8 8
8
Wiesbaden
Nachts Thau.
während Ost⸗ und Mittel⸗Europa von einem Gebiet niedrigen Luftdrucks mit mehreren flachen Depressionen eingenommen wird. Bei s westlicher Wetter wolkig und kühl,
anderen Futterstoffen soll angeblich die Möglichkeit der Ge⸗ währung von Ausnahmen im Wege des Dispenses vorbehalten wer⸗ den. Solche Ausnahmen würden aber voraussichtlich nur für solche Sendungen in Betracht kommen, für welche die Käufe bereits vor der Publication des Verbots abgeschlossen waren und der Kaufpreis schon ganz oder theilweise bezahlt ist, oder die sich schon auf dem Wege nach der Grenze befinden. Keinesfalls würden die Ausnahmen uf Speculationskäufe Anwendung finden. 3 London, 14. Juli. (W. T. 1 (Meldung des „Reuter'schen Bureaus“) Die Papier⸗Rupie steht 69 infolge der Einladung der indischen Regierung zur Zeichnung auf 350 Lacs einer 3 ½ % An⸗ leihe, für welche das 4 ½ % Rupienpapier in Zahlung genommen werden soll. Im Fall des Erfolges dieser Anleihe soll die Möglich⸗ keit einer Convertirung der 4 % Anleihe in nächster Zukunft nicht aus⸗
geschlossen sein. 9 chloss T. B.) Wollauction.
. London, 14. Juli. stramm, unverändert. 3
An der Küste 4 Weizenladungen angeboten.
6 % Javazucker loco 20 ½ ruhig. Rüben⸗Rohzucker loco 17 ¾ stetiger. — Chile⸗Kupfer 421518, pr. 3 Monat 43 ⅞.
Liverpool, 14. Juli. (W. T. B.) (Baumwollen⸗Wochen⸗ bericht.) Wochenumsatz gegenwärtige Woche 54 000 (vorige Woche 38 000), do. von amerikanischen 48 000 (33 000), do. für Speculation 2000 (1000), do. für Export 1000 (1000), do. für wirklichen Consum 45 000 (31 000), do. unmittelb. ex. Schiff 56 000 (43 000), wirklicher Export 5000 (7000), Import der Woche 53 000 (19 000), davon amerikanische 28 000 (16 000), Vorrath 1 376 000 (1 385 000), davon amerikanische 1 121 000 (1 142 000), schwimmend nach Großbritannien 22 000 (30 000), davon amerikanische 12 000
(20 000).
Manchester, 14. Juli. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 ⅛, 30r Water Taylor 7 ½, 20r Water Leigh 6 ½, 30r Water Clayton 7 ⅞%, 32r Mock Brooke 7 ½, 40r Mayoll 8 40r Medio Wilkinson 8 ⅞, 32r Warpcops Lees 7 ½, 36r Warpcops Rowland 8, 36r Warpcops Wellington 8 ¼, 40r Double Weston 8 ¾, 60r Double courant
Qualität 11 ¾, 32“ 116 Yards 16 % 16 grey Printers aus 321/461
165. Stetig. 1
St. Petersburg, 14. Juli. (W. T. B.) Producten⸗ markt. Talg loco 57,50, pr. August —, Weizen loco 11,25, Roggen loco 8,80, Hafer loco 5,30, Hanf 44,00. Leinsaat loco 15,00. Trübe. 8
Den russischen Börsen wird von der nächsten Woche ab ge⸗ pattet werden, silberne Rubel nach ihrem neueren Werth, dem
Juli.
reis des Silbermarktes entsprechend, zu cotiren. 3 Java⸗Kaffee Bancazinn 55.
14. (W. 2Z. B.)
(W. T. B.) Es betrugen die Einnahmen der Serbischen Tabackregie vom 1. Januar bis 30. Juni 1893 4 464 844 Fr. (+ 383 525 Fr.). Die Einnahmen der Serbischen Salzregie betrugen vom 1. Januar bis 30. Juni 1893 1 565 104 Fr. (+ 126 696 Fr.).
New⸗York, 14. Juli. (W. T. B.) Die Börse eröffnete und verlief befestigt. Der Umsatz der Actien betrug 205 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 190000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 105 000 Unzen.
Weizen eröffnete sehr fest und steigend auf bessere Kabelberichte und Käufe für engsändische Rechnung. „Nachmittags trat eine Ab⸗ schwächung ein. Schluß träge. — Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung auf Berichte über Ernteschäden in den Weststaaten. Die Aufbesserung ging jedoch später wieder verloren, da die Ernteschäden in Abrede gestellt werden. Schluß träge.
„Baumwollen⸗Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions⸗ häfen 15 000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 20 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Continent 17 000 Ballen. Vorrath 337 000
allen.
Chicago, 14. Juli. (W. T. B.) Weizen anfangs sehr fest
auf bessere Kabelberichte und gemeldete Ernteschäden. Später Reaction
auf reichliches Angebot und matte Kauflust. Schluß stetig. — Mais
eröffnete sehr fest infolge heißen Wetters, das den Saatenstand
schädigt, fiel aber bald wieder auf reichliche Verkäufe und wider⸗ sprechende Berichte von Ernteschäden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die Saal⸗Eisenbahn vereinnahmte im Juni d. J. nach vor⸗ läufiger Feststellung 128 390, d. i. gegen die vorläufige Feststellung für 1892 mehr 212 ℳ, gegen die endgültige weniger 8435 ℳ; bis Ende Juni d. J. betrug die Einnahme überhaupt 665 338 ℳ, d. i. gegen 1892 mehr 54 617 nach der vorläufigen und 35 626 ℳ mehr nach der endgültigen Feststellung.
— Die Pfälzischen Eisenbahnen vereinnahmten im Juni
d. J. 1 721 410 ℳ (— 29 922 ℳ); seit dem 1e c dun 9855 962 ℳ (4. 45 468 ℳ). 99” l Januar d. J
(W Preise
Amsterdam, good ordinary 52 ½. — B. Belgrad, 15. Juli.
t vom 15. Juli, Morgens.
—A
Regen.
illim.
