1893 / 283 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

bringenden Weinsteuer reichen, ungeachtet der nach den betreffenden Annahme durch den Reichstag zu erwarten⸗ den Mehreinnahmen, doch bei weitem nicht aus, dem Reich auch nur annähernd das erforderliche Mehr an Mitteln zuzuführen.

Es hat sich deshalb hierzu noch eine wesentlich stärkere Heran⸗ ziehung des Tabacks als nothwendig ergeben. Durch die jetzige, in den Zöͤllen auf aus dem Auslande eingeführte Rohtabacke und Taback⸗ fabrikate und in der Steuer auf im Inlande erbauten Taback be⸗ stehende Besteuerung nach dem Gewicht wird dieses Object noch keineswegs in solcher Weise steuerlich ausgenutzt, wie dies an sich wohl geschehen kann und in der Mehrzahl der europäischen Stasten sowie in den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika, theils im Wege des Monopols, theils im Wege der Fabrikatsteuer, theils auf anderem Wege Eine Vermehrung der Einnahmen des Reichs aus dem Taback liegt daher nahe, und theoretisch betrachtet stehen einer solchen Maßregel um so weniger Bedenken entgegen, als sie nicht nothwendige Lebensbedürfnisse, sondern einen Luxusartikel trifft, welcher sich zwar bei einem großen Theile der Bevölkerung einer be⸗ sonderen Beliebtheit erfreut und als gewöhnliches Genußmittel ein⸗ gebürgert, dadurch aber immer nicht seinen Charakter als Luxus⸗ Für die Vermehrung der Einnahmen aus - Verhältnisse

sten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird die vom Reichs⸗ Eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ deutscher Eisenhahnen für den Monat Oktober d. J., auf welche vorgestern an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist, veröffentlicht.

Entwürfen im Falle der

triebs⸗Ergebnisse

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächsische Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Groß ist hier angekommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus ist von Berlin abgereist.

ch und Königlich österreichisch⸗ungarische Bot⸗ schafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe von Szögyény⸗ Marich ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

thatsächlich geschieht.

Der Kaiserli

genußmittel verloren hat. dem Taback

der jetzigen Gewichtssteuer, des Mo d der Fabrik steuer dar. Durch Erhöhung der Gewichtssteuer lassen sich erhebliche 1— Mit Recht wird schon der jetzigen

wesentlichen

reuzer „Bussard“, chtenhöfer, ist am 25. 2 (auf Neu⸗Seeland) angekommen.

Mehreinnahmen nicht erzielen. Gewichtssteuer der Vorwurf gemacht, daß bei ihr Taback und fabrikate von dem verschiedensten Werthe nach gleichen Sätzen ge⸗

und an sich Verhältnisse als die geringwerthigeren.

Capitän Fli

werthvolleren 3 2 ihrem Werthe

Besteuerung Mit jeder

niedriger besteuert werden, Erhöhung der . gründete Ungleichheit in der steuerlichen Belastung nur steigern. Von einer erheblichen Erhöhung, wie sie zur Erreichung eines Mehrertrages nothwendig schon aus diesem Grunde nicht die Rede sein. Dazu kommen aber noch die Rücksicht auf den G einem solchen Vorgehen schwer geschädigt, nach Befinden sogar zum Auf das Monopol war, abgesehen von anderen der Einführung desselben entgegenstehenden Bedenken, schon aus dem Grunde nicht zurückzukommen, weil dasselbe keinerlei auf Annahme abrikatsteuer übrig, mit deren Hilfe es an sich möglich ist, wesentlich höhere Mehreinnahmen zu erzielen. die empfindlichen Wirkungen der Einführun weitverzweigte heimische Tabacksindustrie nicht verkannt hat und es deshalb lieber gesehen hätte, wenn die Mehrbedürfnisse des Reichs Zege hätten befriedigt werden können, so mußte sie unter den obwaltenden auftretenden Nothwendigkeit fügen, obliegenden Rücksicht auf das vereinbaren können, ihrerseits die

betreffenden Ddie Dauer der Sitzungen des gegenwärtig versammelten Landtags ist durch eine Verordnung’ Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten bis zum 31. Januar des nächsten Jahres verlängert worden.

Sachsen.

In der Sitzung der Zweiten Kammer om nahm bei der allgemeinen Vorberathung des Staatshaus⸗ halts und des Finanzgesetzes für die Jahre 1894 und 1895 der Finanz⸗Minister von Thümmel das Wort zu einem allgemeinen Exposé, worin er sich über die neuen Reichssteuern wie folgt äußerte:

Bei der Auswahl unter den sich bietenden verschiedenen Wegen für Beschaffung der erforderlichen Mittel zur Durchführung der in Aussicht genommenen Reichs⸗Finanzreform erschien die Beschreitung des Gebietes der directen Steuern theils aus politischen, theils aus praktischen Gründen ausgeschlossen. t b erheblichen Schwierigkeiten, welche unter den innerhalb des Reichs obwaltenden verschiedenen Verhältnissen der bei einer directen Steuer unerläßlichen Einheitlichkeit der Veranlagung entgegenstehen, würde damit das Reich in dasjenige Gebiet der Besteuerung übergreifen, auf welches jetzt die Einzelstaaten in der großen Hauptsache allein ange⸗ wiesen sind und an dessen ausschließlicher Benutzung sie ein besonderes Eine Concurrenz des Reichs auf diesem Gebiete würde es zudem den Einzelstaaten für die Zukunft unmöglich machen, ihr System der directen Steuern für ihre eigenen Zwecke ihren Be⸗ dürfnissen und den besonderen Landesverhältnissen entsprechend zu ordnen. Aus gleichen Gründen mußte die Erbschaftssteuer außer Betracht gelassen werden, zumal es auch an der für sie nothwendigen einheitlichen 1 Reich fehlt. Es blieb daher für die Beschaffung der Mittel für die Mehrbedürfnisse des Reichs nur das Gebiet der indirecten Steuern übrig. Nachdem eine höhere Heranziehung des Branntweins und des Biers, welches letztere an sich das geeignetste Object zur Erzielung höherer Einnahmen in großem Umfange für das Reich sein würde, gänge im Sommer dieses Jahres ver⸗ chlossen worden war, konnte das Augenmerk nur auf die Erhöhung der Reichs⸗Stempelabgaben beziehentlich der Börsensteuer, auf die Ein⸗ führung einiger neuen Stempelabgaben und einer als Ergänzung der bestehenden Getränksteuern zu betrachtenden Reichs⸗Weinsteuer, sowie auf die stärkere Heranziehung des Tabacks gerichtet werden. 1

