1894 / 11 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Hier in Berlin sind nach demselben Blatt bei der Firma Quantmeyer u. Eicke die Linoleumarbeiter in einen Ausstand eingetreten; die Veranlassung wird nicht näher smitgetheilt. Der Ausstand der Schuhmacher in der Schuhfabrik von Fürsten⸗ heim u. Ko. (Vgl. Nr. 2 und 5 d. Bl.) ist, da sämmtliche Forderungen der Arbeiter bewilligt worden sind, beendigt; dagegen dauert der Ausstand in den Fabriken Simonsohn u. Stern, Mauff, Klug und uchholz unverändert fort. Der Verband der Barbier⸗, Friseur⸗ und Perrückenmacher⸗ gehilfen beschäftigte sich in einer Versammlung am Donnerstag mit der Organisationsfrage. Es kam folgende von der Berliner „Volksz.“ mitgetheilte Entschließung zur Annahme: Die Versamm⸗ lung hält eine Aufbesserung der Arbeitslöhne sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit für durchaus nothwendig und erklärt sich deshalb auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehend. Die Mitglieder des Verbandes der Zwicker und Berufsgenossen von Berlin und Umgegend Siiühse. nach Beendigung des Schuh⸗ macherausstandes den Verband aufzulösen und sämmtlich der Organi⸗ sation der Berliner Filzschuharbeiter beizutreten. Von den 600 Filz⸗ schuharbeitern Berlins gehören bereits 500 dieser Organisation an.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den biefigen Standesämtern in der Woche vom 1. Januar bis incl. 6. Januar cr. zur Anmeldung gekommen: 824 Lebendgeborene, 232 Eheschließungen, 38 Todtgeborene, 543 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe hat drei kunstgewerbliche Konkurrenzen für die nächsten Monate aus⸗ geschrieben, nämlich: zum 1. März Entwürfe zu einem Holzpostament, zum 1. April Entwürfe zu einer Taufkanne nebst Becken, zum 1. Mai

mnemns zugemuthet, die den Gedanken nahe legen, daß dieses Werk für die meisten Vereinigungen eine unerreschbare Aufgabe sein dürfte, da selbst die Soprane der Sing⸗Akademie das unausgesetzte vfortissimo“ und die oft gebrauchten höchsten Töne nur mit einiger Mühe bewältigen konnten, zumal keine willkommene Ruhepause durch einen instrumentalen isberfaß ein⸗ tritt. Dem Triumphliede folgte Cherubini's unsterb⸗ liche D-moll-Messe, welche von dem Chor der Sing⸗Akademie, dem Philbarmonischen Orchester und den mitwirkenden Solisten, Damen M. Geyer, E. Haberlandt, Clara Schacht und Herren H. Grahl, H. Kuhlo und H. Brune in vollendeter Weise ausgeführt wurde. Gerechte Anerkennung und Dank gebührt vor allem Herrn Professor Blumner für die so reichlich dargebotenen, werthvollen Gaben dieses Abends.

Am Donnerstag gab die Sopranistin Fräulein Elisabeth Sauerland von hier im Saal Bechstein ihr erstes Konzert. Die Sängerin gebietet über eine sehr umfangreiche und kräftige Stimme, der aber noch die nöthige Ausbildung fehlt, wie an der mangelnden Bindung der Töne und den scharfen, oft sehr empfindlich berührenden Einsätzen der höheren Töne zu be⸗ merken ist. Die Vortragsweise war eine stets belebte, oft leiden⸗ schaftliche. Das Programm enthielt Gesänge von Eckert, Schubert, Franz, Brahms, Weber und anderen. Ein französisches Lied von Massenet wurde von dem zahlreich 11“ mit be⸗ sonderem Beifall aufgenommen. Die junge Geigerin Fräulein Margarethe Baginsky, die schon öfter in den Aufführungen des Stern schen Konservatoriums gespielt hat, trug mit weit entwickelter Technik und warm empfindender Ausdrucksweise einige Piècen von Tartini und Vieuxtemps vor, die sich gleichfalls einer günstigen Auf⸗ nahme erfreuten.

Im Königlichen Opernhause wird am Montag Lortzing's Sras und Zimmermann“ mit Herrn als Peter der Große ge⸗ eben.

Das Wallner⸗Theater bleibt morgen geschlossen. kommt am Montag, wie bereits angekündigt, Hermann Schauspiel „Heimath“ mit Nuscha Butze als Magda zur Aufführung.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater wird am Montag „Der Lieutenant zur See“ zum 25. Male gegeben. Auch an den übrigen Tagen der Woche bis einschließlich Freitag wird diese 8: 5 lichen dics .

in „Licht!“, dem bürger Schauspiel von ax Stempel

das morgen im Neuen Theater zur ersten Aufführung sind die Damen Bertens, Brock, Gabri und Wilke und die Jarno, Gaspart, Rittner und Werner hervorragend beschäftigt.

Für das nächste Philharmonische Konzert (das erste des II. Cyclus), in welchem Herr Kammersänger Carl Scheidemantel als Solist mitwirkt, findet morgen Mittag 12 Uhr die öffentliche Hauptprobe statt. 1

Die Herren Professor Josef Joachim und Albert Becker haben die im Hinblick auf das zu erwartende 50 jährige Jubiläum des Berliner Tonkünstler⸗Vereins ihnen angetragene Ehren⸗ mitgliedschaft des Vereins angenommen.

