und die Straßenscene im vierten Act mit dem Chor der heimkehrenden
Krieger; das Haus und der Garten Margarethe's im dritten Act
hatten ein neues, zweckentsprechendes Gewand erhalten. Glänzend war
das Bacchanal im fünften Act, welches mit seinen Gruppirungen und
Tanzkünsten dem Beschauer eine wahre Augenweide bot. Herr Kapell⸗
meister Sucher leitete das Orchester mit sicherer Hand. Königliches Schauspielhaus.
In dem Brachvogel'’schen Trauerspiel „Narziß“ trat Herr Klein am Sonnabend in der Titelrolle auf. Die Partie erfordert von dem Schauspieler ebensoviel Geist wie Leidenschaft und wird deshalb von schauspielerischen Virtuosen mit Vorliebe dargestellt. Herr Klein zeigte sich durch sein Spiel der Aufgabe voll gewachsen und bewies, daß er die Rolle bis ins Einzelne durchdacht hat. Vor allem ist zu rühmen, daß der Darsteller die Uebertreibungen und Effect⸗ haschereien, zu denen die Rolle leicht verleitet, durchaus ver⸗ mied. Die feine Satire im ersten Act gelang ihm trefflich, auch der große Monolog im vierten Act. In manchen Einzelheiten zeigte er sich als gewandter Beherrscher der Sprache und des Gefühlsausdrucks und überraschte durch seine Auffassungs⸗ weise an den Stellen, wo Narziß plötzlich und unvermittelt in die extremsten Stimmungen verfällt. Weniger glücklich fand sich Fräulein Poppe (Pompadour) mit ihrer Aufgabe ab. Im dritten Act, in dem sie die schwer Kranke zu spielen hat, klang das Organ hart und schrill, wodurch die Darstellerin mehr den Eindruck einer launenhaften und keifenden Frau macht, als den der schlangen⸗ haften Kokette, die mit ihrem unersättlichen Ehrgeiz doch immer ein Charakter bleibt, stark im Haß und in der Menschen⸗ verachtung. Besser gelang ihr der letzte Act, wenn auch das Spiel der Todtkranken im Gegensatz zum ersten Auftreten zu frisch und leb⸗ haft erschien. Frau von Hochenburger (Quinault) war ebenfalls zum Schluß besser als im Anfang. Es glückte ihr aber nicht ganz, die einzige Lichtgestalt des Dramas zu voller Geltung zu bringen.
Lessing⸗Theater.
Von den beiden gestern Abend aufgeführten Novitäten fand nur die zweite, der Schwank „Der ungläubige Thomas“ von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby, eine wirklich fröhliche Antheil⸗ nahme. Dem Lustspiel „Ein Millionär a. D.“ von Labiche und Legouvé, das gestern an erster Stelle gegeben wurde, fehlt Witz und natürliche Empfindung. Das kleine französische Stück beruht auf der schwer glaublichen Voraussetzung, daß ein junger Millionär a. D., der erst seine eigenen Millionen in kurzer Zeit, wenn auch in seiner Eigenschaft als Kunstfreund, ver⸗ schwendet hat und jetzt die Millionen anderer ausgeben hilft, von einer sparsamen, fleißig einheimsenden Bürgerfamilie als Schwiegersohn mit offenen Armen aufgenommen wird, nur weil er die Kunst des Geldausgebens so vornehm und kunstsinnig versteht. Da der Dialog auch keine geistvollen Wendungen bietet — denn die eingestreuten Lob⸗ reden auf Frau von Sevigné und auf die Narren, die nicht nach Geld und Gut fragen, können nicht als solche gelten —, so war der Eindruck des Stücks kein sehr tiefer. Die Darsteller, Frau von Pöllnitz als sparsame Hausfrau, und die Herren Höcker und Reicher als alter Rentier und Millionär a. D., thaten ihr Bestes, um einen Er⸗ folg zu erzielen; Fräulein Else Lehmann paßt für eine junge Naive aus reichem Bürgerhause, die sie gestern spielen mußte, nicht recht. Ihrem Wesen fehlt die bescheidene Grazie und Leichtigkeit der Bewegung, die einem jungen, wohlerzogenen Mädchen eigen zu sein pflegt. Lebhaftere Theilnahme und hochgradige Heiterkeit rief der Schwank „Der ungläubige Thomas“ hervor. Die Verfasser haben aufmerksam den Ursachen nachgeforscht,
Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 268. Vorstellung. Richard Wagner ⸗Cyelus. 3 Acken von Richard Wagner
Wetterbericht vom 18. Dezember, 8 Uhr Morgens.
Grube.
sp. m
8 . 5 8 8
red. in Mill
Wind.
Stationen.
emperatur
meister Sucher. 6 ½ Uhr.
—2 S* S!I —1u
58 2
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meere
Wetter. V 1 2.g
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2halb bed.
Belmullet. 754 SW Aberdeen . 756 OSO 5 wolkig Christiansund 763 OSO 2 wolkig Kopenhagen. 770 N. 2 Nebel Stockholm. 767 W 2 wolkenlos Haparanda . 756 NW 2 wolkenlos St. Petersbg. 752 W 1 Moskau 758 1 bedeckt — 3 Cork, QOueens- iu 753 Cherbourg . 765 .7767 111616“*“ Hamburg Swinemünde Neufahrwasser Memel ... EIböö Münster . .. Karlsruhe .. Wiesbaden München Chemnitz.. 8 Berlin .. O Wien 2
I 5 bedeckt me.
3 bedeckt 1 wolkenlos 3 Dunst') 4 Nebel 2 halb bed. 3 bedeckt — 3 wolkenl. ²) 1 bedeckt (O 2 wolkenlos
2 bedeckt
2 bedeckt
1 Nebel still Nebel²)
1 bedeckt still bedeckt Breslau. WNW bedeckt Ile d'Aix 9SO Z wolkenlos * Aae ee O 1 wolkenlos AZq still wolkenlos
Sorma.)
me—Sro =z
Donnerstag:
V V
kasse.
¹) Dunst. 2²) Nachts Regen. ³) Reif, Rauhfrost. Uebersicht der Witterung.
