1893 / 307 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

auf seine Tugend und sein Eheglück 5⸗— endlich doch in blinde Wuth

verwandeln. Die Schwiegermutter, die Frau Becker darstellte, konnte völlig zufrieden stellen. Fräulein Sandow fand zärtliche Töne für die liebende junge Gattin, und auch Fräulein Delacour fand sich mit der unbehaglichen Rolle der Felicie leidlich ab.

Victoria⸗Theater. An ersten Weihnachts⸗Feiertage wurde das von zahlreichen Auf⸗ führungen im alten Victoria⸗Theater her wohlbekannte Ausstattungs⸗ stück „Die Kinder des Capitän Grant“ von Jules Verne, Musik von C. A. Raida, in neuer Einstudirung zum ersten Male aufgeführt und fand bei dem dichtbesetzten Hause eine sehr beifällige Aufnahme. Die Besetzung der Hauptrollen war dieselbe wie früher und bewährte sich in derselben Weise. Mit seinem unverwüst⸗ lichen Humor sorgte Herr Pauli als Paganel stets für die Erheiterung der Besucher, während Herr Director Litaschy als Capitän Grant und seine Gattin als der älteste Sohn James Grant in hervorragender Weise zur Unterhaltung des Publikums beitrugen und dafür auch entsprechende Anerkennng fanden. Die Ausstattung war, wie immer an dieser Stätte, sehr glänzend. Decorationen und Costüme waren von blendender Schönheit, was ganz besonders bei den von dem Herrn Balletmeister Severin arrangirten und gut eingeübten Balleteinlagen zur Geltung kam. Durch ihre kunstvollen Leistungen in den Tänzen zeichneten sich, neben der prima ballerina Fräulein Gantenberg, die Solbotänzerinnen Marietta Caprano und Margarethe Unger aus. Auch die Kapelle that unter der sicheren Leitung des Componisten ihre Schuldig⸗ keit, sodaß bei dieser Vorstellung scch alles in bester Harmonie ver⸗ einigt, um die Augen und die Ohren der Zuschauer fortgesetzt an⸗ genehm zu beschäftigen und ihnen einen vergnügten Abend zu bereiten.

G Neues Theater.

Am Sonnabend fand die erste Aufführung des Schauspiels „Sappho“ von Alphonse Daudet und Adolphe Belot nicht ohne einen hübschen äußeren Erfolg statt. Daudet's Roman „Sappho“, aus dem das Schauspiel gleichsam herausgeschnitten ist, ist bekannt genug. Der Romanschreiber schildert darin einen unerfahrenen, gut veranlagten Jüngling, der sich in den Netzen einer gewandten, viel älteren Circe verfängt und trotz seines Sträubens darin festgehalten und so geistig und sittlich zu Grunde gerichtet wird. Die feinen psychologischen Schilderungen des Romans wurden mit Recht gerühmt; die Unsittlichkeit des Gegenstandes verlor an Schärfe durch die ausgesprochene, aber auch ohne das erkennbar gute Absicht des Dichters, der das Buch seinen erwachsenen Söhnen widmete. Gute Romane haben aber selten tüchtige Bühnenwerke ergeben; dafür bietet die „Sappho“ ein neues Beispiel. Die Aufgabe des Dramas fordert, daß Charaktere, menschliche Gesinnung und menschliches Gefühl sich aus Handlungen ergeben, die vor unseren Augen wohlbegründet sich ent⸗ wickeln und geschehen. Empfindungen, die der Romandichter im ein⸗ samen Kämmerlein auftauchen und Gestalt gewinnen läßt und vielleicht auch ergreifend schildert, gehen bei der Bühnenbearbeitung zumeist ver⸗ loren. So entsteht fast jedesmal etwas Unfertiges, Unverständliches oder gar Verkehrtes in der Charakterzeichnung und in dem Aufbau der Handlung.

Jean Gaussin, der Held des Dramas, ist im Vergleich zu dem Romanhelden zu einem willenlosen Schattenbilde geworden, der nach den heftigsten, mannhaften Entschlüssen ganz unvermittelt der Sappho wieder in die Arme sinkt. Sappho selbst erscheint zwar lebens⸗ voller, denn wir sehen sie in ihrer einschmeichelnden Demuth, in ihrer flammenden Sinnlichkeit, in ihren plebejischen Wuthausbrüchen und in ihren trotzigen, unbeherrschten Schmerzensergüssen. Aber ein einheitliches Bild, ein voller Charakter entsteht hier nicht, da die einzelnen Charakterzüge in keinem innerlichen Zusammen⸗

hange stehen; das Eine reiht sich fast unvermittelt an das Andere. Die übrigen Figuren treten nur episodenhaft auf und sind für das Endergebniß fast bedeutungslos. Der erste Act ist noch am wirkungsvollsten dur die Schilderung des friedlichen Heims, in das Sappho mit leisen Tritten unheilbringend eindringt; den Acten mangelte es zwar nicht an crassen Effecten, die jedesmal mit rührseligen Redensarten abschließen; aber sie regen weder an noch auf. Im ganzen gewinnt man von dieser „Sappho“ den Eindruck eines verstümmelten Melodramas. .

Die Darstellung half über viele Mängel des Werks hinweg. sFrünlein Bertens dürfte in der Titelrolle kaum zu übertreffen sein; ihr lebhaftes Temperament verbreitete jedesmal Wärme und Leben über den Torso, den sie darzustellen hatte. Herr Rittner als Jean Gaussin erschien elend und zerknirscht trotz seines Liebesglücks und brachte dadurch die innere Zerrissenheit des Charakters gut zur Anschauung. Der leb⸗ hafte Beifall galt wohl, wenn man ihn recht verstand, diesen beiden Darstellern, die nach jedem Actschluß wiederholt erscheinen mußten; nach den beiden letzten Aufzügen schloß sich ihnen auch Herr Director

Lautenburg an, der das Stück trefflich inscenirt und geleitet hatte.

