1894 / 41 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Ich Mir weitere Bestimmung vor.

rtillerie statt. Nähere Anordnungen hierüber hat das Ministerium zu treffen. 8) Bei dem Garde⸗Korps, IV., VII., IX., X., XI., XV. und XVII. Armee⸗Korps finden Kavallerie⸗Uebungsreisen nach Maßgabe der Instruktion vom 23. Januar 1879 statt. 9) Ueber die Abhaltung einer Festungsübung bei Thorn behalte

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10) Größere Pionierübungen haben bei Glatz, Verden, Mainz und Straßburg stattzufinden. Die näheren Anordnungen trifft die General⸗Inspektion des Ingenieur⸗ und Pionier⸗Korrns und der Festungen.

11) Die Rückkehr der Fußtruppen in ihre Standorte muß bis zum 29. September 1894, welcher als der späteste Entlassungstag gilt, erfolgt sein. 8 ““ 8 S. Wihimn.

Bronsart von Schellendorff.

In der am Donnerstag, 15. d. M., unter dem Vorsitz des Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzun des Bundesraths wurden der vom Reichstag zurück⸗ gekommene Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aenderung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz u. s. w., und die dazu angenommene Resolution, betreffend die Ausdehnung dieses Gesetzes auf Elsaß⸗Lothringen, somie die Vorlage, betreffend den Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen über die Sparkassen, den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Weiter wurde über den Allerhöchsten Orts zu unterbreitenden Vorschlag wegen Wiederbesetzung einer Mitgliedstelle beim Bundesamt für das Heimathwesen und über verschiedene Ein⸗ gaben Beschluß gefaßt, endlich für eine Anzahl von Reichs⸗ beamten das Ruhegehalt festgestellt.

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Durch eine Anzahl Zeitungen ist in den letzten Tagen die Nachricht gegangen, es sei eine umfassende Vereinigung der Kriegsschulen und anderer militärischer Bildungsanstalten bei Potsdam geplant. Dort sollten neue großartige Baulich⸗ keiten aufgeführt und in Verbindung mit dieser „Militär⸗ Akademie“ eine große Bade⸗ und Schwimmanstalt errichtet werden.

Die Nachricht entbehrt, wie uns von zuständiger Seite geschrieben wird, durchaus der Begründung. Es besteht die Absicht, für die sehr alte und den heutigen Anforderungen in keiner Weise genuͤgende Kriegsschule in Potsdam einen Ersatz⸗ bau zu beschaffen, zu welchem Zweck in den Etat für 1894/95 eine erste Rate zur Projektbearbeitung eingestellt ist; die Er⸗ bauung neuer Etablissements in oder bei Potsdam steht aber üherhaupt nicht in Frage.

Der Regierungs⸗Assessor Haxter zu Bielefeld ist der Königlichen Regierung zu Arnsberg und der Regierungs⸗ Assessor Dr. de Noue zu Gelsenkirchen der Königlichen zu Minden zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Kiel, 15. Februar. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich sind heute Vormittag aus Bonn hier wieder eingetroffkre.

Sachsen. 88

Das heute früh ausgegebene Bulletin über das Befinden Seiner Majestät des Königs lautet:

Die Besserung im Befinden des Königs schreitet in erfreulicher Weise fort. Der Schlaf ist gut, ebenso das Allgemeinbefinden. Jedoch erscheint es geboten, daß Seine Majestät noch einige Zeit das Bett hüten.

Der Kriegs⸗Minister General⸗Lieutenant Edler von der Planitz hat sich, wie das „Dr. J.“ meldet, gestern in dienst⸗ lichen Angelegenheiten auf mehrere Tage nach Berlin begeben.

Deutsche Kolonien.

Die Gesammtzahl der im Schutzgebiet Deutsch⸗Ost⸗ afrika lebenden Europäer beläuft sich nach dem „Deutschen Kolonialblatt“ auf rund 750. Die Einwohnerzahl der Stadt Tanga wird auf 3000 bis 4000 Seelen geschäbt, Pangani hat etwa 10 000, Sadani etwa 4000, Bagamoyo rund 10 000 (wovon 47 Europäer), Dar⸗es⸗Salam gleichfalls rund 10 000 Einwohner; im Bezirk von Dar⸗es⸗Salam wohnen 439 Europäer; die Stadt Lindi zählt etwa 3000 Einwohner,

Mitindani 500. Der Gouverneur von Deutsch⸗Ostafrika hat eine Quarantäne⸗Ordnung unter dem 29. November er⸗ lassen und zugleich sämmtliche aus europäischen Häfen und Rheden, aus dem Schwarzen und Rothen Meer, aus dem ersischen Golf, von der Südküste Arabiens und aus Indien ommenden Schiffe bis auf weiteres als verdächtig bezüglich ihres Gesundheitszustandes erklärt.

Im Schutzgebiet von Kamerun leben 204 Europäer, worunter 127 Deutsche. In Kamerun ist seit dem 1. Januar

ein Eingeborenen⸗Schiedsgericht errichtet, ferner ist unter dem

11. Dezember eine Verordnung wegen Auswanderung der Eingeborenen, sowie eine Bekanntmachung wegen Aufhebung der ausschließlichen Handelsberechtigungen, vom 1. Januar 1895 ab gültig, erlassen. Durch die Verordnung vom 11. De⸗

zember wird die Auswanderung der Eingeborenen von einer

Congo⸗Mission, der die jungen Leute nach zung⸗ anstalt in Colwyn Bay (England, Grafschaft Wales) schickt,

Erlaubniß des Gouverneurs abhängiggemacht. Diese Verordnung entspricht einem seit längerer Zeit fühlbaren Bedürfniß. Einer⸗ seits wird durch sie die unkontrolierte Ausfuhr landwirthschaft⸗ licher und anderweitiger Arbeiter aus dem Schutzgebiet ver⸗ hindert; andererseits soll die Verordnung auch eine gesetzliche Handhabe geben, um dem Uebelstand abzuhelfen, daß, wie bisher der Fall, ein großer Theil der in Bildung vor⸗ geschritteneren Eingeborenen in das Ausland gebracht, dort in einer nichtdeutschen Sprache unterrichtet und so der Kultur der

Kolonie und einem für das Gouvernement wichtigen Zweck, nämlich dem Dienste als Dolmetscher und Unterbeamte, der Eingeborenensprache und des Deutschen mächtig sind, ent⸗

mwelche

Besonders nachtheilig sind in dieser Be⸗ des Reverend Hughes von der nach der Erziehungs⸗

fremdet werden. ziehung die Bestrebungen

um sie später als Missionare im Congogebict, also im Aus⸗ lande, zu verwenden.

