Gründe für eine Beseitigung solchen Zustandes der Ungewißheit. Der Committent soll mit erfolgter Ausführung des Auftrages wissen, ob ihm für das zu erfüllende Geschäft sein Beauftragter als reiner Com⸗ missionär oder als ein als Selbsthändler liefernder oder übernehmender gegenübersteht. Danach können sich seine Entschließungen richten, ob und welche Maßregeln in Bezug auf die Erfüllung er treffen, ob er dieselben dem Commissionär anvertrauen, sich an ihn mit weiteren Aufträgen wenden soll. Von seiner Kenntniß der Art der Auftrags⸗ ausführung hängt sein Verständniß der weiteren geschäftlichen Nach⸗ richten des Commissionärs vielfach ab, ebenso sein Wissen, was er zu gewärtigen hat oder verlangen darf, wenn er selbst oder der Com⸗ missionär in Verzug geräth. Jene Unentschiedenheit schafft ein un⸗ klares und irreführendes Verhältniß. Der Commissionär benachrichtigt und räth in Redewendungen, die auf ein reines Commissionsverhältniß deuten, und offenbart sich schließlich als Selbstcontrahent. Vermöge der Verschiebung der Erklärung, welche Art der Ausführung zu gelten habe, vermag er ein Aussonderungsrecht des Verkaufscommittenten an dem Gute oder dem ausstehenden Preise (Art. 368 H.⸗G.⸗B.), zu vereiteln oder zu begründen. Freilich kann der Committent nach Empfang der Ausführungsanzeige die Erklärung fordern, sowie den Commissionär gemäß Artikel 376 Absatz 3 in Anspruch nehmen. Ersteres geschieht aber in der Regel erst, nachdem ein Konflikt aus⸗ gebrochen ist. Das letztere Recht gleicht nicht die mangelnde Kenntniß des Committenten, welche Stellung der Commissionär wirklich ein⸗ nimmt, aus. Vollends aber läßt sich die unverzügliche Kenntniß des Committenten von der Art der Ausführung des Auftrages nicht ent⸗ behren, wenn für Aufträge bei wechselnden Cursen die oben zu V A. 3 vorgeschlagenen Bestimmungen maßgebend werden. Soll der Com⸗ mittent die Preisangabe in der Ausführungsanzeige prüfen können, so muß er wissen, ob er dieselbe im Sinne eines Berichts über ein für seine Rechnung mit einem Dritten abgeschlossenes Geschäft oder einer durch die Anzeige bewirkten Auftragsausführung zu verstehen hat. Auch ist kein Interesse ersichtlich, aus welchem der Commissionär die Erklärung hierüber noch zurückzuhalten berechtigt sein soll. Den Entschluß muß er gefaßt haben, wenn er die Ausführung des Auftrages meldet.
Es bedarf hiernach einer gesetzlichen Bestimmung, ob aus dem Unterlassen einer solchen Erklärung bei der Ausführungsanzeige die Ausführung des Auftrages durch Abschluß des Geschäfts mit einem Dritten für Rechnung des Committenten oder der Selbsteintritt folgen soll. Eines oder das andere muß alsdann unwiderruflich gelten. Für eine Festsetzung im ersteren Sinne wurde in der Commission geltend gemacht, es werde, falls aus dem Stillschweigen der Selbsteintritt zu folgern sei, dieser noch mehr zunehmen. Es sei Aufgabe der Gesetz⸗ gebung, die Auffassung, daß die reine Commission die Regel, der Selbsteintritt die Ausnahme sein solle, wenigstens dadurch zu be⸗ thätigen, daß, wer als selbsteintretend gelten wolle, dies ausdrücklich sagen müsse. Nur alsdann werde auch den Einwendungen beklagter Committenten, sie hätten an einen Selbsteintritt des Com⸗ missionärs gar nicht denken können, wirksam begegnet. Zu Gunsten einer Festsetzung im entgegengesetzten Sinne wurde einge⸗ wendet, daß, wenn eine Zunahme des Selbsteintritts eintreten sollte, sie nicht davon herrühren werde, daß für denselben das bloße Schweigen statt einer ausdrücklichen Erklärung genüge, was völlig einflußlos sei, da man anderenfalls eben regelmäßig eine solche Erklärung in die Anzeige hineinsetzen werde. Die Zunahme würde vielmehr dem be⸗ schlossenen Zwange zur sofortigen Erklärung im Sinne einer der beiden Alternativen zuzuschreiben sein, da allerdings der Selbsteintritt dem Commissionär weniger präjudicirlich sei und ihm gestatte, über das mit dem Dritten geschlossene Geschäft und seinen Leistungsgegenstand in anderer Weise zu verfügen. Der Selbsteintritt bilde bereits die Regel und wenn das Gesetz eine Präsumtion gegen die thatsächliche
Regel aufstelle, so provocire es zur 116“ solcher Präsumtion durch Geschäftsbedingungen. Wolle man aber die gesetzliche Bestimmung
zu einer zwingenden machen, so werde das Ergebniß doch nur sein, daß in einzelnen Fällen, in denen versehentlich die ausdrückliche Erklärung unterlassen, der Commissionär seinen Anspruch an den Committenten verlieren werde, weil er vielleicht keinen Abschluß mit einem Dritten nachweisen kann, wenn auch der Committent an solchem Abschluß im Gegensatz zum Selbsteintritt gar kein Interesse habe. Die Mehrheit entschied sich im letzteren Sinne. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß die Betheiligten durch Verabredung im Voraus dem Schweigen die entgegengesetzte Bedeutung zuerkennen. Wohl aber soll eine Abmachung unwirksam sein, nach welcher die Ungewißheit über den Tag der Aus⸗ führungsanzeige hinaus — absichtlich gewählt im Gegensatz zu dem Zeitpunkt der Ausführungsanzeige, in welchem, wenn er an der Börse seitens eines Börsenvertreters erfolgt, vielleicht der specialisirten Er⸗ klärung noch Hindernisse entgegenstehen — soll bestehen dürfen.
