1894 / 29 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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telegraphisch seine Entschuldigung. Am Schluß der Vorstellung äußerte Seine Majestät gegen den Vertreter des Direktor L'Arronge von neuem Allerhöchstseine Anerkennung über die vortreffliche Darstellung.

Im Deutschen Theater beginnt die am Sonntag stattfindende 8 vafffbrasg des Lustspiels „Der Herxg Senator“ ausnahmsweise erst um 7 ½ Uhr.

Für die Wohlthätigkeits⸗Vorstellung zum Besten der

des verstorbenen Schauspielers Meißner im eutschen Theater am 9. d. M. hat auch die erste Solotänzerin des Königlichen Ballets, Fräulein Dell'Era ihre Mitwirkung zugesagt. Die Künstlerin wird in der Revue „Berlin 1893“ eine Variation und einen Walzer tanzen. Ferner wird in der Schlußhymne der Erk'’sche Gesangverein mitwirken. Der Verkauf aller vorgemerkten Billets ist eröffnet; die Ausgabe erfolgt bis Sonntag Abend und war an denjenigen Stellen, wo die Vorbestellung geschehen ist.

Im Berliner Theater wird Shakespeare's „Timon von Athen“ in der Bearbeitung von Heinrich Bulthaupt vorbereitet. Die rste Aufführung dürfte um die Mitte des Februar zu erwarten sein. Das neuernannte Ehrenmitglied des Mannheimer Hof⸗ und Na⸗

tional⸗Theaters Frau Prasch⸗Grevenberg ist für das Berliner Theater erpflichtet worden und wird bereits im Laufe der nächsten Woche als Nora“ erstmalig auftreten.

Fräulein Marie Reisenhofer ist von ihrem vierwöchigen Urlaub urückgekehrt und wird morgen ihre schauspielerische Thätigkeit als ö Spangenbach in dem Lustspiel „Mauerblümchen“ im Vallner⸗Theater wieder aufnehmen.

Dem „Amerikafahrer“, welcher morgen im Neuen Theater ur ersten Aufführung gelangt, geht als Einleitung Alexandre Dumas'

Lustspiel „Besuch nach der Hochzeit“ voraus. Das Halbe'sche Scherz⸗ spiel beginnt demgemäß um 8 ¼ Uhr. 8 Ein junger Baritonist aus der Schule Rothmühl's, Herr Leo erla, tritt morgen Abend 7 ½ Uhr zum ersten Mal in Berlin (im Saal Bechstein) auf; der Künstler wird eine Arie aus Verdi's Don Carlos“ und Lieder von Schubert, Brahms, Schumann, Levi und R. Franz singen. In der Sing⸗Akademie giebt morgen (8 Uhr) Fräulein Sophie Schröter einen Liederabend, auf dessen Programm Beethoven’sche, Schumann sche nd Brahms'sche Kompositionen sowie Lieder von Hugo Wolf und R. L. Herman stehen. Die Begleitung sämmtlicher Gesänge hat Herr Reinhold L. Herman übernommen. Am Montag gelangt Friedrich Hegar's Oratorium „Manasse“ durch den Stern'schen Gesangverein (Dirigent: Professor F. Gerns⸗

heim) hier zur ersten Aufführung, nachdem das Werk in Basel, Zürich, Leipzig und vielen anderen Städten schon großen Erfolg fsan⸗ hat. Die Solopartien sind der Königlichen Hofopernsängerin

rau Herzog, dem bekannten Baritonisten Herrn Schelper und Herrn Nicolaus Rothmühl anvertraut. Der Billetverkauf findet bei Bote u. Bock statt. Das nächste VIII. Philharmonische Konzert sindet unter General⸗Musikdirektor Ernst Schuch's Leitung am 19. d. M. statt. Solistin des Abends ist die Kammersängerin Frau Lilli Lehmann, welche eine Arie aus „Armide“ und die Schluß⸗ scene aus der „Götterdämmerung“ zum Vortrag bringen wird.

8 Mannigfaltiges. 8

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde, nach dem Bericht der „N. Pr. Z.“, der Etat der Fleischschau für 1894/95 u. s. w. für das von außerhalb eingeführte Fleisch genehmigt, der Etat der Altersversicherungsanstalt der Kaiser Wil⸗ helm⸗ und Augusta⸗Stiftung in Höhe von 76 570 dem Etatsausschusse überwiesen. Weiter beschloß die Versammlung, dem schon erwähnten Magistratsantrag gemäß, daß für den Gemeinde⸗ 16 in Friedrichsfelde ein Kuratorium für das Be⸗ attungswesen, bestehend aus einem Magistratsmitglied und zwei Stadtverordneten, gebildet werde und am 1. April d. J. in Wirk⸗ trete. Von der Festsetzung der Ferien der höheren ehranstalten für 1894 nahm die Stadtverordneten⸗Versammlung Kenntniß. Stadtverordneter Schwalbe hatte dazu eine Reso⸗ lution eingebrach: in Erwägung zu ziehen, ob nicht das Kommunalschul⸗Ferienwesen bei dieser Gelegenheit geregelt werden könnte. Diese Resolution wurde angenommen. Die Vorlage über Erbauung einer Turnhalle und Aula für die Friedrichs⸗Werdersche Ober⸗Realschule, Niederwallstraße 12, wurde genehmigt. Die Kosten⸗

summe beträgt rund 120 000 Letzter Gegenstand der Tages⸗ ordnung war die Vorlage über Vermehrung des ärztlichen Personals bei den städtischen E“ Stadt⸗ verordneter Spinola u. a. beantragten die Ueberweisung der Vorlage an einen Ausschuß von 15 Mitgliedern, was nach längerer Berathung genehmigt wurde. 1

