1894 / 57 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Abg. Szmula (Zentr.) tritt den Ausführungen des Ministers in Suß auf Oberschlesien entgegen und bestreitet, daß eine besondere polnische Nationalagitation bestehe. Die meisten Leute, führt Redner aus, können nicht ordentlich Deutsch; infolge dessen wollen sie polnische Zeitungen lesen, deren jetzt neun in Oberschlesien bestehen; aber keine derselben hat irgendwie einen anderen Standpunkt eingenommen als das Zentrum, und abgesehen von der bgö e des Wahlkampfes sind die Artikel der Zeitungen immer maßvoll gewesen. Von kom⸗ munistischen Tendenzen u. s. w. kann gar keine Rede sein. Die Redakteure stehen durchweg auf dem katholischen Standpunkte. Da die schlechte Berichterstattung über oberschlesische Verhältnisse nur darauf begründet ist, daß die Beamten kein Polnisch verstehen, so ollte der Minister fakultativen polnischen Unterricht an den schle⸗ schen Gymnasien einrichten und in Breslau wieder die polnische Ge⸗ sellschaft der Studenten zulassen, die verboten ist. Ferner muß Ober⸗ schlesien vollständig der e Posen gleichgestellt werden, sonst wird die Sache immer schlimmer. 8 Abg. von Schalscha (Zentr.) schließt sich als Kenner der oberschlesischen Verhältnisse den Ausführungen der anderen ober⸗ schlesischen Abgeordneten vollständig an. Wenn Herr von Puttkamer in seiner Heimath eine Zunahme des Polenthums bemerkt hat, äußert Redner, so ist daran vielleicht ebenso wie in Oberschlesien die falsche Verwaltungspraxis schuld. In oberschlesischen Bezirken wurde sonst viel Deutsch gesprochen; bei einer Kontrolversammlung merkte ein Offizier, daß die Reservisten und Landwehrleute plötzlich alle polnisch sprachen. Auf Befragen erfuhr er, daß die Leute sich darüber ärgerten, daß der neu angestellte Lehrer kein Wort polnisch verstand, deshalb sprachen sie nicht mehr deutsch. Solche Maßregeln müssen Unwillen erregen und rufen ein Anwachsen des Polonismus hervor. Den Wunsch der Bevölkerung nach der polnischen Sprache erfüllen die Zeitungen, die leider in viel zu großer Zahl erscheinen und eine nicht zu billigende Sprache führen. Die groß⸗polnische Agitation wird von Geistlichen und Laien der katholischen Kirche bekämpft; aber so lange die Ur⸗ sache nicht beseitigt wird, wird man nichts ausrichten. Der Minister sollte die hier vorgebrachten Klagen nicht unterschätzen und sein Wohlwollen von Posen auf Oberschlesien übertragen, damit jeder An⸗ laß zur Unzufriedenheit beseitigt werde. .

ö“ (Zentr.): Der Kultus⸗Minister hat viele schöne Worte gesprochen, aber an Thaten fehlt es. Die Bildung einer katholischen Abtheilung hat der Minister rundweg abgelehnt, weil dadurch Mißtrauen hervorgerufen werde. Davon merkt man doch nichts in Bayern, Oesterreich, Württemberg ꝛc., wo besondere katholische oder evangelische Behörden bestehen. Der Minister meint allerdings, er sei von seinen vier katholischen Räthen zur Genüge be⸗ rathen. Da hat er wohl den Begriff „katholische Kirchenangelegen⸗ heit“ sehr eng gefaßt; hat er z. B. bei der Organisation der Schul⸗ aufsicht auch die katholischen Räthe befragt? Das ist eine Frage von großer kirchlicher Bedeutung. Welche Beihilfe und welche Kirchen⸗ Forstände sind über die Reform des Vermögensverwaltungsgesetzes befragt? Es ist kaum denkbar, daß ein Kirchenvorstand das mit den ““ der katholischen Kirche in Widerspruch stehende Gesetz eibehalten will. Wenn die Gemeindevertretungen beseitigt werden, so kann daraus für den Staat gar kein Schaden entstehen. Allein der Vater des Gesetzes, der betreffende Rath des Kultus⸗Ministeriums, will wohl sein Kind gern am Leben erhalten. Das Ordenswesen betrachten die Katholiken als die höchste Blüthe des kirchlichen Lebens; sie müssen deshalb dafür eintreten, daß die Ordensniederlassungen

überall zugelassen werden.

Miinister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich will mich ganz kurz fassen und nicht nochmals auf alle diese Einzelheiten eingehen; nur eine Behauptung des Herrn Abg. Dauzenberg giebt mir Anlaß, nochmals das Wort zu ergreifen.

Der Herr Abgeordnete hat gesagt, daß meine neulich ge⸗ thane Aeußerung über die katholische Abtheilung so aufgefaßt werden könnte, als wenn damit auf die früheren Mitglieder der katholischen Abtheilung irgend ein Schatten geworfen werden sollte. Ich erkläre hiermit ganz ausdrücklich, daß mir das ganz fern gelegen hat; im Gegentheil: ich habe alle Ursache anzunehmen, daß das durchaus tüchtige, rechtschaffene und treue Beamte gewesen sind. Ich selbst bin mit einem derselben, mit dem verewigten Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Linhoff seit vielen Jahren aufs innigste befreundet gewesen, und es würde mir ein großer Schmerz sein, wenn ich auch nur den Schein erweckt hätte, als ob ich auf diese Männer irgend einen Schatten habe werfen wollen.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) konstatiert mit Freuden, daß aus seiner Heimathprovinz kein einziger Abgeordneter sich gegen die neue Sprachenverfüguuͤg erklärt habe.

Damit schließt die Debatte.

Das Gehalt des Ministers wird genehmigt, ebenso die

übrigen Ausgaben für das Ministerium, darunter auch die

neue Stelle eines Vorstehers der Meßbildanstalt (6000 ℳ,

wofür aber 5100 für einen Hilfsarbeiter in Wegfall

kommen).