7) Nicht selten wird gegenüber der Ungewißheit über die Art der Ausführung des Auftrages, welche für den Committenten nach der bisherigen Praris besteht, auf das ihm durch Artikel 376 Absatz 3 gewährte Recht als auf das Correctiv hingewiesen. Es hängt dies davon ab, wie man diese Bestimmung auffaßt. Soll danach der Committent das Recht haben, den Commissionär, falls er mit der Ausführungsanzeige keinen Dritten namentlich bezeichnet, so zu be⸗ handeln, als ob dieser selbst in seiner Anzeige den Selbsteintritt erklärt hätte ¹), so wäre dies ein ebenso ne wie weitgehender Satz. Der Commissionär könnte sich wider den Willen des Com⸗ mittenten auf den Abschluß mit einem Dritten als das Ausführungs⸗ geschäft auch bei deutlichster Kennzeichnung dieser Ausführungsart in der Anzeige nicht stützen, weil er den Namen des Dritten nicht ge⸗ nannt hat. Er muß also den Marktpreis in Rechnung stellen, der seiner Anzeige bei Auffassung derselben als Selbsteintritt entspricht, trotzdem er den Abschluß mit dem Dritten zu einem für den Com⸗ mittenten viel schlechteren Curse hat machen müssen. In diesem Sinne ist die Bestimmung in Italien und der Schweiz nachgebildet. Es liegt auf der Hand, daß damit die einfache Commission noch mehr in den Hintergrund gedrängt wird. In der deutschen Rechtslehre und Rechtssprechung überwiegt eine andere Auffassung. Nach dieser bleibt der Commissionär, auch wenn er den Namen des Dritten in der Aus⸗ führungsanzeige nicht genannt hat, in der Geltendmachung des Ab⸗ schlusses mit einem Dritten als der Art der Auftragsausführung un⸗ beschränkt, sofern er sich nicht durch sonstige Erklärungen im Sinne des Selbsteintritts präjudicirt, und Artikel 376 Absatz 3 H.⸗-G.⸗B. gewährt dem Committenten nur das Recht, einen Kauf zwischen sich und dem Commissionär unter den gleichen Modalitäten, wie das vom Commissionär nachgewiesene Geschäft mit dem Dritten, als abgeschlossen anzusehen.2) Dieses künstliche Verhältniß, das nicht wirklicher Selbsteintritt und doch wiederum mehr als Delcrederehaftung für Erfüllung des mit dem Dritten geschlossenen Geschäfts ist, mag eine Berechtigung haben, so lange die bisherige Praxis besteht, nach welcher nicht nur der Name des Dritten nicht sofort genannt wird, sondern Ungewißheit bestehen bleibt, ob überhaupt die Ausführung des Auftrags durch Abschluß mit einem Dritten be⸗ hauptet werden soll. Das Interesse des Committenten an Beseitigung dieser Ungewißheit wird durch dieses Verhältniß übrigens nicht er⸗ ledigt. Gelangt in Zukunft aber bereits mit oder unmittelbar nach der Ausführungsanzeige zur Gewißheit, ob die Art der Auftrags⸗ ausführung Selbsteintritt ist oder erfolgter Abschluß mit einem Dritten sein soll, so liegt in dem alsdann allein noch interessirenden letzteren Fall kein Grund vor, der unterlassenen Namhaftmachung des Dritten eine weitergreifende Rechtswirkung beizumessen, als daß der Com⸗ missionär für die Erfüllung des mit dem Dritten abgeschlossenen Geschäfts im Sinne des Art. 370 Abs. 2 H.⸗G.⸗B. einzustehen
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hat. In diesem Sinne ist die Aenderung des Art. 376 Abs. 3 vor⸗ geschlagen.
B. Eine Erschwerung der Voraussetzungen für die Begründung des gesetzlichen Pfandrechts des Commissionärs — Art. 374 H.⸗G.⸗B. — oder eine Einschränkung seines Inhalts oder Umfangs zu empfehlen,
¹) Lepa, a. a. O. S. 57, 199 ff. u“ 8 ) v. Hahn, Commentar a. a. O. S. 520 und insbes. in Zeitschr. Handelsr. Bd. 29 S. 8, Entsch. des R.⸗O.⸗H.⸗G. Bd. 14 S. 387 ff. 1. 1 8
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hat sich die Commission nicht veranlaßt Ffleben Daß nach dem der⸗ zeitigen Rechtszustande im Falle der itwirkung mehrerer Com⸗ missionäre die dem Kunden des Provinzcommissionärs gehörigen Werthpapiere bei Uebersendung an den Commissionär des größeren Börsenplatzes dem Pfandrechte des letzteren wegen Forderungen an den Provinzcommissionär unterworfen werden, welche zu den Aufträgen des Kunden in keiner Beziehung stehen, ist von zahlreichen Sach⸗ verständigen als Mißstand bezeichnet worden. Maßregeln zur Abhilfe sinc in dem noch zu berührenden Entwurfe eines Depotgesetzes vor⸗ eschlagen.