Nachdem zwischen dem Magistrat und der Großen Ber⸗ liner Pferde⸗Eisenbahngesellschaft bezüglich des Projekts einer Linie von der Spandauerstraße durch die Königstraße über die Lange (Kurfürsten⸗) Brücke und den Schloßplatz nach den bereits über diesen und durch die Breitestraße führenden Gleisen Vereinbarungen getroffen sind, hat sich die Pferdebahngesellschaft dem Magistrat gegenüber nun⸗ mehr bereit erklärt: für den Fall der magistratualischen Ertheilung der in der Sitzung der Stadtverordneten⸗Versammlung vom 9. März 1893 beschlossenen neuen Genehmigung nachbezeichneter Pferdebahnlinien auf Grund des Kleinbahngesetzes: 1) einer Pferdebahn, abzweigend von den Gleisen in der Französischenstraße durch die Straße Hinter der katholischen Kirche direkt nach Norden zur Verbindung mit den Gleisen in der Dorotheenstraße; 2) einer Bahn von den Gleisen in der obengedachten Straße durch die verlängerte Charlottenstraße über die Weidendammerbrücke bezw. zunächst über eine auf Kosten der Pferdebahn⸗Gesellschaft oberhalb jener Brücke zu erbauende Interims⸗ brücke, zum Anschluß an die in der Friedrichstraße daselbst vor⸗ handenen Gleise, 3) einer Bahn, abzweigend von der zu 1 aufge⸗ führten Linie bei der Straße „Am Festungsgraben“ über die „Eiserne Brücke“, Friedrichsbrücke, durch die Burgstraße zum Anschluß an die Gleise auf dem Monbijouplatz und dem Hacke'schen Markt und zwar unter den vertragsmäßigen Bedingungen gegen Befreiung von den⸗ jenigen Kosten, welche infolge der Bahnanlagen für Benutzung oder Erwerb von Land oder für Aenderungs⸗ und Anbauten an Brücken nothwendig werden, an die Stadtgemeinde Berlin eine Million Mark zu zahlen, und zwar den Betrag von 500 000 an dem⸗ jenigen Tage, wo die Gesellschaft in die rechtliche und thatsächliche Möglichkeit versetzt ist, die für den Pferdebahnverkehr bestimmte Nothbrücke östlich der jetzigen Weidendammer Brücke zu bauen; den Restbetrag von 500 000 aber an demjenigen Tage, an dem der Pferdebahnverkehr über die Straße „Unter den Linden“ und über die Weidendammer Noth⸗Brücke thatsächlich eröffnet wird.

Die am 1. Februar d. J. fällige zweite Rate der von der Großen Berliner Pferde⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1893 an die Stadtgemeinde Berlin zu zahlende Abgabe von der gesammten Brutto⸗Einnahme aus der Beförderung von Per⸗ sonen und Gütern ist mit 571 041 von der Gesellschaft an die Stadthauptkasse abgeführt worden. Die ganze, an die Stadtgemeinde für 1893 gezahlte Abgabe beziffert sich auf 1 128 808,77

Im städtischen Obdach befanden sich am 1. Januar d. J. 58 Familien mit 158 Personen, darunter 17 Säuglinge. Am 1. Februar war der Bestand 70 Familien mit 242 Personen, darunter 18 Säuglinge. Das Asyl für nächtlich Obdachlose daselbst benutzten im Laufe des Monats Januar 87 276 Personen, und zwar 85 746 Männer, 1530 Frauen. Von diesen Personen wurden 18 dem Krankenhause Friedrichshain, 80 dem Krankenhause Moabit, 34 der Charité überwiesen, 179 (158 Männer, 21 Frauen) der Polizei vorgeführt. Am stärksten war das nächtliche Obdach be⸗ legt an den Tagen: des 23. Januar mit 3015 Personen, des 24. Ja⸗ nuar mit 3021, des 25. Januar mit 3073, des 26. Januar mit 3059, des 27. mit 3138, des 28. mit 3030, des 29. mit 3094, des 30. mit 3033 und des 31. Januar mit 3100 Personen. In den letzten neun Tagen war also das nächtliche Obdach an jedem Tage von mehr als 3000 Personen besucht.

München. Die Pensions⸗Anstalt deutscher Jour⸗ nalisten und Schriftsteller (A. V.) hat soeben einen von dem Vorstande der Anstalt ausgegebenen Bericht veröffentlicht, der einen kurzen Rückblick auf die Geschäftsthätigkeit der Anstalt seit dem Tage ihrer Gründung bietet. Wir entnehmen diesem Berichte folgende An⸗ gaben: Die Zahl der Mitglieder betrug Ende Dezember 1893 431 definitive und mehrere Hundert provisorisch Angemeldete. Ortsver⸗ bände besitzt die Anstalt in Berlin, Wien, München, Dresden, Leipzig, Hamburg, Stuttgart, Darmstadt, Breslau, Brünn, Augs⸗

burg und Heidelberg. Ein „Westösterreichischer Journalisten⸗ und

Schriftsteller⸗ Verband“ mit dem Sitze in Linz, welcher die Aufgabe eines Kartellvereins der Anstalt erfüllen soll, ist in Bildung begriffen. Mit dem „Deutschen Schriftsteller Verband* n Verhandlungen über einen engeren Anschluß angeknüpft worden.