Die Bevölkerung von Groß⸗ und

zählte am 1. Dezember 1429 Einwohner, 1

riegs⸗

RNom die feierliche Ue

Oesterreich⸗Ungarn.

Das „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ meldet: Da die Kaiserin auf ärztliche Anordnung ihrer ischiatischen Schmerzen halber erst im Spätfrühjahr nach Wien zurück⸗ kehren darf, wird der Kaiser, um die lange Trennung abzu⸗ kürzen, den bereits im Herbst von den Majestäten gefaßten Plan einer Zusammenkunft im Süden ausführen und sich anfangs März nach einem noch unbestimmten Punkt der Riviera begeben, um einige Zeit an der Seite der Kaiserin zu verweilen.

In der gestrigen Sitzung des böhmischen Landtags erklärte dem „W. T. B.“ zufolge in Beantwortung der Interpellation der Jungczechen wegen der Vorgänge in dem Omladinaprozeß der Statthalter Graf Thun: er könne der Aufforderung der Interpellanten, daß die Ver⸗ handlung frei, ohne die Gegenwart der bewaffneten Macht, fortgesetzt werbe, nicht entsprechen, da die Richter nach dem Gesetze bei der Ausübung ihres Amts unabhängig seien; er könne sich nicht einmal in eine Kritiküber die Verhandlungeinlassen, sondern lediglich aussprechen, daß der Vorsitzende des Gerichts⸗ hofs verpflichtet sei, die Autorität des Gerichtshofs zu schützen und den ungestörten Fortgang der Verhandlungen zu wahren. Die Andeutung in der Interpellation, als ob der Gerichts hof die Angeklagten habe zum Widerstand provozieren wollen, um größeres Material gegen sie sowie für die Verhängung des Ausnahmezustands zu gewinnen, müsse als unbegründete Verdächtigung auf das nachdruͤcklichste zurückgewiesen werden; er bedaure, daß die Sache vor das Forum des Landtags ge⸗ zogen sei, vor das sie nicht gehöre.

Im galizischen Landtag erklärte gestern unter dem an⸗ haltenden Beifall des Hauses der griechisch⸗katholische Metropolit Sembratowicz: dem Charakter der Ruthenen liege die Opposition fern; es lasse sich geschichtlich nachweisen, daß die Ruthenen sich nur im Bereich der Loyalität wohl fühlten. Das ruthenische Volk werde auf Befragen sicherlich erklären, daß es der katholischen Kirche und der Dynastie treu bleiben und auch, als selbständige Nation zwar, in Frieden und Eintracht mit den Polen leben wolle. Die Ruthenen, denen die Interessen ihrer Nationalität wahrhaft am Herzen lägen, würden am Ausgleich und Versöhnungsprogramm mentwegt festhalten.

Die Session des mährischen Landtags ist gestern in der üblichen Weise geschlossen worden. Der Statthalter Graf Vetter hob in seiner Schlußrede hervor, daß während der Session, selbst bei den lebhaftesten Debatten, die Ruhe und der Frieden nicht gestört worden seien. Dies sei ein in unserer anzuschlagendes Moment von allgemein ethischem

erthe.

Irn einer Versammlung von Hörern der Technischen Hoch⸗ schule in Graz wurde gestern eine Petition an das Unter⸗ richts⸗Ministerium angenommen, worin dem Minister für die eingeleitete unparteiische Untersuchung der Begebenheiten des letzten Jahres Dank ausgesprochen wird. Die Studenten versprechen, die Disziplin aufrecht zu erhalten sowie den Pro⸗ fessoren die gebührende Achtung entgegenzubringen, und bitten um volle Anrechnung des ersten Semesters und um Wieder⸗ eröffnung der Hochschule. 6 Großbritannien und Irland. Im Unterhause erklärte gestern, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, der Staatssekretär des Innern As quith, er halte an der Ansicht fest, daß es gegenwärtig nicht rathsam sei, wegen der von John Williams in Tower Hill an die Arbeits⸗ losen gehaltenen Ansprachen, obwohl diese zu Gewalt⸗ thaten aufreizten, eine gerichtliche Verfolgung eintreten zu lassen, da Williams weder Autorität noch Anhang be⸗ sitze. Eine gerichtliche Verfolgung würde Williams nur ein⸗ gebildete Wichtigkeit verleihen. Sollte jedoch eine gerichtliche Verfolgung vortheilhaft sein, so würde er (Asquith) so⸗ fort demgemäß eingreifen. Die Polizei sei auf dem Posten, um einen etwaigen, Personen oder Eigenthum bedrohenden Ausbruch zu verhindern. Im weiteren Verlauf der Sitzung sprach sich der parlamentarische Untersekretär des indischen Amts George Russell in Beantwortung einer Anfrage dahin aus, daß die am Dienstag von dem Kanzler des Schatzamts bezüglich des indischen Einfuhrzols auf Silber abgegebene Erklärung sich ausschließlich auf die von der indischen Regierung hinsichtlich der Regelung des Geld⸗ umlaufs beabsichtigte Politik bezogen habe, zu deren Unter⸗ stützung ein solcher Zoll nicht in Aussicht genommen worden sei. Was die allgemeine Finanzpolitik der indischen Regierung betreffe, so würde er, selbst wenn Beschlüsse bereits gefaßt wären, nichts sagen können, was der Budgetrede der indischen

Regierung vorgreifen würde.

Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Beschluß gefaßt, zwei Kompagnien der Fremdenlegion am 21. d. M. nach dem Sudan abgehen zu lassen.

Der Kriegs⸗Minister Mercier gab gestern in der Armee⸗ kommission Aufklärungen über die Organisation der Wehrkraft, namentlich über die Vertheidigung der Ost⸗ und Südostgrenze. Obwohl die Geheimhaltung der Berathung beschlossen worden war, theilen einzelne Blätter mit, der Kriegs⸗Minister habe die Möglichkeit der Vermehrung der Effektivbestände durch eine Reduktion der in Disponibilität versetzten Mannschaften heroorgehoben. Die Ausführungen des Kriegs⸗Ministers hätten durchweg einen ausgezeichneten Eindruck gemacht.

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Debatte über den Getreidezoll fort. Der Deputirte Labat be⸗ kämpfte die Zollerhöhung und schilderte die Nachtheile, welche die schutzzöllnerischen Maßnahmen für den Handel Frankreichs im Gefolge haben würden. 1

Der Ackerbau⸗Minister Viger er⸗ klärte, er halte einen Getreidezoll von 8 Fr. für zu hoch, und befürwortete den. Zollsatz von 7 Fr. ohne bewegliche Zollskala. Die Stockung im Getreidehandel habe hauptsächlich in den reichen Ernten Amerikas und Rußlands ihren Grund. Die Polizei hat die letzte Wohnung des Urhebers des Attentats im Café Terminus Emile Henry ausfindig gemacht ind dort Ueberreste von chlorsaurem Kali vorgefunden. Da die Wohnung in der vorhergehenden Nacht durch Genossen Henry's ausgeplündert worden war, die alle kompromittierenden Schrift⸗ stücke beiscite gebracht hatten, so schließt man daraus, daß Henry bei dem Attentat Mitschuldige gehabt habe; nach letzteren finden eingehende Recherchen statt. Italien.

Gestern 1 fand, wie „W. T. B.“ berichtet, in ergabe der Joachimskirche an den

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Kardinalvikar statt. Die Kirche wurde dem 8 st als Jubiläumsgeschenk von den Katholiken aller dar⸗ gebracht. 1 Belgien. Der „Patriote“ bestätigt die Meldung, daß der bel⸗ ische esandte beim Vatikan Baron Whettnall zum Gesandten in London ernannt worden ist.

Rumänien.

In Beantwortung einer in der Deputirtenkammer eingebrachten Interpellation der liberalen Deputirten be⸗ züglich des Austritts einer Anzahl von Kaval⸗ lerie⸗Offizieren tadelte, wie „. T. B.“ meldet, der Kriegs⸗Minister Lahovari die Aufreizungen, die diesen Offizieren gegenüber angewendet worden seien. Er könne solche Manifestationen nicht zugeben. Außer⸗ dem sprachen noch der Handels⸗Minister und der Minister⸗Präsident. Letzterer erklärte, daß der Austrit derjenigen, die nicht zur besseren Einsicht gelangt seien, an genommen werden würde. Schließlich wurde eine Tag ordnung, die dem Kabinet das Vertrauen ausspricht, ei gebracht. Die Abstimmung darüber erfolgt heute.

Serbien.

Die „Politische Korrespondenz“ veröffentlicht eine ihr vo amtlicher serbischer Seite Uugegangene Meldung, wonach all Nachrichten über bevorstehende Versetzungen diploma tischer Vertreter Serbiens unbegründet seien.

Amerika.

Aus Rio de Janeiro ist in Paris die Nachricht einge troffen, der interimistische Kriegs⸗Minister Galvao habe in⸗ folge eines Zerwürfnisses mit dem Präsidenten Peixoto sein Entlassung genommen. Der Belagerungszustand sei um 60 Tage verlängert worden. Die Revolution mache im Staat Parana Fortschritte und bedrohe Sao Paulo. Die Auf ständischen marschierten auf Rio de Janeiro, ein Schlacht scheine unmittelbar bevorzustehen. Die Revolution sei auch im Staat Alagoas ausgebrochen; bei einem Zusam menstoß seien zahlreiche Leute getödtet und verwundet worden. Aus Rio Grande do Sul meldet man den Tod des Generals Isidoro, des Führers der Regierungstruppen

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags, des Herrenhauses und des Hauses der

Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Der Reichstag beschloß in seiner heutigen 51. Sitzung,

welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi und der Staats⸗ Freiherr von Marschall beiwohnten, zunächst die Ein⸗ tellung des gegen den Abg. Möller⸗Waldenburg (Soz.) wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes schwebenden Verfahrens für die Dauer der Session und setzte dann die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1894/95 fort beim Etat des Aus⸗ wärtigen Amts.

Das Gehalt des Staatssekretärs, 50 000 ℳ, wird ohne Debatte bewilligt.

Statt des Unter⸗Staatssekretärs (25 000 ℳ) und zweier Direktoren (je 20 000 ℳ) sind ein Unter⸗Staatssekretär und drei Direktoren verlangt worden.

Abg. von Staudy (dkons.) beantragt, von den Gehältern des Unter⸗Staatssekretärs und der zwei Direktoren je 5000 als zukünftig wegfallend zu bezeichnen und für den neuen Direktor nur ein Gehalt von 15 000 zu bewilligen (der dritte Direktor ist für die Kolonial⸗ abtheilung bestimmt, die bisher von einem vortragenden Rathe ge⸗ leitet wurde, welcher 1500 Funktionszulage erhielt).

