1894 / 43 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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eben. Seine Majestät der Kaiser ließ nach der efln Aufführung am Sonnabend durch den General⸗Intendanten Grafen von Hochberg sämmtlichen Mitwirkenden Allerhöchstseine besondere Anerkennung und Befriedigung ausdrücken. Im Laufe der gestrigen zweiten Aufführung war der anwesende Komponist, Herr Leoncavallo, Gegenstand lebhaftester Beifallsbezeugungen von Seiten des vollen Hauses und erschien zehnmal vor der Rampe. 8

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Shake⸗ speare’'s „Sommernachtstraum mit Mendelssohn’'s Musik gegeben.

Die Direktion des Deutschen Theaters hat, wiederholten Anregungen aus dem Publikum folgend, beschlossen, die Anfangszeit der Vorstellungen eine halbe Stunde später als bisher anzusetzen. Es werden somit von morgen ab sämmtliche Vorstellungen um 7 ½ Uhr beginnen. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Leopold wohnte am Sonnabend der Aufführung des Lustspiels „Der Herr Senator“ bei.

In dem Kammermusik⸗Konzert des Berliner Ton⸗ künstler⸗Vereins (dem dritten Theil des Musikfestes), welches am 24. d. M. im Saal Bechstein stattfindet, werden Fräulein Adeline Herms, Fräulein Gertrud Heinrich sowie die Herren Hermann Stae⸗ ding und Severin Lieder singen, welche von den Vereinsmitgliedern Wilh. Tappert, Rich. Wustandt, Ad. Stemler und Otto Schmidt komponiert sind. Billets sind zu haben in den Musikalienhandlungen von P. Thelen, Friedrichstraße 223, und Rich. Rühle, am Mo itzplatz.

Frau Clara Meyer und Herr Max Grube gastierten am Freitag am Herzoglichen Hof⸗Theater zu Dessau zum Besten der Deutschen Bühnengenossenschaft in dem Lustspiel „Was ihr wollt“.

zeide Künstler wurden von Seiner Hoheit dem Herzog durch Ver⸗ hung des Verdienst⸗Ordens für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet.

Mannigfaltiges.

Der Stadthaushalts⸗Etat für Berlin auf das Ver⸗ waltungsjahr 1894/95, welcher nunmehr gemäß § 66 der Städte⸗ ordnung auf dem Berlinischen Rathhause im Finanz⸗ und Rechnungs⸗ Bureau, Zimmer 38, in den Vormittagsstunden von 11 bis 1 Uhr zur Einsicht für die hiesigen Einwohner ausliegt, schließt in der Einnahme und Ausgabe mit 85 043 745 Die größte Einnahme „weist die Steuerverwaltung mit 43 409 247 auf, der nur eine Ausgabe von 385 500 gegenübersteht. Die Ueberschüsse der städtischen Werke, soweit sie der Stadt⸗Hauptkasse zu gute kommen, sind in Kapitel II enthalten. Die Ausgaben dieses Kapitels betreffen den Zuschuß, welcher aus Mitteln des Stadthaushalts⸗ Etats zur Deckung der Mindereinnahmen der Kanalisationsverwaltung zu leisten ist. Der Etat für 1893/94 schließt mit 83 124 534 ℳ, also 1894/95 gegen 1893/94 höher um 1 919 211 ℳ%ℳ An der Ein⸗ nahme der Steuern partizipieren: die Miethssteuer mit 13 000 000 ℳ, die Haussteuer mit 6 200 000 ℳ, die Hundesteuer mit 473 900 ℳ, die Gemeindeeinkommensteuer mit 23 154 847 ℳ, der Braumalzsteuer⸗ zuschlag mit 580 000 und die Wanderlagersteuer mit 500

Anläßlich verschiedener, von der Firma Siemens u. Halske ein⸗ gereichten Projekte zum Bau von Straßenbahnlinien mit elektrischem Betrieb erachtet, der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge, der Magistrat, bei der Verschiedenheit der Ansichten und Wünsche, welche bisher in Bezug auf den Umfang der der Unternehmerin ein⸗ zuräumenden Rechte sowie der ihr aufzuerlegenden Leistungen zu Tage getreten sind, es im Interesse des Zustandekommens der Verträge für unerläßlich, daß von vornherein beide städtischen Körperschaften zu⸗ sammenwirken, um die Grundsätze zu vereinbaren, welche bei den späteren Verhandlungen mit der Firma bezw. deren Auftraggebern als Richtschnur dienen sollen. Er hat daher die Stadtverordneten⸗ Versammlung ersucht, sie möge sich damit einverstanden erklären, daß eine aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordneten⸗ Versammlung bestehende Deputation eingesetzt werde, welche den Auf⸗ trag erhält, mit der Firma Siemens u. Halske bezw. deren Auftrag⸗

p. n

red. in Millim.

7 ½ Uhr.

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Stationen. Wind. Wetter.

Bar. auf 0 Gr.

u. d. Me emperatur

c in ° Celsius

50 C. = 4»R.

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bedeckt

3 wolkig 2 halb bed. bedeckkt. still wolkenlos 6 stil woltiag 13 1Schner 3

Belmullet .. Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm Havaranda. St. Petersbg. Moskau ... Cork. Queens⸗

Fohn. Cherbourg. Helder.... Sylt Hamburg Swinemünde Neufahrwasser Memel E“ Münster. Karlsruhe .. Wiesbaden München Chemnitz Berlin.. Wien

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4 wolkig 5swolkenles 1 wolkenlos ONO L bedeckt ONO I edeckt N 3 wolkig S vedeck NXNO. 2 Nebel NOU z wolkenlos NO Aheiter NO 4 balb bed. 6 NO 2 wolfkig 3 NO 4 heiter 11 NO 2 Schnee 7 NNW 4 bedeckt 2 NW 2 edeckt 4 NW 3 wolkenlos 6

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Die Medici.

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Senator.

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um 7⁰ ½ Uhr.

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Ile d'Aix.