Das sehr wohlrenommierte Leipziger Solo⸗Quartett für Kirchengesang wird am 24. Januar in der Neuen Kirche ein Konzert geben, in welchem die schönsten Quartettgesänge geistlichen Inhalts aus den letzten sieben Jahrhunderten zum Vortrag gelangen werden. b8

gelangt, Lengt

v11 Mannigfaltiges.

ider über den Plan eines Denkmals für Kaiser Wilhelm I. in Groß⸗Lichterfelde hatte der Lichterfelder Verein eine Versammlung einberufen, zu der neunzehn Vereine Delgierte entsandten. Die Anregung fand lebhaften Beifall, und man hofft, die auf 20 000 normierten Kosten des Denkmals leicht zusammenzubringen. Als Zeitpunkt der Vollendung wurde der

Entwürfe zu einem Firmenschild aus Metall oder Holz. Programme

mit den näheren Bedingungen, den Preisen u. s. w. sind bei dem Schriftführer des Vereins im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum zu

erhalten.

In dem Wettbewerb für zwei evangelische Kirchen in Düsseldorf hat nach Mittheilung des „Centr.⸗Bl. d. Bauv.“ das Preisgericht unter den eingegangenen Arbeiten für die Kirche mit lätzen an der Florastraße den ersten Preis dem Entwurf des Architekten Anton Käppler in Leipzig, den zweiten demjenigen des b zuerkannt. empfohlen wurde der Entwurf mit dem Kennwort „Rheinisch“. Für die Kirche mit 1200 Sitzplätzen an der Kruppstraße (Oberbilk) errang den ersten Preis Architekt Georg Weidenbach in Leipzig, den zweiten Sonnabend zur Darstellung.

8 Uriel Acosta“ mi geht auf Shakespeares dwig Barnay in der Titelrolle und mit Marie Die Lustspiele „Aus der „Das Gefängniß“ kommen am Donnerstag zur Darstellung und zwar mit Ludwig Barnay in den Hauptrollen, der auch am Freitag, ge⸗ legentlich der 21. Abonnements⸗Vorstellung, den Marc Anton in

1400 Si Architekten Joh. Wellmann in Berlin

Regierungs⸗Baumeister K. Wilde in Berlin.

Theater und Musik Konzerte.

Die Sing⸗Akademie führte gestern unter Leitung des Herrn ofessors Martin Blumner zum ersten Mal das für acht⸗ stimmigen Chor und Orchester von Johannes Brahms kompo⸗ nierte „Triumphlied“ aus, ein Werk, das durch seinen glanzvollen und festlichen Charakter eine sehr nachhaltige Wirkung übt. Die beiden ersten Theile, das „Hallelujah“ und „Lobet unsern Gott“, sind überwiegend homophon gehalten, während der dritte sich in kunstvoller, polyphoner Gestaltung bewegt. Dem ausführenden Gesangchor werden durchweg

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t vom 13. Januar, Morgens.

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¹) Feuchter Nebel. ²) Starker Nebel. ³) Nach⸗ mittags Regen. ⁴) Gestern Regen, Graupeln und Glatteis. ⁵) Reif.

Uebersicht der Witterung.

Die Depression über Nordwest⸗Europa hat an Intensität zugenommen und ruft auf den Britischen Inseln stellenweise stürmische Südwinde und süd⸗ westliche Winde hervor, während in Central⸗ Europa unter dem Einflusse eines über dem nörd⸗ lichen Oesterreich lagernden Maximums die schwache vorwiegend südliche und südwestliche Luftströmung noch fortdauert. Deutschland hat der Frost er⸗ heblich nvachgelasfen; im Osten herrscht heiteres, im Westen stark nebliges Wetter; in den südlichen Ge⸗ bietstheilen ist vielfach Regen oder Schnee gefallen. An der westdeutschen Grenze herrscht vielfach Thau⸗ wetter, dessen Ausbreitung ostwärts wahrscheinlich ist, dagegen im Nordosten liegt die Temperatur noch bis zu 13 Grad unter dem Gefrierpunkt.

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonntag: Opern⸗ haus. 13. Vorstellung. Der Freischütz. Ro⸗ mantische Oper in 3 Akten von Carl Maria von . Dichtung von Friedrich Kind (nach

der Aleichnamigen —— von August Apel). In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ Kapellmeister Dr. Muck. (Mar: Herr Emil

erkennung aussprechen.

„Vasantasena“ zur Aufführung.

3 statt. nkauf

Zum

Aufführung von Titelrolle. Am Diensta

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in Scene.

„Julius Cäsar“ darstellen wird.

Göce. Königl. Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Die Jour⸗ nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. (Adelheid: Frau Clara Meyer, Ehren⸗ mitglied des Königlichen Schauspiels.) Anfang 7 Uhr.

Montag: Opernhaus. 14. Vorstellung.- Zar und Zimmermann. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lortzing. Dirigent: Musikdirector Wegener. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 15. Vorstellung. Vasautasena. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Mar Grube. Anfang 7 Uhr.

Dienstag: Opernhaus. 15. Vorstellung. Marga⸗ rethe. Oper in 5 Akten von Gounod. Text nach Goethe’'s Faust, von Jules Barbier und Michel Carré. Ballet von Emil Graeb. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Srn Dirigent: Kapell⸗ meister Sucher. (Faust: Herr Emil Göte⸗ Königl. Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 16. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von elix Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil

raeb. In Scene F9 vom Ober⸗Regisseur Max 88 Dirigent: usikdirector Wegener. Anfang

r.

