1894 / 37 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kommission für die zweite Lesung des Ent⸗ wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 5. bis 7. Februar zunächst den Rest der Vorschriften über die Errungenschaftsgemeinschaft (§S 1410 bis 1430).

Der von der Schuldenhaftung handelnde § 1423 wurde mit einigen aus früheren Beschlüssen sich ergebenden Aenderungen sachlich nach dem Entwurf angenommen. Auch

die Vorschriften des § 1424 über die Zwangsvollstreckung gegen das Gesammtgut und über den Einfluß des Kon⸗ kurses auf das Gesammtgut erfuhren sachlich keine An⸗ fechtung; man war aber einverstanden, diese Vorschriften in die Zivilprozeßordnung und in die Konkursordnung zu verweisen. Zustimmung fanden ferner die Vorschriften des § 1425, wonach auf die gesetzliche Unterhaltspflicht der Fhegatten gegenüber Verwandten die bei der all⸗ gemeinen Gutergemeinschaft geltenden Vorschriften des § 1363 entsprechende Anwendung finden sollen, ebenso die Bestimmungen der §§ 1426, 1427 über die im Ver⸗ hältnisse der Ehegatten zu einander bestehende Ausgleichungspflicht hinsichtlich der Gesammtgutsverbind⸗ lichkeiten und der Gewährung einer Ausstattung an gemein⸗ schaftliche oder an nicht gemeinschaftliche Kinder, sowie die Vorschriften des § 1428 über die Zeit der Geltendmachung gegenseitiger Ansprüche der Ehegatten. Die §§ 1429, 1430, die im Anschluß theils an die all⸗ gemeine Gütergemeinschaft theils an das gesetzliche Güterrecht die Gründe der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft und das Rechtsverhältniß nach der Auflösung be⸗ stimmen, gelangten mit den aus früheren Beschlüssen sich er⸗ gebenden Aenderungen sachlich im wesentlichen nach dem Entwurf zur Annahme. Neu hinzugefügt wurde die Vorschrift, daß nicht nur durch die Todeserklaärung des Mannes, sondern auch durch die Todeserklärung der Frau die Errungen⸗ chaftsgemeinschaft aufgelöst wird und daß, wie der für todt erklärte Mann 1430 Abs. 1), so auch die für todt erklärte Frau im Falle der Rückkehr die Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft verlangen kann. Gestrichen wurde die Vorschrift in Abs. 2 Satz 2 des § 1430, wonach das Recht der Frau, im Falle der Auflösung der Gemeinschaft durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Mannes auf die Wiederherstellung der Gemeinschaft zu klagen, erlöschen soll, wenn die Klage nicht vor der Beendigung des Konkurses erhoben worden ist. ““

Nachträglich erhielt der in der vorigen Sitzung angenommene § 1412, wonach Sondergut eines Ehegatten insbesondere auch die Gegenstände sind, die er während der Dauer der

Errungenschaftsgemeinschaft durch Schenkung oder als Aus⸗ stattung erwirbt, den Zusatz, daß dies nicht gelten soll von Zuwendungen, die als Einkünfte anzusehen sinrd.ʒ 1

Die Berathung wandte sich sodann den Vorschriften über die Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft (§§ 1431 bis 1434) zu.

Der § 1431, welcher den Grundsatz ausspricht, daß auf diese Gemeinschaft die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden, wurde nicht beanstandet. Auch die Vorschriften des § 1432 über das Sondergut der Ehegatten und den Begriff des un⸗ beweglichen Vermögens im Sinne der Gemein⸗

beweglichen Vermögens und der Errungen⸗

schaft, sowie die Vorschriften des § 1433 über die Gemeinschaftlichkeit der durch Erbfolge u. s. w. begrün⸗ deten Verbindlichkeiten des einen oder des anderen Ehegatten fanden sachlich im wesentlichen Zustimmung. Mit Rücksicht darauf aber, daß nach dem früher zu § 1351 ge⸗ faßten Beschluß bei der allgemeinen Gütergemeinschaft Sonder⸗ gut im Sinne des Entwurfs nicht zugelassen werden soll, wurde beschlossen, den Inhalt des § 1351 Abs. 1 hierher zu übertragen und an Stelle des § 1351 Abs. 2 dem § 1432 die Bestimmung hinzuzufügen, daß bei der Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft auf das Sonder⸗ gut die bei der Errungenschaftsgemeinschaft geltenden Vor⸗ chriften Anwendung finden. Abweichend von dem Entwurf 1431 Abs. 1 verbunden mit §§ 1346 ff.) entschied sich ferner die Mehrheit dafür, bei der Gemeinschaft des beweg⸗ lichen Vermögens und der Errungenschaft Vorbehalts⸗ ut des Mannes nicht zuzulassen. Der § 1434 schließt

ie Anwendung der Bestimmungen über die fort⸗ gesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1383 bis 1409) bei der Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungen⸗ chaft überhaupt aus. Es war beantragt worden, eine Aus⸗ nahme von diesem Grundsatz in der Weise eintreten zu lassen, daß die genannten Bestimmungen Anwendung zu finden haben, wenn der Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch Ehevertrag vereinbart ist. Die Mehrheit schloß sich diesem Antrage an. Dagegen wurde der Anregung, diese Vorschrift uch auf die Errungenschaftsgemeinschaft auszudehnen,

eine Folge gegeben.