Die Erwähnung der Stiftung mons pietatis in den Er⸗ läuterungen giebt dem

Abg. Dr. Sattler (nl.) Gelegenheit, auf die gegen diese Stiftung gerichteten Angriffe hinzuweisen.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Weenn Werth darauf gelegt wird, werde ich versuchen, bis zur

dritten Lesung noch genaueres Material herbeizuschaffen. Mir sind diese Angriffe nicht entgangen; ich werde darüber auch mit der Ver⸗ waltung des mons pietatis mich ins Benehmen setzen. Ein Theil dieser Angriffe sind das kann ich schon jetzt erklären vollkommen unbegründet; ein anderer Theil giebt auch mir Anlaß, zu untersuchen, ob nicht die ganze Verwaltung vereinfacht und verbilligt werden kann. Indeß ich werde versuchen, bis zur dritten Lesung eingehenderes Material zu beschaffen.

Ohne Debatte genehmigt das Haus das Kapitelẽ „Ober⸗ Kirchenrath. 1

Bei dem Kapitel „Evangelische Konsistorien“ be⸗ schwert sich

Abg. Damink (kons.) über eine Verfügung des Konsistoriums zu Aurich, betreffend die Urlaubsertheilung, die einen Eingriff in die Bentheim'sche Kirchenordnung bedeute. Er bittet den Minister, die Verfügung aufzuheben.

8 Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

8 Die Frage, inwieweit die reformierten Geistlichen der Grafschaft Bentheim Urlaub bedürfen, ist eine rein innerkirchliche Angelegenheit, die, soweit ich die Sache zu übersehen vermag, auf Grund der Bent⸗ heimschen Kirchenordnung wohl noch einmal demnächst vor die Synode der reformierten Kirche der Provinz Hannover gelangen dürfte. Ich möchte daher wohl glauben, daß ich mich hier auf diese Bemerkung beschränken darf. Es ist das derselbe Grund, weshalb auch die Petitionskommission es abgelehnt hat, sich mit der Sache zu befassen.

Abg. Dr. Irmer (kons.) schließt sich diesen Ausführungen voll⸗ 8 as Kapitel wird bewilligt. 1 Zu den Kapiteln „Evangelische Geistliche und Kirchen“, „Bisthümer und katholische Geistliche und Kirchen“ hat der Abg. von Strombeck (Zentr.) folgenden Antrag gestellt: „Die Staatsregierung zu ersuchen, Ermittelungen darüber anzu⸗ stellen, ob und welche geistliche Stellen, deren gänzliche oder theil⸗ weise Unterhaltung von der Staatsregierung auf Grund rechtlicher

gemäßes Einkommen nicht gewähren.* .

bg. von Strombeck (Zentr.) erläutert seinen Antrag dahin, daß derselbe sich nicht auf solche Fälle beziehen solle, wo der Staat nur einen kleinen Beitrag leistet, sondern auf solche Fälle, wo er der Hauptunterhaltungspflichtige ist. Bei der Säkularisation habe der Staat zum größten Theil die zu zahlenden Gehälter einseitig festgestellt; es werde heute eine Erhöhung in vielen Fällen noth⸗ wendig sein.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Hegel: Die Untersuchung aller Fälle, in denen der Staat einen Zuschuß zu leisten hat, würde eine umfangreiche werden. Die Regierung hat sich dagegen ablehnend ver⸗ halten. In dem beschränkteren Umfange ist die Resolution eher an⸗ nehmbar, aber überflüssig; denn wo der Staat für alle Bedürfnisse aufzukommen hat, hat er schon von Zeit zu Zeit, wenn er das Be⸗ dürfniß anerkannte, Zulagen gewährt, wie z. B. in diesem Etat für Heiligenrode (Provinz Hannover). Wollte der Staat in den wo er ein Bedürfniß nicht anerkennt, eine Untersuchung anstellen, so wäre das bedenklich, denn der Staat würde damit anerkennen, daß er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Es würde Sache der einzelnen Gemeinden sein, derartige Ansprüche geltend zu machen. Eine große Anzahl von Gemeinden, denen Unrecht geschehen ist, wird wohl nicht vorhanden sein. Die Gemeinde allgemein zu solchen Anträgen aufzufordern, liegt kein Anlaß vor.

Abg. Brandenburg (Zentr.) hält den Antrag von Strombeck für nothwendig, da notorisch die Gehälter der Geistlichen nicht mehr standesgemäß

Abg. Dauzenberg (Zentr.) empfiehlt ebenfalls den Antrag von Strombeck und bemängelt es, daß den evangelischen Kirchen mehr an Unterstützungen gewährt werde als den katholischen; namentlich werde den evangelischen Gemeinden das Gehalt für mehrere Geistliche gewährt, den katholischen nur für einen. 1

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Förster führt aus, daß dies den festen Grundsätzen, die das Haus gebilligt habe, entspreche; die Pfarrstellen seien in drei Klassen getheilt.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.) empfiehlt ebenfalls den Antrag von Strombeck, indem er darauf hinweist, daß die Gemeinden, weil sie die Säkularisationsakten nicht besäßen, nicht im stande seien, Anträge zu stellen, wie sie der Regierungsvertreter bezeichnet habe.

Abg. Dauzenberg (Zentr.) und Abg. Dasbach (Zentr.) bleiben dabei, daß die katholischen Gemeinden schlechter bedacht würden als die evangelischen. 1 1

Das Kapitel wird hierauf genehmigt. Die Abstimmung über den Antrag von Strombeck, der zugleich zu mehreren Kapiteln gestellt ist, findet erst später statt.

Um 4 ¼ Uhr wird die weitere Berathung auf Mittwoch,

11 Uhr, vertagt.

vendges Gube geleistet wird, zur Zeit ihren Inhabern ein standes⸗

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Als eine gemäß § 3 Ziff. 1 des Reichs⸗Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879 anfechtbare Rechtshandlung, welche der Schuldner in der dem anderen Theile bekannten Absicht, seine Gläu⸗ biger zu benachtheiligen, vorgenommen hat, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 4. Dezember 1893, zu erachten: Die Unterwerfung des Schuldners wegen einer Schuld, welche er bald⸗ möglichst nach seinen Kräften zurückzahlen solle, der sofortigen Zwangsvollstreckung und die sodann erfolgte Pfändung, wenn der Schuldner zur Zeit nicht bei Kräften war Schulden zu bezahlen und andere Gläubiger dadurch an der derzeitigen Befriedigung ihrer bG Forderungen aus dem Vermögen des Schuldners verhindert wurden.

