10) der Allerhöchste Erlaß vom 21. August 1893, betreffend die Genehmigung des Regulativs über die fernere Ausgabe auf den In⸗ haber lautender Anleihescheine der Rheinprovinz durch Vermittelung der Landesbank der Rheinprovinz, durch die Amtsblätter
der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 49, Beilage, aus⸗ gegeben am 21. September 1893,
der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 38 S. 535, aus⸗ gegeben am 23. September 1893,
der Königlichen Regierung zu Köln Nr. 38 S. 399, aus⸗ gegeben am 20. September 1893;
der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 38 S. 461, aus⸗ gegeben am 22. September 1893,
der Königlichen Regierung zu Aachen Nr. 43 S. 361, aus⸗ gegeben am 21. September 1893; 1
11) das am 30. August 1893 Allerhöchst vollzogene Statut für die öffentliche Wassergenossenschaft zur Regulirung des Krummen Grabens, des Mühlgrabens, des Schönwitzer Grabens und des Kar⸗ bischauer Grabens zu Norok im Kreise Fa ” O.⸗S. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 37 S. 370. gegeben am 15. September 1893.
Angekommen:
der Ober⸗Bau⸗ und Ministerial⸗Director im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Schroeder, vom Harz.
ANiicchtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 3. Oktober.
Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trafen, von Trakehnen kommend, am Sonntag Vormittag um 10 Uhr in Rominten ein, wo Allerhöchstdieselben bei dem Jagdhause von dem commandirenden General des I. Armee⸗Corps von Werder, dem Ober⸗Präsidenten der Provinz Ostpreußen Grafen zu Stolberg, dem Landrath sowie der gesammten Jägerei er⸗ wartet wurden. Um 11 Uhr fand in Gegenwart Beider Majestäten die Einweihung der neu erbauten St. Hubertus⸗ Kapelle statt. Zu der Mittagstafel um 1 Uhr waren die um den Bau der Kapelle verdienten Herren, die Geistlichkeit sowie die Spitzen der Behörden mit Einladungen beehrt worden. Nach Aufhebung der Tafel unternahmen die Majestäten eine gemeinsame Ausfahrt nach der Königshöhe und bestiegen den daselbst errichteten Aussichtsthurm. Nach der Rückkehr von dort fuhren Beide Majestäten abermals in den Wald hinaus. Um 7 Uhr fand die Abendtafel statt. Nach Aufhebung derselben begaben Sich Ihre Majestät die Kaiserin zu Wagen nach Trakehnen zurück.
Seine Majestät der Kaiser fuhren gestern früh bald nach 4 Uhr zur Pürsche in den Wald und kehrten gegen 7 Uhr mit einem Sechzehnender nach dem Jagdhaus zurück.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin sind — Abend um 10 Uhr nach dem Neuen Palais zurück⸗ gekehrt.
Der Ausschuß des Bundesraths für Rechn hielt heute eine Sitzung.
gswesen
Das Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt:
In Hamburg wurden vom 2. bis 3. Oktober Morgens Neuerkrankungen nicht gemeldet; unter den früher Erkrankten sind drei gestorben.
Es sind versetzt worden: der Regierungs⸗Rath Dr. Lehmann von der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. an die Königliche Regierung zu Danzig, der Regierungs⸗Rath von Wuthenau von der üniglichen Regierung zu Köslin an die Königliche Regierung zu Frankfurt a. O., der Re⸗ gierungs⸗Assessor Dr. Heimann von der Königlichen Re⸗ gierung zu Königsberg an die Königliche Regierung zu Breslau, der Regierungs⸗Assessor Dr. Cremer von dem Königlichen Landrathsamt zu Wandsbek an die Königliche Regierung zu Aurich.
Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Dr. von Rose aus Hildesheim ist dem Landrath des Kreises Westprignitz und der neuernannte Regierungs⸗Assessor von Goerschen aus Aachen “ des Kreises Stormarn zur Hilfeleistung zugetheilt worden.
Der Regierungs⸗Assessor Dr. Lenz zu Oppeln ist mit der commissarischen Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Beuthen beauftragt worden.
jie Regierungs⸗Referendare Dr. jur. von Seidlitz aus Frankfurt a. O., Albrecht aus Lüneburg, Dr. jur. Wilms aus Potsdam, Dr. jur. Lange aus Gumbinnen, Dr. jur. Steiniger aus Potsdam und Graf zu Zehae aus Hannover haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungs⸗ dienst bestanden.
S. M. S. „Nixe“, Commandant Capitän zur See
18 ist in Plymouth eingetroffen und beabsichtigt, am
d. M. nach Funchal (Madeira) in See zu gehen.
— ——Oę— 2 8* I1A1““
8 1““ “ Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent vna. zu mehrwöchigem Aufenthalt nach Berchtesgaden egeben.
