1893 / 243 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Oct 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Grillenberger, der von den Mißhandelnden Gagenabzüg verlangte. Auch bei Offizieren kämen Mißhandlungen vor, wie der Fall Burchtorff in Bayreuth zeige. Der Abg. Schubert stellte fest, daß die Behandlung der zur Uebung eingezogenen Lehrer besser geworden sei. Der Abg. Conrad⸗ Speyer bat, auf die Pflege des Charakters den Hauptwerth zu legen. Mißhandlungen und Beschimpfungen seien geeignet, das Ehrgefühl zu zerstören, was auch die Leistung der Truppe schädige. Nachdem nochmals die Abgg. Wagner und von Vollmar gesprochen hatten, antwortete der Kriegs⸗Minister Freiherr von Asch ausführlich über die einzelnen Fälle. Der Minister bestritt auf Grund eines näheren Berichts, daß die Anforderungen an die Landwehrleute während der Manöver übertrieben gewesen seien. In Bayreuth hätten sich die Landwehrleute sehr roh, namentlich sehr unmäßig gezeigt. Auf die Unmäßigkeit seien die meisten Hitschlage zurückzuführen. Die des Falles Burchtorff be⸗ dauerte der Minister: Burchtorff sei jetzt in einer Nerven⸗ heilanstalt, und seine Heilung sei, wenn überhaupt, nicht unter wei Jahren zu erwarten. Nochmals bestritt der Minister ent⸗ 8 daß die Offiziere kein Herz für die Mannschaften hätten. Straffe Arbeit sei nothwendig im Interesse der Kriegs⸗ tüchtigkeit. Die Besprechung der Interpellation war damit Hendet. Hessen.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein sind nach der „Darmst. Ztg.“ gestern, von Baden⸗Baden kommend, zu Besuch am Großherzoglichen Hof in Darmstadt eingetroffen. 8

Mecklenburg⸗Schwerin.

Der Landtag ist auf den 15. Napember nach Stern⸗ berg einberufen worden. An Regierungsvorlagen werden dem Landtag den „Meckl. Nachr.“ zufolge zugehen: 1) Die ordent⸗ liche Contribution. 2) Bewilligung der außerordentlichen Con⸗ tribution zur Deckung der Bedürfnisse der allgemeinen Landes⸗ Recepturkasse. 3) Der Etat der Eisenbahn⸗Verwaltung für das Rechnungsjahr 1894/95. 4) Erlaß einer Verordnung über den Ersatz von Wildschaden. 5) Ankauf weiterer im Lande befind⸗ licher Eisenbahnen aus allgemeinen Landesmitteln.

Schwarzburg⸗Sondershausen.

V In Arnstadt hat, wie die „Magd. Ztg.“ erfährt, am

6. und 7. d. M. eine Conferenz von Vertretern saͤmmtlicher thüringischer Staaten zum Zweck der Festsetzung gemein⸗ samer aßregeln zur Abwehr der aul- und Klauenseuche stattgefunden. Anwesend waren 888 Schwarzburg⸗Sondershausen der Staatsrath Drechsler und der Regierungs⸗Rath Bauer, für Sachsen⸗ Coburg⸗Gotha der Geheime Regierungs⸗Rath Hier⸗ ling, für Schwarzburg⸗Rudolstadt der Regierungs⸗Rath Dr. Körbitz, für Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach der Geheime Regierungs⸗Rath Stier und der Medizinal⸗Rath von Conta, für Sachsen⸗Meiningen der Staatsrath von Buttler und der Regierungs⸗Assessor Ambronn, für Sachsen⸗Altenburg der Regierungs⸗Rath Gerber und für Reuß j. L. der Staats⸗ rath von Hinüber. 8

Reuß ä. L.

PX Seine Durchlaucht der Fürst ist am 7. d. M. von Antalocz in Ungarn nach Greiz zurückgekehrt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser ist gestern Abend zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Gödöllö abgereist.

Im Abgeordnetenhause überreichte heute der Finanz⸗ Minister Dr. Steinbach das Budget für 1894, dessen Gesammterforderniß sich dem „W. T. B.“ zufolge auf 618 694 237 Fl. beläuft; die Gesammtdeckung beträgt 619 105 779 Fl.; der Ueberschuß beträgt demnach 411 542 Fl. Unter den übrigen eingegangenen Gegenständen befindet sich auch eine Vorlage des Ackerbau⸗Ministers wegen der Er⸗ richtung von landwirthschaftlichen 1u““ schaften und der Schaffung bäuerlicher Rentengüter.

Die zum Schutz der Staatsangehörigen Oesterreich⸗ Ungarns nach Brasilien beorderte Corvette „Zrinyi“ ist

gestern von Gibraltar nach Rio de Janeiro abgegangen.

Die directen und indirecten Abgaben in der Zeit vom 1. Januar bis 31. August 1893 ergaben einen Rein⸗ ertrag von 233 934 014 Fl., somit um 11 341 496 Fl. mehr als in dem gleichen Zeitraum des Jahres 1892. Von dem Mehrertrage entfallen auf die directen Steuern 778 515 Fl., auf die Verzehrungssteuer 2 840 599 Fl. Die Gesammt⸗ summe der reinen Zolleinnahmen im österreichisch⸗ ungarischen Zollgebiet ergab gegen das Vorjahr einen Mehr⸗ betrag von 4009 293 Flä.

