1893 / 200 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Aug 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Ist die Cholera festgestellt, so sind:

1) die Cholerakranken von anderen, als den zu ihrer Behand- lung und Pflege bestimmten Personen abzusondern. Kranke, deren ungünstige häusliche Verhältnisse eine sach- gemässe Pflege und Absonderung nicht gestatten, sind falls der beamtete Arzt es für unerlässlich und ohne ihre Schä- digung für zulässig erklärt in ein Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unterkunftsraum zu überführen.

Verdächtig Erkrankte sind bis zur Beseitigung des Ver- dachtes wie Cholerakranke zu behandeln.

Unter Umständen kann es sich empfehlen, die Kranken in der Wohnung zu belassen und die Gesunden aus derselben fortzuschaffen. Eine derartige Evacuation kann nothwendig werden betreffs der⸗ jenigen welche früher von der Cholera gelitten haben und ungünstige sanitäre Zustände (Ueberfüllung, Unreinlichkeit und der⸗ gleichen) aufweisen. sür Unterbringung der Evacuirten eignen sich am besten Gebäude auf frei und höher gelegenen Orten und nament⸗ lich an solchen Stellen, welche in früheren Epidemien von der Seuche verschont geblieben sind. 8

2) Besonders wichtig ist es, bei den ersten Fällen in einem Orte eingehende und umsichtige Nächfor, chungen anzustellen, wo und wie sich die Kranken inficirt haben, um gegen diesen Punkt die Maßregeln in erster Linie zu richten.

3) Die Gesundheitscommissionen haben sich beständig durch fort⸗ gesetzte Besuche in den einzelnen Häusern der Ortschaft über den Gesundheitszustand der Bewohner in Kenntniß zu erhalten, den sanitären Zuständen derselben (Reinlichkeit des Hauses im allgemeinen, ung der IE und Schmutzwässer, Abtritte u. s. w.) ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und auf die Abstellung von Mißständen hinzuwirken, namentlich auch die Schliessung gefährlich erscheinender Brunnen zu veranlassen.

4) In Häusern, wo Cholerafälle vorkommen, hat die Commission die erforderlichen Massnahmen wegen Desinfection der Abgänge sowie der Umgebung des Kranken oder Gestorbenen in die Wege zu leiten und die Ausführung zu überwachen. Ganz beson⸗ dere Aufmerksamkeit ist der Desinfection der Betten und der Leib⸗ wäsche des Kranken oder Gestorbenen zu widmen. Um der Verheim⸗ lichung inficirter Gegenstände vorzubeugen, ist es nöthig, daß eine Ents 12 für vernichtete Gegenstände gewährt werde. 1

5) Alle L“ welche vermöge ihrer Beschäftigung mit Cholerakranken, deren Effecten oder Entleerungen in Be⸗ rührung kommen (Krankenwärter, Desinfectoren, Pischerinnen u. s. w.), sind auf die Befolgung der Desinfectionsvorschriften (An⸗ lage VI) besonders hinzuweisen. b

6) Der Bedarf an Unterkunftsräumen, Pflege- personal, ärztlicher Hilfe, Arznei⸗, Desinfections⸗ und Transportmitteln ist bei Zeiten sicher zu stellen. Des- gleichen ist ein Raum zur Unterbringung von Leichen bereit a balten. 8

b“ 1 Liste der Cholerafälle.

98 S

4.

7 gen sondere auch,

ob, wann und woher zugereist.)

Geschlecht

g(Straße,

ausnummer Stelle der Beschäfti⸗I— gung Tag der

Erkrankung Tag des Todes S

Stockwerk) Familien⸗Name 98⸗ Bemerkun

(insbe

männ⸗

lich

9H

Wohnun

Zu Anlage I.

Zählkarte. Ort der Erkrankung Wohnung, Straße, Hausnummer, Stockwerk.

Des Erkrankten e5““ e männlich, weiblich (Zutreffendes ist zu unt Stand oder Gewerbe ..

Stelle der Beschäftigung

Tag der Erkrankung:.. Tag des Todes Bemerkungen (insbesondere auch, ob, wann und woher zugereist)

16 . . 22272

erstreichen) 1

Anlage II. Wöchentlich dem Kaiserlichen Gesundheitsamt einzusenden. Nachweisung eeeezen... vorgekommenen Cholerafälle. Choleraverdächtige Fälle sind nicht aufzunehmen.

Bemer- kungen, insbesondere Tag des Aus- bruchs im Berichts- orte; Angabe des Orts, woher die in Spalte 4 auf- geführten Personen zugezogen u. s. W.

1 Davon inner⸗- halb der

Namen Neu letzten5 Tage

der Ortschaft er⸗ vor der Er

(mit Angabe krankt krankung oder des Verwal⸗ sind bereits krank

tungsbezirks) 2 1 von auswärts ählung) zugegangen

6.

Anlage III. 8 1“ un

für die Einrichtung des ““ in Cholera⸗ zeiten.

1) Von den Gesundheitsbehörden wird den Eisenbahn⸗Directionen mitgetheilt, welche Stationen mit den erforderlichen Krankentransport⸗ mitteln versehen sind und eine 2 Krankenunterkunft bieten. Auf allen diesen Stationen, nehe m folgenden als Kranken⸗ übergabsstationen bezeichnet sind, ist von der Eisenbahn⸗ verwaltung dies auf die Bereitstellung der erforderlichen Räum⸗ lichkeiten zur vorläufigen von auf der Eisenbahn Er⸗ krankten bis zu ihrer Aufnahme in eine Krankenanstalt Bedacht zu nehmen. Wenn ein besonderes Gelaß nicht verfügbar gemacht werden kann, 5 genügt es, einen Raum auszuwählen, welcher im Bedürfniß⸗ falle sofort behufs Aufnahme von Kranken geräumt werden kann. Im Nothfall ist der Kranke bis zur Abholung in dem auszurangirenden

auf ein Nebengeleise zu stellenden Wagen, in welchem er befördert worden ist, zu belassen.

2) Bei Annäherung der Cholera an die Grenze werden auf den von den Landes⸗Centralbehörden zu bezeichnenden serirsvil ions⸗ stationen des Grenzgebiets, wo ein erheblicher Zutritt von Reisenden aus dem von der Cholera ergriffenen Lande stattfindet, Aerzte bei der Ankunft der Züge ständig anwesend sein, um an der Cholera Erkrankten oder der Erkrankung Verdächtigen ihre Hilfe angedeihen zu lassen. Eine Untersuchung aller Reisenden ist nicht die Aufgabe der Aerzte; diese werden jedoch bei der Zoll⸗ abfertigung anwesend sein und eintretendenfalls über die Nothwendig⸗ keit der Desinfection von schmutziger Wäsche, getragenen Kleidungs⸗ stücken und sonstigen etwa mit Choleraentleerungen beschmutzten Gepäckgegenständen Entscheidung treffen (vergl. Nr. 13).

