1 21
zu erschweren, da
lich geschädigt würden, so sei das in der Praxis doch kaum der Fall. Der Käufer müsse ohnehin während der ganzen Contractsdauer seine
Speicherräume zur Abnahme der gekauften Waare zur Verfügung 1 Seheeer da er nicht wissen könne, an welchem Tage ihm die Waare ge⸗
1 8 1—
iefert werden würde, ebenso müsse er auch . getroffen haben, daß er zur Zeit der Lieferung die nöthigen Kapitalien zur Abnahme und Bezahlung der Waare besitze. Uebrigens sei die Berliner Börse schon jetzt dazu übergegangen, die Verwendung lieferungsunfähiger Waare zur Ankündigung dadurch sio dem Käufer das Recht gebe, dieselbe zu dem von den Sachverständigen festgesetzten Minderwerth zu übernehmen. Dieses erscheine im allgemeinen genügend, um die bervorgetretenen Mißstände zu beseitigen. Denn der Käufer habe es dadurch in der 8 8 die uncontrackliche Waare zu einem ihrem Werth entsprechenden Preis abzunehmen und aus dem Markt zu ziehen und damit die Wiederverwendung zu weiteren Kündigungen zu hindern. Außerdem sei aber auch nach den Berliner Lieferungsbedingungen die Wieder⸗ anmeldung der für uncontractlich erklärten Waare nur nach 7 Tagen
gestattet.
Wenn in Berlin für Getreide nicht die gleiche Vorschrift in Bezug auf die vorherige Prüfung der Lieferungsfähigkeit bestände, wie an anderen Orten, so hätte dies in localen Verhältnissen seine Ursache. In Berlin beständen keine centralisirten und unter öffentlicher Verwaltung stehenden Speicheranlagen; das Getreide gelange vielmehr von Privat⸗
speichern oder von Kähnen aus zur Andienung.¹) Diese Verhältnisse gestatteten nicht die Prüfung der Qualität vor der Andienung, weil es unmöglich sei, in den einzelnen Fällen die Identität des geprüften mit dem zur Andienung gelangten Getreide festzustellen. Außerdem erleide das Getreide auch manchmal namentlich im Frühjahr infolge besonderer Witterungseinflüsse in wenigen Tagen an seinem Gewicht und seiner sonstigen Qualität eine erhebliche Einbuße, sodaß Getreide, das heute für lieferungsfähig erklärt sei, vielleicht morgen bereits den contractlichen Bedingungen nicht mehr entspräche. Dazu käme, daß die vorherige Untersuchung des Getreides auf seine Lieferungsfähigkeit erhebliche Kosten an Sachverständigengebühren verursachen würde. Trotz dieser praktischen Bedenken würde man, sobald in Berlin große öffentliche Speicher angelegt sein würden, der Frage näher treten, ob nicht die Prüfung der Qualität vor der Andienung vorzuschreiben sein möchte. 2) 3
Die Commission theilte im allgemeinen die Auffassung, daß die Verwendung uncontractlicher Waare zur Andienung die Interessen der Käufer schädigt und geeignet ist, die Preise künstlich zu drücken, und daß es sich demgemäß empfiehlt, dieselbe nach Möglichkeit zu
hindern, auch wenn dadurch die Kosten der Untersuchung vermehrt
Waare der Käufer berechtigt sein soll, die
werden. Mit Rücksicht auf die localen Einrichtungen einzelner Börsen
glaubt sie jedoch davon Abstand nehmen zu sollen, die Feststellung der
Lieferungsfähigkeit vor der Andienung unbedingt zu verlangen und lehnte demgemäß den diesbezüglichen Antrag ab. Sie beschränkt sich darauf, zu befürworten, daß, soweit möglich, Anordnungen zu treffen sind, um die Feststellung der Lieferungsfähigkeit der Waaren vor ihrer Andienung zu bewirken.
Dem Antrage, die Andienung lieferungsunfähiger Waare vor Ablauf der Lieferungsfrist dem Verkäuser gegenüber als Erfüllungs⸗ verzug zu ahnden, glaubte die Commission aus den hervorgehobenen Bedenken nicht zustimmen zu sollen; dagegen befürwortet sie für alle Börsen die Bestimmung, daß bei Ankündigung lieferungsunfähiger aare zu dem von den
Sachverständigen festzustellenden Minderwerthe zu übernehmen, ob⸗
Sachverständigencommission
wohl von mehreren Seiten darauf hingewiesen wurde, daß diese Vor⸗ schrift den Interessen der Käufer nicht genüge, die zur Verarbeitung eeignete Waare gekauft hätten, während die uncontractliche für diesen Zweck vielfach ungeeignet sei. Im übrigen verweist die Commission auf ihre zu Nr. I 4 8 gefaßten Beschlüsse, wonach die wiederholte Benutzung uncontract⸗ licher Waare zur Kündigung als disciplinarisch zu ahndende Handlung angesehen werden soll, wenn der Kündigende wußte oder den Umständen nach wissen mußte, daß die Waare den an die Lieferungsqualität zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, wonach ferner alle Kündi⸗ gungen ohne vorhandene Waare und alle Scheinkündigungen dis⸗ ciplinarisch zu ahnden sind. Durch diese Bestimmungen ist die wiederholte Benutzung uncontractlicher Waare außerordentlich erschwert. Denn es liegt auf der Hand, daß wenn der Verkäufer heute eine Waare zur Andienung verwendet und dieselbe für uncontractlich er⸗ klärt wird, er diese Waare ohne eine wesentliche Bearbeitung nicht wieder zur Kündigung benutzen darf, ohne sich der Gefahr einer dis⸗ ciplinaren Ahndung auszusetzen. Durch diese Strafbestimmung wird auch namentlich dem Mißbrauch entgegengetreten, der mit Schein⸗ kündigungen getrieben wird. Es kommt vor, daß jemand, der an mehrere Käufer zu liefern hat, in der Annahme, daß nicht alle Käufer die Waare zu empfangen geneigt sein werden, namentlich wenn die Käufer auswärts wohnen, die vorhandene Waare mehreren Empfängern gegenüber gleichzeitig zur Andienung benutzt. Auch kommt es vor, daß überhaupt Kündigungen ohne jede Waare vorgenommen werden, oder daß die Kündigung an den Verkäufer selbst geschieht, lediglich zu dem Zweck, um durch die große Zahl der Kündigungen auf den Preis zu drücken. Daß ein solcher Preisdruck durch diese Manipulationen erreicht werden kann und vielfach erreicht wird, ist außer Zweifel. Je größer die Mengen sind, welche als ge⸗ kündigt bekannt werden, desto größer erscheint der am Markt be⸗ findliche Vorrath, und desto geringer muß die Neigung der Käufer sein, die Waare aufzunehmen; beide Momente müssen aber den Preis nachtheilig beeinflussen. Insbesondere muß dies der Fall sein, wenn diese Manipulationen mit uncontractlicher Waare ausgeführt werden, oder wenn die Contractgemäßheit der Waare so wenig gesichert ist, daß der Käufer mit Recht befürchten muß, die ihm gegen⸗ über für contraetlich erklärte Waare würde von einer anderen für uncontractlich erklärt werden. Hierdurch erklärt es sich, daß nicht selten für contractlich erklärte ieferungswaare mehrere Mark unter dem Preise für Locowaare der sogenannten Lieferungsqualität verkauft werden muß, weil die Empfänger der Lieferungswaare die berechtigte Befürchtung hegen, daß dieselbe von den Sachverständigen bei erneuter Verwendung zur Andienung für uncontractlich erklärt werden wird, und der Gebrauchs werth dieser Waare für die Müller und Consumenten ein geringerer ist als Locowaare in Lieferungsqualität. Von einer Seite wurde allerdings darauf hingewiesen, daß der Minderwerth der soeben für contractlich erklärten Lieferungswaare egenüber der Locowaare gleicher Qualität auch in anderen Umständen fehne Ursache haben könne und vielfach habe. Für die Abnahme ge⸗ kündigter Waare sei zu Gunsten des Käufers eine bestimmte Frist bedungen. Wenn nun durch die Besichtigung und durch die Herbei⸗ führung des Urtheils der Sachverständigen einige Tage dieser Frist verstrichen seien und der Schiffer, in dessen Schiff die Waare lagere, die Hinausschiebung der Entladung nicht länger ge⸗ statten wolle, als er unbedingt verpflichtet sei, so sei diese Waare zur Erfüllung von Lieferungsverbindlichkeiten weniger eeignet als andere Waaren der gleichen Qualität, und dieses drücke sich natürlich auch im Preise aus. Wie wesentlich die größere oder geringere Verwendbarkeit zu Lieferungszwecken den Preis beeinflusse, ginge auch daraus hervor, daß oft Getreide, welches auf einen Termin⸗
8. anmeldeschein zu empfangen, also mit allen Rechten ausgestattet sei,
welche der Schlußschein dem Käufer gebe, zehn Minuten nach Schluß
der letzten Ankündigungsfrist eines Tages unter dem Terminpreis ver⸗
kauft werden müßte, nur weil das Recht, durch Weitergabe des An⸗
Püreschens ein Lieferungsgeschäft zu erledigen, der betreffenden Waare ehle.