Frankreich. Die in Nr. 237 d. Bl. mitgetheilten Aeußerungen des Generals du Cools über die Unzulänglichkeit der Reserve⸗Offiziere haben dem Kriegs⸗Minister General Loizillon Veranlassung gegeben, folgende Auslassung zu verbreiten:

„Die Aeußerungen können nur als Beweis dafür betrachtet werden, ein wie großes Interesse die oberste hereregcatuns für die Vervoll⸗ kommnung der Formationen unserer Reserve⸗Cadres hat. Sie ist weit davon entfernt, die Reserve⸗Offiziere als untaugliche Elemente aus den Reihen der Armee entfernen zu wollen, sie beabsichtigt vielmehr, aus der Mitwirkung des guten Willens allen Nutzen zu

ziehen. Aber diese Mitwirkung kann nur Früchte tragen, wenn die Anstrengungen unaufhörlich eingesetzt werden, und Pflicht der Führer ist es nicht nur, alles aufmerksam zu verfolgen, was zu dem Zweck unter⸗ nommen wird, sondern 8 keine Illusionen sich einnisten zu lassen, die zu grausamen Fehlern führen könnten.“

Ein gestern Abend in Montcresson über das Befinden des Marschalls Mac Mahon ausgegebenes Bulletin 2 der Zustand ist ein ernster, indessen zeigt sich eine geringe Besserung

in dem Befinden des Erkrankten.

Die Münzconferenz hat⸗ wie „W. T. B.“ meldet, estern ihre erste Sitzung abgehalten. Die Delegirten wurden arin dem Finanz Minister Peytral vorgestellt.

Dem Vernehmen nach hat der Deputirte Reinach die Absicht, eine parlamentarische Partei unter dem Namen »Groupe gonvyernemental“ zu bilden. Der Zweck soll sein, ein möglichst homogenes Ministerium zu construiren.

Wie der „Agenzia Stefani“ aus Korfu gemeldet wird, würde die erste Division des von dem Vice⸗Admiral Seymour befehligten britischen Mittelmeer⸗Geschwa⸗ ders am 11. Oktober in Tarent, die zweite Division an demselben Tage in Catania eintreffkeen.

Spanien.

Der Minister des Auswärtigen Moret hat an die spanischen Vertreter im Auslande eine Note gerichtet, worin er sie auffordert, den Mächten alle ö1 Er⸗ klärungen über die Vorfälle von Melilla zu geben.

Dem Pariser „Figaro“ zufolge soll der Führer der spa⸗ nischen Republikaner Zorilla an eine Madrider Zeitung ein Schreiben gerichtet haben, worin er constatire, daß er und seine Partei den anarchistischen und socialistischen Be⸗ wegungen in Spanien vollständig fern ständen und sie grund⸗ sätzlich verurtheilten.

Serbien.

Nach einer der „Pol. Corresp.“ aus Belgrad zugegangenen Nachricht mache der verschlimmerte Gesundheitszustand des Minister⸗Präsidenten Dokic die Frage seiner Ersetzung zu einer acuten. Als künftiger Minister⸗Präsident werde einer⸗ seits Gruic, andererseits Pasic, der sich übrigens gestern auf seinen Posten als Gesandter in St. Petersburg begeben hat, genannt. Eine Entscheidung dürfte erst nach der für den

11. d. M. erwarteten Rückkehr des Königs erfolgen.

Schweden und Norwegen.

Ende des vorigen Monats die Wahlen zur Zweiten Kammer und die 27 Wahlen zur Ersten Kammer zum Abschluß gebracht worden sind, gruppiren sich die Parteien des Reichstags in seinen beiden Abtheilungen, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, folgendermaßen: ie 228 Mitglieder der Zweiten Kammer vertheilen sich in die alte Landmännerpartei, die neue Landmänner⸗ partei und das die Abgeordneten aus den Städten um⸗ fassende Centrum. Die erstgenannte Partei, rein freihänd⸗ bnch, zählt 75 Mitglieder, die neue Landmännerpartei, die einst mit der alten eine gemeinsame Oppositionspartei bildete, sich aber nach 1887 trennte und mit den Schutzzöllnern für die jetzt bestehenden Zölle stimmte, zählt 70 Mitglieder. Das von den 83 Stadtrepräsentanten gebildete Centrum stellt keine geschlossene Einheit dar, bald stimmt ein Theil mit dieser, bald mit jener Partei. In der Zollfrage sind jedoch zehn Mitglieder des Centrums Schutzzöllner, die daher in dieser Frage die neue Landmännerpartei auf 80 verstärken. Derjenige Theil, der sich auf Seite der alten Landmännerpartei stellt, das „linke Centrum“, wird 47 um⸗ fassen, während 25 eine Mittelstellung einehmen. Im ganzen sind in der Kammer als ö“ der Schutzzölle 144 oder 145 und als Anhänger derselben 84 oder 83 Mit⸗ glieder zu betrachten. Da in der ersten Kammer, der die jüngsten Wahlen ebenso wie die vorigjährigen einen schutz⸗ zöllnerischen Zuwachs gebracht haben, den 114 oder 113 Protectionisten nur 34 oder 35 Freihändler gegen⸗ übertreten, stehen im Gesammt⸗Reichstag, die den frei⸗ handelsfreundlichen Parteien entnommenen Sprecher der beiden Kammern abgerechnet, 177 Freihändlfr gegen 197 Schutz⸗ zöllner. Das Gesammtergebniß der Wahlen ist in zollpolitischer insicht der Gewinn von 7 Sitzen für die Freihändler in der weiten Kammer, denen der Gewinn der Schutzzöllner von 6 Sitzen in der Ersten Kammer gegenübersteht; also beträgt der Gewinn der Freihändler eine Stimme. 8

Amerika. ..“

Die demokratischen Senatoren, die in einer Versammlung den Gesetzentwurf über die Aufhebung der Sherman⸗Acte beriethen, konnten, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, zu keiner Einigung gelangen. 21 Sena⸗ toren sprachen sich für und 23 Senatoren gegen die Auf⸗ hebung aus.

Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Rio de Janeiro von gestern gemeldet wird, wäre das Bombardement auf die Stadt nicht erneuert worden. Admiral de Mello, der von den Commandanten der fremden Kriegsschiffe davon in Kennt⸗ niß gesetzt worden sei, daß der General Peixoto die Batterien in der Stadt entfernt habe, habe versprochen, die Stadt nicht mehr zu beschießen. Dagegen sei das Feuer gegen die Forts gestern FG wieder eröffnet worden. Auch gegen die andere Seite der Bai, der Stadt gegenüber, seien Schüsse ab⸗ gegeben worden. Wie verlautet, wären die Insurgenten be⸗ müht, die in der Nähe von Estrella belegene Pulvermühle in ihren Besitz zu bringen, um ihre sehr erschöpften Vorräthe zu erneuern. Nach einer weiteren Meldung aus Rio de Janeiro hätte der General Peixoto mehrere Torpedoboote in England gekauft.