Läßt sich ein bei einem Privatunternehmen angestellter Beamter von seinem Untergebenen, welcher sich um eine Beförderung bei dem gedachten Unternehmen bewirbt, einen Vortheil dafür E1“ daß er ihn als geeignet empfiehlt, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zivilsenats vom 18. Dezember 1893, im Gebiete des gemeinen Rechts dieses Versprechen wirkungs⸗ los, selbst wenn die Empfehlung eine an sich wohlberechtigte gewesen ist.

and⸗ und Forstwirthschaft.

Für die Land⸗ und Forstwirthschaft von Bedeutung erscheint eine jüngst veröffentlichte Arbeit zweier französischer Forscher (Prillieux et Delacroix, Sur la Muscardine du Ver blanc in „Compte rendus des séances de l'Académie des sciences de Paris“. Tome 113 p. 158 ff.). Es wird darin nämlich ein Verfahren angegeben zur Vertilgung der Engerlinge, welches darin be⸗ stehte auf künstlichem Wege eine Epidemie unter ihn hervor⸗ zurufen. Es ist also in gewisser Beziehung zu vergleichen mit dem Löffler'schen Verfahren, mit von Bakterien⸗ kulturen eine Seuche der Feldmäuse herbeizuführen. Doch be⸗ nutzen die als Epidemieerreger nicht Bakterien, sondern höhere Pilze. Sie hatten schon in einer früheren Arbeit darauf hingewiesen, 5 zwei Arten der Pilzgattung Botrytis an manchen Orten als gefährliche Feinde der Seidenraupe aufgetreten sind, welche oft in ganz kurzer Zeit große Züchtereien vollständig zu Grunde richteten. Sie versuchten daher die Infektion durch die Pilz⸗ sporen auch an Maikäfern und Engerlingen und, wie es sich bald zeigte, mit sehr gutem Erfolg. Die Verfasser fragten sich nun, ob es nicht möglich sei, diese Erfahrung für die Praxis zu verwerthen, besonders 68 solche Gegenden, in denen die Engerlinge und Maikäfer ihre Verheerungen ausüben und wo eine Zucht von Seidenraupen nicht stattfindet, wo also eine Ansteckung der letzteren durch die Engerlinge nicht erfolgen kann. Bei Versuchen in Gewächshäusern ergab es sich, daß die Sporen der beiden Pilzarten leicht durch Wasser in den Boden gebracht werden konnten und dadurch die Infektion der darin enthaltenen Engerlinge ausnahmslos erfolgte. Aber für die Praxis erschien dieses Verfahren selbstverständlich aussichtslos. Sie versuchten nun also, auf direktem Wege lebende Maikäfer oder Engerlinge durch den Pilz anzustecken, damit diese dann, freigelassen oder wieder in den Boden zurückgebracht, die Epidemie weiter verbreiteten. Besonders hierfür geeignet zeigten sich hauptsächlich die Engerlinge, da diese das ganze Jahr zu haben sind und auch in bester Weise infiziert werden können. Freilich muß man sich sehr vorsehen, sie zu verletzen oder längere Zeit der Luft auszusetzen, da sie sehr leicht absterben. Für das Verfahren im großen fanden sie folgenden Modus am praktischsten: Sie gruben flache Schüsseln von Steinzeug an einem schattigen, kühlen Ort in den Boden ein und bedeckten deren Boden mit einer etwa zentimeter⸗ dicken Lage von sandiger Erde, worin sich die Engerlinge eingraben konnten. Die Erde wurde sodann leicht mit Wasser besprengt und die Engerlinge, nachdem sie mit den igeg leicht zu züchtenden Pilz⸗ sporen bestreut worden waren, darauf gebracht. Schließlich wurden die Ge⸗ fäße noch mit Brettern dicht zugedeckt, damit die Engerlinge nicht von der Luft zu leiden hatten. Schon nach wenigen, icerc⸗ nach 4—6 Stunden zeigten sich auf diese Weise sämmtliche Larven von der Epidemie ergriffen. Sie wurden dann an verschiedenen Orten wieder in die Erde zurückversetzt, um andere an ihre Stelle in die Schüsseln nachfolgen zu lassen. Die infizierten Engerlinge leben nach dieser Behandlung noch zehn bis vierzehn Tage und verbreiten si natürlich während dieser Zeit überall hin im Boden, stets die Epidemie weiter tragend und sie den in ihre Nähe gelangenden Larven mittheilend. Ein solcher im Boden an der Pilzkrank⸗ heit abgestorbener Engerling erweist sich nämlich als in weiterem Umkreis von Pilzfäden umgeben, welche aus S 85 ausstrahlend von hier ihre Nahrung entnehmen und bei ihrem Durchziehen des Erdbodens mit Sicherheit alle erreichbaren Larven ergreifen und ab⸗ tödten. Auch entwickeln diese Pilzfäden in Riesenmengen Sporen,

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welche sehr lange Zeit keimfähig bleiben und so ebenfalls sehr zur Ausbreitung der Krankheit beitragen. Das Verfahren der beiden Verfasser verdient gewiß Beachtung, denn ohne Frage lassen sich bei näherem Eingehen auf dasselbe noch manche Vervollkommnungen Rreichen, welche für die Praxis von außerordentlichem Werthe sein önnen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 18. bis 24. Februar ein günstiger und die Sterblichkeit eine geringe (von je 1000 Einwohnern starben aufs Jahr berechnet 16,2). Erheblich seltener als in den Vorwochen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein und führten auch seltener zum Tode. Erkrankungen an Grippe wurden gleichfalls weniger beobachtet und nur 8 5 Todesfälle daran mitgetheilt. Seltener als in den Vorwochen traten auch akute Darmkrankheiten zu Tage und führten seltener zum Tode. Die Betheiligung des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit blieb nahezu die gleich niedrige wie in der Vorwoche; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr ö 47 Säuglinge. Von den In⸗ fektionskrankheiten kamen Masern etwas häufiger, Scharlach und Diphtherie etwas seltener zur Anzeige, und zwar letztere zumeist aus der Tempelhofer und Rosenthaler Vorstadt und aus der diesseitigen Luisenstadt, Erkrankungen an Kindbettfieber kamen drei zur Kenntniß. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben selten. Rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten ebenfalls seltener zur ärztlichen Behandlung. Erkrankungen an Keuchhusten haben ab⸗ genommen, die Zahl der durch denselben bedingten Sterbefälle sank auf fünf. Akute Gelenkrheumatismen kamen etwas weniger als in der Vorwoche zur Beobachtung, während rheumatische Beschwerden 8 Whitöln keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen aufwiesen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. M An der Ruhr sind am 6. d. M. gestellt 11 114, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. „In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 4051, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 6. März die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Marien⸗ burgerstr. 30a, dem Kaufmann Ed. Kienert gehörig; Fläche 11,57 a; Nutzungswerth 14 870 ℳ; Mindestgebot 237 250 ℳ; für das Meistgebot von 270 000 wurde der Kaufmann Carl Tur⸗ nofski, Marienburgerstr. 48, Ersteher. Reinickendorfer⸗ straße 23 b, der Frau M. M. Rösener gehörig; Fläche 11,49 a; Nutzungswerth 15 340 ℳ; Mindestgebot 2250 ℳ; für das Meistgebot von 255 000 wurde der Kaufmann Reinhold Solitander u Berlin Ersteher. Skalitzerstr. 57, dem Destillateur Friedri Paulitz und seiner Ehefrau gehörig; Fläche 6,62 a; Nutzungswert 13 380 ℳ; Mindestgebot 189 500 ℳ; für das Meistgebot von 208 000 wurde der Töpfermeister Friedrich Pawlowski, Urbanstr. 38, Ersteher. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks Schwärtzkopffstr. 15,

