1893 / 284 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

triebenen, Schilderungen von den Folgen der Steuer, die er hier vorgetragen hat, will ich z. Z. nicht eingehen, weil ich mich an den leider einmal gefaßten Beschluß des Reichstags in dieser Beziehung gebunden halte. Ich würde dann auch auf die Frage kommen, ob es richtig ist, daß das Programm der verbündeten Re⸗ gierungen ein revolutionäres sei. Aber in dem Augenblick, wo Herr Bebel mir wankelmüthige Gesinnungen vorwirft, ist es doch auffallend, daß er, der begonnen hat, wenn ich nicht irre, als Mitglied und Agent des Nationalvereins, dann übergegangen ist zum Communisten, nun hier behauptet, ein conservatives Steuerprogramm dem hohen Reichs⸗ tag empfehlen zu können. (Widerspruch bei den Socialdemokraten.)

Staatssecretär Dr. Graf Posadowsky:

Meine Herren! Der Herr Abg. Bebel hat über die Steuergesetze der verbündeten Regierungen so viel thatsächliche Unrichtigkeiten be⸗ hauptet, daß ich es nicht mit dem Respect vor der Tagesordnung dieses hohen Hauses vereinigen kann, diese einzelnen Unrichtigkeiten jetzt zu widerlegen. Ich behalte mir vor, dem Herrn Abg. Bebel zu antworten bei der Berathung der einzelnen Steuervorlagen, wenn sie auf der Tagesordnung stehen.

Staatssecretär des Reichs⸗Marineamts Hollmann:

Meine Herren! Der Herr Abg. Bebel hat auf Grund eines Zeitungsartikels Angriffe gegen die Marine und gegen das Flotten⸗ material erhoben, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen, umso⸗ weniger, als ich ganz sicher bin, daß er daraus Waffen schmieden wird gegen die Forderungen der Marine in Bezug auf die Schiffs⸗ bauten.

Meine Herren, der Herr Abg. Bebel hat sich in seiner Rede und besonders auch in diesem Fall auf fachmännische Urtheile berufen. Ich habe nicht recht verstanden; ich glaube aber der Herr Abg. Bebel hat die „Kölnische Zeitung“ hier genannt. Die „Kölnische Zeitung“ ist für mich in diesen Angelegenheiten nicht fachmännisch. Herr Abg. Bebel hat sich aber auch auf den Fachmann berufen. Ich weiß nicht, ob der Herr Abg. Bebel den Verfasser dieses Artikels kennt; ich habe nicht die Ehre; ich weiß aber, daß er kein Fachmann ist. Ich halte ihn für einen Menschen, der zum ersten Mal an Bord ge⸗ kommen und seekrank geworden ist und der darüber mit dem Leben und dem Schiff gezürnt hat. Meine Herren, es ist höchst bedauerlich, daß solch ein nichtsnutziger Artikel sich an den Ruf der genannten edlen, schönen Schiffe heranwagen darf, für die ich eintrete als lebende Wesen. Die Vergangenheit dieser Schiffe macht das Urtheil zu Schanden, was gefällt worden ist. Sie haben ein Leben ich will die Schiffe noch einmal nennen; soweit ich gehört habe, waren es „Deutschland“, „König Wilhelm“ und „Kronprinz“; von dem letzteren braucht nicht mehr die Rede zu sein, er gehört nicht mehr der Liste der Schiffe an, aber die beiden ersten diese beiden Schiffe haben ein Leben von jetzt nahezu 30 Jahren hinter sich, ein militärisches Leben; und man kann mit Recht sagen: schier dreißig Jahre sind sie alt, sie haben manchen Sturm erlebt und sie haben ihn mit Ehre überstanden.

Ich muß es bedauern, daß das Flottenmaterial vor dem Reichs⸗ tag und dem Lande herabgesetzt wird. (Widerspruch bei den Social⸗ demokraten.) Einen andern Zweck kann diese Aeußerung gar nicht haben, die jeder Thatsächlichkeit entbehrt und geschrieben ist von einem Mann, der möglichenfalls die See zum ersten Mal gesehen hat, als er auf dem „König Wilhelm“ war.

Es erwächst in der That auf der See jedem Schiff gelegentlich ein Feind, das sind die Elemente, und gegen die wird jedes Schiff nutzlos und ohnmächtig ankämpfen. Es ist sehr wohl möglich, daß auch diese großen Schiffe einmal in die Lage kommen können, wo sie die sämmtlichen Kanonenpforten schließen, weil die See hineinschlägt. Dieses Uebel theilen sie mit allen anderen Schiffen, großen und kleinen. Deswegen sind sie noch nicht schlecht und unbrauchbar.

Also ich resümire mich hiermit dahin: der Reichstag und Deutsch⸗ land können beruhigt sein, sie haben in diesen Schiffen „König Wilhelm“ und „Deutschland“ sehr tüchtige Kriegsschiffe.

Aber jetzt zum Schluß möchte ich den Spieß umkehren und be⸗ haupten: wenn der Herr Abg. Bebel aus diesem Artikel zu entnehmen glaubt, daß die Schiffe unbrauchbar sind, daß es die sogenannten alten Kasten des Abg. Jebsen sind (Heiterkeit), so wäre es doch richtig und an der Zeit, uns an Stelle dieser unbrauchbaren Schiffe neue zu be⸗ willigen. (Große Heiterkeit, Beifall rechts.)

Abg. Bebel (persönlich): Was den Spielerprozeß in Hannover betrifft, so habe ich mein Urtheil keineswegs auf die Offiziere im all⸗ gemeinen ausgedehnt. Uebrigens habe ich den preußischen Finanz⸗ Minister Dr. Miquel nicht denunciren wollen. Wenn überhaupt davon die Rede sein kann, dann hat der Finanz⸗Minister sich selbst denuncirt. Er nahm an, ich sei als Mitglied und Agent des National⸗ vereins in das öffentliche Leben getreten. Ich war garnicht Mit⸗ glied dieses Vereins, folglich auch nicht Agent. Ich habe nur mit demselben sympathisirt, einmal sogar 200 Thlr. zur Bekämpfung der socialdemokratischen Ideen bekommen. Ein Theil derselben ist aber zur Bekämpfung der Nationalliberalen verwandt worden, weil ich in⸗ zwischen Socialdemokrat geworden warr. 11

Schluß nach 5 ¼ Uhr.

Statistik und Volkswirthschaft.

