as Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt: 3
In Stettin ist der eine der in Nr. 245 des „Reichs⸗ Anzeigers“ gemeldeten Kranken gestorben, außerdem wurde bei sieben zwischen dem 6. und 10. d. M. erkrankten Per⸗ sonen Cholera festgestellt.
In Wittenberge, in Neu⸗Schaumburg bei Küstrin e eine tödtlich verlaufene Erkrankung.
In einem anderen Orte des Kreises Königsberg N.⸗M. zwei Krankheitsfälle, in Magdeburg ein solcher mit tödt⸗ lichem Ausgang, in Altona 3 Erkrankungen (davon eine auf einer im Hafen liegenden norwegischen Bark) mit einem Todesfalle. 8
In Hamburg eine Neuerkrankung.
Der General⸗Lieutenant von Winterfeld, d Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Allerhöchst beauftragt mit der Führung des Garde⸗Corps, hat mit kurzem Urlaub Berlin verlassen.
Der Königlich württembergische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Staatsrath von Moser ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte d nd
schaft wieder übernommen. 1
Bayern.
Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern die Erörterung über den Antrag, die Regierung zur Vorlage eines Gesetzes betreffs allgemeiner und directer Wahlen aufzufordern, fort. Der Abg. Dr. Ratz inger bekämpfte die Theorie des Centrums, daß unter der Regentschaft keine Aenderung des Verfassungsgesetzes möglich sei. Von dem Willen des Verfassungsgebers könne man in dieser Beziehung nicht reden, da diesem ein solcher Fall nicht bewußt gewesen sei. Der „Juristerei“ sei vielfach der Blick für die realen Dinge verloren gegangen. Ratzinger wünschte im großen das Landtagswahlgesetz nach dem Vorbilde des Reichstagswahl⸗ rechts geordnet. Man sollte es versuchen, ob nicht eine Eini⸗ gung zu erzielen sei. Die Parteien sollten ihren Eigennutz bei der Wahlkreiseintheilung überwinden. Der Abg. Wagner empfahl den liberalen Antrag, hielt eine Verfassungsänderung auch unter der Regentschaft für thunlich und forderte allgemeine directe Wahlen mit dem Proportionalsystem. Man solle nicht warten, bis der Sturm entfesselt sei. Derartige Aenderungen würden am allerschlechtesten in un⸗ ruhigen Zeiten gemacht. Der Abg. Orterer vertrat b der Veränderbarkeit entschieden den Centrumsstandpunkt. Man möge nur bedenken, daß die Reichsverwesung unter Umständen nicht an einen Agnaten, sondern auch einmal auf einen obersten Kronbeamten übergehen könne. Materiell gingen die Anträge auch weit über das hinaus, was das Centrum von jeher vertreten habe; es sei niemals für uneingeschränktes allgemeines Wahlrecht gewesen. Redner bedauerte die Aeußerungen Ratzinger's, die merkwürdigerweise bei den Socialdemokraten den meisten Beifall fänden. Die Bauernbündler würden sich über⸗ zeugen, daß ihre Wünsche die geringste Vertretung fänden. Schließ⸗ lich bedauerte er, daß die Regierung auch bei den letzten Wahlen die alte vom Centrum beklagte Wahlkreiseintheilung bei⸗ behalten habe. Das Centrum werde gPgen beide Anträge stimmen. Der Abg. Fischer hielt die Verfassungsfrage für zweifelhaft; er stehe eher auf dem Standpunkt des Abg. von Stauffenberg. Wenn übrigens das Centrum, also mehr als ein Drittel der Kammer, sich nicht auf weitere Anträge einlasse, so stimme auch der größte Theil der Liberalen dagegen, weil eine weitere Behandlung zwecklos sei. Auf die Dauer werde sich die Forderung nicht hintanhalten lassen. Der Abg. Dr. Schädler hielt im Gegentheil u der Mehrheit des Centrums eine Verfassungsänderung für zulässig und stimmte im Princip für den Antrag der Socialdemokraten. Der Abg. Frickhinger hielt die Anträge für aussichtslos. Der Abg. Geiger wies die Beleidigungen Ratzinger’'s gegen den bayerischen Richterstand zurück, die nur Wasser auf die Mühle der Socialdemokraten gießen könnten. Der Staats⸗Minister Freiherr von Feilitzsch erklärte, die Regierung habe sich aus den Debatten überzeugt, daß zur Zeit eine Einigung über ein Wahlgesetz in der Kammer nicht zu erreichen sei, überdies habe die Regierung Bedenken gegen verschiedene Forderungen der Anträge. Die Regierung ihrerseits werde demnach eine Vorlage nicht machen. Sich über die Frage der Verfassungsänderung aus⸗ usprechen, habe die Regierung keinen Anlaß. Für beide An⸗ sichten beständen Gründe. Wenn eine zwingende Nothwendig⸗ keit in einem Fall vorliegen sollte, werde die Regierung der Ftagh⸗ näher treten. Der Abg. Grillenberger vertrat einen Wahlgesetz⸗Antrag und verwies im Schlußwort das Centrum auf die Stellung Windthorst’'s zum allgemeinen Wahlrecht. Hierauf erwiderte der Abg. Orterer, er könne 88 vielleicht ein anderes Mal mittheilen, wie Windthorst am Schlusse seiner 1 über das allgemeine Wahlrecht gedacht habe; jedenfalls habe das bayerische Centrum das allgemeine Wahlrecht stets von wesentlich einschränkenden Bedingungen abhängig gemacht. Bei der Abstimmung wurden sämmtliche vom Centrum und einem großen Theil der Liberalen gegen die Socialisten und Bauernbündler und einige Herren vom Centrum abgelehnt.
