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uns
Renitenten unter iihnen werden nicht gebessert, viele andere aber vench diese Strafbestimmungen nicht säkene werden. Man soll do
auch daran denken, daß die ausführenden Behörden vielfach selbst von dem Inhalt der Gesetze nicht genügend unterrichtet sind; oft wird der Land⸗Bürgermeister einfach die Verpflichtung dieses oder jenes Mannes zur Alimentation dekretieren und damit unter Umständen das größte Unrecht begehen. Es wird auf diese Weise eine Lücke in der Gesetzgebung gar nicht ausgefüllt. Wir werden am besten thun, diese Erweiterung des § 361 heute nicht anzunehmen; auch die schlechte 5 des Hauses mahnt davon ab. Der eea Gröber könnte irekt in Widerspruch mit der Zivilgesetzgebung bringen. 1
Abg. Spahn (Zentr.): Leute, die arbeitsam sind, die arbeiten wollen, gehören nicht ins Korrektionshaus, die dürfen auch dieser Strafbestimmung nicht unterliegen. .15 die Nothwendigkeit der ganzen Strafbestimmung ist gar kein Material vorgebracht worden. Ueber die Verpflichtung zur Alimentation der Kinder, Eltern und Ehegatten hinauszugehen, liegt nicht der mindeste Anlaß vor. Der Gesetzentwurf greift über das Nothwendige so weit hinaus, daß wir
gegen den Artikel 2 und, wenn er angenommen wird, gegen das
anze Gesetz stimmen müssen.
3 Abg. Auer (Soz.): Es handelt sich hier, ob beabsichtigt oder nicht, nach unserem Gefühl um eine neue Art von Ausnahmegesetz. Wir erkennen die Pflicht des Mannes, für seine Familie zu sorgen, an, mit der vLetürlichen Einschränkung: soweit der Mann in der Lage ist, diese Verpflichtung zu erfüllen. Der Zweck ist aber auch ohne das grausame Mittel der Korrektionshaft zu erreichen. Eine veer⸗ ziehliche Wirkung wird diese Bestimmung doch nicht ausüben. Wer erst einmal im Korrektionshause war, bessert sich schwerlich, sondern läuft eher Gefahr, in seinem Charakter noch schlechter zu werden. Das Korrektionshaus sammelt die Auswürflinge der Gesellschaft, die keine moralische Kraft zur Besserung mehr haben. Das Ermessen des Richters schützt Diejenigen nicht, welche im übrigen ohne wirkliches Verschulden in die Lage kommen, ihre Angehörigen nicht alimentieren zu können; wir haben jedenfalls dieses Vertrauen in die Richter nicht; sie sind auch Menschen und geneigt, zu schablonisieren. Wir empfehlen Ihnen unsere Anträge, wie wir eventuell den Antrag Spahn annehmen werden.
Abg. Casselmann (fr. Volksp.) tritt, entgegen der Stellung⸗ nahme sene⸗ Parteigenossen Beckh, für die Annahme des Art. 2 ein. Das soziale Uebel, welchem hier gesteuert werden solle, mache sich allerdings in gewissen Theilen des Reichs immer breiter; es könne ohne schärfere Bestimmungen auch strafrechtlicher Natur nicht ab⸗ gehen. Bis zum Zustandekommen des Zivilgesetzbuchs könne man unmöglich warten.
Damit schließt die Diskussion. Bei der Abstimmung über Art. 2 bleibt das Resultat zweifelhaft, und die Auszählung ergiebt die Beschlußunfähigkeit des Hauses. Es sind statt der Minimalzahl von 199 nur 154 Mit⸗ glieder anwesend, von welchen 84 für, 70 gegen die Fassung stimmen.
Die Sitzung muß abgebrochen werden.
Schluß 4 ¾ Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr.
Zweite Lesung des Etats und Fortsetzung der eben unter⸗
chene Berathung.) “ 8
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
9. Sitzung vom 1. Februar 1894.
In der Fortsetzung der zweiten Berathung des Staats⸗ aushalts⸗Etats für 1894/95 (s. den Anfangsbericht in er Donnerstags⸗Nummer des Blatts) empfiehlt bei dem
tel „General⸗Kommissionen“
Abg. Dr. Lotichius (nl.) eine Abkürzung des Konsolidations⸗ erfahrens im Regierungsbezirk Wiesbaden.
Geheimer Regierungs⸗Rath Sachs sagt die Erwägung der An⸗
gelegenheit zu.
Abg. Frentz (kons.) hält es für zweckmäßig, daß die General⸗ Kommissionen bei Rentengutsbildungen darauf sähen, daß die anzu⸗ ve. Rentengutsbesitzer nicht von vornherein zu hoch belastet oürden.
Eine Petition von Spezialkommissions⸗Sekre⸗ ären wegen Aufbesserung ihrer Gehälter wird durch Ueber⸗ ang zur Tagesordnung erledigt, nachdem die Abgg. Paasche nl.) und Mies (Zentr.) für diese Beamten eingetreten waren.
Bei den Ausgaben zur Errichtung und Unterhaltung von landwirthschaftlichen Mittelschulen empfiehlt
Abg. Barthold (fr. kons.), die Lehrer an diesen Schulen den Lehrern an höheren Lehranstalten gleichzustellen; die bisher dafür bereit⸗ Mittel seien nicht ausreichend, um an diesen “ den Normal⸗Etat zu erfüllen. Man rechne darauf, daß die landwirth⸗ schaftlichen Zentralvereine, die Provinzen ꝛc. sich betheiligen würden. Es würde für die Landwirthschaft eine Beruhigung sein, wenn die “ erklären wollte, daß sie schließlich für die Schulen eintreten wolle, wenn die anderen Korporationen nichts geben wollen.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
Meine Herren! Es handelt sich hier um Bereitstellung ver⸗ mehrter Mittel zur Einführung des Normal⸗Etats bei 16 oder 17 landwirthschaftlichen Mittelschulen. Es ist dem Herrn Vorredner bekannt, daß die landwirthschaftliche Verwaltung auf die Erhaltung und Sicherung dieser Schulen das größte Gewicht legt. Es ist ihm ferner bekannt, daß die Durchführung des Normalbesoldungs⸗Etats bei diesen Schulen — die absolut nothwendig ist, um ein gleichwerthigesLehrerpersonal zu behalten, gegenüber den jetzt besser gestellten Lehrern an anderen Schulen — durch Gesetz, wie es bei den anderen Schulen geschehen ist, nicht zu ermöglichen ist, weil es an einem bestimmten dauernden Träger dieser Schulanstalten fehlt. Dagegen ist es ihm bekannt, daß die Verhandlungen mit den Unternehmern dieser Schulen in der Schwebe und noch nicht zum Abschluß gebracht sind. Wir werden ja sehen, wie weit wir mit den Verhand⸗ lungen kommen und mit den jetzt erbetenen Mitteln. Ich gebe mich selber nicht allzu großen Hoffnungen hin, daß die vom Herrn Vorredner als Pathen bezeichneten Verbände sehr bereit sein werden, erhebliche Mittel ihrerseits herzugeben, weil niemand sie dazu zwingen kann und weil sie wahrscheinlich durch das Bewußtsein sich gestärkt fühlen werden, daß die Staatsregierung die Schulen, die sie ins Leben gerufen hat, schließlich nicht fallen lassen wird.