8
E“ 14. Juli. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Postdampfer „Wieland“ ist gestern Nachmittag und der Schnelldampfer „Nor⸗ mannia“ heute Morgen in New.⸗ York eingetroffen. Der Post⸗ dampfer „Columbia“ ist heute Nachmittag auf der Elbe ein⸗ Ptroffen Der Postdampfer „Europa“' ist heute in St. Thomas eingetroffen. 1
Wien, 14. Juli. (W. T. B.) Ausweis der österreichisch⸗ ungarischen Staats bahn (österreichisches Netz) vom 1. bis 10. Juli 674 443 Fl., Mehreinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 39 521 Fl.
London, 14. Juli. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Drummond Castle“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Capetown abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Hawar⸗ den Castle“ ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal) an⸗ gekommen. Der Union⸗Dampfer „Athenian“ ist auf der Aus⸗ reise in Capetown angekommen.
Verdingungen im Auslande.
Dänemark. 25. Juli, 1 Uhr. Staatsbahnverwaltung (Maskinafdelingens Contoir), Colbjörnsensgade Nr. 6, Kopenhagen: Lieferung von 700 Stück englischem Fensterglan; ““ 50 „ mattgeschliffenem Glas ohne Borte,
† 9 82 mit „ Spiegelglas, farbigem Glas, Wagenlichtgläsern, rundem geschliffenen hellen Glas, viereckigen geschliffenen Handlaternengläsern, ) „ bpöogenförmigen, rothen und grünen Gläsern. 1 Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle und beim „Reichs⸗Anzeiger“ (in dänischer Sprache). Ohne Datum. „De lollandske Jernbaner“ in Maribo: Lieferung von 10 000 Stück Eisenbahnschwellen und ca. 4000 Fuß Weichenhölzern. Bedingungen zur Einsicht auf der „Börse“ in Kopenhagen.
Theater und Musik.
“ Kroll's Theater. .
Herr Heinrich Bötel ließ dem Lyonel in Flotow's „Martha“,
den er am Sonntag vor dichtgefülltem Saal und unter rauschendem Beifall gesungen, gestern den „Fra Diavolo“ folgen. Auch für diese Rolle fehlte es ihm nicht an überschwänglicher Anerkennung seitens des Publikums, Dacapo-Rufen und Blumenspenden, obgleich ihm für die Verkörperung dieses eleganten, verschmitzten und doch so liebens⸗ würdigen Bösewichts die leichte, ungezwungene Beweglichkeit mangelt. Auch sollte der geschätzte Sänger, was die vokale Ausführung betrifft, si wohl davor hüten, in Manier zu verfallen, wie solche sich namentlich beim Vortrage der eingelegten Sere⸗ nade bekundete. In manchen Lagen seines kräftigen, durch unaufhörliches Forciren aber leider schon jetzt beeinträchtigten Organs giebt er diesem einen weich sein sollenden, jedoch durchaus nicht immer angenehmen nasalen Charakter, der auch der Reinheit des Tons nicht zuträglich ist. Vortrefflich war Fräulein Islar in der Rolle der Zerline. Die junge Künstlerin erfreut ebenso sehr durch die Anmuth ihres Spiels, wie durch ihre sich stetig ver⸗ vollkommnende Gesangskunst und Coloraturfertigkeit; Fräulein Detschy (Lady) sowie die erren Pauli (Lorenzo), Krähmer (Lord), Gustav Schmidt und orms (Banditen) vervollständigten E1“ der Oper in anerkennenswerther und erheiternder
eise.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater hat Herr Steiner nach seinem Urlaub seine künstlerische Thätigkeit wieder auf⸗ genommen. Herr Kapellmeister Federmann ist gleichfalls vom Urlaub zurückgekehrt. Für den nächsten Sonnabend ist die Aufführung von Genée's Operette „Nanon“ in neuer Besetzung in Aussicht genommen.
Im Kroll'’schen Theater ist für die neue Woche folgender Spielplan aufgestellt: Sonntag: „Der Postillon von Lonjumeau“ (mit Herrn Bötel); Montag: „Der Schwur’, darauf „Der Barbier von Sevilla“; Dienstag: „Die Zauberflöte“; Mittwoch: „Martha“ (Lyonel: Herr Bötel); Donnerstag: „Der schwarze Domino“; Freitag: „Die Hugenotten“; Sonnabend: „Der Wildschützt.
Mannigfaltiges.
Der Stadt Berlin ist, wie der „N. A. Z.“ berichtet wird, eine große Erbschaft von fünf bis sechs Millionen Mark zugefallen. Der Erblasser Rentier Arthur Kube hat sein ganzes Vermögen der Stadt mit der Aufgabe vermacht, daraus eine Stiftung für alte
Im Westen Großbritanniens Barometer, sodaß nach vorübergehendem wieder neue Trübung und auch Regen zu erwarten ist.
ällt das ufklaren
Ausstattungsstück) mit
2 82
ESAläscbSrücRHenMeRHHRFEAa vMe,’.EMFXSENcERAveHSEESYRexereer;,
Bildern. Anfang 7 ½ Uhr.
Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp
red. in N
Belmullet.. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm.
aparanda.
t Petersburg Moskau...
Cork, Queens⸗ Iow . .. Cherbourg. F EE1“ amburg.. winemünde Neufahrwasser Memel
Fen “ ünster.
Karlsruhe.
NNW NW N
O SSO
bedeckt bedeckt Dunst halb bed.
Sonntag: Unterwelt.
halb bed. wolkenlos heiter
22ö2ö2ö2ö2ö2 IcIeRNSSN XS2SS0=85 — —9 dodo do — do
753
763 763 760 757 758 755 757 755
762 759 760 760 759 758 757 755 754 616
. 756
Cö
wolkig bedeckt wolkig wolkig bedeckt wolkig!¹) bedeckt bedeckt bedeckt alb bed. edeckt wolkig bedeckt wolkig wolkig Regen bedeckt heiter halb bed. bedeckt
fang 5 Uhr.
ᷓ O doCUodoeS—
⁸
In Berlin
sind geöffnet.
ehats.
an Uhr. vmn⸗
esangs⸗ fang 6 Uhr.