Der Minister⸗Präsident Freiherr von Crailsheim hat dem Landtag drei Creditvorlagen zugehen lassen. Es werden darin beansprucht: für Doppelgeleise und Betriebs⸗ material 30 838 000 ℳ, für Eisenbahnbauten u. s. w. 11 077 000 ℳ und für Postbauten und Telegraphenlinien 3 779 000 ℳ, insgesammt also 45 694 000 ℳ
Von den socialdemokratischen Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten ist der ee Antrag auf dege. eines neuen Landtagswahlgesetzes eingebracht worden:
„Die Kammer der Abgeordneten wolle beschließen: Es sei an die Staatsregierung das Ersuchen zu richten, dieselbe wolle baldmög⸗ lichst und jedenfalls noch rechtzeitig im Laufe der gegenwärtigen Tagung dem Landtag den Entwurf eines neuen Landtagswahl⸗ gesetzes zur Berathung und Beschlußfassung unterbreiten. Für
bas sich
diesen Entwurf sollen die nachfolgenden Grundzüge mesgeen sein: 1) Die Zahl der Abgeordneten soll sich nach den Bevölkerungs⸗ zahlen der einzelnen Regierungskreise berechnen, in der Weise, daß durchschnittlich auf je 35 000 Einwohner ein Abgeordneter kommt. 2) Dieser Berechnung soll die jeweils letzte allgemeine Volks⸗ zählung zu Grunde gelegt werden, mit der Bestimmung, daß hierbei lediglich die Civilbevölkerung in Anrechnung kommt und demnach die “ der Hersopen des activen Soldatenstandes von der Gesammt⸗
inwohnerzahl abzurechnen sind. 3) Es sollen nur Wahlkreise mit je einem Abgeordneten gebildet werden. 4) Die “ Einthei⸗ ung der Wahlkreise auf Grund des neuen Wahlgesetzes soll durch die Staatsregierung erfolgen. Fernere Abänderungen der Wahlkreise sollten nur unter Zustimmung des Landtags geschehen können. 5) Sobald die jeweils letzte allgemeine Volkszählung eine solche Veränderun der Bevölkerungszahl in einem Regierungsbezirk ergiebt, bef sc dadurch die auf denselben treffende Abgeordnetenzahl verändert, oll die Staatsregierung dem Landtag unverweilt, beziehungsweise in dessen nächster Tagung, den Entwurf einer Neueintheilung des betreffenden Regierungsbezirks unterbreiten. 6) Wahlberechtigt soll jeder voll⸗ jährige Bayer, wählbar jeder Bayer sein, welcher das fünfundzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat. Personen des activen Soldatenstandes sollen weder wahlberechtigt noch wählbar sein. 7) Die Wahlen sollen an einem Sonntag oder Landesfeiertag statt⸗ finden. 8) Die Wahl soll eine unmittelbare und geheime sein. 9) Zur wirksamen Wahrung des Wahlgeheimnisses foll Größe und Gewicht der Stimmzettel gleichmäßig für das ganze Land festgesetzt und die Abgabe der Stimmzettel in amtlich herzu⸗ stellenden Umschlägen vorgeschrieben werden. 10) Die sonstigen Be⸗ stimmungen, namentlich auch in Bezug auf die Herstellung und Aus⸗ legung der Wählerlisten, den Verlauf der Wahlhandlung, die Vor⸗ nahme von engeren Wahlen u. s. w. sollen im wesentlichen den ent⸗ sprechenden Vorschriften des Wahlgesetzes, sowie den Reglements für die Reichstagswahlen nachgebildet werden..
Oldenburg.
(H.) Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich von Güldenstein zu mehrwöchigem Aufenthalt nach Eutin
begeben. Anhalt. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin sowie Ihre Durchlaucht die Prinzessin Alexandra sind aus Berchtesgaden am Sonnabend in Bernburg eingetroffen.
Deutsche Colonien. 1 Die „Köln. Ztg.“ meldet: Nach einem bei der Anti⸗ sklaverei⸗Gesellschaft eingegangenen Telegramm ist Major von Wissmann am 7. Juli am Tanganyika eingetroffen, wo er sehr schwere Kämpfe zu bestehen hatte, die aber siegreich und mit Befreiung von mehreren hundert Sklaven endeten.
Oesterreich⸗Ungarn.
be. “ 1“
Der Kaiser, der König von Sachsen, der Prinz Leopold von Bayern und der Großherzog von Toscana sind, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag zu den 8” nach Mürzsteg abgereist.
Der König Alexander von Serbien hat sich vor⸗ gestern Abend von Abbazia nach Belgrad begeben.
Wie das „Fremdenblatt“ meldet, ist der Sections⸗Chef im Justiz⸗Ministerium Freiherr Spens von Booden an Stelle des von seinem Posten zurückgetretenen Freiherrn von Loebl zum Statthalter von Mähren ernannt worden.
Gestern ist in Prag ein theils in Leipzig, theils in Pest gedrucktes jungezechisches Manifest, das sich gegen die Ausnahmeverordnung richtet, vertheilt worden. In der Redaction der „Narodny Listy“ sowie in der Privatwohnung des Herausgebers Gregr fanden polizeiliche Haussuchungen statt.
Der Recurs der Prager Stadtverordneten gegen den Erlaß des Statthalters, worin die Anbringung czechischer Straßen⸗ tafeln untersagt wird, ist vom Ministerium verworsen und gleichzeitig der Stadtvertretung der Auftrag ertheilt worden, binnen vier Wochen die einsprachigen Straßentafeln durch doppelsprachige zu ersetzen.
Das Pilsener Kreisgericht hat an das Abgeordneten⸗ haus des Reichsraths das Ansuchen um Auslieferung des Abg. Dr. Dyk behufs strafgerichtlicher Verfolgung wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit ge⸗ richtet. Dr. Dyk wurde der „Presse“ zufolge bei den Aus⸗ schreitungen nach der verbotenen Pilsener Rescriptfeier, wobei im Deutschen Hause und in der Schulvereins⸗Schule die Fee zertrümmert wurden, verhaftet, als er mit einem
egenschirm die Fenster im Deutschen Hause einschlug.