Die Commission verurtheilt zwar alle unlauteren Geschäfts⸗
praktiken durchaus, glaubt jedoch, daß die disciplinare Ahndung der⸗
— felben genügen wird, um sie für die Zukunft abzustellen. So lange
Stenogr. Ber. S. 2342, 2357, 2536. ) Stenogr. Ber. S. 2346, 2354, 2496, 2911, 2935, 3056, 3065, 3442, 3451, 3453.
2533, 2542, 2704, 2712, 8 “ f
übrigens die Einrichtungen an den Börsen die vorherige Untersuchung des zur Andienung gelangenden Getreides in Bezug auf seine Lieferungs⸗ fähigkeit nicht gestatten, erklärt sich die Commission außer stande, andere Mittel in Vorschlag zu bringen, welche diese Mißstände zu be⸗ seitigen geeignet wären.
Die bereits an einzelnen Börsen bestehende Bestimmung, daß der Fall der Ankündigung uncontracklicher Waare am Schlusse, des Ter⸗ mins dem Falle der Nichtlieferung in seinen Wirkungen gleichzustellen ist, sodaß der Käufer auch in ersterem Falle das Recht des Deckungs⸗ kaufs hat, glaubt die Commission zur Aufnahme in die Schlußschein⸗ bedingungen aller Börsen empfehlen zu sollen. Sie ist der Ansicht, daß die frühere Praxis, wonach derjenige, welcher uncontractliche Waare liefert, besser gestellt ist als derjenige, welcher garnicht andient, die Lieferung uncontractlicher Waare begünstigt, während doch für den Käufer, der auf contractliche Waare rechnet, die Lieferung uncontract⸗ licher Waare der gänzlichen Nichtlieferung gleichsteht.
E. Börsenspiel.
Die Commission hat keinen Zweifel daran haben können, daß bis tief in die mittleren und niederen Schichten der Bevölkerung, eine erhebliche und für dieselben verderbliche Betheiligung am Börsen⸗ geschäft lediglich um des Cursgewinns willen stattgefunden hat. Vielfach waren die Betheiligten in ganz leidlichen Verhältnissen ge⸗ wesen, welche die Aussicht auf eine steigende Fortentwickelung gewährten, Geschäftsleute mit einigen Mitteln, die in Geschäften mit mäßigem, aber Gewinn abwerfendem Umsatz angelegt waren. Aber ebenso zahl⸗ reich scheint die Zahl der Personen gewesen zu sein, die sich entweder in unselbständiger oder in untergeordneter, dürftiger wirthschaftlicher Lage bis herunter zur vollen Vermögenslosigkeit befanden. Eine ver⸗ heerende Wirkung ist in dieser Richtung der von manchen Börsenhändlern geübten Praxis zuzuschreiben, Kunden für Termingeschäfte durch Agenten zu gewinnen, welche sie zu diesem Zweck theils in bestimmten Bezirken umherreisen lassen, theils in einer großen Reihe von Plätzen, auch solchen von untergeordneter Bedeutung, ständig unterhalten. Im Effectenhandel wird diese Praxis, soweit bekannt geworden, nur von Häusern geringeren Ranges geübt. Im Productenhandel haben auch bedeutendere Häuser theils in kleineren Landstädten, theils an größeren Plätzen Unterhändler, welche mit den dort oder im Umkreise wohn⸗ haften Händlern behufs des Abschlusses von Termingeschäften oder der Ertheilung von Aufträgen zu solchen in Beziehung treten sollen. Letztere sind sehr häufig nur Händler in bescheidenem Maßstabe. Sie beziehen die sogenannten Colonialwaaren, um sie im Detailhandel an das Publikum abzusetzen. So sind thatsächlich mittlere und kleine Händler in den Provinzen dem Terminhandel auch mit hervorragen⸗ deren Commissionshäusern zugeführt worden und durch denselben zu Grunde gegangen, während sie nach Art und Umfang ihres Geschäfts⸗ betriebes gar keinen Anlaß hatten, Waare auf Zeit zu kaufen, oder doch reinen Terminspekulationen durchaus hätten fern bleiben ig sene ¹) Nicht selten arbeiten solche Agenten gleichzeitig für mehrere
äuser. ²
9 Es s1 nun freilich von vernommenen Sachverständigen geltend gemacht worden, daß es der Vermittler im Lande im Productentermin⸗ zandel bedürfe, weil es überall Producenten, gewerbsmäßige Ver⸗ arbeiter und Großhändler gebe, die, zum Terminhandel legitimirt, an sofortiger Kenntniß der derzeitigen Anstellungspreise der Börsenhäuser interessirt seien..) Es wurde auch von anderer Seite zwar durchaus anerkannt, daß Ausschreitungen zu beklagen wären, aber die Erörterung der allgemeineren Fragen angeregt, ob auf die Benutzung von Agenten für die Gewinnung von Aufträgen zu Termin⸗ und sonstigen reinen Speculationsgeschäften überhaupt verzichtet werden müsse, und wie weit die Erkundigungspflicht des soliden Commissionshauses in Bezug auf die Zwecke des Committenten bei den Auͤfträgen und auf seine Verhältnisse ginge. An sich erstrebe jeder Kaufmann die Erweiterung seines Kundenkreises und benutze dazu auch Vermittler. Wenn man einem Commissionshause, welchem durch Agenten neue Kunden für Geschäfte der bezeichneten Art zugeführt würden, und das keinen Grund habe, seinen Agenten zu mißtrauen, sich aber noch von anderer zuver⸗ lässiger Stelle, vielleicht zahlenmäßig unterstützt, bestätigen lasse, der Zugeführte sei ein ganz gut situirter Mann, nicht gestatten wolle, sich hierbei zu beruhigen, so stelle man an den Geschäftsverkehr wohl zu weitgehende Zumuthungen.
