10. September 1873 für die Provinzen F Branden⸗ burg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen (Gesetz⸗ Samml. S. 147), und vom 3. Juni 1876, betreffend die evange⸗ lische Feeperfassnng in den acht älteren Provinzen der Monarchie “ .125). Berichterstatter ist der Minister des Königlichen Hauses von Wedel.
— Zu der zweiten Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Gewährung eines Beitrages Preußens zu den Kosten der Herstellung des Elbe⸗Trave⸗Kanals durch die freie und Hansestadt Lübeck, im Hause der Abgeordneten be⸗ antragt der Abg. Wentorp (fr. kons.): „Dem § 1 folgende Fassung zu geben: 1. Zu den Kosten der Herstellung des Elbe —Trave⸗ Kanals durch die freie und Hansestadt Lübeck wird von Preußen ein Beitrag von einem Drittel der Gesammtherstellungskosten bis zum von 7 600 000 ℳ, inkl. der von dem Kreise Herzogthum
auenburg bereits bewilligten 600 000 ℳ, unter der Voraussetzung gewährt, daß das Ratzeburger Seengebiet schiffbar an den Kanal an⸗ geschlossen wird.“
Nr. 10 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, vom 10. März hat folgenden Inhalt: Wettbewerb für ein städtisches Amtshaus in Nürnberg. (Fortsetzung.) — Ausstellung von Erzeugnissen des amerikanischen Kunstgewerbes. — Die Preisbewerbung Vum Entwürfe für ein Rathhaus in Elberfeld. IV. — Hubbrücke in Chicago. — Vermischtes: Schinkel⸗Preisbewerbung im Berliner Architekten⸗Verein. — Preisbewerbung für Entwürfe zum Erweite⸗ rungsbau des Kreishauses in Nauen. — Wettbewerb für eine zweite Realschule in Stuttgart. — Die Altväterbrücke bei Freiberg i. S. — Stadtbahn in Wien. — Bücherschau. — Neue Patente.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Ein Waarenkaufmann, welcher mit einem Bankgeschäft in der Weise in Verbindung steht, daß er sog. Kundenwechsel, d. h. nicht acceptierte Tratten, welche auf Kunden des Trassanten und auf Beträge gezogen sind, die diese dem letzteren für gelieferte Waaren schulden, bei dem Bankgeschäft diskontiert, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 15. Dezember 1893, wegen Betruges zu bestrafen, wenn er eine von ihm ausgestellte Tratte als Kundenwechsel zum Diskont hingiebt, obgleich der Bezogene ihm nichts oder weniger, als die Wechselsumme beträgt, für Waaren schuldet.
— Die Beförderung von Briefen in verschlossenen Packeten als Frachtgut nach auswärts an den Inhaber einer Privat⸗Post⸗ anstalt, damit dieser auf Grund einer mit ihm getroffenen Ver⸗ einbarung die Briefe an Einwohner seines Privat⸗Postbezirks weiter befördere, macht, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Straf⸗ senats, vom 8. Januar 1894, den die Weiterbeförderung be⸗ sorgenden Inhaber der Privatpost wegen Portodefraudation gemäß § 27 Z. 1 des Postgesetzes strafbar, gleichviel ob die Briefe verschlossen oder Eö verschiedenen Inhalts oder gleichen Inhalts (gleichlautende Zirkulare, Offerten ꝛc.) waren, mit Adressen versehen waren oder keine Adressen hatten, indem dem Ermessen des Inhabers der Privatpost überlassen worden war, die Briefe einer bestimmten Kategorie von Ortseinwohnern zustellen zu lassen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Der Postdampfer,Spaarndam“der Niederländisch⸗ Ar kanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 12. in New⸗York angekommen.
Theater und Musik.
