1893 / 236 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Oct 1893 18:00:01 GMT) scan diff

der außerpreußif Den Staaten an den Arbeiten des Ausschusses, über die vom Vorsitzenden getroffenen Maß⸗ nahmen zur eranziehung von Beamten der Bau⸗, Eisenbahn⸗ und Forstverwaltung bei der Beobachtung von Regenstationen, über die Stellungnahme des Königlichen Staats⸗Ministeriums zu dem Gutachten des Ausschusses, betreffend die Einrichtung von Pheitsschin Wasserbehörden in der mittleren Instanz, über den Allerhöchsten Auftrag zur gut⸗ achtlichen betreffend die Einrichtung einer Reichs⸗ Centralstelle für Hydrographie u. a. m. Alsdann wurden die Karten und Pläne erläutert, welche für die Bereisung der unteren Oder vom Bureau des Ausschusses angefertigt worden sind, sowie Mittheilungen über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten zur Sammlung von Unterlagen 9. die hydrographisch⸗wasserwirthschaftlichen Darstellungen der einzelnen Flußgebiete, die Bearbeitung derselben und die son⸗ stigen Arbeiten des Bureaus gemacht. Nachdem hierauf die nach dem Beschluß des Ausschusses in einigen Punkten ab⸗ geänderte Denkschrift über die Darstellung des Systems, welches bei der Regulirung und Kanalisirung der preußischen Flüsse bisher befolgt ist, genehmigt und festgestellt worden war, trat der Ausschuß in die Berathung einiger hochwichtigen Punkte ein, über welche ihm von seinen Unterausschüssen be⸗ sondere Berichte vorgelegt sind. 1

Betreffs der Fragen über die Zurückhaltung des Wassers und der Geschiebe in den oberen Theilen der Flußgebiete und über die Waldwirthschaft in den Quellgebieten wurde be⸗ schlossen, dem Bureau des Ausschusses Aufträge zu ertheilen, für geeignete Stellen der zu untersuchenden Flußgebiete zu⸗ nächst des Gebiets der Oder festzustellen, wo und unter welchen Bedingungen die Anlage von Sammelbecken, thunlichst unter vortheilhafter Ausnutzung der aufgestauten Wasser⸗ mengen, die Herstellung sonstiger kleineren Schutz⸗

mittel gegen Hochwasser im Gebirge, die Verbauung der Wildbäche, die Verbesserung der Vorfluth in den Gebirgs⸗ flüssen, die Aufforstung der oberen Hänge von Gebirgsthälern und die Erhaltung vorhandener Schutzwaldungen möglich ist. Auch betreffs der Frage über gewerbliche und landwirthschaft⸗ liche Stauanlagen (Fischereianlagen) soll das Bureau in ähn⸗ licher Weise Ermittelungen anstellen, welche vorhandenen Stauanlagen zur zeitweisen Zurückhaltung von Hochwasser⸗ mengen dienen können, wo sich im Hügel⸗ und Flachland solche Anlagen ausführen lassen würden, und welche Wehranlagen eine Verbesserung oder Be⸗ seitigung wasserwirthschaftlicher Mißstände wünschenswerth erscheinen lassen. Ferner soll betreffs der Frage über die Beförderung des Hochwasserabflusses durch Flußregulirungen dem Bureau die Beschaffung einer Reihe von Unterlagen aufgegeben werden, die sich auf den Verlauf der Hochfluth⸗ wellen im Hauptfluß und in seinen nichtschiffbaren Neben⸗ flüssen vor und nach der Regulirung beziehen.

Was die Frage über die Regulirungen und Kanali⸗ sirungen für Schiffahrtszwecke anbelangt, so wäre nach dem gemeinsamen Bericht der Mitglieder des Unterausschusses an⸗ hemn, daß das bisher in Preußen befolgte System zur

teigerung der Hochwassergefahr nicht beigetragen hat. Da jedoch der Bericht auf die in den Landtagsverhandlungen und der Presse erhobenen Einwände nicht näher eingeht und die Formulirung von Resolutionen unterlassen hat, so wurde die Beschlußfassung vertagt, bis der um Feinige nichttechnische Mitglieder verstärkte Unter⸗Ausschuß diese Einwände näher geprüft und darüber berichtet haben wird. Bezüglich der Maßregeln zur Bekämpfung der Hochwasser⸗ und Eisgangsgefahren und des Hochwasser⸗Nachrichtendienstes stellte der Asschuß fest, daß die gegenwärtig bestehenden Ein⸗ richtungen im allgemeinen den vorhandenen Bedürfnissen ent⸗ prechen, daß jedoch zur besseren Ermöglichung einer zuverlässigen Vorhersage der Wasserstände die genaueste Kenntniß der Abfluß⸗ mengen erforderlich ist, wofür eine erhebliche Vermehrung der bisher aufgewandten Mittel nicht gescheut werden darf; die obere Leitung der betreffenden Arbeiten würde am besten einer ins Leben zu rufenden hydrologischen Reichsanstalt zu über⸗ tragen sein. Schließlich wurde der in einer Beschwerdesache der Anwohner der Netzemündung vom engeren Ausschuß, der zu diesem Zwecke um zwei Mitglieder verstärkt worden war, erstattete Bericht genehmigt.

An der Bereisung der Warthe und unteren Oder nebst en Oderbrüchen nahmen außer den betheiligten Verwaltungs⸗, au⸗ und Deichbeamten auch eine größere Zahl von Be⸗ ohnern der Flußniederungen theil, um über die Einwände

Auskunft zu geben, welche gegen das System der Regulirungen erhoben worden sind. Die Besichtigungsfahrt, welche wesent⸗

lich zur Klärung der Meinungen über die schwierigen Ver⸗ hältnisse der Oder⸗ und Warthe⸗Niederungen beigetragen hat, and ihren Abschluß am 29. v. M., Nachmittags 4 Uhr, in Stetti

8 9 Das Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt: 8 In Hamburg wurden vom 30. September bis 1. Ok⸗ tober Morgens zwei Neuerkrankungen, außerdem zwei Sterbe⸗ älle unter den früher Erkrankten festgestellt; vom 1. bis Oktober Morgens drei Neuerkrankungen, darunter eine mit tödtlichem Ausgange, ferner zwei Sterbefälle unter den früher Erkrankten. Altona eine tödtlich verlaufene Erkrankung. 6 Alt⸗Drewitz bei Küstrin (vergl. Nr. 235 des „R.⸗A.“) t auch der andere erkrankte Schiffer gestorben, desgleichen in ht eer der in Nr. 233 des „R.⸗A.“ gemeldete Kranke.