In erster Linie war auf eine wesentliche Erhöhung der Börsen⸗ steuer zurückzukommen. Von der beliebigen Ausdehnbarkeit dieser Steuer macht man sich vielfach eine irrthümliche Vorstellung. Es wird dabei auch oft übersehen, daß die Steuer im Schlußeffect nicht von der Börse üund den dabei unmittelbar Betheiligten, sondern von dem Publikum Daß die Börsensteuer, Kauf⸗ und Anschaffungsgeschäfte be⸗ sondern auch die Be⸗

wesentlichen sein würde,

inländischen

8 Erliegen gebracht werden würde. Donnerstag blieb daher

Wenn nun auch die Regierung derselben für unsere

anderem W Verhältnissen gebieterisch und sie würde es allgemeine Wohl Zustimmung zu dem auf Einführung der Fabrikatstener gerichteten Vorschlag zu versagen. Nach Lage der Sache konnte sie ihre Aufgabe nur darin erkennen, bei der Gestaltung rerseits nach Kräften dazu beizutragen, daß dieselbe eine die betheiligten Interessenten thunlichst wenig schä⸗ as in dieser Hinsicht geschehen konnte, der Ueberzeugung der Regierung ist in dem von dem Bundesrathe angenommenen Entwurfe, namentlich auch unter gebührender Rücksichtnahme auf den Fortbestand der Klein⸗ betriebe und der Hausarbeit, die Fabrikatsteuer für alle betheiligten schonenden Weise es bei einer derartigen Steuer überhaupt möglich ist. Entwurf auf der Basis einer reinen Werthsteuer in der Weise auf⸗ gebaut ist, daß die Steuer nach bestimmten Procentsätzen des Facturen⸗ werthes der Fabrikate bei deren A wird, so entspricht auch diese neu übrigens die bisherige Steuer auf in Wegfall kommen und der Zoll auf Rohtaback um den Betrag der t werden soll, weit mehr als die Gewichtssteuer Berechtigkeit und Billigkeit, insofern durch sie eine geboten wird, daß die Tabackfabrikate je nach ihrem rthe verschieden hoch durch die Steuer belastet werden.

Denn ganz abgesehen von den nicht haben

der Vorlage mitzuwirken und ih

digende Gestalt erlangte.

Interesse haben. ist geschehen und nach

usgang aus der Fabrik erhoben e Steuer, mit deren Einführung den im Inlande erzeugten Taback

Inlandsteuer ermäßi den Principien der Gewähr dafür

infolge der bekannten Vor

Die gesammten Ausgaben, ordentliche wie außerordent⸗ nächsten Jahre auf 128 356 251 veranschlagt, denen ordentliche und außerordentliche Ein⸗ nahmen von im ganzen 118 737 6 sodaß nach dem Budget die zurückbleiben, ordentliche Voranschlag der Ausgaben von 120 773 208 und einem der Einnahmen von 117 289 6 mit einem Mehr der Ausgaben 3 600 für beide Jahre ode schnittlich für ein Jahr. beträgt der „Badischen Correspondenz“ zuf 100 Einkommensteuer⸗Anschlag unter Hierdurch wird d von 2 ½ wiederhergestellt.

liche, sind für die beiden.

89 gegenüberstehen, Einnahmen hinter den Aus⸗ Sund zwar um 9618 562 insbesondere

u tragen ist. der Besteuerung tehende Börsensteuer im k e teuerung der Werthpapiere eine wesentliche Erhöhung verträgt, ist on den Regierungen der Bundesstaaten Es ist daher in dem Entwurf, ⸗Stempelabgaben bezieht, hinsichtlich der Kauf⸗ nschaffungsgeschäfte, sowie der inländischen Werthpapiere durch⸗ gängig die Verdoppelung und hinsichtlich der ausländischen Werth⸗ papiere sogar die Verdreifachung der jetzigen Sätze in Aussicht ge⸗ nommen. Außerdem enthält der Entwurf e der Steuer auf Lotterieloose und die Einfüh Checks und Giroanweisungen. sich erwiesen, den vielfach geäußerten und an si rechtigt anzuerkennenden Wünschen Differenzgeschäfte

Unterscheidung

andig Voranschlag 99 60 welcher sich gegen die Einnahmen von r von 1 741 800 durch⸗ Die angekündigte Steuererhöhung olge 50 auf Ausschluß der Ein⸗ f Steuersatz

Neuregelung der Reich

ine wesentliche Erhöhung rung einer Stempelabgabe Als unthunlich hat ch als durchaus be⸗ entsprechen,

3 er frühere auf Quittungen, 1

Die Feier des Geburtstags Seiner Königlichen Hoheit

Lieferung gerichtet sind, Ztg.“ berichtet

des Großherzogs wurde, wie die „Darmst. Darmstadt durch einen großen Zapfen⸗ Am Sonnabend früh fand große Reveille in den Kirchen Festgottesdienste ße Parole⸗Ausgabe und am Abend

Die öffentlichen

am Freitag Abend in streich eingeleitet. Vormittags wurden abgehalten, später war gro tvorstellung im Theater. ivatgebäude trugen reichen Festschmuck.