dem Kaufmann Laz. Schömann gehörig.

In der Generalversammlung des Chemnitzer Bank⸗ Vereins wurden die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Konto für 1893 genehmigt, der Direktion Entlastung ertheilt und die Ver⸗ theilung einer sofort zahlbaren Dividende von 6 % beschlossen. IEöö Mitglieder des Aufsichtsraths wurden wieder⸗ gewählt.

Breslau, 6. März. (W. T. B.) Auf der „Louisenglücks⸗ grube“ in Oberschlesien wird Ende des Monats der Betrieb eingestellt, da die Grube abgebaut ist.

Magdeburg, 6. März. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 13,95, Kornzucker exkl. 88 % Rendement 12,95, neue 13,10, Nachprodukte exkl., 75 % Rende⸗ ment —,—. Stetig. Brotraffinade I. —,—, Brotraffinade II. —,—, Gem. Raffinade mit Faß —,—, Gem. Melis I., mit Faß —,—. Geschäftslos. Rohzucker. I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. März 12,92 ½ bez., 12,95 Br., pr. April 12,85 bez., 12,87 ½ Br., 8 Mai 12,90 bez., 12,92 ½ Br., pr. Juni 12,95 Gd., 12,97 ½˖ Br.

etig.

Leipzig, 6. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per März 3,35 ℳ, per April 3,35 ℳ, per Mai 3,37 ½ ℳ, per Juni 3,42 ½ ℳ, per Juli 3,45 ℳ, per August 3,47 ½ ℳ, per September 3,50 ℳ, per Oktober 3,55 ℳ, ver November 3,55 ℳ, per Dezember 3,57 ½ ℳ, per Januar Umsatz 80 000 kg.

Bremen, 6. März. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗ Börse.) Still. Loko 4,85 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middling, loko 39 ½ 3ö. Schmalz. Matt. Wilcox 39 ₰, Armour shield 38 ½ ₰, Cudahy 39 ₰, Fairbanks 33 ½ 4. Speck. Uha Short clear middl. loko 35. Taback. Umsatz: 25 Faß

aryland, 1000 Packen Havannah, 651 Packen St. Felix.

London, 6. März. (W. T. B.) Wollauktion. Preise unverändert, feine Wollen fest, namentlich Kreuzzuchten, ordinäre ruhig.

An der Küste 1 Weizenladung angeboten.

96 % Javazucker loko 15 ruhig, Rüben⸗Rohzucker loko 12 fest. Chile⸗Kupfer 40 ⁄16, pr. 3 Monat 40 9 ⁄16. 8

Manchester, 6. März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 ½ 30r Water Taylor 7, 20r Water 1n 6 ¼, 30r Water Clayton 7 32r Mock Brooke 6 ¾, 40r Mayoll 7 ⅛, 40r Medio Willinson 8, 32r Warpcops Lees 6 ⅛, 36r Warpcops Rowland 7 8½, 36r Warpcops Wellington 7 ⅛, 40r Double Weston 8 ¼, 60r Double courant Qualität 11 ¼, 32“ 116 YPards 16 % 16 grey Printers aus 32r/461

156. Fest. St. Petersburg, 6. März. (W. T. B.) Produkten August —. Weizen loko 9,75

markt. Talg loko 58,00, pr. Roggen loko 6,30. Hafer loko 4,00. Hanf loko 45,00. Leinsaat loko 13,50. Amsterdam, 6. März. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 51 ½3. Bankazinn 43. 3 New⸗York, 6. März. (W. T. B.) Die Börse eröffnete zu höheren Kursen; im weiteren Verlauf wurde die Haltung unregel⸗ mäßig. Der Schluß war schwach. Der Umsatz der Aktien betrug 6 10 Stück. Der Silbervorrath wird auf 185 000 Unzen geschätzt. Weizen anfangs fest, stieg infolge kalten Wetters im Westen während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen. Schluß fest. Mais entsprechend der Festigkeit des Weizens steigend während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen. Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten taaten nach Groß⸗ britannien 47 000, do. nach Frankreich 11 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 61 000, do. von Kalifornien und Oregon na eöö 33 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 8. „Chicago, 6. März. (W. T. B.) während des ganzen Börsenverlaufs auf Kälte in den Winterweizen⸗ gebieten, bessere Kabelberichte, umfangreiche Käufe und auf Deckungen. Mais allgemein fest während des ganzen Börsenverlaufs. Mexico, 5. März. (W. T. 89 Die Zolleinnahmen im Monat Februar betrugen 1 339 000 Doll. gegen 1 445 000 Doll. im Monat Januar.

Fluß⸗ u. s. w. Schiffe.

Weizen allgemein fest

z 52.

um Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich

Zweite Beilage

Preußi

Berlin, Mittwoch, den 7. März

Anzeiger.

1894.

Statistik und Volkswirthschaft.