In Betreff der Pfandrealisirung gilt auch für das Pfand des Commissionärs neben Art. 310 H.⸗G.⸗B. der Art. 311 H.⸗G.⸗B. beim Vorhandensein seiner Voraussetzungen. Aber gemäß Art. 312 kann auch im Falle des Vorhandenseins der Voraussetzungen des Art. 311 eine in Betreff der Art der Realisirung des Pfandes den Pfandgläubiger noch freier stellende Vereinbarung wirksam getroffen werden, wenn dies nach dem entsprechenden bürgerlichen Recht zulässig ist ¹1), und für den Fall, daß die Voraussetzungen des Art. 311 über⸗ haupt nicht vorliegen, also wenn der Committent kein Kaufmann ist, entscheidet über die Art des Pfandverkaufs das bürgerliche Recht. Im Gebiete des preußischen Landrechts wie auch des Gemeinen Rechts kann aber, insbesondere bei Sachen mit marktgängigem Preise, ein frei⸗ händiger Pfandverkauf, sodaß es nicht einmal der Zuziehung eines Maklers bedarf, wirksam schriftlich ausbedungen werden, während allerdings im Gebiete des Code civil die richterliche Mitwirkung beim Pfandverkauf und im Gebiete des sächsischen bürgerlichen Gesetzbuchs beim Pfandverkauf von Handelswaaren die Bewirkung desselben durch einen verpflichteten Makler nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden darf. ²) Diese particularrechtlichen Verschiedenheiten wird das bürgerliche Gesetzbuch ausgleichen. In welchem Sinne dies geschehen wirds), und ob bei der Revision des Handelsgesetzbuchs über den Verkauf des kaufmännischen Faustpfandes Bestimmungen ebenfalls nur in der bis⸗ herigen Beschränkung auf die Fälle, in welchen beide Theile Kaufleute sind, getroffen werden dürften, läßt sich zur Zeit nicht übersehen. Die Commission hat daher nur den derzeitigen Rechtszustand, und zwar in Beschränkung auf das Pfandrecht des Commissionärs, welches die Kaufmannseigenschaft des Committenten nicht erfordert, in das Auge gefaßt und daran den nebenstehenden Vorschlag einer Bestimmung durch Reichsgesetz in Anknüpfung an Artikel 374, 375 H.⸗G.⸗B. ge⸗
knüpft. Sie erachtet es für einen Mißstand, und zwar gerade beim
Commissionsgeschäft, daß, wie dies in großen Rechtsgebieten zulässig, der Pfandgläubiger sich die Vornahme des Pfandverkaufs an Waaren und Werthpapieren, die marktgängig sind, auch unter Absehen von der im Artikel 311 vorgesehenen Bewirkung des nicht öffentlichen Verkaufs durch einen amtlich bestellten Makler oder zu Versteigerungen befugten Beamten, also durch seinen eigenen freihändigen Verkauf, soll vorbedingen dürfen. Daß hiervon Gebrauch gemacht wird, ergiebt sich aus eingesehenen Geschäftsbedingungen. 4) Nach Ansicht der Com⸗ mission müßten die im Artikel 311 vorgesehenen Verkaufsformen das Höchstmaß der gegenüber einem Verkauf auf Grund gerichtlicher Bewilligung zulässigen Erleichterungen darstellen. Bei einem frei⸗ händigen Verkauf seitens des Pfandgläubigers selbst, ohne Mit⸗ wirkung eines vertrauenswürdigen Dritten, würde es an jeder Garantie dafür, daß überhaupt irgend etwas ernstlich geschehen, fehlen. Einer solchen bedarf es aber insbesondere beim Pfandverkauf von Werth⸗ papieren, der häufig das Ergebniß eines Commissionsverkehrs ist, bei welchem der Commissionär, weil der Committent seinen Credit in An⸗ spruch nahm, die Stücke zur eigenen Creditbeschaffung benutzte oder ihre Anschaffung hinausschob, sodaß sie zum Pfandverkauf erst zu be⸗ schaffen sind. Den gleichen Zweck möglichster Vermeidung eines solchen Scheinverkaufs verfolgt der Vorschlag, daß der Commissionär selbst als Käufer nur in einem öffentlich bekanntgemachten Termin soll auftreten dürfen.
Ein weitergehender Antrag, durch Gesetz zu bestimmen, daß die Verkaufsbescheinigung des mit dem Verkauf Beauftragten und der Antrag auf die gerichtliche Verkaufsbewilligung im Falle des Artikel 310 bei Werthpapieren auf bestimmte Nummern zu richten sei, wurde da⸗ mit begründet, daß dies bisher nicht geschehe, nur so sich aber con⸗ troliren lasse, daß der Commissionär auch in der That etwas, und zwar das Pfand, verkaufe und demnach die Werthpapiere, die er hinter⸗ legt haben sollte, noch habe. Derselbe wurde abgelehnt, weil ein be⸗ sonderes Bedürfniß für solche Bestimmung nicht dargethan sei, wobei übrigens auch von einer Seite geltend gemacht wurde, es werde die Führung eines solchen Identitätsnachweises sich schon als die noth⸗ wendige Consequenz der Bestimmungen des Depotgesetzes ergeben.
C. In der Commission wurde geltend gemacht, daß nach dem bis⸗ herigen Rechtszustande und auch wenn für die Fälle des Selbst⸗ eintrittts die hier zu VA 3 bis 5 gemachten Vorschläge Gesetz würden, es dem Committenten an wirksamen Mitteln fehle, um zu erkennen, ob der Commissionär in der That treu gehandelt habe. Komme es in dem Falle, daß die Auftragsausführung durch Abschluß mit einem zunächst nicht benannten Dritten für Rechnung des Com⸗ mittenten erfolgt sein soll, später auf den Nachweis dieser Behauptung an, so lasse sich bei der Vertretbarkeit solcher Ausführungsgeschäfte auch aus den Handelsbüchern, wie sie bisher geführt würden, die Be⸗ ziehung eines bestimmten Geschäfts zu dem betreffenden Auftrage kaum ersehen.5) Ob zur Rechtfertigung des Preises ein ausgeführtes Geschäft mit Grund herangezogen werde, der angesetzte Preis beim Selbst⸗ eintritt treu gewählt sei, könne ohne Ueberblick über die Gesammtheit der während derselben Börsenzeit von demselben Comissionär sonst noch in Erledigung von Aufträgen abgeschlossenen Geschäfte in gleicher Richtung bezüglich der gleichen Effecten oder Waaren nicht beurtheilt werden. Da mehrere Aufträge zusammen Gegenstand einer einheit⸗ lichen Ausführung oder auch mehrerer Ausführungen zu verschiedenen Preisen werden könnten, so frage es sich, ob in solchen Fällen bei der Preisberechnung alle Betheiligten gleich behandelt seien. Im Falle der Erledigung von Aufträgen durch Compensation sei nur bei Be⸗ zeichnung der gegen einander ausgeglichenen Aufträge und Vergleichung der beiden Theilen berechneten Ausführungspreise zu ersehen, ob beiden Theilen gleiche Preise berechnet seien. Lasse sich nicht erkennen, welche Geschäfte der Commissionär aus Anlaß des einzelnen Auftrags vor der Anzeige des Selbsteintritts geschlossen habe, so sei auch nicht zu ermitteln, ob er dem Committenten keinen demselben ungünstigeren Preis als den seiner eigenen Deckung berechnet habe. Dazu komme, daß auch bei einer prozeßgemäßen Substantiirung entsprechender Behauptungen seitens des Committenten, der den Gegenbeweis gegen die Treue der Angaben des Commissionärs unternimmt, nach Artikel 37 H.⸗G.⸗B. Benutzung der Handelsbücher des letzteren als Beweismittel seitens des Committenten vom Ermessen des Prozeßgerichts abhängts), daß aber die Scheu vor einer umfang⸗ reichen und in ihrem Ergebniß doch unsicheren Durchforschung dieser Bücher solches Ermessen im Sinne der Zurückweisung des
1) Goldschmidt, Handb. des Handelsr. Bd. 1 2. Abth. S. 928.