Stand der Industrie und des Arbeitsmarkts

im Jahre 1892. 8 Nach den Jahresberichten der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten im Deutschen Reich hat sich in der Lage der Industrie im Jahre 1892 gegen⸗ über dem Vorjahre zwar noch keine wesentliche Verbesserung erkennen lassen; indeß wird in einer Anzahl von Berichten betont, daß gegen den Schluß des Berichtsjahres im großen Ganzen eine günstigzre Wendung eingetreten sei, die vielfach die Aussicht auf dauernden Bestand eröffne. Daneben fehlt es freilich nicht an Aeußerungen, die das vergangene Jahr als ein noch ungünstigeres als das Vorjahr bezeichnen. Zu den bereits im Vorjahre geltend gemachten allgemeinen Gründen des nicht günstigen Geschäftsgangs kamen im Jahre 1892 noch die Furcht vor einer Cholera⸗Epidemie und für eine große Zahl von Industriezweigen, die auf die Ausnutzung der Wasserkraft angewiesen sind, ein vielfach vollständiger Wassermangel infolge des trockenen Sommers hinzu.

Von den Aeußerungen, die eine allmähliche Besserung der Verhältnisse bekunden, mögen hier die folgenden wiedergegeben werden. Die Industrie des Aufsichtsbezirks Unterfranken zeigte im allgemeinen zu Beginn des Jahres wenig Lebhaftigkeit. Gegen Ende des Jahres trat jedoch eine Wendung zum Besseren ein, sodaß im Vergleich zum Vorjahr kein Rückgang, freilich aber auch keine wesentliche Hebung constatirt werden konnte. Der gegen⸗ wärtig bessere Stand der Industrie ist sowohl auf die zu⸗ nehmende Bauthätigkeit seitens des Staats, als vielleicht „auch auf die Veränderungen der Handelsbeziehungen zu anderen Staaten zurückzuführen.. Der Aufsichts⸗ beamte des Bezirks Chemnitz schreibt: „Die Vorgänge, welche sich

im industriellen Leben des Bezirks abspielen, zwingen dem Beobachter die Ueberzeugung auf, daß die allgemeine Geschäftslage sich gegen die des Vorjahres zwar etwas gebessert hat, aber immer noch viel zu wünschen übrig läßt.“ Aus dem Aufsichtsbezirk Leipzig wird berichtet: „Während der ersten Hälfte des Jahres 1892 war die Ge⸗ schäftslage im allgemeinen eine unbefriedigende; gegen die Mitte des Jahres wurde jedoch ein Umschwung insoweit erkennbar, als mehrfach die Wiedereinstellung vorher entlassener Arbeiter erfolgte, die Ver⸗ kürzungen der Arbeitszeit aufhörten und eine Reihe von Fabrikbetrieben den Eingang belangreicher Aufträge zu verzeichnen hatten, so daß, ungeachtet der Klagen über gedrückte Preise und geschmälerten Verdienst sowie über schlechte Zahlung seitens der Abnehmer, viele ““ beim Jahres⸗ schlusse mit Bestellungen in befriedigendem Umfange versehen waren.“ Der Beamte des Aufsichtsbezirks Zwickau schreibt: „Die Hoffnungen auf einen besseren Geschäftsgang haben sich im Laufe des Jahres 1892, wenn auch nicht vollständig, so doch wenigstens theilweise erfüllt.“ Hinsichtlich der Geschäftslage des Aufsichtsbezirks Bautzen war „namentlich in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres mehrfach eine nicht unerhebliche Aufbesserung gegen das Vorjahr zu bemerken.“ Im Vergleiche mit dem Vorjahr war die Lage der Industrie im Bezirk

lauen „in der Hauptsache eine etwas bessere.“ Aus Aue wird erichte: „Der Geschäftsgang war im allgemeinen ein nicht unbefriedigender, wenigstens insofern, als in den meisten Betrieben zu keiner Zeit ein wirklicher Mangel an

Arbeit eintrat, und in mehreren Fabriken sogar zeitweilig Ueberstunden eingelegt werden mußten. Dagegen ist die Klage über die niedrigen Berkausspreife auch im Jahre 1892 nicht nur nicht ver⸗ stummt, sondern lauter geworden, wobei die Schuld zum theil einer übergroßen, nicht immer reellen Concurrenz beigemessen wurde. Auch haben ungünstige Zollverhältnisse, besonders Nord⸗Amerika gegen⸗ über, bei einigen Zweigen der Textilindustrie sowie der Musik⸗ instrumentenfabrikation Se auf den Geschäftsgang eingewirkt.“ Im Aufsichtsbezirk Annaberg hat sich der bisher fast allgemein unbefriedigende Geschäftsgang im Jahre 1892 in Bezug auf einige Industriezweige etwas gehoben, obwohl auch bei den Betrieben, die ausreichende Aufträge hatten, über niedrige Verkaufspreise geklagt wurde. In Zittau machte sich „in den letzten Monaten ein Aufschwung wahrnehmbar und scheint es, als ob derselbe von Bestand sein wird.“ Im II. Aufsichtsbezirk Württemberg war während der ersten Hälfte ein Niedergang der Industrie nicht zu verkennen, in der zweiten Hälfte gelangte er zum Stillstand, wozu die gute Ernte wefentlich beitrug, und am Jahresschluß wich er auf ver⸗ einzelten Gebieten sogar einem erfreulichen Aufschwung. In Baden zeigten in der zweiten Hälfte des Jahres einzelne Industriezweige einen Aufschwung; nach den Veröffentlichungen der Konsulate hat sich der Export der Industrieproducte des Landes, und zwar bezüglich einzelner Gegenstände sogar erheblich, gesteigert. In Sachsen⸗ Weimar haben sich die Befürchtungen wegen eines Rückgangs der Industrie in den meisten Branchen nicht erfüllt und war sogar in vielen ein lebhafteres Geschäft als in den Vorjahren. Im Groß⸗ herzogthum Sachsen⸗Altenburg konnte für fast alle Gewerbe ein gegen Schluß des Jahres eingetretener Auf⸗ schwung constatirt werden. In Schwarzburg⸗Sonders⸗ hausen war die geschäftliche Lage im allgemeinen eine füͤpftigere als im Vorjahre, da insbesondere in der letzten Jahres⸗ hälfte in den meisten Fabriken erheblich mehr Aufträge eingegangen waren; auch in Schwarzburg⸗Rudolstadt besserten sich die Ver⸗ hältnisse am Schluß des Jahres.