11-“
BAPleatbeo eor dorode
— —. —
Lonjumeau. Bötel.)
Uebersicht der Witterung. von Sevilla.
Ueber West⸗Europa ist der Luftdruck ein hoher,
2 chwacher, vorwiegend nord⸗ Luftströmung ist in Deutschland das stellenweise fiel daselbst
Theater⸗Anzeigen.
Friedrich-Wilhelmstüdtisches Theater. Chausseestraße 25. Neu einstudirt: „Burleske Oper in 4 Bildern von wolkenlos Pertor Cremieux, neu bearbeitet von Eduard Jacob⸗ ohn. Musik von Jacques Offenbach. Anfang 7¾ Uhr.
Im Park: Großes Doppel⸗Conrert, ausgeführt von der Berliner Concert⸗Kapelle, unter Leitun Kapellmeisters Herrn Guthschmidt, und dem Orchester des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters, unter Lei⸗ S “ reten der Gesangs⸗Duettisten Geschwister Tery, Auf⸗ treten des Damen⸗Terzetts Sylvia, der Sarbreti⸗ Theater Unter den Linden. Böhmische National⸗Oper unter der Direction Ad. Ensemble⸗Gastspiel. Zum 16. Male: —. (Prodana nevesta.) Ko⸗- . Acten von K. Sabina. von Max Kalbeck. Musik von Friedrich Smetana,
Clotilde Kowala, der Sän Original⸗Gesangs⸗Humoristen
Um 10 Uhr: Die Fontaine lumineuse.
8 n nirgends sonst zu sehen. — Elektrische Illumination. — Sämmtliche Sehenswürdigkeiten
Orpheus in der Unterwelt.
Hert; Großes Doppel⸗Concert. erster und Instrumental⸗Künstler.
Kroll's Theater. Sonntag: Gastspiel des
Herrn Heee CG Ge
apelou und Saint . Anfang 7 Uhr. n Phhr Montag: Der Schwur. Darauf: Der Barbier
Täglich: Vor, während und nach d
Gro 89 Concert G ö
Sonntags 4 Uhr, Wochentags 5 ½ Uhr. Dienstag: Die Mittwoch: Gastspiel des Herrn H
Großes Doppel⸗Concert. und Victoria⸗Kapelle.) Auftreten täten ersten Ranges. U. a.: Virtuosin auf dem Pedal⸗Cymbal. Orpheus in der — Monsieur
Anfang 4 Uhr.
flammen. des Im Garten: Doppel⸗Concert.
Stiemer. — 2. Aaf.
erin Orosy und des
Ifred Bender. An⸗ Baumann.
Die verkaufte Braut. mische Oper in 3
in Scene gesetzt durch Herrn Regisseur des Königli
National⸗Theaters in Prag.
An⸗
Auftreten An⸗
und National⸗Theaters in Prag. von Herrn Aug. Berger, Balletr böhm. Landes⸗ und
1 Costümen und E.
Montag: Dieselbe Vorstellung.
Der Postillon von
Herr
des Directors Sommer⸗Garten. es Directors Adolf B.
Anfang 3 Acten
auberflöte.
rich Bötel. Anfang 7 ½ Uhr.
Berliner Lehrer und Lehrerinnen christlichen Glau
zu gründen, einschließlich derjenigen, welche pensionirt sind, deren Pebfne aber zum Lebensunterhalt nicht ausreicht. In erster Linie sollen protestantische Lehrer und Lebrerinnen berücksichtigt werden. Die beiden Schwestern des Erblassers und seine übrigen Angehörigen erhalten Legate von den Zinsen, und nach ihrem Tode soll auch dieses Kapital der Stadt zufallen.
Das von den Kirchenorganen der Georgen⸗Gemein nehmigte Project zur Erbauung einer “ Kirche neg. Georgenkirchhof hat, wie die „N. A. Ztg.“ erfährt, das Königliche Consistorium der Provinz Brandenburg dem Magistrat als Patron der Kirche zur Genehmigung unterbreitet. Der Magistrat hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem von Professor Otzen verfertigten Entwurf einverstanden erklärt. Nach Herstellung der neuen Kirche wird die alte Kirche zum Abbruch gelangen. Die Herstellungskosten der neuen Kirche sind auf 533 000 ℳ veranschlagt.
“ i. Br. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist der Justiz⸗Nath Carl Braun⸗Wiesbaden gestern Nachmittag in Freiburg i. Br. infolge eines Schlaganfalles gestorben. Er war 1822 zu Hadamar in Nassau geboren, studirte in Mar⸗ burg und Göttingen, wurde im Jahre 1843 Anwalt am Wiesbadener Ober⸗Appellationsgericht und kam nach der Ein⸗ verleibung Nassaus in das Königreich Preußen an das Ober⸗ Tribunal nach Berlin. Vom Jahre 1879 ab war er als Rechts⸗ anwalt beim Reichsgericht in Leipzig, von 1887 ab in derselben Eigen⸗ schaft beim Landgericht 1 Berlin thätig. Im Herbst 1891 siedelte er nach Freiburg i. Br. über. Seit dem Jahre 1859 war er ständiger Präaͤsident des Volkswirthschaftlichen Congresses, zu dessen Begründern er gehörte. Die von ihm 1863 ins Leben gerufene „Vierteljahrsschrift für Volkswirthse chaft und Culturgeschichte“ hat er seit 1887 elbst herausgegeben. Carl Braun gehörte als Abgeordneter dem Norddeutschen Reichstag und dem Preußischen Landtag, später dem Deutschen Reichstag an, wo er sich der nationalliberalen Partei anschloß. Mit den Secessio⸗ nisten trat er im Jahre 1884 der deutschfreisinnigen Partei bei und schied im Jahre 1887 ganz aus dem parlamentarischen Leben. Von seinen zahlreichen Schriften sind die im Jahre 1881 in Hannover in dritter Auflage erschienenen „Bilder aus der deutschen Kleinstaaterei“ am bekanntesten.