Opernhaus. Mittwoch: Die Meistersinger von Nürnberg. Anfang 6 ½ Uhr. Donnerstag: Ca- valleria rusticana. Die Tochter des Re⸗ iments. Freitag: Mignon. Sonnabend: auf llerhöchsten Befehl: Théàtre paré. Zum ersten Male: Die Medici. Sonntag: Lohengrin. [(Lohengrin: Herr Emil Götze, Königlicher Kammer⸗ sänger, als Gast.)

Schauspielhaus. Mittwoch: Die Journalisten. (Adelheid: Clara Meyer, Ehrenmitglied des König⸗ lichen Schauspiels.) Donnerstag: Schiller⸗Cyeclus. 5. Abend. Wallenstein’s Lager. Die Piccolo⸗ mini. Freitag: Schiller⸗TCyclus. 6. Abend. Wallenstein’s Tod. Sonnabend: Schiller⸗Cyclus. 7. Abend. Maria Stnart. Sonntag: Théätre paré. Neu einstudiert: Prinz Friedrich von Homburg. Anfang 8 Uhr.

Schiller⸗Cyelus. Am 22. Januar. 8. Abend. Die Inngfraun von Orleans. Am 24. Januar. 9. Abend. Die Braut von Messina. Am 26. Ja⸗ nuar. 10. Abend. Wilhelm Tell. Am 29. Ja⸗ nuar. 11. Abend. Demetrins. Turandot.

Deutsches Theater. Sonntag: Der Herr Senator.

Montag: Der Herr Seuator. 16

Dienstag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Berliner Theater. Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Uriel Acosta. (Ludwig Barnay.) Abends 7t Uhr: Aus eigenem Recht.

Montag: Aus eigenem Recht.

Dienstag: König Richard Barnay.)

Lessing-Theater. Ger. D b b ontag: Der unglänbige Thomas. Vorherß Ein Millionär a. L. * üexbn Dienstag: Madame Sans⸗Gene.

Anfang 7 Uhr. III. (Ludwig

Sonntag: Madame Sans⸗

Seine Majestät der Kaiser li stellung von „Carmen“ durch den General⸗Intendanten Grafen von Hochberg sämmtlichen Mitwirkenden Allerhöchstseine besondere An⸗

Im E““ Schauspielhause gelangt am Montag

Im Deutschen Theater finden Wiederholungen des Lustspiels „Der Herr Senator“ morgen, am Montag, Mittwoch und Freitag Am Dienstag kommt „Der Pfarrer von Kirchfeld“, am Donnerstag „Der Talisman“ zur Aufführung.

Im Berliner Theater kommt Wichert's historisches Schauspiel „Aus eigenem Recht“ morgen Abend, am Montag, Mittwoch und Der morgige Nachmittag bringt eine

Im Lessing⸗Theater gelangt Victorien Sardou's vieraktiges Lustspiel „Madame Sans⸗Géne“ an sämmtlichen Spielabenden der neuen Woche zur Aufführung; nur am Montag findet eine Wieder⸗ holung des Schwanks „Der ungläubige Thomas“ statt.

nach der Freitags⸗Vor⸗

wurde ein

Wien fuhr

mit Ludwig Barnay in der vielfache, an die Direktion „König Richard III.“ mit ospischil als Königin omischen Oper“ und

Wallner-Theater. Montag: Heimath.¹ Butze.) 8

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25. Sonntag: Der Lientenanut zur See. Operette in 3 Akten nach einer älteren Idee von E. Schlack und L. Herrmann. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Montag: Der Lientenant zur See.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonntag: Zum 21. Male: Der Mustergatte. (Le premier mari de France.) Schwank in 3 Akten von Albin Valabrégue. Vorher: Im Negligé. Plauderei in 1 Akt von Hans von Rein⸗ fels. Anfang 7 ½ Uhr.

Montag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 3—5. Sonntag: Zum 1. Male: Licht. Schauspiel in 3 Akten von Max Stempel. In Scene gesetzt von Josef Jarno. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Montag: Licht.

Viktoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise: 1“ oder: deß lieder⸗ liche Kleeblatt. Zauberposse mit sang und Ballet in 6 Bildern. g

Abends 7 ½ Uhr: Die Kinder des Capitän Grant.

Montag: Die Kinder des Capitän Grant.

Anfang 7 ½ Uhr.

Theater Unter den Linden. Sonntag: Nachmittags 3 Uhr: Vorstellung zu halben Kassenpreisen. Die Gondoliere (2. Akt). Operette von Sullivan. Hierauf: Columbia. Ausstattungs⸗

Ballet. Abends 7 ½ Uhr: Zum 2. Male: Salon Pitzelberger. von J. Offenbach. Hierauf: Brahma. stattungs⸗Ballet. ö“

Adolph Ernst⸗Theater. Sonntag: Zum 118. Male: Charley’s Taute. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Bajazzi. Vendiftische Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Montag: Charley’s Tante. Die Bajazzi.

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Sonntag: Zum 9. Male: Ein toller Einfall. Schwank in 4 Akten von Carl Laufs. See: Zum 22. Male: Berlin 1893. Revue in 2 Ab⸗ theilungen von L. Leipziger. Anfang der Vorstellung 7 ½ Uhr, der Revue 248α1

Montag: Dieselbe Vorstellung.

Operette

Konzerte.

Philharmonie. Sonntag, Mittags 12 Uhr: Oeffentliche Hauptprobe zum VI. Philhar⸗ monischen Konzert. 8

Stuttgart, 13. Januar. heute früh Güterzug, doch wurde niemand verletzt. Beide Geleise um 10 ½ Uhr lag der Orientzug noch in Asperg.