Oldenburg. (H) Der von der Staats auf der Grundlage eines neuen, des Erneuerungsfonds der Eisenbahnverwalt 1894 einzuführenden Buchungsplans au der Eisenbahn⸗Betriebskas r die nächste Finanz für 1894 mit 6 812 und für 1896 mit 68765 gaben begriffenen Betriebsüberschüssen abgeführt werden: an die Staats an den Eisenbahn⸗Baufonds 76 365 pro 1895, 141 250 pro 1896.

Reuß ä. L.

+ Seine Durchlaucht der F einer Einladung des Prinzen

m Aufenthalt nach der Herrscha

gekommene nicht zu wirklicher arkeit der Controlen Auch gegen die von ver⸗ Emissionssteuer ägung wesentliche Bedenken ergeben. in Frage kommenden, ländischen Emissionsstellen begebenen Werthpap welche für dieselben die Wirkung einer Einführung

Weg der Erhebung einer Nachsteuer für die Lieferung führenden Zeitgeschäfte der Undurchführb halber sich als nicht gangbar erweist. schiedenen Seiten vorgeschlagene Einführung einer und zahlreiche haben sich bei eingehender Erw 8 1 iere von der Reichs⸗ Stempelsteuer regierung dem Landtag vor⸗ infolge Aufhebung ung am 1. Januar fgestellte Voranschlag se des Herzogthums Olden⸗ Einnahme und

unter Beibehaltung abgabe zu einer Doppelbesteuerung führen, einfacher und leichter durch die Erhöhung der be⸗ stehenden Tarifsätze erreichen läßt. Dieser Vorschlag gewährt noch den nicht zu unterschätzenden Vortheil,

während der verfolgte Zweck sich viel

daß dadurch auch diejenigen rthpapiere in gleichem Maße getroffen werden, welche Emissionsstelle, deutschen Markt Emissionssteuer Hierzu kommt noch,

Reichskasse Emissionssteuer aber sich haben würde, daß sie die soliden fremdländischen Werthe halten, das Eindringen der fragwürdigen Papiete otirungssteuer für die an der Börse zur Curs⸗ notirung zugelassenen Effecten, welche als Ersatz für eine Emissions⸗ 1 ist in Erwägung gezogen worden. daß die nothwendige Vorauss

periode balancirt in 3370 ℳ, für 1895 mit 6 843 740 20 Von den unter den Aus⸗ sollen nach der Vorlage asse jährlich 1 185 000 ℳ, pro 1894, 62 825

ausländischen We nicht durch eine des Verkehrs

im Wege

eine Emissionssteuer

aber nicht hindern

ürst hat sih am Settneesd, steuer an sich geeignet sein würde, afhe tleistende zuü Man hat sich aber sagen müssen, 3

einer solchen Steuer das Bestehen einheitlicher fester auf grsehlicher Grundlage bildet, woran

Börsenordnungen es zur Zeit in Deutschland

soll im wesentlichen die besseren Weine und

Die Weinsteuer Sie stellt sich danach

zwar nach dem Werthe t steuerung eines dem Genusse der besser situirten Klassen der Bevölke⸗ rung dienenden Getränkes dar und erscheint gegenüber der Besteue⸗ rung des Biers und des Branntw

als die Be⸗ Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin empfing, wie „W. T. B.“ stlichen Nuntius Agliardi, den eng⸗ on mit Gemahlin, den spanischen

11b meldet, gestern

eins als durchaus ch 1— v. lischen Botschafter

Reichs⸗Stempelabgaben und der in Vorsch

Der Ertrag der

Botschafter Valera mit Gemahlin und den Minister⸗Präsi⸗

denten Fürsten Windischgrätz in Privataudienz.

Der ehemalige Finanz⸗Minister Dr. Steinbach ist zum Senats⸗Präsidenten des Obersten Gerichtshofes ernannt worden

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge ist die Handels⸗ convention zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Bul⸗ garien, welche mit Ende dieses Jahres abläuft, durch Aus⸗ tausch von Erklärungen bis Ende 1894 verlängert worden

Das Abgeordnetenhaus wählte in seiner vorgestrigen Sitzung den Abg. Abrahamowicz mit 158 von 258 Stimmen zum Zweiten Vice⸗Präsidenten. Gegen Ende der Sitzung richteten Dipauli und Genossen an den Finanz⸗Minister die Anfrage, ob es richtig sei, daß die Ausgabe von Gulden⸗ noten sistirt sei, und wie der Finanz⸗Minister die dadurch be⸗ wirkte Verminderung der Circulationsmittel zu rechtfertigen und zu saniren gedenke.

Das gestern erschienene ungarische Amtsblatt veröffentlicht eine Kaiserliche Ents ließung, derzufolge bei officiellen feierlichen Anlässen, wie Krönungsacten, und Schluß des Reichstags, Empfang der ungarischen Delegation und Nationalfesten, anstatt der bisher functionirenden Chefs der obersten Hofämter die ungarischen Banner⸗ herren zu fungiren haben. Zu Renunciationen von Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses ist die ungarische Regierung beizuziehen, und die er⸗ folgten Renunciationen sowie alle die Mitglieder des Kaiser⸗ lichen Hauses betreffenden, mit der Thronfolgeordnung vom Jahre 1723 in Verbindung stehenden Aenderungen sind der ungarischen Regierung amtlich mitzutheilen. Bezüglich des inneren Hofstaats resp. der ständigen Vertretung in Ungarn

wird die ungarische Regierung zu weiterer nterbreitung

ermächtigt. Großbritannien und Irland.