Bestand der deutschen Fluß⸗, Kanal⸗ und Küstenschiffe. Das erste Heft des Jahrgangs 1894 der „Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ enthält das Ergebniß der letzten (am Schlusse des Jahres 1892 vorgenommenen) Zählung über den Bestand der deutschen Fluß⸗, Kanal⸗, Haff⸗ und Küstenschiffe, verglichen mit den entsprechenden Zählungen in den Jahren 1877, 1882 und 1887. Die Gesammtzahl dieser Schiffe (Segel⸗ und Dampfschiffe zusammen) ist 1877 mit 17 653, 1882 mit 18 715, 1887 mit 20 390 und 1892 mit 22 848 ermittelt worden, hat demnach von 1877 bis 1882 um 6,0 %, 1882 bis 1887 um 9,0 %, 1887 bis 1892 um 8 8 pon ber 68 31872 um 29,4 % zu⸗ genommen. esonders stark hat die Zahl der Dampfschiff

die 1877: 570, 1882: 830, 1887: 1153 und 1892: 1530 vennfschiff⸗ vermehrt; für den ganzen Zeitraum von 1877 bis 1892 berechnet si

diese Vermehrung auf 168,4 %, während im gleichen Zeitraum die Zahl der Segelschiffe nur um 24,8 % zugenommen hat. Die An⸗ gaben über die Tragfähigkeit der Schiffe sind leider lückenhaft, doch lassen sich die Lücken bei den Segelschiffen durch eine Durchschnittsberechnung ergänzen, welche ergiebt, daß die Trag⸗ fähigkeit sämmtlicher Fluß⸗ u. s. w. Segelschiffe 1877: 1 361 148 t (u 1000 kg, entsprechend einem Raumgehalt von 2,12 cbm oder ¾ Reg.⸗Tons), 1882: 1 649 544 t, 1887: 2 056 789 t und 1892: 2 707 646 t betragen, von 1877 bis 1892 sich also nahezu verdoppelt hat. Unter den Fluß⸗ u. s. w. Dampfschiffen be⸗ fanden sich 1892 677 Personendampfer (1877: 251), 141 Güter⸗ dampfer (1877: 62) 635 Schleppdampfer (1877: 198), 50 Tau⸗ Ketten⸗) Dampfschiffe (1877: 41) und 27 (1877: 18) Dampffähren.

ie Tragfähigkeit der Güter dampfschiffe (bei den anderen Dampfer⸗ gattungen sind die Angaben über die Tragfähigkeit sehr lückenhaft) hat 1877 ungefähr 13 000, 1892 dagegen etwa 24 000 t betragen. Im Königreich Preußen insbesondere waren 1877: 11 878 Segel⸗ und 354 Dampfschiffe, 1882: 12 608 Segel⸗ und 512 Dampfschiffe, 1887: 12 845 Segel⸗ und 701 Dampfschiffe und 1892: 13 655 Segel⸗ und 860 Dampfschiffe heimathsberechtigt.

Von den verschiedenen deutschen Stromgebieten weist das Gebiet der Elbe die größte Zahl der heimathsberechtigten Schiffe auf; 1892 entfielen auf dieses Gebiet 11 582 Segel⸗ und 726 Dampfschiffe, im ganzen 12 308 Schiffe oder 53,9 % der Gesammtzahl der deutschen 7 Die nächstgrößte Schiffszahl, 1892: 3484 (3288 Segel⸗ und 196 Dampfschiffe) oder 15,2 % der Gesammtheit, weist das Stromgebiet der Oder auf, während das Gebiet des Rheins mit 1892: 3220 Schiffen (2897 Segel⸗ und 323 Dampf⸗ schiffen) nach der Zahl der Schiffe (1892: 14,1 % der Gesammt⸗ zahl) erst in dritter Reihe kommt, aber sowohl was die Zahl der Dampfer, als auch was die durchschnittliche Trag⸗ fähigkeit der Segelschiffe (1892: 270,3 t gegen 118,5 t im Oder⸗ gebiet) betrifft, das Gebiet der Oder weit übertrifft. Die übrigen deutschen Stromgebiete stehen mit ihrem Schiffsbestande den vor⸗ benannten 3 Gebieten erheblich nach; 1892 wurden in den Gewässern der Provinz Ostpreußen (mit dem frischen Haff, Elbingstrom und Draußensee) im ganzen nur 1012, im Gebiet der Weichsel 803, der ostfriesischen Kanäle 516, der Küste von Pommern und der Ostküste von Schleswig⸗Holstein 442, im Wesergebiet 441, im Emsgebiet 285, im Donaugebiet 130, an der Westküste von Schleswig⸗Holstein 95, auf dem Bodensee 48, im Gebiet der ostfriesischen Küste 40, im Jade⸗ gebiet 14 und auf den oberbayerischen Seen 10 Schiffe gezählt.

Verkehr auf deutschen Wasserstraßen.

Ueber den Verkehr auf den deutschen Wasserstraßen 1872 bis 1892 veröffentlicht das neueste „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs“ eine Uebersicht, aus der jedoch nicht etwa die Leistung unserer Wasserstraßen in Bezug auf die Güterbeförderung sich entnehmen läßt, sondern mangels anderer Anschreibungen nur die Entwickelung des Schiffs⸗ und Floßholz⸗Verkehrs an den wichtigsten Verkehrspunkten.

„Im Jahre 1892 ist der Verkehr auf den deutschen Binnen⸗ gewässern durch die Ereignisse ungünstig beeinflußt worden, erstens durch das russische Getreide⸗Ausfuhrverbot und dann durch das Auf⸗ treten der Cholera. In den östlichen deutschen Gewässern und im Stromgebiet der Elbe hat daher fast allgemein der Güterverkehr

egen die Vorjahre abgenommen. In Hamburg, wo der Verkehr eim Durchgang durch die Zollstelle Entenwärder angeschrieben wird, hat jedoch nur der Durchgang zu Thal, der bis 1891 fast von Jahr zu Jahr sich bedeutend gesteigert hatte, 1892 be⸗ trächtlich nachgelassen (das Gewicht der geladenen Güter betrug 1891: 1 748 000 t, 1892 aber nur 1 399 000 t), wogegen der Durchgang zu Berg gegen 1891 wegen der starken Verschiffung von Getreide, namentlich Weizen und Mais, nicht un⸗ erheblich gestiegen ist (im ganzen von 1 550 000 t auf 1 671 000 b). In Berlin ist 1892 die Zufuhr von Schiffsgütern auf der Spree gegen 1891 erheblich zurückgeblieben; bei der Ankunft zu Berg betrug die Menge der geladenen Schiffsgüter 1892 nur 2 332 000 t gegen 1891 2 759 000 t und bei der Ankunft zu Thal 1 900 000 t gegen 2 018 000 t. Der Verkehr auf dem Rhein hat an den wichtigsten Punkten von 1891 auf 1892 zugenommen; in Emmerich sind beim Durchgang zu Berg (der Einfuhr in das deutsche Zollgebiet) 1891 3 247 000 t, 1892 3 285 000 t, beim Durchgang zu Thal (der Ausfuhr) 1891 2 917 000t, 1892 3 074 000 t Güter befördert worden; in Ruhrort sind Güter abgegangen 1891 zu Berg 1 365 000 t und zu Thal 1 572 000 t, 1892 dagegen 1 516 000 t und 1 659 000 t, und in Mannheim sind auf dem Rhein zu Berg angekommen 1891 1 916 000 und 1892 2 115 000 t.