er korporative Beitritt des „Schweizer Preß⸗Verbandes“ ist nun⸗ mehr wahrscheinlich, nachdem das Schweizer Versicherungsamt sich über die Satzungen der Anstalt im günstigsten Sinne ausgesprochen hat. Auch e. er. der Schaffung von außerordentlichen Einnahmen sind günstige Resultate zu verzeichnen. Eine Reihe literarischer Vereinigungen, wie „Leipziger Presse“, „Concordia“ in Wien, „Dres⸗ dener Presse“, „Goethe⸗Verein Zwickau“, „Münchener Journalisten⸗ und Schriftsteller⸗Verein“ und der „Literarische Verein in Regens⸗ burg“ haben sich bereit erklärt, die Anstalt theils durch alljährliche feste Beiträge, theils durch Ueberweisung von prozentualen Antheilen aus den von den Vereinen veranstalteten Festlichkeiten zu unterstützen. Der „Münchener Journalisten⸗ und Schriftsteller⸗Verein“ hat außer⸗ dem der Anstalt einen einmaligen Gründungsbeitrag von 1000 ℳ, die „Concordia“ in Wien einen solchen von 300 gespendet. Ein⸗ zelne sehr namhafte Schenkungen verdankt die Anstalt den Verlegern; so haben Freiherr von Lipperheide 10 000 ℳ, der Verlag der „Flie⸗ genden Blätter“ 3000 ℳ, die Verleger der „Münchener Neuesten Nachrichten“ 2000 als Gründungsbeitrag gespendet. Einige Firmen, wie der Verlag der „Münchener Neuesten Nachrichten“, des „Hamburger Fremdenblatts“ haben außerdem für ihr gesammtes Redaktionspersonal unter Uebernahme der Lasten die Mitgliedschaft der Anstalt erworben. Die Einnahmen der Anstalt an Legaten und Schenkungen be⸗ ziffern sich auf 33 068,98 An Beiträgen der Mitglieder kamen in Anfall: 54 544,07 ℳ, sodaß die Gesammteinnahmen der Anstalt 96 059,03 betragen. Angekauft wurden 57 000 3 ½ % Reichs⸗ Anleihen; bei Banken, Ortsverbänden, für gestundete Nachzahlungen ꝛc. stehen 28 262,87 aus. Besonders sei noch auf einen Beschluß der Vorstandschaft aufmerksam gemacht, wonach die Zusatzprämien das sind gestundete Nachzahlungen und zwar vertheilt in Quoten auf die ganze Dauer der Versicherung auch für die nächste Zeit beibehalten werden. Da alle der Anstalt Beitretenden, wenn sie das 30. Lebens⸗ jahr überschritten haben, Nachzahlung leisten müssen, so bedeutet dieser Zahlungsmodus eine wesentliche Erleichterung. Das Bureau der Anstalt ist gern bereit, Interessenten den Bericht zu übermitteln.

Orlamünde, 29. Januar. Der „Weim. Ztg.“ wird geschrieben: Unser Städtchen kann jetzt auf sein 700 jähriges Bestehen zurück⸗ blicken. Urkundlich wird die Stadt zum ersten Mal in der orlamünde⸗ schen Pfarrurkunde vom Jahre 1194 erwähnt, in der erzählt wird, daß der Bischof Konrad von Mainz nach Orlamünde gekommen sei, um die Marienkirche zu weihen. Am Dienstag fand eine Feier des 700 jährigen Gedenktags statt. Nachdem am Vorabend der Festtag mit den Glocken eingeläutet war, wurde an diesem Morgen vom Balkon des Rathhauses „Nun danket Alle Gott“ geblasen. Die Abends im großen Rathhaussaale veranstaltete Festversammluna er⸗ öffnete Bürgermeister Lommer und verlas nach Begrüßung der Gäste die zahlreich eingelaufenen Glückwunsch⸗Telegramme, darunter ein solches von Seiner Hoheit dem Herzog und dem Prinzen Moritz von Sachsen⸗Altenburg. Nach dem Gesang eines Festliedes hielt Herr Bürger⸗ meister Lommer einen Vortrag über die im Besitz der Stadt befind⸗ lichen Urkunden und Alterthümer welche auf Orlamünde Bezug haben, darunter Handschriften von den größten Heerführern aus dem dreißigjährigen Kriege. Hierauf berichtete Herr Amtsgerichts⸗Rath Beyerlein, der lange Jahre hier Bürgermeister gewesen und vor einiger Zeit zum Ehrenbürger von Orlamünde nannt worden ist, über die neuere Geschichte der Stadt. 8

Straßburg im Elsaß. In Straßburg langte, wie der „Nat.⸗ Ztg.“ gemeldet wird, dieser Tage aus dem Schwarzwalde auf acht⸗ rädrigem Doppelwagen ein ungeheurer Felsblock an, den Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden zur Aufstellung an dem Platze bei Arnsweiler bestimmt hat, von wo aus Kaiser Wilhelm 1. am 18. August 1870 den Verlauf der Schlacht von Gravelotte⸗St. Privat verfolgt hat. Bis zur 25. Wiederkehr des

Jahrestages soll der Block fertig bearbeitet sein und an diesem Tage

eine größere Festlichkeit stattfinden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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ericht vom 2. F 8 U 8.

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Wind. Wetter.

in 90 Celsius

Bar. auf 0Gr. 50 C. = 40R.

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Theater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗

haus. 29. Vorstellung. Cavalleria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mas⸗ cagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von G. Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisser Tetz⸗ burg. Sonnabend: Zum 41. Male: laff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Der ari Barbier von Sevilla. Komische Oper in 2 Auf⸗ Schwank in 3 Akten von Albin Vo. 1 Dichtung nach Vorher: Im Negligé. Plauderei in 1 Akt von Roman (Violine).

zügen von Gioachimo Rossini. Dichtun m Beaumarchais, von Cesar Sterbini, übersetzt von Hans von Reinfels. Anfang 7 ½ Uhr.

Scene gesetzt von Julius Fritzsche.

Sonntag und folgende Tage:

Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der Lieutenant zur See.

atte. (Le Ppremier mari de France.)

Dirigent: Herr Konzerte.

Konzert-Haus. Sonnabend: Karl Meyder⸗ S Hotel Kölnischer Hof, Krausenstr. 48. 1— Hotel⸗Gäste haben freien Eintritt. )

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

i. We Saal Bechstein. Sonnabend, Abends 7 ½

Valabrègue. Konzert von Leo Perla (Bariton) und Ale

Dieselbe Vor⸗ Sing⸗Akademie. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Christiansund Kopenhagen. Stockholm. aranda. St. Petersbg. Moskau ..