Der Premier⸗Minister Gladstone leidet an Schlaf⸗ losigkeit und hat für einige Tage zur Erholung Aufenthalt in Brighton genommen.

Frankreich. C““ Das Ministerium Dupuy hat am Sonnabend dem Präsidenten Carnot seine Entlassung eingereicht. Ueber die Veranlassung hierzu giebt der Verlauf der vorgestrigen Sitzungder Deèputirtenkammer Aufschluß. Bereits vor Beginn

der Sitzung verlautete, daß die radicalen Mitglieder des Ministe⸗

riums, der Finanz⸗Minister Peytral, der Minister der öffent⸗

lichen Arbeiten Viette und der Handels⸗Minister Terrier ihre Entlassung eingereicht hätten. Bei Beginn der Sitzung,

in der die Fortsetzung der Berathung der Interpellation Jaure’s

über die Erklärung des Ministeriums auf der Tagesordnung

stand, erklärte Goblet, das Land habe bei den Wahlen seinen

Willen klar zu erkennen gegeben; man müsse die Republik in die

Wege des gesetzlichen und friedlichen Fortschrittes leiten. Er tadelte

hierauf die Politik der Regierung, die den Anschauungen

des Landes entgegengesetzt sei, und verlangte gewisse Reformen, namentlich die Revision der Verfassung sowie eine Einkommen⸗ steuer. (Beifall auf der äußersten Linken.) Der Minister⸗ Präsident Dupuy erklärte, das Land wolle gegenwärtig weder eine Revision der Verfassung, noch eine Trennung der Kirche vom Staat, noch eine Einkommensteuer. Geifall im Centrum.) Das Cabinet bleibe dem Geist der Revo⸗ lution treu, lehne aber die socialistischen Theorien ab, welche an Stelle des Individuums den Staat setzen und das persönliche Eigenthum durch Beraubung unterdrücken wollen. (Beifall.) Das Cabinet vertheidige die individuelle

8 sei bemüht, durch weise Maßregeln die Lage der Arbeiter zu verbessern. Der Minister berief sich auf die in der ministeriellen Erklärung angekündigten Vorlagen und ersuchte die Kammer, klar aus⸗ zusprechen, ob das Cabinet ihr Vertrauen besitze. (Beifall.) Leygués bekämpft sodann die socialistischen Theorien. Jour⸗ dan (Lradical) hielt das Programm des Cabinets für unzulänglich. Pelletan fragte, ob er das ganze Cabinet oder nur einen Theil desselben vor sich habe. Der Minister⸗Präsident Dupuy erwiderte: „Das ganze Cabinet steht vor Ihnen. Sie dürfen reden!“ (Lebhafter Beifall, Lärm auf der äußersten Linken. Mehrere Deputirte riefen, sion eingereicht.) Pelletan erklärte, da er kein solidarisches Cabinet vor sich habe, verlasse er die Tribüne. (Lebhafter Beifall links.) Brisson äußerte, die Haltung des Cabinets sei verfassungs⸗

Freiheit der Arbeit und des Eigenthums un

der Finanz⸗Minister Peytral habe seine Demis

widrig; es sei unmöglich, die Debatte weiter fortzusetzen.

(Beifall.) Darauf zogen die Urheber der Interpellation diese zurück, bis das Cabinet sich reconstituirt habe. Unter lebhafter

Bewegung wurde die Sitzung sodann vertagt.

Nach Schluß der Sitzung traten die Minister, mit Aus⸗ nahme von Peytral, Viette und Terrier, zusammen und be⸗

schlossen, ihre gemeinsame Demission einzureichen.

Der Präsident Carnot conferirte vorgestern Abend mit

Casimir Périer und Challemel Lacour. Casimir

Pörier lehnte den Auftrag, die Neubildung des Cabinets zu

übernehmen, rundweg ab, indem er seine Weigerung auf

Gründe der allgemeinen Politik stützte. Auf den Wunsch des Präsidenten Carnot kam Casimir Perier gestern noch einmal nach dem Elysée, blieb indessen auf seiner Weigerung bestehen und empfahl dem Präsidenten, an die Mitwirkung und Ergebenheit Dupuy's zu appelliren. Der Präsident Carnot berief infolge dessen gestern Vormittag Dur un⸗ der jedoch erklärte, daß er die ihm angebotene

Mission, ein Cabinet zu bilden, mit Erfolg nicht erfuͤllen zu

können vlg e⸗ und den Auftrag ablehnte. Am Nachmittag 8

wurde Méline in das Elysée berufen.

In dem am Sonnabend vor Beginn der Sitzung der Deputirtenkammer abgehaltenen Ministerrath theilte der Minister des Auswärtigen Develle mit, die englische Regierung habe sich, gestützt auf die ärztlichen Gutachten, ge⸗

weigert, Cornelius Herz vor dem Gerichtshofe in der Bowstreet erscheinen zu lassen. Ferner genehmigte der Minister⸗ rath den Gesetzentwurf, durch welchen die öffentlichen Kassen ermächtigt werden, auswärtige Fünfcentimes⸗Stücke bis zum 31. Januar 1894 anzunehmen.

Italien.

Die Ministerkrisis ist noch nicht beendet. Am Sonnabend Vormittag hatte der König, wie „W. T. B.“ meldet, eine Besprechung über die Lage mit dem Präsidenten der parlamen⸗ tarischen Banken⸗Untersuchungs⸗Commission Mordini und empfing sodann Crispi und Ricotti, um mit ihnen über die Lage zu conferiren. Gestern hatte der König Besprechungen mit dem früheren Präsidenten der Deputirtenkammer Biancheri und dem Marquis di Rudini.