2) §§ 29 bis 32 1 20 preuß. A.⸗L.⸗R., Entsch. des Preuß. Ob.⸗ Trib. Bd. 15 S. 249, Striethorst Arch. Bd. 24 S. 347, Art. 2078. Gode civil und dazu Marcadé et Pont Explication du Code civil zu Art. 2078 Nr. 1150/51, 1158/59, süchf bürgerl. Gesetzb. §§ 479 bis 480, 383. Vergl. übrigens Art. 93 des französischen Ge⸗ setzes, betr. das handelsrechtliche Faustpfand, vom 23. Mai 1863 (Zeitschr. f. Handelsr. Bd. 7 S. 156 ff.), Art. 4 bis 10 des belgischen revid. Code de commerce vom 15. Dezember 1872 (Beilageheft zur Zeitschr. f. Handelsr. Bd. 21 S. 34 ff.), Art. 458, 363 des italien. H.⸗G.⸗B., sämmtlich bestimmte Fristen von einer Androhung ab (Frankreich 8 Tage, Belgien gerichtliche Amortisation nach voraus⸗ gehender zweitäger Frist und erst nach Zustellung an den Schuldner vollstreckbar, Italien 3 Tage zur Erhebung des Widerspruchs bei Ge⸗ richt), und zwar in Frankreich und Belgien als unabänderliches Recht, vorschreibend.
³) §§ 1171, 1177 des Entwurfs 1. Lesung.
4) System. Darstellung der Geschäftsbedingungen ꝛc. S. 15, 20.
⁵) Entsch. d. R.⸗G. in Civils. Bd. 18 S. 22.
6) Entsch. d. R.⸗G. in Civils. Bd. 15 S. 380, Bd. 18 S. 24.
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Beweisantrages beeinflußt. Mit diesen Erwägungen wurde der Antrag begründet, es solle den Commissionären, die Aufträge in Bezug auf börsengängige Werthpapiere und Waaren übernehmen, durch Gesetz die Pflicht auferlegt werden, eine besondere Liste als Handelsbuch zu führen, in welche fortlaufend die erhaltenen Aufträge und bei jedem derselben, sofern er durch Abschluß eines Geschäfts mit Dritten für Rechnung des Committenten ausgeführt worden, das Ausführungsgeschäft, im Falle des Selbsteintritts des aus Anlaß des Auftrages zur Deckung der Verbindlichkeit aus der Uebernahme des Auftrages geschlossene Geschäft mit Angabe der Preise und der Namen der dritten Con⸗ trahenten einzutragen wären. Auf Vorlegung dieser Liste zum Beweise einer erheblichen Thatsache im Rechtsstreite mit dem Commissionär solle der Committent ein Recht haben.
D. Zur Unterstützung dieses Antrages wurde noch angeführt, daß die Führung einer solchen Liste, auch abgesehen von der Gewährung der Möglichkeit für den Committenten, sie zu seiner Beweisführung zu benutzen, von Vortheil sein werde. Man dürfe sich von der Pflicht zu ihrer Führung eine erziehliche Wirkung für den Commissionär versprechen. Der etwaigen Neigung eines Commissionärs, den Committenten in Betreff des Curses zu benachtheiligen, werde es entgegenwirken, wenn der erstere gezwungen sei. durch seine Niederschrift in der Liste einen mit seinen Angaben in der Ausführungsanzeige nicht im Einklange stehenden Vorgang zu bezeigen, falls er nicht auch in die Liste Unrichtiges eintragen solle. Besonders aber solle die für den Commissionär entstehende Nothwendigkeit, es in der Liste zur Er⸗ scheinung zu bringen, ob dem Selbsteintritt ein aus Anlaß des Auf⸗ trages erfolgter Abschluß mit einem Dritten zu Grunde liege oder doch bald gefolgt sei, oder ob der Commissionär, namentlich bei Zeit⸗ geschäften, die Auftragsausführung durch Selbsteintritt benutzt habe, um selbst in der Speculation zu verbleiben, einen Antrieb dazu bilden, daß die Benutzung des Gewerbes des Commissionärs zu eigenen Speculationen eine Einschränkung erfährt.
