zu spielen; die Größe des ge⸗ schichtlichen Mannes blieb in Dunkel gehüllt; man sieht hier den Weltbezwinger gleichsam nur im intimen Hausrock, wenn er au die allbekannte Uniform trägt; er fährt zwischen seine hadernden und keifenden western mit der Feuer⸗ zange, er leidet ganz kleinbürgerlich Qualen der Eifersucht und athmet friedlich und behaglich auf, wenn er sich von der Treue seiner Frau überzeugt. Herr Rescher machte Ansätze zu düsterer Tragik, die aber auf dem lustigen Hintergrunde der Haupthandlung nur eine ange⸗ nehme Abwechslung bervorriefen. Die übrigen rsonen, deren der Zettel fast dreißig mit Namen aufzählt, halfen die Bilder stellen, traten aber sonst wenig hervor. Neues Theater. 8 Die gestrige erste Aufführung des Schauspiels „Licht!“ von Max Stempel nahm einen für den Verfasser sehr unerfreulichen Verlauf. Die Zuschauer beurtheilten das Stück wohl nicht ganz ohne Berechnung so ungünstig, daß es schließlich unter satirischer Heiterkeit abgelehnt wurde. Die Mängel des Schauspiels sind allerdings auffallendd genug. Dürre und hausbackene Reden, die mit dem Gang der Handlung wenig oder nichts gemein n, nehmen einen breiten Raum ein. Man vermißt einen klaren Grundgedanken der Handlung, sodaß der Zuschauer am Schluß des Stücks ebensowenig wie beim 1. .5 weiß, was der Verfasser mit seiner Arbeit hat sagen wollen. Obenein ist auch die Sprache, die in dem Schauspiel geredet wird, häufig unfein und roh. Manchmal scheint es, als ob der Verfasser den Zielen der modernen Schule nachgestrebt hätte; so in der beabsichtigten Schilderung eines besonderen kleinbürgerlichen Milieus und in dem Bemühen, der Handlung einen festen Lokalton und dadurch eine klare Stimmung zu verleihen. Aber die gute Absicht ist, was den Stil und was die Stim⸗ mung anbetrifft, nicht recht gelungen; denn dieses Ziel kann nicht einfach durch Anspielungen auf die Weber „im grünen Weg“, auf altmodische Weißbierwirthe und Hauseigenthümer erreicht werden. Allerdings tragen die Charaktere, wenn man sie stilistisch und litera⸗ risch subsumieren will, eine entschieden naturalistische Färbung; ein junger Backfisch z. B. ist so gemüthlos und so geistlos, zugleich so vorlaut und cynisch wie möglich geschildert, und der Kommerzien⸗ Rath des Schauspiels trägt 8 der später auftauchenden Herzensgüte eine peinlich berührende Prat⸗ eit und Formlosigkeit des äußeren und innern Menschen zur Schau. Der schwülstige Edelmuth und Gefühlsüberschwang, die sich im Dialog offenbaren, können durch die den modernen Dichtern versetzten energischen Seiten⸗ hiebe nicht entschuldigt werden. — Aufdringlicher Beifall veranlaßte schließlich das Publikum, die Zurückhaltung aufzugeben, die es anfangs ausRücksicht auf die muthig kämpfenden Darsteller be⸗ wahrte; aber die besten Kräfte, wie Fräulein Rosa Bertens, Frieda Brock und die Herren Gaspart, Jarno, Rittner, mußten dem inhaltarmen Stück gegenüber erlahmen. Theater Unter den Linden. “ Dem wegen der hervorragenden künstlerischen Leistungen und der außergewöhnlich prachtvollen orationen immer noch gern gesehenen und mit lebhaftestem Beifall von den zahlreichen Besuchern auf⸗ enommenen phantastischen Ausstattungsballet „Brahma“ von F. Monplaisir ging am Sonnabend zum ersten Mal
eine ältere, hier nur noch wenig bekannte einaktige von Offenbach, voraus,
Operette, „Salon Pitzelberger“ n
die wegen ihrer prickelnden, reizvollen Musik mehr als wegen des unbedeutenden harmlosen Librettos der Vergessenheit ent⸗ rissen zu werden verdient. Namentlich ist es ein die italienische Opern⸗ Gesangsmanier parodierendes Terzett, das sich noch als recht wirkungsvoll erweist. Auch die hübschen Duette zwischen Ernestine und Canefas efielen in dem geschmackvollen Vortrag des Fräulein Brdch und des bvee Schuler allgemein. Fräulein Broch, die zuerst anscheinend noch mit einer nicht ganz überwundenen Unpäßlichkeit zu kämpfen hatte, ent⸗ wickelte als übermüthiges, verliebtes Mädchen und besonders später als italienische Diva ein überraschend großes Soubrettentalent. Den reichgewordenen Stärkefabrikanten Pitzelberger, der als Rentier seinen Salon zum Sammelpunkt der vornehmsten Welt machen will und sich bemüht, seinen a auserlesene künstlerische Genüsse zu bieten, gab mit fröhlicher Laune Herr Matscheg. In der Rolle seines Grooms erregte Steinberger durch die
einen sonderbaren Napoleon
⸗ 8
8
828,—
288 8822
S 2 82 ₰ 28* —6
2 8*
81
Temperatur
Wind. Wetter.
in ° Celsius 5⁰ C. ¶ꝗ 40°R.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim.