Der Berichterstatter Abg. Prinz Arenberg berichtet über die Verhandlungen der Budgetkommission über die Bildung der Kolonial⸗ abtheilung.

Abg. von Staudy (dkons.) zieht vorläufig seinen Antrag zurück und will erst den Lauf der Debatte abwarten, um daraus zu schließen, ob er seinen Antrag wieder einbringen wird. Der Antrag sei nicht eingebracht aus Abneigung gegen die Kolonialpolitik, sondern weil er der Meinung sei, daß die Zustände in den Kolonien nicht allgemein befriedigend seien. Man vermißt die starke, leitende Fand der Zentralstelle für Kolonial⸗ angelegenheiten, und das kann auch nicht anders sein, wenn ein Rath als Direktor fungiert für die Kolonialabtheilung mit sehr wenig Personal. Die Dinge, welche zu bearbeiten sind, sind so schwierig, daß kaum bestritten werden kann, daß die Beamten neben ihren ohnehin schweren Aemtern nicht noch diese Dinge be⸗ wältigen können. Die große Mehrzahl der Konservativen ist deshalb der Ansicht, daß ein besonderes Reichsamt für die Kolonien einzurichten sein wird, und die Reichsregierung selbst wird bei der Schaffung des dritten Direktorpostens von diesem Ge⸗ danken ausgegangen sein. Aber die Schaffung der neuen Direktor⸗ stelle ist nur eine halbe Maßregel, denn ein Direktor kann nicht die Selbständigkeit finden, die er als Leiter der Kolonialpolitik haben muß. Der Antrag geht auch darauf hinaus, daß die Gehaltsverhältnisse ebenso wie in Preußen bemessen werden sollen. Die Gehälter sind im Reich unangemessen hoch. Es liegt keine Veranlassung vor, dem Unter⸗Staatssekretär im Auswärtigen Amt ein höheres Gehalt zu ge⸗ währen als in anderen Ressorts. Wir verlangen für die Kolonial⸗ politik die Leitung eines unabhängigen Mannes, der an der Spitze eines selbständigen Amts steht.

Abg. Dr. Ham macher (nl.): Was von der Regierung gefordert wird, ist ein Schritt auf dem Wege zur Bildung eines selbständigen Amts. Ich nehme deshalb an, daß die Freunde des Vorredners die Forderung bewilligen wollen, denn die Ablehnung derselben wäre eine Inkonsequenz, wenn der Vorredner auf dem Boden steht, der Kolonial⸗ abtheilung eine gewisse Selbständigkeit zu geben. Meinungsverschieden⸗ heit kann nur darüber bestehen, ob der neue Direktor den vorhandenen im Gehalt gleichgestellt werden soll. 8

(Schluß des Blattes.) 1““

„— In der heutigen 6. Sitzung des Herrenhauses er⸗ stattete zunächst der Minister des Königlichen Hauses von Wedel im Namen des Gesammtvorstandes Bericht über den Bau des künftigen Herrenhauses.

Gebeimer Regierungs⸗Rath von Woyrsch konstatierte, daß im Plenum des Hauses nie der Wunsch geäußert worden sei, daß ein neues Gebäude für das Herrenhaus errichtet würde.

Herr von Pfuel entgegnete, daß ein Neubau dringend nöthig geworden, da das jetzige Gebäude so schadhaft und boc⸗ fällig sei, daß, wollte man nicht einem Neubau zustimmen, um⸗ fangreichere Reparaturen unbedingt nothwendig werden würden.

Freiherr von Manteuffel regte an, der Präsident des Hauses möchte dafür Sorge tragen, daß die Büste des verstorbenen Präsidenten, des Herzogs von Ratibor, sowohl in dem alten als auch in dem neuen Gebäude des Herrenhauses aufgestellt würde.

Der Präsident Fürst zu Stolberg⸗Wernigerode versprach, die erforderlichen Schritte in dieser Richtung zu thun.

Für die Kommission für Handel⸗ und Gewerbe⸗An⸗ elegenheiten erstattete Herr von Pfuel Bericht über den esetzentwurf, betreffend die Abänderung des § 211 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865. Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte angenommen. Der mündliche Bericht derselben Kommission über die Nachrichten von der Verwaltung der preußischen Staats⸗Bergwerke, Hütten und Salinen während des Etatsjahres 1892/93 wurde, da der Berichterstatter Dr. Möllmann verhindert war, von der Tagesordnung abgesetzt.

Schluß 2 Uhr. Nächste Sitzung unbestimmt.

Der heutigen 17. Sitzung des Hauses der Abge⸗ ordneten wohnten der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Justiz⸗ Minister Dr. von Schelling bei.

Auf der Tagesordnung stand zunächst die definitive Wahl des Präsidenten und der beiden Vize⸗ Präsidenten. (Nach der Geschäftsordnung werden beim Beginn einer neuen Legislaturperiode die Wahlen der Präsi⸗ denten vorläufig auf vier Wochen vollzogen.)

Auf Antrag des Abg. von Langendorff (fr. kons.) werden die bisherigen Präsidenten Abgg. von Köller (kons.), Dr. Freiherr von Heereman und Dr. Graf durch Acclamation wiedergewählt. Die Genannten nehmen die Wahl dankend an.

Sodann wird die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1894/95 im Justiz⸗Etat bei dem Kapitel „Landgerichte und Amtsgerichte“ fortgesetzt.

Abg. Greiß (Zentr.) wünscht eine Vermehrung der Richter⸗ stellen am Landgericht Köln.

Geheimer Justiz⸗Rath Vierhaus erklärt, daß wegen der Finanzlage vorläufig nur die Stelle eines Hilfsrichters in eine etats⸗ mäßige Stelle umgewandelt werden solle. Auch die Errichtung einer neuen Strafkammer habe noch aufgeschoben werden müssen.