Der deutsche Bot

Minister des Auswärtigen

Majestät dem Kai überreicht.

Der Rechnun betreffend die geld, registrirt.

Am Sonnabend is der parlamentaris in der Bankenangelegenheit veröffe

nothleidenden gewesenen

ter Graf zu Solms hat dem Brin eine diesem von Seiner ser Wilhelm verliehene Marmorbuͤste

ungshof hat unter Vorbehalt das Decret, Erhebung der Eingangszölle in Metall⸗

t noch eine Beilage zu dem Bericht chen Untersuchungscommission ntlicht worden. und Pro⸗

Die Deputirten erklären durchweg, daß rivatangelegenheiten eingehende, rechtfertigende Aufschlüsse. Insbesondere und Ricciotti Garibaldi in leidenden Effecten, von Crispi, dem Unter⸗S Minister Martini in Betreff von Pro⸗

verzeichnet longationen zu Gunsten wärtigen Deputirten.

gilt dieses Betreff von noth⸗ taatssecretär San

von Menotti

Giuliano und dem longationen.

In einer vorgestern ab des Senats wurde die Er 5 Mitgliedern beschlossen, die be richt der parlame Bankangelegenheit Senatoren, die im Besitz von nothleide um sodann dem Senat geeignete Verfügungen

gehaltenen Conferenz der Bureaus nennung einer Commission von auftragt wird, in den Be⸗ ntarischen Untersuchungscommission in der und diejenigen nden Effecten wären, zu befragen, vorzuschlagen.

Gestern Abend 6 100 dem Arbeitersta dem Monte Citorio und versuchten unte mit den Dieben, nieder Palais der Deputirtenkamme streute die Menge und nahn Manifestanten versuchten s amt sich zu sammeln,

Uhr versammelten sich in Rom etwa Manifestanten auf r den Rufen: „Nieder den Missethätern!“ r einzudringen. Die Polizei zer⸗ n einige Verhaftungen vor. Die odann nochmals, vor dem Telegraphen⸗ wurden jedoch abermals auseinander⸗

nd angehörige

Spanien.

In Madrid eingetroffenen Nachrichten zufolge wäre die nische Colonie am Rio Doro durch die Araber Es sei Hilfe von Tenerif

Der Marschall Marti des „W. T. B.“

fa dorthin abgegangen.

nez Campos ist laut Meldung zum Oberbefehlshaber der Truppen in Der Marschall fangen und reiste gestern Abend ätter sprechen sich einstimmig sehr Der Specialcorrespondent Oberst⸗Lieutenant Leopoldo Alas, wird

Mittag von der Königin emp nach Afrika ab. Die Abendb beifällig über die Ern der „Agence Fabra“, den Marschall begleiten.

ennung aus.

Schweiz.

Der Bundesrath hat dem „W. T. B.“ zufolge be⸗ schlossen, der italienischen Regierung vorzu ledigung des Einspruchs gegen di italienischen Zölle in Metallgeld Bestimmungen des schweiz stützt, der Ents

schlagen, die Er⸗ e Zahlung der geld, der sich auf die erisch⸗italienischen Handelsvertrages cheidung eines Schiedsgerichts zu unter⸗

ilbernen Hochzeit, welche der von Radowitz heute begeht, „W. T. B.“ meldet, dem Bot⸗ sche, in welchen er auf das herzlichste neten Thätigkeit desselben gedenkt und e Theilnahme an der Feier ausspricht.

Anläßlich der Feier der deutsche Botschafter in Madrid übersandte der Sultan, wie schafter seine Glückwün der langen ausgezeicht seine wärmste persönlich

Rumänien.

und die Prinzessin Ferdinand ihrem Sohn am Sonnabend Am Bahnhof fand ein feierlicher

Der Prinz Rumänien Bukarest eingetroffen. Empfang statt.

Bulgarien.

Der Sonderzug mit der Leiche des auf dem sich auch die Prinzen

Joseph von Battenberg be⸗ von Graz nach Sofia ab. Gebiet sprach der serbis dem Minister Grekow und den P Namen der serbischen Regierung f selben Zweck hatte der Am Bahnhof Skupschtina und der Stadt Belgrad, vesend, welche letztere dem C bulgarischen Grenze das Geleit gab. von Deputationen des Hofes, des Ministerraths und der Auf der Strecke von Zaribrod nach schenmassen angesammelt. aufgefahrene Batterie begrüßte den

Grafen Hartenau, Heinrich und Franz fanden, ging vorgestern früh Bei dem Eintreffen auf serbischem Auswärtigen Nicolic rinzen von Battenberg im ein Beileid aus. König einen Adjutanten ent Deputationen sowie eine Militär⸗ onduct bis zur Dort wurde der Zug

che Minister des

deputation ann

Sobranje empfangen. Sofia waren große 2 den Höhen von Slivnitza Zug mit 21 Kanonens den Sarg niedergelegt. Am Bahr

Ferdinand von Sachsen⸗

die Minister und das diplomatis es wurde durch Kanonenschüsse angekündigt. en Heinrich und Franz rinz Ferdinand mit den en Salon zurück. gen gehoben war, hielt Stambulow Der Leichen⸗

chüssen; in Slivnitza wurden zhof in Sofia waren der Prinz mit seinem rps anwesend.