Konzerte. 8
Die Konzertsängerin Frau Nicklaß⸗Kempner aus Wien, deren seltenes Vortragstalent hier bereits viel Bewunderung erregte, gab am Sonntag in dem dicht gefüllten Saal Bechstein ihren dritten Lieder⸗
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abend. Die Künstlerin hatte 19 Lieder in ihr Programm auf⸗ genommen, denen sie noch drei weitere hinzufügte; außerdem wurden Schumann'’s „Wenn ich in den Garten geh“, „Vergebliches Ständchen“ von Brahms und der „Persische Liebesreim von Seyffert auf Wunsch wieder⸗ holt. In ihrer originellen Vortragsweise, mit der sie oft eine interessante dramatische Belebtheit vereinigt, steht sie fast unerreicht da. Diese Vorzüge kamen nicht nur in Schubert'’s “ zur Geltung, sondern auch in dem heitern Liede von Brahms „Vergebliches Etändchen“, in welchem sie die Hast des stürmischen Knaben und die ruhige Zurück⸗ weisung der standhaften Schönen mit treffender Komik charakterisierte. Ihr Pianissimo ist von bezaubernder Wirkung. Die ernsten Ge ängfe von Mozart, Schubert, Schumann, wie die heiteren von Brüll, Seyffert, Weber und anderen führte sie mit gleicher Vollendung aus. Daß die geniale Sängerin auch Gewandt⸗ heit in Koloraturen und Trillern besitzt, zeigte sich ebenfalls in manchem ihrer Vorträge. Rauschender Beifall folgte nach jedem Liede. Der Violinvirtuose Herr Ludwig Bleuer, der das Konzert unterstützte, trug die Romanze in F-dur von Beethoven und zwei Salonstücke von Hußla und Bazzini vor und bewies in diesen wiederum glänzende Technik und zarte Ausdrucksweise. — Schließ⸗ lich sei noch erwähnt, daß die Konzertgeberin, welche mehrere Jahre hindurch Lehrerin Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie war, von Seiner Majestät dem Kaiser und König Franz Joseph mit dem Titel „Professorin“ aus⸗ gezeichnet worden ist. “
Nach der gestrigen Vorstellung von Wagner’'s „Rheingold“ im Königlichen Opernhause ließ Seine Majestät der Kaiser durch den General⸗Intendanten Grafen von Hochberg sämmt⸗ lichen Mitwirkenden Allerhöchstseine Zufriedenheit aussprechen und den Königlichen Kapellmeister Sucher in die Hofloge befehlen, um an ihn ö der Anerkennung zu richten. Morgen wird Verdi's ‚„Falstaff“ gegeben.
Im Königlichen Schauspielhause eröffnet morgen Friedrich Haase sein Gastspiel mit dem Marinelli in Lessing's „Emilia Galotti“. Für Fräulein Poppe, welche erkrankt ist, tritt Fräulein Pauline Ulrich vom Dresdner Hof⸗Theater als Orsina ein. Die übrige Besetzung ist nachstehende: Emilia: Frau von Hochenburger, Prinz: Herr Matkowsky, Odoardo: Herr Molenar⸗ Claudia: Frau Stollberg, Angelo: Herr Arndt, Graf Appiani: Herr Ludwig, Conti: Herr Purschian. 9
Im Berliner Theater kommt morgen auf besonderen Wunsch Wichert's Schauspiel „Aus eignem Recht“ zur Aufführung. Die erste Darstellung des neu einstudierten „König Lear’ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle wird deshalb auf Freitag verschoben.
Im Wallner⸗Theater wird bei dem Gesammt⸗Gastspiel des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters am nächsten Sonntag Offenbach's Operette „Die schöne Helena“ in den Hauptrollen mit den Damen Cornelli, E. Schmidt, Delmar und den Herren Wellhof, Hanno, Bruch, Matthias Ernsthaft und Broda besetzt sein.