Die Krankenversicherung im Jahre 1892.

Nach dem ersten Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs waren im Jahre 1892 durchschnittlich 6 955 049 Personen in 21 588 versichert. Im Jahre 1891 belief sich die Zahl der versicherten Mitglieder auf 6 879 921, die der Kassen auf 21 498. Im Durchschnitt kommen auf eine Kasse im Jahre 1892: 331,5, im Jahre 1891: 329,2 Mitglieder. Die Zahl der Erkrankungsfälle be⸗ trug im Jahre 1892: 2 478 237, im Jahre 1891: 2 397 826, die Zahl 1 Krankheitstage 42 756 026 bezw. 40 798 620. Auf ein Mitglied amen in Durchschnitt des Jahres 1892: 0,4 Erkrankungsfälle und 6,1 Kranheitstage, im Jahre 1891: 0,3 bezw. 5,9.

1 Was die verschiedenen Arten der Krankenkassen anbetrifft, so be⸗ esh d16Zabl 1 Sf EE111“ erung

2: 8253, 1 die Mitgli in diese (d 166 B9ah. bemnt gliederzahl in dieser 1 179 845

in 4242 Or G 3 2 8e9o9, ) tskrankenkassen versichert 2 998 378 in 6316 (6244) Betriebs⸗ ik⸗ 1741 19 1 39909, 8⸗ (Fabrik⸗) in 122 2) Baukrankenkassen 29 743 (27 293 n 471 (467) Innungskrankenkassen „L2n2 273 06,): n 1739 (1841) eingeschr. Hilfskassen 796 340 (838 481); n 443 (450) landesrechtl. Hilfskassen 131 494 (138 883).

Knappschafts⸗Berufsgenossenschaft. sch Der Ausschuß des Geno hf he marbfen ch 8 Knapp⸗ hafts⸗Berufsgenossenf aft zur Vorberathung des neuen fahrentarifs hielt am Montag und Dienstag unter dem Vor⸗ tz des Bergraths Krabler aus Altenessen hier in Berlin Ver⸗

Krankenkassen

sammlungen ab, in welchen die schwierige Frage an der Hand ein

ausgiebigen statistischen Pintbitasch ee 8 dem hls⸗ schluß nahe gebracht werden konnte. Die Knappschafts⸗Berufsgenossen⸗ schaft hat für 1893 eine Umlage von acht Millionen Marl aufzu⸗ bringen, die im laufenden Jahre 1894, für welches der neue Gefahren⸗ tarif in Kraft tritt, voraussichtlich äauf etwa neun Millionen Mark

steigen wird 3 8

In Dortmund fand am letzten Sonntag wieder eine Berg⸗ arbeiter⸗Versammlung statt, die der „Köln. 3. zufolge von etwa 150 bis 200 Personen besucht war. Ein Herr Bölger sprach über die Opfer des Ausstandes und kam zu dem Schluß, daß in ab⸗ sehbarer Zeit alle Ausstandsbewegungen wegen mangelnder Organi⸗ sation der Arbeiter aussichtslos seien.

In Witten in Westf. haben, wie der „Vorwärts“ berichtet, die Feilenhauer der Aufermann 'schen Fabrik die Arbeit niedergelegt. Als nächste Veranlassung wird angegeben, daß die Arbeiter in un⸗ geheizten Räumen arbeiten sollten; aber die Arbeiter sind auch mit den niedrigen Aceordpreisen unzufrieden.

In Spremberg ist nach demselben Blatt ein Weber⸗ gusstand bei der Firma Blüth u. Co. ausgebrochen; betheiligt sind gegen 40 Arbeiter. Ursache zum Ausstand war angeblich eine an⸗ gekündigte Lohnkürzung um etwa 10 % und die dauernde Einführung einer Arbeitszeit von 13 ½ Stunden täglich.

„In Haynau in Schlesien droht wie im vorigen Jahre (vgl. Nr. 229 u. flgd. von 1893) Arbeitsstockung in der Hand⸗ schuh⸗Industrie. Der „Köln. Z.“ wird unter dem 5. d. M. ge⸗ meldet: Infolge plötzlicher Geschäftsstockung in der Handschuh⸗ anfertigung, dem E11““ unserer Stadt, mußten viele Handschuhmacher und Näherinnen entlassen werden. Nächste Woche Thomas'’sche Handschuhfabrik die gesammte Arbeit ein⸗ Aus Marseille wird der „Köln. Z.“ geschrieben: In den um⸗ liegenden Ortschaften St. Henri, d. Sft abeschr Satgt An dré und Mourépiane, deren Bevölkerung fast ausschließlich in Ziegelbren nereien beschäftigt ist, haben die angehenden Ar⸗ beiter von 13 bis 17 Jahren, welche die Zwischenarbeiten be⸗ sorgen, seit vorgestern ihre Arbeit eingestellt und dadurch alle übrigen Arbeiter und Arbeiterinnen zum Feiern gezwungen, sodaß etwa 5000 Personen unthätig Uehen. Grund des Ausstandes ist der mit dem Eintreten des Gesetzes der zehnstündigen Arbeitszeit für junge Leute entsprechend erniedrigte Tageslohn. Die Burschen wollen für die zehn Stunden den gleichen Lohn von 1,75 Fr. erhalten wie früher für elf Stunden. Die Arbeitgeber behaupten, den erhöhten Preis nicht zahlen zu können.