Aus der Sch weiz. Der „N. Pr. Ztg.“ wird berichtet: Von Airolo aus marschirte dieser Tage eine 35 Mann starke Reisegesell⸗ schaft die St. Gotthardstraße hinauf, auf dem Wege hin und wieder Alpenrosen pflückend. Die Herren Wirth (Sohn des Redacteurz Th. Wirth vom St. Galler „Stadt⸗Anzeiger“) und Maurer kamen dabei weiter von der Straße ab und langten schließlich auf La Fibbia an. Von dort wollten sie nun wieder nach dm Hospiz hinunter. Glücklich hatten sie die schwierigste und gefähr⸗ lichste Partie, die eigentliche Felsenpartie, hinter sühers es galt nur
noch, eine steile Grashalde zu überwinden. Um sicherer auftreten zu können, zog Herr Wirth die Schuhe aus, da sich solche Partien barfuß viel leichter und sicherer machen lassen. Als er aber aufstehen wollte, stürzte er kopfüber um (ob in einem Anfall von Ohnmacht oder in⸗ folge Verlustes des Gleichgewichts, ist nicht bekannt), schoß auf der Halde vorwärts und dann über Felsen 100 bis 200 m tief hinunter, wo sein Körper von einem größeren Stein aufgehalten wurde. Um Hilfe rufend, kletterte Maurer seinem unglücklichen Freunde nach und fand ihn mit mehrfachem Schädelbruch todt. Maurer selbst hatte sich nicht erheblich verletzt; nur trug ihm der gefährliche Abstieg zu dem todten Genossen mehrere Abschürfungen ein. Auf die Hilferufe hin eilten mehrere in der Nähe arbeitende Italiener herbei und bald nahte auch Hilfe vom Hospiz selbst. Der Leichnam wurde nach Airolo geführt, wohin Herr Maurer denselben begleitete.
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen. G
München, 15. Juli. (W. T. B.) Heute wurde die Ausstellung der Secessionisten in der Prinz⸗Regenten⸗ Straße unter großer Theilnahme von Ehrengästen, Künstlern und Kunstfreunden eröffnet. Die Ausstellung enthält in zwölf Sälen circa 700 Kunstwerke aus allen europäischen Kunstcentren.
Bautzen, 15. Juli. (W. T. B.) Der Ballon „Phönix“, der Ersatzballon für den „Humboldt“, ist unter Führung des Premier⸗-Lieutenants Groß heute früh gegen ½ Uhr bei Bautzen glatt gelandet.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Virtoria⸗Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonntag: Zum 58. Male mit vollständig neuer Aus⸗
8₰ tattung: Frau Venus. Modernes M 6 8 Cefaaenanafigdhrihs
Im Belle⸗Alliance⸗Garten:
erkules, Posse in einem Act, dargestellt von Mitgliedern des Schauspielpersonals.
Brillaute Illumination durch 25 000 Gas⸗
Montag: Fran Venus. Anfang 7 ½ Uhr. Specialitäten ersten Ranges. Anfang 5 Uhr.
88 en 19 dirigent: Herr Ad. Cech, erster Kapellmeister des Kgl. böhm. Landes⸗ Tänze arrangirt rger, neister des Kgl. ndes National⸗Theaters Mit vollständig neuer Ausstattung an Decorationen, Anfang
☛ Das Theater ist durch den neuen elektrischen Luftkühl⸗Apparat das bestventilirte in Berlin. sc
Adolph Ernst⸗-Theater. Sonntag: Letztes Gastspiel des österreichischen Operetten⸗Ensembles aumann aus Brünn. 37. Male: . E Fcrtegezaba. na em Französischen von O. Monvyv. Musik von Alfred Strasser und Max von Weinzierl.
☛ꝙ Der Sommer⸗Garten ist geöffnet. ng
——————————————
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 11—12 Uhr. p e ü
AEENERFMErEmEenrSeHkezTRnESHRE SOFRaaeeAx.⸗ Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Hedwig von Kujawa mit IHrn. Tenig. Forst⸗Assessor und Fürstl. Stolbergschen Oberförsterei⸗Verwalter Karl von Eschwege (Oppeln— Wierchlesch bei Himmelwitz). — Frl. Marie Lüdecke mit Hrn. Prem.⸗Lieutenant Heinrich Großmann (Charlottenburg — Magdeburg). — Frl. Käthe Axt mit Hrn. Pastor Heinrich Fricke⸗ wirth (Letzlingen).
Verehelicht: Hr. Prem⸗Lieutenant Max Freiherr Löw von und zu Steinfurth mit Sophie Elfriede 2 von 5 e h)⸗ — Fr. 8.
omeyer mit Frl. Heta Jouanne (Pleschen).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pfarrvicar E.
Jurisch (Freiburg). — Hrn. Reinhardt Grafen
Finck von Finckenstein (Prittag bei Deutsch⸗Kessel).
Eine Tochter: Hrn. Major Freiherrn von
Uslar⸗Gleichen (Köln⸗Lindenthal). — Hrn. Oskar
von Heinz (Liegnitz). 8
Gestorben: Verw. Fr. Rittergutsbesitzer Ottilie Eunicke, geb. Elfreich (Nieder⸗ ehdonh. — Hrn. Grafen Heinrich von Bethusy⸗Huc Töchterchen Emmy (Albrechtsdorf). — Verw. Fr. Geh. Ober⸗ Tribunals⸗Rath Auguste Brunnemann, geb. San (Berlin). — Hrn. Lieutenant Walther Freiherm von Kap⸗herr Töchterchen Hermine (Schloh Lockwitz). — Hr. Rudolf von Biel (Doberan).
—
(Militär⸗Kapelle von Sperciali⸗ Ilona Kis, Anna Rieder.
Auftreten von
Sonntag:
Deutsch
Jos. Smaha,
in Prag.
präcise 7 ½ Uhr. Redacteur: J. V.: Siemenroth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilbelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage), 8 und das Werzeichniß der gekündigten Prioritäts⸗ Obligationen der Oberschlesischen Eisenbahn⸗
Gesellschaft und der Niederschlesischen Zweigbahn⸗Prioritäts⸗Obligationen.
Zum Operette in
aber darauf will ich doch hinweisen,
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats
No. 167.
“ Deutscher Reichstag. 7. Sitzung vom Freitag, 14.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Freitag berichtet worden.