Abg. Fuchs (Zentr.) beklagt die Zustände des Amtsgerichts⸗ gebäudes in Gelsenkirchen, das wegen der Zunahme der Bevölkerung nicht mehr ausreiche, und wünscht einen Neubau. Ein Bauplatz werde von der Stadt umsonst zur Verfügung gestellt werden.

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. Starke erkennt die schweren Uebelstände in diesem Gebäude an; die Erörterungen über Abhilfe seien zwar noch nicht abgeschlossen, würden aber hoffentlich zu dem ge⸗ wünschten Ziel führen. 1t 3 1

Abg. Jansen (Zentr.) hält die Gebühren für verschiedene notarielle und gerichtliche Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit für zu boch; so werde durch die hohen Gebühren für Beglaubigungen die landwirthschaftliche Bevölkerung bei ihren Kreditgeschäften und sonstigen Rechtsgeschäften empfindlich geschädigt. 8

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Vietsch wiederholt seine gestrige Erklärung, daß bereits ein Gesetzentwurf in Ausarbeitung sei, welcher die Gebühren ändern werde. 5

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert bestreitet dem Abg. Jansen und einigen Rednern von gestern, daß bei der Finanzverwaltung die Tendenz bestehe, den Justiz⸗Etat allmählich dahin zu bringen, daß sich die Ausgaben durch die eigenen Einnahmen aus den Gerichtskosten decken sollen. Ebenso wenig sei der Finanz⸗Minister daran schuld, daß den Anträgen auf Vermehrung der Richterstellen nicht stattgegeben sei. Man greife mit Unrecht den Finanz⸗Minister an, der selbst das lebhafteste Interesse an genügender Versorgung der Justiz⸗ verwaltung habe. Aber das Justiz⸗Ressort könne mit Rücksicht auf die Finanzlage nicht eine Bevorzugung vor anderen Ressorts beanspruchen und thue dies selbst nicht. Die Einführung des Systems der Dienstalterszulagen auch für die Richter wünsche der Finanz⸗Minister selbst ebenfalls, es dürfe aber keine Mehrausgabe dadurch erwachsen. Daher würden bei Einführung der Dienstalters⸗ stufen manche Beamte längere Zeit als sonst bei ihrem jetzigen Ge⸗ halt stehen bleiben. Man fordere gleiches Recht auch für die Richter. Aber die Richter dürften auch keine Bevorzugung vor anderen Beamtenklassen verlangen. Wenn das 18 den Justiz⸗Etat mit besseren Mitteln ausstatten wolle, so müsse es auch an der Schaffung neuer Einnahmen mitwirken und die Finanzlage bessern helfen.

Abg. Schmitz⸗Erkelenz (Zentr.): Das Abgeordnetenhaus habe nicht die Aufgabe, nach neuen Steuern zu suchen; das sei Sache des Finanz⸗Ministers. Redner bespricht sodann die Stellung der Einzel⸗ richter und verlangt, daß diese auch die wirthschaftlichen und persön⸗ lichen Verhältnisse ihres Bezirks beherrschen sollten. Die Referen⸗ dare müßten nicht nur an Amtsgerichten in größeren Städten ihre Vorbildung erhalten, sondern auch aufs Land geschickt werden, damit sie ihren Gesichtskreis erweitern. Die volkswirth⸗ schaftliche Vorbildung der jungen Beamten lasse viel zu wünschen übrig. Eine umfangreichere Verwendung der Assessoren in Amts⸗ anwaltsstellen würde ein Gewinn für die Justizverwaltung und für die Eingesessenen des Gerichtsbezirks sein, indem der Assessor später als Richter zu fungieren hat. Redner fragt schließlich noch an, ob die Bestimmungen über die Haftung der Grundbuchrichter geändert werden sollten.

Justiz⸗Minister Dr. von Schelling: Die letztere Frage be⸗ findet sich im Fluß. In Bezug auf die Ausbildung der Referendare stimme ich dem Vorredner vollkommen zu. Es besteht die Bestimmung, daß die Referendare bei ihrem Eintritt zunächst, um sich mit dem Agrarrecht vertraut zu machen, einen neunmonatigen Kursus an einem kleinen Amtsgericht zu absolvieren haben.

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. Lucas setzt die sachlichen Schwierigkeiten auseinander, welche einer weiteren Beschäftigung von Assessoren in Amtsanwaltsstellen entgegenständen.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) tritt gleichfalls für eine Ver⸗ mehrung der Richterstellen ein und kritisiert die Ansprüche der Post⸗

verwaltung an neue Geschäftsgebäude, wofür der Staatssekretär von Stephan weit mehr ausgeben könne als die Justizverwaltung für

ichtsgebäude. Das sei geradezu beschämend.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert wiederholt nochmals, da die Justizverwaltung sich mit der Vermehrung der Richterstellen na

een vorhandenen Mitteln des Staats richten müsse, und daß die Finanz⸗ verwaltung nicht daran denken Könge, die Einnahmen und Ausgaben eines jeden Ressorts nach einem bestimmten Verhältniß zu bemessen. Fün die Postverwaltung sei doch die preußische Regierung nicht ver⸗

vor .

Abg. Freiherr von Eynatten (Zentr.) wünscht die Einführung der Dienstaltersstufen für die Richter, jedoch ohne Benachtheiligung derselben. „Ein Landrichter erreiche jetzt erst in 17 Jahren dasselbe

ehalt, wie ein Regierungs⸗Rath in 7 Jahren.