Eine breite Zone hohen Luftdruckes erstreckt sich vom Mittelmeere aus nordwärts über Central⸗Europa hinaus nach Skandinavien hin, während über Nord⸗ west⸗ und Nordost⸗Europa barometrische Depressionen lagern. Ueber den Britischen Inseln ist das Baro⸗ meter wieder stark gefallen, sodaß zunächst für das
südliche Nordseegebiet wieder E wärmung zu erwarten sein dürfte. In Deutschland ist das Wetter vor⸗ wiegend trübe, vielfach neblig und meist kälter, in Donnerstag: den nordöstlichen Gebietstheilen, wo die milde 2. Witterung noch anhält, ist Regen gefallen. Im westlichen und centralen Deutschland, g. in Ost⸗ frankreich herrscht leichter eutsche Seewarte.
kasse.
Dienstag:
Herr Unger.
mann.
Theater⸗Anzeigen. “ Königliche Schauspiele. Dienstag: Operr⸗
haus. 267. Vorstellung. Margarethe. Oper in 5 Acten von Gounod. Text nach Goethe's Faust, von Jules Barbier und Michel Carré. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Sucher. (Faust: Herr Emil Götze, Königl. Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.
* Schauspielhaus. 164. Vorstellung. Vasantasena.
Dramu in d Aufzügen von, Emil pohl, ma srese:] 100., Me⸗
Schauspielhaus. 165. Vorstellung. Die Ahrens⸗ hooper. Vaterländisches Schauspiel in zug von Axel Delmar. Ober⸗Regisseur Max Grube. — Hannele. Traum⸗ stück in 2 Theilen von Gerhart Hauptmann. Musik von Max Marschalk. Regisseur Max Grube.
— —— Deutsches Theater. Dienstag: Der Talis⸗ Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: College Crampton.
Die Tageskasse ist von 10—1 Uhr gesffnet.
Berliner Theater. Dienstag: Chic. (Agnes Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Kean.
Aus eigenem Recht.
Lessing⸗Theater. Dienstag: 9. Duse⸗Abend. Die Cameliendame.
Mittwoch: Der ungläubige Thomas. Vorher: Ein Millionär a. D. .
Donnerstag: 10. Duse⸗Abend. Cyprienne. Herr und Diener.
Vorverkauf für alle Duse⸗Abende an der Tages⸗
An allen drei Feiertagen gelangt „Der unglänu⸗ bige Thomas“ und „Ein Millionär a. D.“ zur Aufführung. Vorverkauf von heute ab an der Tages⸗
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Der Vogelhändler. 3 Aufzügen nach einer Idee des Bieville von M. West und L. Held. 1 Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ nfang 7 Uhr.
Mittwoch: Der Vogelhändler.
Mit vellständig neuer Ausstattung: Zum 1. Male: Der Lieutenant zur See. Operette in 3 Aecten nach einer älteren Idee von E. Schlack und L. Herrmann. Musik von Louis Roth.
Kesidenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ Zum 27. Male: Die Dragoner. Act Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher: Zum 10. Male: Drameunstoff. Schauspiel in 1 Act von Fedor von Zobeltitz. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch und folg. Tage: Die Tragoner. In Vorbereitung: Der Mustergatte.
Neues Theater (am Schiffbauerdamm 42 ‧5).
Dienstag: 83. Ensemble⸗Gastspiel des Residenz⸗ Theaters. Direction: Jugend. Ein Liebesdrama in 3 Acten
die den guten französischen Schwänken zu ihrem durchschlagenden Lach⸗ erfolge verholfen haben. Wie es dort geschieht, haben sie aus einer komischen Idee geschickt und consequent die übermüthigsten Folgerungen gezogen und damit das Publikum drei Acte hindurch lustig unter⸗ halten. Im Hause des braven Ignaz Döll treiben die Frau, die Töchter und Anverwandten allerhand spiritistischen Spuk, der den Haus⸗ herrn empört und rasend macht; endlich bringt ein Zufall ihn auf die Idee, sich von der Belästigung durch verstelltes Eingehen auf den Spiritismus zu befreien. Der spiritistischen Behauptung entsprechend, daß einem Menschen durch Suggestion das Gedächtniß genommen werden könne, verliert er mit großem Ver⸗ gnügen sein Gedächtniß und benutzt die gedächtnißlose Zeit zu aller⸗ hand lustigen Ausschreitungen, die seine Familie in Angst und Auf⸗ regung versetzen; die Löfung wird durch einen jungen Arzt herbei⸗ geführt. der das Schelmenstück des biederen Döll durchschaut und keck die Gelegenheit benutzt, sich die Hand seiner Angebeteten, der Tochter Döll's, zu sichern. — An lustigen Einfällen im Dialog hat es den Verfassern nicht gemangelt, und manche recht alte Witze sind hier so geschickt eingeflochten, daß auch sie wieder komisch wirkten. Als Held des Abends, als „ungläubiger Thomas“, der sich schadenfroh zum Spiritismus bekehren läßt, stand Herr Guthery im Vorder⸗ grunde; solche Pantoffelhelden, die ihrer Ehehälfte vergnügt ein Schnippchen schlagen, sind seine Specialität, in der er fast unübertrefflich ist; seine Komik übte starke Wirkungen aus, die sich in fröhlichem Lachen der Zuschauer zu erkennen gaben. Nächst Herrn Guthery spielte Herr Sauer als Doctor Wagner die bedeutendste Rolle. Er führte seine Dispute mit dem alten Döll launig durch und wußte in seinem Wesen verständnißvoll die Ironie der Vorgänge zu kennzeichnen. Herr Jürgas gab als locken⸗ umwallter jugendlicher Musiker und Spiritist besonders die Hypnoti⸗ sirungsscene sehr erheiternd. Die übrigen Rollen traten weniger hervor, doch trugen ihre Darsteller durch episodisch eingestreute Scherze zuweilen zur Belustigung bei. Theater Unter den Linden. 8
Am Sonnabend ging die Vaudeville⸗Operette „Die Kosakin“, nach Meilhac⸗Millaud's „La) Cosaque“ bearbeitet von M. West, Musik von Johann Brandl, zum ersten Mal in Scene. Das harmlose Werk, mehr Vaudeville als Operette, behandelt die tollen Excentricitäten einer russischen Fürstin, die, um einer erzwungenen Heirath mit einem Vetter und der Verbannung nach Sibirien zu entgehen, mit einem Pariser Geschäftsreisenden nach Paris flieht, dot als Modistin in das Geschäft ihres Reisebegleiters tritt, voll übermüthigster Laune alles auf den Kopf stellt und schließlich freiwillig den zufällig auch in Paris anwesenden Vetter heirathet. Diese Rolle bietet der Frau Ilka von Palmay, die noch immer als gern gesehener Gast an dieser Stätte auftritt, wieder die umfassendste Gelegenheit zur Entfaltung ihres ungewöhn⸗ lichen Soubrettentalents. Zuerst erscheint sie als Kosakin, dann als Fürstin, darauf in der Verkleidung ihrer Zofe, die an ihrer Stelle nach Sibirien transportirt worden ist, endlich als Modistin in Paris und zeigt sich stets von unnachahm⸗ lichem Reiz in Spiel und Gesang. Ebenbürtig durch seinen unver⸗ wüstlichen Humor stand ihr Herr Steinberger, diesmal nicht als ein alter Geck, sondern in der Rolle des Handlungsreisenden zur Seite, den er sehr maßvoll und darum um so ansprechender dar⸗ stellte. Im übrigen ist das Werk zwar ohne besondere Originalität, aber reich an gefälligen Tanzmelodien und weist auch mehrere hübsche Lieder auf, die von Frau von Palmay und Herrn Steinberger geschickt vorgetragen wurden. Die von Herrn Binder trefflich einstudirte,
*½
hübsch ausgestattete und von dem Kapellmeisters Herrn Veit sicher geleitete Operette wurde von den zahlreichen Zuschauern mit lebhaftem Beifall aufgenommen 8
Concerte.