Als zweiter Gegenstand steht auf der Tagesordnung die
weite Berathung der Militärvorlage. Nachdem der § 1 des Artikels 2 unverändert angenommen ist, § 2, nach welchem den nach zweijähriger Dienstzeit entlassenen Mannschaften die Erlaubniß zur Auswanderung für das nächste Jahr verweigert werden kann, das Wort der
Abg. Gröber (Centr.): Die Regierungsvorlage hat bekanntlich ursprünglich die Absicht gehabt, den dritten Jahrgang als Dispositions⸗ urlauber zurückzubehalten. Im Laufe der Debatte hat die Regierun sich geneigt gezeigt, weiter entgegenzukommen, wenn sie 8- unseren Antrag in der Commission abgelehnt hat. Diese Ab⸗ lehnung kann uns natürlich nicht veranlassen, die Frage auf sich be⸗ ruhen zu lassen, wie es auch eine irrige Auffassung des Abg. Dr. von Bennigsen ist, wenn er meint, weil wir gegen die ganze Vorlage sind, seien wir selbstverständlich auch gegen Verbesserungen im einzelnen. Das ist durchaus nicht der Fall. Auch die Verunglimpfung unserer Fraction seitens des Reichskanzlers in der letzten Debatte kann uns nicht hindern, an Verbesserungen der Vorlage mitzuwirken. Ich kann dem Reichskanzler nur sagen, wenn er der Meinung ist, durch derartige Ausfälle gegen unsere Fraction uns in den Augen unserer Freunde im Lande herabzusetzen, so täuscht er sich, und wenn er glaubte, durch seine Ausführungen einen Apfel des Zwiespalts unter uns hineinwerfen zu können, würde er sich noch viel mehr G Durch solche Ausfälle wird er uns nicht trennen, sondern n mehr zusammenbringen. Die Ausfälle gegen einzelne Mitglieder unserer Fraction gereichen diesen nicht zur ÜUnehre. Die Führer und Redner des Centrums sind vom Bundes⸗ rathstisch immer angegriffen. Unter dem Amtsvorgänger des Reichs⸗ kanzlers sind allerdings noch viel ärgere Angriffe gegen uns erfolgt. Der § 2 will die nach zwei Jahren entlassenen Mannschaften in die Stellung der Ordreurlauber zurückdrängen. Man sollte das nach den Motiven nicht annehmen; wahrscheinlich sind die Motive von einem andern verfaßt als die Vorlage. Wenn § 2 angenommen wird, so wird damit vielleicht etwas beschlossen, was man eigentlich nicht will. Denn auf die nach zwei . entlassenen Mannschaften sollen Be⸗ stimmungen über die Reservisten nicht vollständige, sondern nur sinn⸗ gemäße Anwendunt finden; damit werden also die nach zwei Jahren entlassenen I“ als Dispositionsurlauber bezeichnet. In einer solchen Frage muß Klarheit geschaffen werden von den Herren, welche die Vorlage annehmen wollen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Major Wachs erklärt die Bedenken des Vorredners für unbegründet. Sinn⸗ gemäße Anwendung könnten die Bestimmungen auf die nach zwei Jahren noch zurückbehaltenen Mannschaften nur finden, weil sie eben nur zurückbehalten, nicht zum Dienst eingezogen sind. Diese Zurück⸗ behaltung soll als Uebung gelten.
Abg. Graf von Bismarck⸗Schönhausen (b. k. F.): Nach⸗ dem der Verlauf der gestrigen Debatte das Schicksal der Militär⸗ vorlage im ganzen geklärt hat, möchte ich doch aus Anlaß der Be⸗ rathung des jetzt uns beschäftigenden Paragraphen noch einige Momente betonen, bevor der hohe Reichstag sich in dritter Lesung definitiv festlegt. Ich schicke voraus, daß von der Nothwendigkeit einer Verstärkung unseres Heeres niemand mehr dur drungen sein kann, als wie ich es bin, und zwar schon seit mehr als 3 ½ Jahren, seit dem Herbst 1889. Ich will nur hervorheben, daß im Vergleich mit andern Großstaaten davon keine Rede sein kann, daß wir finanziell nicht im stande wären, die uns zugemutheten Lasten zu tragen. Mein lebhaftes Bedenken ist nur begründet, daß die jetzige I“ gegen die ursprüngliche Vorlage so abgeschwächt ist, und diese Ab⸗ schwächung ist deshalb umsomehr zu bedauern als dasjenige, was als Ausgleichung für die Abschaffung der dreijährigen Plesstien auf dem Felde der artilleristischen Leistungen dienen sollte, abgestrichen worden ist. Ich mag aber die Hoffnung nicht aufgeben, daß die Be⸗ mühungen, die im Gange ““ sind, die ö“ Forntcge wiederherzustellen, von Erfolg gekrönt sein mögen. enn ich stehe auf dem Standpunkt, daß ausreichende Compensationen nothwendig waren, um die zweijährige Dienstzeit acceptabel zu machen, — ein Standpunkt, der fünf Monate lang vom Regierungstisch festgehalten worden ist. Die Bedenken gegen die zweijährige Dienstzeit, wie sie auf der rechten Seite des Henses angeführt sind, sind wesentlich ge⸗ stiegen dadurch, daß vom 5. bis 6. Mai d. J. die Abschwächung durch den Antrag Huene stattfand. Ich habe mit Befriedigung ge⸗ hört, daß gestern der Führer der Conservativen, der Abg. füener von Manteuffel 8 einmal die schweren Bedenken zum Ausdruck gebracht und formulirt hat; denn es ist für jeden Ehrenmann ein schweres Opfer, ein Princip aufzugeben, dem man während seiner
anzen parlamentarischen Laufbahn fest angehangen und das man in Gemeinschaft mit der Regierung verfochten hat. Alles, was conser⸗ vativ im Reiche genannt zu werden verdient, teht auf dem Boden der Tradition und des Vermächtnisses des hochseligen Kaisers Wil⸗ helm I., der lieber seine Krone niederlegen als auf die dreijährige Dienstzeit verzichten wollte. Dieser Monarch ist berathen worden von Generalen und Feldherren, wie sie die Welt bisher nicht gesehen hat, welche die Armee führten, die die Siege von 1866 und 1870 er⸗ fochten hat, und die beste war, die die Welt gesehen hat. Die Erfolge haben dem hochseligen Kaiser Wilhelm Recht gegeben, wenn er auf das Princip der dreijährigen Dienstzeit nicht verzichten wollte. Ich will nicht recapituliren, obgleich ich bei der Be⸗ bahen dieses Paragraphen das volle Recht dazu hätte. Ich will das