Wenn der Herr Vorredner von mir zu erfahren gewünscht hat, welches die endliche Entwickelung dieser Schulen sein werde, weil dadurch eine gewisse Beruhigung in die betheiligten Kreise hinein⸗ getragen würde, so mag er ja vielleicht ahnen, was ich in dieser Be⸗ ziehung denke und was mir vorschwebt. Aber ich bin selbstverständ⸗ lich im Augenblick nicht in der Lage, zu sagen, diese Schulen müssen und werden den und den Entwickelungsgang nehmen. Schließlich wird sich vielleicht die Frage dahin zuspitzen, ob diese Schulen von dem Staat oder von einem anderen Verband zu über⸗ nehmen sind. Der Herr Vorredner hat ausgeführt, daß ein Verband sich nicht leicht bereit finden würde, und damit die andere Möglichkeit meines Erachtens selber in den Kreis der Erwägung gestellt.
Bei den Ausgaben für die Thierärztlichen Hoch⸗ schulen erklärt
Abg. von Tiedemann⸗Bomst (fr. kons.): Daß der Kampf
gegen die Maul⸗ und Klauenseuche bisher nicht von Erfolg ewesen sei, liege daran, daß man die vorhandenen gese lichen Be⸗ timmungen nicht streng genug angewendet habe. Die Viehhändler, die Viehmärkte hätten zur Ausbreitung der Seuche beigetragen, die immer eingeschleppt werde. Deshalb fei der Grenzverkehr besonders zu beobachten, selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch eine Vertheuerun des Fleisches eintrete. Auch der stetig zuneh⸗ menden Tuberkulose müsse entgegengetreten werden; das Koch'’sche Tuberkulin habe sich als diagnostisches Mittel nicht bewährt. Besser sei eine stetige thierärztliche Kontrole und Ausmerzung der erkrankten Thiere, eventuell gegen Zahlung einer Entschädigung. Auf diesem Wege sei die Lungenseuche fast ganz beseitigt worden. Geld werde es kosten, aber nicht so viel, wie die fortdauernde Schädigung
der Landwirthe jetzt ausmache.
Minniister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Meine Herren! Die von dem Herrn Vorredner besprochene
Tuberkulose des Rindviehs ist von den betheiligten landwirthschaftlichen
Kreisen und auch von den Vertretern der Wissenschaft seit Jahren be⸗ handelt. Es ist richtig, daß die Tuberkulose in unseren Rindvieh⸗ beständen sehr weit verbreitet ist. Wir hatten und wir haben keine bestimmte Kenntniß davon, in welchem Umfang dies der Fall ist, und wir befinden uns nicht in der Lage, die gesammten Rindviehbestände auf Tuberkulose mit Aussicht auf Erfolg zu untersuchen, weil sich diese Krankheit meiner Ueberzeugung nach — es wird dies vielleicht noch von anderer Seite ausgeführt werden — auch für einen Thierarzt nicht so leicht am lebenden Thier fest⸗ stellen läßt, wie von dem Herrn Vorredner angenommen ist. Wir sind deshalb seit drei Jahren dazu geschritten, an der einzigen Stelle, wo es möglich ist, eine genaue Kontrole auszuüben, d. h. in den öffentlichen Schlachthäusern, wo eine thierärztliche Untersuchung des geschlachteten Viehs stattfindet, die Zahlen festzustellen. Da hat sich allerdings ergeben, wie der Herr Vorredner anführte, daß in den rund 250 kontrolierten Schlachthäusern von 600 000 geschlachteten Rindern annähernd 9 % mit Tuberkulose behaftet gefunden wurden, und dies gestattet den Schluß, daß die Verseuchung der Rindvieh⸗ bestände des Landes noch in einem höheren Grade vorhanden ist, weil ja in die Schlachtviehhöfe jedenfalls nur die besseren und gesunderen Thiere gebracht werden. Ich habe nun meinerseits nicht gesagt, daß etwa 50 %, wie der Herr Vorredner sagte, verseucht seien, sondern daß man annehmen könnte, vielleicht 15 % des gesammten Rind⸗ viehbestandes möchten verseucht sein. .