Betreffs einzelner Industiezweige ist Folgendes zu berichten: die Ziegeleien waren wegen mangelnder Bauthätigkeit nicht ausreichend beschäftigt, in der Glasindustrie haben ungünstige Verhältnisse vor⸗ gelegen; ferner wird über die gedrückte Geschäftslage von Eisen⸗ gießereien, Maschinenfabriken ꝛc. in den Berichten aus der Pfalz, Württemberg II und Baden Klage geführt. Eine Ausnahme von der im allgemeinen wenig befriedigenden Lage der Maschinen⸗Industrie machte diejenige Industrie, die sich mit der Herstellung landwirthschaftlicher Maschinen befaßt (Oberbayern, Leipzig, Döbeln, Württemberg II, Baden und Oldenburg). Die chemischen Fabriken waren anscheinend von un⸗ günstigen Einwirkungen weniger berührt. Die Textilindustrie ließ in zahlreichen Aufsichtsbezirken einen Aufschwung erkennen (so in Zwickau, Bautzen, Freiberg); doch wurde in Chemnitz von den Strumpf⸗, Tricotwaaren⸗ und Handschuh⸗Fabriken sowie den Färberei⸗ und Appreturanstalten geklagt; aber auch hier hob sich das Geschäft gegen Ende des Jahres. Ueber die Verhältnisse der Spinnereien liegen in den Berichten für Oberfranken, Annaberg, Zittau, Württemberg II. und Baden einige weniger günstige Mittheilungen vor. Einen merk⸗ lichen Aufschwung hat dagegen die Baumwollenspinnerei im Aufsichts⸗ bezirk der Pfalz genommen. Die Stickerei⸗, Weißwaaren⸗ und Wäsche⸗ fabriken sowie die Confectionsgeschäfte des Aufsichtsbezirks Plauen hatten sich eines recht guten Geschäftsganges zu erfreuen, und die darin beschäftigten Arbeiter fanden zumeist dauern⸗ den, zum theil auch besseren Verdienst als im Vorjahr. Sehr günstig lagen im Großherzogthum Baden die Verhältnisse der Seiden⸗ industrie, während in Württemberg II die Seidenzwirnereien kein Fähltiges Jahr hatten. Die Papierfabriken waren in Chemnitz und

urzen genügend, zum theil gut beschäftigt; in Annaberg, Württem⸗ berg I und II litten sie unter früherer Ueberproduction und schlechten Preisen. Die Cellulosefabriken in Baden waren voll beschäftigt. Ueber die Lage der Lederindustrie liegen aus mehreren Bezirken minder günstige Mittheilungen vor, auch die Schuhwaarenfabriken waren in Württemberg und Baden mit dem Geschäftsgang nicht zufrieden, wo⸗ gegen sie in der Pfalz einen großen Aufschwung nahmen. In der Cigarrenfabrikation war der Rückgang der Production in Baden ein erheblicher; aber gegen Ende des Jahres haben sich auch in diesem Industriezweige die Verhältnisse sehr gebessert, was schon aus den zahlreichen Gesuchen um Bewilligung von Ueberarbeit für Arbeiterinnen hervorgeht. 1 Deutschlands Roheisenförderung.

Niach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisen⸗ production des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Oktober 1893 auf 425 709 t; darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 140 795 t, Bessemerroheisen 34 632 t, Thomasroheisen 197 942 t, Gießereiroheisen 52 340 t. Die Production im Oktober 1892 betrug 416 073 t, im September 1893 396 339 t. Vom 1. Januar bis 31. Oktober 1893 wurden producirt 3 957 727 t gegen 4 004 714 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

6 Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

MNach dem Geschäftsbericht der Invaliditäts⸗ und Altersversiche⸗ rungsanstalt Schlesien für das Jahr 1892, der nunmehr im Druck vorliegt, betrug die Gesammteinnahme der Anstalt im genannten Jahre rund 5 695 000 (gegen 7 039 000 im Jahre 1891) in

Werthpapieren und 8 569 000 (gegen 8 683 000 ℳ) baar, die Ge⸗ sammtausgabe 619 000 (gegen 1 811 500 ℳ) in Werthpapieren und 8 669 000 (8 508 000 ℳ) baar. Der Bestand am Jahresschluß betrug somit 5 076 000 in Werthpapieren, während die Baaraus⸗ gabe um 100 000 höher war als die Baareinnahme; unter Hinzu⸗ rechnung des Bestandes aus dem Jahre 1891 ergab sich ein Ge⸗ sammtbestand von rund 10 400 000 in Werthpapieren und 74 000 baar. Der Reservefonds belief sich am Ende des Jahres auf fast 2 000 000 in Werthpapieren. Was die Vertheilung der Rentenempfänger nach Altersstufen, Berufsständen und Wohnort anlangt, so sei hervorgehoben, daß unter den Invalidenrentnern der Jahrgang von 1825 weit überwiegt; der älteste Invaliden⸗ rentner ist im Jahre 1805 eboren, die beiden jüngsten im Jahre 1871. Im ganzen empfingen in Schlesien am Schlusse des vorigen Jahres 1929 (1315 männliche und 614 weibliche) Personen Invalidenrente, Altersrente empfingen zu derselben Zeit 17 207 (10 133 männ⸗ liche und 7074 weibliche) Personen. In beiden Fällen entfiel der größere Procentsatz auf die Landwirthschaft; unter den Renten⸗ empfängerinnen gehörte die nächstgrößte Zahl zu den im häuslichen Dienst einer Herrschaft Stehenden. Vom Lande (d. i. den Orten

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mit weniger als 10 000 Einwohnern) stammten 89,4 % d 8 lichen und 90,8 % der weiblichen Invalidenrentner, sowie g . 6 1s der männlichen und 92,2 % der weiblichen Altersrentner. Die Zahl der Berufungen ist im Jahre 1892 auf 3000 (von 1330 im Vo jahre), die Zahl der Revisionen auf 399 (von 41) gestiegen. 1

In H scug 11“ n Haynau soll Zeitungsmeldungen zufolge am 31. d. J., und 1. Januar 1894 ein socialdemokratischer Petteitsd saeer EEC“ üns Posen E“

ier in Ber in fand am Sonntag eine von etwa 60 Pe⸗ befuo Schifferversamm lung statt, in der, wie die vmhensogen berichtet, über die Gründung eines Centralverbandes nach social⸗ de mokratischem Muster verhandelt werden sollte. Die Versammlung hatte nicht den von den Einberufern erwarteten Erfolg. Die gemachten Vorschläge wurden mit so leb⸗ haftem Widerspruch aufgenommen, daß die Verhand⸗ lungen mehrmals vertagt werden mußten. Schließlich verließ der bei weitem größte Theil der Versammelten mit dem Rufer Wir werden nie Socialdemokraten“ den Saal und das Häuflein der Zurückgebliebenen wählte eine Commission von sechs Personen zur Ausarbeitung eines Organisationsentwurfs und Anberaumung weiterer L16“

Aus Wien wird dem „Vorwärts“ berichtet, daß der Aussta der dortigen Fächertischler beendet ist. Die Arbeitgeber fahaf nn Forderungen bewilligt und die achtstündige Arbeitszeit zu elassen haben. Der Ausstand der Drucker bei Herrn Arnold Fröhlich in Rannersdorf bei Schwechat (Oesterreich) wurde nach elf Tagen zu Gunsten der Arbeiter beendet. Erreicht wurde eine Lohnerhöhung von