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O bedeckt Uebersicht der Witterung.

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Ein tiefes barometrisches Minimum, nordostwärts fortschreitend, liegt nördlich von den Shetlands⸗

inseln, einen Ausläufer

südostwärts nach der west⸗

deutschen Küste entsendend; am höchsten ist der Luft⸗ druck über Südwest⸗Europa. Ueber Zentral⸗Europa

wehen im Westen ziem

lich starke südwestliche und

westliche, im Osten schwache, meist südwestliche Winde. Das Wetter ist in Deutschland mild, trübe und zu Niederschlägen geneigt; fast überall ist Regen oder Schnee gefallen. Ganz West⸗Europa bis zur russi⸗ schen Grenze ist frostfrei, in Nordwest⸗Deutschland liegt die Temperatur bis zu 7 ½ Grad über Null.

Fortdauer der milden W scheinlich.

itterung ist demnächst wa hr⸗

Deutsche Seewarte.

Ignatz Kollmann. Dirigent: Kapellmeister Wein⸗ gartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielbaus. 34. Vorstellung. Zum ersten Mal: Die Minnekönigin. Komödie in 1 Aufzug von Hans von Gumppenberg. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Zum ersten Mal: Verbotene Früchte. Lustspiel in 3 Aufzügen, nach einem Zwischenspiel des Cervantes, von Emil Gött. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 30. Vorstellung. Tann⸗ hänser und der Sängerkrieg auf Wartburg. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 35. Vorstellung. Die Minne⸗ königin. Komödie in 1 Aufzug von Hans von Gumppenberg. Verbotene Früchte. Lustspiel in 3 Aufzügen, nach einem Zwischenspiel des Cer⸗ vantes, von Emil Gött. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Der Herr Senator.

Sonntag: Der Herr Senator

Montag: Romeo und Julia

Berliner Theater. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Das Recht auf Glück.

Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Hamlet. (Ludwig Barnay.) 1

Abends 7 ½ Uhr: Aus eignem Recht.

Montag: Kean.

Lessing⸗Theater. Sonnabend u. folg. Tage: Madame Saus⸗Geéene. (Zweites Parquet 3 ℳ)

Wallner⸗-Theater. Sonnabend: Mauer⸗

blümchen. Sonntag: Mauerblümchen.

Friedrich-Wilhelmstüdtisches Theater. Chausseestraße 25.

Sonnabend: Der Lieutenant zur See. Operette

in 3 Akten (nach einer älteren Idee) von E. Schlack

stellung. 1u1“]

Neues Theater. Schiffbauerdamm 3—5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Zum 1. Male. Der Amerika⸗ fahrer. Scherzspiel in 3 Akten von Max Halbe. Vorher: Besuch nach der Hochzeit (Une visite de noce). Lustspiel in 1 Akt v. A. Dumas. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Sonntag, Montag, Dienstag: Dieselbe Vorstellung. Mittwoch: Gisela.

Viktoria-Thegter. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonnabend: Mit vollständig neuer Ausstattung. Die Kinder des Kapitän Grant. Ausstattungsstück mit großem Ballet. Anfang 7 ½ Uhr. 8.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise: Lumpaci vagabundus, oder: Das lieder⸗

liche Kleeblatt. Zauberposse mit Gesang und

Theater Unter den Linden. Sonnabend: Der Obersteiger. Operette in 3 Akten von M. Fe und L. Held. Musik von C. Zeller. Anfang

r.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend, 7 ½ Uhr. Charley’s Taute. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die VBaijazi. Vorodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene gesetzt von Adolph Ernst.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Zum 7. Male. Herr Counlisset. Schwank in 3 Akten von E. Blum und R. Toché. Hierauf: Zum 42. Male. Berlin 1893. Revue in 2 Abtheilungen von L. Leipziger. Anfang der Vorstellung 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Lieder⸗Abend von Sophie Schröter aus Bonn. Zirkus Renz (Karlstraße). Sonnabend, Abends

7 ¼ Uhr: 8 Ein Künstlerfest. Vollständig neue Ausstattung. Neue Einlagen. U. a. Signorina Varotti, die kleinste Solotänzerin der Welt. Außerdem: 4 arab. Schimmelbengste als Fahnenpferde, vorgef. vom Direktor Fr. Renz; Hurdle-Race von 20 Pferden; die hohe Schule, ger. von Frl. Oceana Renz; Unerreicht! Mm. Ella in ihren Dauersprüngen durch 40 Ballons; zum 1. Male: Frl. Agnes, Jongleurin zu Pferde; die Trapezkünstlerinneu Geschw. Hoffmann; Pas de deux, geritten von Miß Rose und Mr. Franconi 8 Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr (1 Kind unter 10 Jahren frei), Parade⸗Festaufzug und Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest.

Mshh erxun NAa IsI rvüRlmsäImmnum Faͤmilien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Hanny Heitmann mit Hrn. Haupt⸗ mann a. D. Paul Oettinger (Bremerhaven Berlin). Frl. Dora von Nickisch⸗Rosenegk mit Hrn. Forstassessor Simon (Marienwerder, Westpr.).

Verehelicht: Hr. Dr. jur. Emil Frhr. von Oppen⸗ heim mit Maria Freiin Pergler von Perglas (Köln).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister a. D. Müller (Berlin). Hrn. Regierungs⸗Rath Rüdiger von Haugwitz (Breslau). Eine Tochter: Hrn. Prem. Lieut. Fritz von Studnip (Berlin). Hrn. Hauptmann Hesse (Graudenzz).

Gestorben: Hr. Professor Dr. Albert Neumann (Breslau). Fr. Pastor Konstanze Alers, geb. Schneider (Neurode).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Anstalt Berlin SW. Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen

und L. Herrmann. Musik von Louis Roth. In

““

(einschließlich Börsen⸗Beilage) 3

8

Berlin, Freitag, den 2. Februar

S

Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1894.