Central⸗Theater. Am Sonnabend vor Weihnachten wurden in einer Revue „Berlin 1893“ die Ereignisse des Berliner Straßen⸗ und Theater⸗ lebens aus dem jetzt zu Ende gehenden Jahr mit humorvollen Versen und einer leichten, ansprechenden, von Alexander Krakauer und Carl Reiterer componirten Musik vorgeführt. Die in naturgetreuen Mas⸗ ken auf der Bühne erscheinenden bekannten Persönlichkeiten von Zeitungs⸗ verkäufern, Darstellern der Specialitäten⸗Theater und von hervor⸗ ragenden Rollen vielgegebener Stücke auf anderen Theatern erregten die größte Heiterkeit, die noch vermehrt wurde durch die von Frau Dora als „Das neue Jahr“ und von Herrn Worlitzsch als „Das alte Jahr“ geschickt vorgetragenen Begleitworte, sowie durch einige die Ereignisse dieses Jahres behandelnde, von Frau Dora gesungene Couplets. Daneben fanden die gut nachgebildeten Straßen und Plätze der Stadt, besonders da sie von imposanten Aufzügen in prachtvollen Costümen belebt wurden, lebhaftesten Beifall. Unter den Aufzügen gefiel namentlich ein mit Musik in Paradeuniform vorüberziehender Zug Soldaten der hiesigen Garnison. Der hübsch durchgeführten kurzen „Revue“ wurde im einzelnen und im ganzen von den zahlreichen Zuschauern die freundlichste Aufnahme bereitet, für welche auch der aus der Anonymität heraustretende Verfasser, Herr Dr. Leipziger, mit den Darstellern sich bedanken konnte.

Weniger glücklich war die Direction mit der ersten Aufführung des der „Revue“ vorangehenden neuen Volksstücks „Hochzeits⸗ flammen“ von Max Kretzer, das, trotz eines guten Grund⸗ gedankens zu weitschweifig angelegt und mit zu vielen schon häufig gehörten Witzen ausgestattet, das Interesse der Besucher nicht bis zum Schluß rege erhalten konnte. In dem bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal hier auftretenden Fräulein Leuchtmann stellte sich eine begabte Schauspielerin vor. Auch der Director selbst, Herr Schultz, hatte eine Rolle übernommen und zeigte sich wieder wie früher an

ideren hiesigen B ein talentvoller S

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Wagner's „Tannhäuser“ mit den Damen Sucher und Hiedler, den Herren Sylva, Bulß und Stammer in den Hauptrollen unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung zur Aufführung. Pietro Mascagni's neue Oper „William Ratecliff“,, welche bekanntlich vor der „Cavalleria rusticana“ geschrieben ist, wird im hiesigen Königlichen Opernhause die überhaupt erste Aufführung erleben. Der Componist trifft Anfang März in Berlin ein, um den Proben beizuwohnen. Erst

wird Ludwig Barnay die männliche Hauptrolle darstellen.

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nach der hiesigen Aufführung kann vertragsmäßig das Werk auf

einer anderen Bühne erscheinen. Von August Enna’z neuer Oper „Kleopatra“ hat die Königliche General⸗Intendantur nur das Erstaufführungsrecht für Berlin erworben, ohne indessen ver⸗ pflichtet zu sein, die Première in Kopenhagen abzuwarten.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Schiller's „Wilhelm Tell' mit den Damen von Hochenburger, Lindner, Stolberg, Kahle, den Herren Nesper, Klein, Kahle, Purschian, Molenar in den Hauptrollen gegeben.

Am nächsten Sonntag (Sylvester) gelangt im Berliner Theater Nachmittags wiederum „Aus eignem Recht“ zur Auf⸗ führung und am Abend findet die erste Aufführung von zwei heiteren Werken statt: „Das Gefängniß“ von Benedix und „Aus der komischen Oper“ nach dem Französischen von J. Zell; in

er Neujahrstag bringt Nachmittags zu den wie üblich ermäßigten Pee eine Wiederholung von „Kean“ und Abends „Aus eignem Recht“. Der Billetverkauf für die beiden Vorstellungen am Sylvestertage und am Neujahrstage hat an der Vormittagskasse des Theaters bereits begonnen.

Das Wallner⸗Theater bleibt morgen, Donnerstag, am Freitag und Sonnabend geschlossen; Sonntag und Montag wird aber⸗ mals Hermann Sudermann's Schauspiel „Heimath“ gegeben.

Die Sängerin Fräulein Maria Krebs aus Frankfurt a. M. veranstaltet am Freitag im Saal Bechstein gemeinschaftlich mit dem Pianisten Josef Ruzicka ein Concert, in welchem sie u. a. Lieder von Schubert, Schumann, Liszt, Wagner, Rubinstein, Löwe, von Koß zum Vortrag bringen wird. Zum Besten des Vereins zur Speisung armer Kinder und Noth⸗ leidender veranstaltet Dr. Hugo Goldschmidt am 3. Ja⸗ nuar 1894 im Saal Bechstein ein Concert, für welches die Altistin Fräulein Katharina Zimdars und der Componist Wilhelm Berger (Klavier) ihre Mitwirkung zugesagt haben. Zum Besten der unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden „Frauenhilfe“ findet am 11. Januar 1894 in der Sing⸗Akademie ein großes Concert statt, in welchem die Kammervirtuosin Fräulein Martha Remmert, der Philharmonische Chor (Dirigent Siegfried Ochs) und das Philharmonische Orchester (Dirigent Professor Mannstaedt) mitwirken. Der Kartenverkauf findet bei Bote u. Bock statt.

Der Hofopern⸗Director Mottl, in Karlsruhe ist, wee „W. T. B.“ meldet, zum General⸗Musik⸗Director ernannt worden

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Prag, 27. Dezember. (W. T. B.) Die altczechischen Blätter besprechen die Ermordung des Handschuhmachers Mrva und machen für dieselbe die jungezechische Agitation verantwortlich, welche, wie „Hlas Naroda“ bemerkt, die ganze Nation verhetzt, alle Autorität vernichtet, die Gemüther ver⸗ wildert und das ganze öffentliche Leben demoralisirt habe; es werde nunmehr schwer fallen, die Aufhebung des Ausnahme⸗ zustandes zu verlangen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 27. Dezember,

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Anfang 7 Uhr.