3) Im Innern des Landes findet beim Auftreten der Cholera eine regelmäßige Untersuchung der Reisenden nicht statt; es werden jedoch dem Personal die Stationen bekannt gegeben, auf welchen Aerzte sofort erreichbar und zur Verfügung sind. Die Bezeichnung dieser Stationen erfolgt durch die Landes⸗Centralbehörde unter Bergetsichtigung der Verbreitung der Epidemie und der Verkehrs⸗ verhältnisse. .

4) Auf den zu 2 und 3 bezeichneten Stationen Sehg zur Vor⸗ nahme der Untersuchung Erkrankter die erforderlichen Räume, welche thunlichst mit einem Closet versehen sein oder unmittelbar zusammen⸗ hängen müssen, von der Eisenbahnverwaltung, soweit sie ihr zur Ver⸗ fügung stehen, herzugeben. 1

5) Ein Verzeichniß sämmtlicher unter 1—3 bezeichneten Stationen, aus welchem auch ersichtlich ist, wo Aerzte sofort erreichbar und zur Verfügung sind, ist, nach der geographischen Reihenfolge der Stationen geordnet, jedem Führer eines Zuges, welcher zur Verererbe beberun dient, zu 8

6) Die Schaffner haben dem Zugführer von jeder während der Fahrt vorkommenden auffälligen Erkrankung insbesondere von schwerem Brechdurchfall sofort Meldung zu machen.

Die Sorge um den Erkrankten hat sich zunächst auf eine möglichst bequeme Lagerung desselben zu erstrecken und ist Sache desjenigen Schaffners, dessen Aufsicht der betreffende Wagen untersteht.

Der Erkrankte ist der nächsten im Verzeichniß aufgeführten Uebergabestation zu übergeben, wenn er dies wünscht oder wenn sein Zustand eine Weiterbeförderung unthunlich macht. Berührt der Zug vor der Ankunft auf der nächsten Uebergabestation eine Zwischenstation, so hat der Zugführer sofort beim Eintreffen dem diensthabenden Stations⸗ beamten Anzeige zu machen; dieser hat alsdann der Krankenübergabe⸗ station ungesäumt telegraphisch Meldung zu erstatten, damit möglichst die unmittelbare Abnahme des Erkrankten aus dem Zuge selbst durch die Krankenhausverwaltung, die Polizei⸗ oder die Ge⸗ sundheitsbehörde veranlaßt werden kann.

Verlangt der Erkrankte seine Reise fortzusetzen, so ist die ärzt⸗ liche Entscheidung darüber, ob der Reisende weiter befördert werden darf, auf der nächsten Station, auf welcher ein Arzt anwesend ist, einzuholen.

Will der Erkrankte den Zug auf einer Unterwegsstation vor der nächsten Uebergabestation (Nr. 1) verlassen, so ist er hieran nicht zu hindern. Der Zugführer hat aber den diensthabenden Beamten der Station, auf welcher der Erkrankte den Zug verläßt, Meldung zu machen, damit der Beamte, falls der Erkrankte nicht bis zum Ein⸗ treffen ärztlicher Hilfe auf dem Bahnhof, wo er möglichst zu isoliren sein würde, bleiben will, seinen Namen, Wohnort und c8 Absteige⸗ quartier feststellen und unverzüglich der nächsten Polizeibehörde unter Angabe der näheren Umstände mittheilen kann.

7) Sobald eine Cholera⸗Erkrankung eintritt, sind sämmtliche Mit⸗ reisende, ausgenommen Angehörige des Erkrankten, welche zu seiner Unterstützung bei ihm bleiben wollen, aus dem Wagenabtheil, in welchem sich der Erkrankte befindet und, wenn mehrere 5 einen gemeinschaftlichen Abort haben, aus diesen sämmtlichen Ab⸗ theilen zu entfernen und in einem anderen Abtheil und zwar abgesondert von den übrigen Reisenden unterzubringen. Bei der Ankunft auf der Krankenübergabestation sind diejenigen Personen welche sich mit dem Kranken in demselben Wagenabtheil befunden haben, sofort dem etwa anwesenden Arzte zu bezeichnen, damit dieser demselben die nöthigen Weisungen ertheilen kann.

Im übrigen muß das Gerbabnder cnat beim Vorkommen ver⸗ dächtiger Erkrankungen mit der größten Vorsicht und Ruhe vorgehen, damit alles vermieden wird, was zu unnöthigen Besorgnissen unter den Reisenden oder beim sonstigen Publikum Anlaß geben könnte.

8) Der Wagen, in welchem sich ein Cholerakranker befunden hat, ist sofort außer Dienst zu clsg und der nächsten Station zur Desinfection zu übergeben. Die näheren Vorschriften über diese Desinfection, sowie über die sonstige Behandlung der Eisenbahn⸗ personen⸗ und Schlafwagen bei Choleragefahr enthält die diesen Grundsätzen unter „Nr. I1.“ beigefügte Anweisung.

9) Mit dem Inhalte der in Anlage VI keggefügten Anweisung zur Ausführung der Desinfection bei Cholera sind sämmtliche Eisen⸗ bahnbeamte genau bekannt zu machen.

Die Zugbeamten haben, wenn sie mit Ausleerungen Erkrankter in Berührung gekommen sind, sich sorgfältig zu reinigen und etwa be⸗ ö Kleidungsstücke desinfiziren zu lassen (Vergl. Anlage VI);

ie in gleiche Lage gekommenen Reisenden sind auf die Nothwendigkeit derselben ““ men aufmerksam zu machen.

Alle Personen, welche mit Cholerakranken in Berührung kommen, müssen bis nach stattgehabter gründlicher Reinigung ihrer 6 unbedingt vermeiden, die letzteren mit ihrem Gesicht in Berührung zu bringen, da durch directe Zuführung des Krankheitsstoffes durch den Mund in den Körper eine Ansteckung erfolgen kann. Es ist deshalb auch streng zu vermeiden, während oder nach dem Umgange mit Kranken vor erfolgter sorgfältiger Reinigung der Hände zu rauchen oder Speisen und Getränke zu sich zu nehmen.