Dieser Antrag wurde von anderer Seite bekämpft. Es wurde geltend gemacht, daß eine entsprechende gesetzliche Bestimmung ein Mißtrauen gegen den Berufsstand der Commissionäre bezeugen würde, zu dem kein Anlaß vorliege. Als eine specialisirte Uebersicht des Vermögens oder der Engagements, auf die es bei der Buchführungs⸗ pflicht abgesehen sei, könne solche Liste nicht angesehen werden. Viel⸗ mehr solle auf diesem Wege der Commissionär dem Committenten Material zu Angriffen gegen seine Geschäftsführung gewähren. Der Committent werde geradezu eingeladen, zu prüfen, ob er nicht dieses Material irgendwie zu einer Combination verwerthen könne, nach welcher sich eine günstigere Ausführungsmöglichkeit in Betreff seines Auftrags behaupten ließe. Haltlose Behauptungen würden alsdann dem Commissionär zur Abwehr seinen sonstigen Geschäftsverkehr offen⸗ legende Erklärungen zumuthen, zu denen ein Mandatar keine Ver⸗ pflichtung habe. In allen anderen Mandatsverhältnissen beschränke sich die Beweispflicht des Mandatars darauf, daß er das aufgetragene Geschäft dem Auftrage gemäß ausgeführt habe, und könne er alsdann vom Mandanten die Leistungen verlangen, zu denen diesen die Mandats⸗ ausführung verpflichte. Der Mandatar habe weder zu beweisen, was er für andere Mandanten gethan habe, noch habe er den Mandanten in der hierauf gerichteten Nachforschung zu unterstützen. Es sei nicht ersichtlich, mit welchem Grunde für den Commissions⸗ auftrag andere Rechtssätze aufzustellen wären. Wenn gesagt werde, es solle die Vorlegung der Liste nur für genügend sub⸗ stantiirte Behauptungen des Committenten gefordert werden können, so beseitige diese Voraussetzung in keiner Weise die Abnormität des ganzen Vorschlags und die Befürchtung, 16 eine ent⸗ sprechende Vorschrift lediglich eine Stütze für Chikanen sein werde. Der Committent werde Behauptungen in genügender Bestimmtheit aus der Luft greifen, bloß um die Vorlegung der Liste herbeizuführen, und, nachdem ihm dies gelungen, wenn er auch jene Behauptungen fallen lassen müsse, auf Grund des Inhalts der Liste andere willkür⸗ liche Combinationen machen. Uebrigens werde sich der weitere mit dem Vorschlage verfolgte Zweck, daß aus der Liste erkennbar werden solle, ob sich der Commissionär für den erklärten Selbsteintritt durch ein Geschäft mit einem Dritten gedeckt habe, nicht erreichen lassen. Ob der Commissionär, wenn er ein Geschäft für eigene Rechnung schließe, dies aus Anlaß und im Hinblick auf einen bestimmten Auf⸗ trag thue, beruhe auf einer Willensrichtung, die er jeden Augenblick ändern könne und die durchaus uncontrolirbar sei. Wolle man ihm zumuthen, solche Absicht, die kein Gegenstand einer Eintragung in Handelsbücher sei, in denselben niederzulegen, so werde er in jedem Falle und ohne damit etwas Unrichtiges zu erklären, in die Rubrik, in welcher die Deckung angegeben werden soll, eintragen: „aus eigenem Bestande“ oder „zu eigenem Bestande“.
Im Hinblick auf letztere Erwägung wurde im Laufe der Be⸗ rathung beantragt, in Betreff der Liste zu bestimmen, daß in die⸗ selbe nicht bloß die auf erhaltene Aufträge sich beziehenden Ab⸗ schlüsse, sondern daß außer den Aufträgen alle vom Commissionär für Rechnung der Auftraggeber wie für eigene Rechnung gemachten Geschäftsabschlüsse einzutragen wären. Alsdann könne und solle auf die Eintragung von Deckungsgeschäften bei den Auf⸗ trägen verzichtet werden, und genüge es, wenn bei den Aufträgen nur die Art ihrer Erledigung den Committenten gegenüber, also, falls Abschlüsse mit Dritten für Rechnung der Committenten erfolgt wären, allerdings diese abgeschlossenen Geschäfte, im Falle der Er⸗ ledigung durch Selbsteintritt aber nur dieser mit Angabe des Ein⸗ trittspreises und, wenn Compensationen zu Grunde lägen, unter Be⸗ zeichnung der Aufträge, die mit einander compensirt worden, vermerkt werde. Dies sei das principiell Richtigere. Es werde damit das Unbestimmte des Begriffs der zur Deckung geschlossenen Geschäfte vermieden und zur Beurtheilung, ob der Commissionär gegen den Committenten treu gehandelt 888⸗ sei es in der That erforderlich, unterschiedslos alle eige nen Geschäfte des ersteren in dem gleichen Gegenstande und der gleichen Richtung während der kritischen Zeit, sowie die Preise dieser Geschäftsabschlüsse heranzuziehen.
Die Commission erachtete eine Verpflichtung des Commissionärs, von ihm abgeschlossene Geschäfte, die keine Beziehung zu den er⸗ theilten Aufträgen hätten, zum Gegenstand einer Eintragung in die Liste zu machen, für zu weitgehend, entschied sich aber für den die Liste betreffenden Vorschlag in der zu C wiedergegebenen Fassung. Diese Fassung entspricht im wesentlichen dem ursprünglichen Antrage und seiner Begründung. Der erste Satz bringt zum Ausdruck, daß bei dem einzelnen Auftrage die Art seiner Erledigung zur Eintragung ge⸗ langen soll, und zwar gleichviel, ob das die Erledigung bewirkende Geschäft vom Commifoner für Rechnung des Auftraggebers oder ob es, weil dem Committenten gegenüber der Selbsteintritt gewählt ist, zwar von demselben Commissionär für eigene Rechnung, aber aus Anlaß des Auftrags, um für die Verpflichtung aus dem Selbsteintritt die Deckung zu gewähren, geschlossen ist. Entsprechend dem zweiten Satze soll die Liste außerdem wiedergeben, was in Betreff des einzelnen Auftrags dem Committenten gegenüber geschehen ist, ob also ihm ge⸗ genüber Selbsteintritt erfolgt ist, oder das in Anlaß des Auftrags ab⸗ geschlossene Geschäft auch für seine Rechnung abgeschlossen wurde. Dabei ist besonders hervorgehoben, daß bei Compensationen die mit einander ausgeglichenen Aufträge kenntlich zu machen sind, weil ohne solche Hervorhebung vielleicht Zweifel entstehen könnten, ob die Com⸗ pensation als eine Art der Deckung unter die zu vermerkenden Deckungsgeschäfte falle oder weil sie für jeden der ausgeglichenen Auf⸗ träge durch Selbsteintritt vermittelt wird, lediglich der Vermerk des Selbsteintritts bei beiden Aufträgen erforderlich sein solle.