Hiergegen wurde ausgeführt, die Gewährung der Gelegenheit zu Terminhandel und speculativem Kassageschäft sei kein Geschäftszweig, für den man sich Kunden durch Zureden, solche Geschäfte zu machen, solle erobern dürfen. Die Verwendung von Agenten oder sonstigen Vermittlern, um Personen zu solchen Geschäften zu gewinnen, sei durchaus verwerflich. Es sei schon sehr übel, wenn an vielen Orten solche Agenten selbst mit der gemessenen Instruction säßen, nur die Verbindung mit den bereits vorhandenen Kunden des Hauses zu unter⸗ halten und andere an sich herankommen zu lassen. Denn diese Grenze werde erfahrungsgemäß nicht eingehalten. Ueber den Umfang der Er⸗ kundigungspflicht des Börsenhausfes ließen sich freilich keine allgemeinen Regeln aufstellen. Bloße Erkundigungen nach den Verhältnissen, wie sie bei Auskunftburcaux erfolgten, ohne daß zugleich angegeben werde, welchen Charakter die einzugehenden Geschäfte hätten, erzielten aller⸗ dings kein zureichendes Ergebniß, ebensowenig Erkundigungen bei in Bezug auf diese Art des Geschäftsverkehrs conniventen Geschäsfts⸗ freunden. Auch fehle es anscheinend an der erforderlichen Er⸗ neuerung solcher Erkundigungen bei der Zunahme des Risicos in dem nach Anknüpfung der Geschäftsverbindung sortschreitenden Geschäfts⸗ verkehr.
In der That ergeben sich aus Prozeßacten die äußerst ab⸗ fälligen Urtheile der officiellen Handelsorgane in einer mittleren Gewerbsstadt über diese Hereinziehung einer Reihe von Händlern in die Speeulation, bei denen die völlige Ungeeignetheit ihrer wirth⸗ schaftlichen Lage hierzu für jeden verständigen Kaufmann daselbst keinen Zweifel hätte unterliegen können. ¹) Untergeordnetere Häuser haben aus unmittelbar gegen sie gethanen Aeußerungen von Kunden über ihre Verhältnisse sowie aus den Schwierigkeiten, welche in Betreff der Beschaffung auch nur kleinerer Depots zu Tage traten, die völlige Unzulänglichkeit der Mittel dieser Personen für solche Geschäfte er⸗ kennen müssen.5) Die von ihnen verwendeten Agenten waren von entsprechend geringerem Schlage. Wiederholt haben sie Bedenken der von ihnen Herangezogenen mit der Erklärung, daß es sich ja nicht um Lieferung oder Abnahme, sondern nur um die Differenz handle, beschwichtigt. Für sie hat vielmehr der ganze Zweck der Geschäfte nur darin bestanden, durch Erregung von Hoffnungen und, nachdem die Verbindung angeknüpft war, durch späteres Drängen nach und nach Einschußbeträge herauszulocken.⁰) Mehrfach haben sie sich an unselbständige Personen mit Vermögen gewandt und ihre Auftraggeber darauf hingewiesen, daß der Geschäftsverkehr vor den Verwaltern des betreffenden Vermögens geheim gehalten werden solle, worauf diese Auftraggebe: auch durch Sendung der Briefe ohne Firmenstempel auf den Adressen oder nach einer bestimmten Wohnung eingegangen sind.7) Berliner Commissionäre haben Agenten auch für Berlin gehalten.s) Aus Prozessen ergiebt sich, daß es auch eine andere Species von Vermittlern gegeben hat. Dieselben bezeichnen sich als selbständige Vermittler gegen Provision, und sie haben kleineren Häusern, nach ihrer Behauptung ohne deren Auftrag, Kunden, die sie auf eigene Hand für solche Geschäfte gewonnen, zugeführt.9)
1) * 9 30 . 8
9 I. 18 68 88 47 der Zusammenstellung der Rechtsprech ung.
³) Stenoge. Ber. S. 2478/79.
4) Nr. 19 der Zusammenstellung treffenden Prozeßacten zu ersehen.
5) Nr. 15, 16, 21, 38 der Zusammenstellung.
6) Nr. 4, 29, 30, 35, 45 der Zusammenstellung der Recht⸗
sprechung.
. Ke. 25, 31 daselbst. 111X“ 1 8) Nr. 31 daselbst. ⁹) Nr. 37, 45 daselbst.
der Rechtsprechung aus den be⸗
Bei der Prüfung der Mittel, welche die derzeitige Rechts⸗ ordnung für den Erfolg bietet, daß solchen Geschäften der Rechtsschutz versagt werde, ist die Commission zu dem Er⸗ gebniß gelangt, daß diese Mittel unzulänglich sind und der in dieser Richtung bestehende Rechtszustand ein unbefriedigender ist. Zwar ist nach den in Deutschland geltenden Gesetzen das Spiel un⸗ klagbar und dem Spiel wird das sogenannte reine Differenzgeschäft gleichgestellt. Aber der herrschenden Meinung und insbesondere dem obersten deutschen Gerichtshofe genügt bis zum heutigen Tage zur An⸗ nahme des Spiels oder des reinen Differenzgeschäfts nicht, daß bei einem Kaufgeschäft über börsengängige Effecten oder Waaren der Zweck eines oder beider Theile lediglich auf unmittelbare Erlangung der Differenz gerichtet ist. Es wird vielmehr zur Annahme des Spiels gefordert, daß diese Differenz der unmittelbare Gegenstand des Ver⸗ trags ist, der Vertragsinhalt unter Fortfall alles in anderer Weise Ausgedrückten lediglich in dem Versprechen der Differenzzahlung be⸗ steht. Es wird also dem Spielvertrage der ernstliche Kaufvertrag gegenübergestellt und der Kaufvertrag ist ernstlich, wenn nach dem Willen der Vertragschließenden als ihnen zur Ausübung zustehend, für den Käufer das Recht auf die Lieferung, für den Verkäufer das Recht auf die Zablung des Kaufpreises gegen Abnahme der Waaren bestehen soll. Nun kann ungeachtet der Aeußerung des Vertragsinhalts in diesem Sinne in den Schlußscheinen oder sonstigen Erklärungen die Be⸗ gründung dieser Rechte auch durch eine stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen sein. Zur Annahme einer solchen genügt aber die bloße, wenn auch dem Gegencontrahenten erkennbare, Absicht des einen Theils oder beider Theile, es zu der Lieferung oder Abnahme nicht kommen zu lassen, nicht. Es wird neuerdings von einzelnen Schriftstellern allerdings die ganze Unterscheidung angefochten. Auch der im Rechts⸗ sinne ernstliche Kaufvertrag soll demnach rechtlich als Spiel betrachtet werden müssen, wenn der wirthschaftliche Zweck auf Spiel gerichtet sei. Der Commission würde es durchaus bedenklich erscheinen, bei einer Erörterung, was der jetzige Rechtszustand bietet, welche zum Zweck der Entschließung, ob und welche Aenderungen vorzunehmen, erfolgt, auf solche Ansichten entscheidendes Gewicht zu legen, wenn denselben doch thatsächlich die Auffassung des obersten Gerichtshofes seit Errichtung des Reichs⸗Ober⸗Handelsgerichts bis zum heutigen Tage widerspricht. Insbesondere aber erscheint es der Commission von Bedeutung, daß das Reichsgericht auch in neuester Zeit, nachdem es bereits offenbar im Hinblick auf den zu Tage getretenen Umfang der Betheiligung des Privatpublikums an der Börsenspeculation dahin gelangt war, für die Würdigung der stillschweigenden Spielabrede gewissen Umständen ein größeres Gewicht beizulegen, als bisher ge⸗ schehen war, solche Versuche, dem Börsenspiel von einer anderen Auf⸗ fassung aus beizukommen, zurückgewiesen hat. Das Urtheil eines Ober⸗Landesgerichts erachtete die hergebrachte Unterscheidung zwischen Kauf und reinem Differenzgeschäft nicht für glücklich und operirte, die⸗ selbe preisgebend, mit dem Begriff des Glückspiels, um aus einem diesem entnommenen Zweckmoment das Kaufgeschäft, dessen Ernstlich⸗ keit als möglich zugegeben, als Spiel zu qualificiren. Das Reicht⸗ gericht hat das Urtheil aufgehoben und die angegriffene Unterscheidung aufrecht erhalten. 