10) Eine besondere Sorgfalt ist der Erhaltung peinlicher Sauberkeit in allen Bedürfnißanstalten, Abtritten und Pissoirs auf den Stationen zuzuwenden; die Sitzbretter der Aborte sind durch Abwaschung mit einer Lösung von Kaliseife (siehe Anlage VI. unter I, 3) mindestens einmal täglich zu reinigen. Eine Des⸗ infection der Aborte, welche alsdann mit Kalkmilch (siehe An⸗ lage VI. unter II, 8) und unter wiederholtem Uebergießen der Fuß⸗ boden mit Kalkmilch, soweit sie diese Behandlung vertragen, zu be⸗ wirken ist, erfolgt lediglich auf den Stationen der Orte, an welchen die Cholera ausgebrochen ist und auf solchen Stationen, wo dies aus⸗ drücklich angeordnet werden sollte. Die zur Beseitigung üblen Geruchs für die warme Jahreszeit allgemein getroffenen Bestimmungen werden jedoch hierdurch nicht berührt.

11) Der Boden zwischen den Geleisen ist, sofern er auf den Stationen infolge Benutzung der in den Zügen befindlichen Be⸗ dürfnißanstalten verunreinigt ist, durch wiederholtes Uebergießen mit Kalkmilch ehörig 1n desinfiziren. 8

12) Eine eschränkung des Eisenbahngepäck⸗ und Güterverkehrs findet geselen von dem bezüglich einzelner Gegen⸗ stände ergangenen Ausfuhr⸗ und Einfuhrvperbote, nicht statt.

13) Eine Desinfection von Reisegepäck und Gütern findet kantne nur in folgenden Fällen statt:

a. Auf den zu 2 bezeichneten Zollrevisions⸗Stationen erfolgt auf Anordnung der ständig anwesenden Aerzte die Desinfection von schmutziger Wäsche, alten und eegn Kleidungsstücken und sonstigen Gegenständen, welche zum Gepäck eines Rösenden gehören, sofern dieselben nach ärztlichem Ermessen als mit Cholera⸗Entleerungen be⸗ schmutzt dr erachten sind. 1

b. Die Desinfection von Expreß⸗, Eil⸗ und Frachtgütern erfolgt nur bei solchen Gegenständen, welche nach Ansicht der Orts⸗ 6 S. als mit Cholera⸗Entleerungen beschmutzt zu er⸗ achten sind.

Briefe und Correspondenzen, Drucksachen, Bücher, Zeitungen, Ge⸗ schäftspapiere u. ben. unterliegen keiner Desinfection.

Die Einrichtung und Ausführung der Desinfection wird von den Gesundheitsbehörden veranlaßt, welchen von dem Eisenbahnpersonal thunlichst Hilfe zu leisten ist.

14) Sämmtliche Beamte der Eisenbahnverwaltung haben de

Anforderungen der Polizeibehörden und der beaufsichtigenden Aerzte, soweit es in ihren Kräften steht und nach den dienstlichen Verhält⸗ nissen ausführbar ist, unbedingte Folge zu leisten und auch ohne be⸗ sondere TeJe ng denselben alle erforderlichen Mittheilungen zu machen. on allen Dienstanweisungen und Maßnahmen gegen die Choleragefahr und von allen getroffenen Anordnungen und Ein⸗ richtungen ist stets sofort den dabei in Frage kommenden Gesundheits⸗ behörden Mittheilung zu machen.

15) Ein Auszug dieser Anweisung, welcher die Verhaltungs⸗ maßregeln für das Eisenbahnpersonal bei choleraverdächtigen Er⸗ krankungen auf der E enthält, ist unter „Nr. II.“ diesen Grundsätzen beigefügt. Von diesen Verhaltungsmaßregeln ist jedem Fahrbeamten eines jeden zur Personenbeförderung dienenden Zuges ein Abdruck zuzustellen.

16) Von jedem durch den Arzt als Cholera erkannten Er⸗ krankungsfall ist seitens des betreffenden Stationsvorstehers sofort dem vorgesetzten Betriebsamt und der Orts⸗Polizeibehörde schriftliche Anzeige zu erstatten, welche, soweit sie zu erlangen sind, folgende Angaben enthalten soll:

a. Ort und Tag der Erkrankung.

b. Name, Geschlecht, Alter, Stand oder Gewerbe des Erkrankten.

c. Woher der Kranke zugereist ist.

d. Wo der Kranke untergebracht ist.

Nr. 1.

Anweisung über die Behandlung der ““ und Schlafwagen bei Choleragefahr. 1. Behandlung der gewöhnlichen Personenwagen.

1) Während der Dauer einer Cholera⸗Epidemie im Inlande oder in einem benachbarten Gebiete ist für eine besonders sorgfältige Rei⸗ nigung und Lüftung der Personenwagen Sorge zu tragen.

Die in den Zügen befindlichen Bedürfnißanstalten 1 regelmäßi zu desinficiren und zu dem 17n die Trichter und Abfallrohre nach Reinigung mit zu bestreichen, die Sitzbretter mit Kaliseifen⸗ lösung zu reinigen (vergl. Nr. 4 und Anlage VI unter II 8).

2) Ein Personenwagen, in welchem ein Cholerakranker sich be⸗ funden hat, ist sofort tßie Dienst zu stellen und der nächsten ge⸗ eigneten Station zur Desinfection zu überweisen, welche in nachstehend angegebener Weise zu bewirken ist.

Bei Personenwagen 1. und 2. Klasse sind die etwa durch Ent⸗ leerung des Kranken beschmutzten Stellen, auch der Polsterungen, mit Lappen, die mit Kaliseifenlösung (vergl. Nr. 4) befeuchtet sind, sorgfältig und wiederholt abzureiben; demnächst ist der inficirte Wagen durchweg einer gründlichen Reinigung zu unterwerfen und sodann in einem warmen, luftigen und trockenen Raum mindestens sechs Tage lang aufzustellen. . 8

Bei Personenwagen 3. und 4. Klasse sind die inneren und äußeren Seitenwände des Wagens, Fußböden, Sitze, Trittbretter mit Kali⸗ seifenlösung abzuwaschen, insbesondere die etwa durch Ausleerung der Kranken beschmutzten Stellen sorgfältig und wiederholt abzureiben, demnächst ist der inficirte Wagen mindestens 24 Stunden lang un⸗ benutzt an einem warmen, luftigen und trockenen Raum aufzustellen.