Die Commission legt auf die Einführung dieser Liste allerdings auch deshalb Werth, weil der Commissionär sich danach die Art, in welcher er seinen Beruf ausübt, stets gegenwärtig halten muß. Der regelmäßigen Handhabung des Commissionsgeschäfts im Sinne der reinen Vermittlung, bei welcher den Gewinn des Commissionars lediglich die Provisionen bilden, steht eine regelmäßige oder über⸗ wiegende Benutzung dieses Geschäfts und von Seiten des Com⸗ missionärs zu Speculationen gegenüber. Wie bereits an früherer Stelle erwähnt ist, erscheint die Handhabmng des Geschäfts im ersteren Sinne allerdings nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Com⸗
missionär in der Regel vom Selbsteintritt Gebrauch macht, da dies eine 2 Form zur Vereinfachung der Rechenschaftslegung sein kann. Andererseits gewährt aber der Selbsteintrittt das Mittel, lediglich zum Zweck des eigenen Speculirens Aufträge zu übernehmen. Für das Publikum tritt es gar nicht in die äußere Erscheinung, ob der Commissionär, der ihm seine Dienste anbietet und von ihm Aufträge erhält, sein Geschäft der Regel nach in der einen oder anderen Weise betreibt. Der Entwicklungsgang, der in Eng⸗ land zu einer Scheiduug der Berufsarten geführt haben soll, ver⸗ möge derer die Besorgung fremder Geschäfte und eigenes Speculiren
in der Regel auseinanderfallen, läßt sich nicht durch Gesetz erzwingen.
Gerade deshalb ist es des Versuches werth, auf eine Einschränkung der speculativen Handhabung des Commissionsgeschäfts seitens des Commissionärs dadurch hinzuwirken. Daß derselbe fortgesetzt Selbst⸗ zeugnisse über seine Handhabung des Commissionsgeschäfts in seinen Büchern niederzulegen hat, daß letzteres auf dem vorgeschlagenen Wege sich in einer Art, auf die Werth zu legen wäre, doch nicht würde erreichen lassen, kann nicht zugegeben werden. Häuser, zurich das Commissionsgeschäft nicht der Speculation wegen pflegen, lassen, wenn sie auch den Selbsteintritt anzeigen, durch ihre Börsen⸗ vertreter täglich die bis zur Börse und während derselben ein⸗ gehenden Aufträge der Regel nach durch Abschlüsse mit Dritten vor der Ausführungsanzeige an die Committenten zur Erledigung bringen, und die Vertreter notiren die Abschlüsse in ihrem Börsen⸗ buch. Danach ist die geforderte Eintragung in die Liste bis zum Ablauf des folgenden Tages leicht zu bewerkstelligen. Würde in solchen Fällen die für die Deckung bestimmte Rubrik offen ge⸗ lassen, so würde die Eintragung unvollständig und die Eintragung „aus eigenen Beständen“ oder „zu eigenen Beständen“ unrichtig sein. Erfolgt durch ein und dasselbe Geschäft die Erledigung mehrerer Aufträge, sei es selbst unter Hinzutritt vom Commissionär gewollter eigener Anschaffungen oder Veräußerungen, so läßt sich das Geschäft als Gesammtdeckung für die betreffenden Aufträge eintragen. Es ist nicht anzunehmen, daß die bezeichneten Häuser wegen der Einführung der Liste ihre Geschäftsgrundsätze ändern oder die Liste so führen werden, daß, statt eines Hervortretens dieser Grundsätze aus derselben, sie die Möglichkeit gewohnheitsmäßiger Benutzung der Aufträge zu Speculationen offen ließe. Nur in Betreff von Geschäften, welche erst nach dem Selbsteintritt geschlossen werden, muß es freilich den Commissionären überlassen bleiben, ob sie dieselben als Deckungs⸗ geschäfte ansehen und daher als solche bezeichnen wollen. Immerhin wird auch hier gerade das Bestreben, die Solidität des Geschäfts⸗ betriebes darzuthun, viele dazu bestimmen, die Rubrik nicht unausge⸗ füllt zu lassen, wenn sie doch in der That solche Geschäfte in Rück⸗ sicht auf die übernommenen Verpflichtungen gemacht haben, und diese G kann einen Antrieb zur baldigen Vornahme solcher Deckungen bilden.
Was die Benutzung der Liste seitens des Committenten anlangt, so lassen sich nach Meinung der Commission so feste Sätze über die Grenzen der Beweispflicht des Mandatars, namentlich wenn er ein Recht zur Selbstübernahme des aufgetragenen Geschäfts ausübt, nicht aufstellen, daß man in der Vorlegung der Liste zum Beweise erheb⸗ licher Behauptungen auf Verlangen des Committenten eine unbillige Zumuthung an den Commissionär zu finden hätte. Der Mandatar ist soweit auskunftspflichtig, als es erforderlich ist, damit der Auf⸗ traggeber erkennen kann, ob er treu behandelt worden. Bloße Com⸗ binationen auf Grund der Liste kann der Committent nur in der Weise nutzbar machen, daß er weitere Beweise für die combinirten Thatsachen antritt. Der Möglichkeit aber, daß der Prozeßgegner für Thatsachen, die er ohne jeden Anhalt sür ihre Richtigkeit behauptet, Beweise antritt, und daß diese wegen der Erheblichkeit der Thatsachen erhoben werden, ist jede Partei ausgesetzt.