Die aus der Klindworth'schen Schule hervorgegangene junge Piates Fräulein Käthe Hüttig läßt ihrem neulichen Orchester⸗ onzert morgen Abend 7 ½ Uhr einen Klavierabend im Saal Bech⸗ stein folgen, in welchem sie Schumann's „Karneval“, Chopin's B-moll-Sonate, die Variationen mit Fuge in Es-dur und das Prä⸗ ludium in H-moll von Bach, die Ballade in H-dur von Brahms und Liszt's Tarantellenphantasie zu Gehör bringen wird. — Die „Berliner Liedertafel“ (Chormeister A. Zander) ver⸗ anstaltet am Donnerstag Abends 8 Uhr unter Mitwirkun von Frau Emilie Herzog und des Herrn Dr. Heinri Reimann (Orgeh) in der Philharmonie ein Konzert, dessen Pro⸗ gramm von neueren Chorwerken ein „Alleluia“ von Edgar Tinel, dem Komponisten des „Franciscus“, ferner Eyrich's „Beim Scheiden“ und C. Jul. Schmidt's „An der Wiege“ enthält. — Das Programm des Konzerts, welches die Sängerin Fräulein Minny Cortese aus Frankfurt a. M. unter Mitwirkung des Königlichen Kammermusikers perr Hugo Dechert an demselben Tage, Abends 7 ½ Uhr, im Saal Bech⸗
ein giebt, bringt u. a. zwei Kanzonen von Händel und Hasse, eine Ballade von Shelley, Delibes' „Chanson espagnole“, sowie Lieder von Schumann, Franz und Brahms. — Im näͤchsten, letzten phil⸗ harmonischen Konzert unter Hof⸗Kapellmeister Rich. Strauß' Leitung, in welchem Beethoven’'s IX. Symphonie mit Chören zur Aufführung gelangt, wird Fräulein Clotilde Kleeberg auf vielseitigen Wunsch Schumann’'s A-moll⸗Konzert vortragen.
Mannigfaltiges.
Der unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehende Verein zur Fürsorge für die weib⸗ liche Jugend feierte gestern im „Marienheim“ in der Borsigstraße sein zweites Jahresfest, dem u. a. auch der Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath, Kammerherr Graf von Bernstorff beiwohnte. Den Bericht erstattete der Prediger Burckhardt. Neu begründet sind eine Kochschule und eine Haushaltungsschule. Die Kochschule ist auf besonderen Wunsch Ihrer Majestät mit Unterstützung des Vaterländischen Frauen⸗ vereins eingerichtet. Jeder Kursus dauert sechs Wochen und ist für acht Schülerinnen bestimmt. Die Eröffnung eines Abendkursus steht bevor. Der einjährige Kursus in der Haushaltungsschule wird von zehn Schülerinnen besucht; für April liegen bereits fünfzehn neue Meldungen vor. Mit der Schule ist eine Waschanstalt per⸗ bunden. Neu eingerichtet ist ferner eine Stellenvermittelung, bei der sich seit August v. J. 960 Herrschaften, aber nur 517 Dienstboten gemeldet haben. In 176 Fällen war die Vermitte⸗ lung nachweislich von Erfolg. Im „Marienheim“ haben im letzten Jahre 554 junge Mädchen Unterkunft gefunden, davon 480 als He 493 waren epangelisch, 54 katholisch, 7 jüdisch. An dem Mittagstisch nahmen auch andere junge Mädchen theil, es wurden insgesammt 21 793 Mittagsportionen ausgegeben. Das Hospiz hatte 1010 Gäste, die 4725 Nächte verblieben. In der Erziehungsanstalt „Zoar“ gb z. Z. 11 Kinder. Die Zahl der Abonnenten des Mägde⸗ blatts ist von 5500 auf 10 000 gestiegen. Der Bau eines zweiten
eims auf dem Grundstück der Gemeinnützigen Baugesellschaft in der asserthorstraße steht bevor.
Die VIII. Hauptversammlung des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich stehenden Berliner Hauptvereins für Knaben⸗Handarbeit findet Sonnabend den 17. März, Abends 8 Uhr (pünktlich), im Bürgersaal des Berliner Rathhauses (Eingang von der Königstraße) statt. Die Tagesordnung lautet: 1) Berichterstattung über die Thätig⸗ keit des Vereins im letztvergangenen Jahre, vom Vorsitzenden, Abg. von Schenckendorff; 2) Berichterstattung über die Ver⸗ mögenslage des Vereins, von dem Schatzmeister General⸗ Konsul F. Borchardt; Vorstandswahl; 3) Mittheilungen über „Die Ausstellung von Erzeugnissen des Handfertigkeits⸗Unterrichts aller Länder auf der Welt⸗Ausstellung zu Chicago“, von Herrn Professor Dr. Waetzold, Direktor der Königlichen Elisabethschule. Die Mitglieder des Vereins sowie alle Freunde seiner Bestrebungen, insbesondere auch Damen, sind zu der Versammlung eingeladen. — Gleichzeitig findet im Oberlichtsaal des Rathhausehd eine Ausstellung der fünf Berliner Schülerwerkstätten statt, welche am Sonnabend, 17. März, von 3 bis 8 Uhr, Sonntag, 18. März, von 12 bis 7 Uhr, und Montag, 19. März, von 12 bis 7 Uhr, geöffnet ist. Ausgestellt sind Schüler⸗ und Lehrerarbeiten und zwar: Holzschnitzerei⸗, Hobelbank⸗, Papp⸗Arbeiten sowie Papier⸗ und Holz⸗Arbeiten jüngerer Altersstufen. Der Eintritt ist für jede mann unentgeltlich.