Nun fragt es sich: was ist gegen diese Seuche zu thun? Ich glaube nicht, daß man mit dem Herrn Vorredner ebenso, wie bei der Bekämpfung von Rotz und Lungenseuche, zu einer Erschlagung der sämmtlichen tuberkulose⸗verdächtigen Rinder übergehen kann. Es ist dies ausgeschlossen durch die Höhe der Kosten, weil die Krankheit am lebenden Thier nicht sicher erkennbar ist. Es bleibt dann die Frage: in welcher Weise ist es möglich, für die Verluste, die durch die an Tuberkulose erkrankten und als solche nach der Schlachtung erkannten Rinder entstehen, einen Ersatz zu gewähren? — und da liegt es auf der Hand, daß hier die Verhältnisse ganz anders liegen wie beim Rotz und bei der Lungenseuche. Gewöhnlich und in der Mehr⸗ zahl der Fälle wird es einem Viehbesitzer, der genügende Aufmerk⸗ samkeit auf seine Herde hat, nur in vereinzelten Fällen passieren, daß seine Herde ganz verseucht. Ein Landwirth kann bei Sorgsamkeit und Achtsamkeit auf seine Herde ein gut Theil zur Vermeidung einer Verseuchung derselben mit Tuberkulose beitragen, wenn er rechtzeitig auf eine Erneuerung und Verjüngung der Herde Bedacht nimmt, und alles, was irgendwie verdächtig ist, ausmerzt. Im übrigen — und das beweisen die Resultate der Schlachtviehhöfe — wird die Tuber⸗ kulose erst auf der Schlachtbank erkannt und der Minder⸗ werth wird dem Landwirth oft von dem Schlächter in Abzug gebracht. Es fragt sich: wie kann man hier helfen? Eine Regelung der Entschädigung und Kostenaufbringung wie bei Rotz⸗ und Lungenseuche ist nicht möglich. Wer soll die Entschädigung, wenn man keine Zwangsversicherung für das ganze Reich machte, leisten und wem wird sie schließlich geleistet? Dem Land⸗ wirth kann man die Kostenaufbringung nicht auferlegen; denn weshalb wird das Thier in den Schlachtstätten verworfen? Nicht mit Rücksicht auf den Landwirth und zur Sicherung seines Viehbestandes, sondern mit Rücksicht auf die Gesundheit der Verzehrer des Fleisches, namentlich in den Städten. Also es würde das Richtige sein, die Konsumentenkreise, in deren Interesse die Ver⸗ werfung des Fleischs stattfindet, zur Kostenaufbringung heranzuziehen. Da besteht aber die Schwierigkeit, wie das zu machen ist, und diese Frage, mit der wir uns beschäftigen, ist noch nicht gelöst. Mir ist bis jetzt, abgesehen von Baden, nur der eine Staat Belgien bekannt, in dem eine Entschädigung von Staatswegen für das tuber⸗ kulosekrank befundene und dieserhalb verworfene Fleisch eingeführt ist. Es würde für das Reich derartiges kaum durchführbar sein und die Entschädigungsverpflichtung immer auf die Einzelstaaten übergehen müssen, und deshalb ist — was der Herr Vorredner zuerst als zweifel⸗ haft hingestellt hat — allerdings diese Frage eine speziell die Einzel⸗ staaten angehende, die hier zu diskutieren vollkommen berechtigt ist. Wir könnten die Sache in Preußen allein regeln.
Ich resümiere michdahin: ich erkenne an, daß ein dringendes Interesse besteht, bezüglich der Entschädigungsfrage des wegen Tuberkulose ver⸗ worfenen Rindviehs zu einer befriedigenden Ordnung zu kommen. Es ist mir aber bis jetzt noch nicht gelungen, für dieses Ziel eine feste, zur Ausführung geeignete Form zu finden.
Ich komme dann zu der von dem Herrn Vorredner berührten Maul⸗ und Klauenseuche. Daß auch die Staatsregierung anerkennt, daß die bestehenden Vorschriften auf diesem Gebiet nicht ausreichen, ist durch die Vorlage des entsprechenden Gesetzentwurfs im Reichstag zum Ausdruck gebracht. Ich bin dem Herrn Vorredner dankbar, daß er bezüglich der Bekämpfung dieser Seuchen ausgeführt hat, es läge vielleicht die sehr starke Verbreitung, die sie im Inland gewonnen hat, mit daran, daß die bestehenden Vorschriften nicht in ausreichender Weise zur Anwendung gekommen seien. Er hat allerdings die Amtsvorsteher und die höheren Beamten, wie er sagte, im Auge. Ich glaube, daß man diese nicht zu sehr verantwortlich machen kann, sondern daß es haupt⸗ sächlich mit daran liegt, daß, wenn einmal die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche in einer Gegend verbreitet ist, der einzelne Landmann das schließlich wie ein Fatum über sich ergehen läßt, gegen das alles An⸗ kämpfen doch nichts nützt. Die Mitwirkung der einzelnen Viehbesitzer findet bei der Bekämpfung dieser Seuche nicht in dem Grade statt, wie sie stattfinden muß.
Nun sagt der Herr Vorredner: zu der Bekämpfung der Maul⸗ und Klauenseuche gehört, daß man den Ansteckungsstoff beseitigt. Ja, das ist gerade das Schlimme, daß man den Ansteckungsstoff dieser
Seuche bis jetzt nicht kennt, und daß trotz aller Mühe die Er⸗
forschung desselben bisher nicht gelungen ist, und das erschwert jedes weitere Vorgehen, auch die Möglichkeit, andere Maßregeln zu er⸗ greifen wie die weitgehendsten Absperrungsmaßregeln.
Bezüglich der Absperrungsmaßregeln hat der Herr Vor⸗ redner unterschieden: die Absperrung gegen das Ausland und die Absperrungsmaßregeln im Inland. In letzterer Beziehung werden Sie, glaube ich, die Wahrnehmung gemacht haben, daß die Energie, mit welcher auf diesem Gebiete jetzt vorgegangen wird, nichts zu wünschen übrig läßt, und ich glaube, es werden sehr bald die Klagen sich noch mehren, daß die Schärfe, mit der in Bezug auf die Absperrungs⸗ und Isolierungsmaßregeln im Innern vorgegangen wird, zu weitgehende seien, weil sie der Bevölkerung zu lästig werden. Wir sind, ohne das Reichsgesetz abzuwarten, dazu übergegangen, das Treiben von Vieh im Wege der Polizeiverordnung im weitesten Um⸗ fange zu verbieten und die Märkte einzuschränken, überhaupt schon das bestehende Gesetz schärfer zu handhaben als in früherer Zeit. Ob und mit welchem Erfolg, lasse ich dahingestellt. Bei der Natur und überaus leichten Uebertragbarkeit der Krankheit kann man den Zweifel nicht unterdrücken, ob es überhaupt möglich sein wird, auf diesem Wege der Krankheit Herr zu werden.
Dann aber ist der Herr Vorredner übergegangen zu den Ab⸗ sperrungsmaßregeln gegen das Ausland. Mag die Maul⸗ und Klauenseuche bei uns herrschen, wie er erwähnte, seit dem Jahre 1886 (Zuruf) — oder 1887, darauf kommt es nicht an —, sie ist fallend und steigend seit der Zeit bei uns geblieben, und daß während dieser Zeit etwa Importe aus dem Ausland vor⸗ zugsweise Träger der Verbreitung bei uns gewesen seien, daran ist meiner Ueberzeugung nach nicht zu denken. Die Verbreitung erfolgt ja durch das Vieh; vermuthlich ist die Verbreitung durch Menschen, deren ganzen Verkehr wir nicht in der Art und Weise hemmen können, ebenso häufig, wenn nicht noch häufiger.