Nach Meldungen aus Buenos Aires wird sich General Roca nach Europa begeben. Der Congreß soll sich der Verlängerung des Belagerungszustandes widersetzen.

Asien.

Wie die „Times“ aus Bangkok von geher meldet, herrscht seit der Abreise des Specialgesandten Le Myre de Vilers daselbst vollständige Ruhe.

Französische Telegramme aus bringen beun⸗ ruhigende vir elhelten über die Lage in Tongking. Die Un⸗ sicherheit soll daselbst überhandnehmen. ““

Afrika.

Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Madrid wären gegenwärtig elf Kabylenstämme um Melilla ver⸗ einigt, könnten sich jedoch nur mit Mühe den nöthigen Proviant verschaffen. Sonst ist die Lage unverändert. Die Angriffe auf die 665— sind nicht erneuert worden. Der Pascha hat den Kabylen mittheilen lassen, daß er bei dem ersten Angriff ihre Dörfer beschießen werde.

Ein der Verwaltung des Congostaats zugegangenes Telegramm meldet, daß Kassongo, am oberen Lualaba, der Wohnsitz Sefu's, eines Sohnes von Tippu⸗Tipp, vom Com⸗ mandanten Dhanis eingenommen worden sei. Die Lage in jenem Gebiet sei eine sehr zufriedenstellende.

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Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Ersteher eines zur Subhastation gekommenen Pachtgrund⸗ stücks ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 10. Mai 1893, im Gebiete des Preuß.2 8 Landrechts nicht zur Rück⸗ gewährung der vom Pächter an den Subhastaten gegebenen Pacht⸗ caution verpflichtet, wenn sie nicht auf ihn in Anrechnung auf das Kaufgeld übergegangen war; auch braucht sich der Ersteher nicht ohne weiteres gefallen zu lassen, daß Pächter ihm gegenüber mit dem An⸗ spruch auf Rückgewährung der Caution gegen die Pachtzins⸗ forderung des Erstehers compensire.

Das Feilhalten von theilweise angefaultem und insoweit gesundheitsschädlichem Obst ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 9. Juni 1893, weder aus § 367 Z. 7 des Strafgesetzbuchs (betr. das Feilhalten von verdorbenen Eßwaaren) noch aus §§ 12, 14 des Nahrungsmittel⸗ gesehes zu bestrafen, wenn die Käufer durch den geringen und durch Augenschein darauf hingewiesen werden, daß das Obst nur in⸗ soweit, als es nicht angefault ist, zum Kauf angeboten ist.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Schulbildung im Heere.

Im Ersatzjahre 1892/93 wurden beim Heere 108 138 Mann⸗ schaften, bei der Marine 4980, zusammen 113 118 eingestellt. Bei den im Landheere eingestellten Mannschaften waren 107 501 mit Schulbildung (104 506 in der deutschen, 2995 nur in der nicht deutschen Muttersprache), dagegen 637 = 0,59 % ohne Schulbildung. Westpreußen hatte die meisten vöö ohne Schulbildung 253 = 4,00 % der dort eingestellten Mannschaften, dann folgte Posen mit 144 = 1,71 %, Ostpreußen 69 = 0,83 %, Schlesien 103 = 0,60 %, Pommern 11 = 0,18 %, Brandenburg 19 = 0,15 %, Hessen⸗Nassau 7 = 0,13 %, Schleswig⸗Holstein 3 = 0,09 %, Westfalen 6 = 0,08 %, Rheinland 13 = 0,08 %, Sachsen 7 = 0,08 %, Hannover 2 = 0,03 %; in Hohenzollern gab es keine Mannschaften ohne Schulbildung. Bei den in der Marine eingestellten 4980 Mannschaften waren 43 = 0,86 % ohne Schulbildung. Hier stehen mit den größten Verhältnißzahlen obenan Westpreußen (4,49 %), Ostpreußen (3,58 %), Posen (2,44 %). Im Landheer und der Marine waren von 113 118 Mannschaften 680 ohne Schulbildung = 0,60 %. 1874/75 belief sich der Procentsatz der Analphabeten auf 3,70. 8 86

Zur Arbeiterbewegung.

Der Ausstand der englischen Grubenarbeiter scheint nun endlich seinem Ende nahe zu sein. Die Noth⸗ unter den Ausständigen drängt immer mehr zur Wiederauf⸗ nahme der Arbeit, zumal die Bergwerksbesitzer in einigen Bezirken den Arbeitern ein Entgegenkommen insofern zeigen, als sie sich bereit erklären, bei den höheren gegenwärtigen Kohlenpreisen die alten Lohnsätze zu zahlen. Auch die Ergebnisse der Bürgermeister⸗Conferenz, die gestern in Sheffield (Vgl. Nr. 238 u. flg. d. Bl.) abgehalten wurde, lassen die wachsende Geneigtheit der Arbeiterzur alggemeinen Beendigung des Strikes erkennen. Es liegen heute folgende Mel⸗ dungen vor:

Die gestrige Conferenz in Sheffield, an der auch die Bürger⸗ meister der großen Städte in den Kohlengegenden theilnahmen, unter⸗ breitete, wie „W. T. B.“ meldet, den Vertretern der Grubenarbeiter und den Bergwerksbesitzern folgenden Vorschlag für die Beendigung des Strikes: Die Grubenarbeiter nehmen die Arbeit zu den alten Lohnsätzen wieder auf; diese Lohnsätze sollen 6 Wochen nach der völligen Wiederaufnahme der Arbeit eine Frrobsebung um 7 % erfahren. Zur Regelung der Gehaltsfragen soll ein Schiedsgericht eingesetzt werden. Die 2 Keceesischer sollen den Grubenarbeitern Vorschüsse gewähren, die in wöchentlichen Abzahlungen zurückerstattet werden können. Die Grubenarbeiter haben eingewilligt, diesen Vorschlag zur Abstimmung zu bringen. Die Bergwerksbesitzer werden heute darüber berathen. In Mansfield (Nottinghamshire)haben 2000 Gruben⸗ arbeiter die in den Gruben von Hucknall⸗Torkard verwendet wurden, gestern die Arbeit wieder zu den früheren Bedingungen aufgenommen. Die Grubenbesitzer bestanden nicht auf einer Lohnherabsetzung. In den Foxholesgruben, bei Methley, Yorkshire, wo im ganzen 700 Hände Beschäftigung finden, wird der Londoner „A. C.“ zufolge die Arbeit zu den alten Lohnsätzen wieder aufgenommen werden. In einem anderen Bezirke Yorkshires, in Hoyland, hat der Ver⸗ treter der Silkstonegruben die Arbeiter SufnegedF sich wieder ans Werk zu begeben, da die Actionäre den alten Lohnsatz unter der Bedingung bewilligen werden, daß jede im ganzen Districte durchgeführte Lohnermäßigung sich auch auf sie beziehen solle. Die Bergleute, 1200 an Zahl, gingen darauf ein. In Burton⸗on⸗ Trent kam es am Sonntag, wie „W. T. B.“ berichtet, zwischen Soldaten und strikenden Bergarbeitern zu einem Zusammenstoß, als die letzteren den Transport von Kohlen zu verhindern suchten. Die Bergarbeiter griffen die Sol⸗ daten an und warfen die Kohlenwaggons um, wurden jedoch schließlich zerstreut. Der Besitzer einer der größten Papier⸗ mühlen Englands hat nach einer Londoner Mittheilung erklärt, infolge der Schwierigkeiten Kohlen zu beschaffen, stehe die Schließung seiner Mühle und vieler anderen Papiermühlen unmittelbar bevor. Der Papiermangel würde sich sehr empfindlich bemerkbar machen, be⸗ sonders für die Zeitungen.

In Belgien und besonders im Becken von Charleroi ist der Ausstand der Kohlenarbeiter noch in langsamem Wachsen begriffen. In einer Brüsseler Mittheilung der „V. Z.“ vom Sonntag wird die Zahl der Ausständigen mit 23 989 angegeben, während nur noch 4300 Arbeiter auf den Zechen ausharrten; ferner waren demnach auf den Zechen der unteren Sambre 1660 Bergarbeiter aus⸗ ständig und nur 60 noch an der Arbeit. Vom gestrigen Tage meldet „W. T. B.“ dagegen: Die Gesammtzahl der Aus⸗ ständigen im Kohlenbecken von Charleroi beträgt gegenwärtig 21 000, d. i. eine Vermehrung gegen vrüer von etwa 3000.

In Wien fanden, wie ein Wolff'sches Telegramm berichtet, gestern Abend in verschiedenen Bezirken der Stadt 15 große Volks⸗ versamm lungen statt, die eine gleichlautende Enfschliesung zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts annahmen, welche heute schriftlich dem Präsidium des Abgeordnetenhauses überreicht werden soll. Alle Versammlungen verliefen ruhig.

Der in Paris unter Guesde's Vorsitz abgehaltene Arbeiter⸗ Congreß hat, wie „W. T. B.“ meldet, seine Arbeiten beendet. Bei einem darauf folgenden Lunch hielt Guesde eine Rede, in der er dazu rieth, die Propaganda fortzusetzen und in allen Theilen Frank⸗ reichs Conferenzen abzuhalten.

Kunst und Wissenschaft.

Von den öffentlichen welche im Kunst⸗ ewerbe⸗Museum auch in diesem inter abgehalten werden wird der Cyeclus über „Decorative Malerei der Renaissance“, den Dr. Max Schmid übernommen hatte und der am Pe 10. Oktober, beginnen sollte, ausfallen, da Dr. Schmid einen Ruf nach außerhalb erhalten hat. Die Vorlesungen von Dr. Alfred Gotthold Meyer über „Oberitalische Renaissance⸗ vr beginnen, dem Programm entsprechend, am Montag⸗ 16. ober. Die diesjährige Berliner Kunstausstellung hat, wie die

„N. A. Z.“ erfährt, einen nicht unbeträchtlichen Ueberschuß ergeben. Bei der Vertheilung des Reinertrages werden zum ersten Mal die neuen Satzungen Anwendung finden. Zunächst erhalten der Berliner

und der Düsseldorfer Künstler⸗Unterstützungsverein Summen bis zum

öchstbetrage von 5000 bezw. 2000 Die weiteren Ueberschüsse sehen dem Verein Berliner Künstler und der Genossenschaft der Akademie zu gleichen Theilen zu. Die Hälfte aber, welche der Akademie gehört, muß auf der nächstfolgenden Berliner Ausstellung zu Ankäufen von Kunstwerken verwandt werden.

Die EEE“ des Kunstsalons von F. Gurlitt weist eine mit großem Geschick und Geschmack getroffene Auswahl fast durchweg interessanter Werke der Malerei und Plastik auf. Die kleinen leider auch wenig günstig beleuchteten Räume des Ausstellungslocals in der Leipzigerstraße haben den nicht gering anzuschlagenden Vortheil, sich mit ausgesucht guten Werken eher füllen zu lassen als die großen Säle der Schulte’'schen Kunsthandlung. Gleichwohl verdient das verständnißvolle Arrangement als Geschmacks⸗ leistung unumwundene Anerkennung. Die verschiedensten Richtungen der modernen Malerei sind durch erlesene ausgeglichene Leistungen vertreten. Neben den altmeisterlichen Bildnifsen und Studien Lenbach's, Adolf Menzel's und Ludwig Knaus' finden wir die Champions des Naturalismus Max Liebermann und Uhde; Hans Thoma, Max Klinger, Franz Stuck, Hendrich repräsentiren den Neuidealismus. Von Aus⸗ ändern haben neben einer Reihe italienischer und spanischer Meister, Ankarkrona und Liljefors einige ihrer überzeugenden Natur⸗ studien beigesteuert; ein junger, in München ansässiger Ungar, Géza Peske, giebt beachtenswerthe Proben seines Talents in zwei frisch aufgefaßten kleinen Genrestücken; Felix Ziem und Jongkind blenden durch ihre pariserische Farbentechnik, während im Gefolge von Hon⸗ Thoma sich ein Frankfurter Künstler, Karl von Pidoll, vor⸗ theilhaft einführt.