Deutscher Reichstag 40. Sitzung vom Donnerstag, 1. Februar, 1 Uhr.

Zur dritten Berathung steht die Novelle zum Unter⸗ stützungswohnsitzgesetz.

Aus der Verhandlung, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden ist, tragen wir zunächst die gestern kurz erwähnte Rede des Staatssekretärs Dr. von Boetticher zur Beantwortung der Ausführungen des Abg. Winterer im Wortlaut nach:

Meine Herren! Ich begreife ia sehr wohl, daß der Herr Vorredner das Bedürfniß empfunden hat, die Schmerzen, die er angesichts der bereits angenommenen Resolutionen empfindet, heute zum Ausdruck zu bringen, nachdem er bei der zweiten Berathung im Hause nicht hat zugegen sein können. Aber ich glaube, der Herr Vorredner hat keine Veranlassung, sich in der kräftigen und energischen Weise gegen die Einführung des Unterstützungswohnsitzgesetzes in Elsaß⸗Lothringen zu wahren, wie er das gethan hat. Denn es handelt sich zunächst ja nur um eine Resolution, d. h. um einen Wunsch, den der Reichstag dahin zu äußern sich verpflichtet gefühlt hat, daß die Materie, um die es sich hier handelt, gesetzgeberisch in Angriff genommen werden möge; es soll ja zunächst nur geprüft werden, ob ein thatsächliches Bedürf⸗ niß für die Einführung des Unterstützungswohnsitzgesetzes in den Reichslanden vorhanden ist und wie diesem eventuell festzustellenden Bedürfniß etwa Rechnung zu tragen sein möchte.

Ich bin nun weit entfernt davon, die Diskussion, die, wie gesagt, um deswillen überflüssig zu sein scheint, weil die Resolution bereits in der zweiten Lesung endgültig angenommen ist, von neuem an⸗ zuregen. Im Gegentheil, ich habe den Wunsch, daß man heute mit dieser Frage sich nicht beschäftigen möge, weil ein Bedüfniß dazu in keiner Weise vorliegt, und weil damit, daß der Reichstag diese Resolution beschlossen hat, ja noch nicht gesagt ist, daß nun wirklich in kurzer Frist unser Unterstützungswohnsitzgesetz in Elsaß⸗Lothringen⸗ eingeführt werden wird.

Ich möchte mir aber doch eine Bemerkung zur Rechtfertigung des Standpunkts, auf den sich der Reichstag gestellt hat, gestatten, nämlich folgende: An sich, glaube ich, wird der Wunsch, daß man auf diesem Gebiet, bei dem sämmtliche Bundesstaaten betheiligt sind, zu einem einheitlichen Rechtszustand im ganzen Gebiet des Deutschen Reichs kommen möge, als ein unberechtigter nicht zu erachten sein. (Sehr richtig!) Je mehr der Herr Vorredner anzu⸗ erkennen geneigt ist, daß die Verhältnisse in Elsaß⸗Lothringen anders liegen als im übrigen Reich, umsomehr wird er auch, wenigstens wenn er objektiv zu urtheilen bereit ist und das nehme ich bei ihm an —, zugeben müssen, daß es nur der Billigkeit entsprechen würde, wenn nun auch in Elsaß⸗Lothringen ein Rechtszustand hergestellt wird, der übereinstimmt mit der Gesetzgebung im übrigen Reich, damit endlich in den Reichslanden die hilfsbedürftigen Personen aus den Bundesstaaten dieselbe Unterstützung und dieselbe Fürsorge finden, wie die hilfsbedürftigen Elsaß⸗Lothringer in den Bundesstaaten. Ich gehe, wie gesagt, auf die Einzelausführungen des Herrn Vrrredners nicht ein, weil ich fürchten müßte, dadurch von neuem eine Diskussion hervorzurufen. Alles was pro et contra spricht, wird man dem⸗ nächst erörtern können, wenn die Regierungen mit einem Vorschlage wegen Einführung des Unterstützungswohnsitzgesetzes in Elsaß⸗ Lothringen hervortreten sollten. Bis dahin also bitte ich ihn, sich zu gedulden; dann wird es mich freuen, wenn er in der gleichen Ausführlichkeit wie heute seine Gründe geltend machen wird. Ob er damit Erfolg haben wird, das lasse ich allerdings dahingestellt; jedenfalls kann ich das nicht wünschen.

Im weiteren Verlauf der Debatte erhält nach dem Abg. Gamp das Wort der 1 3

Abg. Brühne (Soz.). Er macht gegen den Abg. Winterer geltend, daß die freiwillige Armenpflege, wie sie in Wohlthätigkeitsvereinen und dergleichen sich konzentriert, heute nirgends mehr ausreicht, wie auch das Beispiel der Stadt Frankfurt beweise; es müsse in den meisten Fällen doch die öffentliche Armenpflege eintreten. Die Sozialdemokraten hätten deshalb auch in der Kommission für die Resolution gestimmt, und es sei nur eine Frage der Zeit, daß das Gesetz auch auf Bayern ausgedehnt werden müsse, möge man sich jetzt noch so sehr dagegen sperren. 8

Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.) nimmt Gelegenheit, sich gegen eine Aeußerung zu wenden, welche der sozialdemokratische Abg. Dietz bei der Weinsteuerdebatte in einer für den Redner be⸗ leidigenden Weise gethan hat. Der Abg. Dietz habe seine Aeußerung dahin entstellt, als ob er gesagt habe, die Landarbeiter zögen deshalb vom Lande in die Städte, um dort ein lockeres Leben zu führen, und er habe das eine Beschimpfung der ländlichen Bevölkerung genannt. Redner verwahrt sich gegen diese beleidigenden Angriffe. Es sei wunderbar, wie sich die Sozialdemokraten hier zu Ehrenrettern der Bauern machten, während sie in ihrem Organ den Bauern als ein unsauberes, egoistisches, verthiertes, unbelehrbares Individuum dar⸗ stellten. Redner führt dafür Beläge aus dem „Sozialdemokratischen Zentralblatt“, der „Schwäbischen Tagwacht“ an.