Zum Besten des unter dem Allerhöchsten I Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden „ arienheims“ fand am Sonnabend im Saale der Sing⸗Akademie ein Wohl⸗ thätigkeits⸗Concert statt, das sehr zahlreich besucht war. Her⸗ vorragende Künstler und Künstlerinnen, wie Frau Rosa Sucher, Frau Koch⸗Bossenberger, Fräulein Margarethe Eussert, ferner die Herren Emil Götze, Josef Stau⸗ digl, und Florian Zaliec, hatten bereitwillig ihre Mitwirkung gewährt. Wenn auch sämmtlichen Vorträgen, wie zu erwarten war, eine vollendete Ausführung zu theil wurde, so erregten doch das Lied „Liebesglück“ von Sucher, von seiner Gattin mit schwungvoller Aus⸗ drucksweise gesungen, das „Ballgeflüster“ von Meyer⸗Hellmund, durch den zarten Vortrag der Frau Koch⸗Bossenberger gehoben, sowie Walther's Probegesang aus Wagner's „Meistersingern“, endlich eine stets gern gehörte Arie des Herrn E. Götze ganz besonders lebhaften Beifall. Auch Herrn Staudigl's treffliche Wiedergabe dreier Lieder von Schubert, sowie die Violinsoli des Herrn Zajic und die Klaviervorträge des Fräulein Eussert trugen wesentlich zum Gelingen dieses schönen Concerts bei, das gewiß auch seinen edlen Zweck erreicht haben wird. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin beehrte das Concert mit Allerhöchstihrer Gegenwart.
Der zweite Lieder⸗Abend der Concertfängerin Frau Olga von Türk⸗Rohn, der am Sonnabend im Saal Bechstein stattfand, brachte eine reiche Anzahl gut gewählter Gesänge von Beethoven, Schumann, Mozart, Liszt, Rubinstein, Chopin, Brahms und anderen zu Gehör, in der die trefflich geschulte klangvolle Stimme, wie der seelenvolle Vortrag der Künstlerin noch mehr als an dem ersten Abend zur Geltung kam. Sowohl ihren Leistungen als denen des Hof⸗ Cellisten Heinrich Grünfeld, der das Concert durch einige Solj unterstützte, wurde lebhafter Beifall zu theil.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Gounod’s „Margarethe“ mit den Damen Leisinger, Lammert, Rothauser, den Herren Mödlinger, Fränkel, Krasa, unter Kapellmeister Sucher’s Leitung gegeben. Herr Emil Götze singt den Faust.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen „Vasan⸗ tasena“ in Scene.
Im Deutschen Theater findet die erste Aufführung des neuen Lustspiels von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg „Der Herr Senator“ am ersten Weihnachtsfeiertag statt. Am Sonntag, 24. Dezember, bleibt das Theater geschlossen, die Kasse jedoch ist von 10 bis 1 ½ Uhr geöffnet.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater wird der Componist der dreiactigen Operette „Der Lieutenant zur See“, Herr Louis Roth, die erste Aufführung dieses Werks persönlich leiten.
Morgen, Dienstag, findet Königliche Parfo rcejagd statt. Stelldichein: 12 ¾¼ Uhr am Jagdschloß Grunewald, 1 ¼ Uhr am Saugarten. .
esetzt vom Ober⸗Regisseur Max Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.
8. Abend. Dirigent . Schmidt.
Siegfried in Kapell⸗ Anfang
1d Virtoria-Theater. Regie: Herr ☛ Decorationen, Costumen
1 Auf⸗ 53. Male: Die sieben
In Seene gesetzt vom Anfang 7 ½ Uhr.
In Seene gesetzt vom Ober⸗ Anfang 7 Uhr.
Reisekomödie für Kinder.
“
Novität! Die Kosakin.
gesammten Balletpersonal. Mittwoch: Zum 1. Male:
Anfang 7 Uhr. 1 — Musik von C. Dall' Argine.
Uhr.
Jacobson und Benno Jacobson. von Adolph Ernst.
Chausseestraße 25. Operette in
Musik von Carl Zeller. Regie: frau.
Clairville. 7 ½ Uhr.
Musik von
bereitung geschlossen.
1893. Revue in 2 Alexander Krakauer.
en von Bossu und Delavigne. In kasse von 6 ½ Uhr ab.
von Max Halbe. In Scene gesetzt von Sigmund
Mittwoch und folg. Tage: Jugend.
Belle⸗Alliancestraße 7/8.
Noch 3 Aufführungen. Dienstag, mit vollständig neuer Ausstattung an und Requisiten: Raben. Zaubermärchen mit Gesang und großem Ballet. U. a.:
Mittwoch: Die sieben RNaben. Mittwoch, Nachmittags 3 ½ Uhr: Kinder⸗Vor⸗ stellung. Robinson Crusoe. Romantisch⸗komische
☛ Bedeutend ermäßigte Preise. ☚
Jeder Erwachsene ein Kind frei.