1) In einem anderen Fall, in welchem ein Detail⸗ händler in Colonialwaaren in der Provinz Terminspeculationen in Producten bei einem Berliner Börsenhause betrieben hatte, auch dar⸗ auf in Konkurs verfiel, ergab sich aus der Correspondenz bezüglich der Vorgeschäfte, daß das Berliner Haus mit Beginn des Kündigungs⸗ zeitraums von dem Kunden Disposition über das von diesem gekaufte OQuantum mit dem Hinzufügen gefordert hatte, daß es andernfalls leicht in die Lage käme, Kündigungsscheine für ihn behalten zu müssen. Außerdem hatte das Haus auch mehrfach geschrieben, es sei ge⸗ nöthigt gewesen, Kündigungsscheine für ihn zu behalten. Eine Ab⸗ nahme seitens des Händlers hatte niemals stattgefunden. Vielmehr hatte auch bei darauf angeblich erfolgter Annahme der Kündigungs⸗ scheine seitens des Berliner Hauses der Kunde dasselbe zum Weiter⸗ verkauf beauftragt und das Haus die Ausführung des Auftrags durch Selbsteintritt gemeldet. Das Ober⸗Landesgericht entnahm hieraus, daß der betreffende Händler niemals die Absicht gehabt habe, effectiv zu erfülen, daß das Börsenhaus diese Absicht gekannt und sich in Kenntniß derselben auf seine Aufträge eingelassen habe, und fand hierin die stillschweigende Spielabrede. Das Reichsgericht, und zwar der Senat, von dem hauptsächlich die Urtheile herrühren, in welchen sich die oben bezeichnete schärfere Tendenz offenbart, hob das Urtheil auf und entschied sofort zu Gunsten des Börsenhauses, weil die bloße Ab⸗ sicht eines der Contrahenten, nicht effectiv zu erfüllen, sondern am Stichtage statt der effectiven Erfüllung die Differenzausgleichung ein⸗ treten zu lassen, auch dann, wenn diese Absicht von vornherein vor⸗ handen und dem Gegencontrahenten bei Eingehung des Geschäfts bekannt gewesen, nicht mit dem für das reine Differen geschäft er⸗ forderlichen Willen gleichbedeutend sei, daß keinem der Contrahenten ein Anspruch auf effective Erfüllung zustehen solle.2) Dabei ist noch hervorzuheben, daß, wenn die Rechtsprechung bei der Unter⸗ scheidung zwischen Sviel und ernstlichem Kauf die im letzteren Falle nicht ausgeschlossene Erfüllung als effective Erfüllung“ zu bezeichnen pflegt, dies nur im Gegensatz zu der Entschädigung wegen Nicht⸗ erfüllung durch Differenzzahlung, die ja ihren Grund auch im Kauf hat, also auch als Erfüllung gelten kann, geschieht. Daß die Recht⸗ sprechung jemals einer Auffassung Beifall geschenkt hätte, nach welcher noch von einem reinen Differenzgeschäfte die Rede sein könnte, wenn die Absicht sich in der That auf Erfüllung, wenn auch nicht aus Hand in Hand, sondern im Wege der Uebertragung der Lieferung oder Uebernahme an einen Dritten richtet, ist nicht ersichtlich. Grade im Gegentheil wird, sobald diese Erfüllung stattgefunden hat, nach der herrschenden Auffassung der Einwand des reinen Oifferenzgeschäfts jeden Halt verlieren. Der Umstand, daß sich in solchem Falle Ver⸗ käufer und Käuser, weil der von dem Dritten oder an denselben ge⸗ zahlte Preis ein anderer als ihr Vertragspreis ist, durch eine Differenz⸗ zahlung ausgleichen müssen, kann die Annahme des reinen Differenz⸗ geschäfts, auch bei einer weiteren Ausdehnung des Begriffs desselben, als der herrschenden Ansicht entspricht, nicht begründen. Denn das Ergebniß wird hier lediglich infolge des Umstandes erzielt, daß Waare aus einer Hand in die andere geht, und wenn dies auch nicht die eigenen Hände der Contrahenten sind, so ist es doch ihr Rechts⸗ geschäft, welches diese Bewegung hervorbringt.
Bei dieser Auffassung kann von einer Wirkung der Bestimmung, daß das Spiel unklagbar sei, zunächst bei den um des Differenz⸗ gewinnes willen geschlossenen Geschäften der an der Börse verkehrenden Speculanten, auch wenn sie keine Effectivhändler sind, kaum die Rede sein. Ebenso nicht bei den Commissionsaufträgen, welche um solchen Gewinnes willen außerhalb der Börse stehende Personen ertheilen, wenn diese Personen zur Zeit der Auftragsertheilung in guten Ver⸗ hältnissen sind oder zu sein scheinen. Denn wenn selbst die vom anderen Theil erkannte Absicht, nicht zu liefern oder abzunehmen — wie man fortfahren darf, auch die Absicht beider Theile, wenn die des einen Theils vom anderen Theile erkannt und dieses Erkanntsein dem die Absicht Hegenden bewußt ist —, noch nicht als stillschweigende Ver⸗ einbarung des Ausschlusses der Lieferung oder Uebernahme zu erachten ist, so läßt sich nicht absehen, welche Umstände bei den bezeichneten Kategorien von Persböͤnen es sein sollen, welche mehr als jene Absicht ergeben. Die an der Börse sich bewegenden Speculanten haben die ausreichenden Verbindungen, um Personen zu finden, welche mit ihnen der Uebertragung der Lieferung oder Uebernahme dienende Geschäfte schließen. Von den anscheinend wohlhabenden Speculanten außerhalb der Börse darf der Commissionär annehmen, daß sie, wenn es darauf ankommt, eventuell mittels ihres Credits in die Lage kommen, zu liefern oder abzunehmen, sei es selbst oder durch andere. Er darf sich darauf berufen, daß solche Personen, mögen sie auch zur Zeit der Auftragsertheilung es lieber sehen, wenn Lieferung oder Uebernahme unterbleibt, wiederholt thatsächlich sich später zu derselben entschließen,
¹) Urtheil des Reichsgerichts v. 9. Mai 1893 (III. Civilsenat) 37/93 und 38/93 (Nr. 43 der Zufammenstellung der Rechtsprechung).
2²) Urtheil des Reichsgerichts vom 24. Mai 1893 (I. Civil⸗ Senat) 77/93 Nr. 39 daselbst, vergl. auch Nr. 33, 36 daselbst.
holt thut, daß dersel im Sinne eines Beweises für das reine Differenzgeschäft, sondern des Hinweises darauf, daß der Börsenhändler stets bereit ist, auf Ver⸗
die abzunehmenden Effecten oder Waaren in Report geben, die Liefe⸗ rung oder Uebernahme an andere überweisen.