Belmullet.. 4 bedeckt
Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 15. Vorstellung. in 5 Alkten Goethe's Faust, von Jules Barbier und Michel Carré. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Dr. Muck. (Faust: 1 1 Gs Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.
effektvolle Nachahmung eines Zauberkünstlers große Heiterkeit. räulein Camillo erfreute durch den geschickten Vortrag eines von A. Ferron komponierten und hier eingelegten Bravour⸗Walzers „Erinnerungen an alte Zeiten”. Die von dem artistischen Leiter Herrn Binder gut inscenirte, von Herrn “ Ferron mit sewohnter Umsicht geleitete Aufführung wurde von Zuschauern freundlich aufgenommen.
Konzerte.
Die Sopranistin Fräulein Marie Klingenberg aus Olden⸗
burg erschien am Sonnabend im Saal Bechstein zum ersten Mal
vor dem hiesigen Publikum. Sie besitzt eine besonders in der Höh⸗ kräftig klingende und umfangreiche Stimme, die jedoch für ein öffent⸗ liches Auftreten noch einer tieferen Ausbildung bedarf. Die Vortrags⸗ weise war eine sehr bewegte, zuweilen sogar in Uebertreibung aus⸗ artende, auch war die Intonation nicht sicher genug. Am besten ge⸗ langen Schubert’s „Ungeduld“, „Meine Mutter hat's gewollt“ von O. Leßmann, „Meine Liebe ist grün“ von Brahms, und „Ach werr das könnte“ von Berger. Der junge Violinist Herr Walte Cavallery, der hier schon öfter konzertirt hat, erfreute durch den sehr gelungenen Vortrag zweier Konzertsätze von M. Bruch und der Faust⸗Phantasie von Sarasate unter wohlverdientem Beifall des zahlreich erschienenen Publikums. “ 8
In demselben Saal gab Herr Alfred Grünfeld am Sonntag einen Klavier⸗Abend. Der aus der Schule Theodor Kullak's hervor⸗ egangene, durch sein Talent, Klavierphantasien zu improvisiren, be⸗ annte Pianist hat sich seit längerer Zeit hier nicht hören lassen. Er begann mit dem Vortrag einer Sonate mit Cello von Saint⸗Sasns, in der sein Bruder Heinrich ihn aufs wirksamste unterstützte. Sowohl dieses schöne und schwierige Werk als auch die große Fab⸗ der folgenden, meistens der modernen Kompositionsweise angehörenden Piocen spielte er mit musterhafter Sicherheit in der Technik und mit tief eingehender, feurig belebter Ausdrucksweise. Nur in Beethoven’'s Andante (F-dur) und in der Novellette von Schumann war die Tempo⸗ bewegung zu unruhig. Lebhafter Beifall folgte seinen Vorträgen.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Gounod'’s „Margarethe“ mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle und Herrn Emil Götze als Faust 5 1
Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen Shake⸗ speare’s „Sommernachtstraum“ mit Mendelssohn's Musik zur Auf⸗ führung. Herr Vollmer spielt zum 100. Mal den Zettel.
Am nächsten Sonntag veranstaltet ein Theil der Mitglieder des Lessing⸗Theaters wieder ein Gastspiel im Wallner⸗Theater. Zur Aufführung kommt das Lustspiel „Mauerblümchen“ von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg. 1
Im Neuen Theater wird morgen stat „Licht“ Daudet's „Sappho“ gegeben. Am Mittwoch und Sonnabend finden Auffüh⸗ rungen von „Jugend“, am Donnerstag und Freitag Wiederholungen von „Sappho“ statt.
Die Revue „Berlin 1893“ wird im Central⸗Theater am Mittwoch zum 25. Mal gegeben. Der Laufs'sche Schwank „Ein toller Einfall“ erweist sich wieder so zugkräftig, daß er zunächst noch auf dem Spielplan bleiben wird. 11“
Das Programm des morgigen Wohlthäti keits⸗Konzerts von Ernst Eduard Taubert in der Sing⸗Akademie enthält Liedervorträge der Damen Elisabeth Leisinger und Ottilie sowie der Herren Emil Götze und Franz Betz.
ann folgen mehrere Gruppen von Chorkompositionen, aus⸗ eführt von der Berliner Liedertafel Chormeister A. Zander). — Das zweite Abonnements⸗Konzert der Herren Florian Füatise und
einrich Grünfeld findet am Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr, in der Sing⸗Akademie unter Mitwirkung der Konzertsängerin Fräulein Julie Müller⸗Hartung, des Kammervirtuosen Herrn Alfred Grünfeld sowie der Herren Theodor Krelle (Bratsche) und Hund (II. Violine) statt. — Das Programm des Liederabends, welchen Frau Selma Nilaz⸗ Kempner aus Wien an demselben Abend 8 Uhr im Saal Bech⸗ stein veranstaltet, bringt, außer bekannteren Liedern von Schubert, Schumann, Brahms, Rubinstein, Havydn, seltener gehörte Lieder von Mozart und eine Reihe ganz neuer Kompositionen von P. Mandl und Moszkowski.
Theater . Anzeigen. Sean E. Plauderei in 1 Akt von Hans von Rein⸗
nfang 7 ½ Uhr.
Margarethe. Oper
von Gounod. Text nach Neues Theater.
Dienstag: Sappho.
Emil Götze, Königl. Mittwoch: Jugend.
Mittwoch und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Schiffbauerdamm 3—5.
Direktion: Sigmund Lautenburg. Sittenbild in 5
von Alphonse Daudet. Anfang 7 ½ Uhr.