Die bei der Reinigung Uesehrrutzter Stellen verwendeten Lappen sind zu verbrennen.

3) Bei Massentransporten von Personen der 3. und 4. Wagen⸗ klasse, welche aus einer von der Cholera ergriffenen Gegend her⸗ kommen, muß, auch wenn während der Fahrt ein Erkrankungsfall sich nicht ereignet hat, besondere Sorgfalt auf die Reinhaltung der Wagen verwendet werden. Wenn irgend thunlich, 8 dieselben nach jedesmaliger Beendigung eines solchen Transports ebenso zu behandeln, wie bezüglich der Personenwagen 3. und 4. Klasse in Nr. 2 bestimmt ist. Doch können die Wagen, nachdem sie trocken geworden sind, sofort wieder benutzt werden. 1 ü

4) Zur Herstellung von Kalkmilch wird 1 1 zerkleinerter, reiner gebrannter Kalk, sogenannter Fettkalk mit 41 Wasser, gemischt und zwar in folgender Weise: 1

Es wird von dem Wasser etwa . 1 in das zum Mischen bestimmte Gefäß gegossen und dann der Kalk hineingelegt. Nachdem der Kalk das Wasser aufgesogen hat und dabei zu Pulver zerfallen ist, wird er mit dem übrigen Wasser zu Kalkmilch verrührt.

Dieselbe ist, wenn sie nicht bald Verwendung findet, in einem dut geschlossenen Gefäß aufzubewahren und vor dem Gebrauch um⸗ zuschütteln. 1

Zur Herstellung von Kaliseifenlösung werden drei Theile Seife Hoag Schmierseife oder grůne oder schwarze Seife) in 100 Theilen

eißem Wasser gelöst (z. B. ½ kg Seife in 17 1 Wasser). II. Behandlung der Schlafwagen und der in denselben befindlichen Ausrüstungsgegenstände. 8

1) Werden von dem Laufe der Schlafwagen Gegenden berührt, in welchen Cholerafälle vorgekommen sind, so muß nach Beendigun der Fahrt die SS. Wäsche desinficirt werden. Zu diesem Zwe⸗ ist dieselbe mindestens 24 Stunden lang in einer Lösung von Kaliseife (vergl. I Nr. 4) zu Belassen demnächst mit Wasser zu spülen und zu reinigen. Zur Wäsche sind zu rechnen die Laken, die Bezüge der Bettkissen und der Decken, sowie die Handtücher.

2) Die Closets sind wie unter I Nr. 1 bestimmt, zu behandeln.

3) Ist ein Schlafwagen von einem Cholerakranken oder der Cholera verdächtigen Reisenden benutzt worden, 42 ist e die Desinfection des Wagens selbst erforderlich. Letztere hat in der unter I Nr. 2. 88 riebenen Weise zu erfolgen, jedoch sind die von dem Kranken benutzten Bettkissen, Decken und beweglichen Matratzen, nachdem sie zunächst mit Kaliseifenlösung stark angefeuchtet sind, in Dampfapparaten zu desinficiren. Am besten sind solche Apparate, in sn der Dampf unter Ueberdruck (nicht unter ¼0 Atmosphäre) zur Verwendung kommt. . 1

4) Für den Fall, daß es sich als net mfnde erweisen sollte, 88 Schlafwagenlauf gänzlich einzustellen, bleibt 1 ng vor⸗ behalten.

III. Allgemeine Bestimmungen. 1““

1) Die vorstehenden Bestimm “ngen finden sinngemäße Anwendung bei Erkrankungen von Zug⸗ und Postbeamten in den von ihnen benih e Gepäck⸗ und Postwagen. 1

) Die mit der Desinfection beauftragten Arbeiter haben sedesmng wenn sie mit inficirten Dingen in Berührung gekommen ind, sich gründlich zu reinigen und etwa beschmutzte Kleidungsstücke desinficiren zu lassen (vergl. Anlage VI).

Nr. II. Verhaltungsmaßregeln für das Eisenbahnpersonal bei choleraverdächtigen Erkrankungen auf der Eisenbahnfahrt.

1) Von jeder auffälligen Erkrankung, welche während der Eisenbahnfahrt vorkommt, insbesondere von schwerem Brechdurchfall⸗ hat der Schaffner dem Zugführer sofort Merdung zu machen. . 2) Die Sorge um den Erkrankten hat zunächst auf eine möglichst bequeme Lagerung desselben zu erstrecken und ist Sache 957 jenigen Schaffners, dessen Aufsicht der betreffende Wagen untersteht. 3) Ein Verzeichniß sämmtlicher Stationen, welche mit den 8 forderlichen Krankentransportmitteln ausgerüstet sn. und eine 15 eignete Krankenunterkunft bieten (Krankenübergabe tationen), wic ih⸗ der geographischen Reihenfolge der Stationen geordnet, jedem A. 8 eines Zuges, welcher zur Personenbeförderung dient, übergeben. 9 dem Verzeichniß ist auch ersichtlich, auf welchen Stationen ständi Aerzte sofort erreichbar und zur Verfügung sind. üͤhrten Der Erkrankte ist der nächsten im Verzeichniß aufgefü 1n Uebergabestation zu übergeben, wenn er dies wünscht, oder wenn den Zustand eine Weiterbeförderung unthunlich macht. Berührt deff 12 vor der Ankunft auf der nächsten Uebergabestation eine Zwi 28 station, so hat der Fugfährer sofort beim Eintreffen dem dienstha 6 Stationsbeamten Anzeige zu machen; dieser hat alehann 88 Krankenübergabestation ungesäumt tele raphisch Ms 18 zu erstatten, damit möglichst die unmittelbare bnahme des Er vanf h aus dem Zuge selbst durch die Krankenhausverwaltung, die Polig 1 g itsbehörde veranlaßt werden kann.

Verlangt der Erkrankte seine Reise fortzusetzen, so ist die ärztliche

Entscheidung darüber, ob der Reisende weiter befördert werden darf,

auf der nächsten Station, auf welcher ein Arzt anwesend ist, ein⸗ zuholen. Will der Erkrankte den Zug auf einer Unterwe n he⸗ der nächsten Uebergabestation 78199. en, so ist er hieran nicht zu hindern, der Zug⸗ führer hat aber dem diensthabenden Beamten der Station, auf welcher der Erkrankte den Zug verläßt, Meldung zu machen, damit der Be⸗ amte, falls der Erkrankte nicht bis zum Eintreffen ärztlicher Hilfe auf dem Bahnhofe, wo er G zu isoliren sein würde, bleiben will, seinen Namen, Wohnort und sein Absteigequartier feststellen und unverzüglich der nächsten Polizeibehörde unter Angabe der näheren Umstände mittheilen kann.