Im Namen der Centrums⸗ Jaeger in der Kammer der Abgeordneten mehrere socialpolitische Anträge eingebracht. Der erste Theil der Anträge verlangt 1) vollständige Revision der Steuer⸗ gesetzgebung in dem Sinne, daß die progressive Besteuerung ohne Maximalgrenze durchgeführt und hierdurch eine stärkere Her⸗ anziehung des kapitalistischen Großbesitzes und Großbetriebs, sowie eine Entlastung des mittleren und kleineren Besitzes, insbesondere Herabsetzung der Grundsteuer ermöglicht wird; 2) Schaffung “ geleiteter Anstalten für Mobiliarversicherung und Viehversicherung; 3) ausgiebige Maßnahmen gegen die gewerbsmäßige Guͤterschlächterei; 4ü) Abzug der Hypothekenschulden in bestimmten Fällen der Guts⸗ übergabe bei Berechnung der “ 5) Gründung einer staatlichen Hypothekenbank für billigere Deckung des bäuerlichen Realcredits. Der zweite Theil verlangt: 1) Staatliche Unterstützung der Raiffeisen⸗Vereine unter Wahrung der Selbständigkeit derselben, durch Vorschüsse zu ihrer ersten Errichtung, Schaffung einer Geldvermittelungsstelle für den Revisionsverband. 2) Volle Aufrechthaltung der Holz⸗, Streu⸗ und Weide⸗ Rechte. 3) Abgabe billigen Nutz⸗ und Brennholzes für
raction hat der Abg.
General⸗
Localbedarf; der dritte Theil: 1) Bei dem Bundesrath soll ein Verbot des Terminhandels mit Getreide an der
Börse, 2) bei der preußischen Regierung die Aufhebung der Staffeltarife erwirkt werden. 8 Reuß ä. L. + Seine Durchlaucht der Fürst hat sich gestern zur Ab⸗ haltung der üblichen Herbstjagden zu mehrwöchigem Aufenthalt Schloß Burgk begeben.
Oesterreich⸗Ungarn 8
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses erörterte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Justiz⸗ Minister von Szilagyi den Charakter des Ausgleichsgesetzes und erklärte dabei, die Antwort des Kaisers habe nicht bezweckt, den politischen Charakter der Ausgleichsbasis zu beeinträchtigen. Die Antwort, die darauf verwiesen habe, daß eine Erschütterung dieser Basis nicht im Interesse des Landes und der Monarchie liege, sei nur der Ausfluß der reinsten, constitutionellen und pflichtbewußten Erfüllung des höheren Berufs des Monarchen gewesen. Die Krone könne nicht zweierlei Willen haben, einen officiellen, mit dem sie dem Ministerium zuneige, und einen anderen, mit dem sie der Majorität schmeichle. Diese Erklärung wurde mit demonstrativem Beifall aufgenommen und der Minister von vielen Seiten beglückwünscht. Die Abstimmung erfolgt heute.
Der Finanzausschuß des Unterhauses nahm gestern den Voranschlag des Handels⸗Ministeriums an. Im Laufe der Verhandlungen erklärte der 1“ von Lucacs, er habe die vorbereitenden Verfügungen zur Schaffung eines selbständigen Schiffahrtsunternehmens bereits getroffen. Es sei dies unbedingt nothwendig, um die ungarische Verkehrspolitik jeder Eventualität gegenüber geltend zu machen. Der Minister erklärte ferner, der Verlauf der Arbeiten am Eisernen Thor sei günstig. Bei dem Voranschlage für das Cultus⸗ und Unter⸗ richts⸗Ministerium erklärte der Minister Graf Csäky auf eine Anfrage des Abg. Pazmandy, der Standpunkt der Regierung betreffs der kirchenpolitischen Fragen sei unverändert; die Regierung werde auf diesem Gebiete so lange fortschreiten bis sie die bezüglichen Versprechen erfüllt habe. Die Antwort des Ministers wurde unter allgemeiner Zustim⸗ mung zur Kenntniß genommen.
Großbritannien und Irland.
In einer am Dienstag in Dublin abgehaltenen Ver⸗ fämmmlung des Centralzweiges der National⸗Liga entwickelte er „Allg. Corresp.“ zufolge der Vorsitzende John Redmond das neue Programm, welches in Irland realisirt werden solle, dahin, daß während des Winters in allen Theilen Irlands eine Agitation zu Gunsten von Home Rule ins Werk gesetzt werden werde. Falls in der kommenden “ nur England betreffende Maßregeln zur Sprache gebracht werden sollten, werde er (Redner) sich von den Parlaments⸗ sitzungen fern halten und in Irland für Home Rule thätig sein.
Frankreich.
Der Minister⸗Präsident Dupuy betonte in einer in Ille⸗sur⸗Tet gehaltenen Bankettrede die Nothwendigkeit demo⸗ kratischer Reformen, namentlich der Altersversorgung der Arbeiter, unde sprach sich entschieden gegen das Listenscrutinium aus, das nur den reactionären Bestrebungen nützen könne.
Das gestern ausgegebene Bulletin über das Befinden des Marschalls Mac Mahon besagt: die leichte Besserung dauere sne. es bestehe Hoffnung, das Leben des Kranken erhalten zu önnen.
1
Italien.
Zu der am 15. d. M. in San Martino stattfindenden Feier der Enthüllung des Victor Emanuel⸗Denkmals, welcher dem „W. T. B.“ zufolge der König und die Königin, die Königlichen Prinzen, der Minister⸗Praäͤsident sowie Depu⸗ tationen der Armee und der Marine beiwohnen werden, sind auch 120 Militärvereine geladen worden.
Spanien.