S. M. Yacht „Hohenzollern“, Commandant Capitän zHur See von Arnim, ist am 29. September in Karlskrona angekommen und am 30. September nach Neufahrwasser in See gegangen.

Bayern. Zur Feier des Namensfestes Seiner Majestät des Königs anden in München am Sonnabend Vormittag 8 Uhr in

allen katholischen Stadtpfarrkirchen Hochämter tatt, denen neben zahlreichen Andächtigen hauptsächlich die Schuljugend beiwohnte. Um 10 Uhr begannen die officiellen Festgottes⸗ . çu der St. Michaels⸗Hofkirche war Hochamt für die Garnison, dem neben Abtheilungen sämmtlicher in München arnisonirenden Regimenter Seine Königliche Hoheit der Prin; Rupprecht mit dem Kriegs⸗Minister Freiherrn von sch und dem Stadt⸗Commandanten Freiherrn von Stein⸗

ling sowie zahlreiche Offiziere anwohnten. Zu gleicher Zen blon in der Theatiner⸗Hofkirche der Stiftsdechant Babel das Hochamt, zu welchem sic Ihre Königlichen die Prinzessin mit ihren Kindern, die Prinzessin Ludwig Ferdinand und die Herzogin Isabella von Genua eingefunden hatten. Im Dom celebrirte der Erzbischof von Thoma das Festamt, dem Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Regent, der Prinz Ferdinand und der Herzog Ludwig, ferner der apostolische Nuntius, die obersten Hofchargen, mehrere Staats⸗Minister, Mitglieder beider Kammern des Landtags, Beamte der ver⸗ schiedenen Ministerien, sowie eine Deputation der städtischen Collegien beiwohnten. In der protestantischen St. Matthäus⸗ Pfarrkirche hielt Pfarrer Reichenhart den liturgischen Gottes⸗ dienst. Dazu hatten sich viele Staatswürdenträger, Offiziere und Beamte, sowie die protestantischen Mitglieder der städtischen Collegien eingefunden. Die Königliche Residenz, die Palais der Prinzen und der Gesandten, sämmtliche Gebäude des Staats und der Stadt, sowie viele Privathäuser trugen reichen Flaggenschmuck.

Die Kammer der Reichsräthe hat beschlossen, die Thronrede mit einer Adresse zu beantworten und zu diesem Zweck einen Adreß⸗Ausschuß gewählt.

Der Kammer der Abgeordneten ist von dem Finans. Minister das Budget für die Jahre 1894/95 nebst Finanz⸗ esetz zugegangen, sowie ferner die Rechnungsnachweisungen für ber Jahre 1890/91 und die Specialnachweisungen über Straßen⸗, Brücken⸗ und Wasserbauten für die Jahre 1890/91. Der Kriegs⸗Minister hat in der Kammer den ö“ der Militärverwaltung sowie die achtrags⸗Etats eingebracht. Der Militär⸗Etat für das Rechnungsjahr 1893/94 beziffert sich auf ins⸗ gesammt 73 489 574 für 66 155 Mann; davon entfallen 6 871 531 auf die infolge der letzten Militärvorlage neu eingestellten 6981 Mann. Die Einnahmen der Armeever⸗ waltung sind mit 376 650 eingestellt; für Pensionen sind ausgeworfen 6 094 526 Die fortdauernden Heereskosten betragen insgesammt 50 516 208 ℳ, die einmaligen Ausgaben 17 234 001 und an einmaligen Ausgaben fallen künftig fort 202075 u,. 1

Wie die „Wes.⸗Ztg.“ meldet, ist nunmehr dem Senat die Mhesa 4stne6. ge en. daß Seine Majestät der Kaiser am 18. d. M., Vormittags gegen 11 Uhr, in Bremen eintreffen und Sich sofort nach dem Kaiser begeben werde, um dort der Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelm's I. beizu⸗ wohnen. Seine Majestät nebst Gefolge und die geladenen Herrschaften werden sodann auf der Domshaide die dort auf⸗ gestellten Equipagen besteigen und eine Spazierfahrt durch den Bürgerpark antreten, die mit der Fahrt durchs Bischofs⸗ thor, die Bischofsnadel und über den inzwischen von sämmtlichen Kriegervereinen besetzten Domshof enden wird. Hieran schließt sich ein festliches Mahl in der Rathhaus⸗ halle, mit dem die officielle Feier ihren Abschluß findet. Gegen 5 Uhr wird Seine Majestät Sich vom Rathhause ab durch die Obernstraße, Kaiserstraße, Georgstraße und am Breitenweg entlang zum Bahnhof begeben und Bremen mittels Erxtrazugs verlassen.

Deutsche Colonien.

Ueber die siegreichen Kämpfe des Kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch⸗Ostafrika am Kili⸗ mandjaro liegt nunmehr im „Deutschen Colonialblatt“ der ausführliche Bericht, datirt aus Moschi vom 13. August d. J., wie folgt, vor: v“

Am 10. Juli d. J. wurde die 3. Compagnie auf S. M. Fahr⸗ zeug „Möwe“ von Dar⸗es⸗Salam nach Tanga, am 8. Juli die 5. Compagnie von Lindi via Dar⸗es⸗Salam, woselbst der Stab des Expeditionscorps und 47 Manjema hinzutraten, am 13. Juli die 4. Compagnie von Dar⸗es⸗Salam auf Gouvernements⸗Fahrzeugen nach Pangani befördert. Die 3. Compagnie trat den Marsch von Tanga am 12. Juli auf der Nordroute über Buiti, die 5. Com⸗ pagnie, Stab und Manjema am 14. Juli, die 4. Compagnie am 16. Juli auf der Südroute über Masinde nach Marangu an.

Am 31. Juli traf die 3. Compagnie, am 2. August Stab, Manjema und die 5. Compagnie sowie die aus Masinde und Kisuani Verstärkung, am 4. August die 4. Compagnie dort⸗ elbst ein.