Der Ausstand der schottischen Bergleute dauert, wie di Londoner (C mittheilt, fort, da die Meister auf die ö Lohnerhöhung von 18h täglich nicht eingehen. Die Oel⸗Gesell⸗ Feften, 1 kanfend Ashetter beschäftigen, werden den Be⸗ rieb einstellen, wenn der Ausstand nicht sofor igt wi 2 88 vnaht cht sofort beendigt wird. (Vgl.

er Ausstand auf der Lehigh⸗Valley Eisenbah dauert fort; der Güterverkehr wird, wie ein Wolft sches Nanhachn aus New⸗York meldet, mit Hilfe der Nicht⸗Unionisten aufrecht erhalten. Man glaubt wegen der in Pennsylvanien verübten Ge⸗ waltacte allgemein, daß Bürgerwehr einberufen werde.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks 111“ 8 L1“ An der Ruhr sind am 27. d. M. gestellt 11 712, nicht restert 8 Bhar g 712, nicht rechtzeitig 686 erschlesien sind am 25. d. M. gestellt 5610, . zeitig gestellt keine Wagen. 8

„Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 27. November das Grundstück des Architekten Fritz Lucas und des Malermeisters Hermann Moll, Putbuserstr. 20, zur Ver⸗ steigerung; Fläche 8,69 a; Nutzungswerth 12 070 ℳ; für das Meist⸗ gebot von 110 500 wurde der Rentier Alfred Wiencke zu Berlin, Ersteher. Eingestellt wurde das Verfahren wegen des Kurtze⸗Finke 'schen Grundstücks, Thurmstr., Ecke Beußelstr., belegen.

Die ordentliche Generalversammlung der Leipziger Bier⸗

brauerei zu Reudnitz, Riebeck u. Co. genehmigte die Bilanz, setzte die Dividende auf 10 % fest und ertheilte der Direction und dem Aufsichtsrath Entlastung. Wie ein Wolff'sches Telegramm aus Bremen meldet, hat ein Consortium unter Führung der General⸗Direction der See⸗ handlungs⸗Societät zu Verken und der Bremer Bank zu Bremen eine neue 3 ½ % ige bremische Staatsanleihe im Nominalbetrage von 25 Millionen Mark zum Curse von 95 % über⸗ nommen.

Magdeburg, 27. November. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 % neue 13,60, Kornzucker excl., 88 % Rendement 12,50, neue 12,80, Nachproduecte excl., 75 % Rende⸗ ment 10,50. Ruhig. Brotraffinade J. 27,00, Brotraffinade II. 26,75, Gem. Raffinade mit Faß 27,00. Gem. Melis I. mit Faß 24,75. Ruhig. Rohzucker. I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. No⸗ vember 16 6 8 ö 12,50 bez., 12,52 ½ Br., pr. Januar⸗März 12,65 Gd., 12,67 ½ Br., per April⸗Mai 12,87 i Gd. 12,90 Br. Stchig. 8 3

Leipzig, 27. November. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. 18 per Dezember 3,42 ½ per März 3,50 ℳ, per April 3,52 ½ ℳ, ver Mai 3,55 ℳ, per Juni 3,60 ℳ, per Juli 3,62 ½ ℳ, per August 3,65 ℳ, per Sep⸗ tember 3,65 ℳ, per Oktober 3,65 Umsatz 100 000 kg.

Bremen, 27. November. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffinirtes Petroleum. (Officielle Notirung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Sehr fest. Loco 4,80 Gd. Baumwolle. Weichend. Upland middling, loco 41 ½ ₰, Upland Basis middling,

nichts unter low middling, auf Termin⸗Lieferung, pr. November

41 . pr. Dezember 41 ₰, pr. Januar 41 ½ ₰, per Februar 41 ½ ₰, pr. März 41 ½ ₰, pr. April 41¾ 4. Schmalz. Sehr fest. Shafer ₰, Wilcox ℳ, Choice Grocery 46 ½ ₰, Armour shield 45 ½ ₰, Cudahy 46 ½ ½, Rohe & Brother (pure) 46 ₰, Fairbanks 40 ₰. Speck. Fest. Short clear middl. November⸗ Abladung 43 ½, Dezember⸗Januar⸗Abladung 39 ½. Taback. Umsatz: 560 Packen Havannah.

London, 27. November. (W. T. B.) An der Küste 11 Weizen⸗ ladungen angeboten.

96 % Javazucker loco 15 ¼¾ ruhig, Rüben⸗Rohzucker loco 12 ½ fest. Chile⸗Kupfer 42 ⅞, pr. 3 Monat 43 ⅜.

Glasgow, 27. November. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 4539 Tons gegen 3717 Tons in der entsprechenden Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 27. November. (W. T. B.) Wolle fest, ruhig; man wartet die Eröffnung der Londoner Wollauction ab; in Garnen: Gheschst mäßig, die Spinner halten auf feste Preise. Stoffe eher flauer.

Luzern, 27. November. (W. T. B.) In der heutigen Ver⸗ sammlung der Aetionäre der Gotthardbahn wurde dem Antrag des Verwaltungsraths gemaèß die Statutenänderung beschlossen, die zu Neujahr in Kraft tritt und für das gegenwärtige Jahr rückwirkende

Kraft hat. 27. November. (W. T. B.) Java⸗Kaffee

Amsterdam, good ordinary 53. Bancazinn 47 ½. „Neyw⸗York, 27. November. (W. T. B.) Die Börse er⸗ öffnete fest und lebhaft und schwächte sich im weiteren Verlaufe ab; der Schluß war lustlos bei festen Cursen. Der Umsatz der Actien betrug 343 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 155 000 Unzen geschätzt. 1 Weizen einige Zeit nach Eröffnung fallend, dann lebhafte Reaction auf Abnahme der Vorräthe und Deckungen der Baissiers, später wieder fallend auf träge Platzfrage. Schluß schwach. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung entsprechend der Festigkeit des Weizens, später Reaction auf zunehmende sichtbare Vorräthe. Schluß träge.

Visible seeß an Weizen 77 286 000 Bushels, do. an Mais 7 520 000 Bushels.

Chicago, 27. November. (W. T. B.) Weizen anfangs steigend auf festere ausländische Märkte, dann abgeschwächt auf Nach⸗ richt, daß der sehr nothwendige Regen jetzt eingetreten ist und auf Zunahme der etnc8967 später wieder fester, da die sichtbaren Vor⸗ räthe in geringerem Maße zugenommen haben als erwartet wurde. Mais allgemein fest während des ganzen Börsenverlaufs.

der Gouverneur von Pennsylvanien die

G d 1 November ℳ, ℳ, per Januar 3,45 ℳ, per Februar 3,47 ½ ℳ,

Zweite Beilage

„Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 28. November

1893.

Literatur.

Rechts⸗ und Staatswissenschaft.