Der Minister des Innern Capdepon hat, wie „W. T. B.“ berichtet, bei dem Minister⸗Präsidenten Sagasta aus Gesundheitsrücksichten seine Demission eingereicht. Der „Correo“ glaubt, Moret werde das Ministerium der öffent⸗ lichen Arbeiten beibehalten; wer an Moret's Stelle zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt werden werde, sei noch unbestimmt.
Der Ministerrath hat den Plan des Kriegs⸗Ministers, den Bau des Forts Guariach in Marokko zu vollenden, genehmigt. — Auf das Ansuchen der spanischen Regierung hat die britische Regierung die Aus⸗ und Einfuhr von Waffen in Gibraltar verboten.
Amerika. Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington be⸗ richtet, vorgestern seine permanente Sitzung begonnen, um die Abstimmung über das Gesetz wegen Aufhebung der Sherman⸗Acte herbeizuführen. In den Garderobezimmern sind Sophas Fuiges und besondere Vorkehrungen zur Ver⸗ abreichung von Speisen an die Mitglieder des Senats ge⸗ troffen. Diejenigen Senatoren, welche die Aufhebung der Sherman⸗Acte befürworten, sind genöthigt, ihre Anhänger in genügender Zahl zusammen zu halten, um die Beschlußfähig⸗ keit des Hauses zu ermöglichen, während von den Silber⸗ anhängern nur zwei im Senat verbleiben. Gestern Abend dauerte die Sitzung noch fort. Der Senator Allen sprach fünfzehn Stunden lang für die Aufhebung der Sherman⸗ Acte. Ein Amendement zu Gunsten der freien Silberprägung wurde verworfen.
Nach einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Rio de Janeiro wechselten auch ,5 die Forts und die Schiffe der Insurgenten zeitweise Schüsse. Die allgemeine Lage sei unverändert. — In Paris ist aus Rio Grande die Nachricht eingetroffen, daß die Föderirten ihre Gegner bei Quarahy überrascht und 200 derselben getödtet hätten.
Aus Montevideo liegen in Puris Nachrichten vor, wonach auch die Kaufmannschaft die Candidatur des Generals Tajes unterstütze.
Dem „Reuter’'schen Bureau“ wird aus Buenos Aires ge⸗ meldet, in dem ogposs; das der Finanz⸗Minister Terry am Mittwoch dem Congreß vorgelegt habe, werde die der wirthschaftlichen Hilfsquellen des Landes hervorgehoben. Gleich⸗
zeitig habe der Finanz⸗Minister Gesetzentwürfe eingebracht,
wonach die gegenüber dem Rothschild'schen Comité von Romero eingegangenen Verpflichtungen übernommen würden und die Regierung ermächtigt werde, 130 Millionen Obligationen und außerdem Papiergeld bis zu einem bestimmten Betrage zu verbrennen. Das Budget für das Jahr 1894 werde nach den Schätzungen des Ministers infolge von Er⸗ sparungen einen von 4 Millionen Dollars ergeben. Endlich habe der Minister auch die Regelung der Frage hin⸗ ichtlich der für die Eisenbahnen zu le genden Zinsgarantie in ussicht gestellt. — Wie die „Times“ meldet, habe der Finanz⸗ Minister die „Times of Argentina“ benachrichtigt, daß die Gesetzentwürfe die Einlösung der Verpflichtungen bezweckten, die Romero gegenüber den auswärtigen Gläubigern eingegangen sei. Es sei nicht beabsichtigt, eine neue Schuld aufzunehmen, noch auch eine neue Emission zu veranstalten. Eine weitere Aus⸗ gabe von Papiergeld werde verboten und es werde im ordent⸗ lichen Ausgabebudget die jährliche Verbrennung von mindestens 6 Millionen Papiergeld, welche Summe bis zu 12 Millionen erhöht werden dürfe, vorgesehen. Ferner sollen 150 Millionen 4 ½ procentiger, im Besitz der Regierung befindlicher Obli⸗ gationen vernichtet werden. Der Minister glaube, daß der Congreß diese Gesetzentwürfe ohne Amendements annehmen werde. “ “ Afrika. Der Sultan von Marokko ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid, in der Oase Tafilelt am Südabhange des Atlas angekommen.
Nr. 8 des „Ministerialblatts für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) vom 30. September hat folgenden Inhalt: I. Allgemeine Verwaltungssachen. Circeular, betr. das Reglement für die Wahlen zum Abgeordnetenhause. — II. Organi⸗ sationssachen. Staatshaushalt, Etats, Kassen⸗ und Rechnungswesen. Circular, betr. den Nachweis der Stelleninhaber bei den Besoldungs⸗ fonds in den Kassen⸗Etats. — III. Medizinal⸗Angelegenheiten. Cir⸗ cular, betr. Maßnahmen gegen Weiterverbreitung der Cholera. — IV. Verwaltung der Communen, Corporationen und Institute. Ver⸗ fügung, betr. die Nichtfrankirung von Postsendungen seitens der Ge⸗ meinden. — Verfügung, betr. Gemeindesteuern vom Betriebe stehender Gewerbe. — Verfügung, betr. die Kosten der Veröffentlichung der Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben des Viehseuchen⸗Ent⸗ schädigungsfkonds. — V. Polizei⸗Verwaltung. Gendarmerie. Ver⸗ fügung, betr. die Gewährung von Tagegeldern an Gendarmen.
Statistik und Volkswirthschaft.
Industrielle Entwickelung in Rußland.