Nizza 5 ½ Awolkenlos 2

0) ONO 3 wolkenlos 1 Uebersicht der Witterung.

Die Witterung von ganz Europa steht unter dem Einfluß eines Hochdruckgebiets, dessen Kern mit 780 mm über dem Skagerrak lagert. Bei schwocher, vor⸗ Géne. wiegend nördlicher und nordöstlicher Luftbewegung ist das Wetter in Deutschland kalt, im Westen meist

v, im Osten, wo vielfach Schnee gefallen ist, vorwiegend trübe. In Deutschland, Westrußland, h seien Pheil von. Frankreich, sowie in Oester⸗ reich⸗Ungarn herrscht Frostwetter, im Innern Ruß⸗ 8 lands strenge Kälte. b blümchen.

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SSS

Deutsche Seewarte. Theater⸗Anzeigen.

Handlung in 4 Akten, Dichtung und Musik von R. Leoncavallo. Uebersetzung von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 51. Vorstellung. Ein Sommer⸗ burg. Dienstag:

nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt (Vealione).

von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Bisson und Albert Caré6. Deutsch von Benno

gebern über die Bedingungen für die Genehmigung zum Bau und Betrieb der von ihr projektierten elektrischen Straßenbahnen zu ver⸗ handeln und die betreffenden Verträge vorzubereiten. Was die Zu⸗ sammensetzung der Deputation betrifft, so schlägt der Magistrat vor, daß dazu 7 Mitglieder des Magistrats und 15 Stadtverordnete be⸗

stimmt werden.

Der Ballon „Phönix“, welcher unter Führung des Premier⸗ Lieutenants Groß am Sonnabend früh 8 Uhr in Charlottenburg auf⸗ gestiegen war, ist laut Meldung des „W. T. B.“ um 4 Uhr Nach⸗ mittags nördlich von Budweis in Böhmen glatt gelandet. Der Ballon hat über 4000 m Höhe erreicht; der tiefste Stand des Thermometers war 30 Grad Kälte.

Im Zirkus Renz wird seit Sonnabend, als Nachfolger der seit November v. J. mit vielem Erfolg aufgeführten Ausstattungs⸗ Pantomime „Huldigungsgruß an Berlin“ und des schon von der vor⸗ jährigen Spielzeit ber in guter Erinnerung stehenden „Künstlerfestes“, ein von Herrn Direktor Franz Renz arrangiertes „Original⸗ Sports⸗Schaustück“ mit dem Titel „Auf, auf zur fröhlichen Jagd“ gegeben. In drei Abtheilungen wird den Zuschauern eine regelrechte Parforcejagd mit allen ihren lustigen Ueberraschungen und aufregenden Gefahren vorgeführt, und es werden dabei Leistungen auf dem Gebiet der Dressur gezeigt, wie sie wohl besser bisher noch an keiner Stelle gesehen worden sind. Nachdem man in früher Morgenstunde in einer Waldrestauration das Zusammenströmen der Jagdgäste, die auf den verschiedensten Fuhrwerken herbeikommen, unter denen elegante Viererzüge, Droschken erster und zweiter Klasse, sowie Omnibusse nicht fehlen, und das muntere Treiben nach der Ankunft beobachtet hat, verwandelt sich mit zauberhafter Schnelligkeit die Scene. Die Zuschauer werden Zeugen zuerst des Aufbruchs zur Jagd, voran der Piqueur mit einer Meute von vierzig Hunden und dann der wilden Jagd selbst, bei welcher die schwierigsten Hindernisse anscheinend mit spielender Leichtigkeit von allen berittenen männlichen und weiblichen Jagdtheilnehmern überwunden werden. Nach Be⸗ endigung der Jagd folgt ein großes Festbanquet sämmtlicher Jagd⸗ theilnehmer, wobei zur Unterhaltung der Schmausenden fröhliche Tänze von den Kellnerinnen sowte zwanzig Damen als Jäger und zwanzig anderen Damen als Sportsmen, ausgeführn werden. Nach Dar⸗ stellung der Heimkehr auf denselben Wagen, welche die Gäste zur Jagd zusammengeführt haben, wird zum Schluß von dem Piqueur mit der Meute und den Jägern ein Hubertus⸗Tableau gestellt, das in magischer Beleuchtung von wunderbarer Schönheit ist.

Kiel, 17. Februar. Ueber das Unglück auf dem Panzerschiff „Brandenburg“ wird der „Kiel. Z.“ noch berichtet: Gleich, nach⸗ dem das Unglück geschehen, wurde es nach Kiel gemeldet und um ärzt⸗ liche Hilfe gebeten. Von den im Hafen und in der Werft liegenden Kriegsschiffen hatte nur das Wachtschiff „Pelikan“, das am Montag in See gehen soll, Dampf auf. An Bord desselben wurden daher sechs Aerzte der Marine eingeschifft, um an die Unglücksstätte befördert zu werden, wo das monövrierunfähig gewordene Schiff lag. Ein Werft⸗ dampfer folgte. Auch Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich begab sich mit Pinasse in See und an Bord der „Brandenburg“. Dort hatte man inzwischen die Todten an Deck gebracht, während einige beson⸗ ders schwer Verwundete mittels eines draußen befindlichen Schul⸗ Torpedoboots nach Kiel geschafft worden waren; zwei davon konnten nur als Leichen ins Lazareth geschafft werden. Während die an Bord des Panzerschiffs gebliebenen Verwundeten von den Aerzten aufs sorgsamste untersucht und verbunden wurden, begann man auf Backbordseite die Leichen auf den Werftdampfer hinüberzuschaffen, wo sie auf Deck ausgebreitet lagen. Der Dampfer traf gegen 6 Uhr an der Blücherbrücke ein, von wo die Leichen in die Leichenhalle des Lazareths befördert wurden. Die Verwundeten blieben auf dem Panzerschiff, das nunmehr vom „Pelikan“ ins