Theater Unter den Linden. Ilka von Palmay als Gest. Operette in 3 Acten nach Meilhac⸗Millaud's „La GCosaque“. Musik von Joh. Brandl. — Hierauf:
Großes Ballet. Divertissement, ausgeführt vom — — Anfang 7 ½ Uhr. ESEE“ 111“
Brahma. tastisches Ausstattungs⸗Ballet von
Vorverkauf der Billets für die Premisre und die Feiertags⸗Vorstellungen an der Tageskasse von 10 — 1
Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: 92. Male: Charley’s Taute. Schwank in 3 Acten von Brandon Thomas. — Hierauf: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang in 1 Act von Ed. In Seene gesetzt Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Charley’s Tante. Die Bajazzi.
Central-Theater. Direction: Richard Schultz. Alte Jacobstraße Nr. 30.
Dienstag: Zum letzten Male: Die eiserne Iung.
Posse mit Gesang in 3 Acten von Charles
Louis Varney.
kittwoch, Donnerstag und Freitag wegen Vor⸗
Tageskasse: Vormittags von 10 bis 2 Uhr. Abend⸗
für Cello von Popper (Herr Smit). „Klänge aus Steyermark“, für Piston von Hoch (Herr Werner). Familien⸗Sylvester⸗Feier unter gütiger Leitung des Kgl. Hofschauspielers a. D. Herrn Paul Dehnicke. Billets im Bureau des Hauses.
202
Circus Nenz (Carlstraße). Dienstag, Abends 7 ¼ Uhr: Groste außerordentliche Vorstellung. 6 enalische Springpferde, vorgeführt vom Director Fr. Renz. „Dromwell“, geritten von Frl. Oceana Renz. „Prinz“, geritten von Herrn R. Renz. Der urkomische Clown⸗Imitator Mr. Bbbs. Der Clown Merkel mit seinem Esel Pipifar. Mr. La⸗ vater Lee ꝛc.
Zum Schluͤß der Vorstellung: ☛ Huldigungsgruß an Berlin. ☛
Großes Paradeschaustück mit Festspielen, Aufzügen, Solo⸗ und Ensembletänzen von 80 Damen, arrangirt vom Director Franz Renz.
Gewöhnliche Preise.
Billet⸗Vorverkauf an der Cireuskasse und beim Invalidendank, Markgrafenstraße 51a.
Mittwoch: Große Vorstellung.
Zum
Romantisches
Dienstag: Zum 4. Male: Vaudeville⸗
Phan⸗
J. Montplaisir. Familien⸗Nachrichten.
mit Herrn Landgerichts⸗Rath Alfred Grattenauer
8 (Hirschberg). — Frl. Johanna Hesse mit Hrn. Bezirks⸗Assessor Dr. Junck (Marienberg). — Gertrud Freiin von Oeynhausen mit Hrn. Prem.⸗ Lieut. Alexander von Melgunoff (Hannover — Braunschweig).
Verehelicht: Hr. Hauptmann Ernst Sokolowski mit Frl. Lili Possart (Neubabelsberg). — Hr. Rittergutsbesitzer Winckler mit Frl. Adelheid von Mikusch⸗Buchberg (Brieg). — Hr. Professor Dr. Fedor Krause mit Frl. Elisabeth Wagner (Altona). — J
Zum
Hr. Lieut. Werner Kühne mit Frl. Else Schreiber (Groß⸗Döbbern).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. Frhrn. Digeon von Monteton ( Bremen). — Hrn. Hauptmann von Waldow (Bonn).
Gestorben: Hr. Geh. Hofrath a. D. Heinrich Adam (Berlin). — Hr. Major z. D. Frhr. Schuler von Senden (Hirschberg). — Verw. Fr. Marie von Madeyski, geb. Freiin von Weczeck aus dem Hause Laband (Ober⸗Borin). — Frl. Anng von Saldern⸗Ahlimb (Potsdam). — Verw.
Anfang
Sonnabend: Zum 1. Male: Hochzeitsflammen. Fr. Landrath Victoria Marie Pustar, geb. Schmidt, Volksstück in 3 Acten von Mar Kretzer. — Berlin 1 Abtheilungen.
(Danzig.) — Hr. Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath ag. D. Carl Beinert (Berlin). — Hr. Hans von Heyden⸗Ploetz (Ploetz). — Verw. Fr. Emma von Werner, geb. von Thun (Hönigern).
Musik von
Concerte
Karl Meyder⸗Concert.
Letzte Woche. (Woolthätigkeitsverein zum pflege).
Sigmund Lautenburg. Zum
tasie aut
Concer Haus, Leipzigerstraße 48.
Anfang 7 Uhr. Zum Besten der Deutschen Reichsfechtschule Zwecke der
Eine Schauspiel⸗Ouverture von Hofmann. Phan⸗ „Traviata“ von Verdi.
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: —— — Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen
leinschließlich Börsen⸗Beilage). (19413)
Dienstag:
Waisen⸗
Mazurka Nr. 6
Verlobt: Frl. Anna Schaering gen. von Koethen
NM. 80] die ihn einer eingehenden Prüfung unterzogen und hierüber schriftlichen
Berlin, Montag, den 18. Dezember
Parlamentarische Nachrichten.
Der dem Reichstag vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, hat folgenden Wortlaut:
§ 1. Hat bei dem Verkauf einer dem Käufer übergebenen beweglichen Sache, deren Kaufpreis in Theilzahlungen berichtigt werden soll, der Verkäufer sich das Recht vorbehalten, wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurück⸗ zutreten, so ist im Falle dieses Rücktritts jeder Theil verpflichtet, dem anderen Theil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig. Dem Vorbehalt des Rück⸗ trittsrechts steht es gleich, wenn der Verkäufer wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen kraft Gesetzes die Auf⸗ lösung des Vertrags verlangen kann. 8
§ 2., Der Käufer hat im Falle des Rücktritts dem Verkäufer für die infolge des Vertrags gemachten Aufwendungen, sowie für solche Beschädigungen der Sache Ersatz zu leisten, welche durch ein Verschulden des Käufers oder durch einen sonstigen von ihm zu ver⸗ tretenden Umstand verursacht sind. Für die Ueberlassung des Gebrauchs oder der Benutzung ist deren Werth zu vergüten. Eine entgegen⸗ stehende Vereinbarung, insbesondere die vor Ausübung des Rücktritts⸗ rechts erfolgte vertraasmäßige Festsetzung einer höheren Vergütung, ist nichtig. Auf die Festsetzung der Höhe der Vergütung finden die Vorschriften des § 260 Absatz 1 der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung.