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¹) Mittags wenig Regen. ²) Nachts Schnee. ³) Nebel. ⁴) Vormittags Regen.

Uebersicht der Witterung.

Die Witterung von fast ganz Europa steht unter dem Einfluß eines Hochdruckgebiets, welches sich von Südwest⸗Europa nordostwärts über das Nord⸗ und Ostseegebiet hinaus nach dem nordwestlichen Rußland erstreckt. Depressionen liegen von Schott⸗ land und über dem Innern Rußlands. ei schwacher, vorwiegend nordöstlicher bis nordwestlicher Luft⸗ strömung ist das Wetter in Deutschland mild und vorwiegend trübe, vielfach ist etwas Regen oder Schnee gefallen. Da Fortdauer der schwachen Winde aus nördlicher Richtung wahrscheinlich ist, so dürfte

bkühlung für unsere Gegenden demnächst zu er⸗ warten sein.

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Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen. . Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗

haus. 275. Vorstellung. Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg. Romantische Oper in 3 Acten von Richard Wagner. Ballet von Emil Graeb. In ccene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. ent: Kapellmeister

7 Uhr. 8 8

von Reinfels.

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Schauspielhaus. 172. Vorstellung. Wilhelm Tell. r Morgens. E in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller.

Freitag: Opernhaus. 276. Vorstellung. Zar und bsn Zimmermann. Albert Lortzing. Cavalleria rusticana (Bauern⸗Ehre). Over in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaf gent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr. Goethe. Der Tragödie erster T gehörende Musik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Joseph von Lindpaintner. In Scene ge⸗ setzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube.

Deutsches Theater. Donners

Anfang 7 Uhr.

Freitag: Der Herr Senator.

Nebel Sonnabend: Der Herr Senuator. Die Tageskasse ist von 10—1 ½ Uhr geöffnet.

Berliner Theater. Donnerstag: Nora.

Freitag: 18. Abonnements⸗Vorstellung. Kean. Sonnabend: Aus eigenem Recht. Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Abends 7 ½ Uhr: Zum 1. Male: Aus der komischen Oper. Nachmittags 2 ½ Uhr: Keau. 7 ½ Uhr: Aus eigenem Recht.

Lessing-Theater. Donnerstag: Der unglãu⸗

bige Thomas. Anfang 7 Uhr.

Frreitag, Sonnabend, Sonntag und Montag: Die⸗ selbe Vorstellung.

Wallner⸗-Theater. Sylvester und Neujahr: Gesammt⸗Gastspiel des Lessing⸗Theaters. Heimath. Anfang 7 Uhr.

Vorverkauf ohne Aufgeld an der Tageskasse.

Volksthümliche Preise. Parquet 2

Friedrich-

Donnerstag: Mit vollständig neuer Ausstattung: Zum 7. Male: Der Lieutenant zur See. Operette in 3 Aecten nach einer älteren Idee von E. Schlack und 2. Herrmann. Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Kapellmeister Federmann.

Freitag: Der Lientenant zur See.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Donnerstag: Zum 4. Male: Der Mustergatte. Schwank in 3 Aufzügen von Albin Valabrégue. In Scene gesetzt von Lautenburg. Vorher: Im Negligé. Eine P

Freitag und folg. Tage: Dieselbe

Donnerstag: Sappho.

Komische Oper in 3 Acten von

on ʒ 9 8 7 Dirigent: Musikdirector Wegener. Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend: Jugend.

Diri⸗ Donnerstag: Capitän Grant.

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Zum 12. Male:

Cosaque“ von M. West.

7. Male: Decorationen und Costumen: tastisches Ausstattungs⸗Ballet 7 Bildern von J. Monplaisir. Dall' Argine. Inscenirt durch Greco Poggiolesi.

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Das Gefängniß.

Abends 101. Male:

von Ed. Jacobson und Benno gesetzt von Adolph Ernst.

Vorher: Ein Millionär a. D.

frau. Hierauf: von Alexander Krakauer. 7 ½ Uhr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Wilhelmstüdtisches Theater. kasse von 6 ½ Uhr ab.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 42/5). Schauspiel in 5 Acten von Alphonse Daudet und Adolph Belot. Paul Block. In Scene gesetzt von Sigmund

Virtoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Zum 4. Male: Die Kinder des Abends 7 ½ Uhr.

Theater Unter den Linden.

Ilka von Palmay als Gast. Die Kosakin. Operette in 2 Acten nach Meilhac⸗Millaud's „La Musik von Joh. Brandl. Hierauf: Sign. Romeo Francioli, Mimiker des Mailänder Scalattheaters, als Gast. Zum Mit vollständig neuer Ausstattung an Brahma.

den Balletmeister Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend, 6. Januar: Erster Maskenball.

Adolph Ernst-Theater. Donnerstag: Zum Charley’s Tante. 3 Acten von Brandon Thomas. Hierauf: Die 2 1 j 2 elde) Bajazzi. FafFild . mit Gesang in 1 Act Verehelicht: Hr. Prem.⸗Lieut. Berendt mit Frl. Jacobson. In Scene

Anfang 7 ½ Uhr. Freitag: Charley’s Tante. Die Bajazzi.

Central⸗Theater. Direction: Richard Schultz. Alte Jacobstraße Nr. 30. Donnerstag: Zum 46. Male: Die eiserne Jung⸗ 1 Zum 5. Male: Revuen, in 2 Abtheilungen von L. Leipziger. Musik der Vorstellung Anfang der Revue 9 ½ Uhr.

Tageskasse: Vormittags von 10 bis 2 Uhr. Abend⸗

Circus Renz (Carlstraße). Donnerstag, Abends 7 ½ Uhr: CEin Künstlerfest. 2. Vollständig neue und glänzende Ausstattung. Ueber⸗ raschende Wasser⸗ und Lichteffecte. Neue Einlagen. Außerdem: 6 englische Springpferde, vorgeführt von Herrn R. Renz. „Cromwell“ und der Steiger „Alep“, geritten von Frl. Oceana Renz. Der ur⸗ komische Clown⸗Imitator Mr. Ubbs. Die Akrohaten Gebr. Frediani. Die Reckkünstlerinnen Geschwister Hoffmann. Mr. Lavater Lee ꝛc. Billet⸗Vorverkauf an der Circuskasse und beim Invalidendank, Markgrafenstraße 51a. Gewöhnliche Preise. 8 Freitag: Ein Künstlerfest.