Mittwoch: Opernhaus. 45. Vorstellung. Mar⸗ garethe. Oper in 5 Akten von Gounod. Tert nach Goethe's Faust, Cerrs. Ballet von Emst Graet. eFaust: Herr burg. Dienstag: Zum 6. Male. A Basso Porto. Neumann). „Edelweiß vom Semmering“ für Piston

Scenen aus dem neapolitan. Volksleben in 3 Akten von von Hoch (Herr Werner) Goffredo Cognetti. Deutsch von Emil Dürer. In ““ .“ 1 1 II““ Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher: rich von Homburg. Schauspiel in 5 Aufzügen Im Negligé. Plauderei in 1 Akt von Hans von von Heinrich von Kleist. Anfang 7 ½ Uhr. Heeinfels. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Opernhaus. Donnerstag: Die Medici. Frei⸗ 8 tag: Der Freischütz. (Max: Herr Emil Eötze, Königlicher Kammersönger, als Gast.) Sonnabend: 1 Swolfenlos 19 Mara. Slavische Brautwerbung. Bajazzi. Viktoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Wagen u. Requisiten vollständig neu. Ballet von Sonntag: Lohengrin. (Lohengrin: Herr Emil Dienstag: Nur noch wenige Aufführungen von Die 150 Damen. Meute vor. 40 Hunden; dressterter Götze, Königlicher Kammersänger, als Gast.) Mon⸗ Kinder des Kapitän Grant. 8 k J11“ tag, auf Allerhöchsten Befehl: 3. Gesellschafts⸗Abend.

Emil Götze, Königlicher Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr. . Schauspielhaus. 52. Vorstellung. Prinz Fried⸗

Schauspielhaus. Donnerstag: Die Minne⸗ königin. Verbotene Früchte. Freitag: Withelm Teu. Sonnabend: Zum ersten Mal: Der Jour⸗ fix. Sonntag: Der Jourfix.

Deutsches Theater. Dienstag:

Mittwoch: Der Herr Senator. Donnerstag: Faust.

ONO 5 wolkenlos 3 Athen. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Nora. 8 Donnerstag: Aus eignem Recht. Dienstag: Zum 20. Male. Schwank in 3 Akten von E. Blum und R. Toché. Hierauf: Das Fest der Handwerker.

Lessing-Theater. Dienstag: Madame Sans⸗

Mittwoch: Madame Sans⸗Géne.

Donnerstag: Ohne Geläut.

Wallner-Theater.

Deonnerstag: Heimath.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.

Dienstag: Brautjagd. Operette in 3 Akten von

Aönigliche Schanspiele. Dienstag: Opern⸗ Hermann Pirschel. Musik von Franz von Suppé. b“ g ““ 89 Säür. aet 8. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: - g 8 Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Schlepptau genommen und nach Kiel bugsiert wurde. Die Fahrt

ging nur langsam von statten, denn für den leichten Transportdampfer war es ein schweres Stück Arbeit, den gewichtigen, jetzt schwer steuer⸗ baren Panzer vorwärtszubringen. Erst gegen 10 Uhr krafen die beiden Schiffe im hiesigen Hafen ein. „Brandenburg“ ging in der Wiker Bucht vor Anker und wurde von einem kleineren Dampfer in die Werfteinfahrt bugsiert. Von den Verwundeten ist über Nacht noch ein Werftarbeiter gestorben, der heute früh von Bord zum Lazareth gebracht wurde. Die übrigen Verwundeten befanden sich heute Morgen noch an Bord und wurden Mittags 12 Uhr mit dem Wasserfahrzeug I an die Barbarossabrücke und von dort auf einzelnen Bahren zum Lazareth befördert. Der „Nord⸗Ostsee⸗Ztg.“ entnehmen wir noch folgende Mittheilungen: Der gestrige Transport der Todten von Bord der „Brandenburg“ an Land erfolgte hinter der Marine⸗Akademie. Die Verwundeten wurden dagegen zwecks Ab⸗ kürzung des Lazareth⸗Transports an der Barbarossabrücke gelandet. Die Mehrzahl der Getödteten hatte im Unglücksraume eine liegende Stellung, die Arme vor dem Gesicht. Die Köche sind in der Küche vom Dampf ereilt worden. Ein Mann hatte bereits den Ausgang erreicht, als er am Lungenschlag verschied. Mehrere der Todten wiesen kaum nennenswerthe Verletzungen auf, da sie infolge Verbrennung der Lungen am Lungenschlage verschieden sind. Bei anderen dagegen war infolge der entsetzlichen Verletzungen eine Identifizierung der Per⸗ fönlichkeiten kaum möglich.“In einzelnen Kabinen mußten die In⸗ sassen, um dem eindringenden Dampf zu entgehen und frische Luft zu gewinnen, die Rundscheiben der Kabinen einschlagen. Von den an Bord verbliebenen Verwundeten litt namentlich ein an den Händen schwer verbrannter Mann unter entsetzlichen Schmerzen.

welches sich im Finnischen Meerbusen loslöste (vgl. Nrn. 41, 42 d. Bl.), hat sich nach dem Bericht des „W. T. B.“ in zwei Theile getheilt, dessen größerer mit mehreren hundert Personen sich nach Hogland zu bewegt, während der kleinere sechs Kilometer vom Festlande sich befindet. Die auf letzterem Theil befindlichen 75 Personen und 18 Pferde sind durch Ingermanländer gerettet worden. Ein finländischer Eisbrecher ist zur Rettung der Verunglückten abgegangen. Die Militärbehörden von Kronstadt haben gleichfalls Hilfe gesandt.

Helsingfors, 17. Februar. Das Eisfeld,

4 Nach Schluß der Redaktion eingegangene

Depeschen.