Basel, 13. Januar. Nacht unweit Istein (bei aus Winterthur, von schüsse ermordet. einen Tunnel passirte; treffende Wagenwärter herbeigerufen, welcher den Zug halten ließ. Der Mörder hielt auch dem Wärter den Revolver aber entwaffnet und gefesselt. scheinlich beabsichtigte Beraubung. 8

22. März 1897, der 100 jährige Geburtstag des Hochseligen Kaisers, in Aussicht genommen. durch Niederlegung der alten, gerade im Mittelpunkt des Weichbildes belegenen Schule, sowie durch Umwandelung des zu gewinnen.

usschuß niedergesetzt.

Einen würdigen Denkmalsplatz hofft man

- Terrains in einen Zur weiteren Förderung der Angelegenheit

a Der Orient⸗Expreßzug Paris⸗ 7 Uhr auf der Station Asperg auf einen ind gesperrt;

Auf der badischen Bahn wurde gestern G Basel) ein Reisender, angeblich einem Mitreisenden durch Revolver⸗ Die Ermordung fand statt, als der Zug durch die Detonation wurde der be⸗

d entgegen, wurde Das Motiv der That war wahr⸗

Montag, Anfang 7 ½ Uhr: VI. Philharmonisches Konzert. (Dirigent: Ernst Schuch, General⸗ Musikdirektor.

Mitwirkende: Carl Scheidemantel, Moriz Rosenthal, Lilli Lehmann, Carl Halir, Anton Rubinstein, Clotilde Kleeberg, der Philhar⸗ monische Chor. IX. Symphonie.

Saal Bechstein. Sonntag, Anfang 7 ½ Uhr: Klavier⸗Abend von Alfred Grünfeld, unter Mitwirkung des Herrn Heinr. Grünfeld (Cello).

Konzert-Haus. Sonntag: Karl Meyder⸗ Konzert. Anfang 6 Uhr.

Montag: Karl Meyder⸗Konzert. Anfang7 Uhr.

88 Symphonie⸗Konzert.

Symphonie Nr. 7 Gdur von Schubert. Duverture „Die Hebriden“ von Mendelssohn. Ouv. „Leonore II.“ von Beethoven. Romanze F-dur für Violine von Beethoven (Herr Carnier).

Birkus Renz (Karlstraße). Sonntag: 2 Vor⸗ stellungen. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei): Große Komiker⸗Vorstellung. Auf⸗ treten sämmtlicher Clowns in ihren besten Nummern.

Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest. 2☚ Neue glanzende Ausstattung. Neue Einlagen. Großes 1 Brillant⸗Feuerwerk.

Außerdem: Das Feuerpferd „Elimar“, vorgeführt von Fräulein Ocecana Renz. Das Schulpferd „Kandelaber“, geritten von Herrn Ernst Renz. Der urkomische Imitator⸗Clown Mr. Pbbs. Die Akro⸗ baten auf dem Telephondraht Zalva, Espana und Alva. Mr. Lavater Lee ꝛc.

reise wie gewöhnlich. Montag: Ein Künstlerfest.

1114141*“ Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Emma Cabos mit Hrn. Ritterguts⸗ pächter Fritz Finelius (Anklam Bömitz). Frl. Penls Heyse mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Hermann

Verehelicht: r. Forst⸗Assessor Hans ran mit Frl. Hildegard Scharff (Karthaus, Regb⸗

Danzig). Hrn. Prem.⸗Lieut. von

Geboren: Ein Sohn: . Bülow (Schwerin). Hrn. K. von Klitzing Grassee)h. Eine Tochter: Hrn. Major Nax Troost (Millitsch).

Gestorben: Hr. Oberförster a. D. Albrecht Wünschmann (Königsberg). Hr. Ritterschafts⸗ Direktor und Rittergutsbesitzer Curt von Knoblauch (Pessin). Frl. Henriette von der Osten (Repplin). Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Adolf hr. von

Bernewitz (Braunschweig). Freiin Meta von Seherr⸗Thoß (Schweidnitz).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).

1888 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 29) enthalten

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 13. Januar

8 8

eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Ministerium des Innern.

Auf Grund eines an die Bundesregierungen gerichtete Ersuchens des Bundesraths haben wir unter heutigem Datum die beiliegende (s. unten) Polizeiverordnung, betreffend die Ver⸗ sendung von Sprengstoffen und Munitionsgegenständen der Militär⸗ und Marineverwaltung auf Land⸗ und Wasserwegen (Sprengstoff⸗Versendungsvorschrift), erlassen. 1

Eure Excellenz ersuchen wir ergebenst, gefälligst diese Ver⸗ ordnung durch die Amtsblätter der dortigen ver⸗ öffentlichen zu lassen und uns demnächst je zwei Belagsblätter einzusenden.

Berlin, den 23. Dezember 1893.

Der Der Minister

Minister des Innern. für Handel und Gewerbe.

In Vertretung: Im Auftrage: . Braunbehrens. von Wendt.

An die Königlichen Ober⸗Präsidenten und das König⸗ liche Regierungs⸗Präsidium zu Sigmaringen. 18

Auf Grund des § 136 des Gesetzes über die allgemeine Landes⸗ verwaltung vom 30. Juli 1883 (G.⸗S. S. 195) erlassen wir für den Umfang des gesammten Staatsgebiets folgende

Polizei⸗Verordnung, betreffend die Versendung von Sprengstoffen und Mu⸗ nitionsgegenständen der Militär⸗ und Marineverwal⸗ tung auf Land⸗ und Wasserwegen. *) Sprengstoff⸗Versendungsvorschrift.)

1““ I. Allgemeine Bestimmungen.