˙˙˙‧˙‧‧] Familien⸗Nachrichten.

Deutsch

Donnerstag:

Vaudeville⸗

Eckardt mit Hrn. Max von Schuckmann (Berlin). Frl. Clara Kolshorn mit Hrn. Forst⸗Assessor Eduard Forstreuter (Schwiebus Carolinenhof bei Willenberg O.⸗Pr.). Frl. Gerta Grun mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Alfred Paris (Wellenhof

Neisse). Frl. Fanny von Wentzky und Peters⸗ heyde mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Friedrich von Zedlitz (Berlin). Frl. Martha von Boeltzig mit Hrn. Forst⸗Assessor Ernst Kleyensteuber (Neustrelitz Bromberg). Frl. Margarethe Gähne mit Hrn. Predigtamts⸗Candidaten Traugott Wendland (Brandenburg a. H.—Gröben bei Ludwigsfelde).

Phan⸗ 1 Vorspiel und Musik von C.

Schwank in

Anna von Borch (Breslau).

Geboren: Zwei Töchter: Hrn. Franz von Raczeck (Preiswitz). Eine Tochter: Hrn. Prem.⸗Lieut. Fürstner (Posen). Hrn. Pfarrer Metzenthin (Groß⸗Tschirnau).

Gestorben: Hr. Rittmeister Alfred von Zastrow (Merseburg). Hr. Stabsarzt Dr. Georg Rust (Görlitz). Hr. Oberst⸗Lieut. z. D. Frhr. von Münchhausen (Blankenburg a. H.). Hr. Major a. D. Fritz Caesar von Sichart (Dresden). Verw. Fr. Kreisgerichts⸗Rath Leontine Haertel, geb. von Schlutterbach (Leobschütz). Verw. Fr. Oberst⸗Lieut. Therese Freifrau von Massen⸗ bach, geb. Richter (Berlin). Hr. Oberst z. D. und Majoratsherr Hugo Graf von Saldern⸗ Ahlimb (Ringenwalde). Verw. Fr. Kirchen⸗ rath Ida Nagel, geb. Freiin von Meerscheidt⸗

Berlin 1893.

Chausseestraße 25.

Musik von Louis Roth. In Dirigent: Herr

Ansang 7 Uhr Kruse, Wirth, Hausmann.

Karl Meyder⸗Concert. Anfang 7 Uhr.

3 auderei in 1 Aect von Hans Anfang 7 ½ Uhr. Vorstellung.

Concerte.

Sing-Akademie. Donnerstag, Anfang 7 ½ Uhr: I. Quartett⸗Abend (II. Cyclus) von Joachim,

Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Donnerstag: Gesellschafts⸗Abend. 9

Sonntag, 31. Dezember (Sylvester): Familien⸗Sylvester⸗Feier unter gütiger Leitung des Kgl. Hofschauspielers a. D. „Herrn Paul Dehnicke. Billets im Bureau des Hauses.

Hüllessem (Lerchenberg bei Glogau).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. GSechh (einschließlich Börsen⸗Beilage), (1983 ) sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗ lichen Anzeigers (Commanditgesellschaften 3.

Actien und Actiengesellschaften) für die Woche vom 18. bis 23. Dezember 1893.

Verlobt: Frl. Else Ströhler mit Hrn. Gerichts⸗ Assessor Ernst Arnim (Berlin). Frl. Gertrud

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts⸗ und Altersversicherung. 8

Der Ausschuß der Inpaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗Anstalt Berlin hat in seiner gestern unter Vorsitz des Commerzien⸗Raths Roesicke abgehaltenen Sitzung den vom Vorstand vorgelegten Etat für 1894 genehmigt. Derselbe schließt in Einnahme mit 9 566 223 ℳ, in Ausgabe mit 5 231 860 ab. Der Ausschuß genehmigte ferner den Normalbesoldungs⸗Etat und das Pensionsreglement für die Beamten

8 Die Einfuhr

ausländischer eingestampfter Weintrauben nach Elsaß⸗Lothringen hat, wie die „Straßb. Corresp.“ mittheilt, erheblich abgenommen. Sie soll im laufenden Jahre etwa die Hälfte der vorjährigen Einfuhr be⸗ tragen haben.

8

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Wien wird der „Voss. Ztg.“ über reichischen Gewerkschaftscongreß (vergl. Nr. 305 d. Bl.) ge⸗ schrieben: Der Congreß soll insbesondere über die Einrichtung der österreichischen Gewerkschaften und die Stellungnahme zu Ausständen und Verrufserklärungen berathen. Legien⸗Hamburg begrüßte den Congreß im Namen der Gewerkschaften Deutschlands. Die deutschen Arbeiter, bemerkte er u. a., wollen auch auf wirthschaftlichem Gebiet mit den österreichischen enger verbunden sein. Die Berichterstatter besprachen die Mängel der Gewerkschaftseinrichtungen Oesterreichs.

Aus Amsterdam meldet ein Wolff'sches Telegramm: Gestern fand eine Kundgebung von etwa 2000 beschäftigungslosen Arbeitern unter Anführung eines socialistischen Comités statt. Die Manifestanten zogen im Zuge durch die Hauptstraßen. Die Polizei versuchte die Menge zu zerstreuen, die sich jedoch stets von neuem sammelte. Schließlich zog die Polizei blank und zerstreute die Manifestirenden mit blanker Waffe. Hierauf begann die Menge die Polizisten mit Steinen zu bewerfen. Mehrere Personen, darunter drei Mitglieder des socialistischen Comités und ein Polizist, wurden verwundet. Der Sociaälist Geel, der schwer verletzt wurde, mußte ins Krankenhaus geschafft werden.