Aber davon abgesehen, wie im Jahre 1889 gegen Oesterreich ge⸗ sperrt wurde — gegen Rußland war ja schon früher gesperrt worden infolge der Rinderpest — wie also 1889 gegen Oesterreich gesperrt wurde, da ist eine beschränkte Oeffnung der Grenze sofort und zwar — ich bemerke das ausdrücklich — nicht auf Verlangen des Herrn Reichskanzlers, sondern auf Verlangen meines Herrn Amts⸗ vorgängers, bezüglich des oberschlesischen Industriebezirks eingetreten, weil sich herausstellte, daß die plötzliche Sperrung der Grenze für die dortigen Verhältnisse nicht erträglich war.
Es ist ferner zugelassen worden, aus gleichem Grunde, eine be⸗ schränkte Einfuhr nach in der Nähe der russischen Grenze gelegenen Orten; es ist später hinzugekommen die Einfuhr nach einer großen Zahl von Städten, andererseits ist eine Erleichterung der Einfuhr gleich anfangs eingetreten an der bayerischen Grenze, wiederum auf dringendes Verlangen der dortigen Landestheile im engeren Grenzverkehr. Daß in einzelnen Fällen in den zum Import zugelassenen Orten maul⸗ und klauenseuchenkranke Thiere hineingekommen sind, das gebe ich bereitwilligst zu. Aber gerade in denjenigen Grenzdistrikten, wo es am häufigsten vor⸗ gekommen ist, ist nicht der Nachweis geführt — und ich habe auch nicht die Ueberzeugung —, daß überall, wo das Vieh sofort geschlachtet ist, eine Verbreitung der Seuche in weitere Distrikte stattgefunden hat. Ich glaube deshalb berechtigt zu sein, gegen den neulich auch noch in diesem Hause erhobenen Vorwurf, daß der Herr Reichs⸗ kanzler an der Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche und an den Schädigungen, welche unsere Landwirthschaft ja bedauer⸗ licher Weise durch die Verbreitung der Maul⸗ und Klauen⸗ seuche erlitten hat, dadurch schuld sei, daß das absolute Einfuhrverbot etwas gelockert ist, entschieden Widerspruch zu erheben. Diese Be⸗ hauptung ist gegenüber meinen Ausführungen nicht zutreffend.
Im übrigen, meine Herren, werden Sie ersehen haben, daß gegenüber Oesterreich⸗Ungarn nach Abschluß des Handelsvertrags und der Viehkonvention in der Handhabung eines nothwendigen Einfuhr⸗ verbots nichts geändert ist. Wir befanden uns, als die Viehkonvention in Kraft trat, in der Nothwendigkeit, sofort sperren zu müssen, haben das gethan, und es ist in demselben Ver⸗ hältniß, sogar noch beschränkter als früher, die Einfuhr in einzelnen Schlachtstätten unter den größten Kontrolen zugelassen. Ich nehme auch gar keinen Anstand, zu erklären: wird festgestellt, daß durch Im⸗ porte von Oesterreich bei uns die Seuche wieder eingeschleppt wird, so kann und wird auch gegen Oesterreich⸗Ungarn eine vollständige Sperre eintreten. Neuerdings ist gegen Italien gesperrt, und wenn ich nicht irre, wird auch wegen der erneuten Verbreitung, die die Maul⸗ und Klauenseuche in Frankreich erfahren hat, von den betheiligten Stellen die Sperre gegen Frankreich erwogen und ist vielleicht schon in Vollzug gesetzt. Sie können versichert sein, daß die einzelnen Regierungen, die zur Zeit an der Sperre gegenüber dem Ausland be⸗ theiligt sind, sich der Verantwortung, welche sie tragen, bezüglich der Verhütung und Abwehr der Seuche bewußt sind, und daß die ge⸗ gebenen Maßnahmen, welche zur Verfügung stehen, auch mit der nothwendigen Schärfe gehandhabt werden, aber gehandhabt werden nur vom Standpunkt der Veterinärpolizei.
Abg. von Mendel⸗Steinfels (kons.): Die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche ist allerdings schon 1887 zuerst aufgetreten; aber sie hat so zugenommen, daß der Verlust 1890 mehr als 17, 1891 mehr a 32 Millionen Mark beträgt. Durch diese Ausdehnung ist das Ver⸗ trauen des Auslandes erschuͤttert; England sperrt seine Grenzen zum Schaden unseres Schafexportes; das Vieh aus Schleswig⸗Holstein lastet dann auf den westlichen Märkten. Die Novelle zum Seuchen⸗
gesetz will im Inlande mit Feuer und Schwert vorgehen, aber dem Auslande gegenüber ist man sehr sanft. Das müßte umgekehrt sein. Daß die Einschleppung von Osten gekommen ist, geht aus den Berichten des Kaiserlichen Gesundheitsamts hervor. Die bloße Besichtigung durch einen Thierarzt sichert nicht genug, und eine längere Quarantäne würde der Händler nicht aushalten können. Ursprungsatteste aus Ungarn und Rußland haben keinen erheblichen Werth. Von den Schlachthöfen, nach denen die Einfuhr gestattet ist, geht die Ansteckung aus. Dort müßte die Kontrole ein⸗ setzen. Wir müßten, wie England, an der Grenze Schlachthäuser haben, das würde dem Jammer auf einmal ein Ende machen. Wenn die Viehhändler Buch führen würden über Eingang und Ausgang, so würde das ein Vortheil sein. Besonders müßte das Viehtreiben ver boten werden, welches nicht nur die Gefahr der Verseuchung, sonder auch die Bewucherung bringt. Bei der schlechten Rentabilität de Getreidebaues ist die Viehzucht die Zukunft für die deutsche Land wirthschaft; deshalb muß die Viehzucht ohne Rücksicht auf das Ausland geschützt und gefördert werden.
Abg. Bock⸗Nordhausen (kons.) weist darauf hin, daß gerade die kleinen Bauern am meisten litten, weil sie durch die Seuche auch in
ihrer Feegln beeinträchtigt würden. Ferner tritt Redner für die Einschränkung des Hausierhandels mit Vieh ein.