Bei Versendungen von Sprengstoffen und e.eee. der Militär⸗ und Marineverwaltung auf Land⸗ und Wasserwegen ohne militärische Begleitung sind die Bestimmungen der von uns unter dem 19. Oktober 1893 erlassenen Polizeiverordnung, betreffend den Verkehr mit Sprengstoffen, mit der Einschränkung maßgebend, daß die vorschriftsmäßige Einrichtung, Bezeichnung und Verpackung der Behälter durch denseitens der absendenden Behörde ausgefertigten als nachgewiesen anzusehen ist und nicht der polizeilichen Prüfung unterliegt. 1 8

Für alle unter militärischer Begleitung stattfindenden Versendun⸗ gen von Sprengstoffen und Munitionsgegenständen der Militär⸗ und Marineverwaltung auf Land⸗ und sserwegen gelten die vor⸗ erwähnten Bestimmungen nach Maßgabe der nachstehend zu den ein⸗ zelnen Paragraphen aufgeführten Zusatzvorschriften. 1

Welchen Sendungen ein militärisches Begleitkommando beizugeben ist, sowie die Zusammensetzung und Stärke des letzteren bestimmt die Millitär⸗ bezw. Marinebehörde.

1 Zu §§ 2 und 3. 1 a. Die Bestimmungen, betreffend den Verkehr mit Sprengstoffen, und die nachstehenden Vorschriften kommen nur in Anwendung bei denjenigen Sprengstoffen und Munitionsgegenständen, welche in Aus⸗ führung des § 35 Ziffer 7 der Militär⸗Transportordnung für Eisen⸗ bahnen im Frieden (Friedens⸗Transportordnung) vom 11. Februar 1888 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 23) von den vereinigten Ausschüssen des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Eisen⸗ bahnen, Post und Telegraphen jeweilig als „zur Gefahrklasse gehörig“ bezeichnet sind, sowie bei allen von der Militär⸗ und Marineverwal⸗ tung zu Versuchszwecken bestimmten, noch nicht eingeführten Spreng⸗ stoffen und Munitionsgegenständen; dieselben finden jedoch keine An⸗ wendung bei denjenigen der vorbezeichneten Sprengstoffe und Munitionsgegenständen, welche in Taschen oder Tornister der Mannschaften verpackt oder in Kriegsfahrzeuge oder auf Kriegsschiffe verladen sind. Diese, sowie alle übrigen in der ilitär- und Marineverwaltung eingeführten Spreng⸗

stoffe und Munitionsgegenstände unterliegen bei der Versendung unter

militärischer Begleitung weder dieser Vorschrift, noch den Eingangs gedachten Bestimmungen.

b. Die Einholung der Genehmigung der Landes⸗Polizeibehörde zur Versendung, Aufbewahrung und Vera ung von im § 2 nicht aufgeführten, zu Versuchszwecken bestimmten Sprengstoffen ꝛc. ist nicht erforderlich. b

§

Zu § 4. a. Dem Präsidenten Regierung, durch deren irk die Sendung geht, ist von der absendenden Behörde die betreffende Marsch⸗ route und die Größe der Sendung mitzutheilen. Der Regierungs⸗ präsident hat die betheiligten Unterbehörden anzuweisen, die erforder⸗ ichen Anordnungen zum schnellen und sicheren Fortkommen der Sen⸗ dung zu treffen.

Wird der Stadtkreis Berlin berührt, so ist die Mittheilung an den dortigen Polizei⸗Präsidenten zu richten, welcher das Erforderliche zu veranlassen hat.

Außer dieser Benachrichtigung erhalten die Polizeibehörden der Durchzugsorte kurz zuvor auch noch eine Mittheilung durch den Führer des Begleitkommandos über den Zeitpunkt des Eintreffens der Sen⸗ dung am Orte. 1

Bei Versendungen, welche in einem Tage zur Ausführung kom⸗ men, sind seitens der absendenden Behörde nur die betheiligten Orts⸗ Poltzeibehörden in Kenntniß zu setzen, worauf diese die für die Siche⸗ rung nnd ungehinderte Durchführung der Sendung erforderlichen

aßnahmen zu treffen haben. 1

Eine Benachrichtigung der Polizeibehörden erfolgt nicht, wenn das Gewicht der Sendung weniger als 250 kg beträgt, und ferner nicht bei allen Versendungen innerhalb der Garnisonen und der zu denselben gehörigen Anlagen. In diesen Fällen hat die Millitär⸗ behörde allein die nöthigen Sicherheitsmaßregeln zu treffen. Wenn unter besonderen Umständen auch hierbei die Fltelehuas der Polizei⸗ behörde erwünscht ist, so hat diese auf Ansuchen der Kommandantur beziehungsweise des Garnisonältesten die Unterstützung zu gewähren.

b. Her Vorlage des Frachtscheins an die Orts⸗Polizeibehörde des Absendeorts zur Visierung bedarf es nicht, auch darf von dieser Be⸗ hörde die Vorlage der e SaeEe g⸗ Lieferscheine nicht verlangt werden.

. Zu § 5. „Die Vorschrift dieses Paragraphen findet auf Sendungen der Militär⸗ und Marineverwaltung nicht Anwendung.

Zu § 6. 8 2. Die in der Armee und Nme vorgeschriebenen Packgefäße für Sprengstoffe und Munitionsgegenstände, einschließlich der Geschoß⸗ körper mit sicherndem Abschlusse der Sprengladung, sind nach ihrer Beschaffenheit, der Art ihrer Verpackung und Inhaltsbezeichnung und dem Gewichte als den Bestimmungen entsprechend zu erachten.