Lebhaftes Interesse nehmen natürlich Lenbach's Bismarck⸗ Porträts in Anspruch; das älteste derselben aus dem Jahre 1879 zeigt den Fürsten in dem Interimsrock der Cürassieruniform; das zweite 1892 gemalt läßt den Kopf aus dem undurchdringlichen Dunkel des Hintergrundes, gehoben durch die ebenfalls dunkle Civilkleidung, wirkungsvoll hervortreten; einen ernsten, fast schwermüthigen Ausdruck endlich trägt die jüngste im Sommer 1893 gemalte Studie zur Schau. In monumentalem historischen Stil ist Graf Moltke's Porträt, das den gewaltigen Schädel des Schlachtendenkers ohne die ewohnte Perrücke zeigt, aufgefaßt. Die Wucht des geistigen Ausdrucks seigert Lenbach auch hier, wie sonst, durch die einfarbig dunkle Haltung des Hintergrundes. Wird man durch Lenbach immer wieder an die Leistungen Rembrandt's im Bildnißfach erinnert, so hat sich Karl von Pidoll, offenbar von Hans Thoma angeregt, die Emailglätte und saubere Durchführung der älteren deutschen Meister, insbesondere Holbein's, als Vorbild erkoren, so in dem feincharakterisirten Doppelporträt der beiden Leiter des Städel'schen Instituts in a. M., H. Weizsäcker und Pallmann, mit liebevoll ausgeführtem landschaft⸗ lichen Hintergrund. Die Züge eines bekannten Berliner Schrift⸗ stellers hält Lesser Ury, der auch einen charakteristisch effectvollen pariserischen Aet in Pastell ausgestellt hat, in einer markigen Kreide⸗ studie fest. Wiederum eine andere Art, sich mit der darzustellenden Individualität abzufinden, kennzeichnet die nervos lebendigen Bleistift⸗ stizzen Adolf Menzel'’'s.

Hans Thoma hat vier große Landschaftsbilder ausgestellt, unter denen sich namentlich ein Kornfeld bei wolkigem Him el vortheilhaft von seinen äußerlichen und manierirten religiösen Bildern der letzten Ausstellung, durch selbständige Auffassung und poetische Naturempfin⸗ dung unterscheidet. Die volle Naivität seiner ersten Arbeiten, die ihm zu spätem aber wohlverdientem Ruhm verhalfen, erreicht Thoma indeß in seinen neueren Arbeiten nur selten. Franz Stuck’'s „wei⸗ dende Pferde“ stellen die erste Fassung eines von früheren Ausstellungen bereits bekannten, durch Tiefe der Stimmung ausgezeichneten Bildes dar. Auch Hermann Hendrich hat seine Nymphengrotte (Nr. 21) in anderem Maßstab bereits einmal gemalt; die ernste Nordland⸗ stimmung dieses Bildes fügt sich nur unwillig in einen so kleinen Rahmen. Warum Georg Barlösius beständig den Spuren Böcklin's und Hendrich's folgt, während ihn doch seine Begabung auf ganz andere Gebiete hinweist, läßt sich nicht einsehen. Seine Gestalt der „Sage’ besitzt kaum größeren individuellen Gehalt als die technisch nicht ungeschickte Copie der Madonna Terranuova, die er ebenfalls hier ausgestellt hat.

Der „Schafheerde“ von Liebermannes liegt eine Kreidestudie zu Grunde, die fast noch unmittelbarer wirkt als die jetzt beliebte Ausführung in Oelfarben; eine Meisterleistung an scharfer Beobachtung und gewandter Abwägung der Tonwerthe ist dagegen das Pastell, das uns einen Gärtner am Parkwege beim Frühstück zeigt. Die scheinbar sorglose Andeutung des Wesentlichen erzeugt hier eine überraschende Illusion. Fritz von Uhde hat wenige Bilder von solcher Delicatesse und Zartheit geschaffen, wie das von Licht umflossene Kinder⸗ porträt und die „Herbsternte’. In ein früheres Stadium seiner künstlerischen Entwicklung, das ihn noch im Banne der alt⸗ Folländischen Meister zeigt, weist seine scharf individualisirte Apostel⸗ studie (Nr. 90 des Katalogs) zurück. Der d Naturalismus eines Bruno Liljefors und Ankarkrona ist von älteren Aus⸗ stellungen her bereits zur Genüge bekannt und anerkannt; interessant ist das Berliner Augenblicksbild, durch das der letztgenannte Norweger e der Reichshauptstadt seinen Tribut zollt. Neben ähnliche

arstellungen von Skarbina gehalten, fällt daran die scharfe, fast zu harte Zeichnung auf, die im Widerspruch zu der dunstigen Winteratmosphäre Berlins zu cehen scheint. Ganz in den Bahnen des Fermehen. E. Munch bewegt sich ohne besondere Feinheit der Auffassung C. Edel, der sich bereits in der freien Berliner Ausstellung durch hen⸗ bessere Arbeiten bekannt gemacht hat. Scharf ausgeprägtes Farbengefühl und eine etwas kleinlich unruhige Behandlung charakterisiren die Land⸗ schaften von Th. von Hoermann in Znaim; ein Blick auf die in der Nähe hängenden Meisterleistungen von Ziem und Jongkind lehrt indeß aufs deutlichste, daß ihm die geniale Freiheit zur wirklich geistreichen Lösung coloristischer Probleme noch fehlt. Am wenigsten passen in den vornehmen Rahmen der Gurlitt'schen Ausstellung die abgeblaßten Zierlichkeiten italienischer Virtuosen, wie Blaas, Forti, Rotta, Tito u. a. hinein. Wie wenig Tiefe der Auffassung und Größe des Stils in diesen Kunst⸗ stücken zu finden ist, zeigt recht deutlich die Oelbergscene von Enrique Simonet, die nur bei einer Prüfung auf kürzesten Abstand durch einzelne technische Feinheiten interessirt, dem weiter Zurücktretenden aber völlig unverständlich bleiben muß. Unter den plastischen Arbeiten verdient die flott skizzirte Büste eines galizischen Flößers von dem bisher nur als Maler bekannten 8. Szymanowsski eingehendere Aufmerksamkeit.