Kiel, 19. Februar. (W. T. B.) Die Beerdigung der bei der Katastrophe auf der „Brandenburg“ Verunglückten findet am Dienstag Nachmittag vom Marine⸗Lazareth aus auf dem Garnison⸗Kirchhofe statt. Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers werden alle Verunglückten mit Ehrenbezeugungen, wie sie vor dem Feinde gebliebenen Kombattanten erwiesen werden, bestattet werden. Seine Majestät beauftragte den Admiral Knorr mit Allerhöchstseiner Vertretung bei der Beisetzung und mit der Niederlegung des aus Berlin einge⸗ troffene Kranzes Seiner Majestät an der Gruft. Die Trauerparade wird von den Panzerschiffen „Baden“, „Bayern“, „Sachsen“ und „Württemberg“ gestellt werden, alle übrigen Truppen und Marinetheile werden Deputationen entsenden. Viele Kriegervereine und Korpora⸗ tionen haben um die Erlaubniß gebeten, sich an der Beerdi⸗

gungsfeier betheiligen zu dürfen. Im Zustande der Ver⸗

wundeten ist keine Verschlechterung eingetreten.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

Wetterbericht vom 19. Februar, Feli- Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil Jacobson. Regie: Hermann Haack.

8 Uhr Morgens. Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max 1. Male. Um 5 Uhr. Schwank 5— Grube. Dirigent: Musikdirektor Wegener. Anfang Mea Reichardt. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

8

Vorber. Zum Konzert⸗-HHaus. Dienstag: Karl Mender⸗ in Konzert. Ouv. „Die Stumme von Portici“ von Auber. „La gazza ladra“ von Rossini. „Zaar und Zimmermann“ von Lortzing. Prolog aus „Die Bajazzi“ von Leoncavallo. Mondnacht auf der Alster“, Walzer von Fetras. Introduction est Rondo

von Jules Barbier und Michel Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ capriccioso für die Violine von Saint⸗Saens (Herr

Der Herr

Von heute ab beginnen sämmtliche Vorstellungen Charley’'e Tante. Schwank in

Brandon Thomas. Vorher:

Pit s stisce Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. Musik von Franz

Roth. In Scene gesem von Ad. Ernst.

b Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Berliner Theater. Dienttag:

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Herr Coulisset.

Jacobson und Benno Jacobson.

1 Akt von Angelvy.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

mit grozem Ballet in 12 Bildern. In Vorbereitung: Der Südstern.

Theater Unter den Linden. Dienstag: Zum 25. Male. Der Sbersteiger. Anfang 7 ½ Uhr. b “]

Adolnh Ernst⸗Theater. Dienstag, 7 ½ Uhr:

Mittwoch: Zum 1. Male. Ein Blitzmädel.

ZBirkus Nenz (Karlstraße). Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Großes Sport⸗Schaustück mit Parforce⸗ und Kaskadenrit vom Direktor Fr. Renz. Glänzende Ausstattung.

Ins. 188 b 2 8 1 8 Ausstatlungsstück Fuchs. Außerdem: Grande Quadrille de la haute Anfang 7 ½ Uhr. 6quitation; 4 arab. Schimmelhengste, vorgef. vom

Dir. Fr. Renz: Mr. Wossiliams, der beste Jockevy⸗

reiter der Gegenwart; der urkomische Imitator⸗

Clown Mr. Ybbs ꝛc.; die Akrobaten Gebr. Frediani ꝛc. Mittwoch: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

3 Aklen 1A““ Mar: 1 1“ Die Bajazzi. Verlobt: Frl. Marie von Bismarck mit Hrn. Deuthold von Gandecker (Briest Rabuhn.) Gräfin Anna von Rittberg mit Hrn. Haupkmann Ernst von Arnim (Charlottenburg Berlin). Frl. Martha Kaweran mit Hrn. Paster Ernst Johanßen (Kiel Hobenfriedeberg, Deutsch⸗ Ostafrika). Frl. Gertrud Schrancke mit Hrn. Ober⸗Landesgerichts⸗Refer ndar Hans Warkentin (Liegnitz -Marienburg W.⸗P.) Frl. Elise Wolff mit Hrn. Stabsarzt Dr. Fedor Schoengarth Posse in (Frankenstein —Allenstein). v 1“ b 2 Verehelicht: Hr. Hauptmann Hasse mit Frl⸗ Käthe Arndt (Orpeln). 8 Geboren: Eine Tochter: Hrn. Rittmeister

Konzerte.

Mittwoch: Maner⸗

8

Chausseestraße 25.

Kurth (Flöte).

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗† Pees 69 2 1 bei Raabe u. Sor* 3 Plothow, otsdamerstr. (a., Zum 1. Male. Der Maskenball 2 Französischestr. 23, und Abendkasse. s[67427]

Schwank in 3 Akten von Alerandre

Albani⸗Tournée ienstag, 20. Februar, Abends 8 8 1 c 1 8 agen 1 Ütademie 88 Hr. Pastor emer. Gustav Reichenbach

Einziges Konzert der Königl. Preuß. Kammersängerin

* Mitw.: Herr Franz Schörg (Violine), 1— Mittwoch: Brautjagd. Herr Wilhelm Ammermann (Klavier), †Berlin: *die Kgl. Kammermusiker E. Prill und A.

Grafen Bredow⸗(Schwedt). Gestorben: Verw. Fr. Geh. Kanzlei Rath Emilic Zielke, geb. Bergmann, (Berlin). Hr. Kandidat jur. Otto von Keudell (Berlin). Fr. Louise von Lindequist, geb. Freiin von Barnekow (Putbus auf Rügen). Hr. Major a. D. Franz von Warnstedt (Oldenburg i. Gr.). Hin. Rittmeister Kurt von Printz Sohn Hans Kurt (Königsberg i. Pr.).

(Breslau). Verw. Fr. Anna von Siegroth,

geb. von Montbach (Breslau).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scholh.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW. Wilbelmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen

Schlesinger, 8 (2841)

zum Deutschen Reichs⸗Anz

N9o 43.

s⸗-Anzeiger. 1894.

Deutscher Reichstag.