8 Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert erwidert, daß eine dauernde Schmälerung einzelner Richter dabei nicht beabsichtigt sei. Das schnellere Aufrücken der Regierungs⸗Räthe sei nur eine vorübergehende

Zirkung der neuen Organisation der oberen Behörden. Gleichzeitig mit den Dienstaltersstufen eine andere Regelung der Gehälter vor⸗ zunehmen, sei unmöglich.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Bei der Einfüh⸗ rung der Dienstaltersstufen darf weder eine Gehaltsvermehrung noch eine Verminderung eintreten. Mit einem Gefühl der Scham rauchen wir auf unsere Gerichtsgebäude nicht zu sehen.

altrn nur Licht, Luft und Raum genug vorhanden ist, ist ein ns mreußischer Beamter sehr zufrieden. Ein prachtvolles Aeußere ist weder Mna noch wünschenswerth. Die Postgebäude dürfen nicht als Sv. für andere Ressorts dienen; diese prachtvollen Gebäude sind afäviut eine Landeskalamität geworden. Das liegt an der absoluten

rath igkeit der Parlamente, genügend zu kontrolieren. Der Bundes⸗ müßte den Rothstift schärfer gebrauchen

(Schluß des Blattes.) 8

In der Kommission des Reichstags für⸗ den Gesetz⸗ entwurf wegen Abänderung des Reichsstempelabgabengesetzes wurde heute nach längerer Debatte folgender, zur Stempelsteuer⸗ gesetznovelle gestellter Antrag des Abg. Müller⸗Fulda (Zentr.) angenommen: Der Tarifnummer 1 und 2 (Aktien, Renten⸗ und Schuldverschreibungen ꝛc.) folgende Anmerkung anzufügen: „Genuß⸗ scheine und ähnliche zum Bezuge eines Antheils an dem Gewinn einer Aktienunternehmung berechtigende Werthpapiere, sofern sie sich nicht als Aktien oder Aktienantheilscheine oder als Renten oder Schuldver⸗ schreibungen darstellen, unterliegen einer festen Angabe, die für a.

solche, welche als Ersatz an Stelle amortisierter Aktien ausgegeben werden, 50 ₰, b. alle übrigen, und zwar 1) inländische 3 von

jeder einzelnen Urkunde, 2) ausländische 5 von jeder einzelnen Ur⸗

kunde betragt. Vor dem 1. April 1894 ausgegebene Genuß⸗

scheine sind der vorbezeichneten Abgabe nicht unterworfen.“

Eine längere Debatte knüpfte sich sodann an den Antrag. des Abg. Dr. Rintelen (Zentr.), welcher folgende⸗ Ermäßigung“

vorschlägt: „Hat ein Kontrahent im Arbitrageverkehr Anspruch

auf die Ermäßigung gemäß der Bestimmung zu Nr. 4 des Tarifs, so

unterliegen die zu Nr. 1 bezeichneten Werthpapiere einem Steuersatz

von 5 vom Tausend, die zu Nr. 2 bezeichneten Werthpapiere einem Steuersatz von 2 vom Tausend, sofern er den vom Bundesrath darüber erlassenen Kontrolvorschriften genügt.“

Dagegen beantragt der Abg. Graf Dönhoff (dkons.) folgende Fassung: „Hat ein Kontrahent nachweislich im Arbitrageverkehr unter die Tarifnummer 4a 1 u. 2 fallende Gegenstände derselben Gattung im Inlande gekauft und im Auslande verkauft oder umgekehrt, oder an dem einen Börfenplatz des Auslandes S. und an dem andern verkauft, so ermäßigt sich die Stempelabgabe von jedem dieser Ge⸗ schäfte, soweit deren Werthbeträge sich decken, zu Gunsten dieses Kon⸗ trahenten um ½ 0% vom Tausend, wenn die beiden einander egenüberstehenden Geschäfte zu festen Kursen an demselben oder am olgenden Börsentage abgeschlossen sind. Unter den gleichen Voraus⸗ setzungen tritt diese Steuerermäßigung ein, wenn An⸗ und Verkäufen von ausländischen Banknoten oder ausländischem Papiergeld Geschäfte über Kontanten oder Wechsel gegenüberstehen. Eine einmalige, längstens halbmonatliche Prolongation im Auslande abge⸗ schlossener Geschäfte dieser Art bleibt steuerfrei. Die Geschäfte sind zunächst mit dem vollen Betrage zu versteuern. Dem Arbitrageur wird auf Antrag der zuviel gezahlte Betrag von der Steuerbehörde zurückgezahlt, sofern er den vom Bundesrath darüber erlassenen Kontrol⸗ vorschriften genügt hat.“ Statt des letzten Fahes wird auf Antrag der Abgg. Gamp (Rp.) und Rintelen (Zentr.) folgende Fassung beschlossen:„Der Bundesrath erläßt die näheren Vorschriften darüber, auf Grund welcher Nachweise die Erstattung des zu viel verwendeten Stempels erfolgt.“ Mit dieser Aenderung wird schließlich der Antrag des Abg. Grafen Dönhoff angenommen.

Die Kommission für die Geschäftsordnung des Reichs⸗ tags beantragt zu erklären, daß das Mandat des Abg. Grafen von Kanitz (Schlochau) (d. kons.) infolge Ernennung desselben zum Ge⸗ heimen Ober⸗Regierungs⸗Rath und vortragenden Rath im Königlich preußischen Ministerium des Königlichen Hauses nicht erloschen sei.

Die IX. Kommission des Herrenhauses für die Vor⸗ berathung des Gesetzentwurfs zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes vom 25. Mai 1874, betreffend die, evangelische Kirchengemeinde⸗ und Synodal⸗Ordnung vom 10. Sep⸗ tember 1873 für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen (Gesetz⸗Sammle S. 147), und vom 3. Juni 1876, betreffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie (Gesetz⸗Samml. S. 125), ist folgendermaßen zusammengesetzt: von Winterfeldt⸗Menkin, Vor⸗ sitzender; Graf von Zieten⸗Schwerin, Stellvertreter des Vorsitzenden;

raf von Keyserling, Schriftführer; Prinz zu Schoenaich⸗Carolath, Stellvertreter des Schriftführers; von ö“ Dr. Dam⸗ bach, Dr. Hinschius, Freiherr von der Reck, Freiherr von Duͤrant, Freiherr von Maltzahn, Struckmann, von Gerlach, von Wedel, Hammer, Zelle.