Das Reichsgericht hat es nun allerdings in einer Reihe von Er⸗ kenntnissen als Anzeige für das reine Differenzgeschäft erachtet, wenn, wie der eine Theil weiß, die zu beziehenden oder zu liefernden Quan⸗ titäten das Vermögen des anderen übersteigen.¹) Dies ist nicht in dem Sinne gemeint, daß etwa jedes Geschäft auf solche zahlenmäßige Unzulänglichkeit hin anzugreifen wäre. In vielen Fällen sind Per⸗ sonen mit ihren Einwendungen des reinen Differenzgeschäfts, auch unter Aufrechterhaltung der Entscheidungen seitens des Reichsgerichts, zurückgewiesen worden, obwohl nach dem Inhalt der betreffenden Prozeßacten es unzweifelhaft oder doch behauptet war, daß die Ab⸗ schlußsummen erheblich höher als das betreffende Vermögen waren. ²) Es erklärt sich dies zum theil aus dem Erforderniß der Kenntniß des anderen Theils von dieser Unzulänglichkeit. Sehr häufig wird dieser oder sein Agent, dessen Wissen als das seinige nach der Ansicht des Reichsgerichts zu gelten hat, darüber nicht im Zweifel sein, daß der Kunde mit disponiblen Mitteln so große Quantitäten, wie der Gegen⸗ stand der laufenden Geschäfte sind, nicht abzunehmen oder zu liefern vermöchte. Nun kommt aber die heikle Frage des möglichen Credits in Betracht und ob dabei als den Credit stärkend die Rechte auf
Bezug der Quantitäten oder des Kaufpreises aus dem betreffenden Geschäfte mit in Berechunng zu ziehen sind. Die erwähnten Ent⸗ scheidungen betreffen daher Fälle, in welchen in anderer Weise ermittelt war, daß die Kunden in beschränkten Verhältnissen lebten und dies dem anderen Theil bekannt sein mußte. Alsdann werden dieser That⸗ sache die erheblichen Abschlußsummen gegenübergestellt und wird daraus, daß diese Personen solche Quantitäten nicht abnehmen oder liefern können, gefolgert, daß sie sich zur Abnahme oder Lieferung auch für den Gegentheil erkennbar nicht haben verpflichten wollen. Diese Behandlungsweise versagt aber, wenn es sich um Leute handelt, die wirklich oder anscheinend in günstigeren Verhältnissen waren, während doch auch solche durch die betreffenden Geschäfte den Verlust ihres günstigeren Nahrungsstandes, wenn nicht den völligen Ruin, erleiden und dieser Verlust, wenn er sich auf weite Kreise so situirter Bepölkerungsklassen erstreckt, volkswirthschaftlich nicht minder hoch anzuschlagen ist. Aber auch der wohlgemeinte Schutz für die kleineren Leute erweist sich deshalb als ein unvollkommener, weil er immer nur unter dem Gesichtspunkt des Spiels oder reinen Differenzgeschäfts entsprechend der juristischen Terminologie zu wirken vermag. Nicht weil es verwerflich ist, wissentlich mit einem anderen über dessen Kräfte hinaus Börsenspeculationsgeschäfte abzuschließen, werden diese Geschäfte für schutzlos erklärt, sondern weil — und daher insoweit — in solchem Falle der rechtsgeschäftliche Wille nicht auf Leistung des zunächst als Gegenstand der Erfüllung Gesetzten ge⸗ richtet sein kann. Daher statt der Prüfung, ob die übernommene Verlustgefahr dem Vermögen oder dem Umfange des berufsmäßigen Geschäftsbetriebs angemessen ist, die Prüfung, ob der Vermögens⸗ bestand ausreicht, um den unmittelbaren Vertragsgegenstand zu geben oder zu nehmen. Nun treten aber vielfach in dem be⸗ treffenden Geschäftsverkehr Umstände in die Erscheinung, welche das Vorhandensein jenes rechtsgeschäftlichen Willens trotz des Mißver⸗ hältnisses zwischen dem Vermögen und dem Preis des Vertragsgegen⸗ standes darthun. Der Kunde entschließt sich zur theilweisen Abnahme. Er äußert sich in der Correspondenz dahin, daß er dies thun werde. Er überträgt in der That die Abnahme oder Lieferung an einen anderen oder hat dies bei unmittelbar vorausgegangenen Geschäften gethan. Alles dies kommt auch bei kleinen, der Speculation ergebenen Leuten vor. Wiederholt speculiren solche auch bei mehreren Häu⸗ fern. In solchen Fällen erweist sich dann wieder die Unzuläng⸗ lichkeit des juristischen Spielbegriffs, und es ergehen den Geschäften Schutz gewährende Entscheidungen auf Grund von Umständen, die das natürliche Gefühl für völlig unerheblich erachten möchte. =ꝛ) Endlich ist der Satz keineswegs allgemein anerkannt, daß der Mangel an Vermögensmitteln, das vereinbarte Quantum börsen⸗ gängiger Effecten oder Waaren zu liefern oder zu übernehmen, den Mangel des Willens, sich im Sinne einer dem Kauf entsprechenden ernstlichen Erfüllung zu verpflichten, nothwendig oder der Regel nach ergebe. Der Handelsstand bekämpft ihn auf das lebhafteste, weil er die Gültigkeit des Speculationskaufs in Frage stelle. Das Ober⸗Landesgericht in Hamburg weist ihn durchaus ab und versteht auch Aeußerungen, wie sie der Börsenhändler oder sein Agent gegen den selbst auf sein 6 Vermögen hinweisenden Kunden wieder⸗ be ja nur die Differenz zu bezahlen brauche, nicht
langen des Kunden ein dem Marktpreise entsprechendes Gegengeschäft für ihn abzuschließen. So wird, wer, bei dem Gegencontrahenten bekannter völliger Vermögenslosigkeit und dem betreffenden Waaren⸗ handel durchaus fremd, unter dergleichen Beschwichtigungen für Sppeculationen in Spiritus zu hunderttausenden von Litern gewonnen ist, zur Zahlung der Differenz verurtheilt, wenn er in Ham⸗ burg wohnt und kein Kaufmann ist,¹) während er, wenn er auswärts wohnt oder Kaufmann ist, Aussicht hat, mit dem Einwand des Differenzgeschäfts durchzudringen. Denn der Senat des Reichsgerichts, der zur Zeit nach der Geschäftsvertheilung über ie Ansprüche gegen Nichtkaufleute aus dem Bezirke des Ober⸗Landes⸗ erichts zu Hamburg entscheidet, läßt die betreffende Auffassung des ber⸗Landesgerichts unangefochten, sei es, daß er sie theilt, oder seinem Rechte der Nachprüfung in der Revisionsinstanz engere Grenzen zieht als der Senat, welcher wegen ähnlicher Erwägungen Urtheile von Ober⸗Landesgerichten aufgehoben hat. Die Commission hat daher die weit verbreitete Meinung nicht für unberechtigt erachten können, daß das Schicksal solcher Prozesse gänzlich ungewiß ist, und, worauf es llerdings wesentlich ankommt, weil die Uebung eines Ermessens in der Materie selbst begründet ist, daß die Verschiedenheit der Ent⸗ scheidungen auf Umständen beruht, deren sachliche Erheblichkeit nicht u erkennen ist.⁵)
„Mebrigens wird nach Meinung der Commission der Satz, daß das reine Differenzgeschäft Spiel sei oder demselben gleich stehe, in dieser Allgemeinheit gewissen legitimen Functionen des Terminhandels nicht
erecht. Liegt einem Termingeschäft ein Waarengeschäft mit effectiver
ieferung zu Grunde, für welches es nur die Versicherung gegen Risico bilden soll, so hat das erstere, auch wenn die effective Er⸗ füllung desselben 4860 worden war, einen ernsthaften wirth⸗ schaftlichen Zweck. Der Königsberger Müller, welcher, um sich für die auf Termin abgeschlossenen Mehlverkäufe zu decken, an der Berliner Börse Getreide auf Termin kauft, kann nicht die Absicht haben, das Getreide in Berlin abzunehmen, weil er dasselbe nicht in Berlin, sondern in Königsberg braucht. Das Gleiche gilt beim Handel in Werthpapieren, wenn es sich um die Versicherung gegen die Kursver⸗ änderungen später zu liefernder oder zu empfangender ausländischer Valuten handelt. Freilich wird ein solcher Versicherungszweck bei Werthpapieren, von seltenen, nicht in Betracht kommenden Fällen ab⸗ sleben⸗ nur in Betreff ausländischer Valuten vorkommen, und im Waarengeschäft werden Privatpersonen fast niemals in die Lage kommen, solche Versicherungszwecke zu verfolgen. 1 Es wurde aber ferner in der Commission geltend, gemacht, daß man sich von einer Erweiterung des Begriffs des Differenzgeschäfts durch Gesetz oder von der Aufstellung von gesetzlichen Vermuthungen für dasselbe bei bestimmten Voraussetzungen einen Erfolg nicht ver⸗ sprechen dürfe. Es sei nicht zu leugnen, daß die Absicht jedes Kauf⸗ manns nur deshalb auf den Erwerb einer Waare gerichtet sei, um sie
1) Nr. 19, 21, 26, 27, 32 der Zusammenstellung.