Aus den Manjema und den von Masinde und Kisuani mitgenommenen Mannschaften wurde eine combinirte Compagnie unter dem Commando des Lieutenants Ax in Stärke von 107 Mann formirt. Nachdem die Compagnien sich von dem Marsche in Marangu retablirt hatten, 1 das Expeditionscorps in Stärke: , 1. Compagnie (Johannes) 5 Europäer, 116 Farbige, .“ (Podlech) 6 . 124 6 (Mergler) 4 113 1 . (v. Elpons) 5 4 110 combinirte Compagnie (Ax) 3 8 103 den Vormarsch auf Moschi an. Die Station Marangu blieb unter Lieutenant von Dobeneck mit 60 Mann besetzt. Die von Compagnie⸗ führer Johannes eingezogenen Nachrichten und angestellten Recognoscirungen hatten als günstigste auf die allen Nachrichten nach stark befestigte Boma des Meli diejenige von Südwest bezeichnet; das Expeditionscorps marschirte deshalb in drei Märschen am Südfuß des Kilimandjarogebirges nördlich der Landschaft Kahe herum und erreichte am 11. August Nachmittags den Punkt, von wo aus der Angriff erfolgen sollte, ungefähr vier bis fünf Kilometer von der Boma entfernt. Es wurde Abends im Lager folgender Befehl

ausgegeben: 8 8 Expeditionsbefehl, 11. August d. J.

I. Das Expeditionscorps wird morgen nach Moschi marschiren.

II. Um 6 Uhr steht alles zum Abmarsch bereit. III. Marschordnung folgende: Avantgarde: 1. Compagnie, 500 m Abstand. Gros: Combinirte Compagnie Ax, Stab, die drei Ges sämmtliche Geschützmunition, Spreng⸗ und Beleuchtungsmittel, Com⸗ pagnie von Elpons, Compagnie Mergler, Compagnie Podlech. Die Compagnien folgen mit 50 Schritt Abstand. Unmittelbar hinter jeder Compagnie folgt (wenn vorhanden) die Medizinlast. Hinter der Compagnie Ladlech, gleichfalls mit 50 Schritt Abstand, sämmtliche Lasten des Stabs und der Compagnien sowie sämmtliche Boys, mit Ausnahme der Europäerboys. Hinter den Lasten und den Boys ein Zug der 3. Compagnie unter Lieutenant Kielmeyer und einem europälschen Unteroffizier. Aus dieser Marschordnung darf ohne meinen speciellen Befehl niemand ausbiegen. Jede SeH hat für ihre unmittel⸗ bare Seitendeckung rechts und links selbständig Sorge zu tragen. Die Compagnien haben beim Antreten laden und sichern zu lassen. Um 6 ¼ Uhr wurde der Vormarsch aus dem Lager in befohlener Weise angetreten. Um 7 Uhr 20 Minuten stieß die Spitze auf den Gegner, bog nach rechts aus und marschirte auf; die Colonne, welche zu Einem auf dem Wege folgte, marschirte in folgender Weise auf: Compagnie Ax, S Compagnie Johannes in der rechten Flanke, Compagnie von Elpons in Compagniecolonne mit 100 m Abstand hinter dem rechten Flügel; Compagnie Mergler mit gleichem Abstand in gleicher Formation hinter dem linken Flügel. 100 m hinter der Queue der Flügelcompagnie

Compagnie Podlech als Reserve, dahinter, unmittelbar aufgeschlossen,

sämmtliche Lasten u. s. w., dahinter die Bedeckung unter Lieutenant Kielmeyer. Gleich nach dem Aufmarsch der Compagnie Johannes war das 6,5 cm, das Maximgeschütz und das 3,7 cm Geschütz in Front genommen und die beiden ersteren in Wirksamkeit getreten. as Maximgeschütz versagte schon infolge seines Alters und seiner Abnutzung nach den ersten paar Schüssen, das 6,5 cm Geschütz warf Granaten in den gegenüberliegenden Bananenhain, in welchem der Gegner anscheinend ziemlich stark saß, und in der ver⸗ muthlichen Richtung auf die Boma des Meli. Nachdem der Auf⸗ marsch in oben beschriebener Weise vollendet war, wurde der Vor⸗ marsch um 8 Uhr 27 Minuten mit dem gesammten Corps ange⸗ treten. Das Terrain war durch dichten übermannshohen Dornen⸗ busch fast überall derartig unübersichtlich und ungangbar, da es nicht möglich war, die geschlossene Formation und Verbindung zwischen

den einzelnen Theilen aufrecht zu erhalten. Um 8 Uhr 40 Minuten entwickelte sich auf dem rechten Flügel ein sehr scharfes Feuergefecht; ich begab mich dorthin, zog die Compagnie Podlech bis 100 m

heran und fand die Compagnie Ax im Gefecht an der ersten Ver⸗ theidigungslinie des Gegners. Dieselbe bestand aus einem über 4 m tiefen, unten ganz spitz zulaufenden steilen Graben in harter Erde und einem Tüftegegchn am jenseitigen Rande, hinter welchem der Gegner lag. Als ich hinkam, hatte die Compagnie Ax bereits drei Mal einen vergeblichen Anlauf gegen die Stellung des Gegners ge⸗ macht, Lieutenant Ax war gefallen und der Feldwebel Mittelstädt verwundet, mehrere Askari todt und verwundet, und der in der Compagnie noch übrige Europäer, Sergeant Weinberger, meldete mir, daß es nicht möglich wäre, ohne weiteres die Stellung des Gegners zu nehmen. Ich befahl, daß die Compagnie an Ort und Stelle liegen zu bleiben hätte und nicht weitere Versuche zum Vor⸗ gehen unternehmen sollte, und begab mich zur Compagnie von Elpons, welche dicht an die rechte Flanke angeschlossen war. Die Compagnie, welche gleichfalls Feuer bekommen hatte, war nach der halben rechten Flanke aufmarschirt. Ich gab den Befehl, mit dem rechten Flügelzug die rechte Schulter vorzunehmen und zu versuchen, den Gegner durch den Druck auf seine Flanke aus der Stellung 8 1