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Euntscheidungen des Reichsgerichts.

Mehrere Wechsel gegen denselben Wechselschuldner können, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 2. November 1893, zwar in einer Urkunde protestiert werden, die Protestgebühr aber kann in diesem Falle für jeden der pro⸗ testierten Wechsel besonders, gleichwie bei der Aufnahme von beson⸗ deren Protesturkunden für jeden einzelnen Wechsel, beansprucht werden; auch ist der Proteststempel so viel mal zu entrichten, als Wechsel protestiert sind.

Im Zivilprozeß werden nach § 94 Ziffer 1 des Gerichtskosten⸗ gesetzes schon vor der Beendigung der Instanz mit dem Ablauf je eines Jahres seit Bestimmung des ersten Termins oder Stellung des ersten Antrags die bis dahin entstandenen Gebühren und Auslagen fällig: „die einjährigen Fristen können auf Antrag von dem Gericht verlängert werden.“ In Bezug auf diese Be⸗ stimmung hat das Reichsgericht, IV. Zivilsenat, durch Beschluß vom 6. November 1893 ausgesprochen, daß der Antrag auf Fristenver⸗ längerung, sowie die Fristenverlängerung selbst vor Ablauf der Frist statthaft ist.

Kunst und Wissenschaft.

In der Sitzung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe am Mittwoch Abend hielt Herr Eugen Quaglio, Dekorationsmaler der Königlichen Theater, einen Vortrag über Theatermalerei und legte an der Hand zahlreicher älterer und neuerer Entwürfe, Skizzen und Modelle die eigenthümliche Aufgabe des Theatermalers dar. Die großen Anforderungen, welche der heutige Realismus an den Aufbau, die Zeichnung und das Kolorit stellt, haben die Dekorations⸗ malerei seit einigen Jahrzehnten in neue Bahnen gebracht. Staunen erregte besonders die Mittheilung über die Maßstäbe, mit welchen der Künstler bei derartigen Aufgaben zu rechnen hat. Es sei wünschens⸗ werth, daß das Publikum an den schwierigen malerischen Aufgaben dieser Kunst verständnißvollen Antheil nehme und außer den Be⸗ leuchtungseffekten auch den eigenthümlichen künstlerischen Werth der Dekoration beachte.

Wie hiesigen Blättern aus Athen berichtet wird, beabsichtigt die griechische Regierung, dem Geh. Reg.⸗Rath Professor Ernst Curtius zu seinem am 2. September d. J. bevorstehenden 80. Geburts⸗ tag eine besondere Auszeichnung zu theil werden zu lassen. Die in Deutschland lebenden Schüler und Kollegen des Gelehrten wollen zur Feier dieses Tages aus gemeinsamen Beiträgen eine Büste des⸗ selben stiften und haben sich an das griechische Kultus⸗Ministerium mit der Bitte gewandt, die Aufstellung dieser Büste im Vorraum des Museums zu Olympia zu gestatten. Die Genehmigung ist mit Bereitwilligkeit ertheilt worden, unter rühmender Hervor⸗ hebung der ausgezeichneten Verdienste von Professor Curtius um die griechische Archäologie und Geschichte, und besonders seiner glücklichen Bemühungen um die Durchführung der Ausgrabungen in Olympia. Die für die Aufstellung der Büste nöthigen Vorbereitungen wird der Generalinspektor der Alterthümer welcher sich auch wegen Beschaffung eines Sockels und der übrigen Arbeiten mit Herrn G. Dörpfeld, dem Ersten Sekretär des Deutschen archäologischen Instituts in Athen, in Verbindung setzen soll. Am 2. September selbst wird unter großen Feierlichkeiten die Aufstellung der Büste in Olympia erfolgen.

In Göttingen hat sich der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge in Universitäts⸗ kreisen ein Comité gebildet, um dem 28 dem dortigen Weender⸗

kirchhof beerdigten Dichter Gottfried Aug. Bürger zum

hundertjährigen Todestage, am 8. Juni 1894, ein würdiges Denk⸗ mal auf seinem Grabe errichten zu lassen. Das Denkmal soll au einer auf einem Granitsockel sich erhebenden Büste des Dichters be⸗ stehen. Wegen Herstellung dieser Büste sind Unterhandlungen mit dem Bildhauer Eberlein in Berlin angeknüpft. Land⸗ und Forstwirthschaft. 8 8 Landeskultur. 1 Die Moorkulturen auf der Arbeiterkolonie „Maria Veen“, Kreis Borken, machen erfreuliche Fortschritte. Eine Moorfläche von 4 bis 5 ha ist neuerdings mit dem Dampffluge umgelegt worden und soll im Frühjahr mit Kiefersamen angesät werden. Es befinden sich zur Zeit 121 Kolonisten daselbst. *8 Weinernte. 11“ Aus dem Regierungsbezirk Koblenz wird geschrieben: Di Weinernte ist in Bezug auf Qualität und Quantität im allgemeinen recht befriedigend ausgefallen. Im Ahrthal ist allerdings nur ein un 4 bedeutender Ertrag erzielt worden als Folge des vorjährigen harten Winters. Aehnlich ist es in einzelnen Theilen des Rheinthales gewesen. Da- gegen hat die Weinernte an der Mosel eine um etwa 50 % höhere Quantitã als das Vorjahr ergeben. Die Qualität des Weines erscheint seh ut und wird voraussichtlich die Weine der letzten hre überragen as Mostgewicht betrug durchschnittlich 70 102 Grad nach Oechsle Die Ernte hat ausnahmsweise früh begonnen, und die Gährung des Mostes ist überraschend schnell eingetreten.