In der Sitzung des d Unterhauses vom Sonnabend verlangte der Abg. Polonyi eine Information von Seiten der Regierung über das nächste Arbeitsprogramm des Reichstags und fand es befremdend, daß hinsichtlich des kirchenpolitischen Programms auf einmal Windstille eingetreten sei. Der Redner betonte die Dringlichkeit dieser Gesetzentwürfe und fragte, inwiefern die Re⸗ gierung bereit sei, dahin mitzuwirken, daß die Aus⸗ schüsse sich während der erathung des Budgets im Finanzausschuß auch mit den kirchenpolitischen Angelegen⸗ heiten b1 Der Minister⸗Präsident Dr. Wekerle er⸗ widerte, der Vorredner habe die Motive nicht gewürdigt, welche die Regierung zu dem Vorschlage veranlaßt hätten, daß das Haus während der Berathung des Finanzausschusses keine meritorische Sitzung halte. Die Regierung wünsche, daß auch die anderen Ausschüsse die ihnen vorliegenden wichtigen Aufgaben erledigten. Was speciell die kirchenpolitische Frage betreffe, so befänden sich gegenwärtig drei Ent⸗ würfe vor den Ausschüssen, denen — reichliches Material für ihre nächste Wirksamkeit gegeben sei. Die Regierung wünsche, insofern es möglich sein werde, diese Entwürfe Ende des nächsten Monats berathen zu lassen. Hinsichtlich des Gesetzentwurfs über das Eherecht möge der Abgeordnete überzeugt sein, daß die Regierung ihre Pflicht kenne. Sie kenne den ganzen Ernst ihres in dieser großen princi⸗ piellen Nhogs eingenommenen Standpunktes und sei bemüht, den Gesetzentwurf über das Eherecht ehestens dem Hause vor⸗ legen zu können. Er könne es nicht zulassen, daß man gegen die Regierung die Anschuldigung erhebe, als ob sie die Krone in eine Zwangslage gebracht habe. Die Regierung habe den Gesetzentwurf mit voller Loyalität der Krone vorgelegt, sie auf den Ernst und die Wichtigkeit der Frage aufmerksam gemacht und gebeten, daß die Krone ihre Einwilligung nur nach ganz gründlichem, entsprechendem Studium der Frage, sowie auf Grund einer nach jeder Richtung hin gewonnenen Orientirung ertheilen möge. Er habe die gründliche und sichere Hoffnung, daß dies dem⸗ nächst geschehen werde. Sollte dies nicht der Fall sein, so könne er nur wiederholen, was er bereits einmal erklärt habe, daß er seine Pflicht kennen werde. Sodann brachte der Abgeordnete
8
erczel eine Interpellation ein, warum im Juli das utter⸗Ausfuhrverbot erlassen worden sei, welche Er⸗ ahrungen in der 5 gemacht worden seien, und was die Regierung auf Grund dieser Erfahrungen zu thun gedenke. seiner gestrigen Sitzung nahm das Haus zunächst den Gesetzentwurf über die Regulirung der Theiß an. In Beantwortung der ation des Abgeordneten Neu⸗ mann, ob die Regierung die österreichisch⸗ ungarische Bank wegen Erhöhung des Bankdisconts be⸗ einflussen könne, erklärte der Minister⸗Präsident Dr. Wekerle, die Festhaltung des Discontosatzes liege in dem autonomen Wirkungskreis der Bank. Er habe indessen, weil er die Erhöhung des Zinsfußes vom Standpunkt der Valutaregulirung nicht für begründet gehalten habe, alle möglichen moralischen Mittel dagegen angewandt, indem er dem Markt ansehnliche Beträge aus Kassenbeständen sowie durch Einziehung von 10 Millionen Gulden Salinenscheinen, die er in der ungarischen Staatskasse zinstragend hinter⸗ legt habe, zur Verfügung gestellt habe. In der letzten Zeit seien die Lombarderedite bei der österreichisch⸗ ungarischen Bank eingeschränkt worden, woraus er auf stets wachsende Creditansprüche des Geldmarktes schließe. Sollte die
österreichisch⸗ungarische Bank zur Erhöhung des Disconts ge⸗
zwungen sein, so werde er derselben nicht hindernd entgegen⸗ treten. Die Antwort des Minister⸗Präsidenten wurde zur Kenntniß genommen.
Die Enquétecommission im Ackerbau⸗Ministerium hat sich⸗ in ihrer Mehrheit für die Beibehaltung des Futter⸗ ausfuhr⸗Verbots ausgesprochen.
Frankreich
Der Präsident Carnot empfing dem „W. T. B.“ zufolge gestern Vormittag das Pre ßcomité und äußerte diesem gegen⸗ über sein Einverständniß mit den zum Empfang der russischen Seeleute vorbereiteten Festlichkeiten. Der Präsident bemerkte dabei, diese Festlichkeiten würden einen unauslöschlichen Eindruck auf die Russen machen; er selbst werde der Galavorstellung in der Oper beiwohnen. — Der russische Botschafter Baron von Mohren⸗ Sb stattete gestern dem Minister⸗Präsidenten Dupuy einen
888 ab und legte diesem ein Telegramm des Kaisers von Rußland vor, worin dieser seinen aufrichtigen Dank für die Beweise von Sympathie ausspricht, die der Präsident und die Regierung der französischen Republik aus Anlaß des Unter⸗ ganges des russischen Kriegsschiffes „Russalka“ an den Tag gelegt hätten. 3 1
Der „Temps“ veröffentlicht einen Artikel über den „Geist in der Armee“, der im wesentlichen wie folgt lautet:
Die oberste Heeresleitung scheint zu den Reserve⸗Regi⸗ mentern geringes Vertrauen zu haben, sie hat uns diese Formationen nur in ganz embryonärem Zustande vorgeführt. Ihre Zurückhaltung beweist, daß die jetige Organisation das Mißtrauen eines Theils der Armee gegen die gjervisten nicht hat überwinden können. Die Reserve⸗Offiziere sind überall zurückgesetzt, die Reservisten mit starken Abtheilungen der activen Regimenter vermischt worden; kurz, die Er⸗ fahrung hat kein vollständiges Ergebniß gehabt, sie muß ganz von neuem gemacht werden. Es ist schwierig, in der Armee Vorurtheile auszurotten, die so alt sind, daß man sie als eine Art Atavismus betrachten kann. Wir salen gesehen und sehen heute wieder, daß bei vielen Offizieren die Ansicht wieder auflebt, die Mobilgarde möge nur auf dem Papier bleiben bis zu dem Augenblick, wo man sie braucht, d. h. also bis es zu spät ist. Die Truppe selbst, die eben noch vom Regiment geschulten Mannschaften, die auf der Höhe ihrer bescheidenen