Aus Madrid meldete „W. T. B.“ am Sonntag, der Aus⸗ stand der Bäcker (vgl. Nr. 306 d. Bl.) werde als beseitigt be⸗ trachtet; etwa 50 der zur Arbeitseinstellung Auffordernden seien verhaftet worden; im übrigen seien auch zahlreiche Brotzufuhren aus den benachbarten Provinzen in Madrid eingetroffen. Vom gestrigen Tage wird aber weiter gemeldet: Die strikenden Bäckergesellen tödteten einen Arbeiter, der sich dem Strike nicht an⸗ geschlossen hatte, und geriethen mit der Polizei in Konflikt, was zu 19 Verhaftungen führte. 8

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Kunst und Wissenschaft.

½ꝙ† Zum Weihnachtsfest waren den Berliner Kunstfreunden nicht weniger als drei größere und zwei kleinere Kunstausstellungen bescheert. Die Königliche Akademie der Künste eröffnete in der Weihnachtswoche ihre erste Elite⸗Ausstellung, der Kunstsalon von Schulte hat seine Weihnachtsgaben bereits in der vergangenen Woche aufgebaut und zu Gurlitt lockt eine Ausstellung von Werken der jüngsten symbolistischen Kunstrichtung. Unter den zahlreichen, ihrem Werth nach recht ungleichartigen Bildern, welche die Aus⸗ stellungͤräume der Kunsthandlung von Schulte füllen, begegnen diesmal auch einige interessante ausländische Leistungen. So eine spätherbstliche Gebirgslandschaft im Zwielicht des Abends von Pierre Lagarde, deren Nebelschleier sich zu Gestalten ver⸗ dichten, „die Stimme der Dämmerung“ benannt. Auch ohne die Concession an den Symbolismus, die in den geisterhaften Gestalten und dem Namen sich kundgiebt, würde das Landschaftsbild mit seinem ernsten Stimmungsgehalt der Wirkung sicher sein. Die in feinen Halbtoͤnen sich bewegende Farbenstellung, diecherbstlich klare Luft, die im Hintergrund ragende Bergwand, alles schließt sich glücklich zusammen. Das in großem Maßstab gehaltene Modebild „Die Schwestern“ von J. E. Blanche, zwei gleich⸗ gekleidete, elegante Frauengestalten in einem Atelier darstellend, läßt trotz der vornehmen Malweise, die ausgebildeten Geschmack verräth, infolge seiner Inhaltslosigkeit den Beschauer kalt. Henry Mosler, der amerikanische Knaus, hat sein etwas altmodisch wirkendes Genre⸗ bild „Die letzten Augenblicke“ schon früher in Berlin aus⸗ gestellt. Neu dagegen sind die träumerischen Frauengestalten von Charles F. Ulrich, die mit ihrer keuschen Empfindung und zarten Formbehandlung an die Bilder der englischen Präraphaeliten gemahnen. Als kühner Naturschilderer, dem eine breite sichere Technik zur Seite steht, offenbart sich Henry Luyten in seiner winterlichen Scheldeansicht. Pradilla ist diesmal mit einem größeren Werk „Passionszeit“ vertreten, das trotz der etwas weichlichen Manier des Vortrags eine Größe der Empfindung verräth, die man dem meist in Kleinigkeiten sich gefallenden Spanier kaum zutraut.

Von Münchener Künstlern sind mit beachtenswerthen Leistungen W. Dürr und R Winternitz vertreten. Dürr's „Aepfelverkäuferin“, eine mächtige Leinwand, wirkt in der Farbengebung gar zu absichtlich, die Leichenblässe der Fleischtöne z. B. ist durch nichts motivirt, das Farbenproblem an sich vermag bei einem so anspruchsvollen Format nicht genügend zu interessiren. Viel leichter folgt man Winternitz bei seinen raffinirten Experimenten der Licht⸗ führung, die er auf kleinen Raum in dem „Andante“ ge⸗ nannten Genrebilde anstellt. In einem parkettirten Empire⸗ salon, in dem das Licht auf dem Boden und in allen Winkeln sein lustiges Spiel treibt, sitzt eine jugendliche Spielerin am Spinett, auf dem sie einen Cellospieler begleitet. Das schmachtende Andante der Sonate findet in diesem offenbar einen hingebungsvollen Inter⸗ preten; man glaubt das selbstgefällige Behagen über den breiten Ton und weichen Bogenstrich von den Zügen des Spielers ablesen zu können. Mit Glück ist der Maler der Gefahr einer übertriebenen Zierlichkeit der Mache entronnen. Sehr viel hat in Paris Robert Warthmüller zugelernt; unter den zahlreichen Porträts seiner Hand wird das einer im Lehnstuhl sitzenden jungen Dame wohl die meisten Bewunderer finden. Durch die einförmig hellen Hintergründe kommt indeß in die Zeichnung und Farbengebung Warthmüller's hie und da eine Härte, die den Gesammteindruck etwas be⸗ einträchtigt. Sehr fein empfunden und pikant durchgeführt sind auch die kleinen Landschaftsbildchen von demselben Künstler, wenn ihm begreiflicher Weise auch der große Zug, die breitströmende Empfindung fehlen, wie sie Oswald Achenbach's „Blick auf Florenz“ zu einem vornehmen Kunstwerk stempeln. Noch ist im Westen die Sonne nicht ganz geschwunden und schon steht der Mond am Abendhimmel, sein mildes Licht über die mächtigen Zeugen der Florentiner Herrlichkeit, die Domkuppel und den Campanile, ergießend. Es ist schwer zu begreifen, wie ein Künstler, der so wahrhaft glückliche Momente für sein Schaffen zu benutzen weiß, zu gleicher Zeit in dem römischen „Campagnabilde“ in alte ausgefahrene Geleise gerathen kann. Freilich hat er die Pracht der italienischen Natur immer noch tiefer erfaßt als viele malende Söhne der hesperischen Halbinsel, ie mit sehr schwachen Leistungen in der Ausstellung vertreten sind.