4) Sobald eine Choleraerkrankung eintritt, sind sämmtliche Mit⸗ reisende, ausgenommen Angehörige des Erkrankten, welche zu seiner Unterstützung bei ihm bleiben wollen, aus dem Wagenabtheil, in welchem sich der Erkrankte befindet und, wenn mehrere Wagenabtheile einen gemeinschaftlichen Abort haben, aus diesen sämmtlichen Abtheilen zu entfernen und in einem anderen Abtheil und zwar ab⸗ gesondert von den übrigen Reisenden unterzubringen.

5) Die Zugbeamten haben, wenn sie mit Ausleerungen Erkrankter in Berührung gekommen sind, sich sorgfältig zu reinigen und etwa beschmutzte Kleidungsstücke desinficiren zu lassen; die in gleiche Lage gekommenen Reisenden sind auf die Nothwendigkeit Eeae8 Maßnahmen aufmerksam zu machen.

Anlage IV. „Grundsätze

gesundheitliche Ueberwachung des Binnen⸗

schiffahrts⸗ und Flößereiverkehrs.

1) Zur Verhütung der Choleraverbreitung durch den Binnen⸗ schiffahrts⸗ und Flößereiverkehr werden (falls nicht für einzelne Stromstrecken Einschränkungen sich empfehlen) alle strom⸗ auf., oder stromabwärts fahrenden oder auf dem Strom liegenden Fahrzeuge (Schiffe Art und Größe und Flöße) womöglich tägli na Maßgabe der nachstehenden Vorschriften ärztlich untersucht. Die ärztliche Untersuchung erfolgt in Ueberwachungsbezirken entweder auf dem Strome während der Fahrt, oder an bestimmten Ueberwachungsstellen. Um dem Ueberwachungs⸗ dienste innerhalb eines in Betracht kommenden Stromgebiets die erforderliche Einheitlichkeit zu sichern, ist es zweckmäßig, die Leitung des gesammten Dienstes einem hierfür besonders zu érnennenden Com⸗ missar zu übertragen.

Inwieweit Dienstfahrzeuge der Ueberwachung unterliegen sollen, richtet sich nach den besonderen Vereinbarungen zwischen dem Com⸗ missar und den betheiligten Verwaltungen.

2) Es empfiehlt sich, jedem Ueberwachungsbezirk mindestens zwei Aerzte zuzutheilen. Dem einen Arzt wird die Leitung des gesammten Ueberwachungsdienstes innerhalb des Bezirks, einem anderen die Stell⸗ vertretung des Leiters, im Fall derselbe amtlich in Anspruch ge⸗ nommen oder sonst behindert ist, übertragen.

„Dem leitenden Arzt wird seitens der zuständigen Verwaltungs⸗ behörde das nöthige Personal an Executivbeamten, Bootsleuten, Krankenwärtern und Mannschaften zum Kranken⸗ und Leichentransport und zur Durchführung der Desinfection überwiesen, soweit es nicht für kwechmsig erachtet wird, die Annahme desselben den leitenden Aerzten selbst zu übertragen.

Innerhalb eines Bezirks können nach Bedarf Nebenüberwachungs⸗ stellen eingerichtet werden, welche in der Regel nur mit einem Arzt zu besetzen sind.

.3) Für den Dienst auf dem Strom wird für jeden Ueberwachungs⸗ bezirk mindestens ein Dampfer bereit gestellt.

Die Dampfer sind mit den nöthigen Arznei⸗ und Desinfections⸗ mitteln, einer Trage und mit einem so ausreichendem Vorrath an unverdächtigem Trinkwasser dauernd ausgerüstet zu halten, daß von letzterem erforderlichenfalls ein Theil an die passirenden Fahrzeuge abgegeben werden kann.

1 eben den Dampfern sind für jeden Ueberwachungsbezirk die nöthigen Boote zur Verfügung zu stellen.

Sämmtliche Dienstfahrzeuge der Ueberwachungsbezirke führen eine weiße Flagge.

Es empfiehlt sich, die etwaigen Telephonanlagen der Strombau⸗ und anderer Special⸗Verwaltungen für den Ueberwachungsdienst zur Verfügung zu stellen.

4) Jede Ueberwachungsstelle ist durch eine weithin sichtbare Tafel mit der Aufschrift „Ueberwachungsstelle Halt“! und durch eine große weiße Flagge kenntlich zu machen.

n jedem Ueberwachungsbezirk, und zwar in möglichster Nähe der Ueberwachungsstellen sind, falls nicht bereits vorhanden, Einrichtungen zu treffen, welche gesondert

a. die Unterbringung und Behandlung von Kranken,

P. die Unterbringung und Beobachtung von Verdächtigen ermöglichen. 8

Auch sind die erforderlichen Desinfectionsmittel in genügender Menge zu beschaffen und bereit zu halten.

n den Fbeeaecget es und anderen geeigneten Orten der Ueberwachungsbezirke, insbesondere den Feeae Anlegestellen, ist dafür Sorge zu tragen, daß die Fahrzeuge unverdächtiges Trinkwasser einnehmen können. Die Stellen, an denen das Wasser zu entnehmen ist, sind durch Tafeln ꝛc. kennt⸗ lich zu machen, dug. denen in weithin lesbarer Schrift der Ver⸗ merk: „Wasser für Schiffer“ anzubringen sein wird. Die mit dem Untersuchungsdienst betrauten Beamten haben darauf zu achten, daß jedes Fahrzeug brauchbares Trinkwasser an Bord hat. Bei jeder Schiffsrevision ist die Bemannung eindringlich vor der Gefahr des Trinkens und sonstiger Benutzung des Fluß⸗ und Kanalwassers zu warnen. Auch ist dahin zu wirken, daß jeder Schiffsführer sich im Gefsit der Druckschrift: „Wie 8.88. sich der Schiffer vor der Cho era? zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamt“, befindet.

Es ist Vorsorge zu 1he daß im die Benutzung von Begräbnißplätzen für Beerdigung von Choleraleichen nicht auf Schwierigkeiten stößt.