Die 8h c bis 1439 enthalten nähere Bestimmungen ber die Veröffentlichung von Eheverträgen und anderer in den vermögensrechtlichen Verhältnissen der Ehe⸗ atten eingetretener Aenderungen, deren Wirksamkeit gegen Dritte durch die Veröffentlichung gesetzlich bedingt ist. Nach em § 1435 Abs. 1 erfolgt die Veröffentlichung durch Ein⸗ ragung in das von jedem Amtsgericht zu führende ehe⸗ echtliche Register. Diese Vorschriften sowie die Zorschriften des § 1435 Abs. 2 über die Oeffent⸗ ichkeit des Registers gelangten sachlich nach dem Entwurf mit dem Zusatz zur Annahme, daß durch Anordnung der Landes⸗Justizverwaltung die Führung des Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht

übertragen werden kann. Auch die Vorschriften des § 1436 über die örtliche Zuständigkeit für die Eintragung und über die Wiederholung der Eintragung im Fall einer späteren Verlegung des Wohnsitzes wurden unter Ablehnung eines Antrags, wonach in einem solchen 9 eine neue Eintragung in das Register des Amts⸗ erichts, in dessen Bezirk der Wohnsitz verlegt ist, nicht er⸗ orderlich sein sollte, genehmigt. Der § 1437 erfordert, von einzelnen besonders hervorgehobenen Fällen abgesehen, in denen der Antrag eines Ehegatten genügen soll, zur Wirksamkeit der Eintragung in das Register den Antrag beider Ehegatten, insbesondere auch für die Eintragung eines Fhevertrags. Der Antrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. S dessen wurde beschlossen, daß die einzutragende Aenderung von den Ehegatten persönlich oder in öffentlich beglaubigter Form anzumelden ist, daß aber, wenn die Aenderung lediglich auf der Erklärung des einen Ehegatten beruht (vergl. § 1278 Abs. 4, § 1307 Abs. 3), dessen Anmeldung und, wenn die Aenderung auf einem Ehevertrag

oder auf einer gerichtlichen Entscheidung (vergl. § 1327

bis 4, §S§ 1330 bis 1332, 1381, 1429, 1430) beruht, die An⸗ meldung des einen oder des anderen Ehegatten genügen soll, sofern im letzteren Falle mit der Anmeldung die Vorlegung des Ehevertrags oder der mit dem Zeugnisse der Rechtskraft versehenen richterlichen Entscheidung verbunden wird. Bei Ver⸗ legung des Wohnsitzes soll jedoch zur Eintragung in das Register des neuen Wohnsitzes 1436 Satz 2) der Antrag eines Ehegatten nur dann genügen, wenn mit der Anmeldung eine nach der Aufhebung des früheren Wohnsitzes ertheilte Abschrift aus dem Register des früheren Wohnsitzes vor⸗ gelegt wird. Einvernehmen bestand, die Wirksamkeit der Eintragung abweichend von dem Entwurfe nicht von der erfolgten Anmeldung abhängig zu machen. Gegen den sachlichen Inhalt des § 1437 Abs. 2, wonach die Ein⸗ tragung nach Maßgabe des Inhalts der Anmeldung erfolgen soll, erhob sich kein Widerspruch, ebensowenig gegen die Vor⸗ schrift des § 1438 über die gegenseitige Verpflichtung der Ehegatten, zur Stellung des Antrags mit⸗ zuwirken, soweit die Anmeldung eines der Ehe⸗ gatten nicht genügt, und gegen die Vorschriften des § 1439 über die öffentliche Bekanntmachung der Eintragung. Verschiedene Anträge, die Vorschriften der §§ 1435 bis 1439 über das eherechtliche Register sämmt⸗ lich oder doch insoweit, als sie lediglich das Verfahren regeln, dem in Aussicht genommenen S über das Verfahren in Angelegenheiten der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit einzufügen, fanden nicht die Zustimmung der Mehrheit (vergl. die §§ 49 ff. des Entw. II).

Die Kommission ging sodann zur Berathung der Vor⸗ schriften über die Scheidung und Trennung von Tisch und Bett (§S 1440 bis 1463) über. Auf die Anregung eines Mitgliedes verständigte man sich dahin, die endgültige Abstimmung über diesen Titel bis zum Abschluß der Berathung der einzelnen Bestimmungen vorzubehalten.

Zu dem § 1440 Abs. 1, welcher die Zulässigkeit der Auflösung der Ehe durch Scheidung ausspricht, war von einer Seite der Zusatz beantragt, daß die Scheidung für den der katholischen Kirche angehörenden Ehegatten die Auf⸗ lösung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft bewirke, ihn aber nicht berechtige, während des Lebens des anderen Ehegatten eine neue Ehe zu schließen. Die Mehrheit entschied sich unter Ablehnung dieses Zusatzes für den Standpunkt des Entwurfs. Gegen die Vorschriften des § 1440 Abs. 1, 2, wonach eine Ehe nur durch gerichtliches Urtheil und nur in den gesetzlich bestimmten Fällen geschieden werden kann, erhob sich, vorbehaltlich der Fest⸗ stellung der einzelnen Scheidungsgründe und vorbehaltlich der von einigen Seiten angeregten Frage der Zulassung der Scheidung auf Grund gegenseitiger Einwilligung der Ehe⸗ gatten, kein Widerspruch. Insbesondere war man mit der vesfheüng des landesherrlichen Scheidungsrechts ein⸗ verstanden.