2. Nach der Meinung der Commission lassen gewisse unleugbare Ausschreitungen in der Handhabung des Commissionsgeschäfts eine Ausdehnung des strafrechtlichen Thatbestandes der Untreue als ein Heedürfnih erscheinen. Der § 266 Ziff. 2 des Reichs⸗Strafgesetzbuchs ist nach seinem Wortlaute nur anwendbar auf die Fälle untreuer Behandlung von Einzelobjecten des Activvermögens des Auftraggebers. Den Auftraggeber benachtheiligende Anschaffungen oder Eingehun en von Verpflichtungen für denselben fallen nicht darunter. In allen Fällen, in welchen der Commissionär auf Grund eines absichtlich er⸗ theilten falschen Raths oder ertheilter falscher Auskunft Ent⸗ schließungen des Committenten erwirkt hat, mag unter Umständen die Strafbestimmung wegen Betruges zur Anwendung kommen können. Daß im Falle der Ausnutzung von ihm selbst bewirkter Curstreibereien zum Nachtheil des Committenten jenes Einwirken auf den Curs regelmäßig der zu IV. 5 vorgeschlagenen Strafbestim⸗ mung unterliegen müßte, läßt sich durchaus nicht behaupten. Auch kommt das Moment des Treubruchs in jenen Strafandrohungen nicht zur Geltung. In den nicht sonst noch besonders qualificirten Fällen aber, in denen der auf Grund eines ihm zustehenden eigenen Ermessens für den Committenten absichtlich um eigenen Vor⸗
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theils willen demselben nachtheilige Anschaffungs⸗ oder Deckungs⸗ geschäfte abschließt, fehlt es an jeder Strafbestimmung. Wird, wie vorgeschlagen, zum Thatbestand neben der auf die Benachtheiligung gerichteten Absicht des Beauftragten auch seine Absicht, sich einen rechtswidrigen Vortheil zu verschaffen, erfordert — der jetzige § 266 des Strafgesetzbuchs erfordert die letztere Absicht als Moment des Thatbestandes nicht —, so dürften damit alle erdenklichen Garantien egen eine unrichtige Anwendung der Bestimmung gegeben sein. Eine
eschränkung derselben auf den Commissionär, wie sie durch einen Antrag, an Stelle des Wortes „Rechtsgeschäfte“ das Wort „Handels⸗ geschäfte“ zu setzen, beabsichtigt wurde, lehnte die Commission ab, weil die Gründe für eine Erweiterung des Thatbestandes der Un⸗ treue auch bei gewerbsmäßiger Uebernahme von Aufträgen zu anderen Geschäften zuträfen.
Im Anschluß an diese Bestimmungen wurde von mehreren Seiten befürwortet, durch öffentliche Veranstaltungen dafür zu sorgen, daß besonders dem kleineren Publikum Gelegenheit zur Anschaffung solider Papiere, namentlich inländischer Staatspapiere, geboten werde. In dieser Beziehung wurde namentlich auf Frankreich verwiesen, wo die Steuerbeamten (percepteurs, receveurs particuliers, receveurs généraux) Aufträge zur Anschaffung französischer Staatsrente an⸗ nehmen und die Ausführung an der Pariser Börse vermitteln. Es wurde geltend gemacht, daß an manchen kleineren Orten die geeigneteren Organe überhaupt fehlen und das unerfahrene Publikum Sh dessen leicht die Beute skrupelloser Agenten werde, und daß auch an größeren Orten manche Privatbanquiers sich in eigenem Interesse oft in der Anpreisung zweifelhafter Papiere zum Schaden des unkundigen, gewinnlustigen Publikums ergingen. Als solche Stellen, welche mit derartigen Einkäufen betraut werden könnten, wurden be⸗ sonders die Sparkassen, die Postanstalten und die Reichsbankanstalten empfohlen. Es wurde in dieser Beziehung aus der Mitte der Com⸗ mission ausgeführt, daß die Schwierigkeit durchgreifender Verbesse⸗ rungen des Emissionswesens weitergehende Reformen auf dem hier fraglichen Gebiete besonders nahe lege. Dieselben sollen darin be⸗ stehen, daß die Kreise der minder urtheilsfähigen Kapitalisten daran gewöhnt werden, sich öffentlicher Institute, wie der oben genannten, für ihre Kapitalanlagen und für deren Vermittelung zu bedienen, daß insbesondere die Reichsbank im weiteren Umfange als bisher diesem Zwecke dienstbar gemacht werden. 2
Die Mehrheit der Commission zeigte sich zwar anfänglich eben⸗ falls nicht geneigt, die vorgeschlagene Einrichtung zu befürworten, und nahm auch später Anstand, nähere Vorschläge über eine entsprechende Organisation des sehr verschieden gestalteten Sparkassenwesens oder hinsichtlich der der Einführung von Postsparkassen zu entwickeln, da dieselben zu tief in Gebiete hineinreichen, welche mit der eigentlichen Aufgabe der Commission nur lose zusammenhängen. Indessen hat sie doch bei der nochmaligen Berathung sich dafür entschieden, zu empfehlen, daß an denjenigen Orten, an welchen durch das Bankgewerke für die rechtschaffene Ver⸗ mittelung der Kapitalsbelegung nicht ausreichend gesorgt ist, durch öffentliche Kassen (Sparkassen, Postanstalten) eine ergänzende Thätigkeit entwickelt werde. Die „Reichsbankstellen“ sind weggelassen, weil die Reichs⸗ bank schon jetzt bei ihren zahlreichen Zweiganstalten, einschließlich der Nebenstellen, Aufträge zur Anschaffung von Werthpapieren annimmt. Den nicht näher formulirten Wünschen nach weiterer Ausbildung dieses Geschäftszweigs glaubte die Mehrheit um so weniger weitere Folge geben zu können, als die Reichsbankverwaltung in dieser Hin⸗ sicht bereits bis an die durch Gesetz und Statut, wie durch die Rück⸗ sicht auf Wahrung ihrer Stellung im Verkehrsleben gebotenen Grenzen vorgeschritten ist und noch neuerdings ihre Bedingungen er⸗ heblich erleichtert hat. Insbesondere werden sich die Reichsbank⸗ beamten schon wegen der damit verbundenen Verantwortlichkeit von der Ertheilung Rathschläge in Betreff der Kapitalsanlage auch künftig fern halten und dies dem privaten Banquiergewerbe über⸗ lassen müssen. Daß der Umfang des Commissionsgeschäfts der Reichs⸗ bank nicht gleichen Schritt mit der Ausdehnung ihrer offenen Depots gehalten hat, kann hiernach nicht befremden.