Kr. Die Reform unserer Strafrechtspflege. Von C. Freiherrn von Bülow, Reichsgerichts⸗Rath. Berlin 1893, Carl Heymann'’s Verlag. 8. S. 52. 1 Der Verfasser, der seiner Zeit als Vorsitzender eines Schöffengerichts thätig, die Strafrechts⸗ pflege in allen Instanzen kennen gelernt hat, erhebt seine „warnende Stimme“ gegen die Einführung der Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern. Nachdem entwickelt ist, wie die Gesetzgebung zur Ausschließung der Berufung gelangt ist, wird auf die Vorwürfe ein⸗ gegangen, welche gegen die Urtheile der Strafkammern erhoben werden, und dabei der Beweis erbracht, 8 die Wiedereinführung der Berufung keineswegs das Mittel zur Abhilfe ist. In scharfen Zügen wird dargelegt (S. 16 ff.), daß die Quelle, aus der der Berufungs⸗ richter schöpfe, mit Nothwendigkeit trüber sei als die, welche dem ersten Richter zu Gebote stehe; es ergehe, falls man bei dem öffentlich mündlichen Verfahren, wie wir es haben, in der Berufung die erneute Verhandlung der Thatfrage zulasse, die Entscheidung nicht von dem besser, sondern von dem schlechter informirten Richter, und diese Erwägung müsse dahin führen, von jeder Berufung abzusehen wie es ja auch bei den Schwurgerichtssachen, also gerade bei den schwersten Straffällen, wo es sich um Tod oder Leben handle, niemand einfalle, die Einführung der Berufung ein höheres Schwurgericht zu verlangen. Wenn schon vom reinen Standpunkt der Rechtsprechung ganz überwiegende Gründe gegen die Berufung sprächen, so träten dazu noch die erheblichsten Bedenken, wenn man die Sache vom rechtspolitischen, finanziellen und volkswirthschaftlichen Gesichtspunkt aus betrachte. Hier wird dann die Verzögerung der endgültigen Erledigung vorgeführt und mit sach⸗ kundiger Wahrscheinlichkeitsrechnung der Kostenpunkt beziffert; wo⸗ bei die Berufung den Landgerichten oder gar fliegenden Kammern zu übertragen durchaus verworfen wird. Wenn der Verfasser nicht ver⸗ kennt, daß das Streben nach Einführung der Berufung sich auf er⸗ kannte Mißstände zurückführe, namentlich, daß möglicherweise für den nicht gewandten Angeklagten ein Nachtheil eintreten kann, falls er zu spät erfahren, worauf es ankomme, so werden von ihm Vorschläge zur Aufbesserung der Strafprozeßordnung gemacht. Es ist dankbar anzuerkennen, daß der Verfasser Mängel des Verfahrens kennzeichnet, durch die der Angeklagte in der That mitunter unbillig benachtheiligt wird, und Mittel nennt, jenen Mängeln wirksam abzuhelfen. „Giebt es solche Mittel“ heißt es S. 25 „so wird das um so mehr dazu beitragen, das Verlangen nach der Berufung zum Schweigen zu bringen. Denn es bleibt unbestreitbar wahr, was die Commission sagt: die Hauptsache ist, das Verfahren bereits in erster Instanz so zu ordnen, daß das Vertrauen zu der Rechtspflege in vollstem Maße gesichert und gewahrt bleibe.“ Es sei hier davon abgesehen, die eigenen Vorschläge mitzutheilen; aufmerksam sei aber nachdrücklich auf das gemacht, was über die Abfassung und Verlesung des Protokolls (S. 32 ff.) gesagt ist. Nachdem die Zusammenhanglosigkeit der heutigen deutschen Strafgerichtshöfe dargestellt ist, geht der auf die Mitwirkung des Laienelements in den Gerichtshöfen über und äußert zutreffend (S. 41): „Wer den Zug der Zeit versteht, muß sich überzeugen, daß das Laienelement nicht verschwinden, sondern daß seine Betheiligung an der Handhabung von Justiz und Verwaltung einen weiten Umfang annehmen wird.“ Den 18. bildet eine einheitliche, gleichartige Gestaltung der Straf⸗ gerichtshöfe, und zwar in der Weise: Für die schwersten Verbrechen das reorganisirte Schwurgericht (3 Richter und 6 Geschworene mit völlig gleichem Stimmrecht), an Stelle der Strafkammer das große Schöffengericht (2 Richter und 3 Schöffen), für die kleinen Sachen das jetzige Schöffengericht. Es sei der Schlußabsatz der Schrift nach⸗ stehend wörtlich mitgetheilt: „Die Hauptsache bleibt, daß nach einem klaren festen Plane vorgegangen wird, daß also bei schrittweisem Vorgehen nicht das Endziel der in Vorstehendem angedeuteten vollen, consequent durchgeführten Reform aus dem Auge verloren wird. Dies geschieht aber, wenn man das Rechtsmittel der Berufung wieder ein⸗ führt; denn damit würde wieder eine neue wichtige Kategorie reiner, zur Entscheidung über die Thatfrage G Beamtengerichte etablirt. Sind einmal die großen Kosten und legislativen Mühen und Arbeiten auf diese Neu⸗ schöpfung verwandt, so ist damit für absehbare Zeit der wirklich nützlichen und nöthigen Reform unserer Strafgerichte der Weg versperrt. Kann man daher diese letztere Reform jetzt weder ganz noch theilweise in Angriff nehmen; fehlt es an Mitteln, an Zeit, oder glaubt man, daß die Ansichten noch nicht genügend geklärt sind so schreite man zu einer Verbesserung des Verfa tens und namentlich zu einer vermehrten Sicherung des Angeklagten gegen Ueberraschung, man verstärke die gesetzlichen Garantien für eine wirklich gründliche Behandlung der Sachen gemäß den oben näher ausgeführten, der Praxis entnommenen Gesichtspunkten; man bewillige vor allem die nöthigen Richterstellen, damit die Richter Zeit haben, die ihnen über⸗ wiesenen Sachen prompt, aber auch sorgfältig zu bearbeiten. Die Wiedereinführung der Berufung nützt garnicht, sondern schadet nur, sie leitet die Reformbestrebungen in eine falsche Bahn und bildet ein Hinderniß für die nothwendigen Reformen“. Es darf dem Verfasser, der rückhaltlos seine Ansicht vertritt, der Dank dafür ausgesprochen werden, daß er eine solche Form für seine Darstellung und Begründung gesucht und gefunden hat, welche für den in den Gerichtshöfen thätigen, wie für den außerhalb derselben stehenden Staatsbürger gleich anziehend ist.

Unterhaltung.