Gegenüber dem § 1440 Abs. 3 Satz 1, wonach auf beständige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett nicht erkannt werden kann, lag der Antrag vor, einem Ehegatten, der auf Scheidung klagen könne, das Recht zu geben, statt auf Scheidung auf dauernde Aufhebung der häuslichen und ehelichen; Gemeinschaft zu klagen, jedoch mit der Einschränkung, daß, wenn der andere Ehegatte die Scheidung verlange, die Klage als Klage auf Scheidung anzusehen sei. Weiter sollte diesem Antrage zufolge bestimmt werden, daß, wenn auf dauernde Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft erkannt sei, nach Ablauf von zwei Jahren jeder der Ehegatten, sofern nicht die Wiederaufnahme des ehelichen Lebens stattgefunden habe, auf Grund des Urtheils im Wege einer neuen Klage Scheidung verlangen könne. Der Antrag wurde abgelehnt. Andererseits erklärte sich die Mehrheit dafür, in § 1440 Abs. 3 den ersten Satz zu streichen, da es einer besonderen Hervorhebung, daß auf beständige Trennung von Tisch und Bett nicht erkannt werden könne, nicht bedürfe. Die Ent⸗ scheidung der Frage, ob und inwieweit es zulässig sein solle, auf zeirweilige Trennung von Tisch und Bett zu erkennen, blieb bis zur Berathung des § 1444 vorbehalten.

Der § 1441 Abs. 1, wonach ein Ehegatte auf Scheidung klagen kann, wenn sich der andere Ehegatte des Ehebruchs, der Doppelehe oder eines nach dem § 175 des Straf⸗ gesetzbuchs strafbaren Fleischesvergehens schuldig gemacht hat, gelangte nach dem Entwurf zur Annahme, ebenso der § 1441 Abs. 2, wonach in diesen Fällen das Recht auf Scheidung ausgeschlossen sein soll, wenn der klagende Ehegatte der nach Abs. 1 die Scheidung begründenden Handlung des anderen Ehegatten zugestimmt oder sich der Theilnahme an derselben schuldig gemacht hat. Gegen den § 1442, welcher einem Ehegatten das Recht giebt, auf Scheidung zu klagen, wenn ihm der andere Ehegatte nach dem Leben gestellt hat, erhob sich kein Wider⸗ spruch. Auch die Vorschriften des § 1443 über die Scheidung wegen böslicher Verlassung wurden unter Ablehnung eines auf die Beseitigung dieses Scheidungs⸗ grunds gerichteten Antrags sachlich nach dem Entwurf an⸗ genommen. Der Anregung, die ee.; wegen böslicher Verlassung auszuschließen, wenn der schuldige Ehegatte vor der Erhebung der Scheidungsklage die dausliche Gemeinschaft wiederherstelle, wurde keine Folge gegeben.

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In der heutigen Nummer des „Reichs⸗Anzeigers“ werden die Namen der für die gegenwärtige Legislaturperiode vom Bundesrath und vom Reichstag neu⸗ bezw. wiedergewählten Mitglieder der Kommission für Arbeiterstatistik veröffentlicht. Neu gewählt sind der Großherzoglich hessische Regierungs⸗Rath Freiherr von Gemmingen, sowie die Reichstags⸗Abgeordneten Dr. Kropatscheck, Letocha, Merbach und Schmidt (Elberfeld). Von den bisherigen Mit⸗ gliedern sind ausgeschieden die früheren Mitglieder des Reichstags Biehl, Dr. Hartmann und Dr. Hirsch. Der Unter⸗ Staatssekretär im Reichsamt des Innern Dr. von Rottenburg und der Direktor des Kaiserlichen Statistischen Amts Dr. von Scheel, welche am 13. April 1892, ersterer zum Vorsitzenden, letzterer zum Mitglied der Kommission auf fünf Jahre ernannt worden sind, gehören der Kommission auch weiterhin an.

Am 8. d. M. verstarb zu München im Alter von 85 Jahren der Senior unserer früheren Diplomaten, Freiherr Karl von Werther. Geboren am 30. Januar 1809 zu Königsberg, trat Freiherr von Werther, nachdem er im Juni

1890 die erste juristische Prüfung bestanden, gegen Ende 1892

zur diplomatischen Laufbahn über und wurde nach bestandenem diplomatischen Examen im April 1834 zum Legations⸗Sekretär ernannt. Als solcher süehera er von 1834 bis 1841 bei den preußi⸗ schen Gesandtschaften in München, im Haag, in London und Paris. Von 1842 ab war er Gesandter in Bern und Athen sowie seit 1849 in Kopenhagen, bis er im Frühjahr 1854 nach Ausbruch des Krieges der Westmächte gegen Rußland als Gesandter nach St. Petersburg entsandt wurde. Nachdem er im Mai 1856 zum Wirklichen Geheimen Rath ernannt war, wurde er an⸗ fangs 1859 bei Beginn der italienischen Verwickelungen als Gesandter nach Wien entsandt und verblieb daselbst bis zum Beginn des Krieges von 1866. Im August 1866 nahm er an den Friedensverhandlungen theil und zeichnete den Prager Friedensvertrag; demnächst kehrte er auf den Posten in Wien zurück. Im Oktober 1869 zum Botschafter in Paris ernannt, fungierte er in dieser Stellung bis zum Ausbruch des deutsch⸗ französischen Krieges. Von 1871 bis Frühjahr 1874 befand er sich im Ruhestande, bis er im Mai 1874 zum Botschafter in Konstantinopel ernannt wurde. Diesen Posten bekleidete er, bis er bei Ausbruch des russisch⸗türkischen Krieges, im Früh⸗ jahr 1877, von Konstantinopel abberufen und unter Verleihung des Schwarzen Adler⸗Ordens in den definitiven Ruhestand ver⸗ setzt wurde. Von da ab lebte Freiherr von Werther bis zu seinem Tode in München. Sein Name bleibt mit den

wichtigsten Ereignissen der Neuzeit eng verknüpftt.

Der General⸗Lieutenant Müller, Kommandeur der

12. Division, hat Berlin wieder verlassen.

Der Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen Hofe Bernhard von Bülow ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte in Karlsruhe, Wirkliche Ge⸗ heime Rath von Eisendecher hat einen ihm Allerhöchst be⸗ willigten kurzen Urlaub angetreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Burchard ist hier ange⸗ kommen. 9 8

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Schleswig, 11. Februar. Am heutigen Tage, Mittags 12 Uhr, wurde in der Stadt Schleswig der 28. Schleswig⸗ Holsteinische Provinzial⸗Landtag in Gegenwart von 55 Abgeordneten von dem Ober⸗Präsidenten, Wirklichen Ge⸗ heimen Rath von Steinmann mit nachstehender Ansprache eröffnet:

Hochgeehrte Herren!