Die Bibliothek des am 9. d. M. zu Nordhausen verstor⸗ benen Professors der Botanik F. T. Kützing, eines hervorragenden Gelehrten, ging dieser Tage durch Kauf in den Besitz von Richard Sattler'’'s ntiquariat in Braunschweig über. Gleichzeitig erwarb die genannte Firma auch die Bibliothek des i. J. 1892 ver⸗ storbenen dramatischen Schriftstellers Hans Herrig, des Verfassers des „Luther⸗Festspiels“.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln.

8 ortugal. Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums sind

alle Herkünfte von Manchester und Liverpool seit dem 20. v. M. als choleraverseucht erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 233 vom 28. September.) Der Hafen von Rangoon gilt seit dem 1. Mai d. J. als rein von Cholera.

Türkei.

Die für Herkünfte der französischen Mittelmeerküste angeordnete 24 stündige Heobr chtungs. Suarantäne ist seit dem 23. v. M. durch eine strenge ärztliche Untersuchung ersetzt worden. Die gleiche Be⸗ timmung gilt für Herkünfte von Monaco. (Vergl. ⸗Reichs⸗Anzeiger“ tr. 235 vom 30. eptember.) b

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in

Konstantinopel vom 27. v. M. sind die unter dem 22. Oktober v. J.

Feesener Quarantänebestimmungen, welche auf Schiffe anzuwenden nd, für die gegenwärtige Quarantäneperiode wieder in Kraft gesetzt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 271 vom 15. November 1892.)

Der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel hat folgende Quarantänemaßnahmen getroffen:

1) Herkünfte, welche von Grimsby, Hull und anderen Häfen des Humberflusses, sowie solche, welche von Antwerpen, den Häfen von Amsterdam, Rotterdam und dem Haag nach dem 26. v. M. ab⸗ gegangen sind, unterliegen einer fünftägigen Quarantäne;

2) die für Provenienzen von der russischen Küste des Schwarzen Meeres, zwischen Batum (incl.) und Hoppa, angeordnete fünftägige Quarantäne ist seit dem 21. v. M. auf 10 Tage erhöht (vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 235 vom 30. September);

3) die für Herkünfte von Tunis angeordnet gewesene 24 stündige Beobachtung ist aufgehoben worden (vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 235 vom 30. September);

4) Provenienzen von Konstantinopel, welche für Häfen des Marmara⸗Meeres bestimmt sind, unterliegen einer ärztlichen Unter⸗ suchung nebst Desinfection der gebrauchten Kleidungsstücke und Effecten der Reisenden und Schiffsmannschaft in Tonzla (asiatische Küste) oder Silirrie (europäische Küste). Ebenso haben sich die Reisenden, welche sich mit der Eisenbahn ins Innere des Landes begeben, einer ärzt⸗ lichen Untersuchung mit Desinfection ihrer Effecten zu unterwerfen, und zwar auf den Stationen Tschatal oder Tonzla.

Marokko.

Der internationale Gesundheitsrath in Tanger hat Herkünfte von Galatz und Sebastopol für choleraverdächtig erklärt. Dieselben haben sich im Hafen von Tanger einer fünf⸗ bis siebentägigen Beobachtung

zu unterziehen.

““ Gholerx.. Stettin, 9. Oktober. Das hiesige Polizei⸗Präsidium macht bekannt: Von Sonnabend Nachmittag bis heute Vormittag sind hier sechs choleraverdächtige Fälle angemeldet, bei zwei derselben ist bereits Cholera asiatica constatirt worden.

Rußland. Ueber den Stand der Cholera⸗Epidemie in Polen wird Folgendes berichtet: in Jadow, Zagroby (Gouvernement Warschau) sind in der Zeit vom 30. v. M. bis 4. d. M. 0 Erkrankungen und 2 Todes⸗ fälle vorgekommen; in Ozorkow (Gouvernement Kalisch) vom 28. bis 30. v. M. 2 bezw. 1; in Kozienice (Gouvernement Radom) vom 27. v. M. bis 2. d. M. 9 bezw. 6; in Cholm, Kreis (Gouvernement Lublin) vom 29. v. M. bis 2. d. M. 2 bezw. 5; in Janow (Gouver⸗ nement Siedlez) vom 30. v. M. bis 2. d. M. 1 bezw. 1; in Galachy (Gouvernement Plozk) vom 28. v. M. bis 2. d. M. 0 bezw. 1; in den Kreisen Mazowieck, Ostrow, Lomza, Ostrolenka, Pultusk, Makow und Kolno (Gouvernement Lomza) vom 29. v. M. bis 2. d. M. 167 bezw. 112.

Rom, 9. Oktober. In den letzten 24 Stunden sind laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“ in Palermo 24, in Livorno 2 Cholera⸗ fälle vorgekommen.

Stockholm, 9. Oktober. Die drei an Cholera erkrankten Per⸗ sonen, welche in Umea (vergl. Nr. 233 und 240 d. Bl.) in Behandlung sind, befinden sich dem „W. T. B.“ zufolge besser. Ein weiterer Erkrankungsfall an Cholera ist in Schweden nicht gemeldet.