Abg. Bueb (Soz.): Da die Debatte über die Resolution bereits geschlossen ist, kommen wir auf die elsaß⸗lothringischen Verhältnisse besser zurück, wenn die betreffende Vorlage bei uns eingelaufen sein wird. Ich bin nicht gegen die freiwillige Armenpflege, aber diese ist heute ungenügend, und neben dieser muß die Reichsgesetz⸗ gebung über die öffentliche Armenpflege, wie sie außer in Bayern Facisese Recht ist, eingeführt werden. Wie ungenügend diese frei⸗ veentgs Armenpflege ist, geht auf das überzeugendste aus der be⸗ mefenden Broschüre des Kreisdirektors Sittel hervor. Gewiß soll as Land selbst über diese Gesetzgebung befragen; aber wo soll weschehen⸗ Im Landesausschuß geht es nicht; denn nicht nur paßt ver zaßische sohneen deiemehe 518 das dig PegsecFe getsee.

ru es Fürsten Bismarck von dem elendesten, wider⸗ sinnigsten aller Wa lgesetze.

Abg. Schröder (rs. B te Kommiss 1 81 frs. Vg.) verwahrt die Kommission gegen die 9 Ausführungen des 1 Winterer liegende Unterstellung, als politische deien sion bei der dschlußfassung über die Resolution von doch ein al. Lendenzen ausgegangen sei. as Deutsche Reich habe Reichsbu gleiches deutsches⸗ eichsbürgerrecht und müsse dem deutschen Armenpflege vcarcdbefal. gleiche Fürsorge auch auf dem Gebiete der rle 1 ü 8 18 Jahtenl deie Bedlif ben Zur Zeit genüge die Altersgrenze von

Damit schließt die Generaldiskussion. In der Spezial⸗ debatte wird Artikel 1, der die Abänderungen der bestehenden Vorschriften des Gesetzes enthält, nach den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt.

Nach Art. 2 soll den Strafbestimmungen des § 361 des Str.⸗G.⸗B. unterworfen werden,

„„a, wer, obschon er in der Lage ist, diejenigen, zu deren Er⸗

nährung er verpflichtet ist, zu unterhälten, sich der Unterhaltungs⸗

pflicht trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde derart ent⸗ zieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß.“ Die Abgg. Gröber und Spahn beantragen folgende Fassung:

„wer, obschon er im stande ist, Eltern, Kinder und Ehegatten zu unterhalten, sich der Unterhaltungspflicht gegen diese Personen trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde derart vorsätzlich entzieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in An⸗ spruch genommen werden muß.“

Abg. Spahn (Zentr.) empfiehlt diese Fassung, welche die Absicht des Gesetzes klarer hinstellt und den Begriff der Unterhalts⸗

pflicht anders begrenzt, namentlich aber die Ausdehnung der Straf⸗ vorschrift auf die Pflicht zur Unterhaltung der Geschwister aus⸗ schließt. Die letztere Frage sei streitig, und man müsse sich hüten, in solchem Falle mit derartigen Strafandrohungen einzugreifen. Haupt⸗ sächlich aber komme es darauf an, daß derjenige getroffen werde, der in frivoler Weise der ihm obliegenden Unterhaltspflicht sich entzieht, deshalb sei die Aufnahme des Worts „vorsätzlich“ unerläßlich.

„Von den Abgg. Molkenbuhr und Genossen (Soz.) wird beantragt, die Strafvorschrift in dem § 361 als Nr. 9a hinter Nr. 9 einzuschalten, wodurch die Verhängung von Korrektions⸗ haft bis zu zwei Jahren wegen des zu treffenden Delikts aus⸗ geschlossen sein würde, es vielmehr bei dem Maximum von sechs Wochen Haft verbleiben würde.

Abg. Molkenbuhr (Soz.) vertritt den vorbezeichneten An⸗ trag. Die Fassung der Vorlage sei so unbestimmt, daß unter Um⸗ ständen ein ganz. geringes Verschulden mit Korrektionshaus, mit Ueberweisung an die Landes⸗Polizeibehörde getroffen werden könne. Auch im Falle der Annahme des Antrages Spahn würde das freie Ermessen des Richters noch zu großen Spielraum haben. Das Korrektionshaus gehöre nicht zu den Anstalten, welche danach an⸗ gethan seien, die Menschen zu bessern. Es würden im Reich etwa 20 000 Personen unter diese neue Bestimmung fallen; würde auch nur der dritte Theil davon den Korrektionshäusern überwiesen, so er⸗ hielten diese wohl brauchbare Arbeiter, aber wo blieben dann die Interessen des Handwerks, das schon jetzt über die Konkurr enz der Straf⸗ anstalten und Korrektionshäuser klagt?