8 1 8 ffizieller Strecken⸗Rapport der Königlichen Hofjagd im Grunewald am Freitag, 12. Januar 1894. 8
Ein unweit des Sterns in hohem Zeuge eingestelltes, mit
Kammern und Doppellauf versehenes Jagen auf Damwild erzab nach anderthalbstündiger Dauer bei der nach dem Frühstück auf dem Schloß⸗ hofe Grunewald verrichteten Gesammtstrecke 49 ufler und 179 Stück Damwild, wovon auf die Sonderstrecke Seiner Majestät des Kaisers und Königs 13 Schaufler und 1 Stück
Damwild entfallen. Das Wetter war überaus günstig: gelinder Frost
und wolkenloser Himmel.
Mannigfaltiges.
Stadtrath a. D. Dr. jur. Carl Erich, früheres Mitglied des Lite⸗ rarischen Bureaus und langjähriger parlamentarischer Berichterstatter, ist am 11. d. M. im Alter von 76 Jahren gestorben.
Im Arbeitshaus befanden sich am 31. Dezember 1893 1901 Korrigenden ꝛc., zur selben Zeit wurden im Lazareth der Anstalt 200 Personen verpflegt und erhielten 23 jugendliche Häuslinge Unter⸗ richt. Zur Beschaffung von Kleidungsstücken und Bezahlung der ersten Miethe wurden dei ihrer Entlassung in der Zeit vom 1. Ok⸗ tober bis 31. Dezember 1893 107 Personen mit 670,79 ℳ unterstützt.
Der Stolze'sche Stenographen⸗Verein „Süd⸗Berlin“ veranstaltet auch im Jahre 1894 Unterrichtskurse in der ver⸗ einfachten Neu⸗Stolze'schen Stenographie. Die Eröffnung des ersten Kursus, eingeleitet durch einen Vortrag über Stenographie, findet statt am Mittwoch, 17. Januar, Abends 8 ½ Uhr, im Vereinslokale, Restaurant Patzenhofer Ausschank „Zum Eisernen Kanzler“, Alte Jakobstr. 64. as Honorar für den Unterrichtskursus beträgt 6 ℳ Anmeldungen für den Kursus werden daselbst am Eröffnungstage ent⸗ gegengenommen.
Stuttgart, 12. Januar. Gemäß den Beschlüssen der Bäcker⸗ Verbandstage wird in der hiesigen Gewerbehalle im nächsten Herbst eine große deutsche Ausstellung von Erzeugnissen und Be⸗ darfsartikeln der Bäckerei, Konditorei und Kochkunst stattfinden. Die Ausstellung soll vom 9. bis 16. September 1894 währen und auch das Ausland zur Beschickung herangezogen werden. Die Vorbereitungsarbeiten haben bereits begonnen. Vorsitzender des Ausstellungscomités ist Herr Schlatterer in Stuttgart, Weimarstr. 40.
Rom, 13. Januar. Der Stadtrath genehmigte, wie „W. T. B.“ meldet, einen Terrainaustausch zwischen der Deutschen Botschaft und der Gemeinde Rom zur Erweiterung des protestantischen Friedhofs am Monte Testaccio und ertheilte der römischen Stadtkapelle die Erlaubniß zu einer einmonatigen Konzerttournée
in Deutschland.
St. Gallen, 14. Januar. Gestern Nacht veranstaltete, wie „W. T. B. meldet, eine aus mehreren hundert Menschen bestehende Menge vor dem Museumsgebäude, wo der Offiziersverein einen Ball abhielt, eine Demonstration, weil eine württem⸗ bergische Militärmusik⸗Kapelle an Stelle einer einheimischen Kapelle engagirt worden war. Verschiedene Reden wurden gehalten und sämmtliche Fensterscheiben eingeschlagen. Der Lärm dauerte bis gegen 3 Uhr Morgens, doch gelang es der Polizei, die Menge an dem Ein⸗ dringen in das Gebäude zu verhindern. Es wurden mehrere Ver⸗ haftungen vorgenommen.
Brüssel, 13. Januar. Nach einer heute veröffentlichten Königlichen Verordnung sollen, wie „W. T. B.“ meldet, diejenigen ausländischen Gegenstände, welche für die in Ant⸗ werpen bestimmt sind, provisorisch von den Eingangszöllen befreit sein, unter der Bedingung, daß diese Gegenstände wieder ausgeführt werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder⸗ Konzert. “
Ouv. „Preciosa“ von Weber. „Semiramis“ von Rossini. „Das Nachtlager zu Granada“ von Phantasie aus „Don Juan“ von Mozart. „ Mikado“, Potpourri von Sullivan. „Mondnacht auf der Alster“, Walzer von Fetras. „O cara memoria“ für Cello von Servais (Herr Smit). Deine blauen Augen“ für Piston von Bohm (Herr 8 v
1 beiter
1 Regen
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4 bedeckt
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Uebersicht der Witterung.
Eine umfangreiche Depression liegt über Nord⸗ west⸗Europa, ihren Wirkungskreis über das Nord⸗ und Ostseegebiet erstreckend, während der Luftdruck über Süd⸗ und Ost⸗Europa am höchsten ist. In Deutschland dauert die schwache, vorwiegend südliche und südöstliche Luftströmung bei theils heiterer, theils nebliger Witterung fort, wobei die Temperatur wieder eee, e ist, und nur im ost⸗ deutschen Küstengebiete der Frost stark zu⸗ genommen; die Frostgrenze verläuft an der west⸗ deutschen Grenze und dürfte demnächst weiter ost⸗ wärts vorrücken.é Meßbare Niederschläge werden aus Deutschland nicht gemeldet. „In Ostdeutschland, sowie im nördlichen Oesterreich⸗Ungarn dauert die strenge Kälte noch fort. Neufahrwasser meldet 17, Herrmannstadt 18 Grad unter Null, auch Moskau meldet minus 22 Grad.