In der Urania findet morgen Abend um 6 Uhr der zehnte un letzte Abonnements⸗Vortrag der gegenwärtigen Saison statt, und zwar wird Herr Professor Dr. Möbius, der Direktor der Zoologischen Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin, „Ueber echte Perlen“ sprechen.
Wittich (Rheinprov.), 9. März. Der älteste Beamte im Deutschen Reich, der Gefangenwärter Johann Müller, ist, der — Ztg.“ zufolge, heute im Alter von 101 Jahren und 20 Tagen gestorben. 8 b
Wien, 12. März. Wie die „N. Fr. Pr.“ meldet, wurde am Sonnabend Nachmittag gegen 2 Uhr in Abbazia eine ziemlich starke Erderschütterung verspürt, die eine Sekunde währte und sich von Südost nach Nordwest bewegte.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) 8
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Wetterbericht vom 13. März,
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Herr Kapellmei
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ 65. Vorstellung. Falstaff. Lyrische Komödie in 3 Akten von Giuseppe Verdi. Boito, deutsch von Max Kalbeck. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Gott⸗ hold Ephraim Lessing. Pauline Ulrich vom Königl. Theater in Marinelli: Regie: Herr Donnerstag: Opernhaus. 66. Vorstellung. Lohen⸗ rin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard (Telramund: Herr Pröll, vom Hoftheater in Stuttgart, als Gast.) Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. Traumstück in 2 Theilen von Gerhart Musik von Max Marschalk. Die Minnekönigin. Komödie in 1 Aufzug von Hans von Gumppen⸗ — Sie ist stumm. 1 11 stug von F. Silesius (G. Kruse.) 7½
Deutsches Theater.
Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Der Herr Seuator. Freitag: Die Jüdin von Toledo.
Berliner Theuter. Mittwoch: Aus eignem Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Aus eignem Recht.
29. Abonnements⸗Vorstellung. Lear. (Marie Pospischil, Elise Sauer, Ludw. Barnay, Arthur Kraußneck, Ludw. Stahl,
Lessing-Theater. Madame Saus⸗Gene.
Friedrich ⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25. Mittwoch: Der lustige Krieg. 3 Akten von F. Zell und R. Gene. Johann Stran ter Federmann. Donnerstag: Der lustige Krieg.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
Mittwoch: Zum 23. Male. Der Maskeu⸗ Veglione). von Alexandre Bisson und Albert Caré.
von Benno Jacobson. Vorher:
Maximilian Bern. Text von Arrigo
72. Vorstellung. Emilia (Gräfin Orsina:
resden, Herr Friedrich Haase. als
Vorher: Das Recht der F laschke. Anfang 7 ½ Uhr.
von Eduard Kraemer.
Viktoria-Thegter.
Kinder des Kapitän Grant.
73. Vorstellung. Hannele.
Hauptmann.
Original⸗Lustspiel in
Aufang Der Obersteiger.
Charley’s Tante.
Mittwoch: Der Herr Brandon Thomas. — Vorher:
acobson und Benno Jacobson.
Mittwoch: sunder Junge. Akten von Jean Kren. Einödshofer. Anfang 7 ½ Uhr.
Zum 9. Male. König
Paul
Regie: Hermann Haack. — Vermischte Anzeigen. 1 Akt, nach dem Französischen des R. Dreyfuß, von Anfang 7 ½ U Donnerstag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
hr.
Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Mittwoch: Z. 26. Male. A Basso Porto. Scenen aus dem neapolitan. Volksleben in 3 Akten von Goffredo Cognetti. Deutsch von Emil Dürer. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. — Studie in 1 Akt Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Belle⸗Alliancestraße 7/8. Mittwoch: Mit vollständig neuer Ausstattung. Die 1 tän Gre Ausstattungsstück⸗ mit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 7 ½ Uhr.