Aüfahben selhen will man zwar gelten lassen, aber der Offizier ist Gegenstand der Mißgunst und des Vorurtheils. Die Vorurtheile mögen noch hingehen, sie erklären sich vielleicht bei den einen aus ihrer Unerfahrenheit und Schüchternheit, bei den anderen aus ihren mangel⸗ haften Leistungen; aber die Mißgunst! Viele Lieutenants und Unter⸗ Lieutenants des activen Heeres betrachten es als einen an ihnen be⸗ gangenen Diebstahl, daß Civilisten (pékins) die Offiziertressen tragen, und daraus entspringt den Reserve⸗Offizieren gegenüber eine verhal⸗ tene Feindseligkeit, die im Wachsen begriffen ist Wenn man sich in einigen Corps bemüht hat, diesen vorübergehenden Gästen kamerad⸗ schaftlich zu begegnen, so hat man sie anderwärts planmäßig bei Seite geschoben, hat nichts gethan, um ihnen bei Erlernung ihrer Aufgabe zu helfen, und hat ihnen untergeordnete Posten angewiesen, soda für sie und für die Armee ihre Instructionscurse nur verlorene Zeit und verlorenes Geld gewesen sind. Das Ergebniß hat denn auch nicht auf sich warten lassen: unsere Reserve⸗ Offiziere sind entmuthigt, die Kluft zwischen beiden Kategorien von Offizteren ist noch vertieft worden, unsere Reservecadres sind, von ehrenvollen Ausnahmen abgesehen, hinter ihrer Aufgabe zurückgeblieben. Statt sich nun zu fragen, ob man nicht in Anwendung des frucht⸗ baren Princips der Zutheilung des Offiziergrades an die Elite der Bourgeoisie gefehlt habe, haben die Führer der Armee nur das Er⸗ gebniß gesehen. Einer, der Armee⸗Inspecteur General de Cools, hat, wenn man der Zeitung „L'Armée Territoriale“ glauben darf, nach Be⸗ endigung der Manöver des 5. Corps Folgendes aussprechen können: „Ich habe im Laufe der Manöver die gänzliche Unzulänglichkeit der Reserve⸗Offiziere feststellen können. Man sollte deshalb die Frage prüfen, ob man nicht statt dieser halben Bourgeois, die sich nur zu Offizieren ernennen lassen, um die Uniform zu tragen und Se zu thun, an die Spitze der Sectionen ausgewählte Unteroffiziere stellen soll, die bei ihrer Entlassung als adjudants (also etwa Feldwebel⸗ Lieutenants) zur Reserve überträten. iese wahren Söhne des Volkes, die militärische Erfahrung haben und gewöhnt sind, zu commandiren, würden ihre Leute vortrefflich in Zucht haben; die Lieutenants und Unter⸗Lieutenants der Reserve könnte man inzwischen ruhig in den Depots lassen.“ Eine solch Sprache muß selbst denen übertrieben erscheinen, welche die erschreckende Unfähigkeit einiger Nen segeg bemerkt haben; denn wie kann man verlangen, daß das Reserve⸗ Officiercorps Autorität bei den Mannschaften habe, wenn seine Vor⸗ gesetzten sich so über es aussprechen. Das heißt geradezu, den Sol⸗ daten Mißachtung ihrer Offiziere einflößen, wir hoffen deshalb, daß diese Worte widerrufen werden. Diese Neigungen sind leider auch bei der jüngsten Einziehung der Reserve⸗Regimenter vorherrschend gewesen. Man versichert uns, daß beim 2. und 3. Corps alle Gesuche von Reserve⸗ Offizieren um Entbindung von der Uebung bewilligt worden sind,
wo aber die Offiziere eine Ehre darin gesucht hatten, an der Spitze
ihrer Compagnie oder ihrer Section zu marschiren, hat man sie in den Depots gelassen! Dieser Schimpf ist auch zwei Hauptleuten der Reserve angethan worden, die durch höheren Befehl durch zwei Lieutenants des activen Regiments ersetzt worden sind. Unter diesen Um⸗ ständen braucht man sich nicht zu wundern, daß es den 1g. ge⸗ zieren an Eifer und Hingabe fehlt, daß bei ihnen die schöne Begeiste⸗ rung der ersten Tage einer tiefen Entmuthigung Platz machte. Die⸗ jenigen, die ihnen ihre Unzulänglichkeit vorwerfen, sollten sich fragen, ob sie nicht selbst einigermaßen an der daße die sie beklagen, schuld ind. Soviel über die Offiziere. Die Mann chaften dagegen erregen keine ißgunst; sie wurden von den activen Offizieren, die zu den Reserpe⸗ Regimentern commandirt waren, aufrichtig bewundert. Wir müssen lvoc unserem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß man den ersuch nicht ganz durchgeführt, daß man sich davor gefürchtet hat, die Reservisten allein zu lassen. Bei einigen Regimentern ist diese urcht so stark gewesen, daß man bis zu 25 Mann des activen. eeres in jede Compagnie des Reserve⸗Regiments eingestellt hat. iese Mannschaften, die die Nummer des Reserve⸗Regiments trugen, sollten na einung der Veranstalter dieser kleinen List die Reser⸗ visten im Zaum halten und verhindern, daß sie sich wie National⸗ garden benähmen
Rio de Janeiro und Santos fortdauere.
ton von dem
der Republik die öffentliche Ordnung gestört. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Buenos Aires
Italien. Die „Agenzia Stefani“ dementirt auf das entschiedenste
die Gerüchte von dem Bestehen einer Ministerkrisis.
Die Zolleinnahmen im Monat September beliefen
sich, wie „W. T. B.“ meldet, auf 23 400 000 Lire gegen
20 486 105 Lire im September 1892. Die Einnahmen vom
1. Juli bis 30. September 1893 betrugen 60 754 084 Lire geghr den gleichen Zeitraum des vorigen Jahres 1 589 971 Lire mehr. 8
Dänemark. Der Graf von Paris hat gestern Kopenhagen wieder verlassen, um sich über Kiel nach England zu begeben. Der Reichstag ist gestern eröffnet worden. Die Prä⸗
sidien beider Kammern wurden wiedergewählt.
Amerika. Einem in London eingetroffenen Privattelegramm zu⸗ folge wären die Bemühungen des diplomatischen Corps in
Rio de Janeiro, eine friedliche Lösung herbeizuführen, ohne Erfolg geblieben. Der Admiral de Mello habe “
während des ganzen Tages die Forts bombardiren lassen. Die Preize für Lebensmittel seien so hoch wie wäh⸗
rend einer Hungersnoth. In der Stadt herrsche eine Panik.
Aus Montevideo wird gemeldet, daß die Blockade von General Peixoto beharre auf seinem Widerstande.