Ankunft des Zu Nach herzlicher Begrüßung der Prinz Joseph von Battenberg zog sich der Prinzen Heinrich und Franz Josep Als der Sarg vom Wa eine Ansprache, die alle zug setzte völkerung in Bewe District, jede Stad

Anwesenden tief rührte. unter großem Andrang der Be⸗ gung. Ganz Bulgarien war vertreten: · t, jede Corporation hatte K. Hinter dem Sarge schritt der Prinz Ferdi g, dann die übrigen Trauergäste. in einer als Mausoleum gewählten

ränze gesandt.

rinzen von Battenber Sarg wurde vorläufig kleinen Kirche beigesetzt.

Montenegro.

Ein von der Pforte nach Gussin mmissar, der beauftragt ist, die machen, die im vergangenen Monat Commissar angegriffen hatten, Cetinje meldet, nach daselbst einge Albanesen zurückgehalten.

Dänemark. Im Folkethingbrachte, wie „W.

eentsandter Special⸗ Individuen ausfindig zu einen montenegrinischen wird, wie „W. T. troffenen Nachrichten von den

T. B.“ berichtet, vorgestern eraten Linken eine Reihe agrarfreund⸗ che wegen Errichtung mmt wird, daß a

orstand der mo icher Vorlagen ein, darunter eine sol iner Staats⸗Hypothekenbank, worin besti⸗

stehenden Creditvereine eingehen und die Verpflichtungen der⸗ selben bis zum Betrage von 15 Millionen vom Staate garantirt werden sollen; ferner eine andere Vorlage wegen Errichtung einer Regierungscommission ur Erwägung der Frage der Beschaffung von Grund⸗ sücken für Landarbeiter. Der Führer der moderaten Linken Boysen sprach sich für den Anschluß an den neu⸗ gebildeten politischen Agrarierverein aus, weil dieser die An⸗ sprüche, die Lebensbedürfnisse mit Zöllen zu belasten, zurück⸗ gewiesen habe, und erklärte, er werde Zo J ein⸗ bringen, falls die Regierung solche nichk vor egen sollte

Amerika. 3 Wie die „Times“ aus Philadelphia meldet, hat die

Regierung der Vereinigten Staaten, da sie den Admiral Mello in keiner Weise als kriegführende Macht an⸗ erkennt, beschlossen, bezüglich der Bildung einer Flotte für den Präsidenten Peixoto in den Vereinigten Staaten nicht zu interveniren. 8

Bei einem in Boston abgehaltenen Bankett von Anhängern der republikanischen Partei erklärte Mac Kinley, daß jede Tarifherabsetzung auch eine Herabsetzung der Löhne im Ge⸗ folge haben werde. Mac Kinley fügte dem „W. T. B.“ zu⸗ folge hinzu, er sei überzeugt, daß die überwiegende Neigung des Landes den protectionistischen Tarif begünstige. Das Verdict des Landes im vergangenen Jahre sei nicht gegen das protectionistische System gerichtet gewesen. Wenn die an der Macht befindliche Partei die Abstimmung in diesem Sinne auslege, thue sie dies auf ihr eigenes Risiko.

In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Montevideo zufolge wären daselbst die Truppen consignirt worden, da man bei den legislativen Wahlen Unruhen befürchte

Asien.

ie „Politische Correspondenz“ meldet: Nach St. Peters⸗ burger Nachrichten beabsichtige der Schah von Persien, im Juni 1894 eine Reise nach Europa zu unternehmen, und werde sich zunächst nach St. Petersburg, dann nach Berlin, Paris und London begeben, von wo er über Wien nach Persien zurückzukehren gedenke. Afrika.

Die Brüsseler Abendblätter vom Sonnabend verzeichnen unter aller Reserve das Gerücht, die Expedition auf dem oberen Nil, die früher unter dem Befehl des verstorbenen van Kerkhove gestanden, habe einen Theil ihres Bestandes in den Kämpfen mit den Arabern auf dem Rückwege nach dem Congo verloren.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Buluwayo vom 20. d. M. gemeldet, die Verfolgung Lobengula’s scheine schwieriger, als man vermuthet habe. Man müsse eine Proviant⸗ colonne zur Unterstützung der auf der Verfolgung befindlichen Druppen nachsenden.

Eine Mittheilung der „Agence Havas“ besagt: mit Rück⸗ sicht auf die Unruhen, die in gewissen Theilen Madagascars herrschen, habe die französische Regierung beschlossen, die er⸗ forderlichen Maßregeln zu ergreifen, um unbedingt die Ein⸗ fuhr von Waffen und von Munition auf der Insel zu verhindern. Der Commandant der französischen Flotten

station habe die nothwendigen Instructionen erhalten.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung befindet sich in der Zweiten Beilage.

6. Sitzung vom Montag, 27. November, 1 Uhr.

Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Hollmann und Dr. Graf von Posadowsky, der Königlich preußische Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Königlich preußische Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff.

Eingegangen ist eine Nachweisung der Geschäfts⸗ und Rech⸗ nungsergebnisse der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung für 1892.

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1894/95, in Verbindung mit der ersten Berathung des Anleihegesetzes und der Etats für die Schutzgebiete. Das Wort nimmt zunächst der Staatssecretär Dr. Graf von Posadowsky. (Wir werden diese Rede morgen im Wortlaut bringen.) (Schluß des Blattes.)