Bisher ist unerörtert geblieben, inwieweit das thatsächliche Ver⸗ halten der Einkaufscommissionäre in Bezug auf die Beschaffung und unterscheidbbare Erhaltung der zum Finkauf übernommenen Werthpapiere und Waaren den Pflichten entspricht, welche sich ent⸗ weder schon nach der Natur des Verhältnisses ergeben oder ihnen zur Verhütung von Mißbräuchen auferlegt werden sollten, ob in dieser Richtung Mißstände hervorgetreten sind und welche Vorschläge zu machen wären, um denselben entgegenzutreten.
In Bezug auf Waaren sind in der bezeichneten Richtung Miß⸗ stände nicht zu bemerken gewesen. Die Natur des Gegenstandes scheint bei ihnen eine ö“ des effectiven Bezuges über die
den Geschäftsbedingungen entsprechende Lieferungszeit hinaus nicht nahe zu legen. 1
Soweit es sich um Werthpapiere handelt, fallen solche Er⸗ örterungen in den allgemeinen Rahmen des See es. Gleichwohl läßt sich insbesondere die Frage, ob sich aus dem Se lst⸗ eintrittsrecht Uebelstände ergeben haben, ohne Berührung dieser Punkte nicht erschöpfend beantworten. Denn es wird vielfach gerade als eine Consequenz des Selbsteintritts erachtet, daß der Commissionär, weil er vermöge desselben bei der Einkaufscommission Verkäufer wird, Stücke zur Erfüllung auch trotz Eintritts des Zeitpunktes, in welchem er sie als Commissionär beziehen konnte, so lange nicht zu haben brauche, als nicht der Committent auf Grund der “ der gegen ihn wegen der Ausführung des Auftrags dem ammnifsenä Feg Forderungen Ausantwortung von Stücken fordern könne. Erheblicher ins Gewicht fällt es aber, daß zahlreiche Commissionäre die Entscheidung dieser Rechtsfrage überflüssig machen, indem sie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen es zwar übernehmen, auf bloße Einschüsse hin Aufträge zu Kassageschäften auszuführen, aber für die Einkaufsaufträge die Committenten auf die Aufgabe bestimmter Nummern verzichten lassen. Offenbar soll dies den Sinn haben, der auch durch besondere Hinzufügungen in den Bedingungen bekräftigt wird, daß die Commissionäre auch von einer Anschaffung entsprechender Stücke zu den den aufgetragenen Geschäften entsprechenden Bezugs⸗ zeiten entbunden sein sollen. Sie sollen nur Schuldner der bestimmten Summe des betreffenden Effects sein. Daß, während sie danach über wirklich angeschaffte Stücke jederzeit für sich verfügen könnten, sie doch immerhin die Stücke in Ausführung der Commission an⸗ geschafft haben müßten, wäre eine Unterscheidung, die sich mindestens für die Commissionsausführung durch Selbsteintritt, der in allen diesen die Regel bildet, bei solchen Bedingungen nicht ver⸗ treten lassen wird. Kun läßt sich freilich verstehen, daß der Com⸗ missionär, der bei kleinem Betriebskapital seinen Kunden für die Aufwendungen zur Ausführung des Auftrags Credit gewähren soll, auf Mittel sinnt, die Festlegung seines Kapitals in den für den Committenten zu verauslagenden Kaufpreisen zu vermeiden. Die Commission glaubt es aber als gewonnenen Eindruck wiedergeben zu müssen, daß in dea in dieser Weise reversirten Ver⸗ hältnissen ein hauptsächliches Mittel zur Förderung der unsoliden Speculation in Kassageschäften zu erblicken ist. Der Commissionär mit eigenem geringen Betriebskapital ist gerade hierdurch in die Lage gesetzt, durch Creditgewährung Kunden, die zu einer Abnahme von Effecten in den aufgegebenen Beträgen nach ihren Mitteln außer stande wären, heranzuziehen und Aufträge ins Ungemessene zu über⸗ nehmen. Gerade auf dem Boden so construirter Verhältnisse pflegen dann weitere, früher schon berührte ungesunde Erscheinungen hervor⸗ zutreten, da der Commissionär bestrebt sein muß, der Möglichkeit entgegenzuwirken, daß der Kunde infolge des Abwartens besonders günstiger Preisconjuncturen Lieferung zu fordern im stande ist.
Der dem Bundesrath vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, hat sich auch die Regelung dieser Pflichten für das Verhältniß des Einkaufs⸗Commissionärs zum Com⸗ mittenten zur Aufgabe gestellt. Als der Entwurf der Commission auf ihr Ansuchen zuging, stand diese bereits unmittelbar vor dem Ab⸗ schluß ihrer Arbeiten.
Die Commission hat von dem Entwr haftem Interesse Kenntniß genommen; Tendenz desselben, erachtete es aber Rücksicht auf das vorgerückte der Gesetzentwurf und die befanden, nicht für angezeigt, zelnen Bestimmungen, welche von Ergänzungen, welche als werden könnten, zu schreiten.
Berlin, den 11. November 1893.
69Sae 8 68 N 8 G K& SSSAS 9 J.
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