Die Fühlung mit der Compagnie Johannes und Mergler war gänzlich verloren gegangen. Nachdem dieselbe durch den Adju⸗ tanten Lieutenant von Schrenck um 9 Uhr wieder hergestellt war, erfuhr ich, daß der Compagnieführer Johannes dieselbe Schlucht, ohne auf erheblichen Widerstand zu stoßen, passirt hatte und mit der Compagnie Mergler auf seinem linken Flügel ungefähr 300 Meter vorwärts Stellung genommen habe. Das Terrain war so buschig und so unübersichtlich, daß man auf diese kurzen Distanzen selbst S nichts voneinander sehen konnte. Compagnieführer Johannes bat, mit der ganzen 1 wieder auf ihn aufzurücken, auch schon deshalb, weil er durch unser eigenes Feuer von der rechten Flanke gefährdet war. Infolgedessen erhielt die combinirte Compagnie den Befehl, sich nach dem linken Flügel zu⸗ sammenzuziehen, Compagnie von Elpons, gleichfalls links abzu⸗ marschiren und sich bei der Compagnie Podlech links vorwärts zu sammeln. Lieutenant Eberhard übernahm das Commando über die combinirte Compagnie. Der Stab mit der Compagnie Podlech überschritt um 9 Uhr 10 Minuten 100 m links von der Angriffsstelle der combinirten Compagnie unter großen Schwierigkeiten und leb⸗ haftem Feuer den Graben und traf dann sehr bald auf die Com⸗ pagnien Johannes und Mergler, welch erstere in der Front, die zweite in der linken Flanke entwickelt war, und marschirte in Compagniecolonne in Höhe der Compagnie Mergler auf. Die Geschütze, welche hinter der combinirten Compagnie abgeprotzt hatten, erhielten gleichfalls den Befehl, sich zur Compagnie Podlech zu be⸗

geben, ebenso die gesammte Bagage und die Bedeckung derselben.

Der das Detachement begleitende Chefarzt hatte einen Verbandplatz 100 m hinter der Gefechtslinie der combinirten Compagnie etablirt, wohin die Verwundeten geschafft wurden.

Während des Sammelns des Expeditions⸗Corps hinter der Com⸗ pagnie Johannes, welche Bewegung vom Gegner von der rechten Flanke her unter scharfem Feuer gehalten wurde, sodaß die ab⸗ marschirenden Compagnien des Oefteren halten und durch Salven den Gegner zurückhalten mußten, wurde dasselbe von der linken Flanke gleichfalls durch starkes Feuer des Gegners belästigt, sodaß das Maxim⸗ geschütz, welches dank der Geschicklichkeit und Ruhe des Ober⸗Büchsen⸗ machers wieder hergestellt war, in Wirkung gesetzt wurde. Des⸗ gleichen gab die Compagnie Mergler einige Salven und langsames Schützenfeuer dagegen ab. Ebenso fielen im Rücken vereinzelte Schüße. Da der Chefarzt die Verwundeten nicht über den schwierigen Graben transportiren konnte, waren ihm vom Lieutenant Kielmeyer ein schwarzer Offizier und fünf Mann als Bedeckung zurückgelassen. Diese Bedeckung wurde jetzt noch durch 20 Mann verstärkt.

Nachdem um 12 Uhr 40 Minuten alles bis auf die Verwundeten versammelt war, wurde der zweite Angriff auf die Boma, welcher durch einige Schüsse aus dem 6,5 cm Geschütz vorbereitet wurde, in folgender angesetzt:

Front: Compagnie Johannes, unmittelbar hinter dem rechten Flügel: Compagnie von Elpons, unmittelbar hinter dem linken: Compagnie Mergler in Compagniecolonne, Com⸗ pagnie Podlech und combinirte Compagnie nebeneinander, unmittel⸗ bar anschließend an die Queue der beiden Seitencompagnien; dicht dahinter die Bagage; dicht dahinter die Bedeckung derselben. Die Geschütze waren der Compagnie Johannes überwiesen. Die Ent⸗ fernung der Boma Meli wurde auf ungefähr noch 500 bis 800 m taxirt. 8 Ein Theil der Anmarschrichtung, welcher mit dichten Bananen besetzt war, war durch die als Bundesgenossen erschienenen Leute des Sultans Sinna unter Führung des Schau ch Murgan Mohamed und zehn Mann der 1. Compagnie unter leichter Belästigung durch den Gegner durch Niederhauen gangbar gemacht worden. 8

Trotz dieses dichten Aufmarsches und des theilweisen Entfernens der hindernden Bananen trennte sich die linke ö“ und die Queue, bei welcher ich mich 888⸗ von der Compagnie Johannes und der rechten Flanke und gelangte um 1 Uhr 10 Minuten in die Boma Mandara's, des Vorgängers von Meli, welche ohne Widerstand besetzt wurde.

Während die von mir ausgeschickten Erkundungen nach dem Compagnieführer Johannes noch nicht zurück waren, erhielt ich um 1 ¼ Uhr von ihm die Meldung, daß die Boma Meli's auch ohne Widerstand besetzt sei. Es stellte sich heraus, daß die beiden Bomas thatsächlich nur zwei Minuten auseinander lagen, trotzdem hatte niemand vom andern etwas gesehen oder gehört.

Beide Bomas bestanden aus etwa 5 Fuß hohen festen Stein⸗ wällen, unter vorliegendem dichten Gebüsch. Die Boma Mandara war jedoch zum theil verfallen, während die Boma Meli sich in vor⸗ züglichem Zustand befand. Das in derselben befindlich gewesene große Haus des Meli war abgebrannt; ob von ihm selbst angesteckt oder durch unsere Granaten entzündet, konnte noch nicht constatirt werden.

Die Bomas wurden sofort in folgender Weise besetzt und zur Vertheidigung eingerichtet: Boma Meli Compagnie Johannes, Compagnie v. Elpons, combinirte Compagnie (unter Befehl des Compagnieführers Johannes), die Boma Mandara Compagnien 8— und Mergler (unter Befehl des Compagnieführers

odlech). 1

Der Gegner, welcher anscheinend durch den Angriff der com⸗ binirten Compagnie doch erheblich erschüttert war, war geflohen und hatte sich in die östlich der Bergfläche, auf welcher beide Bomas ge⸗ legen sind, befindliche, scharf eingeschnittene Schlucht zurückgezogen.