Theater Unter den Linden. Mittwoch: Anfang 7 ½ Uhr.
Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch, 7 ½ Uhr: Schwank in 3 Akten von on Die Bajazzi. Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. . 2 Mustk von Franz Roth. In Seene gesetzt von Ab. Ernst. 3 Donnerstag: Dieselbe Vorstellung. .
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Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Novität! Posse mit Gesan Musi
Donnerstag: Ein gesunder Junge.
Saual Bechstein. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr:
Schwank in 1II. Konzert (Klavier⸗Abend) von Käthe Hüttig.
Birkus Renz (Karlstraße). Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Par⸗ force⸗ und Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. Meute von 40 Hunden. Außerdem: das Feuerpferd Elimar, vorgeführt von Frl. Oceana Renz; das Schulpferd Cyd, geritten von Herrn R. Renz; Beautiful und der Steiger Solon, geritten von Frau Renz⸗Stark; die ikarischen Spiele in der Luft, ausge⸗ führt von der Familie Daineff; die Handakrobaten Gebr. Detroit ꝛc.
Donnerstag: Anf auf zur fröhlichen Jagd.
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Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Elisabeth von Estorff mit Hrn. Hauptmann Franz Grafen von Haslingen (Oranien⸗ stein). — Frl. Lisi von Kleist mit;Hrn. Lieut. Achim von Quast (Rheinfeld — Hannover). — Frl. Mar⸗ garete Meitzen mit Hrn. Regierungs⸗Rath Dr. Edwin Sander (Berlin). — Frl. Else Eschke mit Hrn. Regierungs⸗Baumeister Franz Lindig (Leipzig).
Verehelicht: Hr. Lieut. Paul von Weller mit Frl. Helene Bärentz (Charlottenburg). — Hr. Regierun Lnifeshor aul Berger mit Frl. Emma Schulze⸗Vellinghausen (Dortmund).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Bodo von Ditfurth (Colmar i. C.). — Hrn. Regierungs⸗ Assessor Heinrich Freiherrn von Zedlitz u. Neu⸗ kirch (Osnabrück). Hrn. Grafen Rantzau (Alt⸗ Döberitz). 8
Gestorben: Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Alexander von Derschau (Polnischdorf bei Wohlau). — Fr. Konsul Henriette Luise Meier, geb. von Gröning (St. Louis, Mo., U. S.). — Hr. Major a. D., Schloß⸗ hauptmann und Kammerherr Carl von Pachelbl⸗
Ein ge⸗ und Tanz in von Julius
Mittwoch u. folg. Tage: Konzerte.
Konzert⸗-Haus. Konzert.
von Liszt.
Operette in (neu) von Smetana.
usik von Regie: Herr Epstein. Dirigent: Anfang 7 ½ Uhr.
Werner).
Schwank in drei Akten Lieder⸗Abend Anton Sisterman's. Deutsch —y—
Mittwoch: Karl Meyder⸗ . Ouv. „Leonore II.“ von Beethoven. „Die Felsenmühle“ von Reissiger. Slavische Tänze Nr. 7, und 8 von Dvorak. Ungar. Rhapsodie Nr. 1 Phantasie aus „Die verkaufte Braut“ „Rosen aus dem Süden“, Walzer von Strauß. Scenes de la Csarde Nr. 4 für die Violine von Hubay (Herr Neumann). „Edel⸗ weiß vom Semmering“ für Piston von Hoch (Herr
Sing-Akademie. Mittwoch, Abends 8 Uhr:
Gehag (Freienwalde a. O.). — Hrn. Eisenbahn⸗ Direktor A. Becké Tochter Adda (Rostock).
Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: — —— Verlag der Expedition (Scholz).
42
Anstalt, Berlin SW., Wilbelmstraße Nr Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗ lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf Aktien und
vom 5. bis 10. März 1894.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Vöcge V
ktiengesellschaften) für die Woche
e]
7
rste Beilage
nzeiger und Königlich Preußisch
98½ 11““]
1. 8 1894.