Von den zahlreichen Porträts des Berliner Malers Auberlen ist am besten das Frauenporträt in Weiß gerathen, waͤhrend die Bildnisse der Schriftsteller Fulda und Sudermann durch kühle

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Beilage

Berlin, Mittwoch, den 27. Dezember

conventionelle Eleganz und Glätte langweilen. Warm und leuchtend in der Farbe und von großer Formenreichheit ist die Actstudie eines Frauenkörpers von Auberlehn, die, im Gegensatz zu den Porträts, eine breite Pinselführung aufweist. Von Werth für die Beurtheilung der Entwicklung Max Liebermann's ist eine ältere kleine Arbeit, eine holländische Dorfstraße mit Kinderstaffage, die, im Jahre 1879 entstanden, zu den Erstlingsarbeiten des genialen Naturalisten zählt. Auch G. Kühl's geistreiches, an Fortuny und Meissonier erinnerndes Interieur ist wohl eine frühe Arbeit.

Die anspruchsvolle Leinwand von Brunkal, „die Märtyrerin“, läßt bedauern, daß der Künstler sich hier einem Gebiet zugewandt hat, das weit weniger eine Begabung kennen lehrt, als das Porträt, wie sein eindrucksvolles Herrenbildniß beweist.

Der Bildhauer Magnussen hat mehrere Büsten, darunter die⸗ jenige des Fürsten Bismarck, ausgestellt: durchweg Arbeiten, die von künstlerischem Ernst und sicherer Beherrschung der Mittel Zeugniß ablegen. Die Radirungen von Mannfeld schließlich werden sicher⸗ lich als Festgabe vielen Käufern willkommen gewesen sein.

In der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins am 19. Dezember hielt Herr Dr. Frölich einen Vortrag „über den Elektromagneten“. Er besprach zunächst übersichtlich die beiden jetzt geltenden Theorien des Elektromagneten, von denen die ältere von der Vorstellung der magnetischen Flüssigkeiten, die neuere von der Annahme eines magnetischen Stromes ausgeht, und zeigte, wie diese Theorien sich aufeinander zurückführen lassen. Er leitete sodann ein neues Gesetz ab, welches die Erscheinungen an allen gewöhnlich vor⸗ kommenden Elektromagneten beherrscht, und besprach dessen Anwendung auf Dynamomaschinen. Es folgte ein Vortrag des Herrn Ingenieurs Dr. Martin Kallmann (Berlin) über die praktische Durch⸗ führung der Differentialmethoden und deren Verwerthung zu Combinationsapparaten für den elektrischen Centralbetrieb. Die Ausführungen des Redners gipfelten in dem Nachweise, daß die innige und rationelle Verschmelzung der Meßmethoden des Starkstromes mit den Systemen des Schwachstromes zu werthvollen Verbesserungen und Vereinfachungen auf dem Gebiete der Betriebstechnik führt. Die Combination derartig in ihrer Empfindlichkeit möglichst verschiedener Hoch⸗ und Niederspannungsinstrumente leitet endlich zur Construction von praktisch höchst werthvollen und sehr vielfacher Empfindlichkeit fähigen Multipler⸗Apparaten, welche Herr Dr. Kallmann in ver⸗ schiedenen Formen demonstrirte. Die nächste Vereinssitzung findet am 23. Januar statt. Der Ausschuß der Internationalen Criminalistischen Vereinigung und die von dieser eingesetzte statistische Commission traten am 21. d. M. in Brüssel unter dem Vorsitz des General⸗ Inspectors der belgischen Gefängnisse Professor Dr. Prins (Brüssel) zu einer Sitzung zusammen. Die deutschen Commissionsmitglieder: Professor Dr. von Liszt (Halle a. S.), Unter⸗Staatssecretär a. D. Dr. von Mayr (Straßburg i. E.) und Dr. jur. Otto Köbner (Berlin) waren vollzählig erschienen. Aus Frankreich waren die Professoren Leveiller (Paris) und Garcgon (Lille), aus Holland Professor Dr. von Hamel (Amster⸗ dam) anwesend. Von dem General⸗Secretär der italienischen Statistik, Professor Dr. Bodio (Rom), der sein Ausbleiben durch dringende Amtsgeschäfte entschuldigt hatte, lag ein gedrucktes Gutachten vor. Die belgische Regierung, die im Juli 1894 in Antwerpen, an⸗ läßlich der daselbst stattfindenden Weltausstellung, amtlich einen „Congrès de prévention et de patronage“ organisirt, hat eine Einladung an die Internationale Criminalistische Vereinigung ergehen lassen, sich an demselben in corpore zu betheiligen, und der Vereinigung anheimgestellt, die Verhandlungsthemata zu bestimmen. Es wurde beschlossen, diese Einladung anzunehmen. Als erstes Thema wurde eine Mittheilung über die rückfallstatistischen Arbeiten der Ver⸗ einigung in Aussicht genommen. Es wurde hervorgehoben, daß die Frage der Rückfallstatistik abgesehen von ihrer Wichtig⸗ keit für die Criminalpolitik aller Culturstaaten noch ein be⸗ sonderes actuelles Interesse für Belgien habe, insofern man dort gerade jetzt an der Organisation eines Strafregisters arbeitet und andererseits auch eine Neugestaltung der belgischen Criminalstatistik plant. Die Internationale Criminalistische Vereinigung hat sich mit der Methode der Rückfallstatistik schon auf ihrem letzten Congreß in Paris im Sommer dieses Jahres beschäftigt; Dr. Köbner (Berlin) legte damals dem Congreß einen eingehenden Organisationsentwurf für eine solche Statistik vor. Zur Prüfung der praktischen Durchführbarkeit desselben im einzelnen wurde die in Brüssel versammelt gewesene Commission gewählt. Nach eingehender Debatte einigte sich die Commission über die nothwendigen praktischen Maßnahmen, wozu namentlich eine Reihe technisch⸗statistischer Vorschläge von dem Unter⸗Staatssecretär a. D. Dr. von Mayr, welche die Methode der neuen Statistik erheblich ver⸗ einfachen, beitrugen. Im weiteren wurde beschlossen: den Unter⸗ Staatssecretär a. D. Dr. von Mayr (Straßburg i. E.), Dr. O. Köbner (Berlin) und Professor Dr. Gargon (Bille) mit der definitiven Redaction des Organisationsentwurfs zu beauf⸗ tragen und dafür zu wirken, daß derselbe von der Inter⸗ nationalen Criminalistischen Vereinigung allen Regierungen zur Ein⸗ führung empfohlen werde. Als zweites Thema für den Antwerpener Congreß (1894) wurde die Organisation der Gerichte für kleine Delicte (Schöffengerichte oder Einzelrichter) bestimmt. Endlich wurde beschlossen, im Jahre 1895 wieder selbständig einen Congreß de Internationalen Criminalistischen Vereinigung, und zwar in Wien abzuhalten.