„Der russische „Regierungsbote“ entnimmt aus Berichten und Ver⸗ öffentlichungen der Ministerialabtheilung für Handel und Gewerbe eine Reihe interessanter Angaben über die Verhältnisse der russischen Fabriken und Werkstätten in den Jahren 1887 und 1890, deren wichtigste Zahlen wir in der folgenden Uebersicht zusammenstellen. Es betrug ” — 8
die
1890 Zunahme
Procent die Zahl der Fabriken und 8 W““ 22 510 5,9 die Zahl der Kleinbetriebe. B 10,2 die Gesammterzeugung (in 1“ 12,8 die Gesammtzahl der Ar⸗ beiter in den größeren Be⸗ “ und zwar der Männer der Frauen der Knaben der Mädchen 8 702 die Gesammtzahl der Ar⸗ beiter in Kleinbetrieben. 106 619 16,3
Fübe ergiebt sich für die dreijährige Zwischenzeit sowohl be⸗
“
852 726 611 886 213 462
18 676
züglich der Zahl der Betriebe und Arbeiter wie hinsichtlich des Werths der Gesammterzeugung eine steigende Entwickelung der russischen Industrie, und zwar haben die Kleinbetriebe eine wesentlich höhere, fast die doppelte Zunahme gegenüber den größeren Unter⸗ nehmungen aufzuweisen. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, daß zur Begründung und Weiterführung der Kleinbetriebe nur geringe Kapitalien erforderlich sind, während die größeren Unternehmungen erhebliche Summen erfordern, die bisweilen schwer zu beschaffen sind. Die Zunahme der männlichen Arbeiter hat mit derjenigen der größeren Betriebe gleichen Schritt gehalten, während die der Frauen und Mädchen beträchtlich größer ist als die der Männer und Knaben.
Auch die Angaben über die Besitzer und Leiter von industriellen Unternehmungen größeren Umfanges entbehren nicht des Interesses. Ihre Zahl belief sich 1887 auf 21 816, wovon 20 060 oder mehr als neun Zehntel Russen und 1756 Fremde waren; von ersteren hatten 5, von letzteren 28 % eine technische Ausbildung genossen. Drei Jahre später betrug die Gesammtzahl der Besitzer und Leiter 23 766, wovon 22 042 Russen und nur 1724 Fremde waren; unter ersteren hatten 5,4 %, unter letzteren 30,5 % eine technische Ausbildung genossen.
“ Zut Arbeiterbewegung.
Unter den ausständigen Kohlengrubenarbeitern Englands macht jetzt die Bewegung zur Wiederaufnahme der Arbeit schnelle Fortschritte. Nach den letzten telegraphischen Mittheilungen beträgt die Zahl der Arbeiter, die zu den alten Lohnsätzen zu ihrer Beschäftigung zurückkehrten, be⸗ reits 52 000. In Birmingham nahm gestern eine Versammlung von Bergarbeitern eine Entschließung an, in der den Bemühungen der Bürgermeister, den Strike beizu⸗ legen, Anerkennung gezollt, zugleich aber auch die Erklärung . wird, daß eine Herabsetzung der Löhne nicht nothwendig und daher unannehmbar sei. — Wie die Londoner „A. C.“ mittheilt, beschlossen die Delegirten der Bergleute Lancashires und Cheshires am ittwoch in Wigan, alle Vergleichs⸗ bedingungen anzunehmen — bis auf die zehnprocentige Lohn⸗ kürzung; überall tragen die Leute den festen Willen zur Schau, ihr Widerstand zu leisten.
Was den Bergarbeiterausstand in Nord⸗Frankreich an⸗ betrifft, so wird der Wiener „Pr.“ vom Mittwoch aus Lens gemeldet, daß sich in den dortigen Arbeiterkreisen eine leichte Neigung für die Wiederaufnahme der Arbeit erkennen lasse. — Aus Paris berichtet ein Wolff'sches Telegramm:
Eine öffentliche Versammlung, die von den aus dem Ausstands⸗ gebiet des Departement du Nord zurückgekehrten socialistischen De⸗ putirten einberufen war, sprach sich, nachdem die Deputirten heftige Reden gegen die Regierung und die Polizei gehalten hatten, für eine Ermuthigung der Ausständigen und für den Erlaß einer Amnestie aus. 1
er Ausstand in Belgien, dessen völlige Beendigung⸗ man gestern erwartete, ist jedenfalls im Erlöschen begriffen.
Aus Charleroi meldet „H. T. B.“ heute, daß unter den Arbeitern Foßt Erbitterung Pegen die Anstifter des Ausstands herrsche; fast üͤberall ist die Arbeit wieder aufgenommen.
In München fand vorgestern eine socialdemokratische Versammlung statt, in welcher, wie die M. „N. N.“ berichten, der socialdemokratische v von Vollmar über den am 22. Oktober in Köln stattfindenden Parteitag sprach, den er als einen Geschäftsparteitag bezeichnete, da roße Gesichtspunkte auf der Tagesordnung nicht vorhanden seien. Die drei wesentlichsten Dinge, die dort zur Sprache kämen, seien: 1) Die Agitation auf dem Lande, 2) die Presse und 3) die Maifeier. Was den letzten 12586 so gestand der Redner ein, daß sich die deutsche Socialdemokratie 10 den Versuch, die Arbeitsruhe am 1. Mai zu erzwingen, eine Niederlage zugezogen habe. Es sei daher dem Beschluß des Züricher Congresses die ö zu versagen, da es vorläufig nicht möglich sei, in Deutschland die Arbeitsruhe am 1. Mai durchzuführen.
Aus Wien berichtet die „Presse“, 8. am Mittwoch etwa 500 ausständige Gerber nach der Lederfabrik von S. Flesch u. Comp. in Unter⸗St. Veit kamen, um die dort noch beschäftigten Hilfsarbeiter zum Ausstande zu bewegen. Hierauf stellten 60 Hilfs⸗ arbeiter die Arbeit ein. In der Gerberei von S. Moritz und Sohn weigerten sich die Arbeiter, sich dem Ausstande anzuschließen. In den Gerbereien von Johann Kümmerle und Josef Schmid in Ober⸗St. Veit stellten die Arbeiter die Thätigkeit ein.