Berlin, Dienstag, den 13. März
Deutscher Reichstag. 69. Sitzung vom Montag, 12. März, 12 Uhr. Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer
vom Montag berichtet worden. Bei Fortsetzung der zweiten
Berathung des deutsch⸗russischen Handelsvertrags nimmt im Verlauf der Berathung zum § 19 nach dem Abg. Grafen Mirbach das Wort der
Regierungskommissar Königlich preußische Gesandte in Hamburg von Thielmann:
(Wir lassen des Zusammenhanges wegen diese Rede voll⸗ ständig folgen, obwohl über den Inhalt derselben theils schon gestern berichtet worden ist.)
Meine Herren, der Abg. Graf Mirbach begann seine Rede mit der Ankündigung, er würde über den Art. 19 und zugleich über das Schluß⸗ protokoll zu Art. 19 sprechen. Er hat sein Wort gehalten und hat sogar noch ein Mehreres gethan, er hat den größten Theil seiner Rede auf die Staffeltarife verwendet, welche mit Art. 19 nichts zu schaffen haben. Denn die Staffeltarife in Preußen sollen zur Aufhebung kommen, nicht weil wir einen Vertrag mit Rußland schliehen wollen, sondern weil sie geeignet sind, große Theile des deutschen Vaterlandes zu schädigen. Darauf brauche ich also weiter nicht zu antworten, das wird vielleicht von anderer Stelle geschehen. Ich beschränke mich auf den Artikel 19, und mit Erlaubniß des Abg. Grafen Mirbach werde ich das trennen, was er zusammengefaßt hat; ich werde erst den Art. 19 im Vertrag behandeln, und nachher die Be⸗ merkungen zu Art. 19 im Schlußprotokoll. Der Abg. Graf Mirbach hat bedauert, daß bei den Unterhandlungen mit Rußland Deutschland sich gebunden hat, seine Eisenbahntarife auch russischen Waaren zu gute kommen zu lassen. Dieser Vorwurf richtet sich an erster Stelle nicht gegen die gegenwärtige Regierung, er richtet sich viel⸗ mehr gegen das preußische Ministerium Manteuffel; denn dieses Ministerium war das erste, welches dies gethan hat. Das preußische Ministerium Manteuffel hat im Jahre 1857 die Eisenbahnverträge mit Rußland geschlossen, welche Sie in der Gesetzsammlung finden und welche diesen Grundsatz auch aussprechen. Das preußische Ministerium Manteuffel hat aber schon im Jahre 1853 einen Ver⸗ trag mit Oesterreich geschlossen, in welchem die gleichen Grundsätze auch zum Ausdruck kommen, und S Grundsätze ziehen sich vom Jahre 1853 ab durch alle Verträgeé’, welche wir mit Oesterreich ge⸗ schlossen haben. Es sind also Verträge, die zu einer Zeit geschlossen wurden, als das Ministerium Manteuffel nicht mehr und die gegen⸗ wärtige Kaiserliche Regierung noch nicht am Ruder war. Daß nebenbei die gleichen Grundsätze in dem Vertrage mit Belgien nieder⸗ gelegt sind, hat der Referent bereits bemerkt. Ich glaube, gegen diese Grundsätze des Art. 19 in dem Vertrage läßt sich also weiter nicht polemisieren. Der Abg. Graf Mirbach sagte nun: uns schaden diese Grundsätze, wenn wir sie auf russische Waaren anwenden. Ich glaube, sie schaden nicht Andererseits sagte er, sie nützen aber nicht, soweit deutsche Waaren, die nach Rußland transportiert werden, zur Frage kommen. Er wandte zunächst ein, betreffs der Kohle könnten die Russen dieses Zugeständniß jederzeit illusorisch machen durch künstlichen Wagenmangel. Ich will darauf erwidern, daß wie bereits in der Kommission gesagt worden ist, gerade der Artikel Kohle ein sehr schlechtes Beispiel abgiebt. Denn in Oberschlesien haben wir Quali⸗ tätskohle, die die Flötze auf der russischen Seite nicht haben; in⸗ folge dessen werden die Russen unsere Qualitätskohle auch durch Wagenmangel nicht ausschließen können. Der Abg. Graf Mirbach hat aber das Eisen ganz vergessen; ich möchte wissen, was unsere ober⸗ schlesischen Eisenindustriellen dazu sagen möchten, wenn den polnischen Werken hart jenseits der