Bei Ihrem Zusammentreten zum 28. Schleswig⸗Holsteinischen Provinzial⸗Landtage bringe ich Ihnen den Willkommensgruß der Königlichen Staatsregierung entgegen.

Der Druck, unter welchem das Wirthschaftsleben im großen Vaterlande und über dessen Grenzen hinaus während des verflossenen Jahres zu leiden hatte, ist auch an unserer Provinz nicht vorüber⸗ gegangen.

Für die Landwirthschaft trat noch hinzu, daß infolge der an⸗ haltenden Dürre des Frühjahrs in vielen Gegenden die Entwickelung des Wintergetreides litt und Heu und Futterkräuter nicht in der ge⸗ wöhnlichen Menge gewonnen wurden. Auch die Viehweiden boten fast überall ein recht trauriges Bild. Von Futternoth, wie sie ander⸗ wärts geherrscht hat, war bei uns gleichwohl nicht die Rede. Aus einzelnen Distrikten des Westens konnten im Gegentheil ansehnliche Mengen von Rauhfutter nach Mitteldeutschland ausgeführt werden.

Handel und Industrie vermochten sich abgesehen von einigen wenigen Betriebszweigen der allgemeinen Ungunst der Geschäfts⸗ lage naturgemäß am wenigsten zu entziehen. Aus ihren Kreisen Seiten der Rhederei werden Klagen deshalb besonders ver⸗ nehmbar.

Der Nord⸗Ostsee⸗Kanal geht der Vollendung im Jahre 1895 entgegen. 8

An den die Vervollständigung des Staatsbahnnetzes bezweckenden Projekten, welche dem Landtage der Monarchie neuerdings zur Be⸗ schlußnahme vorgelegt worden sind, ist unsere Provinz mit der lang⸗ erstrebten Bahnlinie Sonderburg Pattburg und Tingleff befbejsigt

Die Linie Oldesloe Hagenow geht, nachdem die landespolizeili

Prüfung stattgefunden hat, der Ausführung entgegen. Der Neubau des großen Bahnhofes für Altona ist in wichtigen Theilen fertig gestellt. Die Inangriffnahme des Bahnhofbaues für Kiel steht bevor. Für den Bau von Klein⸗ und Anschlußbahnen ist eine Reihe von Projekten im Gange. Nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfange Kleinbahn⸗Unternehmungen aus Mitteln der zu unterstützen sein werden, wird Ihrer durch eingehende Berichterstattung des Provinzial⸗Ausschusses vorbereiteten Beschlußnahme im Laufe der gegenwärtigen Tagung unterliegen. 1

Die Einführung der neuen Landgemeinde⸗Ordnung ist allenthalben ohne Schwierigkeiten erfolgt. Das Gesetz funktioniert bestens.

Die eigene kommunale Verwaltung der Provinz ist in allen Zweigen in dem gewohnten guten Gange weitergeführt worden. Die Irrenanstalt zu Neustadt, welche die Provinz in den Stand setzt, einen Theil der durch das Gesetz vom 11. Juli 1891 ihrer Fürforge überwiesenen Geisteskranken in trefflich eingerichteten Räumlichkeiten unterzubringen, ist im Laufe des letzten Jahres eröffnet worden. Für die übrigen Kategorien der durch das Gesetz der Fürsorge der Provinz überwiesenen Unglücklichen werden einstweilen noch Gemeinde⸗ und Privat⸗Anstalten benutzt. .

Von der Königlichen Staatsregierung wird Ihr Gutachten iu⸗ nächst erfordert über eine nothwendige Einzelabänderung der pro⸗ vinziellen Ausführungs⸗Verordnung zu dem Fischereigesetz. 8

Außerdem geht Ihnen, früherer Zusage gemäß, der Entwurf einer neuen Bau⸗Polizeiordnung für das platte Land zur Abgabe eines Gutachtens zu. Derselbe soll, unter Schonung der Lebens⸗ gewohnheiten, sowie der in den klimatischen und sonstigen Verhält⸗ nissen begründeten Wirthschaftsweise unserer ländlichen Bevölkerung, die zur Zeit bestehenden baupolizeilichen Vorschriften nur infoweit abändern, als dies nach den formalen Bestimmungen des neuen Ver⸗ waltungsrechts erforderlich ist oder durch überwiegende öffentliche Interessen unbedingt geboten erscheintt. 1“

Im übrigen, meine Herren, wird der Provinzial⸗Landtag sich voraussichtlich allein mit nder eigentlichen Kommunalverwaltung der

rassign zu beschsftigen babon

* Mit dem Wunsch, daß Ihre Berathungen auch dieses Mal unserer Provinz zum Segen gereichen mögen, erkläre ich nunmehr den Penele Srvs im Namen Seiner Majestät des Königs für eröffnet.

Unter dem Vorsitz des an Jahren ältesten Mitgliedes der Versammlung, des Landes⸗Direktors von Ibl elbee. wurde mittels Acclamation der Klosterpropst Graf von Reventlou⸗Preetz wiederum zum Vorsitzenden des Provinzial⸗ Landtags, und der Ober⸗Bürgermeister, Geheime Regierungs⸗ Rath Toosbüy⸗Flensburg zum stellvertretenden Vorsitzenden

gewählt. 18 8 Der Vorsitzende begrüßte darauf die Versammlung und brachte auf Seine Majestät den Kaiser und König ein

dreimaliges Hoch aus, in welches die Versammlung begeistert

einstimmte.