Deutsche Seewarte.
Schauspielhaus. 16. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von Auguft Wilhelm von Schlegel. Musik von .öe Mendelssohn⸗Bartholdd. Tanz von Emil
raeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dirigent: Rusirdirector Wegener. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 16. Vorstellung. Die Meisterfinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. In Scene geseßt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Dr. Muck. Anfang 6 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 17. Vorstellung. Die Jounr⸗ nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freptag. (Adelheid: Frau Clara Meyer, Chren⸗ mitglied des Königlichen Schauspiels.) Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Dienstag: Der Pfarrer von Kirchfeld. 3 .
Mittwoch: Der Herr Senator.
Donnerstag: Der Talisman.
Berliner Theater. Dienstag: König Richard III. (Ludwig Barnay.) Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Aus eigenem Recht.
Donnerstag: Aus der komischen Oper. Das
Gefängniß. Die nächste Aufführung der „Wallenstein⸗
Trilogie“ findet Sonntag statt.
Lessing⸗Theater. Dienstag und folgende Tage: Madame Saus⸗Géene.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.
Dienstag: Der Lientenaut zur See. Ovperette in 3 Akten nach einer älteren Idee von E. Schlack und L. Herrmann. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr
Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. eemeiste 55— Lientenant zur See. Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗
burg. Dienstag: Zum 23. Male: Der Mustergatte. (Le premier mari de France.) wank
in 3 Akten von Albin Valabrègue. Vorher: Im
Viktoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8.
Dienstag: Mit vollständig neuer Ausstattung: Die Kinder des Kapitän Graut. Aus⸗ stattungsstück mit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 7 ½ Uhr. 8
Theater Unter den Linden. Dienstag: Salon Pitzelberger. Operette von J. Offenbach. Hierauf: Brahma. Ausstattungs⸗Ballet. Anfang
Sonnabend: 8
☛ꝙ Zweiter Maskenball. ☚
Herrenkarten 8 ℳ (im Vorverkauf 7 ℳ), Damen⸗ karten 5 ℳ (im Vorverkauf 4 ℳ 8
Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: Zum 120. Male: Charley’s Taute. Schwank in 3 Akten von fengon Fe SWöö Baja arodistis osse mi ang in vafc 9 und o Jacobson. In Scene
gesetzt von Adolyh Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Charley’s Taute. Die Bajazzi.
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Dienstag: Ein toller Einfall. — Hierauf: Zum 24. Male: Berlin 1893. Revue in 2 Ab⸗ theilungen von L. Leipziger. Anfang der Vorstellung 7 ½ Uhr, der Revue 9 ¼ Uhr.
Mittwoch: Zum 25. Male: Berlin 1893. Hierzu: Ein toller Einfall.
Konzerte.
Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr: Konzert zu wohlthätigem Zweck veranstaltet von E. E. Tanubert, unter gütiger Mitwirkung der Damen Fräuleins Elisabeth Leisinger (Königliche Hofopernsängerin) und Ottilie Fellwock (Alt), so⸗ wie der Königlichen Kammersänger Herren Emil Götze und Franz Betz. 18
Konzert der Violinvirtuosin Elsa Barkowska, unter gefälliger Mitwirkung der Konzertsängerin
Fräulein Gertrud Heinrich.
Saal Bechstein. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr:
Birhus Renz (Karlstraße). Dienstag, Abends
7 ¼ Uhr: ³☛ Ein Künstlerfest.
Vollständig neue und glänzende Ausstattung und Einlagen. Ueberraschende Licht⸗ und Wassereffekte.
dSseee 6 Rappen und Karussel von 30 Pferden, vorgeführt von R. Renz. Das ulpferd „Prinz“, geritten von Herrn R. Renz. Die hohe Schule, geritten von Fräulein Oceana Renz. Pas de deux, geritten von Miß Rose und Herrn Fran⸗ coni. Der urkomische Imitator⸗Clown Mr. Äbbs. Zum 1. Male in dieser Saison: Geschwister Hoff⸗ mann am schwebenden Trapez. Die Akrobaten auf dem Telephondraht Zalva, Espana und Alva ꝛc.
125 wie gewöhnlich. 1
ittwoch: Ein Künstlerfest.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Miß Laure Taylor Brown mit Hrn.
uptmann Hermann von Bertrab (Jersey⸗City, ord⸗Amerika — Berlin). 8
Verehelicht: Hr. Regierungs⸗Assessor Geor
Graf Stosch mit Freiin Freda von der Lancken⸗
Wakenitz (Berlin). 3
beSee. Ein Sohn: Hrn. Gesandtschafts Prediger Friedrich Boit (Lissabon). — Hrn. Major a. D. von Frankenberg (Nentershausen, Regb Cassel). — Eine Tochter: Hrn. Hauptman Eckart von Bonin (Berlin).
Gestorben: Hr. Hausfideikommiß⸗Baurath Car Niermann (Friedenau). — Frl. Elisabeth von Alten (Berlin). — Hr. Oberst z. D. Ernst von
ippel (Oldenburg i. Gr.). — Hr. Ritterguts ler Karl Wilhelm Gribel (Napachanie).
Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.
Berlin: — Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW. Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen leinschließlich Börsen⸗
88
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen St
12.
Berlin, Montag, den 15. Januar
Deutscher Reichstag. 26. Sitzung vom Sonnabend, 13. Januar, 1 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer am Sonnabend berichtet worden.