52. Sitzung vom Sonnabend, 17. Februar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Sonnabend berichtet worden. Die Rede, mit welcher der Abg. Richter (fr. Volksp.) die Fortsetzung der zweiten Be⸗ rathung des Reichshaushalts für 1894/95 beim Etat der Schutzgebiete, und zwar bei den Ausgaben für Ost⸗Afrika eröffnete, hat folgenden Inhalt:

Abg. Richter: Man konnte gestern aus der Debatte den Ein⸗ druck gewinnen, als ob die Sozialdemokratie auch in Ost⸗Afrika Beobachtungsstationen hätte. Das ist aber nicht der Fall; denn alles, mit Ausnahme des Briefes des Abg. Klemm, ist in der Budget⸗ kommission schon vorgebracht worden, und zwar von Freunden der Kolonialpolitik. Der Reichskanzler meinte, durch die Ausdehnung der parlamentarischen Kritik werde die Neigung vermindert, nach den Kolonien zu gehen. Die Kritik schließt aber nur an die Kritik der Presse, namenklich auch der ausländischen Presse an. In England ist man nicht zurückhaltend gegenüber den Kolonialbeamten. Diesen Beamten gegenüber ist die öffentliche Kritik noch viel nothwendiger als gegenüber ven einheimischen Beamten, weil dort in den Kolonien keine Presse besteht und weil die Kolonialbeamten eine viel größere diskretionäöre Gewalt haben. Der Reichskanzler hat viel Wichtigeres zu thun, daß man ihm nur danken kann, g er sich auch noch um diese Dinge kümmert. Um die Person der Beamten handelt es sich garnicht, sondern um das ganze System. Auch der Abg. Graf Arnim, ein so enthusiasmierter Anhänger der Kolonialpolitik, war nicht mit allem einverstanden. Ob die einzelnen Verordnungen an sich zu ver⸗ theidigen, lasse ich dahingestellt. Für uns ist charakteristisch, daß ein Herr, von dem man sonst in Bezug auf seine Kenntniß Afrikas nichts wußte, sich bekannt macht durch solche Verordnungen. Es sind schon vorher Gouverneure da gewesen, ohne daß sie sich mit solchen rkein äußerlichen Dingen beschäftigt hätten. Ein Zollbeamter soll in eine Ordnungsstrafe genommen sein, weil er ein Schreiben des Gouverneurs als einen Brief bezeichnet hat. Das erinnert daran, daß man Emin Pascha auch vorwarf, daß er in seinen Berichten nicht die Kurialien genügend beobachtet habe; das hat ihn vielleicht dazu gettieben, der ganzen deutschen Kolonialwirthschaft den Rücken zu ijehren. Aber der Assessorismus ist nicht besser als der Militarismus. Die Eisenbahn von Tanga darf nicht über den Schießplatz gehen, obgleich man in Afrika Schießplätze genug hat; ganz Afrika ist ja eiggentlich nichts als⸗ ein Schießplatz. Die Verfügung soll erlassen sein, um das schöne Aussehen von Tanga nicht zu verschlechtern. Die Gouverneure sind doch nicht für die besonderen militärischen Dinge nach Afrika geschickt; dazu sind doch die Unterführer vorhanden. Wenn

die militärischen Dinge so in den Vordergrund gestellt werden, dann

müssen die jungen Offiziere ja annehmen, daß sie hauptsächlich zu Kriegszügen nach Afrika geschickt sind. Die jungen Offiziere mit ihrer abenteuerlichen Lust haben ja nach den Klagen der Kolonial⸗ freunde manche Unbequemlichkeiten herbeigeführt. Zum Schutz der

Stationen für den Karawanenhandel will man mehr Militär haben.

Fürst Bismarck hat einmal gesagt, in den Kolonien könne man nicht

olchen Schutz gewähren, wie füͤr den Verkehr in der Friedrichstraße.

Da muß man fragen, ob das wirthschaftliche Interesse groß genug ist für solche Ausgaben. Der Abg. Graf Arnim wollte an die

(Stelle der Militärs und Assessoren die Kaufleute setzen. Nicht

der Ausfluß der Leitung der Kolonialpolitik zeigt sich in der Verwaltung, sondern das liegt an der ganzen falschen Kolonialpolitik, die auch dadurch nicht verbessert werden kann, daß man Kauf⸗