8 Mittel mit der Bedingung bereit, daß der für diese Strecke erfor⸗ derli

Bonn, 11. ebenor. Prinz und die Prinzessin Heinrich trafen heute Vor⸗ mittags 10 ¼ Uhr hier ein und wurden auf dem Bahnhof von Seiner Durchlaucht dem Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg⸗Lippe empfangen.

Münster, 11. Februar. Mittag 12 ½ Uhr wurde der Landtag der Provinz Westfalen im Sitzungssaale des hiesigen Ständehauses, nachdem zuvor die Mitglieder des Landtags dem im Dom bezw. in der evangelischen Kirche ab⸗ gehaltenen feierlichen Gottesdienst beigewohnt hatten, durch den Königlichen Landtags⸗Kommissar, Wirklichen Geheimen Rath und Ober⸗Präsidenten der Provinz Westfalen Studt mittels folgender Ansprache eröffnet:

„Hochgeehrte Herren!

Die Vorlagen, mit welchen sich der Provinzial⸗Landtag in dieser Tagung iu beschäftigen haben wird, sind für die wirthschaftliche Ent⸗ pickelung und die Wohlfahrt der Provinz zum theil von erheblicher Tragweite.

Durch das Gesetz über die Kleinbahnen ist den Provinzial⸗ verbänden die Möglichkeit eröffnet, auf die Ausgestaltung dieses wichtigen Verkehrsmittels fördernden Einfluß zu üben. Die in der bezüglichen Denkschrift des Landeshauptmanns dargelegten Gesichts⸗ punkte werden es dem Provinzial⸗Landtag erleichtern, zu der Klein⸗ bahnfrage Stellung zu nehmen und solche Maßnahmen ausfindig zu machen, welche die zur Zeit dem Verkehr nicht genügend erschlossenen Begenden der Wohlthaten einer Kleinbahnverbindung theilhaftig machen sollen. .

Zum Zwecke der Errichtung einer Landeskultur⸗Rentenbank für die Provns Meüfalen ist Ihrem vorjährigen Beschlusse gemäß von dem ein Statut entworfen, dessen Prüfung Ihnen ob⸗ liegen wird.

Die Landesbank, an welche die Landeskultur⸗Rentenbank als be⸗ sondere Abtheilung angeschlossen werden soll, bedarf aus diesem Anlaß, sowie zur Erfüllung der sonstigen ihr zugewiesenen Aufgaben, ver⸗ stärkter Betriebsmittel, die auf dem Wege einer Provinzialanleihe zu beschaffen sein werden.

Nachdem durch statistische Erhebungen feststeht, daß das Vor⸗ kommen des Milzbrandes unter dem Viehstande der Provinz keines⸗ wegs ein so seltenes ist, wie früher angenommen wurde, wird Ihrer⸗ seits die Frage in erneute Erwägung zu ziehen sein, ob für die Ein⸗ führung der Verpflichtung zum Schadenersatze für das an dieser Seuche gefallene Vieh ein Bedürfniß vorliegt. G

Der von dem Fischereivereine für Westfalen und Lippe aus⸗ gearbeitete und von dem Provinzialausschuß in seinen Grundgedanken gebilligte Entwurf eines Gesetzes, welches die Ausübung der Adjazenten⸗ sischerei in den Privatflüssen nach dem Muster der Jagd regelt, wird Ihnen Gelegenheit bieten, den vorliegenden nochmaligen Versuch zur gesetzlichen Beseitigung der Uebelstände, die unleugbar mit jener Art der verbunden sind, einer Begutachtung zu unterziehen.

Als ein wichtiger Berathungsgegenstand ist ferner zu nennen

die Feststellung der Bedingungen für die Aufnahme der Lehrer an den höheren und mittleren nichtstaatlichen Lehranstalten in die Westfälische Wittwen⸗ und Waisenversorgungskasse. Durch die Vorlage eines Entwurfs der betreffenden Statutabänderungen ist der Provinzial⸗ ausschuß dem von dem 34. Provinzial⸗Landtag ertheilten Auf⸗ trage nachgekommen.

Das Gesetz über den Bau neuer Schiffahrtskanäle vom 9. Juli 1886 sieht die Herstellung eines Kanals vor, welcher den Rhein mit der Ems, Weser und Elbe zu verbinden bestimmt ist, und stellt die zu⸗

vörderst zum Bau der Kanalstreckevon Dortmund nach der unteren Ems

sche Grund und Boden unentgeltlich überlassen wird. In weiterer Ausführung der Absicht des Gesetzes hat die Königliche Staats⸗ regierung nunmehr die Herstellung der Verbindung des Dortmund⸗ Emshäfenkanals mit dem Rheine, und zwar durch den Ausbau der sogenannten Südemscherlinie, ins Auge gefaßt, hierbei jedoch von der vorerwähnten Bedingung Abstand genommen und nur die Gewährung einer Bürgschaft für die Verzinsung eines bestimmten Theils des Baukapitals, sowie der Betriebs⸗ und Unterhaltungskosten, soweit diese Zinsen und Kosten nicht aus den Einnahmen der Kanalstrecke Deckung finden, beansprucht. Es ist davon ausgegangen, daß die Kommunal⸗ verbände der beiden zunächst betheiligten Provinzen, Rheinland und ge diese Bürg schaft zu be unter Heran⸗ ziehung der besonders interessierten Kreise im Wege der Me . zu übernehmen haben werden. 2

Lassen Sie mich, verehrte Herren, der Hoffnung Ausdruck geben,

daß der von Ihnen hiernach zu fassende Beschluß dazu beitragen möge, diese für die gesammten Verkehrsinteressen unseres Vaterlandes be h bes Angelegenheit zu einem gedeihlichen Abschluß zu ringen. Der Inhalt der zum ersten Mal wieder für eine zweijährige Etatsperiode aufgestellten Voranschläge, sowie des von dem Provinzial⸗ ausschuß erstatteten Verwaltungsberichts liefert aufs neue, wie Sie zu Threr Befriedigung erkennen werden, den Beweis, daß die provinziale Selbstverwaltung den ihr gestellten hohen Zielen mit unablässigem ee.sen nachstrebt und daß bei Bemessung der Ausgaben in eschäftszweigen ein sichti Sparsamkeit beobachtet wird. 8

Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich den 35. Provinzial⸗Landtag der Provinz Westfalen für eröffnet.