Bei Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Tabacksteuergesetzes erhält nach dem Abg. Dr. Clemm⸗ Ludwigshafen (nl.), dessen Rede gleichfalls in “ Nummer mitgetheilt worden ist, das Wort der
Abg. Schneider (fr. Volksp.), welcher bezweifelt, daß die Regie⸗ rung auf diesem Wege zu erheblichen Mehreinnahmen gelangen werde, denn es finde sich im Reichstage keine Mehrheit für die Vorlage. Die Gewichtssteuer zu erhöhen hält die ens selbst für unmöglich; sie geht aber nicht zur reinen Werthsteuer über, sondern sie behält beim Zoll noch das Gewichtssteuersystem bei. Der Unter⸗Staatssekretär v. Schraut meint allerdings, daß das Ausland einen Theil der beab⸗ sichtigten Belastung tragen wird; er hat aber nicht angedeutet, wie das geschehen soll. Eine weitere Durchbrechung des “ ist die höhere Belastung des Schneidtabacks, trotzdem er der billigere ist; auf diese Weise wird gerade die minderbemittelte Klasse mehr belastet als die wohlhabende. Von einem Konsumrückgang ist in der Begründung der Vorlage und auch sonst vom Bundesrathstische immer die Rede gewesen; aber nicht in dem Sinne, den man jetzt dem Worte unterlegen will. Was kann man sich unter einem Konsumrückgang denken, der nicht auf die Produktion einwirken soll? Die Schätzung des Rückgangs auf ⅛ oder 1⁄12 eist aber jeden⸗ falls zu niedrig gegriffen. Die Interessenten berechnen, daß mindestens 26 000 der sest beschäftigten Arbeiter brotlos werden. Seit 1879 hat die Kautabackindustrie erheblich zugenommen, weil Die⸗ jenigen, die sonst Pfeifen oder Zigarren rauchten, zum billigeren Kautaback übergegangen sind. Bei der jetzt beabsichtigten Steuer⸗ erhöhung wird das vielleicht noch viel mehr der Fall sein und die Zigarrenindustrie wird besonders darunter zu leiden haben. Namentlich die kleineren Betriebe werden einen sol Konsumrückgang nicht er⸗ tragen können. Auch die Händler werden erheblichen Nachtheil er⸗ leiden, namentlich in kleinen Städten, wo sie ohnehin eine beschränkte Kundschaft haben; es kann sehr leicht geschehen, daß die Tabackhändler in das kaufmännische Proletariat hinabsinken, wenn der Konsumrück⸗ gang ein starker ist. Auf die Tabackverbrauchsstatistik, obwohl sie eine amtliche ist, legt der Schatzsekretär nur geringes Gewicht. In der Begründung hat man die Jahre 1874— 1876 mit den Jahren 1886 — 1890 verglichen; die ersteren haben einen Konsum von 1,60 kg, während die Jahre 1872 und 1873 einen sehr viel größeren Konsum hatten. Wenn man größere Perioden zusammenfaßt, zeigt sich nach 1879 ein Rückgang von 1,8 auf 1,4 kg pro Kopf der Bevölkerung. Von seiten der Regierung ist angedeutet worden, wenn die Vorlage abgelehnt werde, werde man immer wieder darauf drängen und die Industrie beunruhigen, bis endlich eine befriedigende Besteuerung herbeigeführt wird. Wir müssen eine solche Zumuthung entschieden zurückweisen, und ich hoffe, daß die Tabackindustriellen und Arbeiter sich durch solche Drohungen auch nicht einschüchtern lassen werden. Beim Rückgang des Konsums muß man auch daran denken, daß die Kosten der Fabrikation nicht entsprechend zurückgehen. Wenn der Fabrikant auch die Arbeitslöhne spart, so kann er do zum Beispiel feine Maschinen und Gebäude anderweitig nicht verwenden; die Kosten und Lasten dafür muß er in der alten Höhe weiter tragen. Die Kontrol⸗ vorschriften können die großen Fabrikannten vielleicht beachten; sie haben das nöthige Personal für die Buchführung u. s. w. Aber es giebt kleine Fabrikanten, die wegen des geringen Umfangs ihres Be⸗ triebes sich mit einer sehr einfachen Buchführung begnügen und bisher auch begnügen konnten. Ueberhaupt sind alle Kontrol⸗ vorschriften so umständlich und lästig, daß sie mit der modernen Kultur eigentlich nicht recht in Ein lang gebracht werden können. Schließlich wird die Handhabung des Gesetzes dahin führen, daß alle Welt das Monopol erbeisehnt. Wenn an dieser Tabackfabrikatsteuer eine große Anzahl kleiner Exristenzen zu Grunde gegangen sein werden, dann werden schließlich nur solche übrig bleiben, die eegen eine gute Entschädigung gern ihr ganzes Geschäft aufgeben, und schließlich werden auch die Konsumenten damit einverstanden sein daß das Monopol eingeführt wird. Denn, wenn die Konsumenten bei Strafe verpflichtet werden, drei Jahre lang die Fakturen über ihren Ankauf von Taback und Tabackfabrikanten aufzuheben, so werden sie es schließlich lieber sehen, daß sie nachher bloß mit der Monopol⸗ verwaltung zu thun haben. ine gewisse Zustimmung zur Vor⸗ lage finden wir nur bei Tabackpflanzern, aber auch diese sind nicht ganz befriedigt; sie stellen höhere Anforderungen an den Schutzzoll und wollen auch leichtere Kontrolvorschriften haben. Dem gegenüber muß es eigentlich auffallen, daß diese Vorlage von der Regierung mit einer solchen Halsstarrigkeit vertheidigt und dem Reichstage gleichsam wie etwas Naturnothwendiges aufgezwungen wird. Je mehr ein⸗
egriffen wird in eine blühende Industrie, je mehr man sich dem onopol nähert, desto energischer muß der Widerstand gegen solche
Vorlage werden. Wir werden gegen die Vorlage stimmen. Keine
Vorlage ist wie diese geeignet, Unzufriedenheit hervorzurufen.
Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Staats⸗Minister der Finanzen Dr. Freiherr von Riedel:
Meine Herren! Ich habe mir nicht das Wort erbeten, um in das Detail des Entwurfs näher einzutreten; denn von den Einzel⸗ heiten desselben sind wenigstens die wichtigsten Punkte bereits vom Regierungstisch aus erledigt, und im übrigen müssen diese Punkte nothwendig in einer Kommission berathen werden, wo sie unzweifelhaft auch die nothwendige Aufklärung und Auf⸗ hellung finden. Ich bin zunächst veranlaßt, das Wort zu nehmen, weil der Herr Abg. Meister gestern in seiner Rede auch meine Person gestreift hat, indem er einerseits auf die Mitwirkung des Königlich preußischen und bayerischen Finanz⸗Ministers an diesem Entwurf hin⸗ wies und gewissermaßen behauptete, daß wir bei dem Entwurf zum Ge⸗ vatter gestanden sind, und indem er mich andererseits fragte, wie ich mir denn eigentlich einen Ertrag von dem Entwurf denke, wenn die Leute nicht rauchen müßten. Meine Herren, um den finanziellen Erfolg dieses Gesetzentwurfs ist mir garnicht bange, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ich weiß, daß es sehr viele Leute in der Welt sind, die lieber das thun, was sie nicht müssen und sollen, als das, was sie sollen, und weil ich nach meiner Erfahrung die feste Ueberzeugung habe, daß sich ein wesentlicher Konsumrückgang nicht ergiebt, sobald nur die Angelegenheit in normale Bahnen ge⸗ leitet ist.
Meine Herren, es sind zwei Faktoren, die dem Konsumrückgang entgegenarbeiten, und diese sind stärker als alle Prophezeiungen und Berechnungen. Der eine dieser Faktoren ist die Ge⸗ wohnheit des Rauchers und das Bedürfniß zum Rauchen, und d andere dieser Faktoren ist die Findigkeit der Industrie und des
andels.
Sie haben vorhin schon gehört — und ich kann das nur be⸗ stätigen; ich thue ja in der Tabackfrage schon lange mit —: ganz genau dieselben Prophezeinigen wie heute sind von seiten der In⸗ dustrie im Jahre 1879 gemacht worden, und auch damals wurden Re⸗ gierung und Reichstag angeklagt, daß sie darauf ausgehen, die Taback⸗ industrie und Großmachtstellung Bremens total zu ruinieren und die Arbeiter brotlos zu machen. Wenn Sie nun die Ihnen zugekommenen Denkschriften lesen, so werden Sie fast in jeder finden, und zwar an der Spitze, daß die Tabackindustrie heute eine blühende ist. Diese Behauptung ist ganz richtig, man ver⸗ gißt nur, daß das Gesetz von 1879 an den Tabackbauer hinausgegangen ist; der Tabackbau hat Noth gelitten, ist zurück⸗ gegangen (sehr richtig! rechts), Industrie und Handel sind empor⸗ geblüht.
Aus diesem Umstand, meine Herren, entnehme ich den weiteren Beweis für meine Anschauung, daß ein Konsumrückgang nicht zu be⸗ fürchten ist, denn die im Jahre 1879 eingeführte Belastung des Tabacks war viel stärker als heute; damals wurde die Inlandsteuer um das 7 fache, der Zoll um das 3 ½fache erhöht, und doch hat kein Konsumrückgang stattgefunden.
Was nun die Stellung der bayerischen Regierung zu dem Ent⸗ wurf anbetrifft, so erkläre ich frank und frei, daß wir voll⸗ kommen und unbedingt auf dem Boden des Entwurfs stehen, und daß wir denselben im Interesse des Reichs und der Einzelstaaten für absolut nothwendig halten. Ich erkläre auch weiter, daß ich seit mehr als fünfzehn Jahren die Gedanken, die dem Entwurf zu Grunde liegen, vertrete und verfechte.
Der Herr Abg. Meister hat behauptet, wohl nie sei ein Entwurf mit größerer Einmüthigkeit abgelehnt worden als der gegenwärtige. Nun, ich weiß nicht, welche Beweismittel dem Herrn Abgeordneten für seine Behauptungen zu Gebote stehen; (Zuruf) — aber er wird mir vielleicht eine ganz bescheidene Frage erlauben. Weiß er vielleicht auch, wie viele von denen, die über dem Entwurf den Stab gebrochen, den Entwurf wirklich gelesen (Heiterkeit rechts) und sich mit dem Grundgedanken desselben befaßt haben? (Zuruf.) — Sehr viele? Nun, meine Herren, jeder größere entscheidende Schritt — und um einen solchen handelt es sich — begegnet immer dem Widerspruch der Menge, und das ist ganz natürlich. Die Menge — wir gehören ja auch dazu — fühlt vor jeder Neuerung ein Unbehagen und neigt daher dazu, den Gegnern einen größeren Glauben bei⸗ zumessen.