Nach einer dem argentinischen Gesandten in Washing⸗ Auswärtigen Amt in Buenos Aires
am Sonnabend zugegangenen Depesche habe General
Pellegrini in der Provinz Tucuman die Ruhe wieder⸗
hergestellt. In der
der Hauptstadt und den Staaten herrsche
vollständiger Friede, und werde nirgends mehr wesentlich
von gestern gemeldet, der radicale Parteiführer Dr. Alem ei verhaftet worden.
Wie der „New⸗York Herald“ aus Valparaiso meldet, hat die chilenische egierung ihren Gesandten in Washington angewiesen, die Ansicht der Regierung der Ver⸗
einigten Staaten einzuholen über die Idee der Einberufung
einer Convention der südamerikanischen Republiken und der Vereinigten Staaten über die Silberfrage.
Asien.
Der französische “ in Siam Le Myre de Vilers hat dem Minister des Auswärtigen Develle telegraphisch den Abschluß der Verhandlungen mit Siam mitgetheilt. Vorgestern seien in Bangkok der Vertrag und die Convention unterzeichnet worden, worin die Clauseln des Ultima⸗ tums und die von Siam bereits angenommenen weiteren Bürgschaften sanctionirt worden seien und deren Ausführung geregelt werde. Beide Parteien hätten die baldige Einführung eines Zollregimes, das den Handelsbeziehungen zwischen den französischen Besitzungen und den angrenzenden Ländern möglichst günstig sei, ins Auge gefaßt. Die siamesische Regierung habe sich verpflichtet, den Arbeiten am rechten Ufer des Mekong, die der Schiffahrt wegen erforderlich seien, alle nöthigen zu sichern. Frankreich werde Chantaboon besetzt halten bis zur völligen Durchführung aller Abmachungen und vor allem bis zur friedlichen Räumung des linken Mekong⸗Ufers durch die Siamesen.
1 Afrika.
In Paris eingetroffenen Nachrichten zufolge hat die marokkanische Regierung, trotz der von den Vertretern verschiedener Mächte gethanen Schritte, die Ausfuhr⸗ erlaubniß für Weizen und Gerste vom 9. Dezember ab aufgehoben.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid hätten gestern Vormittag zahlreiche Mauren die Forts bei Melilla angegriffen. Acht Soldaten wären dabei getödtet und dreiund⸗ dreißig verwundet worden. Die Verluste der Marokkaner seien sehr erheblich. Spanien werde von Marokko sofortige Genug⸗ thuung verlangen. Man nehme an, der Sultan werde eine
rmee absenden, um die Mauren in der Umgebung von Melilla zu züchtigen, die das spanische Lager trotz des Wider⸗ standes der marokkanischen Behörden angegriffen hätten.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Capstadt von gestern gemeldet: Gegen eine zur Recognoscirung ausgesandte Truppenabtheilung der Südafrikanischen Gesell⸗ schaft seien von einem Trupp ö Matabele'’'s, dessen Zahl auf 7000 geschätzt werde, Schüsse gerichtet worden. Der Administrator der Gesellschaft habe von dem Gouverneur der Kapcolonie die Ermächtigung erhalten, zur Fifstelung der wirklichen Stärke des Gegners eine 8* ein größeres Truppenaufgebot unterstützte starke Patrouille zu entsenden.
Nr. 39 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium deröffentlichen Arbeiten, vom 30. September hat folgenden Inhalt: Von der Weltausstellung in Chicago. — Das mittelalterliche Krakau und seine Beziehungen zur dentschen Kunst. — Der Kirchenbau des Protestantismus (Forts.). — Vom Bauwesen der Stadt Berlin (Forts.) — Vermischtes: Von der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbe⸗Museums in Berlin. — Patentlisten von R. Bayer. — Eröffnung des Manchester Seecanals. — Personenverkehr in den einzelnen Wagenklassen auf den Eisenbahnen Europas. — Der neue Hafen von Tunis.
Entscheidungen des Reichsgerichts
Die gesetzliche Verpflichtung des testamentarischen Nutznießers des Diesgcsehlis zur Fistum der usufructuarischen 3 welche nach dem Römischen Recht durch den Erblasser nicht erlassen werden kann, findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civil⸗ senats, vom 1. Juni 1893, im heutigen gemeinen Recht keine An⸗ wendung. Nach diesem ist der in letztwilliger Anordnung ausge⸗ sprochene Exlaß der eidlichen etentessenan und der usufructuarischen aution wirksam; wohl aber steht dem urch den Nießbrauch be⸗ schränkten Eigenthümer auch während bestehenden Nießbrauchs das Recht zu, gegen den über die Grenzen seines Rechts hinaus mit dem “ des Nießbrauchs verfahrenden Nießbraucher auf Schaden⸗ ersatz bezw. auf Wiederbringung in das dem Nießbrauch unterliegende Vermögen zu klagen, sowie gegenüber sein Recht gefährdenden Ver⸗ fügungen des Nießbrauchers auf Sicherungsmaßregeln anzutragen.
„Im Verein für deutsches Kunstgewerbe machte am Mittwoch v. W. Abends Hofgraveur R. Otto, der in Chicago als Preisrichter mitgewirkt hatte, Mittheilungen über die dorhe Welt⸗ ausstellung. Er schilderte den Eindruck des Landes, der Stadt und der Ausstellungsgebäude und besprach insbesondere die Industriehalle, welche das eigentliche Kunstgewerbe umfaßt. Der Eindruck des Innern und die Wirkung der ausgestellten Gegenstände seien durch die vielen eingebauten breiten Galerien stark eSS Der Erfolg der deutschen Ausstellung sei besonders ein moralischer, er sei dem Deutschthum in Amerika sehr zu gute gekommen; dagegen würde man auf geschäftliche Erfolge schwerlich rechnen dürfen. In launiger Weise schilderte Redner sodann einzelne Züge des amerikanischen Lebens. Zur Veranschaulichung des Vortrags waren Pläne und Ansichten von der Ausstellung ausgestellt, welche das Reichsamt des Innern und Mitglieder und Freunde des Vereins freundlichst hergeliehen hatten.