Ein Zug der Sr Podlech wurde zurückgeschickt, um den Cbefarzt und die Verwundeten und Todten heranzuziehen; dieselben trafen um 5 ½ Uhr im Lager ein. Um ungefähr 2 Uhr sah man aus der Schlucht, in welcher von den vorgeschickten stärkeren Fee ein permanentes Feuergefecht geführt wurde, zahlreiche

egner im Gebüsch den jenseitigen Hang empporsteigen. Es wurden das Maximgeschütz, das 6,5 cm und später auch das 3,7 cm Geschütz dägegen in Thätigkeit gebracht, und die Compagnien Podlech und Mergler gaben Salven, so wie zahlreichere Gegner sichtbar wurden. Die Entfernung betrug etwa 500 m. Es

ist anzunehmen, daß der Gegner hierbe ch erhebliche Verluste gehabt hat; denn nachdem auf einem 1500 m entfernten Hügel noch eine starke Ansammlung von Menschen sichtbar wurde, wohin mit dem 6,5 cm 8 noch einige glückliche Schüsse abgegeben wurden, erschien auf dem jenseitigen Hange eine große deuttsche Flagge, und es wurde von jenseits herübergerufen und um Frieden gebeten. Da kein Gegner mehr sichtbar war, wurde das Feuer ein⸗ gestellt und ein Unterhändler hinübergeschickt, um weiteres zu erfahren.

Der diesseitige Verlust beträgt: Todt: Lieutenant Ax und 4 Askari. Schwerverwundet: Feldwebel Mittelstädt und 12 Askari. Leichtverwundet: 11 Askari.

Die heute ee Unterhändler geben ihren Verlust auf 80 Todte und 60 Verwundete an. 1

Das Verhalten sämmtlicher deutschen Offiziere, Unter⸗ offiziere u. w. im Gefecht war musterhaft. Die neu angeworbe⸗ nen Rekruten⸗Compagnien (3., 4. und 5.), ö allerdings nicht in das schärffte Gefecht, wohl aber in scharfes Feuer ekommen sind, haben eine gute Haltung und Feuerdisciplin bewährt.

ie Manjema der combinirten Compagnie unter Sergeant Wein⸗ berger haben sich als tapfere Leute gezeigt, und obgleich noch nicht vollständig ausgebildet, gelang es dem Sergeanten Weinberger doch, dieselben, namentlich auch was die Abgabe des Feuerz betrifft, in der Hand zu behalten. Es ist anzunehmen, daß wir in diesem Stamm einen guten und billigeren Ersatz für eventuelle Neuanwer⸗ bungen finden würden.

Nach der 82n Ordnung der Meli'’schen Affaire ist es nun noch nöthig, nach der Landschaft Groß⸗Aruscha zu marschiren, welche, durch das Beispiel Meli's aufgestachelt, sich seit Jahr und Tag gleich⸗ falls unbotmäßig zeigt. 8

„Es darf dabei nicht unbemerkt bleiben, daß es allein der geschickten Geschäftsführung des Compagnieführers Johannes gelungen ist, ein ganzes Jahr lang die nach der Affaire Bülow schwierige Lage am Kilimandscharo vor weiteren Katastrophen zu bewahren. Auch ist die militärische Situation von ihm mit großer Mühe so richtig erforscht und erkannt, daß das Gelingen des Angriffs, neben der Bravour der Truppe, einzig und allein als sein Verdienst anzusehen ist. 8 von Schele, Okerst.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser besichtigte am Sonnabend Vormittag in Innsbruck in Begleitiung der Erzherzoge die Amusstellung und äußerte seine Befriedigung darüber. Allerhöchttdderselbe wurde überall mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Am Abend trat der Kaiser unter begeisterten Oovationen der Bevölkerung die Rückreise nach Wien an und empfing daselbst gestern Vormittag den ungarischen Minister⸗-Präsidenten Dr. Wekerle.

Vor der Abreise von Innsbruck hat der Ka iser an den Statthalter von Tirol Grafen Merveldt das nachstehende Allerhöchste Handschreiben gerichtet:

Lieber Graf erveldt!

Ihe von erhebender und denkwürdiger Bedeutung haben Mich in Mein treues Land Tirol, in seine aufblühende Hauptkstadt geführt, wo Ich emen ebenso glänzenden wie herzlichen Empfang fand. Tief⸗ bewegt sah Ich die Hülle des Denkmals sinken, welches eine nie er⸗ löschende dankbare Erinnerung dem Helden und Blutzeugen von 1809 an jener Stelle errichtete, wo er die edlen opfermuthigen Säöhne dieses Landes zum Siege geleitet hatte. Daß der Geist karnnpfgewohnter Vorfahren im Volke waltet, bewies Mir auch die Perin der neuen Stätte, an welcher sich Aug und Hand im ˖Gebrauche der Schußwaffe üben und stählen werden. Die hervorragende Wehr⸗ haftigkeit Meiner getreuen Tiroler und Vorarlberger ist gepaart mit friedlichem Schaffen. Was die emsige Arbeit auf den mannigfachsten Gebieten leistet, konnte Ich mit Befriedigung wahrnehmen. Mächtig und Mein Herz ergreifend sind die Eindrücke, welche Ich in diesen Festtagen aufgenommen habe. Ich weiß Mich und Mein HKaus innig vereint mit diesem biederen Lande für immerdar. Mein wärmster Dank und die Versicherung Meines Wohlwollens sind dem ganzen Lande und Allen gespendet, die, in welcher Weise es sei, dazu bei⸗ getragen haben, Mich so wahrhaft zu erfreuen.

Innsbruck, am 30. September 1893. Franz Joseph.

Der König und die Königin von Sachsen trafen am Sonnabend Vormittag kurz vor 8 Uhr in Baden bei Wien ein. Auf dem Bahnhof waren zum Empfange an wesend die Erzherzoge Albrecht, Wilhelim und Eugen, die Erzherzoginnen Maria Theresia, Josepha und Elisabeth, der Prinz Johann von Sachsen mit seiner Braut, der Herzogin Isabella von Württemberg, der Herzog Philipp und der Herzog Robert von Württemberg. Die Fürstlichkeiten begaben sich sodann nach der Weilburg. Gestern Abend trat die Königin ihre Reise von Baden nach Umkirch an. Der König sowie der Erzherzog gaben Allerhöchstderselben das Geleit nach dem Bahnhof, wo⸗ selbst die Spitzen der Behörden zur Verabschiedung sich eingefunden hatten.