Weizenernte 1893/94 in Australien. In Süd⸗Australien ist die Weizenernte beinahe beendet und ihre Ergebnisse werden im allgemeinen als sehr günstig bezeichnet Die Erträge dürften sich bedeutend höher stellen, als anfänglich ange⸗ nommen worden war (vergl. „R.⸗A.“ vom 6. Januar 1894). Der voraussichtliche Durchschnittsertrag wird jetzt auf etwa 8 ½ Bushel den Acker oder 7,65 hl für den Hektar angegeben. Für Ausfuhrzwecke dürften, wie man schätzungsweise annimmt, etwa 11 735 000 Bushel oder 4 265 555 hl Weizen zur Verfügung stehen. In Tasmanien werden die Ernteaussichten in den Küsten⸗ strichen als gute bezeichnet, während im Binnenlande weniger günstige Erträge erwartet werden. Da sich jedoch die zur Aberntung kommende Weizenfläche in dieser Kolonie gegen das Vorjahr vergrößert haben soll, so wird angenommen, daß die Weizenerträge im ganzen höher als das letzte Mal ausfallen werden.

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln. ;

8 Norwegen. 8 Durch Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 10. d. M. ist die belgische Provinz Hainaut für choleraverseucht er⸗ klärt worden (vgl. „R.⸗Anz. Nr. 36 vom 10. d. M.).

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 15. d. M. gestellt 11 374, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 3 In Oberschlesien sind am 14. d. M. gestellt 2950, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 88

Zwangs⸗Versteigerungen. 1 Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen am 15. Februar die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Alvensleben⸗ und Maaßenstraßen⸗Ecke zu Schöneberg belegen, dem Kaufmann Joh. Sisum zu Berlin gehörig; Fläche 7,19 a; Nutzungswerth 12 680 ℳ; Mindestgebot 1170 ℳ; für das Meistgebot von 255 000 wurde der Direktor Apelius Cohn zu Berlin, Lützow⸗Ufer 38, Ersteher. Auf das Grundstück Pfalz burgerstraße zu Deutsch⸗Wilmersdorf, dem Maurermeister Max Fromm gehörig, wurde kein Gebot abgegeben. Auf⸗ gehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Stralau Band 1 Blatt Nr. 38 auf den Namen des Möbelfabrikanten A. Goetschke eingetragenen Grundstücks. Die Termine am 16. und 19. März d. J. fallen fort.

VBerdingungen im Auslande.

1 8 Oesterreich⸗Ungarn.

20. Februar. Königlich ungarische Eisenbahn⸗Direktion in Buda pest. Lieferung von Chlorwasserstoffsäure, von Zinkabfällen und Nägeln für Schwellen. 1

25. Februar, Mittags. Ebendort. Lieferung von 100 000 t der für die Linie Zagrab nothwendigen Kohlen für Lokomotiven.

Großbritannien.

20. Februar, Mittags. Henry W. Notman, Direktor der South Indian Railway Company, 55 Gracechurch street, London. Lieferung folgender Gegenstände:

1. Loos: Kurzwaaren, Artikel aus Eisen, Metall, Leder, ferner Oele und Farben, Gegenstände aus Hanf und Baumwolle, Gläser, Artikel für Telegrapheneinrichtungen ꝛc. 1

*2. Loos: Artikel für Lokomotiven und Maschinen, wie stählerne Achsen, Schmiervorrichtungen, eiserne und kupferne Platten, Spiral⸗ federn, Messingröhren, stählerne Radreifen, Kreuzungen ꝛc. *

3. Loos: Drucksachen, Papier, Tinte, Fahrkarten ꝛc. Lastenheft in den Bureaux der Gesellschaft gegen Zahlung von je 20 sh. für Loos Nr. 1 und Nr. 3, sowie von 10 sh. für Loos Nr. 2. Pläne bei George B. Bruce, 3 Victoriastreet, Westminster, London, gegen Zahlung von 5 fh. für das Blatt.

Italien.

19. Februar, 1 Uhr. Direz. Artigl. Fabbrica Armi, Torre Annunziata, Neapel: Lieferung von Stahl und Eisen. Kosten⸗ anschlag 19 511 Fr., Lieferungsfrist 60 Tage, Kaution 1952 Fr.

24. Februar, 10 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu Rom: Lieferung von eisernen Kleinmaterialien, wie Winkellaschen, eiserne Platten, Bolzen, Klammern ꝛc. Kostenanschlag 13 340 Fr., vorläufige Kaution 700 Fr., definitive 1400 Fr.

Rumänien.

22. Februar. Direktion der Offizier⸗Schule, Strada Jsvo 145 in Bukarest: Lieferung von 350 m indigoblauem 720 m graublauem Tuch, 100 m dunkelrothem Tuch, 50 m Flanell.

23. Februar. Ebenda: Lieferung von 500 m Leinwand für Blusen, desgleichen 900 m für Futter, 3300 m für Hemden und 1800 m für Betttücher.

14. März. Kursaals zu Slanic. vorerwähnten Institut.

Egypten.

236. Februar. Verwaltung der Eisenbahnen in Kairo. Lieferung sämmtlicher Heliographien des Bahndienstes während eines Jahres. Abschrift des Lastenheftes erhältlich im Bahnhof zu Kairo.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 15. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer„Amerika“ ist am 13. Februar Vorm. in New⸗York angekommen. Der Postdampfer „Baltimore“ ist am 13. Februar in Santos angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Karlsruhe“ ist am 13. Februar Abends in Neapel angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer „Habsburg“ hat am 13. Februar Nachmittags die Reise von Neapel nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Trave“ ist am 13. Februar Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ ist am 13. Februar Nachmittags von Baltimore nach der We

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Institut „Saint⸗Spiridon“ zu Jassy: Bau eines Kostenanschlag 350 000 Fr. Auskunft in dem

Der Postdampfer „Mark“ ist am 12. Februar in Montevideo angekommen.