.. Die ausständigen Bergleute der Eagle⸗Gruben in West⸗ Vir inien (vgl. Nr. 55 d. Bl.) haben einer New⸗Yorker Reuter⸗ Meldung zufolge zwanzig beladene Waggons der Chesapeake und Ohio⸗Eisenbahn in Brand gesteckt. Trotzdem die Miliz auf⸗ geboten worden ist, nehmen die Ausständigen eine sehr drohende Haltung an.

Kunst und Wissenschaft.

In seiner in der Kolonie Grunewald belegenen Villa ist am Sonntag Morgen der Bildhauer Professor Heinz Hoffmeister nach längeren Leiden im Alter von 42 Jahren gestorben. eine be⸗ kanntesten Schöpfungen sind das Mendelssohn⸗Denkmal in Dessau, das Hansemann⸗Denkmal in Aachen, die Göbenbüste in der Feldherrn⸗ halle des Zeughauses und eine Büste Seiner Majestät des Kaisers als Prinz Wilhelm. Ferner rührt der fi ürliche Theil an dem Brunnen in Erfurt von dem Verstorbenen es der sich auch als Zeichner und Schriftsteller bethätigt hat.

16““ Wien ist die zur Jubiläumsfeier des 25jährigen Be⸗ stehens der Künstler⸗Genossenschaft veranstaltete internationale Kunstausstellung gestern in Anwesenheit der Hof⸗ und Staats⸗ würdenträger und der Vertreter des diplomatischen Korps durch Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Erzherzog Rainer als Vertreter Seiner Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph feierlich eröffnet worden. Auf die Ansprache des Obmanns der Künstler⸗Genossen⸗ schaft, Trenkwald, welcher die Bürdeeka der Künste seitens des Kaiser⸗ lichen Hauses dankend hervorhob, erwiderte, nach dem Bericht des „W. T. B.“, der Erzherzog mit den besten Wünschen für das weitere erfolgreiche Streben der Künstler⸗Genossenschaft. Hierauf wurden die fremden und die einheimischen Künstler vorgestellt. Bei dem Rund⸗ gange durch die reichbeschickte Ausstellung übernahmen die Vorstände der in⸗ und ausländischen Abtheilungen die Führung des Erzherzogs,

er sich sehr befriedigt über die Ausstellung äußerte.

Schulwesen.

Gesellschaft für deutsche Erziehungs⸗ und Schulgeschichte.

Zu den bereits gebildeten Landes⸗ und Provinzialgruppen, die

vom Vorstande der genannten Gesellschaft eingerichtet waren, um

überall in den Landen deutscher Zunge eine systematische Durchfor⸗ schung der öffentlichen und privaten Archive und Bilche Purchfor⸗ schulgeschichtlichen Dokumenten anzustreben, ist jetzt die Gruppe Rheinprovinz hinzugetreten. Auf Anregung des Geheimen Raths Professors „Dr. Jürgen Bona Meyer in Bonn haben sich in der Rheinprovinz siebenundzwanzig Männer zu einem Kuratorium zusammengefunden, um die wichtigen Aufgaben der Gesellschaft nach Kräften zu fördern. In Gemäßheit der Satzungen der Gesellschaft sind hierbei alle Schulgattungen, die Pro⸗ vinzial⸗Regierungen, Städteverwaltungen, das Archivwesen, und zwar ganz paritätisch in konfessioneller Hinsicht, vertreten. Diese Parität findet auch einen weiteren Ausdruck darin, daß sowohl hervor⸗ ragende katholische wie protestantische Geistliche in das Kuratorium eingetreten sind. Daß die zahlreichen öffentlichen und privaten Archive und Bibliotheken mit ihren alten Beständen der Gruppe umfangreiches und wichtiges Material zur Sammlung, Sichtung und sodann zur Veröffentlichung in den, im Auftrage der Gesellschaft von Dr. Karl Kehrbach herausgegebenen „Monumenta Germaniae Paedagogica“ und „Mittheilungen“ dar⸗ bieten werden, steht schon jetzt außer shoe el. Als erste grundlegende Arbeit, die berufen sein dürfte, der wissenschaftlichen schulgeschichtlichen Forschung im Rheinlande eine bedeutende Erleichterung zu schaffen, ist die Herstellung eines Verzeichnisses aller bisherigen gedruckten, auf die Schul⸗ und EEE der Rheinprovinz bezüglichen Werke und Aufsätze bereits in Angriff genommen.

Literatur.

Das Heft 5 der von der Gesellihett Uranig- h

as He er von der Gesellschaft „Urania“ herausgegebenen, von Dr. M. Wilhelm Meyer redigierten illustrierten. natur⸗ wissenschaftlichen Monatsschrift „Himmel und Erde“ (Verlag von Hermann Paetel⸗Berlin, hrals vierteljährlich 3,60 ℳ) enthält den vor kurzem im wissenschaftlichen Theater der Urania innerhalb des Vortragszyklus ö Gelehrten nur einmal gehaltenen Vortrag des Professors Wilhelm von Bezold über „Wolkenbildung“,

worin die wesentlichsten Arten der Wolkenentstehung durch Wärme⸗

abgabe, Mischung und Ausdehnung klargelegt werden. Zahlrei photographische Kollenan nehemen von Neuhauß, dilsä Sprung bilden eine willkommene Ergänzung der gemeinverständ⸗ lichen Erklärungen. Weiter wird in diesem Heft die Veröffent⸗ lichung des an derselben Stätte gehaltenen Vortrags über das „Wirken und Schaffen der Pflanzenwelt“ von Dr. Carl Müller fortgesetzt und dabei die ungeheure Arbeitsleistung der Pflanzenwelt in dem Kreislauf von Kraft und Stoff und die daraus folgende, nur zu häufig unterschätzte große Bedeutung des Waldes für das Klima und die Vegetation auseinandergesetzt. Unter den kleineren Mit⸗ theilungen sind zu erwähnen: Eine dem Vortrag des bekannten Erlanger Physikers Ebert auf dem Weltkongreß in Chicago entnommene kurze Darstellung seiner mit E. Wiedemann vorgenommenen interessanten zur der Sonnencorona, und eine Abhandlung über die dur elopolsky in Pulkowa erfolgte Fest⸗ stellung der Doppelsternnatur von 5 Lyrae. 8

Die unterschiedliche Behandlung der Bau⸗ ordnungen für das Innere, die Außenbezirke und die Umgebung von Städten. Braunschweig 1893. Vieweg u. Sohn. 8. S. 37. 0,60 ℳ% Der Gegenstand wurde auf der 18. Versamm⸗ lung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Würz⸗ burg am 25. Mai 1893 erörtert. Den Referaten des um den Gegen⸗ stand namentlich verdienten Ober⸗Bürgermeisters Adickes (Frankfurta. M.) und des Ober⸗Bauraths Professor R. Baumeister (Karlsruhe i. B.) mit den sich daran anschließenden Besprechungen ist somit die gege n.