Aus Marseille wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben, daß ein dort vor wenigen Tagen ausgebrochener Ausstand der Schaffner und Kutscher der Pferdebahnen durch Vermittelung des Präfecten und des Bürgermeisters beigelegt worden ist. Die Ausständigen haben eine Lohnzulage von täglich 10 Centimes für alle Angestellten, Ver⸗ ringerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden und Feststellung von monatlich zwei Urlaubstagen durchgesetzt. Außerdem treten nach einem Jahre Dienstzeit die als Beihilfe verwandten Kutscher in die Rechte der gewöhnlichen Angestellten ein.
1“
AKAuüunst und Wissenschaft. 8
† Ein zweites Pompeji in Griechenland. Vor etwa acht Tagen lief durch die meisten deutschen Zeitungen die sensationelle Nachricht, daß in Griechenland in dem bei Laurion gelegenen Orte Thorikos eine wohlerhaltene alte Stadt, ein zweites Pompeji, entdeckt worden sei. Von den Archäologen wurde die Nachricht mit Freude begrüßt und von Fäßchen Zeitungen zum Gegenstande längerer Artikel emacht.
8 Leider enthält sie aber kaum ein wahres Wort, sondern ist von einem leichtfertigen griechischen Zeitungscorrespondenten hergestellt und von einem anderen in ebenso leichtfertiger Weise nach Europa und Amerika telegraphirt worden. Zunächst handelt es sich garnicht um Thorikos, sondern um einen süd⸗ lich von Laurion gelegenen antiken Ort; ferner sind die Ruinen nicht erst jetzt entdeckt oder ausgegraben worden, sondern waren schon seit einigen Jahren bekannt; und schließlich ist der Erhaltungszustand der sichtbaren Bauwerke nicht besser als an hundert anderen Ruinenstätten Griechenlands. Vor mehreren Jahren ließ die griechische Bergwerksgesellschaft in Laurion einige Erdarbeiten nordöstlich von Sunion vor⸗ nehmen und deckte dabei einige alte Mauern auf, über welche damals in athenischen Zeitungen berichtet wurde. Später in Vergessenheit gerathen, wurden die Ruinen vor zwei Jahren von einem russischen Archäologen, Herrn Dr. Loeper, wieder bemerkt und für die Reste des alten 85 Demos Potamos erklärt. In einer Sitzung des deutschen archäologischen Instituts in Athen hielt dieser Gelehrte einen Vortrag über seine Studien in Betreff der Demen Attikas und erwähnte dabei auch die Ruinen von Potamos. Versuchs⸗ grabungen, welche auf Herrn Loeper’s Anregung hin die griechische General⸗Ephorie der Alterthümer vor kurzem ver⸗ anstaltet hat, haben sich bisher in sehr bescheidenen Grenzen gehalten und zu keinen wesentlichen neuen Ergebnissen geführt.
Ein Correspondent der griechischen Zeitung „Asty“, welcher erst vor einigen Tagen Kenntniß von jenen Ruinen erhielt, machte daraus nach einer bei den griechischen Zeitungen üblichen Weise einen sensationellen Artikel über ein neu⸗ gefundenes zweites Pompeji. Die im „Asty“ vom 28. Sep⸗ tember enthaltene Nachricht wurde noch an demselben Tage als wichtige Neuigkeit nach Europa telegraphirt und fand so ihren Weg in die deutschen Zeitun gen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln. G
Oesterreich⸗Ungarn. b Wie die Seebehörde zu Triest, so hat auch die ungarische See⸗
behörde zu Fiume gegen Provenienzen aus Rumänien die Anwendung
der Bestimmungen der Dresdner Sanitätsconvention angeordnet. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 241 vom 7. Oktober und Nr. 237 vom
3. Oktober.) Griechenland. 8 1
Die für Herkünfte aus den französischen Mittelmeerhäfen zwischen Ventimiglia und Perpignan angeordnet gewesene zehntägige Quarantäne ist seit dem 27. v. M. in eine solche von fünf Tagen umgewandelt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 174 vom 24. Juli.
Die seit dem 24. v. M. aus Algier abgefahrenen Schiffe unter⸗ liegen einer fünftägigen Beobachtungsquarantäne. 1 Schiffe aus den msilchen Hull und Grimsby haben sich einer strengen ärztlichen Unters n. — 99 zu unterziehen.
alta.
Wie für Schiffe aus den Nordseehäfen Deutschlands, so ist auch durch Verfügung der Localbehörde in Malta vom 3. d. M. die unter dem 24. August bezw. 7. v. M. angeordnete 21 tägige Quarantäne in eine solche von 15 Tagen (vom Beginn der Reise ab gerechnet) für Herkünfte aus folgenden Orten und Ländern umgewandelt worden: Belgien, Holland, Frankreich, Italien, Oesterreich⸗Ungarn, die am Schwarzen Meer belegenen Häfen der europäischen Türkei, Rumänien, russische Häfen am Schwarzen und Asowschen Meer, Häfen an den Dardanellen, am Marmara⸗Meer und Bosporus, Smyrna, Chios, Tschesmà, Tripolitanien, Tunis und Algier. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 210 vom 1. September, 227 vom 21. September und Nr. 241 vom 7. Oktoder. 6““
Cholera. 6 8 Stettin, 13. Oktober. Laut Belanntmacfnng der hiesigen Polizeiverwaltung sind hier weitere sieben Cholerafälle vorgekommen,
von denen zwei tödtlich verlaufen sind. Aus Grabow werden westalls zwei weitere Erkrankungen gemeldet, von denen eine tödtlich erlief. Kiel, 12. Oktober. Der Gothenburger Hömgfer „Hjalmar“ eergl. Nr. 241 und 242 d. Bl.) ist, laut Meldung des „W. T. B.“, eute aus der Quarantänestation EiaeAlda. worden und setzt die Reise nach Hadersleben fort. Zwei Cholerakranke von der Besatzung sind in der Station zurückgeblieben. Hamk gurg. 12. Oktober. — emeinen Krankenhauses ist, wie „W. T. B.“ meldet, ein holera erkrankt. . „Rom, 12. Oktober. Bericht des „W. T. B.,
In der C All⸗ ärter an
In den letzten 24 Stunden sind, nach dem in Palermo 14 Personen an Cholera erkrankt und 11 gestorben; in Patti⸗Marina sind seit dem 0. d. M. 3 Personen erkrankt und 3 gestorben. Außerdem erkrankte an Bord eincs daselbst ankernden englischen Packetboots ein Matrose.