Vor kurzem ist ein neues Reglement erlassen worden, worin die Zulassung fremder Kriegsschiffe in den Häfen Oesterreich⸗Ungarns geregelt wird. In einigen publizistischen Kreisen war diese Thatsache mit gewissen im Mittelmeer be⸗ vorstehenden maritimen Vorgängen in Zusammenhang gebracht worden. Dem gegenüber bemerkt die „Pol. Corresp.“, das Reglement sei lange ausgearbeitet gewesen, bevor die ange⸗ deuteten Vorgänge angekündigt worden seien. Maßgebend für das neue Reglement sei die Reformbedürftigkeit des früheren vielfach veralteten Reglements gewesen, ferner der mstand, daß verschiddene Staaten, darunter Italien und Holland, die gleichzeitige Anwesenheit fremder Kriegsschiffe in ihren Häfen auf drei festgesetzt hätten, was seitens Oesterreich⸗ Ungarns mit der Erweiterung nachgeahmt worden sei, daß die Gesammtzahl der an der Kuüͤste Oesterreich⸗Ungarns ankernden Kriegsschiffe eines frembden Staats nicht sechs über⸗ steigen därfe.

Der Präsident Carnot ist dem „W. T. B.“ zufolge 6 Nachmittag von Fontainebleau nach zufalge gekehrt.

Nach einem der „Magd. Ztg.“ zugegangenen Telegramm stände es jetzt fest, da weder der fns st A noch der im Seebad Biarritz weilende Großfürst Wladimir den russisch⸗franzosischen Festen beiwohnen würden. Der Großfürst Alexis verlasse am 5. Oktober Vichy und reise nach

dessa ab, während der Großfürst Wladimir bis Ende Oktober in Biarritz⸗verbleiben werde 5

Italien.

Ueber einen dem König zugestoßenen Unfall berichtet „W. T. B.“ aus Mailand Folgendes: Der König begab sich vorgestern ede von M onza nach Mailand. In der Nãͤ e von Mailand glitt das Pferd aus und kam zu Fall. Der König blieb unversehrt, bestieg das Pferd wieder und ritt weiter nach Mailand. Von da kehrte Alllerhöchst⸗ derselbe später wieder zu Pferde nach Monza zurück.

. Spanien.

Die Besserung in dem Befinden des Minister⸗Präsidenten Sagasta macht, wie „W. T. B.“ berichtet, Fort⸗

.Der Marscha artinez Campos hat sich soweit erholt, daß er bereits das Bett Se 32 Der Urheber des Attentats gegen den Marschall Martinez Campos Papas ist vom Kriegsgericht zum Tode verurtheilt worden. Der oberste Kriegsrath bestätigte gestern das Todesurtheil, das heute Vormittag 11 Uhr auf einem Kasernenhof in Barcelona vollstreckt werden foll Payas, dem seine bevor⸗ stehende Hinrichtung angekündigt wurde, nahm, wie der „Magd. Ztg.“ berichtet wird, die Nachricht ganz gleichgültig auf, wies jeden geistlichen Beistand zurück und verlangte nur, seine Frau und Kinder zu sehen, was ihm gewährt wurde. Der Kasernen⸗ hof, auf dem morgen die Erschießung des Verbrechers stattfinden soll, ist abgesperrt und wird von allen Seiten militärisch be⸗ wacht. Der Marschall Martinez Campos hat ein Gnaden⸗ gesuch. für Payas überreicht, man glaubt jedoch nicht, daß die önigin⸗Regentin dem Gesuche willfahren wird. Acht An⸗ archisten, die in einem Kaffeehause in Barcelona wegen der Hinrichtung des Payas Drohungen ausgestoßen hatten, wurden verhaftet. Vor dem Palaste der schönen Künste daselbst wurde eine Dynamitbombe gefunden. b Asien. . Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Bangkok von gestern wäre daselbst zwischen Frankreich und Siam ein endgültiges Abkommen getroffen worden; die Unterzeichnung werde morgen stattfinden, und der französische Specialgesandte Le Myre de Villers am nämlichen Tage nach Saigon abreisen. Nach einer Meldung der „Times“ sei dem Vertrage eine Convention ange⸗ schlossen worden, wonach Frankreich Chantaboon besetze, bis das linke Ufer des Mekong vollständig geräumt sei. Frankreich er⸗ kläre jedoch formell, es werde Chantaboon sobald als möglich räumen. De Villers habe die Forderung auf Absetzung der dänischen Offiziere zurückgezggen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. 8

Der Ausstand der englischen Grubenarbeite kann noch immer kein Ende finden. Aus dem Beschluß des Verbandes der Bergleute in Chesterfield (vgl. Nr. 235 d. Bl.) theilt die Londoner „A. C.“ folgende Erklärung mit: Wir sind bereit, den alten Lohnsatz anzunehmen und verbürgen uns, keine Erhöhung zu verlangen, bis nicht die Preise von 1890 und 1891 erreicht sind. Ueber die schlimmen Folgen des Ausstandes für die Industrie berichtet die Correspondenz weiter:

Der Strike bringt allmählich die gesammte Industrie aus Rand und Band. Seit Wochen wird in der Baumwollindustrie nur „kurze Zeit“ gearbeitet. 10 000 Baumwollenarbeiter mindestens sind infolge des Kohlenmangels entlassen worden. Tausende von Eisen⸗ bahn⸗, Eisen⸗, Glas⸗ und Papierarbeitern sind brodlos. Am meisten leidet natürlich die Eisenindustrie. In Lancashire und Yorkshire, wie nicht minder in den WTöö sind viele Werke geschlossen worden. In Leeds und Umgegend wurden am letzten Freitag wieder mehrere bedeutende Fabriken, u. a. die große Deckenfabrik von Wormald u. Walker geschlossen.

Während der Grubenarbeiterausstand im Norden Frankreichs bereits im Rückgange war, scheint eine neue Ermuthigung der Ausständigen durch die Betheiligung der Bergleute anderer Districte am Ausstande zu drohen. In Saint⸗Etienne beschloß, wie „W. T. B.“ meldet, eine in der Arbeitsbörse abgehaltene Versammlung von Bergarbeitern, sich an dem allgemeinen Ausstand zu betheiligen. Der Strike 2 beginnen, sobald ein Einvernehmen mit den Bergarbeitern

er übrigen Kohlenbecken erzielt ist. Aus den nordfranzösi⸗ schen Bezirken liegen folgende telegraphischen Meldungen vor:

In dem Kohlenbecken des Departements Pas de Calais ist die Nacht zum Sonnabend ziemlich unruhig verlaufen. Die Ausständigen wollten die Bewegung zu Gunsten der Wiederaufnahme der Arbeit hemmen. Zahlreiche Gruppen von Ausständigen versuchten die übrigen Arbeiter an der Arbeit zu hindern, doch wurden sie durch die vom Militär unterstützten Gendarmen zerstreut. In Ostricourt fand ein Zusammenstoß zwischen Gendarmen und Ausständigen statt. Die Gendarmen, die mit Steinwürfen angegriffen wurden, mußten von ihren Waffen Gebrauch machen und Feuer geben. Mehrere Aus⸗ ständige wurden verwundet, fünf von ihnen verhaftet.