§ 3. Die nach den Bestimmungen der §§ 1, 2 kegründeten gegenseitigen Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen.
§ 4. Eine wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen verwirkte Vertragsstrafe kann, wenn sie unverhältniß⸗ mäßig hoch ist, auf Antrag des Käufers durch Urtheil auf den an⸗ gemessenen Betrag herabgesetzt werden. Die Herabsetzung einer ent⸗ richteten Strafe ist ausgeschlossen. Die Abrede, daß die Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen die Fälligkeit der Rest⸗ schuld zur Folge haben solle, kann rechtsgültig nur für den Fall getroffen werden, daß der Käufer mit mindestens zwei auf einander folgenden Theilzahlungen ganz oder theilweise im Verzug ist und der Betrag, mit dessen Zahlung er im Verzug ist, mindestens dem zehnten Theile des Kaufpreises gleichkommt.
§ 5. Hat der Verkäufer auf Grund des ihm vorbehaltenen Eigenthums die verkaufte Sache wieder an sich genommen, so gilt dies als Ausübung des Rücktrittsrechts.
§ 6. Die Vorschriften der §§ 1 bis 5 finden auf Verträge, welche darauf abzielen, die Zwecke eines Abzahlungsgeschäfts (§ 1) in einer anderen Rechtsform, insbesondere durch miethweise Ueberlassung der Sache zu erreichen, entsprechende Anwendung, gleichviel, ob dem Empfänger der Sache ein Recht, später deren Eigenthum zu erwerben, eingeräumt ist oder nicht.
§ 7. Wer Lotterieloose, Inhaberpapiere mit Prämien (Gesetz vom 8. Juni 1871, Reichs⸗Gesetzbl. S. 210) oder Bezugs⸗ oder An⸗ theilscheine auf solche Loose oder Inhaberpapiere gegen Theilzahlungen verkauft, oder durch sonstige auf die gleichen Zwecke abzielende Verträge veräußert, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft. Es begründet keinen Unterschied, ob die Uebergabe des Papiers vor oder nach der Zahlung des Preises erfolgt.
§ 8. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwen⸗ dung, wenn der Empfänger der Waare als Kaufmann in das Handels⸗ register eingetragen ist.
§ 9. Verträge, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab⸗ geschlossen worden sind, unterliegen den Vorschriften desselben nicht.
Der allgemeine Theil der Begründung hierzu lautet:
Der Umfang, welchen die Veräußerung beweglicher Sachen gegen ratenweise Abzahlung des Preises in Deutschland erreicht hat, und die Mißstände, die bei diesem Abzahlungsverkehr hervorgetreten sind, haben seit Jahren zu öffentlichen Erörterungen Anlaß gegeben, welche ein Vorgehen der Reichsgesetzgebung auf diesem Gebiet bezwecken. Zum theil wird die ganze Geschäftsform für wirthschaftlich schädlich erachtet und demgemäß verlangt, daß dem Abzahlungsverkehr als solchem entgegengetreten werde; zum theil wird wenigstens auf Maßregeln behufs Beseitigung der mit diesem Verkehr verbundenen Mißstände gedrungen. Die Petitionscommission des Reichstags hat mehrfach Veranlassung gehabt, sich mit Eingaben, welche auf Beschränkung der Abzahlungs⸗ geschäfte abzielten, zu befassen (Drucksachen des Reichstags 1887 1. Nr. 154; 1888/89 Nr. 122; 1890/92 Nr. 350); sie hat auch wieder⸗ holt beantragt, die Petitionen dem Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen. Im Plenum des Reichstags sind die darüber erstatteten Berichte nicht zur Verhandlung gelangt; doch ist auch dort die Frage der
Abzahlungsgeschäfte schon in früheren Jahren berührt worden (Sitzungen vom 12. November 1889 und vom 17. und 24. November 1891: Stenographische Berichte 1889 S. 251 ff., 1891 S. 2905, 2906, 3026 3029, 3036). In der Fachliteratur wie in der Tagespresse hat der Gegenstand vielfache Beleuchtung gefunden, zahlreiche Berichte von Handelskammern (vergl. die Zusammenstellung bei Hausmann: die Veräußerung beweglicher Sachen gegen Ratenzahlung, Berlin 1891, S. 103 bis 163) haben sich damit beschäftigt. Nachdem dann von Seiten der Bundesregierungen umfassende Erhebungen über den Ab⸗ zahlungshandel stattgefunden hatten, erschien die Frage, ob und in⸗ wieweit eine gesetzliche Regelung angezeigt ist, zur Entscheidung reif. Demgemäß ist unter dem 23. Dezember 1892 dem Reichstag der Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, zur Beschluß⸗ fassung vorgelegt worden (Drucksachen des Reichtags 1892/93 II. Der Reichstag verwies den Entwurf an eine Commission,
Bericht erstattet hat (Nr. 176 der Drucksachen). Im Plenum hat bei der vorgerückten Zeit die Vorlage nicht mehr zur Erledigung gebracht werden können. Die von der Reichstagscommission be⸗ schlossenen Abänderungen und Ergänzungen sind als sachgemäß zu bezeichnen, und der gegenwärtige Entwurf hat daher durchweg die Fassung erhalten, welche der früheren Vorlage durch die Commission des Reichstags gegeben war. Die Abzahlungsgeschäfte, um die es sich handelt, werden in der Art geschlossen, daß die Sache dem Erwerber alsbald zur Benutzung übergeben wird, während er den Preis in Theilzahlungen von be⸗ stimmter Höhe und in bestimmten Fristen zu entrichten hat. Hierbei ist es ganz überwiegend üblich, daß bis zur völligen ntrichtung des Preises das Eigenthum der Sache dem Veräußerer verbleibt; zu diesem Zweck wird entweder vin Kaufvertrag unter der Vereinbarung abgeschlossen, daß dem Verkäufer das Eigenthum der verkauften Sache bis zur Tilgung des Preises vorbehalten sein soll; oder es wird die Form eines Mieth⸗ vertrages gewählt, mit der Abrede, daß, wenn die gezahlten Mieth⸗ zimnsraten eine bestimmte Höhe erreicht haben, das Eigenthum der Sache — sei es von selbst, sei es durch besonderen Uebergabeact — auf den Miether übergehen soll. Derartige Verträge werden zum theil von Personen abgeschlossen, deren Betrieb von vornherein auf diese Geschäftsform berechnet ist (Waarenabzahlungsgeschäfte, Abzahlungs⸗ azare u. dergl.) Es setzen aber auch Gewerbetreibende, die im übrigen gegen baar verkaufen, ihre Waaren in ausgedehntem Umfang auf gleiche Weise ab. Entwickelt hat sich der Abzahlungsverkehr vor⸗ nehmlich bei dem Absatz von gewissen Betriebsmitteln (Kleinmaschinen und dergleichen) und von werthvolleren Bedarfsgegenständen, ins⸗
besondere Wohnungseinrichtungen; die Nähmaschinen⸗ und die Pianofortefabrikation verdanken ihren Aufschwung großentheils dem Abzahlungssystem. In ihrer heutigen Ausdehnung erstreckt sich in⸗ dessen diese Geschäftsform weit über jenes ursprüngliche Gebiet hinaus; neben Nähmaschinen, Maschinen für den Handwerks⸗ und den landwirthschastlichen Betrieb und Möbeln werden Haus⸗ und Küchengeräthe, Wäsche, Kleidungsstücke, Bilder, Taschenuhren, Bücher, uuch Luxusgegenstände, wie Schmucksachen und dergleichen, auf Ab⸗ zahlung entnommen. Auch der Viehhandel bedient sich mitunter der beim Waarenabzahlungsgeschäft üblichen Geschäftsformen. Mittels eines ausgedehnten Netzes von Agenten und Provisionsreisenden hat sich die bezeichnete Art des Absatzes vielfach auch auf dem platten Lande eingebürgert.