2) Nr. 25, 26, 39, 46 der Zusammenstellung. 1“
— 9 25, 28 im Vergleich zu 27, auch Nr. 17 im Vergleich aselbst.
⁴) Urtheil des Reichsgerichts vom 3. Juli 1893 (VI. Civilsenat)
109/93 (Nr. 45 der Zusammenstellung), auch Nr. 37 daselbst.
³) Vergl. in Betreff der verschiedenen Beurtheilung des Umstandes,
daß der Commissionär zur Ausführung des Auftrages mit
wieder zu veräußern nnd aus der Differenz zwischen Einkaufs⸗ und Verkaufspreis Gewinn zu ziehen. Wenn der Kaufmann seinen Vor⸗ theil erzielen könne, ohne vorher in den körperlichen Besitz der Waare getreten zu sein, so halte er den Gewinn darum nicht für weniger legitim. Das Problem der wirksamen Bekämpfung der Speculations⸗ ausschreitungen sei auf dem eingeschlagenen Wege überhaupt der Lösung nicht zuzuführen. Was man „Börsenspiel“ nenne, werde mit dem Begriff des Differenzgeschäfts oder des Spielvertrags eben nicht erfaßt. Schon der Umstand, daß es sogenannte reine Differenzgeschäfte in erheblicher Anzahl gebe, welche reelle wirthschaftliche Zwecke verfolgten, indem sie einer Risicoversicherung dienten, beweise dies. Anderer⸗ seits könne man im Kassaverkehr, wenn der Einkaufscommissionär den Anschaffungspreis stunde, den Speculationsgelüsten in erheblichem Umfange Nahrung geben. Viele Existenzen seien gerade im speculativen Kassaverkehr ruinirt worden. Wenn der Commissionär in der That den Einkaufsauftrag ausgeführt, die Werthpapiere abge⸗ nommen und sie mit Einverständniß des Kunden für ihn zum Zwecke des Abwartens einer günstigen Cursentwickelung gehalten, sie alsdann aber, weil eine solche nicht eintrat, zur Befriedigung wegen seines vor⸗ geschossenen Anschaffungspreises verkauft habe, so werde, und zwar mit vollem Recht, kein Richter den Kunden mit dem Einwande hören, dies alles sei deshalb als Spiel zu erachten, weil der Commissionär
selbst abzunehmen. Nun sei freilich bei solcher Festlegung der Mittel der Commissionäre eine umfangreiche Kassaspeculation seitens derselben nicht zu unterhalten. Dafür, eine solche zu ermöglichen, sorgten erst die Abmachungen, daß der Commissionär über die Stücke für sich ver⸗ fügen dürfe und sie nur bei Erstattung des Anschaffungspreises in genere zu gewähren habe. Auch bei dieser Construction schöben sich indessen zwischen die Ertheilung des Auftrages und den Eintritt des Differenz⸗ erzeugnisses so viele Rechtshandlungen mit beseonderen Wirkungen, daß es hier im Vergleich zu den Aufträgen zu Zeitgeschäften erst recht schwierig werde, über alle diese Acte hinweg das Spiel zu construiren. Alle bisherigen Erörterungen und Vorschläge, wie dem bestehenden Uebel auf dem Boden der herrschenden Schulbegriffe abzuhelfen, beschränkten sich daher auf Zeitgeschäfte im technischen Sinne, unter welche derartige Kassaspeculationen nicht fielen, weil es für das Ver⸗ tragsverhältniß der Betheiligten an einem bestimmten zukünftigen Erfüllungstermin fehle, dessen Preis über Gewinn und Verlust ent⸗ scheide. ¹) Es sei vollkommen zu verstehen, daß das Reichsgericht es ablehne, die Unterscheidung zwischen Zweck und Inhalt des Geschäfts aufzugeben und auf die bloße erkannte Absicht, nicht zu liefern oder zu übernehmen, kein Gewicht lege. Verlasse die Rechtsprechung diesen Boden, so gerathe sie ins Schrankenlose. Solle es nur auf die erkennbare Absicht, auch nicht durch andere zu liefern oder zu übernehmen, ankommen, so werde damit für eine er⸗ weiterte Anwendung der Begriffe „Spiel“ oder „Differenzgeschäft“ natürlich gar nichts gewonnen, da solche Absicht kaum je erkennbar sein werde. Eine künftige Gesetzgebung könne aber unmöglich aus⸗ sprechen, daß schon bei erkennbarer Absicht, nicht selbst zu liefern oder zu übernehmen, wenn es sich um Börsenwaare handle, Spiel vorliege. Man könne doch nicht das Termingeschäft zulassen und zu⸗ gleich bestimmen, daß die erkennbare Absicht, nicht effectiv — um dieses Wort für die Lieferung der Species aus der Hand des Verkäufers in
mache. Denn das Termingeschäft sei ja gerade dazu geschaffen, um den Umsatz in genere zu ermöglichen. Die Zulässigkeit der indi⸗ viduellen Verabredung zwischen Verkäufer und Käufer, daß der eine die Lieferung, der andere die Uebernahme einem Dritten übertragen könne, sei ja unzweifelhaft und nicht erst mit dem Terminhandel zur Geltung gekommen. Der Terminhandel bewirke es aber vermöge der ihm eigen⸗ thümlichen Organisation und wolle es bewirken, daß bei seiner Geschäfts⸗ form jeder Verkäufer und Käufer jederzeit, wenn auch zu anderem Preise, für die Lieferung oder Uebernahme den Ersatzmann finde und daher zur Erfüllung eines jeden Terminkaufes fähig sei, sofern er nur fähig sei, die Differenz zwischen dem Vertragspreise und dem Preise des für den Ersatz bestimmten Geschäfts zu tragen. In der That sei unter letzterer Voraussetzung jeder hierzu fähig, denn auch der börsen⸗ fremde Mann finde jemanden, der für ihn seinen Schlußschein zum Marktpreise verkaufe. Gerade darin, daß bei Termingeschäften für jeden nichts anderes als der Unterschied der wechselnden Preise in Betracht komme, beruhe die Gefahr gemeinschädlicher Ausartungen,
indem hierin insbesondere der Anreiz liege, über die Grenzen des berufsmäßigen Geschäftsbetriebs oder eines dem Vermögen angemessenen Risicos hinauszugehen, was voraussichtlich nicht geschehen würde, wenn die betreffenden Personen sich, weil es sich um ein individuell ge⸗ artetes Zeitgeschäft handelte, bewußt sein müßten, daß sie, um dem Anspruche auf effective Lieferung oder Uebernahme zu entgehen oder durch Deckungsgeschäfte in der Zwischenzeit das Risico zu begrenzen, sich für das Herausfinden eines individuellen Nehmers oder Gebers, dem der individuelle Lieferungstermin und die individuell geartete Waare des ersten Geschäfts passe, zu bemühen hätten.