Abg. von Waldow (kons.) spricht sich ebenfalls gegen diesen
ausierhandel aus, den man ruhig ganz aufheben könnte, weil er die efahr der wucherischen Ausbeutung mit sich bringe. . Bei den Ausgaben zur Förderung der Viehzucht
bemängelt 8 Abg. von Mendel⸗Steinfels. (kons.) den mäßigen Betrag,
der dafür ausgeworfen sei; er empfiehlt neben der Einführung der Eberkörungen auch eine Prämiierung der gekörten Thiere. Bei den Ausgabenzur Unterhaltung von Deichen fragt Abg. Freiherr von Erffa⸗Wernburg (kons.), ob die Regie⸗ rung der Wester und Linteler Marsch⸗Deichacht ein Darlehn gewä rt habe; ein solches sei zugesagt worden unter der Bedingung, daß die rovinz Hannover die Hälfte gewähre. Die Eingabe der Betheiligten . jetzt erneuert. 3 Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Meine Herren! Die vom Herrn Vorredner berührte Frage tritt etwas unerwartet an mich heran, sodaß ich kaum in der Lage bin, darüber erschöpfende Auskunft zu geben. Sie wird ja auch erneut zur Berathung kommen, wenn die von ihm erwähnte Petition das hohe Haus beschäftigt. Ich kann jetzt nur sagen, daß in dieser Position Tit. 8 zur Durchführung der Pläne der Petenten nichts eingestellt ist. Es handelt sich für die Petenten um Anlagen, bei denen doch immerhin über eine Million Mark in Frage steht. Ich habe in diesem Augenblick nur deshalb das Wort er⸗ griffen, um einem vielleicht entstehenden Mißverständnisse vorzubeugen. Ich habe den Interessenten seinerzeit nicht gesagt, ich sei bereit, die Hälfte der Kosten zu gewähren, wenn die Provinz Hannover die andere Hälfte gäbe, sondern nur zugesagt, meinerseits die Verhandlung auf dieser Basis zu führen, weil ich doch allein nicht in der Lage bin, die Bewilligung auszusprechen, sondern der Unterstützung des Herrn Finanz⸗Ministers dazu bedarf. Die Sache ist dann zum vorläufigen Abschluß gekommen, weil sich ergab, daß die Provinz Hannover sich nicht betheiligen wollte und der Staatsverwaltung keine Mittel zur Verfügung stehen, die Provinz hierzu zu zwingen, weil es sich um keine Ausgabe handelt, die gesetzlich feststeht. Die Angelegenheit konnte aber auch aus einem anderen Grunde auf sich beruhen, weil eine Gefahr nicht im Verzuge war. Es handelt sich doch hier hauptsächlich um eine Melioration in der Richtung, daß die Bewohner dieses nicht ärmlichen, sondern reichen Marschdistrikts die Benutzung ihrer Grund⸗ stücke anders einrichten können, wenn sie nicht genöthigt sind, lediglich Winterkorn zu bauen, um das Stroh zum Schutz der Deiche zu ver⸗
wenden. Es ist also lediglich eine Melioration, keine Gefahr für den
Deich in Frage. Dazu kommt, daß die finanziellen Verhältnisse und die Lage der Interessenten dadurch verbessert sind, daß inzwischen die Aufhebung der Grundsteuer als Staatssteuer erfolgt ist.
Auf eine Anfrage des Abg. von Gilgenheimb (kons.) erklärt ein
Regierungskommissar, daß der Durchstich an der Oder oberhalb Ratibor nach Möglichkeit gefördert werde. Die Vorarbeits⸗ kosten seien schon bewilligt. Die dauernden Ausgaben werden hierauf sämmtlich
ohne Aenderung genehmigt.
Bei den einmaligen Ausgaben tritt
Abg. Dietz⸗Neuwied (nl.) für eine Bewilligung im Interesse des Westerwaldes ein, wie sie für das Eifelgebiet bereits erfolgt sei.
Abg. Knebel (nl.) weist darauf hin, daß er schon früher die Ausdehnung der helfenden Thätigkeit auf den Westerwald und Hunsrück verlangt habe.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Die letzte Voraussetzung ves Herrn Vorredners trifft bereits jetzt zu. Der Fonds, welcher hier angefordert ist, betrifft bloß die Eifel.
Ursprünglich waren für die Eifelmelioration 10 Jahresraten von
je 200 000 ℳ in Aussicht genommen! Es handelt sich jetzt um die Bewilligung einer elften Rate. Sie ist erbeten, weil diejenigen Ver⸗ handlungen, welche einen Ueberblick darüber gewähren sollen, in welchem Umfang noch Mittel für die Eifel nothwendig sind, noch nicht zum Abschluß gekommen sind, und es andererseits keinem Zweifel unterliegen konnte, daß gerade in diesem Jahre die in Angriff sge⸗ nommenen Arbeiten nicht abgebrochen werden konnten.
Nun meint der Herr Vorredner, man solle die Thätigkeit nicht auf die Eifel allein beschränken, sondern auf den Westerwald und Hunsrück ausdehnen. Das ist in gewissem Sinne, nament⸗ lich bezüglich des Westerwalds, auch geschehen. Es findet hier nicht eine alleinige Aktion der Staatsregierung statt, sondern eine Kooperation mit der Provinzialverwaltung. Die Provinzialverwaltung steuert zu dem Staatsbeitrag von je 200 000 ℳ einen Jahresbeitrag von 100 000 ℳ bei, und über die Gesammt⸗ summe von 300 000 ℳ wird nach einem übereinstimmenden Plan verfügt, und zwar dahin, daß nur ein Theil für die Eifel verwandt wird, dagegen eine Rate von 30 000 ℳ jährlich für den Westerwald und Hunsrück. Zu diesen Fonds, welche seitens der Provinz für diese Zwecke verwandt werden, treten aber weitere Mittel aus dem dauernden Etatsfonds der landwirthschaftlichen Verwaltung in nicht unbeträchtlichem Umfange hinzu.
Ich gebe ja zu, daß man möglicherweise auch noch mehr Staats⸗
mittel für diese Zwecke verwenden kann; zunächst müssen aber in der
Eifel die Arbeiten zu einem gewissen Abschluß gebracht werden. Mit dem Bericht über das in der Eifel Erzielte und das, was für die Eifel noch nothwendig ist, werden zugleich die Verhältnisse dargelegt werden, wie sie bezüglich des Hochwalds und des Westerwalds in den Augen der Regierung sich darstellen.
Abg. Das bach (Zentr.) bestätigt, daß im Westerwald ein Noth⸗ stand vorhanden sei, namentlich infolge der wucherischen Vieh ⸗Leihe, durch welche der Viehstand fast ganz in die Hände der Juden ge⸗ kommen sei. Redner tadelt, daß die Provinzialverwaltung, statt den Einwohnern zu helfen, nutzlose Straßen gebaut habe. Bezüglich der Streu⸗ und Futtergabe aus dem Walde abe der Minister das Ver⸗ fahren der unteren Instanzen mißbilligt.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
8 Meine Herren! Ich glaube, daß den Anregungen des Herrn Vor⸗ kaum wird stattgegeben werden können. Die Staatsregierung ¼ 18 Standpunkt eingenommen, daß die Bekämpfung der lokalen 5 um die es sich nur noch handelt, so wie früher Sache der zu⸗ 8 Winteressierten Verbände, der Kreise und Provinzen ist. Wenn bie 11⸗ Beziehung Bedenken bei dem Herrn Vorredner bestehen, ob nothwendigen Ermittelungen, die nothwendigen Maßregeln in An⸗
griff genommen wären, so wird es Sache der Interessenten sein, sich
mit ihren Anträgen und Wünschen an die Kreisverbände resp. an die
Provinzialverwaltungen zu wenden.