hohe Haus nicht ermüden und alle Erwägungen pro und contra welche in het sechs Renesen die Prefsg na dn⸗ Publi äftigt haben über die zwei⸗ und dreijähri g Publikum beschäftigt h z ü8 “ ü wencbe lassung vom Bundesrathstisch noch kein so sehr alter ist. Anfangs April, 89 faite am 5. 1890, also zur Zeit der Regierung des jetzigen Reichskanzlers. enthielt das amtliche Drgan des Kriegs⸗Ministeriums einen ausgezeichneten Artikel über die Unmöglichkeit, die zweijährige Dienstzeit zu acceptiren. Dieser Artikel vom 5. April 1890 schloß mit den Worten: Unter diesen Umständen eine Verkürzung der Dienstzeit einzuführen, wäre ein Experiment, für welches niemand die übernehmen könnte. Im übrigen können wir auf das bestimmteste aussprechen, daß eine solche Absicht bei der Regierung nicht im entferntesten vorliegt. Nun sind Versuche mit der Einführung der zwei⸗ jährigen Dienstzeit, in erster Linie beim Garde⸗Corps, angestellt; bei einem als vorzüglich anerkannten Regiment ist ein Probebataillon zusammengestellt worden. Nach Aeußerungen, die ich von Offt des Regiments hörte, hat sich alles erreichen lassen an Drill un
anneszucht, was man nur erwarten konnte. Das Probebataillon war aus den besten Mannschaften zusammengestellt. Aber eine Sache ist wichtig, vielleicht die wichtigste, und das sind die Schießresultate, und gerade darüber führte dieser Artikel des ⸗Nilitär Wochenlgete aus, daß bei Einführung der neuen complicirteren un schwierigeren Waffe es für den Mann schwieriger sein würde, mit zwei Jahren den Anforderungen zu genügen, besonders für den weniger Begabten, als mit drei Jahren. Pe- ist ein Bedenken, welches mir gewiß von melöriehe Seite auch zu gute gehalten werden wird. Zweitens ist ein wichtiges Moment, daß die
nimmt zu
Reservisten selbstverständlich besser sind bei den Uebungen nach längeren Jahren, wenn sie vorher drei Jahre bei der Fahne waren. Jetzt hat man die Erfahrung machen können: wer als Königsurlauber als vorzüglich bewährter Soldat entlassen wurde, bei dem saß bei der Entlassung alles ebenso fest wie bei den Dreijährigen; aber ich möchte das vergleichen damit, daß bei einem Examen bei manchen Menschen alles glänzend ist, die weniger Begabten aber nach einigen Jahren nichts mehr wissen. Jeder Compagnie⸗Chef wird sagen, daß er lieber Reservisten hat, die vorher drei Jahre gedient haben, als zweijährige. Weiter muß ich darauf hinweisen, daß der Reichskanzler, gewiß einer unserer angesehensten Truppenführer und Generale, nicht die dauernde gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit gewähren will. Alle Leute, die nicht weit voraussehen, die keine Verantwortun zu tragen haben, die die Sache nicht mitgemacht haben, sind natürli für die zwei⸗, ja für die einjährige Dienstzeit; das ist ja populärer. Der Reichskanzler hat nicht die Hand dazu bieten wollen, das ist für mich der Angelpunkt, der es mir ermöglicht hat, gestern für die Vor⸗ lage zu stimmen. Der Reichskanzler hat erklärt, es würde wohl kein Reichstag unpatriotisch genug sein, auf der zweijährigen Dienstzeit zu bestehen, wenn es sich wider Erwarten ergeben sollte, daß wir nicht damit auskommen können. Dies ist die Brücke, auf die jeder Patriot treten kann. Eins nur bedrückt mich: das ist das Experimentiren mit der Armee, das Gefahren in sich birgt. Wenn während der nächsten fünf Jahre ein Krieg ausbricht, — die politische Wahrschein⸗ lichkeit ist eher dafür als dagegen (Widerspruch links), das ist wenigstens meine Ansicht, der ich mich so lange mit activer Politik beschäftigt habe, — so trifft uns derselbe in einer nicht angenehmen Situation, da wir uns gerade in einer tiefen Reorganisation befinden würden. Die Staaten, welche mit uns an Militärkräften auf gleicher Stufe stehen, erhalten die dreijährige Dienstzeit, und die mit uns verbündeten Mächte, welche militärisch weniger leistungsfähig sind, werden vielleicht Strömungen liberaler Natur oder Einflüsterungen des in Ungarn und Italien sehr ausgeprägten Nationalstolzes gegenüber nicht stark genug sein, zu widerstehen, wenn Anträge eingebracht werden, uns in der inführung der zweijährigen Dienstzeit zu folgen. Die Vorbedingungen, die es zulässig erscheinen lassen, daß bei uns dies Experiment gemacht wird, bestehen bei den anderen Armeen nicht. Wir sind stolz darauf, daß wir die beste Armee und das beste Offizier⸗Corps der Welt haben. Eine andere Sache, die außerordentlich bedenklich ist, ist die Möglichkeit, daß die Socialdemokratie leichter in die Armee ein⸗ dringt, wenn die Soldaten nur zwei Jahre zu dienen brauchen. Wir haben viele Regimenter die in industriellen Bezirken rekrutiren und garnisoniren. Gerade dort war es von besonders wesentlichem Ein⸗ fluß, daß einige älter gediente Leute den Unteroffizieren zur Seite standen, um die Rekruten für