— Champignonzucht. Jedermann kennt den Champignon und weiß ein b oder eine mit diesem Pilz gewürzte Speise zu schätzen. Nur 8z. ist es dagegen bei uns bekannt, wie leicht es im allgemeinen ist, diesen herrlichen Speisepilz zu züchten, um dadurch jederzeit in der Lage zu sein, im Bedarfsfall mehr oder weniger große Mengen den Culturen zu entnehmen. Wie weit uns in dieser Hinsicht die Franzosen voraus sind, kann man daraus er⸗ sehen, daß allein in der Umgegend von vii⸗ jährlich für 10 Millionen Francs gebaut werden! Hier liegen allerdings die Verhältnisse auch “ günstig, da in großer Anzahl Katakomben und früher unterirdisch betriebene, jetzt verlassene Steinbrüche vorhanden sind, Plätze, wie sie vortheilhafter für die Champignoncultur nicht gedacht werden könnten. Wenn man aber bedenkt, daß dieser Pilz in jedem geschlossenen, einigermaßen warmen Raum getrieben werden kann, ja selbst — wie einmal ein alter Gärtner behauptete — in einem Commißbrot im Tischkasten, daß ferner in vielen großen englischen Hotels die Champignons gleich in der Küche in besonderen Schubladen, welche unter den Küchentischen stehen, gezogen werden, so muß man sich doch wundern, daß diesem auch bei uns hochgeschätzten Pilz im allgemeinen no wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und Culturen desselben in aus⸗ gedehntem Maßstab eigentlich ganz fehlen! Jeder dunkle, temperirte, etwa 13 — 180 C. warme Raum, also Plätze, die oftmals völlig leerstehen in Haus, Keller und Gewölben, sind zur Cultur geeignet, ebenso Gruben und Stollen, welche nicht von Feuchtigkeit zu leiden haben. Die Hauptsache ist die Beschaffung des richtigen Bodens, eine Bodenmischung, welcher bis zu einem bestimmten Grade reichlich Düngemittel zugesetzt werden müssen. Natürlich müssen gerade diese Düngemittel sehr ver⸗ schieden sein, je nachdem es sich um Culturen handelt, welche in be⸗ sonders zu diesem Zweck hergerichteten Räumen, Gewächshäusern, Mistbeetkasten ꝛc. eingerichtet werden, oder aber um solche, die in Wohnräumen untergebracht werden sollen und infolge dessen geruchlos sein müssen. Doch haben sich gerade in diesem Punkte die Culturmethoden 8 vervollkommnet, daß sicherlich für jeden einzelnen Fall leicht aus
en zahlreichen über Champignoncultur in der letzten Zeit erschienenen Abhandlungen das Richtige herausgefunden werden kann. Für den ersten Fall würde z. B. folgende Culturmethode anzuempfehlen sein, welche besonders in England meist eingehalten wird: Aus zerbröckelten Pferdeäpfeln wird ein Haufen von etwa 25 cm Höhe aufgeschüttet, welcher durch müghsaes Begießen und Druck auf etwa 10 cm Höhe gebracht wird. ach etwa 14 Tagen bringt man kleine Stücke der ” „Pilzmutter“ (aus sehr vielen großen Gärtnereien, z. B. von
Platz und Sohn in Erfurt billig zu beziehen) auf die Mitte
des Haufens, welcher dann mit einer dünnen Schicht fein⸗ gesiebter Erde bedeckt wird. Nachdem man hierauf den Haufen noch mit Stroh bedeckt hat, erscheinen die Fruchtkörner des Cham⸗ pignon (das, was man eben gewöhnlich den ip. nennt) nach 20 bis 30 Tagen, und die Culturen geben lange Zeit hindurch reich⸗ lichen Ertrag. — Für die Cultur im Hause ist folgende Methode zu empfehlen: Trockener, pulverisirter Kuhdünger, welcher fast oder ganz geruchlos ist, wird mit einer 109 % igen Lösung von Pottasche über⸗ gossen. Die anfangs 15 cm hohen Beete werden dann bis auf 3 cm zusammengetreten und nachdem die „Pihmutter, oben darauf gebracht ist, mit Gartenerde überstreut. Die Pilzhüte erscheinen dann nach 35 — 40 Tagen und können fast täglich in reichlicher Menge eerntet werden. Bei London findet endlich oft eine sehr einfache zultur in der Weise statt, daß die abgeernteten Gurkenbeete mit Stalldünger und einem Gemenge von Erde und Chausseestaub be⸗ deckt werden. Solche Culturen geben oft sogar sehr reiche Erträge, sodaß in manchen Gärtnereien täglich 90 — 100 Pfund Pilze von ihnen gewonnen werden. — Bedenkt man den verhältnißmäßig sehr hohen Preis, zu dem bei uns der Champignon verkauft wird, so ist es doch gewiß angebracht, auf diesen in vielen anderen Großstädten so außerordentlich lohnenden Erwerbszweig hin⸗ zuweisen, welcher bisher weder in Berlin selbst noch in der Umgegend
von Berlin auch nur in annähernd ausreichender Weise ausgenutzt wird.