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Literatur.

8 Geieze PierebunneX—

Das Reichs⸗Wuchergesetz, in der Fassung der Wucher⸗ gesetznovelle, von Dr. Fritz Friedmann, Rechtsanwalt beim Land⸗ gericht Berlin I Berlin S., Gerstmann’s Verlag 1894. Der Ver⸗ fasser hat sich bemüht, das neue Wuchergesetz wissenschaftlich und durch Commentar dem Allgemeinverständniß nahezuführen. Der Com⸗ mentar ist in Noten enthalten; er beschränkt sich nicht allein auf die Aenderungen der §§ 302 a und 302 c., sondern er illustrirt die ge⸗ sammte Novelle in ihrem criminalistischen wie civilistischen Inhalt und würdigt zugleich auch das frühere Gesetzesmaterial. Voraus⸗ geschickt ist eine ausführliche, geschichtliche und wissenschaftliche Dar⸗ stellung der Wuchergesetzgebung.

-— Von der früher besprochenen Ausgabe der „Gewerbeord⸗ nung für das Deutsche Reich“ von dem Ober⸗Regierungs⸗Rath im Königlich baverischen Staats⸗Ministerium des Innern und stellv. Bundes⸗Bevollmächtigten Robert Landmann ist jetzt die 1. Liefe⸗ rung (Bogen 28 49) von der zweiten Hälfte des Gesammtwerks zum Preise von 4 erschienen. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung in München. Das Werk ist hiermit bis zum § 111 (cinschl.) fort⸗ geschritten. Es sind in dem Commentar die gesammten Gesetzgebungs⸗ materialien, die Praxis und die Literatur sorgsam berücksichtigt, wie auch die Vollzugsvorschriften wiedergegeben. Das Werk ist für Wissen⸗ schaft und Praxis gleich werthvoll.

Von der von dem Königlich württembergischen Ober⸗Regierungs⸗ Rath von Schicker besorgten Ausgabe des Krankenversicherungs⸗ gesetzes und des Hilfskassengesetzes, die gegenwärtig auf Grund der neuen Fassung des Krankenversicherungsgesetzes vom 10. April 1892 in zweiter Auflage erscheint, ist jetzt die dritte

Lieferung (Pr. 34ℳ6) Stuttgart, Verlag von W. Kohlhammer. Hiermit ist das Werk abgeschlossen. Die dritte Lieferung enthält

eiger und Königlich Preußischen S

den Schluß des Hilfskassengesetzes und als Anhang die einschlägigen Bestimmungen des Unfallversicherungsgesetzes, Musterstatuten für Brts⸗ Kranken⸗ und Betriebs⸗ (Fabrik⸗) Krankenkassen, Musterstatuten für Gemeinde⸗Krankenversicherung und für Hilfskassen und ein alphabetisches Sachregister. Der Commentar genügt allen Anforderungen der Wissenschaft und der Praxis. (Die erste Lieferung wurde besprochen in Nr. 142 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 16. Juni 1893, Erste Beilage.) Das Communalabgabengesetz vom 14. Juli 1893, von O. Schwarz und 8 warz, Regierungs⸗Assessoren. Pr. 5 ℳ, geb. 6 Verlag von Rudolf Barth in Aachen. Das Buch enthält eine ausführliche Einleitung, welche die Ursachen und Grundgedanken der Communalsteuer⸗Reform behandelt, sowie eine zusammenhängende Darstellung des Gesetzes und eine der wichtigsten, bei der Umgestaltung des Gemeinden⸗Finanzwesens auf der Grundlage des neuen Gesetzes in Betracht zu ziehenden Gesichts⸗ punkte bringt. Dem darauf folgenden Text sind ausführliche Er⸗ läuterungen beigegeben, in denen die Kammerverhandlungen eingehende Berücksichtigung und die noch in Betracht kommenden Ministerialerlasse und Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts entsprechende Wür⸗ digung gefunden haben; die im amtlichen Auftrage herausgegebenen, Grund⸗ züge des Communalabgabengesetzes“ sind gleichfalls in ausgiebiger Weise berücksichtigt worden. Die im Gesetze selbst angezogenen Stellen anderer Gesetze sind stets wörtlich in den Anmerkungen abgedruckt, die in Bezug genommenen Gesetz im Anhang vollständig mitgetheilt, wo auch der Wortlaut der Bestimmungen der östlichen Kreis⸗ und Provinzialordnung über Kreisabgaben, das neue Wahlgesetz und mehrere Muster zu Regulativen für indirecte Steuern sich finden. Ein ausführliches Sachregister erleichtert den praktischen Gebrauch. Eine andere Ausgabe des Communalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 ist von dem Bürgermeister a. D. W. Maraun besorgt; diese kostet 1,50 und ist in der Liebel'schen Buchhandlung in Berlin SW., Dessauerstraße 19, erschienen. Diese Ausgabe ist vor⸗ nehmlich für den praktischen Gebrauch bearbeitet und mit kurzen sach⸗ lichen Erläuterungen versehen; sie enthält außerdem die auf das Gesetz bezüglichen Bestimmungen des Gesetzes wegen Aufhebung directer

Staatssteuern. 8 Militärisches.