die Ideen der militärischen Zucht und Ordnung zu gewinnen. In der Zukunft wird das wenigstens nicht erleichtert werden. Das empfängliche Jugendalter von 16 bis 20 Jahren ist dasjenige, wo alle Genwssen die Irrlehren ihrer Partei in sich aufnehmen. Diese unreife Jugend stellt die zahlreichsten Besucher zu allen Versammlungen. Wenn diese mit 20 Jahren ausgehoben werden, kommen sie als erklärte Social⸗ demokraten in die Armee, so in Berlin, Hamburg, Elber⸗ feld u. s. w. Nach zwei Jahren kann noch nicht mit Sicherheit erwartet werden, daß statt des socialdemokratischen der soldatische Geist in die Leute eingedrungen ist. Das erste Dienst⸗ jahr ist ein Jahr der Qual, im zweiten müssen die Soldaten auch noch viel lernen, im dritten Jahr beginnt der Soldat sich zu fühlen. Wir werden künftig jüngere Unteroffiziere bekommen, das halte ich für bedenklich. Wie sehr die Socialdemokraten den Einfluß der Unteroffiziere zu schätzen wissen, zeigt die Aufforderung von leitender Stelle, daß alle eingezogenen Socialdemokraten sich möglichst guter Führung befleißigen und, wenn thunlich, suchen sollen, Unteroffiziere zu werden, damit sie nachher als Unteroffiziere in unverdächtiger Weise für die umstürzlerischen Theorien wirken könnten. Das ist ja ganz weise von Ihnen, aber es ist auch eine Pflicht der die Regierung unterstützenden Parteien für die “ der be⸗ stehenden Ordnung zu sorgen. Als das beste Mittel gegen die Socialdemokratie sehe ich das Zurückgehen zur dreijährigen Dienstzeit an. Bei der Thatsache, daß die jetzige Militärvorlage schon neun Monate publique ist, hat es keinen Zweck, sich weiter damit zu be⸗ schäftigen; aber ich habe das Wort ergriffen, weil ich die Hoffnung nicht aufgeben mag, daß noch Anträge aus der Mitte des Hauses ge⸗ stellt werden, welche zur Freude der Regierung die erste Vorlage wiederherstellen, die besser war, als dieser Huene'sche Torso. Alle Diejenigen, welche für die Vorlage stimmen, werden das nicht ohne schwere Bedenken thun. Wenn jemals, was Gott verhüten möge, innerhalb der nächsten fünf Jahre uns ein Unfall zustoßen sollte, möchte ich nicht zu denjenigen gehören, die leichten Herzens für diese Vorlage gestimmt haben.
Reichskanzler Graf von Caprivi:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zunächst gemeint, ich müsse selbst von der Durchführbarkeit der zweijährigen Dienstzeit nicht hinreichend überzeugt sein; meine Zuversicht müsse nicht sehr groß sein, weil ich sonst die Maßregel nicht nur auf fünf Jahre eingebracht haben würde. Ich persönlich bin von der Durchführbarkeit der Maß⸗ regel völlig überzeugt, mache aber nicht den Anspruch, unfehlbar zu sein und in die Zukunft voraussehen zu können.
Der Herr Abgeordnete hat sich dann der Frage zugewandt, wie die neuen Einrichtungen auf das Verhältniß der Socialdemokratie zur Armee wirken werden. Ich muß zu meinem Bedauern zunächst con⸗ statiren, daß der Herr Vorredner bei allen seinen Aeußerungen von durchaus falschen Voraussetzungen über die Zusammensetzung unserer Infanterie, wie sie sich im Laufe der Zeit gestaltet hat, ausgegangen ist. (Heiterkeit link.) Der Herr Vorredner sprach von der drei⸗ jährigen Dienstzeit. Ja, die haben wir schon lange nicht mehr gehabt. (Sehr richtig! links.) Wir haben sie niemals voll gehabt. (Zuruf rechts), wir haben von Hause aus Dispositionsurlauber gehabt und haben jetzt in der Infanterie in einem großen Theil der Compagnien 15 bis 20 Mann im dritten Dienstjahre. (Zuruf rechts. Glocke des Präsidenten.)
Gut, dann erlauben Sie mir, noch einmal zu wiederholen, auch wenn Sie es gesagt haben, daß wir also in der Infanterie per Com⸗ pagnie 15 bis 20 Mann vom dritten Jahrgang haben. (Sehr richtig! Heiterkeit. Zuruf rechts.) Nun, das aber, glaube ich, hat der Herr Vorredner nicht gesagt, daß unsere Bestimmungen uns ver⸗ pflichten, die besten Leute zur Disposition zu beurlauben. Selbst wenn unsere Bestimmungen uns nicht dazu verpflichteten, würden wir dazu genöthigt sein; das ist ja das Einzige, was man für die Maß⸗ regel sagen kann: es soll ein Ansporn sein. Wenn wir nun die besten Leute zur Disposition beurlauben, so folgt, daß die 15 bis 20 sich zu⸗ sammensetzen theils aus Specialisten, wie Schreiber, Offiziersburschen, theils aus Leuten, die sich schle geführt be d — lässig sind.
Werden wir nun durch die Socialdemokratie verseucht, so theile
ich die Ansicht des Herrn Vorredners vollkommen, daß das eine sehr böse Seuche ist, und daß man der mit allen Mitteln entgegentreten
muß. Ich werde also einen so durchseuchten Mann zweifellos zu den schlechteren der Compagnie rechnen, und würde auch im Sinne des
Herrn Vorredners handeln, wenn ich diese mir als Socialdemokraten 8 bekannten Leute im dritten Jahre dabehielte. Ob dann nun die
Wirkung die sein würde, daß diese unter den 15 bis 20 Mannschaften
dritten Jahrgangs befindlichen Socialdemokraten einmal selbst bekehrt und zweitens einen heilsamen Einfluß auf die übrigen haben würden,
das möchte ich bezweifeln. (Sehr richtig! Sehr gut! links.) Also diese Frage ist eine, die man subjectiv entscheiden kann, die aber keineswegs von Berufssoldaten, von erfahrenen Männern zumeist so gelöst wird, wie es dem Herrn Vorredner erscheint.