Meine Herren, ich finde es ganz berechtigt, daß der Herr Abg. Meister die Interessen der Tabackarbeiter auf das wärmste ver⸗ treten hat; allein ich muß wiederholen: ich kann nicht zugeben, daß seine Befürchtungen wegen des Konsumrückganges begründet sind, und ich kann auch nicht zugeben, daß dem Entwurfe die Absicht zu Grunde liege, die Kosten der Militärvorlage auf die minder Bemittelten zu überwälzen. Indem ich diese beiden Sätze verneine, komme ich selbst⸗ verständlich zu der Anschauung, daß die Deduktionen des Herrn Abg. Meister der Grundlage entbehren. Wäre das richtig, was der Herr Abgeordnete von der Zukunft der Tabackarbeiter gesagt hat, dann, gebe ich ihm zu, wäre es das Beste, wir würden aus den noch übrig gebliebenen Exemplaren des Entwurfs Fidibusse für den fröhlichen Raucher machen. (Zuruf links.) Dann aber müßten Reichs⸗ tag und Bundesrath auch aussprechen, daß das deutsche Volk für alle und ewige Zeiten verzichtet, den Taback weiter heranzuziehen für eine Steuerleistung. Das wäre die Konsequenz, und ich zweifle, ob das Publikum, welches nach der Meinung des Herrn Abg. Meister den Entwurf so verurtheilt hat, sich auch dieser Konsequenz bewußt war. Meine Herren, die Herren Vertreter der Tabackbranche waren sich der Sache zweifellos bewußt; das ganze Ziel der Agitation geht — mit unverblümten Worten ist das ja ausgesprochen — dahin, daß der Taback überhaupt niemals in den Kreis der Besteuerung mit heran⸗ gezogen werden soll. Aber ich glaube, das ist wohl kaum möglich.
Ich möchte diese Thatsache auch denjenigen Herren, die sich zwar gegen den Entwurf ausgesprochen haben, aber sonst eine Erhöhung der Belastung des Tabacks wünschen, zu Gemüthe führen. Die Herren werden sich ganz sicher den Dank der Tabackbranche nicht erdienen, aber auch nicht den Dank ihrer Wähler, sondern in kürzester Zeit mit den nämlichen Vorwürfen überschüttet werden, wie die ver⸗ bündeten Regierungen wegen ihres Entwurfs. Ja, ich begebe mich noch auf das Gebiet der Prophezeiung und prophezeie den Herren, daß man ihnen alsdann entgegenhält, es wäre doch besser gewesen, wir hätten den Entwurf der Regierung angenommen. (Sehr richtig! rechts.) Ich hoffe, daß es nicht dazu kommt, diese Prophezeiung zu erproben.
Meine Herren, überhaupt war mir die Berufung auf die Wähler seitens einiger Redner schwer verständlich. Der vorliegende Entwurf war ja zur Zeit der Reichstagswahlen noch nicht geboren, und ich muß doch für die Einsicht der Wähler so viel vindizieren, daß sie in ihrer großen Mehrzahl sich bewußt sind, daß die verbündeten Regie⸗ rungen einen Verzicht auf Heranziehung des Tabacks zu den öffent⸗ lichen Lasten garnicht aussprechen konnten und auch nicht ausgesprochen haben. (Oho! links.) Ich glaube auch, daß es einer großen Zahl der Wähler, wenn sie sich mit der Sache befassen, garnicht entgehen kann, daß es unmöglich ist, auf dem Wege der direkten Besteuerung, der Erbschaftssteuer u. s. w. 60 Millionen und mehr herauszubringen, wenn wir nicht einen Raubbau in Bezug auf den Nationalwohlstand treiben wollen, und wenn wir nicht wollen, daß die Einzelstaaten ganz außer stande gesetzt werden, ihre kulturellen Aufgaben zu erfüllen.
Meine Herren, man spricht fortwährend von Luxussteuern. Nun, ich muß doch fragen: steckt denn in dem Entwurf, wie wir ihn vor⸗ gelegt haben, keine Luxussteuer? Es wird gerade der Luxus gefaßt, der am weitesten verbreitet ist. (Sehr richtig!) Es wird der Luxus gefaßt, der zum theil auch am meisten Geld kostet.
Allein, wie man mit diesen Entwürfen umgeht, das wissen Sie ja selbst am besten. Ich kann den Herren versichern, daß wir Finanz⸗Minister und in der Folge auch die verbündeten Regierungen auf das allerernsteste bestrebt waren, Mittel und Wege
aufzusuchen, auf welchen die neuen Lasten, die nun einmal da sind, ihre Deckung finden. Wir haben die Frage der Luxussteuern nach allen Seiten erwogen. Wir waren uns auch dessen bewußt daß die Landwirthschaft nicht mit neuen Lasten bedacht werden konnte. (Sehr gut! rechts.)
Wir waren uns ferner bewußt, daß wir die Lebensmittel nicht in den Kreis unserer Berathungen ziehen“ konnten und durften. Wir sind endlich auf jene Wege ge⸗ kommen, die wir Ihnen vorgeschlagen haben. Ich muß zu meinem Bedauern konstatieren, daß ich in der dreitägigen Debatte keinen an⸗ deren gangbaren Weg gehört habe. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, waren wir hierbei angelangt und mußten wir als einen feststehenden Satz ansehen, daß der Taback eine höhere Belastung ertragen könne — und diesen Satz behaupte ich noch heute, und ihm ist auch im Ernste von gar niemandem wider⸗ sprochen worden —, so war es unsere Aufgabe, das Taback⸗ steuergesetz so zu gestalten, daß es zunächst bestehende Ungerechtigkeiten und Härten beseitigt — infolge dessen sind die Vorschläge in Bezug auf die Tabackinlandsteuer gemacht worden —; und wir waren zweitens genöthigt und mit allem Eifer bestrebt, Ihnen eine Steuerform vor⸗ zuschlagen, welche dem Handel und der Industrie nicht die Lebensader unterbindet.