leute mit der Leitung der Kolonien betraut. Das zeigt

sich besonders an der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie. Der Abg. Dr. Hammacher stellte in der Kommission fest, daß von zehn 1ege Leuten acht zu Grunde gehen. Aus den Kreisen der Deutschen, welche in den Kolonien schon Handel getrieben haben, müßte man die leitenden Kräfte nehmen. Aber ein solcher deutscher Handel be⸗ steht ja gar nicht in Ost⸗Afrika; dort können keine Millionäre gezüchtet werden, im Gegentheil, sie können dort eher ihre Millionen ver⸗ lieren. In Sansibar gab es deutsche Firmen, auf dem Festlande nicht, und was sich jetzt angesiedelt hat, ist lediglich infolge der Be⸗ amten und Soldaten gekommen und lebt von ihnen. Der naturgemäße Handel ist in den Händen der Indier, wie Indien überhaupt das Hinterland für Ost⸗Afrika ist. Der Verkehr mit Deutschland be⸗ trfft fast nur Waaren für die deutschen Offiziere und Beamten. Meines Erachtens hat im deutschen Besitz Ost⸗Afrika gar keine Zu⸗ kunft. Je früher man sich zurückzieht, desto besser für das Deutsche Reich. Namentlich sollte man den Süden aufgeben, der noch weniger Aussicht bietet.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Der Reichskanzler hat alle Kolonial⸗ unternehmungen wie mit einer kalten Douche übergossen, indem er aus⸗ sprach, daß ihm kein schlimmeres Geschenk gemacht werden könne, als ganz Afrika. Auch meine Freunde sind nicht mit allem einverstanden, was in den Kolonien geschehen ist. Ich hätte gewünscht, daß der Reichskanzler die Vorgänge lebhafter mißbilligt haͤtte. Die Beamten sind ja mit guten Instruktionen versehen worden. Man spricht von Militarismus und Assessorismus; beiden Dingen gegenüber müssen wir uns in der Kolonialpolitik ablehnend verhalten. Sie werfen ein Licht auf die Verhältnisse, aus welchen die jungen Leute hervor⸗ gegangen sind. Hier sitzen die Instanzen den jungen Leuten mehr auf dem Nacken; sie müssen Rücksicht nehmen. Davon sind sie in Afrika frei. Man sollte doch einmal prüfen, ob es nicht nothwendig ist, die Vorbildung unserer Beamten, auch der im Lande bleibenden, anders zu gestalten. Die Kritik würde vielleicht nicht so schlimm sein, wenn wir nicht auf allen kolonialen Gebieten im letzten Winter Mißerfolge gehabt hätten. Die Denkschriften, welche dem Reichstag bei seinem Zusammentreten vorgelegt wurden, lauteten noch ziemlich günstig; namentlich wurde eine so warme Sprache gesprochen, wie wir sie von amtlichen Stellen noch nicht gehört hatten. In der Denk⸗ schrift wird zum ersten Mal ausgesprochen, daß wir auch die inneren Menzen wirklich besitzen müssen, um unsere Herrschaft vom Papier in die Wirklichkeit zu versetzen. Es wäre nur zu wünschen, daß der Reichskanzler noch etwas mehr die Initiative ergreift, namentlich in den Verhandlungen mit dem Auslande. Die Systeme der Ver⸗ valtung an sich sind nicht der Fehler, sondern der rasche Wechsel er Systeme schadet. Man ist zu schnell vom militärischen zum Zivilreglement übergegangen; hätte man die Militärdiktatur länger muern lassen, so brauchten wir nicht so viel Geld aufzuwenden, lche die Autorität wiederherzustellen. Die militärischen Persön⸗ ud eiten können nicht ganz entbehrt werden, aber ihre Wirkfamkeit müßte etwas beschnitten werden. Bei für die Sicherheit 5 Kolonien ꝛc. müssen sie selbständig sein. Aber bei wirthschaftlichen demsen, 3. B. bei der Ausfuhr von Arbeitern aus Ost⸗Afrika nach VerseKongogebiet, sollte doch in Berlin erst angefragt werden. Die

6 ürkung des kaufmännisch gebildeten Elements, und zwar nicht diis 5 den unteren, sondern auch in den leitenden Stellen ist koloufan nothwendig. Deutschland verfügt über gutes Material für Polnn ale Thätigkeit. Deutsche Pflanzer stehen jetzt vielfach in und englischen Diensten; sie müßten in deutsche Dienste Besg werden. Wir befinden uns im Stadium der Lehrjahre in voczctauf die Kolonialpolitik, denn was sind 10 Jahre in der n9 blos virthschaft! Das Kapland wurde von allen Seiten als große Wi etrachtet; man that nichts dafür und jetzt hat es eine

ichtigkeit erlangt. Wir wollen in unseren Kolonien nicht

nur europäische Kultur verbreiten, sondern dort ein deutsches Wirth⸗ schaftsgebiet einrichten, um dort Produkte anzubauen, die wir sonst aus den fremden Ländern beziehen müssen. In Zukunft werden sich verschiedene Wirthschaftsgebiete anschließen: das russische, das romanische und zwei angelsächsische. Wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, daß wir auf einem Kontinent ein Herrschaftsgebiet für uns. errichten; daß der Süden von Afrika keine Aussicht bietet, ist nicht richtig. Man hat zuerst seine Aufmerksamkeit auf das Kilimandscharo⸗ gebiet gerichtet. Es hat sich aber herausgestellt, daß die südlichen Küsten unseres Gebiets sich zum Baumwollen⸗ und Zuckerbau eignen. Ost⸗Afrika wird eine der wichtigsten tropischen Plantagenkolonien werden. Dadurch wird es seines Werthes als Absatzgebiet beraubt. Aber wir wollen hoffen, daß es ein wichtiges deutsches Besitzthum werden wird.

Reichskanzler Graf von Caprivi:

Der Herr Vorredner hat die Güte gehabt, sich auch mit meiner Person zu beschäftigen, und den Wunsch auszusprechen, daß ich nicht kalt gegen die Kolonien sein möchte, und er hat zum Beweise meiner Kälte eine frühere Aeußerung zitiert, etwa dahin gehend, daß wir Gott danken könnten, wenn uns nicht jemand ganz Afrika schenkte. Ich glaube, daß ich die Wärme für die Kolonien habe, die mir mein Amt zur Pflicht macht, und die im Interesse Deutschlands ein Ge⸗ deihen unserer Kolonien mir wünschenswerth erscheinen läßt. Bis zu dem Grade von Wärme aber, fürchte ich, werde ich es nie bringen, daß ich den Wunsch haben könnte, ganz Afrika in deutschen Besitz zu bringen, selbst wenn ich mich im Zustande der Fieberhitze befände. Denn ich glaube schwerlich, daß uns irgend eine größere Last auf⸗ gebürdet werden könnte als die Last, die jetzt Franzosen, Engländer, Italiener und Deutsche zusammen tragen. (Sehr richtig!) Ich glaube nicht, daß unser Rücken dafür stark genug sein würde. Ich kann aber dem Herrn Vorredner versichern, daß ich mich im übrigen lebhaft für die Kolonien interessiere und zu thun glaube, was meines Amts nach dieser Richtung ist.

Der Herr Vorredner hat der Regierung vorgeworfen, sie leide an einer gewissen Programmlosigkeit; noch schärfer ist der Vorwurf gestern gemacht worden. Ich halte den Vorwurf für unberechtigt. Was kann denn in diesen Kolonien unser Programm sein? Zuerst sie festhalten; denn wenn wir sie los sind, dann sind wir auch über die Skrupel eines Programms hinweg. (Heiterkeit,) Gehalten müssen sie werden. Gehalten können sie aber nur durch militärische Kraft werden. Wir sind noch nicht in dem Zustand, daß die Kolonien durch ihr eigenes Gleichgewicht sich selbst hielten, sie müssen von uns gehalten werden. Dazu gehört militärische Kraft, dazu gehört also ein gewisses Quan⸗ tum Militarismus.