Die I. Commission des Reichstags für die Geschäfts⸗ ordnung besteht aus folgenden Abgeordneten: Singer, Vorsitzender; von Koscielski, Stellvertreter des Vorsitzenden; Dr. Braubach, von Gerlach, Günther, von Kehler, Meister, Dr. Dr. Pieschel, Schriftführer; von Polenz, Roeren, Schriftfü rer; von Schöning, Traeger, Freiherr von Unruhe⸗Bomst.

ie II. Commission des Reichstags für die Petitionen 84 aus folgenden Abgeordneten zusammenges etzt: Dr. Kruse, Vorsitzender; chmidt (Warburg), Stellvertreter des Vorsitzenden; Graf von Bern⸗ storff (Lauenburg), Broekmann, Casselmann, Fürst Czartoryski, Engels, Euler, Förster (Reuß), Galler, von Herder, Hüpeden, Schrift ührer; Jacobskötter, Krebs, Dr. Freiherr von Langen, Graf von Oriola, auli, Placke, von Reibnitz, Rettich, Rimpau, Schriftführer; Schmidt Sachsen), Schwarze, Schriftführer; von Slaski, Vogtherr, Watten⸗ dorff, Wenzel, de Witt. 8

Die III. Commission des Reichstags für den Reichs⸗ haushalts⸗Etat ist noch nicht gewählt.

Die IV. Commission des Reichstags für die Rech⸗ nungen über den Reichshaushalt besteht aus folgenden Ab⸗ eordneten: Dr. Paasche, Vorsitzender; Holtz, Stellvertreter des Zerstenden; Dr. Bachem, Cegielski, Letocha, Schall, Stadthagen, Schriftführer.

Die V. Commission des Reichstags für die Wahl⸗ prüfungen besteht aus folgenden Abgeordneten: Spahn, Vorsitzender; Dr. von Marquardsen, Stellvertreter des Vorsi enden; Auer, Basser⸗ mann, Schriftführer; Brandenburg, Dr. von Buchka, Schriftführer; von der Gröben⸗Arenstein, von Holleuffer, von Koscielski, Graf von Moltke, Schmieder, Dr. Schneider, Schriftführer; Dr. Stephan (Beuthen), Wellstein, Schriftführer.

Der Rittergutsbesitzer von Bonin auf Wulflatzke, Mitglied des Herrenhauses, ist gestorb 8

Theater und Musik.

KObnigliches Opernhaus. ““

Mit dem „Idomeneus“ wurde am Freitag Abend der angekün⸗ digte Mozart⸗Cyeclus in sehr genußreicher Leise eröffnet. Die Künstler⸗ gestalt des Componisten und sein Genie erschöpft sich zwar nicht in seinen dramatischen Werken, aber immerhin bildet ihre zusammen⸗ gefaßte Vorführung auf der Bühne das einfachste und schönste Mittel, von seiner wunderbaren Entwicklung zur Meisterschaft eine Vorstellung und Zeugniß davon zu geben, wie schon in dem jugendlichen Meister all der Zauber warmer Empfindung und das echte deutsche Gemüth wohnte, das sich in der kurzen Lebenszeit immer reicher, tiefer und siegreicher in seinen musikalischen Schöpfungen entfaltete. Der „Idomeneus“ ist noch fast völlig unter dem Einfluß der italienischen Schule entstanden, aber er ist das erste groß angelegte Werk, das eignes künstlerisches Wollen und eine feste zu den aufstrebende Künstlernatur zur Erscheinung bringt. Die Aufführung der Oper war eine in allem Wesentlichen wohlgelungene. Die große Titelrolle wurde von Herrn Sylva tadellos und bis zum Schluß ohne jede Ermüdung gesungen; seine Coloraturgewandtheit, die bei der Fülle der Stimme um so wunder⸗ barer wirkte, kam hier aufs beste zur Geltung. Der Sänger beherrscht sein Organ in jedem Augenblick und kann so alles Unschöne vermeiden; auch die schauspielerische Aufgabe löste der Sän er anerkennenswerth; im Wesen und in der Bewegung zeigte sich die königliche Ruhe und Würde, die der Gestalt auch in den Momenten der Leidenschaft eigen sein müssen. Von den mitwirkenden Damen konnte Fräulein Leisinger als Ilia aufs neue ihre 113 Wund edle Stimme in den Dienst ihrer Aufgabe stellen. Den Idamantes sang und spielte Frau Staudigl mit Auszeichnung; die Fülle, Klarheit und Ausdrucks⸗ fähigkeit ihrer Stimme überwand wieder leicht die roßen Anforde⸗ rungen dieser Partie. Fräulein Kopka als Elektra fügke sich willig dem Gesammtspiel ein. Den Oberpriester sang mit gewohnter schöner Tongestaltung Herr Betz.

Am vorgestrigen zweiten Mozart Abend gelangte das aus den Knabenjahren des Componisten herrührende Singspiel „Bastien und Bastienne“ erneut zur Aufführung. Die einfache, zarte und nicht unwirksame Musik, die das staunenswerthe ursprüngliche Geschick und Gefühl des jungen Mozart für seine Kunst offen⸗ bart, findet auch heute mit Recht noch den Beifall der Hörer. Bei der Sonnabend⸗Aufführung sang Fräulein Dietrich die Partie der Bastienne, die gewöhnlich von Fräulein Weitz wiedergegeben wird, sehr beifallswürdig und mit erfreulicher Hervorkehrung der wirkungsvollen Seiten der Rolle. Herr Philipp als Bastien und Herr Krolop als Colas trugen ihre Partie mit gewohnter künstlerischer Vollendung vor. Als bedeutenderes Werk des Meisters folgte „Belmonte und Constanze“ oder „Die Entführung aus dem Serail“, das auf unserer Königlichen Bühne von jeher heimisch war und immer in künstlerisch abgerundeter Auf⸗ führung dargeboten wurde. In Frau Herzog besitzt die Königliche Bühne eine in Gesang und Spiel gleichmäßig vorzügliche Constanze. Der Wohllaut der Stimme und die Sicherheit des Organs ergänzen sich mit der Feinheit der Charakteristik zu einer wohl unübertrefflichen Leistung. Den Osmin gab fast nicht minder lobenswerth Herr Mödlinger. Das Blondchen wurde von Fräulein Dietrich und der Pedrillo mit gewohnter guter Laune von Perrn Lieban gesungen und gespielt; nicht ganz auf der Höhe dieser Leistungen stand die des Herrn Sommer als Belmonte.