Grenze, kaum 1 km von der Grenze ent⸗ fernt, Tarife nach Kiew oder nach anderen Gegenden des süd⸗ westlichen Rußlands erstellt werden, die erheblich niedriger sind, als die aus den cberschlesischen Eisendistrikten. Ich glaube, es würde darüber in Oberschlesien ganz er⸗ hebliche Unzufriedenheit herrschen. Ich gebe zu, daß für Waaren wie Sammet und Seide die Eisenbahntarife ziemlich gleichgültig sind; es sind aber die Eisenbahntarife von schwerwiegender Bedeutung, wenn es sich beispielsweise um Eisen handelt, und daß das Eisen in unserem Export nach Rußland eine ganz hervorragende Rolle spielt, brauche ich gar nicht hervorzuheben. Ich kann also gleich zum Schlußprotokoll kommen, zu dem Artikel, welcher die näheren Erläuterungen und Bestimmungen über den Verkehr nach Memel, Königsberg und Danzig giebt. Ich schließe Memel vorläufig aus, weil, wie ich glaube, auch von den Gegnern nicht behauptet worden ist, daß die Tarife nach Memel uns besonders zu schädigen geeignet wären, und spreche nur von Königsberg und Danzig. Es ist gesagt worden, wir unterwürfen uns blindlings der russischen Willkür in Bezug auf die Tarife nach Königsberg und Danzig. Da erlaube ich mir nur, Ihnen aus dem Wortlaut des Artikels 19 im Schlußprotokoll eine kleine Stelle vorzulesen, welche, wie mir scheint, nicht die gebührende Würdigung gefunden hat. Sie steht auf Seite 77 und lautet: „Diese Verpflichtung bezieht sich nur auf die beiderseitigen Staatsbahnen; doch werden die beiden Regierungen dahin zu wirken suchen, daß die Pripatbahnen bei der Tarifbildung und Frachtver⸗ theilung auf ihren Linien die gleichen Grundsätze anwenden. Sollten
ch jedoch trotzdem die am Verkehr in einer der bezeichneten Rich⸗ tungen betheiligten Privatbahnen diesen Grundsätzen der Tarifbildung und Vertheilung nicht unterwerfen, so sollen diese Grundsätze auch für die Staatsbahnen der vertragschließenden Theile nicht mehr bindend sein.“ Was folgt daraus, meine Herren? Es folgt daraus, daß, wenn Rußland sich etwa gemügigt finden sollte, auf seinen Bahnen nach Riga und Libau solche Tarife einzuführen, welche den beiden bei uns in Betracht kommenden Privatbahnen, nämlich der Ost⸗ preußischen Südbahn und Marienburg⸗Mlawka, kein genügendes Benefiz bieten, diese Bahnen sich berechtigtermaßen einfach weigern werden, diese Tarife einzuführen, womit auch für unsere Staatsbahnen jede weitere Verpflichtung wegfällt; bei den Staatsbahnen habe ich namentlich die Anschlußlinie Marienburg⸗Danzig im Auge. Nun ist ferner geagt worden und zwar auf Grund einer Aeußerung oder einer Denkschrift des russischen Finanz⸗Ministers Witte, welche mit sehr genauen Daten über die Schiffsfrachten belegt war, daß die Beförderung des russischen Getreides über Föndh, oder Danzig so sehr im russischen Interesse läge, daß selbst ohne eine solche Bestimmung im Schlußprotokoll ein großer Theil des russischen Getreides jeder Zeit über Königsberg und Danzig werde ver⸗ frachtet werden. Meine Herren, ich kann nur wiederholen, was ich über diesen Punkt bereits in der Kommission gesagt habe: Die Schiffsfrachten können nie für Berechnungen 2 längere Zeiträume zu Grunde gelegt werden, die Schiffsfrachten wechseln nicht von Jahr zu Jahr, sie wechseln von Monat zu Monat; und wenn dem entgegen gesagt worden ist: ja, die Relation zwischen den Schiffsfrachten im d warzen „Meer einerseits und in der Ostsee andererseits bleiben och dieselben, — so bestreite ich das ebenso, wie schon von anderer eite bestritten worden ist, daß die russischen Getreidepreise und der inuhelkurs Hand in Hand gehen, daß sie parallel laufen. Sie haben ch er Kommission eine Zusammenstellung der Berliner Börse ge⸗ beüen über Getreidepreise speziell Roggenpreise und Rubelkurse. Die e en Linien laufen nichts weniger als parallel, sie kreuzen sich und 1 Uün Zickzacke. Ebenso geht es mit den Schiffsfrachten und alle etreter der Seestädte werden mir das b stätigen: Die Schiffsfrachten