Das älteste Mitglied der Versammlung, Justiz⸗Rath Geck aus Hagen, brachte nach Worten der Erwiderung ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte.

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Der Referent des zweiten und dritten Ausschusses der Kammer der Reichsräthe von Auer beantragt in seinem Referat, über den Beschluß der Kammer der Abgeordneten, zan die Königliche Staatsregierung die Bitte zu richten, im Bundesrath dahin zu wirken, daß durch gesetzgeberische Maß⸗ ahmen den schäd ichen Auswüchsen der Geld⸗, Frucht⸗ und Waarenbörse nachdrücklichst entgegengetreten werde“, zur Tages⸗ rdnung überzugehen. In der Begründung wird ausgeführt: ie Auswüchse im Saugeeg würden in ganz Deutschland als ein Uebel betrachtet, die Anregung im? eichstage werde seiner Heit sowieso Früchte bringen; in Bayern seien diese Auswüchse weniger empfunden worden, als an den großen deutschen Börsenplätzen, wenn auch nicht zu leugnen sei, daß der Verkehr auf den Börsen in Berlin und Frankfurt seine Wirkung auch auf Bayern ausdehne; ie dre gh Wandlung vor allem da geschaffen werden, wo das Uebel seinen Sitz habe. Der bayerische Landtag möge sich mit solchen Materien nicht befassen, die besser dem Reichsteg vorbehalten blieben. Die bayerische Regierung aber bedürfe keiner solchen Resolution, um an der endlichen Abhilfe mitzuwirken. Der Petitionsausschuß der Kammer der Ab⸗ geordneten hat, wie die „Neuesten Nachrichten“ melden, die Petition wegen Verbots des Schächtens abgelehnht.

Das gestern früh über das Befinden Seiner Majestät des 8589 6 Weegtre Bulletin besagt: 8 28 e Majestät sind im Laufe des gestrigen Tages frei von Schmerzen geblieben, auch funktioniert das erkrankte 888 in nahezu

Ihre Königlichen Hoheiten der

Das heute Vormittag ausgegebene Bulletin lautet:

In dem Besinden Seiner Majestät ist seit gestern eine Aender g nicht eingetreten, insbesondere hat die Blutbeimischung eine Abnahme nicht erfahren. Schlaf und Appetit sind befriedigend.

Seeine Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern ist am Sonnabend zu einem kurzen Besuch Ihrer Majestäten des Königs und der Königin in Dresden eingetroffen.

1ö1“¹ Zweite Kammer hat in ihrer Sitzung vom 9. d. M. den Gesetzentwurf über die Gewährung von Entschädigungen bei Seuchenverlusten in namentlicher Abstimmung ein⸗ stimmig angenommen.

88 . Mecklenburg⸗Strelitz. Wie die „Nstr. Ztg.“ hört, hat Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin die beabsichtigte Reise nach Dessau auf⸗ geschoben.

Braunschweig.

Der Staatshauahalts⸗Etat für die nächsten zwei Jahre gestattet, wie „W. T. B.“ meldet, den Erlaß der zehnten Stufe der Personalsteuer sowie einer Monatsrate der Grund⸗ und Gewerbesteuer; den Gemeinden werden außer 6 Proz. Erhebungsgebühren 17 Proz. aller direkten Steuern mit 700 000 und den Kreisen weitere 270 000 überwiesen; dagegen soll eine Million Mark für außerordentliche Bauten, statt wie früher aus dem Ordinarium, durch eine Anleihe ge⸗ deckt werden.

Sachsen⸗Meiningen. 3

Der Landtag hat am 9. d. M. das Besoldungs⸗ gesetz für die Volksschullehrer im ganzen genehmigt. Die Aufbringung der Alterszulagen in den Städten wurde dahin geregelt, daß die Alterszulagen vom Staat zu gewähren sind, soweit nicht die sieben größten Städte die Hälfte davon zu tragen haben. In seiner vor⸗ gestrigen Sitzung bewilligte der Landtag, wie die „Magd. Ztg.“ erfährt, 200 000 zur weiteren Abhilfe des Futter⸗ mangels und Kererecs sodann den Etat und das Steuergesetz. Hierauf erfolgte die Vertagung des Landtags.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Seine Königliche Hoheit der Herzog empfing, wie die „Goth. Ztg.“ meldet, am Freitag in Gotha den italienischen außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter in Berlin, General⸗Lieutenant Grafen Lanza und den portugiesischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Berlin, Vicomte de Pindella behufs Entgegennahme der Accreditive als außerordentliche Gesandte und evollmächtigte Minister am Herzoglichen Hofe. Nach der Audienz erfolgte die

Königlichen Hoheit der Herzogin.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die „Wiener Zeitung“ von gestern veröffentlicht ein Kaiserliches Handschreiben an den Minister⸗Präsidenten Fürsten Windischgrätz, wodurch der Reichsrath auf den 22. d. M. wird.