Concerte.

Die Sing⸗Akademie feierte, wie alljährlich, so auch geste am Todtenfest⸗Sonntag das Andenken an die Verstorbenen durch ein Aufführung kirchlicher Chorwerke. Es waren zu diesem Zweck Martin Blumner's Cantate „In Zeit und Ewigkeit“ und Mozart's „Requiem“ auserwählt worden. Die Cantate, die von dem Chor der Sing⸗Akademie bei ernsten Festtagen stets mit besonderer Vorliebe auf geführt wird, ist allen Verehrern der Sing⸗Akademie bereits seit längere Zeit bekannt. Unter den großen Schönheiten dieser Composition heben wir hier nur das melodisch fesselnde Quartett „Leben wir so leben wir dem Herrn“ und die kunstvoll gebaute Schlußfuge hervor Die Cantate wie das Requiem wurden vom Chor und vom Philharmonischen Orchester wieder mit einer Vollendung ausgeführt, die über jedes Lob erhaben ist. Dem Director Herrn Professor Blumner gebührt Dank für die den Zu⸗ hörern bereitete würdige Feier des Tages; auch die vortrefflichen Leistungen der Solisten, Fräulein Helene Oberbeck (Sopran) Martha Rückward (Alt), welche für ihre erkrankte

ollegin Fräulein Schacht eingetreten war, Herr Otto Hintzel⸗ mann (Tenor) und Herr Georg Rolle (Baß), trugen sehr wesent⸗ lich zum Gelingen des Ganzen bei.

Das Concert des hier bereits vortheilhaft bekannten Pariser Trios“, bestehend aus Frau Berthe Breitner⸗Haft (Violine), Herrn Louis Breitner (Klavier) und Herrn F. Ronchini (Cello), welches am Freitag im Saal Bechstein stattfand, wurde mit einem Trio von Dvokak (op. 65) eröffnet. Das Werk, dem es nicht an originellen Motiven, jedoch an fesselnden Höhepunkten in der thema⸗ tischen Durchführung fehlt, wurde von den drei Concert⸗ ebern ganz vorzüglich vorgetragen; ein gleiches gilt, was die Ausführung betrifft, von dem beliebten Trio von Schumann, op. 110. Die Sonate für Violine und Klavier von Brahms, das interessanteste Werk des Abends, sowie die Sonate mit Cello von Saint⸗Saöns, die in der Formbehandlung die rhythmisch fesselnden Motive nur zu sehr neben einander hinstellt, wurden ebenfalls mit musterhafter Präcision des Zusammenspiels und mit feinsinnigster Schattirungsweise ausgeführt.

Frau Marcella Sembrich gab am Sonnabend im Saale der Philharmonie ein Concert, in welchem sie ihren hier bereits bekannten und beliebten Gesangsstücken noch manche andere hinzu⸗ efügte, und zwar einige Lieder von Brahms und die Arie aus Meyer⸗ eer's „Nordstern“ mit zwei obligaten Flöten „L'aurora al fin succede alla notte“. Von den sechs Brahms'schen Liedern gefielen besonders die für die Sängerin auch am meisten sich eignenden: „Mädchenlied“, „Es liebt sich so lieblich“ und „Nachtigall“. Diese Lieder, wie die genannte Arie nebst der öfter gehörten Arie aus „Semiramis“ trug die gefeierte Künstlerin mit so bewundernswerther Virtuosität und so reizendem Wohlklang der Stimme vor, daß einem jeden Gesange rauschender Beifall folgte. Einige altfranzösische Lieder, denen „Das Veilchen“ von Mozart und die „Forelle“ von Schubert folgten, fanden dieselbe Aufnahme. Die große Ausdauer der Kraft ihrer Stimme war noch besonders in den sehr reichlichen Zugaben zu bewundern, zu denen die stets bereite und gefällige Künstlerin immer von neuem herausgefordert wurde. Die beiden Flötisten Herren

Quensel und Schmeling sowie der Pianist Herr

Georg Liebling, der die Klavierbegleitun sämmtlicher Gesaͤnge übernommen hatte und noch durch einige Soli erfreute, trugen das Ihrige zum Gelingen des sehr genußreichen Abends bei.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Mexyerbeer's „Afrikanerin“ mit den Damen 5b Fiedler, Deppe, den Herren Sylva, Bulß, Mödlinger, Krolop, ommer, Stammer, Krasa, unter Kapellmeister Sucher's Leitung gegeben.

Im Königlich en Schauspielhause gelangen morgen Del⸗ mar's Schauspiel „Die Ahrenshooper“ und Gerhart Hauptmann'’s „Hannele“ zur Aufführung. Fräulein Rosa Poppe wird demnächst auf Wunsch des Herzogs von Sachsen⸗Meiningen im dortigen Hof⸗ theater die „Medea“ spielen.

Dem Königlichen Kammersänger Herrn Paul Bulß ist von Seiner Königlichen Hoheit dem 1 von Sachsen⸗Coburg und Gotha die große goldene Herzog Ernst⸗Medaille verliehen worden.

Im Deutschen Theater geht am Donnerstag als Schluß des Goethe⸗Cyklus „Faust's Tod“ in Scene. Wiederholungen des „Talisman“ finden am Dienstag und Sonnabend statt. „Kain“ und „Die Mitschuldigen“ kommen am Freitag zur Aufführung. Für Mittwoch ist das Lustspiel „Zwei glückliche Tage⸗ angesegt.