Kaptein Meerrose und ihre Kinder, Erzählung in drei Bänden von Balduin Möllhausen. Berlin W., F. Fon⸗ tane u. Co. 1893. Der bejahrte Schriftsteller hat an seiner Jugendfrische und Jugendfreude wie auch an seinem Erzählertalent nichts eingebüßt, ja „Kaptein Meerrose“ ist in vieler Be⸗ ziehung vielleicht das Beste, fruchtbare Schriftsteller bisher producirt hat. Mit jedem Kapitel steigert sich das Interesse an der mit kundiger Hand geleiteten Entwickelung der Handlung, die überaus reich und mannigfaltig ist und, obwohl in verschiedenen Weltgegenden sich abspielend, doch der harmonischen Ein⸗ heit und inneren Geschlossenheit, ja eines straffen dramatischen Zu⸗ sammenhangs nicht entbehrt, sodaß man mit Behagen die Entwirrung des geschickt geschürzten Knotens verfolgt. Die Schilderungen der Natur, ob sie nun die Majestät des Oceans, den deutschen Wald oder die Tropendickichte Amerikas betreffen, sind voll farbenprächtigen Lebens; die Charaktere, ob sie groß und edel sind, wie die seltsame Heldin des Buches, oder ob sie die Verworfenheit der Spelunken, in denen gewisse Subjecte hausen, widerspiegeln, sind mit festen Strichen und sicherer Pinselführung entworfen. Sittenreinheit Wund Anmuth bilden dabei das bevorzugte Relief des Unter⸗ grundes und den versöhnenden Abschluß. „Kaptein Meerrose“ ist ein Buch, welches deutscher Art gerecht wird und in jeder deutschen Familie gern gelesen werden dürfte. Wenn auch nicht beabsichtigt, so bildet es doch in seiner Wirkung einen beredten Protest gegen die Mißgeburten krankhafter Phantasie, die jetzt den Büchermarkt be⸗ herrschen. Möllhausen huldigt bei aller Phantasie, die ihn aus⸗ zeichnet, viel eher als es die Producte des modernen sogenannten Realismus thun, einem wirklich funden Realismus, indem er sich mit Recht fern hält von allen ästhetischen und ethischen Gemein⸗ heiten, die uns heutzutage als das wahre Wesen des Realismus vor⸗ gespiegelt werden.

was der

Wir zweifeln nicht, daß man in Deutschland sich

von diesem Unwesen bald wieder abkehren und desto mehr Geschmack an Büchern wie „Kaptein Meerrose“ finden wird.

Der bekannte Historiker und Publicist Professor Dr. Alfred Dove ist mit einem historischen Roman unter dem Titel „Caracosa“ (Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Nachfolger, in Stutt⸗ gart) zum ersten Male als Novellist vor die Oeffentlichkeit getreten. Der Roman spieli im dreizehnten Jahrhundert in Italien, unter dem großen Staufenkaiser Friedrich II. Die außergewöhnliche Sach⸗ kenntniß und Formbeherrschung des Autors bieten die beste Gewähr einer lehr⸗ und genußreichen Lectüre.

Von der Gesammt⸗Ausgabe der Romane von Georg Ebers, welche in der Deutschen Verlags⸗Anstalt in Stuttgart er⸗ erscheint, liegen uns sechs neue Lieferungen, 7 bis 12, vor. Sie enthalten den Schluß des ersten Romans „Eine egyptische Königstochter“, der den Weltruf des Autors begründete, sowie den Anfang des zweiten, „Uarda“. In diesen beiden Romanen führt der berühmte Gelehrte den Leser in das geheimnißvolle alte Wunderland der Pyramiden und weiß ihn durch sein bedeutendes Erzählertalent mit weitentlegenen Zeiten und fremdartigen Sitten rasch vertraut zu machen. Georg Ebers' gesammelte Werke sind auf 105 Lieferungen zu je 60 oder 25 Bände zu je 2 50 (elegant gebunden 3 50 ₰) berechnet. Bis jetzt liegen 12 Lieferungen oder 2 Bände in gediegener Aus⸗ stattung vor; für das kommende Weihnachtsfest bilden sie ein schönes Geschenk auf dem Gabentisch.

Die bekannten sechs Vorlesungen von Thomas Carlyle über Helden, Heldenverehrung und das Heldenthüm⸗ liche in der Geschichte sind in der deutschen Uebersetzung von J. Neuberg in R. von Decker's Verlag (G. Schenck) in zweiter Auf⸗ lage erschienen.

Novellen⸗Bibliothek der „Illustrirten Zeitung“. Vierzehnter Band. Preis 2 ℳ, in Original⸗Leinenband 3 Ver⸗ lag von J. J. Weber in Leipzig. Die gediegene, mit bewährtem Geschmack zusammengestellte „Novellen⸗Bibliothek der Illustrirten Zeitung“ ist wieder um einen neuen Band, den vierzehnten, vermehrt worden, der sich gerade zur rechten Zeit vor dem Weihnachtsfest ein⸗ stellt. Die „Novellen⸗Bibliothek der Illustrirten Zeitung“ mit ihrem reichen, wechselvollen Inhalt von ausgewählten Schöpfungen der besten Schriftsteller hat sich seit lange einen großen Freundeskreis erworben, da sie allen Anforderungen, die man an eine Lectüre für die Familie stellt, in vollkommenster Weise entspricht und für jung und alt Stoff zu angenehmer,8 erquicklicher Unterhaltung liefert. Der 14. Band reiht sich in dieser Beziehung seinen Vorgängern würdig an und ent⸗ hält nicht weniger als neunzehn Erzählungen, von denen jede ihren besonderen, eigenartigen Reiz besitzt.

Von Walther Siegfried, dem durch seinen Künstler⸗ roman „Tino Moralt“ schnell vortheilhaft bekannt gewordenen neuen schweizer Romanschriftsteller, erscheint noch vor Weihnachten im Ver⸗ lage von Dr. E. Albert u. Co. in München ein zweites Werk mit dem Titel „Fermont“. 0