Demnächst, wenn wir sie halten, habe ich den Wunsch, daß Deutschland Vortheil aus ihnen zieht, daß sie also so verwaltet werden, folche Kräfte anziehen, daß da Kapitalien gewonnen werden, daß steuerfähige Menschen aufwachsen, die dem Vaterlande, wenn sie zurück⸗ kehren, Nutzen bringen. Auch in dieser Beziehung geschieht, glaube ich, was geschehen kann, und da können wir eines gewissen Beisatzes von Assessorismus nicht entbehren; wir müssen also hier schon eine gewisse Mischung von Militarismus und Assessorismus vornehmen. Daß der Assessorismus mit dem Bureaukratismus wieder Hand in Hand geht, ist selbstverständlich, ist aber auch unbedingt nothwendig.

Der Herr Vorredner hat Herrn von Wissmann ein gewiß ver⸗ dientes glänzendes Zeugniß ausgestellt, aber unter Herrn von Wissmann kam der Bureaukratismus etwas zu kurz, der Militarismus blühte: unter Herrn von Wissmann haben mehr Offiziere im Kaiserlichen Dienste gestanden, als heute in Afrika sind. An dem fehlenden Beisatz von Bureaukratismus bei Herrn von Wissmann werden wir noch einige Jahre laborieren, und ich vermuthe, die Rechnungskommission dieses Hauses wird noch später ernstlich damit zu thun bekommen. (Hört, hört! links.)

Die Verhältnisse, wie sie damals lagen, gaben zu einer geordneten Verwaltung gar keine Möglichkeit, und es ist denn auch ziemlich leicht mit den Geldmitteln umgegangen worden. (Hört, hört! links.)

Vor wenigen Tagen lag mir ein Antrag vor, das Kalkulatur⸗ personal in Ost⸗Afrika zu vermehren, weil mit den Wissmann'schen Rechnungen nicht fertig zu werden sei, weil kein Mensch weder ein noch aus wisse. Also diese Elemente müssen miteinander gemischt werden.

Nun wäre es mir ja ganz recht, auch einen merkantilen Mann zu haben. Ich möchte nicht glauben, daß bei den gegenwärtigen Zu⸗ ständen unsere Kolonien in der Lage sind, ganz merkantil geleitet zu werden. Die einzige, die auf merkantiler Basis erbaut ist, ist Kamerun; von der könnte man, wenn man die Dinge in ein Schema bringen will, sagen: das war eine Handelskolonie. Indessen auch da haben sich die Verhältnisse anders gestaltet. Es ist ja bekannt, daß, als die deutschen Firmen, die dort ansässig waren, schließlich nicht mehr weiter kamen, es auch dort einer militärischen Eroberung bedurfte.

Nebenbei, wenn die Herren von kaufmännischer Hilfe sprechen, so setzen sie voraus, daß wir kaufmännische Genies nicht bloß nach der kaufmännischen Richtung, sondern auch Verwaltungsgenies für diese Stellen bekommen. Da bitte ich Sie zu berücksichtigen, daß ein Mann von einiger Begabung und von einigen Mitteln wahrscheinlich einen vortheilhafteren Gebrauch von seiner Begabung und von seinen Mitteln machen wird als in diesen Kolonien. (Sehr gut! links. Heiterkeit.)

Es bleibt nichts übrig, als wir trachten, diese verschiedenen Elemente mit einander zu verbinden und solchen Nutzen daraus zu ziehen, daß die Kolonien im ganzen gedeihen.

Der Herr Vorredner empfahl uns nun, aus anderen, holländischen Kolonien, im Plantagenbau erfahrene Leute, wenn ich ⸗richtig verstan⸗ den habe, herüberzunehmen. Mein Gott, das wäre doch zunächst die Sache derjenigen Gesellschaften, denen die Plantagen gehören. Der Staat treibt keine eigene Plantagenwirthschaft, und nebenbei glaube ich, daß diese Plantagen noch keinen solchen Umfang angenommen haben, daß nicht etwa mit einem halben Dutzend erfahrener Leute aus Java auch dem weitesten Bedürfniß abgeholfen werden kann. (Sehr richtig! und Heiterkeit.)

Ddie Regierung kann sich damit noch nicht befassen; bei allem

Wunsche, die Plantagen zu heben, muß sie es doch in erster Linie den Plantagengesellschaften selbst überlassen.