*) Die Bestimmungen über die Versendung von Sprengstoffen und Munitionsgegenständen der Militär⸗ und Marineverwaltung auf Eisenbahnen sind in den Militär⸗Transportordnungen für Eisenbahnen vom 26. Januar 1887 (Reichs⸗Gesetzbl. 9) und vom 11. Februar

. .

b. Das lose Kornpulver braucht vor der Verpackung in Tonnen oder Kisten nur dann in leinene Säcke geschüttet zu werden, wenn die Beförderung länger als einen Tag dauert.

II. Besondere Bestimmungen für den Landverkehr.

Zu § 8. Wenn das Verladen oder Abladen ausnahmsweise an einer anderen Stelle als vor der Fabrik oder dem Lagerraum oder inner⸗ halb dieser Räume gescheben soll, so ist seitens der Kommandantur beziehungsweise des Garnisonältesten die Genehmigung der behörde hierzu einzuholen und von letzterer die zur Aufrechterhaltung 822 Ordnung an der Ladestelle erferderliche Polizeimannschaft zu stellen.

Zu § 9.

a. Das für die Verladung von Tonnen vorgeschriebene Zwischen⸗ legen von Haar⸗ oder Strohdecken kann durch ein Umwickeln der einzelnen Tonnen mit Strohbändern ersetzt werden.

b. Zwischen die Kisten und Körbe mit geladenen Geschossen brauchen Haardecken oder andere Mittel nicht gelegt zu werden, nur oberhalb ist die Ladung mit Haardecken zu bedecken.

Zu §§ 12 und 13.

a. Den von den Begleitkommandos militärischer Sendungen von Sprengstoffen und Munitionsgegenständen behufs Verhütung der Gefährdung der Sendungen ergehenden Aufforderungen zu Handlungen oder Unterlassungen insbesondere zum Anhalten, zum langsamen Vorbeifahren oder Vorbeireiten, zum Ausweichen, zum Unterlassen des Rauchens, zum Auslöschen von Feuer haben Wagenführer, Reiter und andere Personen ungesäumt Folge zu leisten.

Zuwiderhandlungen werden, unbeschadet des nöthigenfalls von den Begleitkommandos zur Anwendung zu bringenden unmittelbaren Zwanges, nach § 367 Nr. 5 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (Reichs⸗Gesetzbl. von 1876 S. 115) bestraft.

b. Entgegenkommende oder den Transport einholende Fuhrwerke oder Reiter müssen den mit Sprengstoffen ꝛc. beladenen Wagen ganz ausweichen.

c. Dem Führer des Begleitkommandos ist es gestattet, erforder⸗ lichenfalls neben den mit Sprengstoffen ꝛc. beladenen Wagen in schneller Gangart zu reiten.

„d. Besteht die Sendung aus einer größeren Anzahl von Wagen, so können Gruppen von zwei bis drei Wagen gebildet werden, in welchen die einzelnen Wagen nur 10 m Abstand halten; die Gruppen müssen jedoch in mindestens 8 von einander bleiben.

u § 15.

Die Fuhrwerke müssen von Eisenbahnzügen oder geheizten Loko⸗ motiven mindestens 300 m entfernt bleiben.

Bei Wegestrecken, auf welchen wegen der gleichlaufenden Richtung der Eisenbahn und des Weges oder wegen des Verkehrs auf der Bahn der vorstehenden Vorschrift nicht genügt werden kann, ist der Eisen⸗ bahnbehörde, der die unmittelbare Betriebsleitung der betreffenden Strecke obliegt, durch die absendende Behörde von dem beabsichtigten Transporte Mittheilung zu machen.

Die Eisenbahnbehörde hat dann die zur Beseitigung der Gefahr geeigneten Anordnungen zu treffen.

Zu § 18.

Die Anzeige über eine Sendung, deren weitere Beförderung be⸗ denklich scheint, ist seitens des Führers des Begleitskommandos in Garnisonorten der Kommandantur beziehungsweise dem Garnison⸗ ältesten und nur an anderen Orten der Sebe⸗ zu erstatten; diese Stellen haben dann das zur gefahrlosen weiteren Behandlung der Sendung Nöthige zu veranlassen. 8

Die Zuziehung eines von dem Absender zu entsendenden Sach⸗ verständigen zu fordern oder die Vernichtung der Sendung anzuordnen, ist die Polizeibehörde nicht . 1s

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Bei der Versendung von Sprengstoffen und Munitionsgegen⸗ ständen von nicht mehr als 35 kg Bruttogewicht haben von den Vor⸗ schriften dieses Abschnitts nur die Zusatzvorschriften zu §§ 8 und 9 Gültigkeit.

III. Besondere Bestimmungen für den Wasserverkehr. Zu § 21.

Die vorstehenden Zusatzvorscheiften zu §§ 8, 9, 12 und 13

(Punkt a), 15, 18 und 19 finden auch für den Wasserverkehr An⸗

wendung. 3 Zu § 23. Die mit Sprengstoffen ꝛc. beladenen Kähne sind vor allen anderen Kähnen durch die Schleusen zu schaffen. 3 . Ein gleichzeitiges Durchschleusen anderer Kähne mit den mit Sprengstoffen beladenen ist unstatthaft.

““ IV. Schlußbestimmung.