— Einem Aufsatz des „Ch. Tgbl.“ über die Erfordernisse uten Trink⸗ und Gebrauchswassers, sowie seine Be⸗ entnehmen wir die nachstehenden Ausführungen: Die Forderung der Hygiene geht bekanntlich dahin, zu Zeiten, in denen epidemische Krankheiten drohen, selbst das Gebranhewecse abzukochen, um durch die Hitze die etwa im Wasser befindlichen schädlichen Lebe⸗ wesen zu ertödten; ja in manchen Orten, deren Wasserversorgung vom hygienischen Standpunkt aus viel zu wünschen übrig läßt, wäre zu allen Zeiten ein derartiges Verfahren rathsam, auf daß man die Gefahr nicht erst zu bekämpfen sucht, wenn sie sich in ihrer verheerenden Wirkung äußert, sondern schon im vorhinein, daß man also vorbeugt, ehe es zu spät ist. Da nun die Beschaffung solchen Wassers in größeren Mengen ziemliche Kosten verursacht, so ist die ärztliche im Verein mit der technischen Wissenschaft seit Jahresfrist damit beschäftigt, die zur Unschädlichmachung des Wassers nothwendige Erwärmung billiger zu stellen. Werner von Siemens hat den Rath gegeben, dazu das so⸗ genannte Gegenstromverfahren anzuwenden. Die kürzlich mit Apparaten nach dem System Siemens im hygienischen Institut der Universität Berlin angestellten Versuche ergaben, daß die Sterilisirung von 1000 1 Wasser auf nur 1 ℳ 98 ₰ zu stehen kam. Ein noch weit erfreulicheres Ergebniß können wir aber aus Chemnitz berichten, wo nicht allein sterilisirtes, wie bei den vorerwähnten Apparaten, sondern ugleich destillirtes Wasser gewonnen worden ist. Es ist Herrn Josef Nagel, Besitzer der Kupfer⸗ und Metallwaarenfabrik und Kessel⸗ schmiederei in Chemnitz, gelungen, einen continuirlich wirkenden Apparat herzustellen, der bei denkbar geringsten ö“ in verhältniß⸗ mäßig kurzer Zeit überraschende Mengen ssers destillirt und sterllffirt, e Raum beansprucht und sowohl mit directer Heizung, wie auch mit Dampfheizung in Betrieb gesctt werden kann. Wir sahen mehrere Exemplare von verschiedener Dimension in Thätigkeit und konnten feststellen, daß vollkommen schmutziges Wasser des Chemnitzflusses, das überdies noch stark mit Lehm versetzt worden war, in der Zeit von kaum 5 Minuten krystallklar aus dem Abflußrohr für das destillirte Wasser hervorquoll. Es hatte die Temperatur frischen Wassers, während das mit Macht hervorströmende sterilisirte Wasser siedend heiß war. Letzteres wird daher im Waschhaus und in Bade⸗ zimmern, wie namentlich auch in der Küche jederzeit willkommen 85 umsomehr als zur Erzielung von 50 1 sterilisirten assers mit einer Temperatur von etwa 90 ° C. und dazu noch eines Quantums von 7 1 destillirten Wassers nur 2,800 kg Lohle, daher ein Heizungsaufwand von etwa 4,2 ₰ erfordert wird; das wären bei 1000 1 sterilisirten und 1401 destillirten Wassers 84 ₰. Durch diese Nagel'schen combinirten Apparate für Wasser⸗Destillation und ⸗Sterilisirung, deren einige schon in Chemnitz und Umgebung. sowie auch bereits in Stralsund in Thätigkeit sind, wird secs das unreinste Wasser genießbar gemacht. Sie eignen sich haupt ächlich für Mineralwasserfabriken, Apotheken, Laboratorien, sowie für Schiffe und heößee Industrie⸗Etablissements, werden sich aber auch in allen Privat⸗ aushaltungen, denen ein reines Trinkwasser abgeht, als sehr segens⸗ reich erweisen. Die Erfindung des Herrn Nagel ist vom Kaiserlich deutschen Reichs⸗Patentamt patentirt worden.
— Wie man der „Frkft. Ztg.“ schreibt, feierte am 26. September der ehemalige General⸗Arzt der griechischen Armee, Dr. Ornstein, ein Hannoveraner, der am 26. September 1833 an der Gießene Universität promovirt hat, sein sechzigjähriges Doctorjubiläum. Am 14. Februar 1894 wird Dr. Ornstein seine goldene Hochzeit feiern, und am 26. Oktober 1894 werden es 60 Jahre sein, daß er als Frei williger in die griechische Armee eintrat. Der Jubilar, welcher jetz noch in Athen seinen Wohnsitz hat, erfreut sich einer rüstigen Gesund heit. Gegenwärtig macht er eine Rundreise durch sein Vaterland un beuc einige noch lebende alte Waffengefährten. Ornstein beschäftig r. 1nes er aus dem Millitärdienst geschieden, mit wissenschaftliche
tudien.
— „Wer seine Sprachkenntnisse nicht immer wieder auffrischt, dem gehen sie ungenützt verloren“, so lautet das Motto eines soeben im II. Jahrgang erscheinenden Journals: Le Maitre frangçais The English Teacher. Verlag der Renger’'schen Buchhandlun in Leipzig. — Belehrender und amüsanter Stoff, sowie eine instructiv Methode machen die Lectüre diefes Blattes zu einer äußerst a genehmen, die es auch jedem, der mit den nöthigen Vo kenntnissen versehen ist, ermöglicht, sich spielend und in der leichtesten Weise in beiden Sprachen zu üben und zu ver⸗ vollkommnen. Der aus Zeitungen entnommene Stoff des Blattes giebt die moderne Sprache des Lebens wieder und gewährt vielfache Einblicke in das enken und Fühlen des betreffenden Volkes. Die soeben erschienene französische Nummer hat folgenden Inhalt: Une enfant terrible. — Pierr à Paris. — Comment se fait une pièce de théàtre. — Un curieux testament. — Mario Charmeur. — Les faux objets d'art. — LIllustration. — Anecdotes. — Sprech⸗, Schreib⸗ und Uebersetzungsübungen. Preis für beide Journale fjährlich 1 ℳ 50 ;, für französisch bezw. englisch allein Hjährlich 1 ℳ. Bei directer Zusendung mit entsprechendem Portozuschlag. Probenummern liefert jede Buchhandlung oder die Verlagshandlung. 8
— Ueber das neuentdeckte „attische Pompeji“, Theriko Thorikos) bei Laurion, wird dem „N. W. Tgbl.“ geschrieben: Die