In den belgischen Kohlengrubenbezirken hat die Ausdehnung des Ausstandes bisher langsam zugenommen und die Zahl der Ausständigen war sogar im Borinage schon wesentlich zurückgegangen. Für den heutigen Montag aber wurde ein starkes Anwachsen des Strikes befürchtet. Vom Sonnabend liegen folgende Telegramme vor:

Im Kohlenbecken von Mons sind 2700 Bergleute ausständig; man glaubt, daß am Montag die Zahl der Nasshdigen wachsen werde. In Lüttich, wo sich 800 Bergleute im Ausstand befinden, herrscht vollkommene Ruhe. In dem Kohlenbecken von Charleroi belief sich die Zahl der Ausständigen auf 12 000; am Montag soll Ausstand beginnen; es herrscht überall vollkommene Kuhe. 3

Aus Manchester berichtet ein Wolff'sches Telegramm: Ein von der Gruppe der hiesigen Anarchisten einberufenes wurde auf Beschwerde der in der Nachbarschaft des Versammlungsortes Wohnenden polizeilich aufgelöst, wobei die Anarchisten mit Stühlen auf die Polizei einschlugen. Mehrere Polizisten wurden verwundet, vier Anarchisten verhaftet.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

8 Spanien.

Herkünfte aus Häfen, welche von Manchester nicht weiter als 165 km entfernt sind, unterliegen, wenn sie von dort nach dem 15. v. M. abgegangen sind, je nachdem sie mit reinem oder einem mit dem Vermerk über einen vorgekommenen Cholerafall versehenen Schiffspatent ankommen, einer dreitägigen Beobachtung bezw. der Quarantäne. Herkünfte, welche Stettin nach dem 12. v. M. ver⸗ lassen haben, unterliegen der Quarantäne.

I“ 1

Der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel hat die für europäische Reiseng⸗ in Mustafa Pascha und in Zibeftsche angeordnete Quarantäne auf fünf Tage erhöht. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 196 vom 17. August und Nr. 210 vom 1

weden.

Durch des Commerz⸗Collegiums vom 29. v. M.

ist der Hüe⸗ von Lübeck mit Umgebung für cholerafrei erklärt worden.

Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 228 vom 22. v. M.) Jedoch haben die Passagiere derjenigen Schiffe, welche nach dem 28. v. M. Lübeck oder einen in dessen nächster Umgebung gelegenen Hafen verlassen haben, sich den Schutzmaßregeln einer neuerdings unter dem 22. d. M. erlassenen Verordnung zu unterwerfen.

Diese Verordnung, welche eine Einschleppung der Cholera nach Schweden über nicht für cholerainficirt erklärte ausländische e verhüten soll, schreibt eine ärztliche Untersuchung der Passagiere in dem ersten schwedischen Ankunftshafen und die Beibringung eines Zeugnisses vor, in welchem von einem schwedisch⸗norwegischen Konsul,

der Obrigkeit des Rirsche ns oder einer Person, deren Glaub⸗ würdigkeit durch eine dieser Amtsstellen nachgewiesen ist, bescheinigt wird, daß der betreffende Passagier während mindestens achtund⸗ vierzig Stunden, bevor das Schiff den Abgangshafen verließ sich in einem Bezirk aufgehalten hat, welcher durch da Com merz⸗Colle ium nicht für cholerainficirt erklärt worden ist. Außer dem haben sich die Pc iere gemäß den Bestimmungen der Be kanntmachung vom 14. Juli d. J. während 3 Tagen einer ärztlichen Beobachtung zu unterwerfen. Ist aber der amtliche Nachweis er⸗ bracht, daß der Passagier während der letzten 5 Tage, bevor er an Bord des Schiffes ging, sich in einem nicht für olerainficirt er⸗ klärten Orte aufgehalten hat, so bleibt er, wenn nicht besondere Um stände vorliegen, von der ärztlichen Beobachtung befreit. 1 Norwegen.

Nach einer Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 26. v. M⸗ -ist das Einfuhrverbot von gebrauchter Wäsche, ge⸗ brauchten Kleidungsstücken, gebrauchtem Bettzeuge, gebrauchter atte, sowie von Lappen und Lumpen, welches zur Zeit noch gegenüber Ruß⸗ land und Finland, dem Deutschen Reich, Frankreich und Belgien in Gültigkeit ist, auch auf Ungarn, Galizien, die Bukowina und Holland ausgedehnt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 203 vom 29. August 1892, Nr. 213 vom 9. September 1892.) 1

Gleichzeitig, ist auch unter denselben ausnahmsweisen Bedingungen unter welchen die Einfuhr von Lappen und Lumpen im März d. üa8 aus Deutschland, G und Belgien erlaubt worden war, die Einfuhr der gedachten Artikel aus Rußland und Finland, Ungarn, Galizien, der Bukowina und Holland gestattet worden. (Vergl „R.⸗Anz.“ Nr. 66 vom 17. März 1893.)

Argentinien.

Durch Decret der argentinischen Regierung vom 1. September cr. sind sämmtliche europäische Häfen für choleraverdächtig erklärt worden. Australien.

Der Gouverneur von Neu⸗Süd⸗Wales hat durch Verfügung vom 22. August d. J. gegen alle Herkünfte aus den Häfen des Mittelmeeres Quarantäne angeordnet. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 209 vom 31. August.)

