Gem. Raffinade mit Faß 30,25. Gem. Melis I. mit Faß 30,25. Fest. Roh⸗ zucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Juni 18,82 ½ Gd., 18,87 ½ Br., pr. Juli 19,07 ½ bez., 19,10 Br., pr. August 19,22 ½ bez., 19,25 Br., pr. September 17,45 Gd., 17,50 Br. Stetig. Frankfurt a. M., 13. Juni. (W. T. B.) Die Frankfurter Bank hat im Verein mit sechs anderen hiesigen Bankinstituten fünf Millionen Mark 3 ½ % Obligationen der Stadt Frankfurt a. M. zum Curse von 97 ½ % übernommen. Die Anleihe soll demnächst Zeichnung aufgelegt werden.