tätte von Thorikos war einst eine vielgenannte attische Stadt, eine der ältesten der zwölf Städte dieses Landstriches, und von dem ältesten Mythus schon vielfach gefeiert. Sie war im alten Hellas hleich Laurion wegen seiner mächtigen und reichhaltigen Bergwerke erühmt. Heiße Kämpfe wurden um ihren Besitz geführt, den hauptsächlich die Bergwerke ringsum zu einem so verlockenden machten. Entscheidend für die Besitzfrage war die große Sees. welche Kimon, der Held, gegen die rivalisirenden Thasier lieferte. Er besiegte die letzteren auf dem Meere vollständig, nahm ihnen eine ganze Anzahl von Schiffen ab und machte dadurch Athen zur unbestrittenen Herrin des ganzen lauriotischen Gebiets und damit der Stadt Tho⸗ rikos. Die Bergwerke lieferten Silber, Blei, Kupfer und Zink, aber kein Gold. Der Staat verpachtete die Bergwerke an Bürger und Isotelen, freie Männer, welche die Bergwerksarbeit, wie dies bei jeder veh Sitte war, durch Sklaven verrichten ließen. Indem der Staat also die Exploitirung der Bergwerke nicht direct in Händen hatte, bezog er aus denselben nur ein verhältnißmäßig geringes Einkommen, und zwar betrug das⸗ selbe um das 6. und 5. Jahrhundert der vorchristlichen Zeitrechnung, wo es sein höchstes Maß erreichte, auch nicht mehr als 30 oder 40 Talente. Einen neuen Zug brachte in die Verwaltung der Berg⸗ werke Themistokles, der es durchsetzte, daß der ganze Gewinn aus⸗ schließlich für die Erbauung von Kriegsschiffen verwendet wurde, mit denen der große Heerführer später seine ruhmvollen Siege über die Perser errang. Aber auch Thorikos selbst wurde nun, um gegen die Ueberfälle der Böotier efichert n sein, befestigt. Das Gros der Bewohnerschaft waren Sklaven. it dem der atheni⸗ schen Herrschaft verfiel auch der lauriotische Bergwerksdistrict immer mehr. Erst in unserer Zeit, in den sechziger Jahren, kam wieder neues Leben in das Gebiet. Eine französisch⸗Iitalienische Gesellschaft begann nämlich die riesigen, noch aus altersgrauer Zeit stam⸗ menden Schutthalden geschäftlich auszubeuten, indem sie aus dem Schutt das Blei und sonstige Metalle auslöste. Sie fand auch ziemlich reiche Ausbeute, da die Alten, mit dem vee prozeß ungenügend vertraut, werthvolle Metalle im Schutt zurück⸗ gelassen hatten. In der Folge wuchs dann Laurion — denn unter diesem Namen ist Thorikos heute be bekannt — zu einer kleinen Fabriksstadt empor. Vor einer Reihe von Jahren machte die ame⸗ rikanische archäologische Schule in Athen in Thorikos eine wichtige Entdeckung. Man grub nämlich ein antikes Theater aus dem Schutt heraus. Zweifellos sind nun die in der Depesche bezeichneten Funde die Fortsetzung jener Entdeckung.
— Von dem Fund zweier römischen Steindenkmale, von denen das eine auf einem Acker bei Nordheim, das andere un⸗ mittelbar am Römercastell bei Köngen ausgepflügt wurde, berichtet der „Schwäb. Merkur“: Im ersten Fall handelt es sich um das Steinbild eines Löwen (in halber Lebensgröße), wie solche sich in Gallien und Germanien sehr häufig auf Grabdenkmälern finden. Diese Löwen dienten ebenso wie die Löwenköpfe an den v als Apotrophäen, d. h. als Abschreckungs⸗ mittel zum chutz des Denkmals. Besonders interessant ist der zweite Fund, ein Gigant von einer sogenannten Jupitersäule. Diese Gattung von Denkmälern findet 8c in der Zahl von über sechzig in den gallischen und germanischen Provinzen des römischen Reiches; am bedeutendsten, d. h. am besten erhalten sind die Monumente von Heddernheim, Schierstein, Merten. Es handelt sih um ein zweitheiliges Postament, dessen untere Hälfte eine vier⸗ eitige Ara bildet, während die obere kleinere, meist sechs⸗ oder acht⸗ seitige, auch rund ist. Der untere wie der obere Stein ist mit Götterbildern geschmückt. Auf dem Postament erhebt sich eine Säule (meist geschuppt) mit Capitäl, auf dem eine Reitergruppe ruht. Der Reiter mit unbewehrtem Haupt trägt ein Unterkleid, einen See und einen rückwärtsflatternden Mantel. Zwischen den Vorder⸗ üßen des Pferdes befindet sich vorwärts blickend eine in die Knie ge⸗ sunkene unförmliche menschliche Gestalt mit Schlangenfüßen, der Gigant. Die Deutung der Gruppe ist viel umstritten. Im all⸗ gemeinen stehen sich die mythologische und die allegorische Erklärung gegenüber. Erstere sieht in dem Reiter den gigantenbezwingenden Jupiter oder Neptun, letztere erblickt darin ein Sinnbild des über Germanien siegreichen römischen Kaiserthums.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Oesterreich⸗Ungarn. Durch Werfagrng der Seebehörde zu — vom 24. v. M. ist E
8
das zur Zeit Rußland gegenüber unter bestimmten Einschränkungen bestehende Ein⸗ und Durchfuhrverbot gewisser Gegenstände (vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 136 vom 9. Juni 1893) auf alle Häfen Ru⸗ mäniens ausgedehnt worden. Spanien.
Die Königlich spanische Regierung hat unter dem 28. v. M. Quarantäne angeordnet:
1) gegen vH von Antwerpen (vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 228 vom
22. v. 2) gegen ufte von New⸗Castle welche diesen Hafen nach dem 12. v. M. verlassen haben. Gleichzeitig werden alle Häfen, welche von den genann Ort in gerader Linie nicht weiter als 165 km entfernt sind, für cholera⸗ verdächtig erklärt, und zwar “ 58 23. v. M. ortugal. Durch Verfügung des voftmiescen Ministeriums des Innern ist der Hafen von New⸗Castle seit dem 10. v. M. für choleraverseucht
erklärt worden. Türkei.
Laut Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Kon⸗ stantinopel werden die mit irgend einer Quarantänemaßregel belegten europäischen Provenienzen im Hafen von Smyrna mit freier Praktika zugelassen, dürfen aber -S mit einem anderen Hafen des türkischen Reichs nicht verkehren, ohne sich einer zehntägigen Quarantäne in