Die Schattenseiten dieser Entwickelung sind nicht zu verkennen. Der Abzahlungshandel wirkt dem Baarzahlungssystem entgegen und ist geeignet, das Gewähren eines ungesunden Credits zu befördern. Die Leichtigkeit, sich gegen eine geringe Anzahlung in den Besitz der Gegen⸗ stände zu setzen, sowie die Ueberredungskünste der Abzahlungshändler und ihrer Hilfspersonen verleiten zu Anschaffungen, die für den Erwerber überflüssig sind oder seine wirthschaftlichen Kräfte über⸗ steigen. Wenn die ausgedehnte Creditgewährung und die großen Be⸗ triebsunkosten ohnehin zur Festsetzung sehr erhöhter Preise nöthigen, so werden diese von gewissenlosen Geschäftsleuten unter Ausbeutung der Nothlage oder der Unerfahrenheit des Abnehmers häufig noch übermäßig gesteigert. Zahlreiche Abzahlungshändler überschwemmen den Verkehr mit minderwerthigen Waaren, wodurch zugleich dem reellen Geschäft eine gefährliche Concurrenz bereitet wird. Was die rechtliche Gestaltung des Abzahlungsverkehrs be⸗ trifft, so führt das Streben der Händler nach thunlichster Sicherung auf der einen, die wirthschaftliche Schwäche ihrer Kunden auf der anderen Seite zur Vereinbarung drückender Vertragsbestimmungen, so insbesondere zu der viel gerügten Abrede, daß bei Nichtentrichtung einer Rate der Veräußerer zur Rücknahme der Sache befugt sein und gleichwohl die erhaltenen Theilzahlungen behalten solle. Auch wird dar⸗ über geklagt, daß bei dem Abschluß der Geschäfte mit den vielfach unzuver⸗ lässigen Agenten und Provisionsreisenden die Käufer über den Inhalt der schriftlichen Vertragsurkunden im Unklaren gehalten und durch münd⸗ liche Zusicherungen irregeleitet werden, die sie demnächst gegen den Abzahlungshändler nicht zur Geltung bringen können.
Den geschilderten Uebelständen stehen jedoch gewichtige Vorzüge gegenüber. Wenn das Abzahlungsgeschäft nicht selten der Ueber⸗ vortheilung dient, so fußen andererseits viele, durchaus reelle in⸗ dustrielle Betriebe zu einem wesentlichen Theil auf der gleichen Geschäftsform. Reizt diese Art der Creditgewährung zu überflüssigen und übermäßigen Anschaffungen, so wirkt sie auch wieder als Sparzwang, insofern der Käufer zur Innehaltung der Theil⸗ zahlungen Beträge erübrigt, die er ohne eine solche Veranlassung nicht zurücklegen würde. In kleinen Verhältnissen wird überschuldeten Personen durch den Vorbehalt des Eigenthums, der die auf Abzahlung entnommenen Gegenstände dem Zugriffe der Gläubiger entzieht, ein Zeitraum gewährt, in welchem sie sich eine neue Existenz gründen und ihre Schuldverhältnisse ordnen können. Vor Allem aber wird Un⸗ bemittelten durch das Abzahlungsgeschäft der Weg zur Anschaffung auch kostspieligerer Productionsmittel erschlossen, so z. B. von Nähmaschinen und sonstigen Kleinmaschinen, von Klavieren für den Unterrichts⸗ gebrauch, von Wohnungseinrichtungen zum Zweck der Zimmerver⸗ miethung. Wie auf diese Weise das Abzahlungsgeschäft für Viele durch Eröffnung neuer Erwerbsquellen wohlthätig wirkt, so wird man auch der Entnahme von Möbeln und Geräthschaften auf Abzahlung zur Begründung einer Häuslichkeit oder zur Hebung der Lebens⸗ haltung oder bei vorübergehender Bedrängniß in gewissen Grenzen die Berechtigung nicht absprechen können. Eine wesent⸗ liche Beschränkung des Abzahlungsverkehrs würde zur Folge haben, daß die darauf angewiesenen Klassen auf die Besserung ihrer Lage verzichten oder die zu diesem Zweck erforderlichen Baarmittel anderweit und vielfach theurer borgen müßten. Mit Recht ist in letzterer Hinsicht betont worden, daß das Abzahlungssystem dem Geld⸗ wucher entgegenwirke.