Der niederösterreichische Landtag beschloß, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner Sitzung vom dem Frauenerwerbsverein eine Subvention von 500 Gulden zu gewähren. Die Antisemiten protestierten gegen die Gültigkeit dieses Beschlusses, da, wie sie behaupteten, das Haus beschluß⸗ unfähig sei. Der Landmarschall verkündigte den Beschluß als gültig, worauf die Antisemiten unter lebhaften Protestrufen den Saal verließen. Die Sitzung wurde darauf wegen Be⸗ schlußunfähigkeit geschlossen. Das Unterrichts⸗Ministerium hat die sofortige Schließung der Vorlesungen und die Einstellung der Thätigkeit der Technischen Hochschule in Graz angeordnet, nachdem die Hörer am Freitag dem Regierungs⸗ vertreter gegenüber die Urheberschaft einer Broschüre zuge⸗ standen hatten, welche jüngst ohne Angabe des Druckorts erschienen war und heftige Ausfälle gegen den Lehrkörper und den vor⸗ jährigen Rektor wegen dessen Stellungnahme zu der Studentenbewegung 589 die durch den Erlaß des Kriegs⸗ Ministeriums wegen des Verbots der Zugehörigkeit der Reserve⸗Offiziere zu⸗ Studentenverbindungen hervorgerufen war. Der Gemeinderath von Graz beschloß, eine Petition an das Unterrichts⸗Ministerium um Ruückgängigmachung des Beschlusses wegen Schließung der technischen Hoch⸗ schule zu richten. Der Bürgermeister erklärte, er werde die Petition am Sonntag persönlich dem Minister unterbreiten. Im steierischen Landtag ward eine von sämmtlichen Abgeordneten unterzeichnete Interpellation eingebracht, worin von dem Unterrichts⸗Ministerium die Einleitung einer Untersuchung über die Verhältnisse der technischen Hochschule unter Eingehen auf die tieferen Ursachen der beklagenswerthen Vorgänge ge⸗ fordert wird. In seiner Antwort erklärte der Statt⸗ 2 Freiherr von Kübeck, der Unterrichts⸗Minister habe den von den Studenten gewünschten Empfang einer Deputation unter den durch die Disziplin gebotenen Voraussetzungen zugestanden. Die Studenten hätten dieses Zugeständniß jedoch nicht angenommen und seien nicht er⸗ schienen, sie haͤtten vielmehr ihr Anliegen disziplinarwidrig in einer Broschüre niedergelegt. Die Regierung werde die Autorität der Lehrerschaf und die Disziplin unter den Stu⸗ dierenden aufrecht erhalten.

Der Vorarlberger Landtag ist am Freitag vor Be⸗ ginn der Wehrausschußsitzung auf Allerhöchste Verordnung ver⸗ tagt worden. Es handelt sich dabei um einen Konflikt, der infolge von Abänderungen ausgebrochen ist, die der Wehr⸗ ausschuß dieses Landtags an der Regierungsvorlage über die Reorganisation der Tirol⸗Vorarlberger Landes⸗ vertheidigung, vorgenommen hat. Der betreffende Ausschuß hatte insbesondere bem 1 8 die Bestimmung angefügt, daß, wer sich der Soldatenmißhandlung schuldig mache oder sich irgendwo an einem Duell betheilige, unfähig sein solle, eine Offiziers⸗ oder Unteroffiziets⸗Charge zu erhalten oder beizubehalten.

In der vorgestrigen Sitzung des I1“ Unter⸗ See erklärte der Minister⸗Präsident r. Wekerle, die

egierung halte an dem mitgetheilten Programm fest und werde das Eherechtsgesetz zugleich mit der Revision des Gesetzes von 1868 Sanktion unterbreiten. Auf eine Interpellation über die erventuelle Errichtung einer

normaler Weise. Die Blutmischun 1 Sei Maeis⸗ . gen sind in der Abnahme. Seine bajestät beobachten noch immer strenge Bettuhe.

Vorstellung der beiden Gesandten bei Ihrer Kaiserlichen und

wortete der Minister⸗Präsident, Ungarn habe allerdings das Recht der Errichtung einer selbständigen Bank, die öster⸗ reichisch⸗ungarische Bank befriedige jedoch derzeit die Bedürfnisse Ungarns auf das weitgehendste. Aus eine vom Abg. Meszlenyi eingebrachte Interpellation, worin dieser unter Hinweis darauf, daß die Regierung über die Majorität nicht mehr verfüge, anfragte, ob die Regierung nicht den Zeitpunkt für gekommen erachte, dem Könige Unterbreitungen zu machen und die Konsequenzen aus der parlamentarischen Lage zu ziehen, erklärte der Minister⸗Präsident, solange die Regierung im Hause die Majorität besitze, würde der Rücktritt eine politische Feigheit bedeuten. Die Regierung. werde ihre Prinzipien nicht im Stiche lassen. Das Haus nahm die Ant⸗ worten des Minister⸗Präsidenten mit großer Majoritat zur Kenntniß. Nächste Sitzung am 19. d. M. Auf der Tages⸗ ordnung steht das Ehegesetz.

Im Om ladinaprozeß wurde, wie aus Prag gemeldet wird, am Sonnabend Mittag das Beweisverfahren geschlossen. Die in Haft befindlichen Angeklagten weigerten sich, den Saal zu verlassen, ehe nicht das Verbot des Empfangs von Be⸗ suchen an Sonntagen wieder aufgehoben werde. Trotz der Aufforderung des Präsidenten blieben die Angeklagten auf den Plätzen. Als sie später sich zurückzogen, veran⸗ laßten sie Tumulte in den Korridoren, sodaß die bewaffnete Gefängnißwache die Ruhe herstellen mußte. Den Vertheidigern, die sich zum Präsidenten des Strafgerichts begaben, wurde bedeutet, daß die Besuche an Sonntagen nicht mehr gestattet würden, weil Mißbräuche stattgefunden hätten.