Cholera. Nach den aus den städtischen Krankenhäusern bis 11 Uhr Vormittags im Rathhaus eingegangenen Meldungen ist Berlin auch heute frei von cholerakranken und choleraverdächtigen Personen. Stettin, 30. September. Das hiesige Polizei⸗Präsidium macht bekannt, daß gestern hier ein Arbeiter an Cholera gestorben ist. 1“ 1. Oktober. Von gestern früh bis heute früh sind laut Meldung des „W. T. B.“ zwei neue Erkrankungen an Cholera Von den früher erkrankten Personen sind zwei ge⸗ orben. Brest, 1 Hktoet meldet: Gestern hier drei Personen an Cholera gestorben. Der Gesundheitszustand der Stadt hat sich gebessert. St. Petersburg, 30. September. Vom 26. bis 28. d. M. sind, nach dem Bericht des „W. T. B.“, in St. Petersburg 166 Er⸗ krankungen an Cholera und 78 Todesfälle vorgekommen, vom 23. bis 26. d. M. in Moskau 18 Erkrankungen und 9 Todesfälle, vom 17. bis 23. d. M. in Warschau eine Erkrankung und ein Todesfall, vom 10. bis 16. d. M. in den Gouvernements Warschau 7 bezw. 5, Plozk 8 bezw. 4, vom 17. bis 23. d. M. in den Gouvernements Wilna 15 bezw. 4, Wolhynien 670 bezw. 240, Woronesch 251 bezw. 147, Grodno 109 bezw. 38, Lomsha 138 bezw. 63, Moskau 88 bezw. 39, Orel 158 bezw. 57, Radom 13 bezw. 5, St. Peters⸗ burg 136 bezw. 65 Tula 239 bezw. 75. „Regom, 1. Oktober. Wie „W. T. B.“ meldet, sind bis gestern in Livorno 10 Personen an Cholera erkrankt und 12 gestorben, darunter 11 bereits früher erkrankte. In Palermo sind 32 Er⸗ krankungen und 10 Todesfälle vorgekommen, in Patti und Marino 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle, in Rom 2 Erkrankungen und 1 Todesfall. In den letzten 24 Stunden ist in Rom eine Person unter choleraverdächtigen Erscheinungen erkrankt; in Livorno 8 in derselben Zeit 8 Personen an Cholera erkrankt und eine gestorben. Neapel, 1. Oktober. An Bord der Panzerschiffe „Affondatore“ und „Italia“ wurden, wie die „Agenzia Stefani“ meldet, einige Cholerafälle festgestellt. Die Schiffe sind deshalb nach Asinara in Quarantäne geschickt worden. Die Ent⸗ sendung eines Geschwaders nach Tarent unterbleibt.

Theater und Musik.

Koönigliches Schauspielhaumgt. Mit dem gestrigen Abend hat das Königliche Schauspiel wieder das Haus am Gendarmenmarkt bezogen, nachdem es mehrere Monate wegen umfangreicher Wiederherstellungsarbeiten Gastrecht im Neuen Theater hat in Anspruch nehmen müssen. Wie schon kürzlich an dieser Stelle erwähnt, erstreckten sich die baulichen Veränderungen haupt⸗ .- auf die Nebenräume des Theaters: Corridore, Garderoben und ufgänge haben eine wesentliche Veränderung und Verbesserung er⸗ fahren. Aber auch der Zuschauerraum ist außer der Erneuerung der Wände mit Tapeten, Anstrich ꝛc., die ihm ein beha liches Ansehen eben, in so fern zweckmäßiger gestaltet, als durch Beseitigung der Parquetlogen und v Vermehrung der Zugänge zum Parquet, der Eintritt mit weniger Gedränge und Störung vor sich geht, besonders aber eine sehr viel schnellere Entleerung des Theaters ermöglicht wird. Zur Eröffnungs⸗Vorstellung war das bekannte historische Lustspiel „Zopf und Schwert“ von Karl Gutzkow gewählt worden, das an dieser Stätte zum ersten Male gegeben wurde. Das schon vor etwa fünfzig Jahren entstandene und in mancher Beziehung veraltete, dem heutigen Geschmack nicht mehr ganz entsprechende Werk wird immer noch mit Interesse aufgenommen, weil es innere Vorgänge in der preußischen Königsfamilie behandelt und die Charakterisirung der darin gezeichneten Hauptpersonen, des Königs Friedrich Wilhelm J., seiner Gemahlin der Prinzessin Wilhelmine und des mit Erfolg sich um ihre Hand bewerbenden Erbprinzen von Bayreuth als eine wohlgelungene und annähernd geschichtlich treue angesehen werden kann. Den hohen Anforderungen, welche das Stück an die Darstellungsfähigkeit sämmtlicher mitwirkenden Schauspieler stellt, wurde in vollstem Maße entsprochen; die Aufnahme der Vor⸗ he von dem dichtbesetzten Hause war deshalb eine sehr freundliche. Den in strengem und rauhem Ton stets polternden, dabei aber doch gutmüthigen, auf das Wohl seines Volkes und seiner Familie bedachten König Friedrich Wilhelm I. gah Herr Molenar mit echter militärischer ltung und königlicher ürde, ohne in den schwer zu vermeidenden Fehler zu verfallen, den uten Eindruck dieser Rolle durch zu scharfe Hervorkehrung der Schroffheit des Wesens zu beeinträchtigen. Mit großer Feinheit und mit viel Geschick stellte Frau Kahle die Königin dar. Frau von Hochenburger fand als Prinzessin Wilhelmine, die im Interesse der hohen Politik icge Hand zuerst einem eng⸗ lischen rinzen, dann einem rinzen des österreichischen Kaiserhauses geben sollte, schließlich aber doch ihrem eigenen Herzeit folgen durfte, wieder häufig Gelegenheit, ihren reichen Schatz an tiefer Empfindung, Seelengröße und auch an Humor zu enthüllen. Als der glückliche Bewerber um ihre Hand traf Herr Purschian dem Vater gegenüber trefflich den selbst dem König Achtung abnöthigenden Ton des energischen Soldaten, der Prinzessin gegenüher den weichen und doch männlichen Ton, der das Herz des jungen Mädchens mit unwiderstehlicher Gewalt zu dem ihm sympathischen Manne zieht. Die Rolle vetz einflußreichen königlichen Kammerdieners Eversmann wurde vom Herrn Vollmer mit vielem Humor ausgestattet und fand ebensech wie die ganze Vorstellung den kebzaftesien Beifall. Ganz besondere Anerkennung verdient die von dem Ober⸗Regisseur Herrn Grube bs⸗ wirkte Inscenirung, die ihr Geschick namentlich bei Einrichtung der interessanten Scene im Tabackscollegium von neuem bewiesen hat. Theater Unter den Linden. . Die Operette „Sataniel“ von Carl Görlitz und A. Wrcgtz Couplets theilweise von Julius Freund, Musik von Adosttzt erron) errang bei ihrer ersten Aufführung am Sonnabent cibi recht freundlichen Erfolg vor einem gut heehn wohlwollend ge⸗