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Ungeachtet der eingehenden Begründung des Antrags der Herren Abgg. Gröber und Spahn durch den letztgenannten Herrn Antrag⸗ steller kann ich mich für diesen Antrag doch nicht erwärmen. Ich glaube zwar, die Herren Antragsteller haben an sich einen theoretisch ganz berechtigten Wunsch, wenn sie bei dieser Gelegenheit für ein be⸗ schränktes Gebiet den Umfang der Alimentationspflicht für das ganze Reich feststellen wollen. Aber ich bin der Meinung, es kann nicht Aufgabe der Gesetzgebung sein, bei dieser Gelegenheit eine solche Begrenzung vorzunehmen. Der Rechtszustand in Deutsch⸗ land in Bezug auf die Alimentationspflicht ist ein sehr ver⸗ schiedenartiger. Wir haben bereits aus den Ausführungen des Herrn Antragstellers gehört, daß beispielsweise über die Alimentationspflicht der Großeltern, der Geschwister die gesetzlichen Vorschriften sehr ver⸗ schiedenartige sind in den verschiedenen deutschen Ländern; und ich sollte meinen, daß, wenn man dazu übergehen will, diese Verschieden⸗ heiten zu beseitigen, der geeignete Platz das Bürgerliche Gesetzbuch sein wird, welches sich auch mit dieser Materie wird befassen müssen. Hier bei der Ihnen vorgeschlagenen Ergänzung des § 361 des Straf⸗ gesetzbuchs handelt es sich meines Erachtens bloß darum, eine Lücke auszufüllen, welche in den zur Zeit geltenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs sich fühlbar gemacht hat. Schon aus diesem Grunde sollte der Gesetzgeber meines Erachtens Anstand nehmen, hier in § 361 Nr. 5a eine Bestimmung zu treffen, welche sich an die in der Nr. 5 getroffene Vorschrift nicht recht anschließt. Der § 361 Nr. 5 schreibt vor, daß diejenigen bestraft werden sollen, welche sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hingeben, daß sie außer stande sind, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der⸗ jenigen, zu deren Ernährung sie verpflichtet sind, zu sorgen. Aus der Begründung der Vorlage und aus meinen früheren Bemerkungen ergiebt sich, daß von dieser Vorschrift nicht getroffen werden diejenigen, welche sich zwar nicht dem Trunk, dem Müßiggang und Spiel hin⸗ geben, welche zwar für ihren eigenen Unterhalt sorgen und zu diesem Zweck arbeiten, welche aber frivoler Weise die Erfüllung der ihnen obliegenden Alimentationspflicht unterlassen. Diese Personen sollen nunmehr auch dem Strafrichter verfallen. Wenn der Gesetzgeber jetzt eine entsprechende Bestimmung treffen will, so wird er wohlthun und ich glaube, daß dieser Standpunkt viel für sich hat —, sich an das geltende Gesetz anzuschließen, und es erscheint mir nicht gerathen, wenn er von der bestehenden Vorschrift abweicht, ohne daß ein Bedürfniß hierzu vorliegt. Wie gesagt, wir wollen diejenigen treffen, welche es frivoler Weise unterlassen, den Unterhalt denjenigen zu gewähren, zu deren Unterhalt sie verpflichtet sind. Wenn wir nun die projektierte Nummer 5a anders fassen als die Nummer 5, an die sie sich begriffs⸗ gemäß anschließen soll, so wird dadurch eine Verschiedenheit des Rechtszustandes herbeigeführt, die für die praktische Anwendung dieses Paragraphen nicht unbedenklich ist. Also, die Sache würde beispielsweise so zu stehen kommen: Wenn jemand sich dem Spiel oder Müßiggang in einer Weise hingiebt, daß er nicht im stande ist, für seinen Großvater zu sorgen, dann wird er bestraft; wenn er aber, obwohl er verpflichtet ist, für seinen Großvater zu sorgen, frivolerweise nicht für ihn sorgt, wird er nicht bestraft und geht frei aus. Für diese differentielle Behandlung fehlt es mir an jeder ratio, und ich möchte glauben, daß man sich bei der Beschluß⸗ fassung über den von Ihrer Kommission Ihnen vorgeschlagenen Satz lediglich daran halten muß: was gebietet die Konsequenz des bereits bestehenden Gesetzes?

Ich kann übrigens auch noch anführen, daß bei Be⸗ rathung der Vorlage im Blundesrath insbesondere von seiten der süddeutschen Regierungen ein großer Werth darauf

gelegt wurde, daß man nicht durch diese Vorschrift gewisser⸗ maßen einen Keil hineintreibe in die dort geltende Gesetzgebung. Mir scheint dieser Wunsch ganz berechtigt zu sein; es besteht nicht die mindeste Veranlassung, so lange wir nicht in einem Gesetzbuch für das ganze Deutsche Reich diese Materie übereinstimkchend geregelt haben, bei dieser Gelegenheit die Partikulargesetzgebung zu erschüttern.