Eine tiefeingreifende Reorganisation nehmen wir vor, und der Herr Vorredner hat in Aussicht gestellt, daß, wenn der Krieg so schnell
ausbricht, wie er auf Grund seiner politischen Kenntniß erwartet, daß
(Zuruf rechts.) — Ich
wir dann in eine üble Lage kommen werden.
bitte den Herrn Präsidenten, mich vor Unterbrechungen zu schützen. 8 Ferner die Reorganisation soll unsere
(Bravo! Sehr gut! links.) Armee in eine üble Lage versetzen, wenn der Krieg bald eintritt! Dann hat ja aber die Maßregel noch nicht lange gewirkt, und wenn
die Voraussetzungen des Herrn Vorredners richtig wären, würden wir bei einem übers Jahr eintretenden Kriege noch lauter Reservisten
haben, die drei Jahre gedient haben. (Sehr richtig!) Also dann würde der Uebelstand doch wohl nicht so groß sein, als der Herr Vor⸗ redner annimmt.
Er scheint aber auch von der Ansicht auszugehen, daß unsere active Truppenstärke durch die Verringerung der Dienstzeit eine für
den Krieg weniger geeignete sein würde; das halte ich für vollkommen
unrichtig. Der Herr Vorredner beruft sich darauf, daß in einer
Zeitung im Jahre 1890 gestanden hätte, die Schießausbildung würde 8 leiden. Zunächst macht er mich für den Artikel in der Zeitung vom
Jahre 1890 verantwortlich, Gwährend ihm doch bekannt sein sollte, daß ich damals eben ins Amt gekommen war und keine Militärartikel geschrieben habe; daß ich damals nicht Zeit hatte, mich um diese Dinge zu bekümmern, und falls er das „Militär⸗Wochenblatt“ meinen sollte, — daß das auch keines⸗ wegs einen officiellen Charakter hat, daß es am allerwenigsten vom Reichskanzler geleitet wird, sondern in einem Contractverhältniß zum Kriegs⸗Ministerium steht. seiner nicht, aber ich zweifle keinen Augenblick, im Jahre 1890 hat irgend ein Mann im „Militär⸗Wochenblatt“ zweijährige Dienstzeit käme, so würde die Schießausbildung leiden. Und gewiß, es war eine der schwersten Fragen, die die Militär⸗ verwaltung sich vorzulegen hatte, wie bei der Infanterie die verkürzte Dienstzeit auf die Schießausbildung wirken würde; und um nun diese Frage lösen zu können, sind eine Anzahl von Bataillonen beauftragt worden, das, was wir jetzt ausführen wollen, versuchsweise durch⸗ zumachen.
Der Herr Vorredner ist wiederum im Irrthum, wenn er nun glaubt, daß das nur ein Bataillon und zwar ein ausgesuchtes, vorzüg⸗ liches Bataillon bei der Garde gewesen ist.
Commission gehört haben, daß gerade geflissentlich mehrere Bataillone im Osten und Westen gewählt worden sind, um einen solchen Versuch zu machen, und er würde auch gehört haben, daß der Versuch voll⸗ kommen befriedigend ausgefallen ist.
Der Herr Vorredner hat dann besondere Besorgnisse darauf ge⸗ gründet, daß durch das Eingehen auf den Antrag Huene die Compen⸗ sationen, Dienstzeit gelegen hätten, aufgegeben wären. Wiederum ein Irrthum, entschuldbar, denn der Herr Vorredner hat den Commissionssitzungen nicht beigewohnt; sonst würde er gewußt haben, daß das, was in der Vorlage gefordert worden ist, sich in drei Gruppen theilte. Das Kriegs⸗Ministerium hat den Commissionsmitgliedern eine metallographirte Zusammenstellung gemacht. Da kommen zuerst die Maßregeln, die, wie es hier heißt, Ausgleichsmaßregeln für die zwei⸗ jährige Dienstzeit sind, dann kommen Neuformationen und dann kommen Verstärkungen. Die Vermehrung der Artillerie um 60 Batterien hat mit der zweijährigen Dienstzeit absolut nichts zu thun. Das war eine Verstärkung, die dadurch nothwendig ge⸗ worden war, daß wir nachgerade, selbst Frankreich gegenüber, schwächer an Artillerie geworden waren. Das würde bei der drei⸗ jährigen Dienstzeit genau so gut der Fall gewesen sein wie bei der zweijährigen. Von den Compensationen für die zweijährige Dienst⸗ zeit ist nichts weiter aufgegeben worden, als an den Etatsstärken einige Mann, etwa 4 beim Infanterie⸗Bataillon, also statt 600 596 Mann, und bei den Halbbataillonen 2 Mann, ich glaube: statt 195 193. Daß diese Schwächung von einigen Mann pro Truppen⸗ theil mir auch leid gethan hat, kann ich nicht leugnen, aber daß, wenn es sich um die Frage handelte, wird das Gesetz durchgehen, oder wird es nicht durchgehen, daß das dann eine Kleinigkeit und eine die Truppe nicht schwer schädigende Sache war, das ist zweifellos. Ich wiederhole also noch einmal: die Reduction der Geschützzahl gehört garnicht unter die Compensationsmaßregeln.
Nun hat es nach den Aeußerungen des Herrn Vorredners den Anschein, wie wenn etwa die verbündeten Regierungen leichten Herzens auf die zweijährige Dienstzeit eingegangen wären. Auch das ist ja in der vorigen Session des weitesten erörtert worden. Es ist nicht der Fall gewesen, wir haben uns schwer dazu entschlossen, wir haben aber eine Verstärkung unserer Wehrkraft gebraucht. Die Wehrkraft setzt sich in erster Linie aus der Bevöl⸗ kerungszahl, in zweiter Linie aus der Anzahl der ausgebildeten Mannschaften zusammen. Ich setze voraus: Mannschaften, die so weit ausgebildet sind, daß sie mit Sicherheit ihren Aufgaben im Kriege genügen können. Wenn nun die Zahl dieser Ausgebildeten, also des Beurlaubtenstandes, nicht mehr genügte, so mußte sie vermehrt
Ich kenne den Artikel nicht, entsinne mich
geschrieben, wenn die
Wäre der Herr Vor⸗ redner schon in der vorigen Session hier gewesen, so würde er in der
die auf dem Boden der Artillerie für die zweijährige
8 8