Die Schlachtfelder von Metz, gewidmet Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm II. von Otto Taubert, Major und Bataillons⸗Commandeur im Königs⸗Infanterie⸗Regiment Nr. 145. Erste Lieferung, Preis 12 Von diesem, auf zwei Lieferungen berechneten Werk enthält die erste uns vorliegende Lieferung in Quer⸗ Royal⸗Folio⸗Format drei große Abbildungen der Schlachtfelder von Colombey⸗Nouilly, von Gravelotte⸗St. Hubert und von St. Marie aux⸗Chönes und St. Privat, welche diese blut⸗ getränkten, an unvergleichliche Heldenthaten erinnernden Gefilde mit einer bisher noch nicht erreichten Klarheit und Natürlichkeit zur Darstellung bringen. Diesen die Schlachtfelder im ganzen veranschau⸗ lichenden Blättern sind noch auf vier anderen Blättern Abbildungen geringeren Umfangs von solchen bemerkenswerthen Punkten auf den Schlachtfeldern von Metz beigegeben, die im Verlauf der Kämpfe vo besonderer Bedeutung gewesen sind, wie das Schloß Frescaty, der Park Frescaty, Frescaty⸗Ferme, die Ziegeleien von Saulny, „Di alte Eiche“ am Wege von Lorry⸗Amanweiler, l'Amitie Brauerei von Noisseville), die Todten⸗Allee und Orly⸗St. Blaise. gleichfalls beigefügte kurze aber deutliche Schilderung der Ereignisse in der Schlacht von Colombey⸗Nouilly am 14. August 1870, mit einer ordre de bataille der dabei betheiligten Truppen sowie ein guter Plan dieser Schlacht im Maßstabe 1:25 000 bilden eine willkommene Ergänzung und Erläuterung des entsprechenden Schlachten⸗ bildes. Die zweite, das Werk abschließende und in etwa vier Monaten zu erwartende Lieferung soll Abbildungen der Schlachtfelder von Vionville, Verneville (Ergänzung der Schlacht am 18.

1870) und Ncoisseville nebst erläuternden Blättern zu drei Schlachten am 16., 18. und 31. August, eine Reihe weiterer kleinerer Illustrationen und einen künstlerisch gezeichneten Titel mit Ansichten der hauptsächlichsten Denkmäler der Schlachtfelder ent⸗ halten. Die hier gebotenen landschaftlichen Aufnahmen der Schlacht⸗ felder geben eine klare Vorstellung von der Plastik des Geländes und ermöglichen selbst dem Laien, den Gang der Schlachten zu verstehen. Das Werk wird deshalb sicherlich dazu beitragen, das Gedächtniß an die erschütternden Kämpfe um Metz mit ihren segensreichen Folgen für das Deutsche Reich, sowie den daraus zu ziehenden Lehren und Mahnungen zur Vaterlandsliebe und zur Erhaltung des theuer er⸗ kauften Bodens in den neuen Generationen wach zu erhalten.

Verschiedenes.

Schwerin Wismar von P. Möller d 8 Kiel. Gedruckt im Auftrage des Elbe⸗Ostsee⸗Kanalvereins. 1893.— Die Wichtigkeit eines Kanals von Schwerin in Mecklenburg nach Wismar ist schon im fünf⸗ zehnten Jahrhundert erkannt. Damals wurde dort bereits eine Wasserstraße für kleinere Schiffe angelegt, die aber ebenso wie der später von Wallenstein eingeleitete Bau eines größern Kanals nur wenige Jahre bestanden hat und dann schnell verfallen ist. Erst in neuerer Zeit hat sich das öffentliche Interesse dieser Wasserstraße wieder zugewendet, welche durch weiteren Ausbau nach der Elbe bei Dömitz oder Cumlosen eine Verbindung der Elbe mit der Ostser durch Mecklenburg von großer Bedeutung schaffen würde, weil der Verkehr von der mittleren Elbe nach dem Norden auf einem um 19 bezw. 54 km kürzeren Wege als durch en Elbe⸗Trave⸗ Kanal zur Ostsee gelangen, der Waarenverkehr sich voraussichtlich erheblich steigern und Mecklenburg daraus den nicht zu unterschätzenden Vortheil zieden würde, daß es seine Bodenerzeugnisse aus dem füd⸗ lichen und mittleren Theil nicht mehr nach Hamburg zu bringen brauchte, sondern sie in Wismar absetzen und so

brauc 1 m 1 in unmittelbaren Verkehr mit den nordischen Reichen treten könnte. Unter dem 10. De⸗ zember 1892 hat

Kanalproject Königlichem Regierungs⸗Baumeister in

der Elbe⸗Ostsee⸗Kanalbauverein beschlossen, den Kanal in seinen Abmessungen so auszuführen, daß er für Schiffe von 350 t oder 7000 Ctru. genügende Tragfähigkeit bekommt. Der vom Vorstand des Vereins mit der Ausarbcitung eines generellen Projects be⸗ auftragte Regierungs⸗Baumcister Möller⸗Kiel schlägt vor, mit Rüch⸗ sicht auf die Kostenersparniß zur Ueberwindung des zwischen dem Lostener See und dem Mühlenteich 31 m betragenden Gefälles, anstatt der erforderlichen neun Schleusen, ein Hebewerk mit einer geneigten Ebene und einer fahrbaren Schleusenkammer anzuwenden, was, ohne die Gebälter der bei Schleusen nicht zu entbehrenden Wächter, eine Ersparniß von 1 250 000 ergeben würde. Es blieben dann nur außer diesem Hebewerk zwei Schleusen: eine zwischen dem Schweriner und Lostener See und eine zweite dicht unterhalb des Mühylenteiches anzulegen. Für den Kanal ist eine Tiese von 2m unter dem Normal⸗ wasserspiegel, eine untere Breite von 13 m und obere Breite von 21 m in Aussicht genommen. Die lichten Weiten der Straßen und Brücken sind zu 15,5 m im Wasserspiegel, die lichte Hohe zwischen dem Wasserspiegel und dem Scheitel des Bogens der Brücken zu 4,50 m angenommen. Die Wassermenge zur Speisung des Kanals, d. h. zur Füllung der Schleusen und zum Ersatz des verdunsteten und versickerten Wassers, muß dem Schweriner Ser ontnommen werden, was nach den Ermittelungen des Baumeisters Möller ohne Schwierig⸗ keiten geschehen kann. Allerdings wird in sehr wasserarmen Jahren dies nur durch Senken des Seespiegels möglich sein, eine Senkung⸗ die jedoch bei drei aufeinander folgenden trockenen Jahren nicht mehr 2ls 0,02 m betragen wird. Die Baukosten veranschlagt Herr Baumcister Möller auf 3 630 000 und die Gesammtkösten