Also wir suchen die Kolonien zu halten und suchen mit den ver⸗ schiedenen Mitteln den Kolonierk aufzuhelfen. Daß diese Mittes nicht nach einem Schema gewählt werden können, liegt ja auf der Hand. Was in den sonnigen, vertrockneten Steppen von Süd⸗Afrika möglich ist, paßt nicht unter den Palmen von Ost⸗Afrika. Das sind ganz verschiedene Dinge, und darin liegt ja eine große Schwierigkeit in der Regierung unserer Kolonien. Man stellt sich das oft, wie mir scheint, bei uns so vor, daß, wenn eine Regierung nur einen festen Gedanken, ein bestimmtes Programm hätte, die Sache gehen müßte. Ja, das ist nicht der Fall. Wir müssen für jede Kolonie ein anderes Programm machen, und so wie Sie mehr von mir verlangen, als daß ich sage: die Kolonien müssen gehalten werden und es muß aus ihnen das Mögliche zu Nutzen Deutschlands gemacht werden, dann bin ich nicht im stande, ein Programm aufzustellen; ein solches müßte für jede dieser Kolonien spezifiziert werden, würde im Laufe der Zeit aber Abänderungen unterworfen werden müssen und das könnte fest, petrefakt, überhaupt gar nicht werden, weil ja unsere eigenen Er⸗ fahrungen und Eindrücke sich ändern. Vergessen Sie doch nicht, daß wir alle noch jung im Kolonialbesitz, in unseren Ideen über Kolonien sind, daß auch Leute, die hinübergehen, noch keineswegs feste Ideen haben. Fortwährend wechseln die Gedanken, und wir würden unsere Schuldigkeit nicht thun, wenn wir diesen Gedanken nicht nachgingen und versuchten, welcher von ihnen fruchtbar zu machen ist. Daß nun unter zehn solcher Gedanken, die an uns herantreten, neun unfruchtbar sind, das liegt in der Natur der Sache. Das schadet aber auch nichts, wenn wir nur mit dem zehnten Gedanken weiterkommen. (Heiterkeit.) Es ist davon die Rede gewesen, daß Herr von Scheele in Ost⸗Afrika zuviel herumzöge, er sollte mehr regieren und mehr sitzen bleiben. Sehen Sie, meine Herren, das ist auch wieder eine von den An⸗ forderungen, denen gegenüber ich darauf hinweisen könnte, daß ge⸗ legentlich genau die entgegengesetzten in diesem Hause erhoben worden sind. (Sehr richtig!) Wie oft ist uns vorgeworfen worden: Ihr regiert vom grünen Tisch. Jetzt haben wir endlich, Gott sei Dank, einen unternehmenden Mann, der damit anfängt, daß er auf die Löwen⸗ jagd geht, der nachher eine Expedition nach dem Kilimandscharo macht und nun auf Monate in das Innere des Landes gegangen ist. Es kann uns gar nichts Besseres passieren. Der Gouverneur lernt auf diese Weise Land und Leute bennen, und wenn er wiederkommt, wird er die erworbenen Kenntnisse zu verwerthen in der Lage sein. Es ist doch nicht möglich, praktischer zu verfahren. Bei alledem wird der Mann und sein Verfahren angegriffen.

Nun heißt es: Millionäre züchten! Ja, versteht sich, wenn es irgend angeht, mit dem größten Vergnügen! (GHeiterkeit.)

Gerade Herr von Scheele ist der Meinung, daß das in Ost⸗ Afrika möglich ist. Seine Differenz mit der ostafrikanischen Kolonial⸗ gesellschaft hat großentheils ihren Grund darin, daß er sagt: diese Gesellschaft wird ganz von selber, wenn auch eine Reihe von Jahren vergeht, Millionäre züchten. Er ist der Meinung: Die Gesellschaft hat viel zu viel Vortheile bekommen, sie muß auch mit weniger aus⸗ kommen und wird doch reich. Er vertritt aber auch den Standpunkt, daß es erforderlich ist, sobald wie möglich den Beweis zu führen, daß in unseren Kolonien Geld gewonnen werden kann. Dieser Beweis muß einmal geführt werden, wenn wir die Hoffnung haben wollten, daß noch mehr Geld in den Kolonien angelegt wird; sofern Sie nicht geneigt sein sollten, aus Reichsmitteln mehr Geld zu geben, bleibt uns doch nichts Anderes übrig, als daß die Privaten ihre Geldbeutel aufmachen (sehr gut! links) und Anlagen, die sie sonst in zweifel⸗ haften Werthen gemacht haben, künftig in den deutschen Kolonien machen. Ich werde mich des ersten Millionärs, den wir gezüchtet haben, herzlich freuen. (Heiterkeit.) Nun ist uns weiter vorgeworfe worden von dem Herrn Vorredner, die Kolonialpolitik des letzte Jahres habe auf allen Gebieten Mißerfolge zur Folge gehabt. Erstens bestreite ich das. Zweitens, wenn man über diese Sache urtheilen will, so muß man sich die Frage stellen: Welche Mittel stehen uns zur Verfügung? Man kann doch nicht Erfolge an die Wand malen und nun erwarten, daß die Regierung sie herunterholt, wenn sie nicht die Mittel hat, heranzukommen. Wir sind in den Geldmitteln und in den persönlichen Mitteln beschränkt. Der Gou⸗ verneur von Ost⸗Afrika hat mehr als einmal hierher geschrieben: Gebt mir den doppelten Etat, und ich garantiere Euch, in fünf Jahren habe ich die Sache in Ordnung. Wir haben die Geldmittel nicht, und die Finanzlage gestattet auch nicht, sie zu verlangen. Also wir müssen mit weniger auskommen, selbst auf die Gefahr hin, daß die Sache langsamer geht. Das mag ja auch sein Gutes haben. Und was nun die Menschen angeht, so sagt man uns: Wählt er⸗ fahrenere Leute, namentlich nicht so junge Leute. Ja, wie könnte ich wohl einen erfahreneren Menschen für Südwest⸗Afrika finden, als den Herrn von Frangois! Fünf Jahre ist er da, anfangs ist er allein herumgeritten von einem Ende bis zum anderen, dann hat er eine Schutztruppe gehabt, die, wenn sie komplett war, sich auf 50 Mann belief. Er ist die Thätigkeit selber gewesen. Wenn ich ihm etwas vorwerfen sollte, so ist es das, daß seine Berichte zu spärlich waren. Das aber kommt daher, daß er mehr im Sattel sich befindet als am Schreibtisch. Der Mann ist also so bewährt in Bezug auf Afrika, wie nur einer sein kann. Ich wüßte nicht, wo ich einen besseren her⸗ nehmen sollte.

Ja, meine Herren, andere sind Ihnen zu jung; indeß, in die Tropen kann kein Alter gehen, da er die Wahrscheinlichkeit für sich hat, daß sein Körper dem Klima und der Witterung dort nicht ge⸗ wachsen ist. Dann liegt auch der Wagemuth einmal mehr in den jungen Leuten als in den alten; wer hier einen Hausstand gegründet hat, ist nicht mehr geneigt, in irgend einer ostafrikanischen Tamba zu wohnen, oder in einem alten verlassenen Hause von Steinen, was vor Jahren vielleicht von irgend einem Kalifen oder Häuptling ge⸗ baut ist.

Ich erkenne es deshalb sehr an, wenn trotzdem verheirathete Leute hinübergehen, und auch das möchte ich zu Gunsten der hier viel⸗