7 82 möͤchte aber noch eins richtig stellen. Der Herr Vorredner ist
e. was rascher Folge zu sehr verschiedenen Gegenständen über⸗ gangen. Bald war es eine Straße, die die Provinz gebaut und
sein Mißfallen erregte, die aber nicht von der jetzigen Verwaltung, sondern von einer früheren hergestellt war. Dann wären bei den Konsolidationen Versprechungen gemacht und nicht erfüllt. Er hat aber nicht die Güte gehabt, anzugeben, von welcher Seite die Ver⸗ sprechungen gemacht worden seien, und in welcher Beziehung dieselben gemacht sind, um die bei der Konsolidation interessierten Leute, soviel ich ihn verstanden habe, zum Antrage verlocken oder zu bewegen.
Er hat ferner gestern gesagt und heute wiederholt: meine Intentionen,
der nothleidenden Bevölkerung aus dem Walde, seien nicht aus⸗ reichend nach unten durchgesickert und befolgt worden. Ich gebe zu, daß es möglich ist, daß der eine oder der andere Förster nicht gerade willfährig vorgegangen ist. Das ist in einer so großen Verwaltung möglich. Aber ich glaube vollständig behaupten und konstatieren zu können, daß im großen und ganzen, soweit es mit dem Ausblick auf spätere Zeit und mit dem Interesse des Waldes vereinbar war, seitens der Forstverwaltung in umfassendster und anerkennenswerthester Weise der Bevölkerung zu Hilfe gekommen worden ist.
Der Herr Abgeordnete hat ferner geglaubt, sagen zu sollen: ich hätte hier durch meine Erklärung den Regierungen und auch den ein⸗ zelnen Förstern die Freiheit gegeben, ihrerseits aus dem Walde nach Belieben Streu abgeben zu können. Das ist eine Erklärung, die Mißverständniß erregen kann. Ich habe gestern schon angedeutet. daß ich vorsichtiger sein müsse, um nicht durch meine Erklärung der⸗ artige Mißverständnisse hervorzurufen oder zu begünstigen. Es kann nicht zweifelhaft sein, und es ist selbstverständlich, daß, wenn ich hier eine derartige Erklärung abgebe, daraus nicht jeder untergeordnete Einzelbeamte sofort die Befugniß entnehmen kann, nach seinem Be⸗ lieben mit dem Staatseigenthum, dem Walde, schalten zu können. Er muß abwarten, bis ihm die nöthige Instruktion zugeht.
Abg. Freiherr von Erffa⸗ Wernburg (kons.) weist darauf hin, daß auch in dem so vielgerühmten Sachsen arme Distrikte vorhanden seien, z. B. das Eichsfeld. Wenn Herr Dasbach die Streu dem Walde entziehen und der Landwirthschaft zuwenden wolle, so folge er dem Beispiel des heiligen Crispin, der das Leder stahl, um den Armen Schuhe zu machen. .
Abg. Das bach (Zentr.) bemerkt, der heilige Crispin habe nicht das Leder gestohlen, sondern es heiße, er „stallt“ das Leder, das bedeute: er stellte, er lieferte es.
Abg. Gothein (fr. Vg.) erkennt an, daß die Vieh⸗Leihe ein schwerer Krebsschaden sei, den man durch Verbesserung der Kredit⸗ verhältnisse beseitigen müsse.
Abg. von Eynern (nl.): Ich konstatiere, daß der Abg. Windt⸗ horst den heiligen Crispinus in demselben Sinne zitiert hat, wie heute Herr von Erffa. Die Spaltung des Zentrums scheint sich also auf allen Gebieten zu vollziehen.
Der Titel wird hierauf bewilligt.
Bei den Ausgaben zur Förderung der Land⸗ und Forstwirthschaft in den östlichen Provinzen empfiehlt Abg. Motty (Pole), die Meliorationsgenossenschaften zu unter⸗ stützen, wenn nicht aus diesem Fonds, so doch aus dem Fonds der Ansiedelungskommission.
Die einmaligen Ausgaben werden sodann bewilligt.
Ohne Debatte erledigt das Haus hierauf noch die Etats der Seehandlung, der General⸗Ordenskommission, des Geheimen Zivilkabinets, der Ober⸗Rechnungs⸗ kammer, der Prüfungskommission für höhere Ver⸗ waltungsbeamte, des Disziplinarhofs, des Gerichts⸗ hofs für Kompetenzkonflikte, des Gesetzsammlungs⸗ amts, des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ und der Landesvermessung.
Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag, 6. Februar. (Gesetzentwurf über die Landwirthschaftskammern.)
Statistik und Volkswirthschaft
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Burg bei Magdeburg wird dem „Vorwärts“ mitgetheilt, daß die Politurarbeiter in der Vergolderwerkstatt der Fümns Mathias u. Frost (Inh. Gläßner) wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt haben. — Bei der Firma Gebr. Gleiche droht nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Ausstand der Schuhmacher; am letzten Sonnabend fand eine Versammlung der Arbeiter statt, zu der auch die Fabrikanten erschienen waren; zu einer Einigung kam es aber nicht. Die Arbeiter fordern namentlich Verbesserung verschiedener sanitärer Mißstände in den Arbeitsräumen.
In Zwickau sind nach demselben Blatt die Steinmetzen mit den Meistern in Unterhandlun getreten zur Einführung der neun⸗ stündigen Arbeitszeit für den Sommer und wegen einer Erhöhung der Lohnsätze. Wenn eine Einigung nicht erzielt wird, soll der Versuch, die Forderungen durch Arbeitseinstellung durchzusetzen, beabsichtigt sein.
In Köpenick kam, wie die „Berliner Volksz.“ mittheilt, in einer Versammlung der Färber und Berufsgenossen am 28. Ja⸗ nuar nach Bepre pang der in der Textilindustrie obwaltenden Lohn⸗ verhältnisse eine Entschließung zur Annahme, in der die Versammelten sich zum Beitritt zu dem Fachverein verpflichteten. Es soll in Köpenick eine Filiale des Vereins gegründet werden.