Großbritannien und Irland.

Die siebenjährige Prinzessin Victoria Eugenie von Battenberg, Tochter des Prinzen Heinrich von Battenberg, stürzte, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Nachmittag in Osborne bei einem Spazierritt vom Pferde. Die Prin⸗ zessin kehrte zu Fuß nach dem Schlosse zurück, verfiel dort aber in einen bewußtlosen Zustand, aus welchem sie bis gestern Nachmittag noch nicht erwacht war. Der Zustand der Prin⸗ zessin erregt ernstliche Besorgnisse.

Frankreich. 4

Der Präsident Carnot gab vorgestern den Mitgliedern der Sanitätskonferenz ein Frühstück von 60 Gedecken.

In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath wurden dem „W. T. B.“ zufolge Maßregeln für die Sicher⸗ heit der Truppen in Timbuktu berathen. Der Präsident Carnot unterzeichnete eine Vorlage, woxin die Dauer des Lagerns von Getreide in den Zollniederlagen auf ein Jahr beschränkt wird. . 1

In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer. gab der Minister⸗Präsident Casimir Périer Aufschluß über die Vorgänge bei Timbuktu und betonte, man dürfe deren Tragweite nicht übertreiben. Die Regierung habe Befehl gegeben gehabt, keine militärische Expedition zu unter⸗ nehmen, ohne vorher um zhren Rath angegangen zu sein. Nachdem sie die Besetzung Timbuktus erfahren, habe sie den Gouverneur des Sudan am 24. Januar telegraphisch ange⸗ wiesen, den Obersten Bonnier, sobald die Umstände es ge⸗ statteten, nach Frankreich zurückzusenden. Inzwischen habe sie empfohlen, keinen neuen Angriff zu unternehmen, aber Vor⸗ sichtsmaßregeln zu ergreifen. Der Minister⸗Präsident verlas sodann die Depeschen des Gouverneurs des Sudan (siehe die vorgestrige Nr. d. Bl.) und fügte hinzu, die Regierung habe telegraphisch mitgetheilt, sie werde sofort die erforderlichen Verstärkungen abgehen lassen; gleichzeitig seien Maßregeln er⸗ griffen worden, um, falls dies erforderlich sein sollte, neue Verstärkungen aus Algier folgen zu lassen. Von einer Räumung Timbuktus koönne nicht die Rede sein. Frankreich weiche nach diesem Zwischenfall nicht zurück; es würde dies etne große Unklugheit sein. Die Regierung werde darauf bedacht sein, ähnlichen Vorkommnissen vorzubeugen, bitte aber die Kammer, jetzt keine Berathung darüber zu beginnen. Der Zwischenfall war damit erledigt. Auf die Interpellation des Deputirten Faberot über die Schließung der Arbeitsbörse erwiderte der Minister des Innern Raynal, es sei unmöglich, die Börse wieder zu cröffnen, weil die Arbeitersyndikate das Gesetz vom Jahre 1884 nicht beobachteten; gleichzeitig erinnerte der Minister an die Umtriebe an der Arbeitsbörse. Schließlich wurde die von der Regierung angenommene einfache Tagesordnung mit 372 gegen 166 Stimmen genehmigt.

Nach der „Politischen Loerefpondenz⸗ hat der Vatikan pegen das neue französische Gesetz über die Verwaltung der Kirchenguͤter, wonach die Pfarrer dem Präfekten viertel⸗ jährlich Bericht erstatten müssen, Vorstellungen erhoben, jedoch gleichzeitig einigen französischen Bischöfen, wie dem Erzbischof von Aix, die mit heftigen, der Republik feindseligen Kund⸗ ebungen gegen das Gesetz Einspruch erhoben hatten, seine Mißbilligung ausgesprochen.

Der Redakteur des „Socialiste“ Breton ist zu zwei Jahren Gefängniß und 1000 Fr. Geldstrafe verurtheilt worden wegen Bedrohung des Präsidenten Carnot, falls dieser Vaillant nicht begnadigen würde.

Italien.

Die an auswärtigen Börsenplätzen verbreiteten Gerüchte über eine schwere Erkrankung des Minister⸗Präsidenten Crispi sind nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ unbegründet. Crispi sei bei bestem Wohlsein und habe sich vorgestern wie gewöhnlich in das Ministerium zur Erledigung von Staatsgeschäften begeben.

Spanien. 8

Am Sonnabend Nachmittag ist, wie „W. T. B.“ berichtet, in Madrid ein Ministerrath abgehalten worden, wobei die von dem Marschall Martinez Campos eingegangenen Depeschen verlesen wurden. Der Marschall meldet, der Sultan habe im Prinzip die spanischen Forderungen angenommen, eger jedoch mit der Ausführung. Der Ministerrath verfügte eshalb, daß das andalusische Armee⸗Korps und die Flotte sich für jede Eventualität bereit halten sollten. Die Untersuchung über das Attentat im Teatro Liceo in Barcelona ist zu Ende geführt; die Angeklagten werden vor das Schwurgericht gestellt werden.

Schweiz.

Der Bundesrath hat dem „W. T. B.“ zufolge dreizehn

sich in Zurich aufhaltende Anarchisten und Uögabhängiße 2 ssi,

ausgewiesen. Es sind dies die Italiener Ottino Cavichini, die Deutschen Nonnemann (Balingen)

Rigoli, Zanotta, Romanoni;

soh aznigen ungarischen Bank nach Ablauf des rivilegiums der österreichisch⸗ ungarischen Bank ant⸗

Scges 6 8 2 Aee; Wichers (Hamburg), Ries (Eschhofen), Twing (Potsdam Bender (Westfalen); der Oesterreicher Kning. . Da die