Die Illustrirte Frauen⸗Zeitung stellt im Verein mit der „Modenwelt“ eine zeitgemäße hauswirthschaftliche Preis⸗ frage, zu welcher Einsendungen bis zum 1. Januar 1894 erbeten werden. Schon jetzt zeigt sich eine rege Betheiligung an dieser Con⸗ currenz, für die drei Mreise in der Höhe von 150, 100 und 50 ausgesetzt sind. In dem neuesten Heft des beliebten Frauenblatts beginnt eine fesselnde Novelle „Ohne Fächer“ von dem leider inzwischen verstorbenen jungen Autor Heinrich Kana. Ferner seien erwähnt eine stimmungsvolle Gebirgsgeschichte „Solanum Dulcamara“ von O. von Oberkamp, sowie eine ansprechende Betrachtung über die „Sorge“ aus der Feder von P. G. Heims. Der bekannte Kunsthistoriker J. von Falke bietet einen interessanten Beitrag zur Geschichte des Krystall⸗

lases. Unter den illustrativen Beigaben seien hervorgehoben: L. von umbusch's Bild „Spätherbst“ und eine flotte „Ostseestrand“⸗Schil⸗

derung des Malers K. Müller⸗Kurzwelly. Verschiedenes. 1

Deutsche Kern⸗ und Zeitfragen. Von Dr. Albert Schäffle, K. u. K. Minister a. D. Berlin. Ernst Hofmann u. Co. 1894. In einem starken Bande von 30 Bogen (472 Seiten) be⸗ handelt der Verfasser in gemeinverständlicher populär⸗wissenschaftlicher Darstellung hauptsächlich Fragen von staatlicher Bedeutung, Fragen der auswärtigen Politik einschließlich der Colonial⸗ und Handelspolitik, sowie volkswirthschaftliche, socialpolitische und finanzpolitische Hauptrrobleme. Zum theil sind einige dieser Abhandlungen schon früher gelegentlich in Zeitschriften er⸗ schienen. Aber auch diese sind erheblich erweitert und um⸗ gearbeitet worden, andere neue sind hinzugekommen; dies be⸗ zieht sich namentlich auf die Untersuchungen über Volksvertretung und Verfassungspolitik. Ferner aber ist um alle diese Abhandlungen ein einheitliches geistiges Band geschlungen, sodaß sie nicht als zer⸗ streute oder gesammelte Aufsätze, sondern als Theile eines Ganzen erscheinen, das die zeitbewegenden staatlichen Fragen unschließt. Es ist nicht nur der erfahrene Socialpolitiker und Volks⸗ wirth, der sich hier kundgiebt, sondern auch der tiefe Denker, der auch die schwierigsten Fragen in fuͤrcht⸗, partei⸗ und leidenschaftsloser und deshalb wohlthuend ruhiger Weise behandelt. Wir lassen hier die behandelten Gegenstände in ihren Ueberschriften folgen: Kernfragen der Entwickelungsweise oder Socialauslese unseres Zeitalters; Kern⸗ und Zeitfragen der Entwicklungsspannung, ins⸗ besondere der Bevölkerungsspannung; Kern⸗ und Zeitfragen der Ver⸗ fassungspolitik überhaupt; Kern⸗ und Zeitfragen der Volksvertretung insbesondere; Kern⸗ und Zeitfragen der auswärtigen Politik und der Colonialpolitik; Kern⸗ und Zeitfragen der Handelspolitik, der Agrarpolitik, der Socialpolitik und der Finanzpolitik. Vieles von seinen Ausführungen ist sehr eigenartig, so die Theorie von der Socialauslese, worin philosophisch nachgewiesen wird, daß di sociale Entwickelung nicht nach einem bestimmten metaphysischen System vor sich geht, sondern daß sie das Product der Daseinskämpfe ist, in denen die socialen Kräfte sich einander anpassen und organisiren zum Kampf gegen andere ähnliche Organisationen und die stärkste Organi⸗ sation den Sieg davon trägt. Das gegenwärtige Zeitalterbezeichnet Schäffle als das fünfte; es ist das Zeitalter der „volklich⸗großstaatlich⸗natio⸗ nalen und der völkergesammtstaatlichen Verfassungsbildungen“; als das sechste, vielleicht in Zukunft mögliche, setzt er ein Zeitalter von „Unionsreichen“ voraus, nicht aber den (socialdemokratischen) Welt⸗ oder Menschheitsstaat. Er stellt eine Lehre von den Verfassungsstufen auf, die er 8 fünf abgrenzt, und führt im einzelnen durch, wie sie sich gebildet haben. In der Erörterung über die Kern⸗ und Zeitfragen der Volksvertretung stellt er Grundsätze für die Bildung von Volks⸗ vertretungen auf: die Vertretung muß „vollständig“, „verhältniß⸗ mäßig“, „unabhängig“ und „tüchtig“ sein; weiter redet er dem allgemeinen Stimmrecht das Wort, fordert aber als Ergänzung eine gliederschaftlich⸗körperschaftliche Vertretung. In der Abhandlung über die Handelspolitik interessirt der Nachweis, daß die Handelsverträge von 1892 allen verständigen Forderungen der Finanz⸗ politik, der Erleichterung fremder Einfuhr und der Schonung be⸗ stehender lebensfähiger oder entwickelungsfähiger Produectionszweige entsprechen. Weiter tritt der Verfasser für Beseitigung der weit⸗ verbreiteten Ueberschuldungen durch Reformen im Agrar⸗ secht, insbesondere im Agrarereditrecht ein; er legt dar, daß die unwirthschaftliche Verschuldung zablreicher Landwirthe in der Ueberzahlung der Güter, im Mangel an Betriebseredit und im Mangel geregelter Tilgung der Hvypothekar⸗ und der Personal⸗ schulden wurzelt, und ist der Meinung, daß die Grundursachen des

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Uebels durch körperschaftlich⸗genossenschaftliche Standesorganisation des landwirthschaftlichen Credits mit vollkommenem Erfolg und für immer beseitigt werden können. (Vergl. S. 280 u. ff. sowie den be⸗ sonders beachtenswerthen Abschnitt über „Agrarpolitik“ S. 296 bis 349, wo ein besonderes Agrarreformprogramm formulirt ist, das das „ultra⸗liberale Bauernrecht“ umwandeln will, und dem Nachdenken und der Prüfung aller, die die schwebende Streitfrage interessirt, empfohlen sein mag.) Wir begnügen uns mit diesen Andeutungen. Die Darlegungen, die selbst⸗ verständlich niemals parteipolitisch sind, enthalten eine Fülle an⸗ regender Gedanken und ebenso viel historisches wie volkswirthschaft⸗ liches Material. Wird man auch im einzelnen oft von den mit⸗ getheilten Ansichten und Urtheilsschlüssen abweichen, so wird man doch stets die Wissenschaftlichkeit dankend anerkennen, mit der die staatsrechtlichen und volkswirthschaftlichen Untersuchungen geführt werden. Die in der Forme populär⸗wissenschaftliche, sehr klare und eindringliche Darstellung macht es möglich, daß viele sich mit den Kern⸗ und Zeitfragen vertraut machen werden; jeder wird wenigstens einigen Nutzen daraus ziehen. Kalender.