Solche Ausartungen ergäben sich bei den verschiedensten Kate⸗ gorien von Theilnehmern am Terminhandel in verschiedener Richtung.
der Versicherung oder in der erst später auf Grund von Aenderungen der Conjunctur aufgegebenen Absicht eines effectiven Bezugs einge⸗ gangen.
Ueberzahl wären. Was die innere Berechtigung zu solcher Specu⸗ lation anlange, so ließe sich beim Effectivhändler in größerem Maß⸗ stabe gewiß nicht der Geschäftsverkehr mechanisch in einzelne Geschäfte, welche dem Effectivbezug dienen sollten, und wieder andere, die zur reinen Speculation bestimmt wären, zerlegen. Verbillige sich durch erfolgreiche Benutzungen der Conjunctur und Vorausberechnungen, wie sie auch durch reine Speculationsgeschäfte ins Werk gesetzt werden könnten, die Beschaffung der Effectivbestände, so sei die Aufgabe des Effeetivhändlers glücklich gelöst. Würden aber die reinen Speculations⸗ geschäfte so umfangreich, daß die Gesammtbethätigung in dieser Richtung weit über das Effectivgeschäft hinauswachse, so werde der Effectivhändler eben Speculant. Was aber den an der Börse thätigen Speculanten angehe, so stehe hier neben dem Manne, dessen Speculation, obwohl sie nicht auf effective Lieferungen abzielte, doch,
wie bereits früher hervorgehoben, berechtigt sei, wenn sie auf einer geistigen und von Vernunft geleiteten Thätigkeit beruhte, der andere, Rede sein.
der ohne Nachdenken, ohne Berechnung auf den bloßen Zufall hin handle. Betrachte man die außerhalb der Börse stehenden Elemente, so kämen hier neben den größeren Händlern, Pro⸗ ducenten und Verarbeitern von Producten zunächst Kapitalisten in Betracht, denen erheblicher Wohlstand gestatte, bei voller Wahrung sicheren und reichlichen Auskommens über⸗ schüssige Summen auch mit Risico anzulegen. Ob ein Eingreifen solchen Kapitals in die Terminspeculation wünschenswerth oder sogar zur Erhaltung des Terminhandels erforderlich wäre, darüber hätten sich die Sachverständigen in verschiedenem Sinne geäußert. Möge man nun auch hierfür kein Bedürfniß anerkennen, auf welches bei all⸗ gemeinen Maßregeln zur Erschwerung des Zugangs zum Terminhandel für gewisse sociale Schichten Rücksicht zu nehmen wäre, so läge doch auch kein Grund vor, gegen eine Benutzung von Kapitalien der be⸗ zeichneten Art zu Termigspeculationen, wenn deren Besitzer einen ge⸗ wissen Einblick in die Preisbewegung hätten, insbesondere auf dem Gebiet der Werthpapiere, auf deren Besitz und vortheilhaften Umsatz
einen solchen Kapitalisten die erforderliche Verwaltung des Kapitals hinweise, einen Vorwurf zu erheben. Neben den bezeichneten Per⸗ sonen stände aber die große Menge derjenigen, für welche weder der Umfang ihres berufsmäßigen Geschäftsbetriebes noch ihr Kapitalsbesitz Börsenspeculationen rechtfertige, während auch nicht etwa von ihnen die geistige Thätigkeit vorgenommen werde, welche der Speculation die Anerkennung als wirthschaftlich berechtigtes Handeln verleihe.
¹) Vergl. auch Entsch. des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 15 S. 277, auch abgedruckt in Rechtspr. des Reichsgerichts in Straf⸗ “ 1““
sachen Bd. 8 S. 767.
gewußt habe, daß der Kunde die Mittel nicht besitze, um die Pariere
die des Käufers zu brauchen — zu erfüllen, das Geschäft zum Spiel
Unleugbar würden Termingeschäfte durchaus nicht bloß zum Zweck
— Es sei vielmehr durchaus anzunehmen, daß die Geschäfte, welche der reinen Speculation wegen geschlossen würden, weit in der
solche
Danach gebe es eine feste Scheidelinie zwischen Speculation und dem, was man „Spiel“ nenne, nicht, am wenigsten eine solche, die unter den bestebenden Gesetzen für eine Unterscheidung gültiger und ungültiger Geschäfte zu benutzen wäre. Auf die persönlichen Eigen⸗ schaften der Vertragschließenden, ihre Lebensstellung, daß Maß ihrer Einsicht in die Preiebewegung überhaupt wie der Bethätigung der⸗ selben in dem betreffenden Falle im Gegensatze zu einem bloßen “ auf den Zufall, das Maß ihrer Kapitalkraft an sich und im Verhältniß zu dem eingegangen Risico komme es an, um zu ent⸗ scheiden, ob an Stelle berechtigter Speculation Spiel vorliege. An Spiel im Rechtssinne sei dabei überhaupt nicht zu denken. Die Be⸗ zeichnung erfolge lediglich in Berücksichtigung der Thätigkeit des Einzelnen im Hinblick auf seine Eigenschasten, seine Lage und die wirthschaftlichen Ergebnisse für ihn, ohne daß man dabei in Betracht zöge, was, da es sich doch um Verträge handele, der andere Theil hiervon gewußt habe. Es sei bezeichnend, daß, sobald man versuche, diese Umstände rechtlich zu verwerthen, die Frage aufstoße, wie zu ent⸗ scheiden sei, wenn zwar der eine Theil habe spielen wollen, der andere aber nicht. Diese Frage könne natürlich gar nicht entstehen, wenn man mit der herrschenden Meinung zwischen Vertragsinhalt und Zweck “ 18
„Mitt dem Gesichtspunkte der „Effectiverfüllung“ sei überhaupt V nichts auszurichten. Er⸗ sei rechtlich “ “ 8 Termingeschäft seine wirthschaftliche Besonderheit darin habe, daß für dasselbe, obwohl es an sich nach seinem Inhalt auf Lieferung und Uebernahmer gestellt, jeden Augenblick nach dem Belieben jedes Theiles durch Abschluß eines Gegengeschäfts ein festes Differenzergebniß herbei⸗ geführt werden könne, sodaß es eben deshalb auch in Höhe von Ab⸗ schlußsummen benutzbar sei, für welche der eine oder andere Contrahent den Anschaffungs⸗ oder Uebernahmepreis nicht im Vermögen habe, so könne eben nicht darauf allein, daß jemand, der ein Termingeschäft ge⸗ schlossen, die betreffende Summe aber nicht im Vermögen hatte, ge⸗ felgert werden, daß er nicht das geschlossene Geschäft, sondern ein reines Differenzgeschäft gewollt habe. Der Gesichtspunkt der „Effectiv⸗ erfüllung“ sei aber auch wirthschaftlich kein maßgebender. Der Satz, daß sich jemand unmittelbar mit der Waarenspecies befaßt haben müsse, um mit einer im Wirthschaftsleben anzuerkennenden Berechtigung an 1 Waare verdienen zu können, könne heute keine Geltung mehr bean⸗ spruchen. Die bereits berührten Ausartungen der Speculation könnten aber auch vorliegen, obwohl das Vermögen zur Effectiverfüllung zu⸗ 1
reiche, der Verpflichtete dieselbe vielleicht auch in der That freiwillig oder gezwungen leiste, und sie brauchten nicht vorzuliegen, auch wenn das Vermögen unter dem Betrag der Abschlußsummen sei.