Ist demnach davon auszugehen, daß das Abzahlungsgeschäft nach Lage der heutigen Verhältnisse unentbehrlich ist, so läßt sich durch Gesetz diese Geschäftsform weder völlig untersagen noch auch nur den Gegenständen nach wesentlich beschränken. Denn es wird im allge⸗ meinen kaum eine Gattung von Gegenständen geben, deren Anschaffung nicht je nach den Umständen einem wahren Bedürfniß entsprechen kann. Eine Untersagung des Abzahlungsgeschäfts für Sachen, die im ein⸗ zelnen Falle nur dem Luxus des Erwerbers dienen, wäre zwar grund⸗ sätzlich zu rechtfertigen; allein eine Vorschrift dieser Art würde nicht durchzuführen sein, ohne die Sicherheit des Geschäftsverkehrs zu schädigen. Ebensowenig empfiehlt sich der Vorschlag, die Abzahlungs⸗ geschäfte einer besonderen Steuer zu unterwerfen, da diese Maßregel einerseits den beabsichtigten Erfolg kaum haben, andererseits auf eine Beeinträchtigung auch des berechtigten Abzahlungshandels hinauslaufen würde. Nicht minder erweisen sich Maßregeln auf gewerbepolizeilichem Gebiet als undurchführbar. Mehrseitig ist befürwortet worden, den Betrieb von Abzahlungsgeschäften, wie den der Pfandleiher von einer Erlaubniß der Behörde abhängig zu machen und ihn der obrigkeitlichen Rege⸗ lung und Controle zu unterwerfen (§§ 34, 38 der Gewerbeordnung) oder doch die Untersagung des Gewerbebetriebs für den Fall erwiesener Unzuverlässigkeit (§ 25 daselbst) zuzulassen. Abgesehen davon, daß derartige Beschränkungen den reellen Abzahlungshandel schwer schädigen und gerade die solideren Geschäftsleute von diesem zurückschrecken müßten, ist zu beachten, daß das Abzahlungsgeschäft nicht, wie die Geschäftszweige, die von den angeführten Vorschriften betroffen werden, eine sich äußerlich kennzeichnende, besondere Art von Gewerbebetrieb, sondern nur eine Form des Geschäftsabschlusses darstellt, die in den verschiedensten Arten von Gewerbebetrieben Anwendung finden kann. Infolge davon wäre eine wirksame Aufsicht der Behörde über das Verhalten der Abzahlungshändler und über die Befolgung der erlassenen Anordnungen nicht zu ermöglichen. Besondere Vorschriften, welche die Polizei⸗ behörden über den Geschäftsbetrieb, namentlich über die Ver⸗ tragsbedingungen bei den Abzahlungsgeschäften qi hätten, würden sich überdies auf Nebenpunkte beschränken müssen, um die Freiheit des Verkehrs nicht in nachthei⸗ liger Weise einzuengen. An der Schwierigkeit der that⸗ sächlichen Durchführung scheitern auch die Vorschläge, für den Ab⸗ zahlungsverkehr den Gewerbebetrieb im Umherziehen und das Auf⸗ suchen von Bestellungen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus zu untersagen oder auf Bedarfsgegenstände zu beschränken oder die Vor⸗ bedingungen einer derartigen Ausübung des Gewerbebetriebs (§§ 44 a, 55, 57 ff. der Gewerbeordnung) zu erschweren. Zudem würden der⸗ artige Maßregeln, insofern sie sich auch gegen den reellen und noth⸗ wendigen Abzahlungshandel richten müßten, die berechtigten Interessen der Industrie schädigen und den Bedürfnissen des Publikums auf dem platten Lande widersprechen.
Die Unzweckmäßigkeit aller Maßregeln, die behufs Beschränkung der Abzahlungsgeschäfte als solcher etwa in Betracht kommen könnten, führt dazu, daß die Gesetzgebung sich mit der Bekämpfung einzelner Auswüchse auf dem fraglichen Gebiete begnügen muß.
In dieser Beziehung darf eine wesentliche Abhilfe zunächst von der Strafgesetzgebung erwartet werden: nachdem durch das Gesetz vom 19. Juni 1893 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 197) der Thatbestand des Wuchers auf die gewerbs⸗ und gewohnheitsmäßige Ausbeutung mittels gegen⸗ seitiger Verträge ausgedehnt worden ist, kann auch ein wucherisches
nzeiger und Königlich Preußisf
Verhalten in dem Gewerbebetriebe der Abzahlungsverkäufer Be⸗ strafung nach sich ziehen. Jene Strafbestimmung übt zugleich eine weitgreifende Rückwirkung auf das Vertragsverhältniß aus; denn es sind die unter das Strafgesetz fallenden Verträge nichtig und die Schuldner zur Rückforderung ihrer Leistungen befugt.
Hiervon und von der besonderen Strafbestimmung im § 7 des Entwurfs abgesehen, kann es sich nur um ein Vorgehen auf dem Ge⸗ biet des bürgerlichen Rechts handeln. Indem der vorliegende Ent⸗ wurf es unternimmt, Vorschriften dieser Art zu treffen, geht er davon aus, daß gewisse Mißstände im Abzahlungshandel allerdings einige Beschränkungen der Vertragsfreiheit geboten erscheinen lassen, daß es aber im übrigen so wenig zweckmäßig wie erwünscht sein würde, das Abzahlungsgeschäft außerhalb des gemeinen Rechts zu stellen.