Die Vorstände der Ueberwachungsbezirke haben bei jeder Ge⸗ legenheit darauf zu achten und dahin zu wirken, daß nichts, was zur Verbreitung der Cholera net ist, insbesondere nicht undesinfizirte

tuhlentleerungen in das 8”n” gelangen. Es ist darauf hinzuwirken daß besondere Gefäße zur Aufnahme von Stuhlentleerungen auf jedem

ahrzeuge vorhanden sind. 1

ie in dem Stromgebiet verkehrenden Fahrzeuge sind, un⸗ beschadet der für die regelmäßig verkehrenden Personendampfer etwa anzuordnenden Ausnahmen, zu verpflichten, an jeder Ueberwachungs⸗ stelle ohne anzuhalten und das Untersuchungspersonal an Bord zu nehmen. 1

Dieselbe Verpflichtung ist den auf dem Strom befindlichen Fahr⸗ eugen in dem Falle aufzuerlegen, wenn sie von dem durch die weiße

lagge kenntlichen Unterfuchungsfahrzeuge durch ein Zeichen (Anrufen,

ampfpfeife, Glockensignal oder Heben und Senken der Flagge) dazu aufgefordert werden.

Jedes auf dem Strom verkehrende Fahrzeug hat eine F. und eine schwarze Flagge bei sich zu füsrer Die gelbe Flagge ist bei dem

orhandenseit einer⸗unter den Erscheinungen der Cholera erkrankten Person, die schwarze Flagge bei dem Vorhandensein einer Leiche auf⸗ zuziehen. Fahrzeuge, auf denen sich eines 88 erson oder eine Leiche befindet,

Laben bei Annäherung eines Untersuchungsfahrzeuges ohne Auf⸗ orderung zu halten. 1

In welchem Umfange der Schiffahrtsverkehr während der Nacht⸗ stunden zu beschränken ist, wird mit Rücksicht auf die dabei in kommenden Umstände (örtliche Verhältnisse, Jahreszeit) fest⸗

ein. ie in Nr. 1 vorgesehene Untersuchung ist so zu handhaben, daß den ahrzeugen ein gesehene. eringer Aufenthalt bereitet und hebergech d. deenig als möglich gebeuas wird. Sie wird folgender⸗ eführt:

das Der Arzt begiebt sich in Begleitung eines Polizeibeamten auf 8 Fahrzeug und unterzieht alle auf demselben befindlichen Personen

er Untersuchung auf Cholera⸗Erkrankung, der begleitende Polizei⸗

. 4*

für die

beamte durchsucht dasselbe nach etwa Werden Personen, welche unter den Erscheinungen der Cholera erkrankt sind, vorgefunden, so sind dieselben sosort vom Fahrzeug zu entfernen, ebenso grundsätzlich die übrigen Insassen. Dieselben sind in den in Nr. 4 bezeichneten Räumen unterzubringen. Sofern zur Absonderung der anscheinend Gesunden ausreichende Unter⸗ kunftsräume nicht vorhanden sind, können solche Personen vorläufig auf dem belassen werden.

Die Beobachtung der anscheinend Gesunden hat fünf Tage zu dauern. Ereignete sich die Erkrankung auf einem dem regelmäßigen Personenverkehr dienenden Dampfer, 2 werden nach Lage des Falls störende Anordnungen zu treffen sein.

Zum Transport der Kranken sind die Untersuchungs⸗Fahrzeuge thunlichst nicht zu benutzen. In der Regel wird dazu der Handkahn des untersuchten Fahrzeugs verwendet werden können. Derselbe ist vor der FI zu desinfiziren.

VVon den Abgängen der Kranken ist sofort (nach Anlage VIII) eine Probe an die dazu bestimmte Untersuchungsstelle abzusenden. Zum Transport geeignete Gefäße und Verpackungsmaterial sind vor⸗ halten.

„Die Kleidungs⸗ und Wäschestücke der Kranken sind sofort zu desinficiren. Das Bettstroh ist zu verbrennen oder mit Kalkmilch übergossen zu vergraben. Die Wohn⸗ und Schlafräume, die Küche, der Abort, bezw. das zu Stuhlentleerungen bestimmte Gefäß, sowie das Kiel⸗ (Bilge⸗) Wasser des Fahrzeuges, auf welchem Kranke vorgefunden wurden, sind zu desinficiren; außerdem sind glls Räume des Fahrzeugs auf etwa vorhandene Abgänge zu durch⸗ uchen.

Für die Bewachung des geräumten Fahrzeugs ist Sorge zu tragen.

ie erforderlichen Desin sertionen werden nach Maßgabe der An⸗ lage VI ausgeführt.

77) Die vorgeschriebenen Desinfectionsmaßregeln sind unter der persönlichen Verantwortung des leitenden Arztes auszuführen und zwar, bis ein völlig sicheres Hilfspersonal herangebildet ist, unter der persönlichen Aufsicht eines Arztes.

. 8) Diejenigen Fahrzeuge, auf denen Choleraleichen oder ver⸗ vorgefunden wurden, sind nach erfolgter Desinfection fünf Tage zu beobachten. 1

Eine Beobachtung von gleicher Dauer kann über Helche Fahrzeuge verhängt werden, deren Führer oder Mannschaften ihre Person oder ihre Fahrzeuge der Untersuchung zu entziehen suchen, dem Untersuchungs⸗ personal Widerstand leisten oder sonst die Annahme begründen, daß eine Verheimlichung von cholerakranken oder choleraverdächtigen I oder verseuchten Gegenständen und eine Vereitelung der zur

erhütung der Cholera⸗Einschleppung oder Verbreitung vorgeschriebenen Maßregeln beabsichtigt wird.

9) Werden auf dem untersuchten Fahrzeuge Kranke nicht ge⸗ funden, so wird demselben nach Erfüllung der Vorschriften der Nr. 10 die Weiterfahrt gestattet. Es sind jedoch regelmäßig die auf demselben etwa vorhandenen Aborte bezw. die zu Stuhlentleerungen bestimmten Gefzse, und, sofern anzunehmen ist, daß im Flußwasser selbst Cholerakeime vorhanden sind, thunlichst auch das Kiel⸗(Bilge⸗) Wasser zu desinficiren. Die Desinfection des Kiel⸗(Bilge⸗) Wassers kann unterbleiben, wenn nach⸗ gewiesen wird, daß eine solche im Laufe desselben Kalendertages bereits stattgefunden hat oder eine Untersuchung desselben mit

Lackmuspapier rrean eine starke alkalische Reaction ergiebt.

Bei den regelmäßig verkehrenden ö“ kann eine Desinfection des Kiel⸗(Bilge⸗) Wassers bei Gelegenheit der täglichen Untersuchungen unterbleiben, wenn eine Desinfection desselben in an⸗ gemessenen Zwischenräumen anderweit sichergestellt ist.