In Grünau beschloß nach demselben Blatt eine sozial⸗ demokratische Versammlung am letzten Sonntag, über alle Gastwirthe, welche die Parteiblätter nicht auslegen, die Sperre zu 8 Berlin sind — Dier in Berlin sind, wie der „Vorwärts“ berichtet, bei der Firma Carl Schilling, Hof⸗Steinmetzmeister, Lohnstreitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und den dort beschäftigtigten Stein⸗ Bildhauern. ausgebrochen. Die Arbeiter verlangen Abschaffung der Akkordarbeit und Einführung eines Minimallohns von 6 ℳ und — da diese Forderungen nicht bewilligt wurden, die Arbeit nieder⸗ gelegt.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 30. v. M. gestellt 11 187, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen; am 1. d. M. sind gestellt 10 630, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 31. v. M. gestellt 3171, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
— Die halbjährige Bilanz des Hörder Ber werksvereins weist einen Rohüberschuß von 939 890 ℳ, an Schulbzinfen 472 279 ℳ und einen Gewinnsaldo von 467 612 gegen 519 291 ℳ für den Neigen Zeitraum des Vorjahrs auf. Es liegen zur Zeit der „Köln. ““ 1n n0g t vor.
— Die „New⸗Yorker s.⸗Ztg.“ äußert sich in ihrer wirth⸗ schaftlichen Rundschau am 20. enene⸗ über den Waaren⸗ markt folgendermaßen: Die Besserung der allgemeinen Lage hat sich in der letzten Woche insofern behauptet, als die allseiti auf das ge⸗ ringste Niveau gefallenen Vorräthe und Waarenlager din Nachserage zur Deckung des 113 Lüdanse zu einer nothwendigen und allge⸗ meinen gemacht haben. „Auf die Preistendenz ist jedoch der stärker auftretende Bedarf vorläufig ohne Einfluß geblieben. Insbesondere die Stapelartikel des Landes eher eine als einen Gewinn erfahren. Weizen ist um fast einen Cent billiger geworden,
die Folge einer stetigen Vermehrung anstatt einer Abnahme der sicht⸗
die ich gehabt und ausgesprochen habe bezüglich der Unterstützung
baren Vorräthe. Auch Baumwolle ist weniger fest und leicht 1417 gewesen als in der vorigen Woche; auch hier stellt sich heraus, daß die bisherigen Ernteschätzungen zu niedrig gegriffen waren, und daß das vebuc⸗h sich eher auf 7 ½ Millionen als auf 6 900 000 Ballen stellen wird. Eine Baisse ist auch für Schweinefleisch und verwandte
rodukte zu verzeichnen als Folge unerwartet großer Zufuhren von ebendem Material, E8. die von den Pöklern wegen des angeblichen Mangels an Schweinen in die Höhe getriebenen Preise rasch herabgedrückt wurden. Am schlimmsten sieht es wohl noch immer in der größten Industrie des Landes, der Eisen⸗ industrie, aus. Auf diesem Gebiet ist die Nachfrage noch immer eine auf ein Minimum beschränkte; der Roheisenmarkt ist wie paralisiert, und fertiges Produkt findet trotz der durch einschneidende Lohn⸗ kürzungen ermöglichten weiteren Preisherabsetzung nur wenig Abnehmer. Die Eisenbahnen, die eine weitere Verbilligung von Stahlschienen infolge des neuen Tarifs erwarten, ver⸗ schieben ihre Bestellungen und Stahlschienen sind jetzt selbst zu 24 Doll. per Tonne kaum verkäuflich. Hier wie in allen anderen Industriezweigen resumiert sich die Sachlage noch immer in dem Satze: eine fühlbare, dauernde Besserung wird erst überhaupt dann eintreten können, wenn der Tarifungewißheit ein Ende gemacht sein und das Land sich auf die neuen Verhältnisse einzurichten begonnen haben wird.
„Breslau, 1. Februar. (W. T. B.) Wie die „Bresl. Morgz.“ erfährt, hat ein hiesiges großes Flachsgeschäft, das auch große
abriketablissements in Elbing betreibt, die Zahlungen eingestellt.
wei hiesige große Bankinstitute sind u. a. bei dem Fallissement be⸗ theiligt; sie trugen jedoch dem etwa zu erwartenden Verlust bereits bei dem Geschäftsabschluß für 1893 voll Rechnung. Magdeburg, 1. Februar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 13,65, Kornzucker exkl. 88 % Rendement 12,65, neue 13,00, Nachprodukte exkl., 75 % Rende⸗ ment 10,30. Stetig. Brotraffinade I. 26,00, Brotraffinade II. 25,75, Gem. Raffinade mit Faß 26,25. Gem. Melis I. mit Faß 24,50. Stetig. Rohzucker. I. Produkt Transito f. a. B. m⸗ burg pr. Februar 12,67 ½ Gd., 12,70 Br., pr. März 12,72 ½ Gd., 12,77 ½ Br., pr. April 12,80 Gd., 12,82 ½ Br., per Mai 12,87 bez., 12,90 Br. “ en 8
Leipzig, 1. Februar. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per Februar 345 ℳ, per März 3,47 ½ ℳ, per April 3,47 ½ ℳ, per Mai 3,40 ℳ, per Juni 3,45 ℳ, per Juli 3,47 ½ ℳ, per August 3,50 ℳ., per September 3,52 ½ ℳ, ver Oktober 3,55 ℳ, per November 3,57 ½ ℳ, per Dezember 3,60 ℳ Umsatz 15 000 kg. 1
Meiningen, 1. Februar. (W. T. B.) Gewinnziehung der Meininger 7 Fl.⸗Loose: 4000 Fl. Ser. 1980 Nr. 37, 2000 Fl. Ser. 2603 Nr. 30, je 300 Fl. Ser. 8785 Nr. 36, Ser. 7541 Nr. 3. Ser. 1 Ie 25. —
Bremen, 1. Februar. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offtzielle Notierung der Bremer Heehhrücht Börse.) Ruhig. Loko 4,85 Br. — Baumwolle. Ruhig. Upland middling, loko 40 ½ 4. — Wolle. Umsatz 123 Ballen. — Schmalz. Ruhig. Wilcox 42 ₰, Armour shield 41 ½ ₰, Cudahy 42 ½ ₰4, Fairbanks 35 ½ 3ü. — Speck. Fest. Short clear middl. loko 37 ½, Januar⸗Februar⸗Abladung 37 ½. — Taback. Umsatz 65 Seronen Havannah, 25 Faß Virginy.