Diese Polizeiverordnung tritt mit dem 1. April 1894 in Kraft, mit welchem Tage die von den Ministern des Innern und für Handel und Gewerbe unter dem 5. November 1888 erlassene, sowie alle von den Regierungs⸗Präsidenten und Bezirksregierungen bisher er⸗ lassenen, denselben Gegenstand regelnden Polizeiverordnungen un⸗ wirksam werden. 8

Berlin, den 23. Dezember 1893. 1 1 Der Der Minister 1 Minister des Innernr. für Handel und Gewerbe. In Vertretung: Im Auftrage: 1“ Braunbehrens. von Wendt.

Deutscher Reichstag. 25. Sitzung vom Freitag, 12. Januar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Freitag berichtet worden.

Die auf der Tagesordnung als zweiter Gegenstand stehende Fortsetzung der Tabacksteuer⸗Debatte wurde eingeleitet durch eine in der gestrigen Nummer gleichfalls schon kurz erwähnte Rede des Großherzoglich babischen Bevollmächtigten zum Bundesrath, Gesandten Dr. von Jagemann, die wir nach⸗ stehend vollständig dem Wortlaut nach wiedergeben:

Es ist gewiß angemessen, daß hier auch der Stellung der badischen Regierung zum Tabacksteuer⸗Gesetzentwurf Ausdruck gegeben wird; denn die Wirkungen dieses Entwurfs sind von besonderer Bedeutung für ein Land, in welchem Urproduktion, Industrie und Handel von Taback in verstärktem Maße räumlich zusammenfallen. 1 Die Stellung der badischen Regierung ist inzwischen aus öffent⸗ lichen Vorgängen bereits bekannt geworden; sie hat dem Entwurf zu⸗ gestimmt, und es ist auch hier im hohen Hause bereits theils rühmend, theils in sachlicher Zitierung der Ausführungen des Cbefs der badischen Finanzen von verschiedenen Theilen gestern ge⸗ dacht worden. 5

Ich kann vielleicht dem gegenüber neues kaum hinzufügen; aber es möge mir . gestattet sein, in dem Sinne der Grundsätze und Richtungen des Entwurfs der verbündeten Regierungen mit denjenigen Auffassungen, wele die badische Regierung geleitet

haben, in eine

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Betrachtung des Entwurfs, insbesondere mit Würdigung der Mo⸗ mente einzutreten, welche die gestrige Diskussion uns geboten hat, in welcher gewisse Beanstandungen der Herren Abgg. Frißen und Basser⸗ mann zum Ausdruck kamen. Wenn ich be im Verlauf meiner Ausführungen auf e —F⸗ Punkte, welche 2 worden sind, übrigens nicht einlasse, so hat das darin seinen Grund, daß die Generaldiskussion an sich nicht zu einer Erschöpfung des Gegenstandes bestimmt ist. Ich bitte aber, aus dem, was ich nicht berühre, in keiner Weise ein Anerkenntniß für irgend etwas abzuleiten.

Meine Herren, der Scharfsinn der Interessenten am Taback hat, glaube ich, überhaupt die möglichen Einwürfe und Bedenken heraus⸗ gesucht und mit sehr großer Lebhaftigkeit verbreitet und in der Weise, wie ja heutzutage Gemälde überhaupt koloriert werden, die Farben manchmal recht dick aufgetragen. Der Herr Abg. Bassermann hat ja auch bereits eingeräumk, daß manche Uebertreibungen mit unter⸗ gelaufen sind. Es ist auch richtig, daß zeitweise eine ziemlich weit⸗ gehende Erregung in manchen Landestheilen eingetreten ist; wenn ich aber damit den Gang der gestrigen Verhandlung vergleiche, in welcher ja die Anschauungen der speziell interessierten Kreise gerade aus Baden gewiß mit besonderer Umsicht, Energie und Wärme vertreten worden sind: dann, meine Herren, kann ich mich trotz aller gegentheiligen Nachrichten eines erfreulichen Gesammteindrucks nicht erwehren. Es ist der, daß wir bisher in keiner Richtung einer reinen Negation be⸗

egnet sind; vielmehr von allen Rednern, welche hier gesprochen aben, wird das eingeräumt, daß eine Erhöhung der Reichseinnahmen aus dem Taback erstrebenswerth sei, und nur in 880; auf das Maß und die Art findet bisher ein Auseinandergehen statt. Ich glaube deswegen, daß eine nicht allzu große Zahl von Differenz⸗ punkten sich mit der Zeit herausschälen kann, welche zur Aus

gleichung in der Kommission führen möge. Wir sind in Deutschland immer darauf angewiesen, eine Versöhnung der landwirthschaftlichen und industriellen Interessen in jeder wirthschaftlichen Frage herbei⸗ zuführen. Die allzu starke Betonung der Interessen des einen od

Erwerbszweiges kann nie zum Heil der Gesammtheit wirken.