New⸗York, 9. Oktober. Auf dem Dampfer „Russia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aectiengesellschaft sind auf der Fahrt von Hamburg nach New⸗Pork fünf Personen unter verdächtigen

rscheinungen gestorben. Die Fahrgäste des Dampfers wurden zur Beobachtung nach Hoffmann⸗Island gebracht. Wie die genannte Ge⸗ sellschaft mittheilt, seien diese Todesfälle jedoch nicht auf Cholera zurückzuführen. Der Dampfer, dessen Fahrgäste gelandet sind, dürfte nach zweitägiger Quarantäne morgen wieder freigegeben werden.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 11 193, nicht rechtzeitig Festens 58 Wagen, sien sind am 7. d. M. gestell ch n er esien sind am 7. d. M. gestellt 3063, nicht recht⸗ zeitig gestellt 633 Wagen. 8 3

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 9. Oktober die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Charlottenstraße 98, dem Gasthofbesitzer Anton Horstmann gehörig; Nutzungswerth 11 530 ℳ; 220 300 ℳ; für das Meistgebot von 244 000 wurde der Kaufmann Max Haeusler zu Berlin Ersteher. Dunckerstraße, Ecke der RKaumerstraße, den Maurermeistern Franz Neumann und Gustav Kühn gehörig; Fläche 10,91 a; Mindestgebot 90 650 Ein Gebot wurde nicht ab gegeben und da Verfah if drei

Monate vertagt.

Magdeburg, 9. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 % —, neue 14,70, Kornzucker erxcl., 88 % Rendement 13,70, neue 13,85, Nachproducte excl., 75 % Rendement —. Schwach. Brotraffinade I. —, Brotraffinade II. —. Gem. Raffinade mit Faß 28,25. Gem. Melis I. mit Faß 26,75. Matt. Rohzucker. I. Product eegg f. a. B. Hamburg pr. Ok⸗ tober 13,52 ½ Gd., 13,55 Br., pr. November 13,42 ½ Gd., 13,45 Br., pr. Dezember 13,52 ½ bez. u. Br., pr. Januar⸗März 13,70 Gd., 13,72 ½ Br. Stetig.

Leipzig, 9. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per Oktober 3,47 ½ ℳ, per November 3,47 ½ ℳ, per Dezember 3,50 ℳ, per Januar 3,52 ½ ℳ, per Februar 3,55 ℳ, per März 3,57 ½ ℳ, per April 3,60 ℳ, per Mai 3,62 ½, per Juni 3,65, per Juli 3,65, per August 3,65, per September 3,65. Umsatz 45 000 kg.

Bremen, 9. Oktober. (W. T. B.) (Börsen⸗Schlußbericht.) Raffinirtes Petroleum. (Officielle Notirung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Faßzollfrei. Sehr fest. Loco 4,40 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middling, loco 43 ¾ ₰, Upland, Basis middling, nichts unter low middling, auf Termin⸗Lieferung, pr. Oktober 43 ¼ ₰, pr. November 43 ¼ ₰, pr. Dezember 43 ¼ ₰, pr. Januar 43 ½ ₰, per Februar 43 ¾ ₰, pr. März 44 4. Schmalz. Fest. Shafer 50 ½ ₰, Wilcox 48 ½ ₰, Choice Grocery 49 ½ Armour shield 48 ½ ₰, Cudahy 49 ½ ₰, Rohe & Brother (pure) 49 Fairbanks 41 ½ 3. peck. Fest. Short clear middl. Dezember⸗Januar⸗Abladung 43. Wolle. Umsatz: 131 Ballen. Tabak. Umsatz: 30 Ballen Griechen.

Wien, 9. Oktober. (W. T. B.) In der gestrigen Sifung des Verwaltungsraths der Staatsbahngesellschaft wurde beschlossen, in der zweiten Hälfte des November eine außerordentliche General⸗ versammlung einzuberufen, in welcher über die Conversion der fünf⸗ procentigen Prioritäten entschieden werden soll.

London, 9. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 5 Weizen⸗ ladungen angeboten.

96 % Javazucker loco 17 ¼ schwach, Rüben⸗Rohzucker loco 13 ⅜, fest. Chili⸗Kupfer 41 ⅛, pr. 3 Monat 42 ⁄18.

Glasgow, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 5015 Tons gegen 6674 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 9. Oktober. (W. T. B.) Wolle mehr Ge⸗ schäft, Colonialwolle 5 % über den tiefsten Notirungen, übrige Sorten stetig. Englische Garne ruhig aber fete ohair und Genappes e In Stoffen lebhaftes Geschäft zu eher besseren

Preisen.

Amsterdam, 9. Oktober. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 52. Bancazinn 53.

New⸗York, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Börse eröffnete

wird mit A

fest und schloß nach recht festem Verlauf ruhig. Der Umsatz der

Actien betrug 150 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 165 000 Unzen geschätzt. Silberverkäufe fanden nicht statt. Weizen eröffnete träge und fallend auf Zunahme der Ankünfte im Innern und schwächere Kabelberichte, dann Reaction auf geringes Angebot. Schluß schwach. Mais auf günstiges Wetter fallend den ganzen Tag mit wenigen Reactionen.

Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 4 820 211 Dollars gegen 4 727 985 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 1 158 250 Dollars gegen 1 515 548 Dollars in der Vorwoche.

Verdingungen im Auslande.

7. November, Mittags. Justiz⸗Ministerium zu Brüssel: Lieferung des Papierbedarfs für den „Moniteur Belge“ im Jahre 1894. Muster und Lieferungsbedingungen bei dem Director des „Moniteur“, Rue de Louvain Nr. 40, in Brüssel.

Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 9. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Russia“ ist gestern Vormittag in New⸗York eingetroffen.

London, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Dunottar Castle“ ist Sonnabend auf der Ausreise von Fen abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Warwick Castle“ ist heute auf der Ausreise in Capetown angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Grantully Castle“ ist heute auf der Heim⸗ reise in Plymouth angekommen.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

Der Kammersänger Herr Emil Goetze begann gestern ein Gastspiel als Alessandro Stradella“. Goetze 5 sich einer solchen Beliebtheit, daß das große Haus in allen 11e Theilen dicht besetzt war und nach jedem Aectschluß mehrmaliger lebhafter Hervorruf erfolgte. Die Vorzüge und Mängel seiner Stimme sind zur Genüge bekannt; auch gestern traten jene wie diese wieder hervor. Aber es muß doch anerkannt werden, daß der Gesammteindruck ein vorwiegend guter war: die Stimme 28. einen edlen, noblen wenn sie auch zuweilen namentlich, in der Mittellage, unruhig flackert; in den höheren Lagen ist sie kräftig und voll, und da Herr Goetze fast ausnahmslos mit Bruststimme singt, ist der Ton zuweilen zu heldenhaft stark, wo man zartere lyrische Stimm⸗ gebung erwartet. Das Gebet an Maria am Schluß des letzten Acts gelang dem Sänger vortrefflich, und man wurde vollkommen davon überzeugt, daß die edle Sangeskunst, in dieser Weise ausgeübt, selbst auf hartherzige und verworfene Gemüther einen bezaubernden und besänftigenden Einfluß ausüben kann. Herr Goetze wurde von den

erren und Lieban, deren unübertreffliche Leistungen als Banditenpaar hinlänglich bekannt sind, sowie von Fräulein Weitz (Leonore) auf das wirksamste unterstützt. 8 u6“

Saal Bechstein.

* 9 .

Die Pianistin Fräulein Marie von onsowska aus Warschau, unter Rubinstein's Leitung ausgebildet und als Mit⸗ wirkende schon aus einem früheren hiesigen Concert bekannt, gab

estern ihren ersten eigenen Klavier⸗Abend. Der Vortrag der Beethoven'schen Variationen (C-moll) erweckte bereits sehr günstige Erwartungen, die im Laufe des Abends in reichem Maße erfüllt wurden. Mit eminent entwickelter, alle Schwierigkeiten mühelos überwindender Technik verbindet die jugendliche Künstlerin zugleich eine tief eingehende, oft leidenschaftlich belebte Ausdrucksweise, die in einer dreitheiligen, sehr fesselnden Suite von Moszkowski, einer Phantasie von Chopin (op. 13) mit Begleitung eines zweiten Klaviers, sowie in kleineren Piecen von Schumann, Schubert⸗Liszt und Zelenski vortrefflich zur Geltung kam. Den Glanzpunkt ihrer virtuosen Leistungen bildete die bekannte As-dur-Polonaise von Chopin, in der sich sowohl die außergewöhn⸗ liche Kraft, wie die Zartheit ihres Anschlages mit Erfolg bewährten. Der Polonaise fügte die unermüdliche Künstlerin schließlich noch die sehr schwere A-moll-Etude desselben Componisten hinzu. Hoffentlich wird Fräulein von Wonsowska in diesem Winter sich noch öfter hören

Im Königlichen Opernhause si morgen der erste Novitätenabend statt Zunächst geht Janaz Brüll's Oper „Gringoire“ mit den Damen Leisinger und Krainz, den Herren Bulß, Krolop, Philipp, Stammer unter Kapellmeister Sucher's Leitung in Scene. In der darauf folgenden Oper „Mara“ von Ferdi⸗ nand Hummel, welche Kapellmeister Dr. Muck dirigirt, sind Frau Pierson, die Herren Sylva, Fränkel und die kleine Ballet⸗Elevin Ewald beschäftigt. Den Schluß bildet „Die erste Walpurgisnacht“ (Dichtung von Goethe) von Felix Mendelssohn⸗Bartholdy, welche zum ersten Mal in scenischer Ein⸗ richtung mit Fräulein Varena, den Herren Betz, Philipp, Mödlinger, unter Kapellmeister Weingartner's Leitung zur Aufführung gelangt.

Das Berliner Theater bringt infolge vielfacher an die Direction gerichteter Wünsche morgen statt „Cornelius Voß“ eine Tücaeehe a des „Hamlet“ in der bekannten Besetzung. Neu⸗ einstudirt geht am Donnerstag „Julius Cäsar“ in Scene; Marie wird die Porcia, Elise. Sauer den Lucius und Rosa Hilde⸗ randt die Calpurnia spielen.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater können von der Operette „Der Vogelhändler“ nur noch vier Wiederholungen stattfinden, da für Sonnabend bereits die erste Aufführung des neuen Genée'schen Werks „Freund Felix“ anberaumt ist.

Das Programm des Concerts, welches die Concertsängerin Fräu⸗ lein Regina Samosch unter Mitwirkung des Violin⸗Virtuosen Franz Fink am Donnerstag Abend 7 ½ Uhr im Saal Bechstein veranstaltet, bringt von Vocal⸗Compositionen: Recitation und Arie aus Mozart's Oper „Die Hochzeit des Figaro“, „Quel buscelletto* von Paradies, Schumann’s Lieder⸗Cyklus „Frauen⸗Liebe und Leben“*, Lieder von Schubert, Schumann, Mozart, Rubinstein, Taubert und Ries. Das erste Philharmonische Concert, welches, wie schon ge⸗ meldet, am 16. d. M. unter Hermann Levi's Leitung stattüindet, hat eine Aenderung erfahren. Die Bruckner'sche Symphonie gelangt auf Shee Wunsch ungekürzt zur Aufführung. Das Programm lautet nunmehr wie folgt: Füegreeennsch von Wagner, Symphonie A-dur von Mozart, Große Leonoren⸗Ouverture von Beethoven, Symphonie Edur von Bruckner. Der Einzel f für dies Concert hat bei Bote u. Bock begonnen.

Bekanntmachung,

betr. den Schluß der Jagd auf Rebhühner. Die Jagd auf Rebhühner im Regierungsbezirk Potsdam

- lauf des Sonnabend, 18. November 1888. geschlossen.

Potsdam, den 4. Oktober 1893. Der eaesh e zu Potsdam. von Meusel.