Handel und Gewerbe
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks 2 an der Ruhr und in Oberschlesien. n der Ruhr sind am 12. d. M. gestellt 10 932, nicht rechtzeiti “ n er esien sind am 11. d. M. gestellt 3974, nicht t⸗ zeitig gestellt 547 Wagen. .“ 888
Antwerpener Getreidehandel. 8
Die Vorräthe an Getreide betrugen Ende September in Ant⸗ werpen nach angestellten Schätzungen in: 8 Roggen. 11ee“ 1jA14XX“”“ Z 1 7 ½ 4
2 ½ b
Der Import nach Antwerpen auf dem Fluß⸗ und Seewege stellte sich in dem Zeitraum von Ende August bis Ende September in Roggen auf 111 000 kg, davon aus 8 8 Rumänien u111“ Argentinien 19999 „ 1.Ses 1 000 „ Weizen auf 101 ¾ Mill. Kilogramm, davon aus Vereinigte Staaten von Amerika 40 ¼ Mill. Kilogramm Argentinien A““ Rumänien . Brasilien Ostindien Rußland Bulgarien . Egypten . . Frankreich.
J.e—e I “ ngland
8. 81 2 X u 2 . u u
eFoec*
Deutschland “ Dänemark Gerste auf 18 Mill. Kilogramm, davon aus Rußland. . . . . . . . 14 ½ Mill. Kilogram “” 2 X“X“ 8 ö*“ * C16*“ 1 Hafer, Mais und Buchweizen auf 17 Mill. Kilogramm (darunter etwa 10 ½ Mill. Kilogramm Mais), davon aus “ Evvvee ö111313151 Vereinigte Staaten von Amerika Canada AX“ Bulgarien. Deutschland olland chweden
Argentinien Kartoffeln auf 285 000 kg aus Holland.
Erxportirt wurden von Antwerpen auf dem Fluß⸗ und Seewege in ber feltern Zeitraum: Roggen 19010 Mill. Kilogramm, davon nach 3
“ 14X4*X*“ Deutchhhd 14*
Weizen 20 ¾ Mill. Kilogramm, davon nach Deutschland. Eböbn. Kilogram Holland . .5 3 u1116“*“ h.
Gerste 4 ½ Mill. Kilogramm, davon na NVMo11111A“*“ ill. Kilogr⸗ “ 5 8
Hafer, Mais und Buchweizen 4 ½ Mill. Kilogramm, davon nach Deutschland . . . . .2 Miil. Kilogramm 1“ 8
Kartoffeln 13 000 kg, zum größten Theil nach Chile.
Anmerkung. In obigen Angaben für den Im⸗ und Export
ü die auf der Eisenbahn beförderten Getreidemengen nicht ein⸗
egriffen, wobei zu bemerken ist, daß letztere, insbesondere für den Export, nicht unbeträchtlich sind. 18 9
— Aus Frankfurt a. M. wird telegraphisch gemeldet, daß die dor gge Stadtverordneten⸗Versammlung mit 27 gegen, 22 Stimmen die Vergebung des Baues und Betriebes des städtischen Elek⸗ triceitätswerkes an die Firma Brown, Boveri u. Cie. in Baden in der Schweiz für 2 010 000 ℳ Penehmigt hat.
Magdeburg, 12. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 % —, neue 14,60, Kornzucker excl., 88 % Rendement 13,70, neue 13,85, Nachproducte excl., 75 % Rendement —. Stetig. Brotraffinade I. —, Brotraffinade II. —. Gem. Raffinade mit Faß 28,25. Gem. Melis I. mit Faß 26,50. Ruhig. Rohzucker. I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Ok⸗ tober 13,70 bez., 13,75 Br., pr. November 13,52 ½ Gd., 13,55 Br., pr. Dezember 13,62 ½ bez., 13,65 Br., pr. Januar⸗März 13,75 bez.,
13,80 Br. Ruhig.
Leipzig, 12. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per Oktober 3,45 ℳ, per November 3,45 ℳ, per Dezember 3,47 ½ ℳ, per Januar 3,52 ½ ℳ, per Februar 3,55 ℳ, per März 3,57 ½ ℳ, per April 3,57 ½ ℳ, per Mai 3,60, per Juni 3,65, per Juli 3,65, per August 3,65, per September 3,65. Umsatz 20 000 kg. 88
Bremen, 12. Oktober. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffinirtes Petroleum. (Officielle Notirung der Bremer Hee tnrfe. Faßollfre⸗ Fest. Loco 4,40 Br. —
aumwolle. Anziehend. Upland middling, loco 44 ₰, Upland Basis middling, nichts unter low middling, auf Termin⸗Lieferung, pr. Oktober 43 ½ ₰, pr. November 43 ½ ₰, pr. Dezember 43 ½ ₰, pr. Januar 43 ¾ ₰, per Februar 44 ₰, pr. März 44½ . —
chmalz. Ruhig. Shafer 50 ½ ₰, Wilcox 48 ½ ₰, Choice Grocery 49 ½ ₰ Armour hield 48 ½ ₰, Cudahy 49 ½ ₰, Rohe & Brother (pure) 49 ₰ Fairbanks 41 ½ 36. — Speck. Ruhig. Short clear middl. Dezember⸗Januar⸗Abladung 43. — Wolle. Umsatz: 628 Ballen. — Taback. Umsatz: 200 Packen China, 133 Packen Paraguay, 1333 Packen St. Felix. 1b
“ 12. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten. 8.