Benedix, Roderich: Der mündliche Vortrag. Ein Lehrbuch für Schulen und zum Selbstunterricht. .c Theil. Die reine und deutliche Aussprache des Hochdeutschen. Siebente durch⸗ gesehene Auflage. Preis 1 ℳ, geb. 1,50 J. J. Weber Leipzig 1893. 1 ℳ, geb. 1,50 Das erste Erforderniß eines guten Vortrags ist die reine und deutliche Aussprache. Die vorliegende erste Abtheilung lehrt diese, indem sie die reine Aussprache der einzelnen Laute feststellt, auf die Dialektanklänge und auf die am meisten vor⸗ kommenden Fehler und Nachlässigkeiten der Aussprache aufmerksam macht und sie zu vermeiden lehrt. Durch zahlreiche Beispiele wird die Uebung vorgeschrieben und erleichtert. Daß das Werk bereits in 7. Auflage erscheinen konnte, ist ein voller Beweis für dessen Brauchbar⸗ b w 8 Vöestn bche 1“ von der richtigen Be⸗

er deutschen Sprache, eilung III. die Lehre von Sprechart des Vortrages (Deklamationslehee). 1 6

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Postdampfer„Maasdam“ der Niederländisch⸗Ameri kanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 4. in New⸗York angekommen. serstt

Bremen, 6. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd Der C „Fulda“ ist am 3. März hüche 8 8 New⸗York nach Genua abgegangen. Der Schnelldampfer „Kaise Wilhelm II.“ hat am 3. März Abends die Reise von Gibralta nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Leipzig“ hat a 8. März Vorm. Santa Cruz passiert. Der Postdampfer „Berlin“ ist am 4. März Abds. in An twerpen angekommen. Der Reichs⸗Post „Bayern ist am 4. März Nachmittags i Der⸗ Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 4. März Nachmittag die Reise von Southampton nach Genua fortgesetzt. Der Reichs Postdampfer „Oldenburg“ hat am 5. März Nachmittags die Reis⸗ von Suez. nach Aden fortgesetzt. Der Reichs⸗ Postdampfe „Preußen ist am 5. März Mittags in Genua angekommen.

7. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Amerika“ is am 6. März Morgens auf der Weser angekommen. Der Post e ehae he 8 8 Lizard

assiert. Postdampfer „Roland“ ist am 6. März Nachmi auf 8 e 1 ondon, 6. März. .T. B.) Der Castle⸗Dampfer Dunottar Castle“ hat heute auf der Heimreise Madeira vaßte⸗ Der Union⸗Dampfer „Anglian“ ist heute auf der Ausreise in Kapstadt angekommen.

Mannigfaltiges.

In der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins vom 27. Februar hielt Herr Ober⸗Postrath Münch einen Vortrag über die Entwickelung des Fernsprechwesens in der Reichs⸗ Telegraphenverwaltung. Der Vortragende wies darauf hin, daß Deutschland den Fernsprecher vor allen anderen Nationen zuerst für den Nachrichtendienst nutzbar gemacht, und daß dieser im Berei der Telegraphie die weiteste Verbreitung gefunden hat. Von den 12 903 Telegraphenanstalten sind 54,12 % mit Fernsprech⸗ betrieb ausgerüstet, und unter allen Städten der Welt steht Berlin obenan mit seinen 20 949 Sprechstellen. Durch die Einrichtung des Vielfachbetriebs, der es jedem Beamten ermöglicht, alle bei der Vermittelungsanstalt eingeführten Leitungen von seinem Platze aus mit einander zu verbinden, durch Uebergang vom Eisen⸗ und Stahl⸗ draht zum Kupferbronzedraht, durch bedeutende Fortschritte in der Herstellung der Fernsprechkabel ist die Leistungsfähigkeit der Anstalten außerordentlich erhöht worden. Ein großer Theul der deutschen Hauptstädte ist durch Fernsprechverbindung mit einander verbunden unter anderen Berlin und Königsberg durch eine Leitung, deren Länge 765,5 km beträgt. Zum EE noch interessante Ueber⸗ tragungsversuche zwischen Köln und Berlin den Theilnehmern an der Versammlung vorgeführt.

Herr Dr. Köpsel sprach über einen Apparat zur Bestim⸗ mung der en Eigenschaften des Eisens, mit welchem nicht nur Vergleichungen, sondern auch absolute gemacht werden können. er Apparat bestimmt die Angaben direkt öG per Quadratzentimeter. Er wurde im Betriebe vor⸗ geführt.

Herr A. Költzow demonstrierte seinen elektrischen Nacht⸗ ignalapparat für Aerzte. Es ist bekannt, daß, wenn man achts einen Arzt rufen will und die Nachtglocke zieht, man niemals weiß, ob derselbe zu Hause ist und ob er das Läuten gehört hat. In der Regel dauert es, bis der Arzt sich angekleidet hat und herunterkommt, zehn Minuten; diese Dauer der Ungewißheit aber ist für jemanden, der den Arzt braucht, eine ziemlich lange Zeit. Der von Herrn Költzow ange⸗ fertigte Apparat will nun in dieser Beziehung Abhilfe scha en; er wird an der Wand des Hauses befestigt, neben der Nachtglocke. So⸗ bald der Arzt das Klingeln gehört, schaltet er in seiner Stube den Apparat, in welchem sich eine kleine Glühlampe befindet, ein, und es erscheinen auf der die Vorderseite des Apparats deckenden Mattglas⸗ scheibe die Worte ‚ich komme Dr. N. N.“ Der Apparat ist durch ein kleines Trocken⸗Element schon in Betrieb zu setzen.

Turin, 6. März. In der letzten Nacht brach laut Meldun des „W. T. B.“ in dem mechanischen E brg h sant e von Ansaldi Feuer aus, wobei die Maschinengalerie sowie eine Anzahl Modelle zerstört wurden. Der Schaden ist bedeutend, doch ist kein Menschenverlust zu beklagen. Der Brand ist bereits bewältigt

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