Meine Herren, die Ansicht, daß der Entwurf zum Monopol führe, oder daß er sogar von den verbündeten Regierungen als eine Etappe zum Monopol geplant sei, ist grundfalsch (Na! nal! links) — ist grundfalsch. Ich habe vor 15 oder 16 Jahren, gerade weil ich der Ueberzeugung war, daß die Tabackfabrikatsteuer das Monopol hintanhalten würde, dieselbe in Vorschlag gebracht, und dieser Ueber⸗ zeugung lebe ich heute noch. Es hat gar keinen Sinn, zum Monopol zu greifen, wenn in der Form der Tabackfabrikatsteuer entsprechende Erträge aus dem Taback gezogen werden; das ist der beste Schutz gegen das Monopol, aber auch der beste Schutz für die freie Ent⸗ wickelung des Tabackhandels und der Industrie und für die Eristenz der Tabackarbeiter. 4
Was bringt nun der Entwurf? Es ist vielleicht sonderbar, wenn ich heute, am dritten Tage der Debatte, nochmals diese Frage auf⸗ werfe; allein ich habe mich überzeugt, daß es doch nichts schadet, wenn ich wenigstens die Marksteine der Prinzipien des Entwurfs nochmals kurz berühre.
Das erste Ziel des Entwurfs war die Beseitigung der Inland steuer. Das ist aber nicht bloß eine agrarische Maßregel, les ist nich bloß die Erfüllung einer an sich berechtigten Forderung, sondern es is auch eine Maßregel, die, wie ich nachher zeigen werde, im Interess der Industrie und der Arbeiter selbst liegt. 8
Wie weit es gelungen ist, den Tabackbau für die Folge so zu schützen, daß der Baum wieder ordentlich leben und prosperieren kann darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber ich bin fest überzeugt, daß wir über diesen Punkt bei näherer Besichtigung der Sache un⸗ schwer eine Einigung herbeiführen werden. Meine Herren, ich möchte die Tabackbauern nur warnen davor, daß sie sich nicht abermals von ihren Konkurrenten umgarnen lassen. (Sehr richtig.) Die Fürsorge, die von industrieller Seite in den Denkschriften für die Tabackbauern entwickelt ist, ist wirklich eine rührende (Heiterkeit); ich hoffe aber, daß die Tabackbauern sich in anderer Richtung rühren werden als auf diese Sirenengesänge hin. (Heiterkeit.)
Nun, meine Herren, was ist das Zweite, das der Gesetzentwurf bringt? Er bringt eine Belästigung der Rohtabackhändler und der Detailhändler. Aber besehen Sie sich doch einmal diese Belästigungen genauer, und ich frage Sie ganz getrost, ob diese Kontrolen, die so gering als möglich sind, wirklich den Tabackhandel in irgend einer Weise unterbinden können?
Nun kommt die kolossale Kontrole für die Fabrikanten, welche „die Tabackfabrikation und die Tabackarbeiter dem sicheren Ruin zuführen“ soll. Ja, meine Herren, wieviel sind denn dieser Kontrolen und worinsbestehen sie? Was verlangen wir von dem Tabackfabrikanten? Wir verlangen nichts als einen ehrlichen Geschäftsbetrieb, den er ja ohnehin schon hat, und wir verlangen weiter nur die Führung von Büchern, die er in der Hauptsache wenigstens, wie mir alle Fabrikanten zugeben wer⸗ den, jetzt schon im Interesse der Ordnung seines Geschäfts führen muß. Jeder Kaufmann muß doch wissen, was er verkauft, und muß wissen, was mit dem Taback, der in der Produktion begriffen ist, ge⸗ schieht. Ich bitte Sie, sehen Sie doch den Entwurf an und sagen Sie mir, welche lebensgefährlichen Kontrolbestimmungen darin ent⸗ halten sind! Meine Herren, diese und viel härtere Kontrolbestim⸗ mungen bestehen ja schon in anderen Erwerbszweigen. Es ist uns ja leid, daß wir zu einem derartigen Mittel greifen müssen; allein die Sache ist gar nichts Exorbitantes; sie besteht in allen Staaten, sie besteht in den verschiedensten Industrien, und, meine Herren, darauf möchte ich Sie besonders aufmerksam machen, leichtere, als die Kontrolbestimmungen, die hier vorgeschlagen werden, werden Sie kaum welche finden. (Zuruf.) — Amerika hat andere Verhältnisse und hat ein anderes System. (Sehr richtig!)
Die Fabrikanten sagen ja selber, daß die Kontrolbestimmungen zu leicht sind. Ihr Hauptargument gegen die Kontrolbestimmungen besteht darin, daß sie befürchten, man werde sie später verschärfen. Ich glaube das nicht. Mit einem geordneten Betrieb kann der Entwurf ganz gut marschieren, und Sie können es auch riskieren, den Entwurf in der Weise anzunehmen. Aber, meine Herren, wenn wir, die Regierungen, in irgend einem Punkte uns geirrt haben sollten, so ist ja der Reichstag und die Kommission auch noch da. Sie werden gewiß ein starres Festhalten an diesen Punkten bei uns nicht finden; das praktisch Richtige wird das Entscheidende sein, und ich zweifle gar nicht, daß in allen diesen Dingen eine Vereinbarung stattfinden wird.
Nun, meine Herren, war der Gegenstand der ernstesten Fürsorge für uns die sogenannte Hausindustrie und die Frage, ob es denn den Fabrikanten möglich ist, auch fernerhin wie bisher Hausarbeiter zu beschäftigen, also Arbeiter, die nicht unmittelbar im Fabrikraum be⸗ schäftigt sind. Ich habe noch vor meiner Abreise von München
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