Nun bietet gewiß der Entwurf der Industrie mehr Angriffs⸗ punkte als der Landwirthschaft, und bis zu einem mäßigen Grade ist es auch verzeihlich, wenn die Industrie aus dem Ursprung gewissen hafter Berufssorgen heraus sich bis zu Uebertreibungen hineingesteigert hat. Aber man vergißt oft in steuerpolitischen Fragen, daß, um schließlich zu einem Resultat zu gelangen, es nicht möglich ist, den Pelz zu waschen, ohne ihn naß zu machen. Das Zeugniß dürfen die verbündeten Regierungen jedoch für sich in Anspruch nehmen, ebenso wie die betheiligten Behörden des Reichs und der Einzelstaaten, daß sie bestrebt waren, die mit einer erhöhten Heranziehung des Taback verbundenen Aenderungen so wenig als möglich schmerzlich zu gestalten. Insbesondere war man bedacht, auf die Bedürfnisse der minder bemittelten Klassen, der Kleinindustrie, der Hausindustrie, Rücksicht zu nehmen. Das Werthsteuersystem an und für sich ganz allei schon ist gegenüber dem Gewichtssteuersystem ein Fortschritt ausgleichender Gerechtigkeit; denn während bisher die billigste Zigarre ebenso hoch be⸗ lastet ist wie die theuerste, ja vielleicht zufolge klotziger Schwere noch mehr, so tritt jetzt eine Steuerabstufung nach dem Werthe ein. Die hohe Steuer gilt der theueren, die billige der billigen Zigarre. Das Steuerverhältniß der Pfeifentabacke im Vergleich zu den Zigarren tabacken ist wesentlich auf Eintreten der badischen Kommissare nich mehr mit dem 2 bis Zfachen Betrage angesetzt, sondern auf das Doppelte herabgemindert, und es steht nichts im Wege, bei der Kom⸗ missionsberathung diese Relation einer nochmaligen sorgfältigen Er⸗ wägung zu unterziehen. Die jetzige Relation ist uüͤbrigens in dem von dem Abg. Bassermann betonten Bestreben gewählt, von der arbeitenden Bevölkerung jede Verminderung der Arbeitsgelegenheit thunlichst fernzuhalten; denn, meine Herren, bei einer unverhältniß⸗ mäßigen Begünstigung der Pfeifentabacke könnte der Konsum in der That sich von der Zigarre, welche viel mehr Bearbeitung erfordert, mehr abwenden und eine Reduktion der Arbeiterzahl nöthig machen, welche vermieden werden muß. 8 8

Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben sich sodann im § 41 des Entwurfs zu Gunsten der Kleinindustrie einen großen Spielraum der Berücksichtigung vorbehalten. Dieser Paragraph lautet:

Für Betriebe, in welchen nicht mehr als 4 Personen beschäftigt und nur Zigarren zum eigenen Vertriebe des Unternehmers herge⸗ stellt werden, kann nach Maßgabe der vom Bundesrath zu treffen⸗ den Bestimmungen eine Erleichterung in der Buchführung gewährt oder die Entrichtung der Steuer im Wege der Abfindung an⸗ geordnet werden.

Dasselbe gilt von Betrieben, in denen vom Unternehmer allein ohne Hilfspersonen Zigaretten oder Schnupftaback zum eigenen Vertriebe hergestellt werden. b

Ich sage ganz gewiß nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß über⸗ haupt alle Vorschläge in der Kommissionsberathung oder hier im hohen Hause, welche dem Bestreben des Schutzes der mittleren und kleinen Industrie dienen, auf eine volle Würdigung der verbündeten Re⸗ gierungen rechnen dürfen, welche keineswegs von den Zukunftsgedanken des Monopols irgendwie berührt sind, und es liegt gar kein Grund vor, diesen Wauwau irgendwie auf der Bildfläche erscheinen zu lassen.

Meine Herren, die Annahme, daß die kleinen Industrien ein wesentlich höheres Betriebskapital künftig bedürften, ist wohl kaum zutreffend; denn ihre Betriebsart wird selten eine so langzeitige sein, daß sie nicht innerhalb der Kreditierungsfrist des Gesetzes schon das Objekt wieder 881 Zahlung abgestoßen hätten, und auch bisher hatten dann doch iese Geschäfte beim Einkauf der Tabacke entweder eine Steuer zu bezahlen oder eine Steuerschuld zu über⸗ nehmen, und zudem befassen sich die kleinen Betriebe auch wesent⸗ lich mit der Herstellung der billigen Sorten, bezüglich deren ja die Steuererhöhung ganz gewiß weniger bedeutend ist, als bezüglich der theueren, und was die Händler speziell angeht, so bietet 8 sie der § 27 des Gesetzes nach wie vor die Möglichkeit, die Lagerung der Roh⸗ tabacke unversteuert in öffentlichen Lagern, welche auf Kosten des Staats hergestellt und unterhalten sind, oder in Privatlagern unter⸗

ubringen, und es ist der Vortheil hinzugekommen gegen die bis⸗ berge 855 daß die Ueberwachung der Privatlager künftig gebühren⸗ rei erfolgt.

eine Herren, ich glaube, daß schon hiernach manche aus der

Sache geschöpfte Bedenken mindestens abgemindert sind. Die Be⸗ denken allgemeinster Art, welche vorgetragen sind, vollends kann ich nicht theilen. So kann ich, bei aller Hochachtung für die Skrupulosität der Frage im Hinblick auf Art. 29 unserer Reichs⸗ keinen Werth abgewinnen. Ob und wie anders die letzten Wahlen unter anderen Konstellationen ausgefallen wären, und was insbesondere den politischen Gang der Deckungsfrage angeht, so kann ich mir kurzweg vieles aneignen, was Freiherr von Stumm gestern vorgetragen hat; ich kann mich deswegen in Hinsicht der politischen Frage auf eine kurze Nachlese beschränken.

Es ist gewiß zurückzuweisen, meine Herren, wenn der Zu⸗

einer teuerpolitik nach der Leistungsfähigkeit eine Aus⸗

legung gegeben würde, welche zu dem Endergebniß hin⸗ führen müßte, daß man die Tragung der Reichslasten auf einen engen ö legt, und dem weniger, aber immerhin n auskömmlich Bemittelten das Recht nimmt i

möchte sagen: das Ehrenrecht nimmt —, auch nach dem Maßsta

seiner Kräfte beizutragen zur Erhaltung der nationalen Güter. Damit würde der verhängnißvolle Irrthum erweckt, als wenn nicht

sage