10) Jedem Führer eines Schiffs oder Floßes ist über die statt⸗ gehabte Untersuchung und den Umfang der etwa vorgenommenen Des⸗ infetion eine Bescheinigung nach dem beigegebenen Formular aus⸗ zustellen, in welcher die auf dem Schiffe vorgefundenen Personen unter gesonderter Angabe der Familienangehörigen des Führers, der Mannschaften und der sonst an Bord befindlichen Personen, wenigstens der Zahl nach aufgeführt sind. Bei der Revision ist noch besonders darauf zu achten, daß die Zahl der auf dem Schiffe oder Floße an⸗ wesenden Personen genau übereinstimmt mit der auf der letzten Revisionsbescheinigung angegebenen Zahl der Insassen. Werden weniger Personen auf dem Fahrzeuge vorgefunden als zuletzt an⸗ gegeben, so sind unverzüglich sorgfältige Ermittelungen über den Verbleib der Fehlenden ampusteclen und erforderlichenfalls dieserhalb den zuständigen Polizeibehörden Mittheilungen behufs weiterer Veranlassung zu machen. Dieser Personennachweis ist jedoch für die dem regelmäßigen Personenverkehr dienenden Dampfer nicht erforderlich.

Für einzelne Stromstrecken kann es sich empfehlen, auf den Namen lautende Bescheinigungen für jede auf einem Floße Behshccse eerson auszustellen, auf welchen die Ergebnisse der stattgehabten Untersuchungen vermerkt werden.

Ueber die Zahl und Art der untersuchten Fahrzeuge, Zusgeftgette Desinfectionen und Beobachtungen, sowie über die Zahl der untersuchten an Cholera oder choleraverdächtigen Erscheinungen erkrankten und der Beobachtung überwiesenen Personen sind genaue Nachweisungen zu führen. 1 11) Die leitenden Aerzte haben über alle Fälle von Cholera

oleraähnlichen Erkrankungen sowie über alle Todesfälle thunlichst genaue Aufklärung, namentlich bezüglich des Ent⸗ stehungsherdes und einer etwa bereits erfolgten Krankheits⸗ verschleppung, zu suchen, sowie Material zur Pisen chaftlichen Bearbei⸗ tung zu sammeln. Periodische bakteriologische Untersuchungen des Flußwussers ind, soweit ausführbar, zu veranlassen.

Wahrnehmungen von gesundheitspolizeilicher Wichtigkeit, nament⸗ lich verdächtige Erkrankungen unter den Bewohnern des Ufergebiets, sind von dem leitenden Arzt unverzüglich und auf kürzestem Wege dem Commissar oder, wo ein solcher nicht ernannt ist, der zustän⸗ digen Polizeibehörde zu melden; ferner ist von demselben über jeden Erkrankungs⸗ und Todesfall, bei welchem Cholera festgestellt ist, oder Choleraverdacht vorliegt, telegraphische oder schriftliche An⸗ eige an den Commissar, die obere Verwaltungsbehörde des Bezirks, sorske an den zuständigen beamteten Arzt zu erstatten.

Dem Ferletigen Gesundheitsamt sind über die gelegentlich der Schiffahrtsüberwachung vorgefundenen Cholera⸗Erkrankungen und Todesfälle regelmäßi ee auf thunlichst kürzestem Wege zu machen, ebenso ist demselben das aufgesammelte wissenschaftliche Material zugängig zu machen. 8

Die leitenden Aerzte haben täglich nach Schluß des Dienstes eine Anzeige über den Umfang und das Ergebniß der im Laufe des Tages bewirkten Untersuchungen an den Commissar zu erstatten. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, den leitenden Aerzten der Ueber⸗ wachungsbezirke bezw. sstellen mit vorge⸗ drucktem Formular zu liefern. iese Karten sind noch am Tage der Ausfertigung zur Post zu befördern.

12) Die zur wirksamen Durchführung der vorstehenden Maß⸗ regeln erforderlichen Polizeiverordnungen und sonstigen Verfhgnngen sind seitens der Landesbehörden zu erlassen. Bei denselben hat Commissar die nöthigen Anträge direct zu stellen.

(Vorderseite.)

und

Formular. 3 Bescheinigung über ärztliche Untersuchung und Desinfection des n geführt durch (Zahl) Personen an Bord.

Der Desinfection -

*

untersuchenden 88 Namens⸗ unterschrift.

2 Ort Befund Umfang

8 8

versteckten Pers hass 8—

(Rückseite.) 1““] 5 99 Verzeichniß eitig B genannten Fahrzeuges befindlichen Personen.

I. Familienangehörige des Führers II. Frmilienanger III. sonst an Bord befindliche Pe

Bemerkungen:

Anlage V. 1 Pb“

Anforderungen,

welche in Cholerazeiten an öffentliche Wasserwerke mit Sandfiltern zu stellen sind.

.1) Das Filtrat jedes einzelnen Filters muß, so lange es in Thätigkeit ist, täglich einmal bakteriologisch untersucht werden. Jedes S muß daher eine Vorrichtung haben, welche gestattet, daß

asserproben unmittelbar nach dem Austritt aus dem Filter ent⸗

nommen werden können. 2) Filtrirtes Wasser, welches mehr als etwa 100 entwickelungs⸗ fähige Keime in 1 ccem enthält, darf nicht in den Reinwasser⸗Behälter geleitet werden. Das Filter muß daher so eingerichtet sein, daß un⸗ genügend gereinigtes Wasser entfernt werden kann, ohne sich mit dem durch die anderen Filter gut gereinigten Wasser zu mischen.

Sämmtliche größere Wasser⸗Filterwerke sind auf die Ausführung der vorstehenden Forderungen hin einer staatlichen Controle zu unter⸗ werfen.

Anlage VI.

88

1 zur Ausführung der Desinfection bei Cholera. I. Als Desinfectionsmittel werden empfohlen: 1) Kalkmilch. Zur Herstellung derselben wird 11 zerkleinerter reiner gebrannter Kalk, sogenannter Fettkalk, mit 4 1 Wasser gemischt, und zwar in folgender Weise:

Es wird von dem Wasser etwa ¾ 1 in das zum Mischen be⸗ stimmte Gefäß gegossen und dann der Kalk hineingelegt. Nachdem der Kalk das Wasser aufgesogen hat und dabei zu Pulver zerfallen ist, wird er mit dem übrigen Wasser zu Kalkmilch verrührt.