Weiter halte ich für die Feststellung des Wortlauts des Ihnen

vorgeschlagenen Paragraphen die Einfügung des Wortes „vorsätzlich“, welche Ihnen von seiten der Herren vorgeschlagen, wird, nicht für nothwendig. Ich bin der Meinung, daß, wenn es in Nr. 5 a des Kommissionsvorschlags heißt: „Wer sich derart entzieht, daß durch die Vermittelung der Behörden fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß“ daß in dieser Wortfassung schon das Bedürfniß der Feststellung des Vorsatzes enthalten ist. Wollen Sie aber gleichwohl dieses Wort der Deutlichkeit halber hineinschreiben, so wird dem nichts entgegen⸗ stehen; nur möchte ich Sie wiederholt bitten, von dem materiellen Inhalt des Antrags, d. h. also von einer Aufzählung der Alimentations⸗ pflichtigen, abzusehen. . Was den Antrag des Herrn Abg. Molkenbuhr anlangt, so bin ich der Meinung, daß auch dieser Antrag sich nicht zur Annahme empfiehlt. Der Herr Abgeordnete hat uns zwar gesagt, daß eine Menge ganz unschuldiger Leute durch diesen Para⸗ graphen, wie ihn die Kommission vorschlägt, getroffen werden könnten „allein ich halte diese Eventualität doch für keine sehr naheliegende. Es wird sich in jedem einzelnen Falle immer um die von dem Richter vorzunehmende Prüfung handeln. Stets wird festgestellt werden müssen, ob derjenige, der die Unterhaltungs⸗ pflicht verletzt hat, auch in der Lage war, für sdiejenigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, zu sorgen, und ich bemerke in dieser Beziehung in Parenthese, daß ich keinen wesentlichen Unter⸗ schied in der Wortfassung der Kommission und in der Wortfassung des Antrags des Herrn Abg. Gröber bezüglich des „sich in der Lage befinden“ oder „im stande sein“ erkennen kann. Wenn der Richter dann diese Prüfung vorgenommen hat, so wird er andererseits weiter zu prüfen haben: Liegt hier der Fall so, daß nach der Absicht des Gesetzgebers eine strafbare Unterlassung anzunehmen ist? Es wird also nicht bloß einfach darauf ankommen, daß der Richter feststellt: Hier ist von seiten eines Alimentationspflichtigen eine Unterlassung gegenüber den Alimentationsberechtigten begangen; sondern es wird eben weiter zu prüfen sän: Ist der Alimentationspflichtige in der Lage gewesen, sorgen zu können, und haßz er seine Pflicht vorsätzlich verletzt? Und wenn nun diese beiden Kriterien, die das Strafgesetz erfordert, nach⸗ gewiesen sind, dann sehe ich in der That nicht ein, weshalb man hier in diesem Falle einen Unterschied machen will gegenüber dem Fall der Nr. 5 des § 361 des Strafgesetzbuchs. Ich bin der Ansicht, daß die frivole Unterlassung einer Unterhaltspflicht moralisch ebenso verwerflich ist, wie die Handlung desjenigen, der sich durch Müßig⸗ gang u. s. w. außer stander setzt, die Unterhaltspflicht zu erfüllen. Ich sehe also auch nicht ein, warum man jenen Mann besser be⸗ handeln soll.

Wenn der Herr Abg. Molkenbuhr uns vorgestellt hat, daß, wenn in Berlin in einem Jahre 600 solcher Fälle gezählt worden sind, in denen man den Mangel einer strafgesetzlichen Bestimmung empfunden hat, dann im ganzen Deutschen Reich etwa 20 000 solcher Fälle ein⸗ treten würden, und daß dadurch die Arbeitshäuser überfüllt werden würden, so theile ich auch diese von ihm so drastisch dargestellte Be⸗ sorgniß nicht. Erstens einmal wird man nicht jeden einzelnen Fall, in dem so etwas vorkommt, zur strafrechtlichen Kognition ziehen können. Die Fälle werden bei der Armenverwaltung mehr empfunden werden als wie auf dem Gebiete der Strafrechtspflege. Sodann aber würde ich glauben, daß, wenn der Gesetzgeber dazu übergeht, eine solche Strafvorschrift zu erlassen, schon die Existenz dieser Strafvorschrift eine erziehliche Wirkung auf die betheiligten Kreise der Bevölkerung aus⸗ üben wird. Wohl mancher wird sich sagen: „Wenn du deine Pflicht gegen den Alimentationsberechtigten nicht erfüllst, dann kommst du mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt und setzest dich einer Strafe aus.“

Also, meine Herren, ich kann nach keiner Richtung hin erkennen, daß der Vorschlag Ihrer Kommission einer Korrektur bedürfte, und bitte Sie deshalb, nach dem Antrage der Kommission Ihren Beschluß zu fassen.

Abg. Dr. Pieschel (nl.) spricht sich gegen den Antrag Spahn aus und empfiehlt im Anschluß an die Argumente des Staatssekretärs das Festhalten an dem Wortlaut zweiter Lesung, adoptiert aber den Vorschlag Molkenbuhr insoweit, als er neben der Haftstrafe auch di Geldstrafe zuläßt. Die Korrektionshaft dürfe man nicht abschaffen sie sei für alte Vagabonden ganz unentbehrlich.

Abg. v. Salisch (dkons.): Wir halten das Gesetz für außer ordentlich wichtig und freuen uns über sein Zustankekommen. Wir hätten auch manches anders gewünscht, stellen aber unsere weit gehenden Forderungen einstweilen zurück. Sehr wesentlich im Rahmen der Vorlage erscheint uns die vorgeschlagene Strafbestimmung, an der wir, soweit es an uns liegt, nichts abschwächen lassen werden. Es soll doch durch das Gesetz die Unterhaltspflicht den Pflichtigen eingeschärft werden; dazu ist eine strenge Strafvorschrift ein noth-⸗ wendiges Korrelat. Wenn Sie die Korrektionshaft nicht wollen, müssen Sie uns etwas Anderes an deren Stelle vorschlagen. Das Wort „vorsätzlich“ halten wir für überflüssig. Auch der Kreis der Alimentationsverpflichteten darf nicht verengert werden.

Abg. Schröder (frs. Vg.) stellt die Entscheidung darüber, ob die Korrektionshaft auszuschließen sei, dem Hause anheim, da sich in der That darüber reden lasse, ob auch diese Strafart für die hier zu treffenden Delikte geeignet sei oder nicht. Die Substitution einer Geldbuße sei aber doch weiter nichts als eine Ironie; eine solche Aende⸗ rung würde den Zwecken des Gesetzes nicht förderlich sein. 3 „Abg. Beckh (frs. Volksp.): Es handelt sich um eine moralische flicht, deren Nichterfüllung hier gebrandmarkt wird, die aber einen nlaß zu strafgesetzlichen Neuerungen nicht abgeben kann. Anlaß zu der beantragten Aenderung hat hauptsächlich eine Petition des Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit gegeben, die aber auf die Erweiterung der Vollmachten der Verwaltungsorgane zum Erlaß von Ordnungsstrafen und dergl. hinausging. Dieses Verlangen wird nicht erfüllt; es wird aber eine neue Strafbestim⸗ mung vorgeschlagen, ohne daß dabei die bestehenden Verwaltungs⸗ befugnisse aufgehoben würden. Man trifft also die Schuldigen dop⸗ pelt, ohne den beklagten Uebelstand aus der Welt zu schaffen. Die