96 % Javazucker loco 17 ¼ träge, Rüben⸗Rohzucker loco 13 ¾ fest. — Chile⸗Kupfer 41 , pr. 3 Monat 42 ½.
Liverpool, 12. Oktober. (W. T. B.) (Officielle Notirungen.) American good ordin. 4 ⅛, do. low middling 4 ¼, do. middling 4 ⅝, do. good middling 4 ¼, do. middling fair 5 ½¼16, Pernam fair 4 8⅜, do. good fair 5, Ceara fair 4 ⅜, do. good fair 413/16, Egyptian brown fair C 99 do. do. good fair 5 ⅞, do. do. good 5 ½, Peru rough good fair 6, do. do. good 6 ½, do. do. fine 6 6, do. moder. rough fair 4 ¾, do. do. good fair 5 ½, do. do. good 5 ½, do. smooth fair 4 ⅛, do. do. good 8. 4 %¼, M. G. Broach good 4 ⁄6, do. fine 4 8⁄16, Dhollerah good 31516, do. fully good 4 16, do. fine 4 ½, Oomra good 4, do. fully good 4 ½, do. fine 4 ⁄16, Secinde good 3 ⅜, Bengal fulld good 4 ⁄1;6, do. fine 4;.
Bradford, 12. Oktober. (W. T. B.) Wolle fest aber ruhig, Garne ruhig. In Stoffen einige Nachfrage für Amerika.
St. A 12. Oktober. (W. T. B.) Producten⸗ markt. Talg loco 58,00, Weizen loco 10, Roggen loco 6,75. Hafer loco 4,30. Hanf loco 44,50. Leinsaat loco 14,00. Trübe.
Bern, 12. Oktober. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Jura⸗Simplon⸗Bahn genehmigte die von der Direction bezüg⸗
lich der Durchbohrung des Simplon gethanen Schritte und erhob ihre Anträge zum Beschluß. Ferner wurde die Direction zum wei⸗ teren Abschluß und zur Ausführung des Vertrags über den Simplon Durchstich sowie zum Vorgehen wegen der Erneuerung der End dieses Jahres ablaufenden Concession ermächtigt. Auch die S Geschäfte, darunter die Creditbewilligung für die Vermehrung de Personenwagenparkz und für die Vergrößerung der Bahnhöfe von Gilly, Rolle und Perroy sowie der Vertrag über den Betrieb de ,3 Z“ Croix, wurden nach den Anträgen der Directio erledigt.
Amsterdam, 12. Oktober. (W. T. B.) Java⸗Kaffee gord ordinary 52. — Bancazinn 53. 8
„Washington, 12. Oktober. (W. T. B.) Die Goldreserv nimmt noch weiter ab; sie war gestern niedriger als jemals; de gegenwärtige Betrag beläuft sich auf 86 899 008 Doll., d. i. emne Ver minderung um 6 ½ Millionen Dollars seit dem 1. Oktober. „New⸗York, 12. Oktober. (W. T. B.) Die Börse er öffnete träge, später wurde die Haltung unxegelmäßig und der Schlu war recht lustlos. Der Umsatz der Actien betrug 182 000 Stü⸗ Der Silbervorrath wird auf 175 000 Unzen geschätzt. Silber verkäufe fanden nicht statt. Die Silberankäufe für den Staats schatz betrugen 41 000 Unzen zu 73,65.
Weizen eröffnete träge und fallend, dann Reaction au Deckungen seitens der Platzspeculanten, später wieder fallend au Verkäuse der Haussiers, Zunahme der Ankünfte im Innern und
ünstiges Wetter. Schluß schwach. — Mais fest auf Abnahme de Merha te Deckungen der Baissiers und Berichte von ungünstigem
etter.
Chicago, 12. Oktober. (W. T. B.) Weizen schwächte sich nach Eröffnung etwas ab auf das Gerücht, daß der Senat sich ver tagt habe, ohne einen Beschluß zu fassen, stieg jedoch später au Käufe seitens großer Speculanten. Schluß stetig. — Mais im allge meinen fest während des ganzen Tages.
1u“ 8
Verkehrs⸗Anstalten.
Der Postdampfer „Rotterdam“ der Niederländisch Amerikanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 10. d. M. in New⸗York angekommen.
Hamburg, 12. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri kanische Passetfehgt 66868 Der Schnell dampfer „Augusta Victoria“ hat heute Vormittag Scilly passirt. Der Postdampfer „Moravia“ ist heute Vormittag in New⸗York eingetroffen.
London, 12. Oktober. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Athenian“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown ab gegangen. Der Union⸗Dampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise gestern von Madeira abgegangen.
Theater und Mufik.