Dieselbe ist, wenn sie nicht bald Verwendung findet, in einem gut geschlossenen Gefäße aufzubewahren und vor dem Gebrauch um⸗

zuschütteln. 2) Chlorkalk.

Der Chlorkalk hat nur dann eine ausreichende desinficirende Wirkung, wenn er frisch bereitet und in wohlverschlossenen Gefäßen aufbewahrt ist.

Die gute Beschaffenheit des Chlorkalks ist an dem starken, dem Chlorkalk eigenthümlichen Geruch zu erkennen. „Es wird entweder unvermischt in Pulverform gebraucht, oder in Lösung. Letztere wird dadurch erhalten, daß 2 Theile Chlorkalk mit 100 Theilen kaltem Wasser gemischt und nach dem Absetzen der un⸗

gelösten Theile die klare Lösung abgegossen wird. .3,) Lösung von Kaliseife (sog. Schmierseife oder grüne oder schwarze Seife). 3 Theile Seife werden in 100 Theile heißem Wasser gelöst (z. B. ½ kg Seife in 17 1 Wasser). 4) Lösung von Carbolsäure. a. Carbolseifenlösung.

Zur Verwendung kommt die soß⸗ „100 % Carbolsäure“ des Handels, welche sich in E vollständig löst.

Man bereitet sich die unter Nr. 3 beschriebene Lösung von Kali⸗ seife. In 20 Theile dieser noch heißen Lösung wird 1 Theil Carbol⸗ säure unter fortwährendem Umrühren gegossen. Diiese Lösun 8- lange Zeit haltbar und wirkt schneller des⸗ infizirend als 8 e Lösung von Kaliseife.

8 b. Carbolsäurelösung.

Soll reine Carbolsäure (einmal oder wiederholt destillirte) ver⸗ wendet werden, welche erheblich theurer, aber nicht wirksamer ist, als die sogenannte .100 % Karbolsäure“, so ist zur Lösung das Seifen⸗ wasser nicht nöthig; es genügt dann einfaches Wasser.

598 Dampfapparate.

Am besten sind solche Apparate, in welchen der Dampf unter Ueberdruck (nicht unter ⁄10 Atmosphäre) zur Verwendung kommt.

Die Bedienung der Apparate ist, wenn irgend angängig, ausgebildeten Desinfectoren zu übertragen.

6) Siedehitze.

Mehrstündiges Auskochen in Wasser, Salzwasser oder in Lauge wirkt desinfizirend. Die Flüssigkeit muß während dieser Zeit dests dis im Sieden gehalten werden und die Gegenstände vollkommen bedecken.

Unter den aufgeführten Desinfectionsmitteln ist die Wahl nach Lage der Umstände zu treffen. Insbesondere wird, wenn es an der unter Nr. 4 vorgesehenen 100 % Carbolsäure mangeln sollte, auf die unter 1 bis 3 angegebenen Mittel zurück⸗ zugreifen sein. Sollten auch diese Mittel nicht zu beschaffen sein, so wird im Nothfall Carbolsäure mit geringerem Gehalt an wirksamen Stoffen, welche demgemäß in größerer Menge zu verwenden ist, oder ein anderes wissenschaftlich als gleichwerthig anerkanntes Mittel zu verwenden sein.

II. Anwendung der Desinfectionsmittel.

1) Die Ausleerungen der Cholerakranken (Er⸗ brochenes, Stuhlgang) werden vis ai in Gefäßen aufgefangen und mit ungefähr gleichen Theilen Kalkmilch (I. Nr. 1) gründlich ge⸗ mischt. Diese Mi chung muß mindestens eine Stunde stehen bleiben, ehe sie als unschädlich beseitigt werden darf.

Zur Desinfection der flüͤsfigen Abgänge kann auch Chlorkalk 8 Nr. 2) benutzt werden. Von demselben sind mindestens zwei ge⸗ äufte Eßlöffel voll in Pulverform auf ½ 1 der Abgänge hinzuzusetzen und gut damit zu mischen. Die so behandelte Flüssigkeit kann bereits nach 20 Minuten beseitigt werden.

Unter Umständen können die Entleerungen durch einstündiges Kochen (mit Wasser) unschädlich gemacht werden, alsdann sind die Gefässe, welche mit den Entleerungen in Berührung waren, ebenfalls eine Stunde lang auszukochen.

Die desinficirten Ausleerungen können in den Abort oder in die für die sonstigen Abgüänge bestimmten Ausgussstellen geschüttet oder vergraben werden.

Schmutzwässer sind in ähnlicher Weise zu desinficiren, und zwar ist von der Kalkmilch soviel zuzusetzen, dass das Gemisch rothes Lackmuspapier stark und dauernd blau fürbt. Erst eine Stunde nach Eintritt dieser Reaction darf das Schmutzwasser abgelassen werden.

2) Hände und sonstige Körpertheile müssen jedesmal, wenn sie mit Dingen (Ausleerungen der Kranken, beschmutzter Wäsche u. s. w.) in Berührung gekommen sind, ß ründliches Waschen mit einer desinficirenden Flüssigkeit, z. B. Chlorkalk⸗ 1 (I Nr. 2) oder Carbolsäurelösung (I Nr. 4) desinficirt

erden.

3) Bett⸗ und Leibwäsche, sowie andere Kre .gh shh h u. dergl. werden in ein gsns mit Kaliseifenlösung, Karbolseifenlösung oder Karbolsäurelösung gesteckt. Die Menge der Flüssigkeit ist so reichlich zu bemessen, dass dieselbe nach dem Durchfeuchten der Gegenstände noch überall über den ö 1 Flüssigkeit bleib n dieser Flüssigkeit bleiben die Gegenstände, und zwar in Kaliseifenlösung mindestens 24 Stunden, in Karbolselsen⸗ oder Karbolsäurelösung mindestens 12 Stunden, ehe sie mit Wasser gespült und weiter gereinigt werden. Das dabei ablaufende Wasser kann als unverdüchtig behandelt werden.

Wäsche u. s. w. kann auch in Dampfapparaten, sowie durch Aus⸗ kochen desinficirt werden. Aber auch in diesem Falle muß sie zunächst mit einer der genannten Desinfectionsflüssigkeiten (I Nr. 3 oder 4) stark angefeuchtet und in gut schließenden efäßen oder Beuteln ver⸗ wahrt, oder in Tücher, welche ebenfalls mit Desinfectionsflüssigkeit an⸗ gefeuchtet sind, eingeschlagen werden, damit die mit dem Hantiren

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