„Hamburg, 1. Februar. (W. T. B.) Gewinnziehung der 3 % Prämienanleihe von 1866: 105 000 ℳ Ser. 668 Nr. 5, 15 000 ℳ Ser. 781 Nr. 1, 6000 ℳ Ser. 3 Nr. 12, je 3000 ℳ Ser. 2358 Nr. 4, Ser. 6761 Nr. 25, Ser. 2747 Nr. 14, je 1500 ℳ Ser. 615 Nr. 3, Ser. 1266 Nr. 14, Ser. 1099 Nr. 5, Ser. 2028 Nr. 6, je 1200 ℳ Ser. 2732 Nr. 6, Ser. 1125 Nr. 9, Ser. 2926 Nr. 4, Ser. 1962 Nr. 10, Ser. 2926 Nr. 9, je 600 ℳ Ser. 130 Nr. 17, Ser. 3173 Nr. 10, Ser. 3761 Nr. 24, Ser. 1383 Nr. 15, Ser. 2358 Nr. 14.
Prämienziehung der Köln⸗Mindener Loose: 55 000 Thlr. Nr. 63496, 5000 Thlr. Nr. 63474, 3000 Thlr. Nr. 120610, 2000 Thlr. Nr. 16837, je 1000 Thlr. Nr. 63455 97087, je 500 Thlr. Nr. 6 “ “ B. 8
Wien, 1. Februar. (W. T. B.) Serienziehung der ö5 ter⸗ reichischen 1860er Loose: 33 91 110 159 309 836 55 2s 567 983 1337 1408 1472 1523 1544 1698 1739 1751 1925 1935 1961 1971 2111 2294 2377 2379 2503 2555 2643 2777 2791 3070 3191 3250 3298 3381 3412 3536 3654 3855 3894 3904 4285 4819 4949 5078 5141 5149 5152 5257 5337 5460 5612 6026 6160 6189 6278 6326 6337 6664 6887 6968 7022 7058 7067 7137 7333 7434 7568 7683 7703 7965 8030 8480 8552 8602 8635 8930 8972 9164 9196 9241 9286 9511 9516 9565 9587 9757 9772 9801 10135 10384 10812 10926 11053 11121 11172 11197 11211 11288 11366 11400 11626 11671 11697 11877 12063 12153 12189 12618 12652 12675 12734 12958 13017 13177 13230 13252 13257 13282 13433 13501 13621 13703 13894 13958 13988 13990 14177 14300 14537 14572 14577 14645 14716 14756 15207 15389 15406 15478 15492 15565 15586 15615 15701 15773 15782 15818 1582¹1 16106 16283 16393 16540 16555 16557 16611 16773 17209 17660 17891 18135 18164 18400 18798 18807 18984 19060 19182 19808 19942. W’1 Februar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 22. Januar bis 28. Januar 734 316 Fl., Mehr⸗ 8 38 b
ondon, 1. Februar. (W. T. B.) Die Bank von . land hat heute den Diskont von 3 % 2 ½ % herabgesetzt.
Wollauktion. Preise unverändert. Tendenz stetig⸗
D“ 1.92b e 2b n 182 ung angeboten.
o Japazucker loko 15 ½¼ ruhig, Küben⸗Rohzucke 12 ⅞ fest. — Chile⸗Kupfer 41 16, pr. 3 Monat dlunn,
Liverpool, 1. Februar. (W. T. B.) (Offizielle Notierungen.) American good ordin. 4, do. low middling 4 ½, do. middling 4 ½ do. good middling 4 ⅛, do. middling fair 411⁄16, Pernam fair 4 ⁄16, do. good fair 4 ⅝, Ceara fair 4 ⅛a., do. good fair 4 3⁄8, Egyptian brown fair 41 ¼16, do. do. good fair 4 ⅞, do. do. good 5 ¼, Peru rough good fair 51 ⁄16, do. do. good 517/16, do. do. fine 65⁄16 do. moder. rough fair 4 ¾, do. do. good fair 5, do. do. good 5 ⅜, do. smooth fair 4 ½⅜, do. do. good fair 4 ⁄6, M. G. Broach good 4 ⁄16, do. fine 49⁄16, bcgaheh 8 “ do. fine 4, Oomra good 3 ¼,
o. fully good 3 v⅛, do. fine 4 ⁄6, Scinde good 35⁄18, f 1 88 8 g /16, Bengal fully
radford, 1. Februar. (W. T. B.) Wolle etwas ge⸗ drückt, Lustre und geringe Kreuzzuchten eher schwächer, Garne c T rubig. —
St. Petersburg, 1. Februar. (W. T. B. Die Generalversammlung der Großen Russi .“ C hien bentige Ssehe; chaft hat mit 1042 gegen 17 Stimmen die Verstaatlichungs⸗ edingungen angenommen.
Amsterdam, 1. Februar. (W. T. B. z 8 good ordinary 52 ¼. — Bankazinn 44 ½. ) Java⸗Kaffee
Reaktionen.
Sofia, 1. Februar. (W. T. B.) Die Arbeiten beim Bau des Hafens von Burgas sind definitiv der belgischen Firma Casse u. Liekens zugesprochen worden, deren Angebot von 4 230 000 Fr. das günstigste war.
New⸗York, 1. Februar. (W. T. B.) Die Börse eröffnete träge, wurde im weiteren Verlauf im allgemeinen recht fest und schloß fest. Der Umsatz der Aktien betrug 143 000 Stück. Der Silber⸗ vorrath wird auf 155 000 Unzen geschätzt.
Weizen eröffnete fest und etwas steigend nach Eröffnung infolge kleiner Abladungen und Deckungen der Baissiers, dann Reaktion auf Verkäufe, später wieder steigend auf Berichte über Ernteschaden. Schluß fest. — Mais steigend nach Eröffnung infolge der Festigkeit des Weizens und großer Käufe, später abgeschwächt auf erwartete Zu⸗ nahme der Ankünfte. Schluß stetig.
„Chicago, 1. Februar. (W. T. B.) Weizen allgemein fest während des ganzen ages, infolge Berichte über Schaden an der Wintersaat, dann Reaktion auf Zunahme der Eingänge, später erholt infolge Deckungen der öu sowie auf politische Nachrichten aus England. Schluß fest. — Mais fallend den ganzen Tag mit wenigen