Deunts
Die erste Aufführung des „Man sagt“ von Victo Léon und Heinrich von Waldberg am gestrigen Abend fand be den Zuschauern eine recht beifällige Aufnahme, die den Verfassern er laubte, nach jedem Actschluß vor der Gardine zu erscheinen. Da Lustspiel ist auf einem lobenswerthen Fundament aufgebaut; es soll die Hinfälligkeit der übeln Nachrede darthun, die in der Gesellschaf einer dem anderen vertraulich mit den Eingangsworten „Man sagt“ vielleicht noch durch versteckte Andeutungen unterstützt, zuzuflüstern pflegt. Das ist ein Stoff, aus dem Dramen wie Echegaray „Galeotto“ eschnitten werden. In dem neuen Lustspie erfährt der reiche Banquier Bender, der um des anzüglichen „M sagt“ willen seinem ältesten Sohne die Ehe mit der schönen, tugend haften Schauspielerin Adele Linden nicht gestatten will, an sich selbst die Grundlosigkeit und Bösartigkeit des Fabulirens mit „man sagt und giebt, nachdem man ihm im Gerede der Leute die Roll eines Königs Philipp und seinem Sohne die des Don Carlos zuertheilt hat, endlich seinen vpäterlichen Segen zu dem ge⸗ planten Ehebunde. Die Verfasser führen noch ein zweites tragisches Motiv, das lebhaft an bekannte Vorbilder erinnert in die Handlung ein: eine Unterredung nämlich des alten Bender mi Adele Linden, in der der Vater an den Edelmuth Adelen'’s appellirt um seinen Sohn aus ihren Fesseln zu befreien. Die Verfasser machen sich die Lösung der Aufgabe dieser Unterredung leichter als Alexandre Dumas in seiner „Cameliendame“, denn die junge Künstlerin giebt im Bewußtsein ihrer Reinheit stolz und edelmüthig und mit rühren der Leichtigkeit die Ansprüche an den Banquierssohn auf, um nich ihren zu Unrecht befleckten Namen auf Kosten des Namens Be⸗ wieder klar und rein zu machen. Alle ernsten Conflict werden von den Verfassern in liebenswürdiger Harmlosigkeit mit einigen oberflächlichen Redewendungen abgethan; es wäre darum besser gewesen, die Verfasser hätten jeglichen tragischen Anflug ver mieden. Viel besser steht ihnen der Schalk zu Gesicht; die Scherz des Stücks weckten denn auch freundlichen Widerhall in den Herzen der Hörer. Das Lustspiel bietet nirgends etwas Neues, weder in der Erfindung der Personen noch der Situationen; liebe, alte, bekannte Gesichter aus den Moser⸗, Schönthan⸗ und Kadelburgschwänken tauchen überall auf: der gutmüthige Pantoffelheld, den sein ehrgeiziges Weib durchaus zu einem berühmten Mann machen will, der junse Krieger in der Gestalt eines Einjährigen, der von seiner liebevollen Mama über die Qualen des Soldatenlebens ge⸗ tröstet wird, der schnippische Backfisch, der unter der verständigen Zu⸗ rede eines hübschen Hauptmanns gefühlvoll wird, der alte anhängliche Diener, der gequälten Herzens seine Gänge besorgt, weil seine Herr⸗ schaft nicht gemeinsam gefrühstückt hat, alle diese Gestalten, etwas aufgefrisct — es ist im Anfange des Stücks sogar von Naturalismus die Rede —, etwas verändert in ihrer Stellung zu einander, führen den Reigen und finden bei dem gutwilligen Publikum Anklang, denn es lachte aus vollem Herzen und klatschte wacker Beifall. Einen bemerkenswerthen literarischen oder künstlerischen Werth besitzt dieses ungereimte Doppelwesen von Tragik und Komik nicht, aber es erheitert, und das genügt für einen harmlosen Theaterabend.
Die lustigen Seiten des Stücks erlangten ihren Glanz und ihre drastische Wirkung die vorzügliche Darstellung. Herr Engels war als Mann seiner ehrgeizigen besseren Hälfte von liebenswürdiger Bonhommie; sein gutmüthices Lächeln, wenn er seinen feschen blonden Schnurrbart drehte, seine fröhlich blinkenden und zwinkernden Augen verbreiteten, abgelöst von allem Beiwerk, schon Heiterkeit und Froh⸗ sinn. Herr Senius gab den in dem ersten Stadium der Ent⸗ wickelung begriffenen Helden, den unartigen großen Bruder und naiven Jungen mit derbem Humor. Fräulein Seenn Meyer spielte die junge Frau, die auf ihren Gatten durchaus stolz sein will, mit Anmuth und Wärme. In einer kleinen Rolle that sich Herr Retty hervor als ein Mann, der nicht zu denken braucht, weil er Geld hat. Das bekannte harmlose Liebesvaar mußten Frau Petri und Ferr Nissen darstellen und die tragischen Accente, die sich dem Stücke durchaus nicht einfügen wollten, wurden von Herrn Sommer⸗ storff und Frau Geßner mit Geschmack zur Geltung gebracht.
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8 Foneerktet. Der Cellovirtuos Herr Anton Hekking, ehemaliges Mitglied des philharmonischen Orchesters, erschien gestern in der Phil⸗ harmonie nach längeren Kunstreisen wieder zum ersten Mal vor dem hiesigen Pu likum. Mit breitem, edlen Ton verbindet er eine unfehlbare Beherrschung aller Schwierigkeiten und eine tief eingehende Vortragsweise, die in dem A-moll⸗Concert von Saint⸗Sazns, sowie in Concertsätzen von Lalo und Goltermann vortrefflich zur Galtung kam. Auch als Componist einer Polonaise für Cello mit Orchester bethätigte er eine entschiedene Begabung. Das Orchester führte umter Professor Mannstädt's Leitung noch einige beliebte Mufikstücke autz.
m Tage fand im Saal Bechstein ein Lieder⸗Abend der Altistin Fr ulein Rosa Kahlig aus Wien statt. Mit sehr