Als einer der bewährtesten Freunde der deutschen Familien hat sich seit langen Jahren stets Trowitzsch's Volkskalender (Verlag von Trowitzsch und Sohn in Berlin, Preis 1 ℳ) gezeigt. Er bestätigt diesen Ruf auch durch den neuen Jahrgang 1894, in welchem Georg Ebers mit tiefempfundenen Gedichten und trefflichen Sprüchen vertreten ist, während P. K. Rosegger ein reizvolles Bild aus dem Kinderleben: „Unser zweijähriges Dirndel“, Herrmann Heiberg eine spannende Novelle: „Um tausend Mark“, und Professor Dr. Brugsch⸗ Pascha eine fesselnde, in das novellistische Gewand gekleidete cultur⸗ historische Skizze: „Ein Tag vor dreitausend Jahren“ beigesteuert hat. Ferner erwähnen wir noch besonders Paul Lindenberg's: „Aus dem Alltagsleben unseres Heldenkaisers“. Nach den „Erinnerungen eines Ein⸗ Sewe h. erzählt er allerlei Mittheilungen, die uns in stimmun voller Weise viel Neues aus dem Leben Kaiser Wilhelm'’s I. berichten. Während des Feldzuges von 1870/71 spielt eine außerordentlich packende Erzählung von Karl Tanera: „Dienst um Dienst“. Dem Humor tr J. Zink's frische Novellette: „Grethel's Hans“ Rechnung, während Emmy Rossi's Novelle: „Geheilt“ ein ernstes Problem in origineller Lösung behandelt. Die reich illustrirte „Geschichte der jüngsten Ver⸗ gangenheit“ enthält in anregender Zusammenfassung die Chronik des letzten Jahres. Neben Gedichten von Johannes Trojan und Friedrich Storck bringt der Kalender noch außer den üblichen statistischen und Kalendernotizen allerhand wichtige und bemerkenswerthe kürzere Aufsätze. Endlich bietet er neben einem effectreichen Farben⸗ bild von Adalbert von Rößler: „Die Heimkehr des Reservisten“ und vielen humoristischen Zeichnungen zahlreiche gute Original⸗ illustrationen von Wilh. Weimar, Hans Looschen, W. Sprenger. a .“ ꝛc. sowie verschiedene Kunstblätter in ausgezeichnetem Holz⸗

nitt.

Trowitzsch's Damen⸗Kalender für 1894 (Verlag von Trowitzsch und Sohn in Berlin) bringt vier sinnige Parabeln von Marie von Ebner⸗Eschenbach. Nicht minder anziehend ist die poetische Novelle in Versen von Emmy Rossi: „Eine Rosenknospe“. Di beiden Beiträge empfehlen an sich bereits Trowitzsch’'s Damen⸗Kalender, der sich aber auch schon durch sein schmuckes Gewand zahllose Freunde und noch mehr Freundinnen erwerben wird. Eine Heliograpure nach einem Gemälde von Hans Looschen: „Der rechte Ton“ bildet den künstlerischen Schmuck des Büchleins, dessen Preis (1,50 ℳ) ein ge⸗ ringer ist und das auch als Festgeschenk überall ein freudiges Wilb⸗ kommen finden wird.

Ein elegantes, kleines Geschenk für Damen ist der auch in diesem Jahre wieder erschienene Haude & Spener'sche Damen⸗ Almanach (28. Jahrgang für 1894. Verlag von Haunde & Spener, Berlin). Das geschmackvoll und fein ausgestattete Büchlein vereinigt in sich Taschenkalender, Notiz⸗ und Tagebuch in zierlicher Form. Eine

emüthvolle Erzählung aus der Feder einer beliebten Novellistin er⸗ höht den Reiz des Büchleins, welches auch wegen seiner Billigkeit (Preis 2 ℳ) als bei jeder Gelegenheit passendes Geschenk empfoblen werden kann.

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Weihnachts⸗Literatur.

Die Helden und Führer des deutschen neunzehnten Jahrhundert. Ein Gedenkbuch deutscher keit und Treue. Bearbeitet und zusammengestellt von Max Di Dresden. Deutsch⸗Patriotischer Verlag von W. H. Sche Seine Majestät der König von Sachsen angenommen hat, ist bereis vortheilhaft bekannt und auch an dieser Stelle lobend erwäl Gelegenheit des Erscheinens der von ihm herausgegebenen in Wort und Bild an die Ehrentage der deutschen Nation deutsch⸗französischen Krieges. Mit unendlicher Mühe ist bei dem jetzt vorliegenden Werke alles Wissenswertb Leben und die Thaten der hervorragendsten Führer und Berather de Deutschen in schweren und glänzenden Kriegszeiten zusammengetragen und dabei mit glücklichem Erfolge das weniger Wichtige und weniger Interessante bei Seite gelassen. Bei einer in Papier. Druck und Einband,, sowie in vortrefflichen Abhildungen außerordentlich guten Ausstattung bringt so das Buch in höchst anschaulicher und anziedender Weise die Geschichte des deutschen Volkes und Vaterlandes in diesem Jahrhundert zur Darstellung durch eingehende Bebandl des Leders⸗ ganges derjenigen Persönlichkeiten, welche auf die Entrwickelang der politischen und gesellschaftlichen Zustände einzuwirken berufen waren. Mit warmer patriotischer Begeisterung wird die Theilnahme für das Schicksal der leitenden Männer in hohem Grade angeregt und daber zur Erkenntniß gebracht, welche Aufgaden den Einzelnen wie der Geo⸗ sammtheit im Hublick auf die Wohlfahrt des deutschen Waterkandes und die Hebung der sittlichen und geistigen Befähigung der Nattemen gestellt sind.

Das in drei Thbeile gegliederte Werk dehandelt im ersten Tbeil

italter des Königs Friedrich Wilbelm III. und der deusschen iege“, im zweiten Theil „Das Zeitalter der Kaerz und der deutschen Eini criege“, und im deitten Theil e Königs Friedrich Wüdelm III. und sEmer Gemahlin, der Königin Luise. F 3 reichen, hier wiedergegebenen

den itesten Mauꝛn cin. igenbändigen AnfFed d geprüften Königspaams aus guten und dösen Tagen erhühem der Interesse des Lesers für das Bach, in welchem au deeser Sdelhe ueah ausführlicher dehandelt werden das Leben des bdeir 8eb feld gefallenen Prinzen Lonis Ferdinand, d in der Schhacht den Jeen und Auerstädt auf den Tod verwundeten, ungkulächen Oderdefebdebabers der preußischen Armee Herzege Ferdinand dvem Brmanscheeech. des tapferen Vertdeidigers ven Grandenz General⸗ C 8 des thatkräftigen vden Kolderg. Jonchem Chrk des. des Majers don Schill, den Herze Fredrich Wdelm vam Beeie schweig, des sogenannten schwarzen xrzen, des Gemnerals den · herst, der Geueral-Feldmarschälle Für Bläücher, Graf dem Geewerzeh und Graf York ven Wartendurg und de derühmtem Preihe fuüͤbrers Freiberrn ven Ttzort. der wird der Verdden derrn vem Stein uond der Turm Jades Dichtungen das Velk in Waßen , * Mori Arnde. Tdesder v orf eing 8. 16“ Der zweite Thein: „Das Zeitalter KaFer Päüleurt

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