Die Klagen hinsichtlich der eivilrechtlichen Gestaltung der Ab⸗ zahlungsgeschäfte richten sich auf zwei Punkte: man verneint die An⸗ gemessenheit der Anwendung gewisser gesetzlicher Normen auf diese Geschäfte, und bekämpft die Zulässigkeit der üblichen, für den Schuldner drückenden Abreden. In ersterer Hinsicht wird die Ausschließung des Handelsrechts befürwortet, weil es leicht zur Verwirkung der Ansprüche wegen mangelhafter Beschaffenheit der Sache führe, einen Rechtsbehelf wegen Uebermaßes des Preises nicht gewähre, der Vertragsstrafe keine Schranke setze; gegen⸗ über der Formfreiheit der Verträge nach Handelsrecht wird das Erforderniß des schriftlichen Vertragsabschlusses empfohlen. Allein auf der einen Seite würde die Anwendung des allgemeinen bürgerlichen Rechts an Stelle des Handelsgesetzbuchs den angeb⸗ lichen Uebelständen nicht in fühlbarem Maße abhelfen, sondern nur böswilligen Schuldnern bequeme Handhaben für Chikane und Prozeßverschleppung bieten. Auf der anderen Seite gewährt gerade das Handelsrecht in weiterem Umfang die Möglichkeit, die wahre Willensmeinung der Contrahenten und namentlich münd⸗ liche Nebenabreden zu dem schriftlichen Vertrage zu berücksichtigen. Aus letzterem Grunde erscheint es auch nicht angezeigt, die schriftliche Form, die im Abzahlungsverkehr ohnehin allgemein üblich ist, zur Bedingung für die Gültigkeit des Vertrags zu machen. Wenn ferner mit Rücksicht auf das Treiben der Agenten und Provisionsreisenden die allgemeinen Grundsätze über Bevollmächtigung für ungceignet er⸗ klärt worden sind, so ist nicht abzusehen, wie hier auf dem Gebiet des Civilrechts Wandel geschaffen werden könnte. Insbesondere würde eine gesetzliche Feststellung der Vollmacht jener Mittelpersonen an der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse scheitern und mit der Bedürfnissen des Lebens nicht im Einklange stehen. Ein durchgreifendes Mittel gegen Ulebervortheilung oder Uebereilung könnte man in dem Vorschlag erblicken, daß dem Käufer der freie Rücktritt vom Vertrage gegen Zahlung eines Reugeldes ge⸗ währt werden folle. Diese Maßregel wuͤrde jedoch, während sie den Handel mit fast werthloser Waare kaum hemmen würde, das solide Abzahlungsgeschäft zum Nachtheil des Publikums mit schweren Un⸗ kosten belasten, überdies die Leichtfertigkeit bei Eingehung der Ver⸗ träge wesentlich steigern. Ein wirksamer Schutz würde dem Ab⸗ zahlungskäufer auch nicht durch eine Vorschrift gewährt werden, welche eine Clausel in dem schriftlichen Vertrage für ungültig er⸗ klärte, wonach mündlichen Nebenabreden keine Bedeutung zukommen solle; denn die Schwierigkeit, den in Wahrheit verabredeten Ver⸗ tragsinhnlt gegenüber der schriftlichen Urkunde zur Geltung zu bringen, beruht im wesentlichen nicht auf Sätzen des mate⸗ riellen Rechts, sondern in der dem Abzahlungskäufer obliegenden Beweislast. Die Thatsache, daß Abzahlungshändler ihre Ueber⸗ legenheit häufig zur Aufnahme drückender Abreden in den Vertrag benutzen, hat weiterhin den Vorschlag veranlaßt, daß nur einige wenige Vereinbarungen zu Ungunsten des Käufers im Gesetz als zulässig be⸗ zeichnet, alle anderen dagegen verboten werden sollten. Diese Regelung würde jedoch einerseits für die Ausbeutung immer noch einen weiten Spielraum übrig lassen, andererseits die Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse ausschließen, die im Einzelfalle die verschiedenartigsten Vereinbarungen nöthig machen können.
Das Gesetz muß sich deshalb darauf beschränken, bestimmten Ab⸗ reden die Wirksamkeit zu versagen. Dahin gehören die Ver⸗ wirkungsclausel, die Vereinbarung über die vom Käufer im Falle der Zurücknahme zu leistende Vergütung, die Festsetzung einer über⸗ mäßigen Vertragsstrafe, sowie die Vereinbarung der sofortigen Fälligkeit der Restschuld im Falle des Verzugs. Weiter zu gehen, erscheint nicht geboten. Der vertragsmäßige Verzicht auf die Ansprüche aus Gewäͤhrsmängeln ist im Falle des Betrugs ohnehin wirkungslos; im übrigen dient er zur Abschneidung leichtfertiger Prozesse. Die Vereinbarung, daß der Gläubiger bei Auflösung des Vertrags eigenmächtig die Sachen aus den Räumen des Schuldners solle abholen dürfen, kann unter Umständen gerechtfertigt sein, schützt übrigens im Falle des Mißbrauchs nicht gegen die Strafe des Haus⸗ friedensbruchs. Die vertragsmäßige Unterwerfung unter den allge⸗ meinen Gerichtsstand des Verkäufers hat in Deutschland zu besor Beschwerden keinen Anlaß gegeben. 8
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Altenburg soll der „Köln. Z.“ zufolge am 5. März n. J. ein soeialdemokratischer Maurercongreß abgehalten werden.
Zum Berliner Schuhmacherausstand theilt die Strike⸗ commission mit, daß gegenwärtig noch 130 Ausständige, darunter zahlreiche Familienväter zu unterstützen sind. — In einer Ver⸗ sammlung der Berliner Kürschner am 10. d. M., wurde die Abrechnung vom diesjährigen Ausstande vorgelegt. Es betrugen die Einnahmen 4403 ℳ, die Ausgaben 4299 ℳ, so daß ein Ueberschuß von rund 103 ℳ verblieb.
Aus Paris meldet ein Wolff'sches Telegramm über den Em⸗ pfang der Delegirten der säenashitschen Bergleute (vgl. Nr. 300 d. Bl.) durch den Minister⸗Präsidenten Casimir Porier: Die Delegirten legten ihre ÄAnsichten über den die Pensions⸗ kassen für Bergleute betreffenden Gesetzentwurf dar und erklärten ihn für nicht ausreichend. Der Minister⸗Präsident erwiderte, er werde die Wünsche der Delegirten in Erwägung ziehen; er sei er⸗ freut, Arbeiter zu empfangen, die sich auf gesetzlichem Wege an die Regierung wendeten.
Literatur.
Verkehrswesen.
Verkehrsplan von Berlin und Um gegend. Nach amtlichen Quellen gezeichnet von R. Deser. Berlin. Verlag von Carl Chun. Preis unaufgezogen 9 ℳ, aufgezogen auf Leinwand in Mappe 10 ℳ, aufgezogen auf Leinwand mit Rollstäben 14 ℳ — Diese aus neun Blättern bestehende, im ganzen 1 ¼ m hohe und etwa 12 m breite, ursprünglich nur für den Unterricht an höheren Schulen bestimmte Karte zeichnet sich durch große Deutlichkeit und Uebersichtlickkeit aus. Nördlich bis jenseits Zehlendorf, west⸗ lich über Potsdam und Ketzin hinaus, südlich bis Mitten⸗ walde und östlich bis Straußberg reichend — giebt sie ein klares Bild von dem Fluß⸗ und Kanalnetz, den Seen, der Lage der Ortschaften, den Eisenbahnen, den Dampfstraßenbahnen und den aus Berlin in die nächsten Orte führenden Pferdebahnen. Bei den Eisenbahnen sind