Mittel, welche gegen alle Ausartungen zu wirken geeignet seien, gebe es nicht. Excesse in der Speculation seitens der berufsmäßigen 1 Speculanten müßten durch die Börsendisciplin bekämpt werden. Wohl aber bedürfe es besonderer Mittel gegen das Hauptübel, das in der Verführung der zuvor bezeichneten Schichten des Publikums von mittlerem oder kleinem Besitz zu Börsenspeculationsgeschäften. — nicht bloß Termingeschäften, und gleichviel, wie sie erfüllt werden sollten und erfüllt sind —, in der Ausbeutung dieser Schichten
mittels solcher Geschäfte seitens an Einsicht, Kenntniß der Börsen⸗ verhältnisse und der Technik des Börsengeschäfts überlegener Be⸗ rufshändler bestehe. Hier gelte es, aus den für die Verwerflichkeit des Verhaltens charakteristischen Merkmalen den Thatbestand eines strafbaren Vergehens zu bilden und an solchen Thatbestand die Nichtig⸗ keit des Geschäfts zu knüpfen. Offenbar liege den reichsgerichtlichen Entscheidungen, welche in verschiedenen in dieser Richtung besonders anstößigen Fällen auf eine Abweisung der Differenzforderungen hinzu⸗ wirken gesucht hätten, das wohlberechtigte Widerstreben zu Grunde, den Ergebnissen eines solchen Treibens der betheiligten Händler und ihrer Agenten den Rechtsschutz zu gewähren. Während sich für eine Bestrafung nach gemeinem Recht allerdings nur ein Handeln mit dem Bewußtsein eigne, daß der Umfang der Geschäfte den anderen mit wirthschaftlichem Verderben bedrohe, sei gegen bloß leichtfertigen Abschluß von Börsengeschäften mit bestimmten besonders ungeeigneten Kategorien von Personen, sowie gegen unangemessene Anreizungen zu Börsenspeculationen im Wege der Börsendiscipin einzuschreiten.
In der Commision herrschte im wesentlichen Einverständniß, daß zum Schutze der kapitalschwachen Elemente des Publikums gegen gewissenlose Ausbeutung im Wege des Abschlusses von Börsen⸗ speculationsgeschäften mit denselben ein Strakgesetz wünschenswerth sei. Von verschiedenen Seiten wurde indessen Widerspruch gegen die gemachten Ausführungen insofern erhoben, als dieselben darauf ab⸗ zielten, den Schutz, welcher sich aus der civilrechtlichen Behandlung von Spiel und Wette ergebe, fallen zu lassen. Von einer Seite wurde beantragt, in ein vorzuschlagendes Strafgesetz, welches aller⸗ dings nur den Abschluß von Börsenspeculationsgeschäften für oder mit einem Nichtkaufmann oder dem Angestellten eines Kaufmanns unter Benutzung des Leichtsinns und der Unerfahrenheit desselben zum Gegenstande haben sollte, als Thatbestandsmoment gerade das Wissen, daß die Geschäfte nur dem Zweck des Spiels dienen sollten, aufzu⸗ nehmen. Von einer anderen Seite wurde der Standpunkt vertreten, daß nur solche Differenzgeschäfte mit Klagbarkeit ausgestattet werden sollten, welche als Gegengeschäfte oder zum Zwecke der Versicherung abgeschlossen würden, und geltend gemacht, daß bei der Zurückhaltung der Richter in der Anwendung solcher Strafgesetze und bei der Un⸗ sicherheit der Begriffsmerkmale, über welche die Formulirung nicht hinausgelangen werde, von einer Anwendung derselben kaum die Rede sein werde. Die Commission befürwortet die Aufnahme der nach⸗ stehenden Bestimmungen in das Reichs⸗Börsengesetz. Der Beschluß zu 1 und 2 ist mit großer Mehrheit gefaßt.
1) Die Commission ist sich durchaus bewußt, daß, wie bereits von einer Seite einem solchen Strafgesetz jede erhebliche Wirksamkeit abgesprochen worden ist, man dasselbe wieder von anderer Seite, als die Sicherheit jedes Börsenhandels bedrohend, den berufsmäßigen Händler den Chikanen und Erpressungen böser Schuldner bei schlechtem Ergebniß des Geschäfts preisgebend bezeichnen werde. Ein solches Gesetz, so werde man ausführen, laufe trotz aller seiner an⸗ scheinend besonderen Thatbestandserfordernisse auf die Proclamirung einer bei Strafe zu übenden Pflicht zur Selbstentäußerung hinaus, welche mit gesunden Grundsätzen des Verkehrs unverträglich sei. Im Geschäftsverkehr habe jeder sein eigenes Interesse wahrzunehmen. Von einer Analogie mit dem Wucher, auf welche die Verwendung der Be⸗ griffe: „Leichtsinn“ und „Unerfahrenheit“ hindeute, könne nicht die
Dort handle es sich um die Vergleichung der Werthe verschiedener Leistungen. Bei den hier in Betracht kommenden Speculationen auf die Preisdifferenz setze jeder der Vertragschließenden das Gleiche ein. Ausbeutung oder Ausnutzung sowie Bewältigung des Schwächeren seien Schlagworte, die hier nie . Wenn jemand den Börsenhändler veranlasse, für seine Risiken einzugehen, oder auch nur mit ihm t speculire, um im Falle glücklichen Erfolges von ihm die Di zu erlangen für den entgegengesetzten Fall sie zu zablen außer stande oder nicht Willens sei, wie dies doch auch vielfach vorkomme, so sei der Börsenbändler der Ausgenutzte, sein Gegenpart der Stärkere. Die Thatbestandsmerkmale könnten nicht anders als durchaus dage sein. Wer Börsengeschäfte mit einem für seine Verhältnisse unbeqnemem
gebniß mache, werde in der Regel eutweder leichtsinnig oder un⸗ erfahren sein. Die Grenze zwischen Verleiten und dem Geben eines vielleicht sogar geforderten Raths sei schwer festzustellen. Im Straß⸗ verfahren werde der angeblich ausgebeutete Denurciant als Zenge ver⸗ nommen werden und, nach seiner eigenen, durch sein 5
8 1 1
Interesse getrübten Vorstellung vielleicht ohne Bewußtsein der Unrichtigkeit, dee zur Verurtheilung ausreichende Kenntniß des Höndlers eder seines Agenten von seinen Verhältnissen bezeugen, insbesondere, weun co nur erforderlich sei, daß derselbe „nach den Umständen“ die Ericteuz⸗ efährdung durch die Geschäfte habe annehmen müssen“. Etn solches Feset sei in einer Zeit so tiefen Klassengegensatzes ein sehr gefäbe⸗ liches Instrument. Je mehr es eine sogenannte Volksstimme fordere. desto bedenklicher solle man sein es zu gewädren.
Die Commission ließ bei ibrer nicht ungeprüft, ließ sich auch nicht dadurch das