können nach der einen Relation sehr billig sein und nach der anderen sich auf der üblichen Höhe halten; sie können sogar steigen, weil nicht allein verschiedene Gesellschaften, wie der Abg. Graf Mirbach zugab, nach verschiedenen Meeren fahren, sondern ganz verschiedene Klassen von Schiffen, theils große, theils kleine. Ich komme nun auf die spezielle Wirkung der Tarife, wie sie im Artikel 19 des Protokolls näher dargelegt sind. Es wurde behauptet, zwar nicht von dem Abg. Grafen Mirbach, aber von anderer Stelle früher: diese Tarife wären jetzt schon so niedrig, daß das russische Getreide, welches nach loko Danzig oder nach loko Königsberg ge⸗ langt wäre, mit den Tarifen immer noch bevorzugt nach dem mittleren Deutschland, sagen wir beispielsweise Berlin würde abströmen können. Meine Se das ist nicht richtig. Ich habe der Kommission eine nähere Sfaersaen en⸗ vor ebat mit den nöthigen Karten, aus der Karte des Reichs⸗Kursbuchs ausge⸗ schnitten, unter Berechnung der Tonnenkilometersätze. Aus diesen Sätzen ergiebt sich, daß die russischen Sätze bis auf eine Ent⸗ fernung von ungefähr 1100 km von den Häfen erheblich höher sind als unsere preußischen Staffelsätze und sich erst jenseits der 1100 km unter diese Sätze erniedrigen. Was folgt daraus? Daraus folgt, daß das russische Getreide, welches erst den Umweg über Danzig oder Königsberg machen würde, um schließlich nach Berlin zu gelangen, doch in keiner Weise mehr bevorzugt anlangt, sondern benachtheiligt in Bezug auf die Frachtsätze. Meine Ziffern wurden sodann in der Kommission angezweifelt, sie wären nicht richtig und entsprächen nicht den thatsächlichen Verhältnissen. Darauf hat das Königlich preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten, einer Aufforderung der Kommission entsprechend, die Ziffern von anderen Gesichtspunkten noch einmal temeegpestene Es sind hier zusammengestellt — das wird auch später noch edruckt werden — die thatsächlichen Frachten von acht der wichtigsten Schnitt⸗ punkte im westlichen und südwestlichen Rußland nach Berlin, erstens über Danzig mit den ermäßigten Durchgangssätzen bis Dapzig, zweitens auf dem nächsten Wege über Alexandrowo. In allen Fällen ergiebt sich, daß der Weg über Alexandrowo um eine ganz erhebliche Summe, welche zwischen 15 und 25 ℳ für den Waggon wechselt, billiger ist als der Umweg über Danzig, selbst mit den ermäßigten Durch⸗ gangstarifen bis dorthin. Also, meine Herren, glaube ich, daß irgend welche Befürchtung, das Fegcs Getreide könne bevorzugt via Danzig oder via Königsberg nach Berlin und anderen Theilen des mittleren Deutschlands gelangen, gänzlich unbegründet ist. Eine zweite Befürchtung wurde ausgesprochen und heute von dem Abg. Grafen Mirbach wieder⸗ holt, nämlich, daß das russische Getreide, welches zu den ermäßigten billigen Durchgangstarifen bis Königsberg oder Danzig gelangt sei, von dort wieder in das Innere der Provinzen Ostpreußen oder West⸗ preußen würde zurückströmen können. Darauf wurde seitens des Vertreters des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten erwidert: theoretisch wäre das vielleicht möglich bei einem Rayon von etwa 50 km, wenn nicht die preußische Eisenbahn⸗Verwaltung dafür Sorge tragen würde, was geschehen wird, daß solches Getreide nicht einfach im Wege der von dem Abg. Grafen Mirbach für Bayern selbst angefochtenen Reexpedition einfach auf neue Frachtscheine zurück⸗ befördert wird, sondern, daß Uülches Getreide vielmehr zur Zurück⸗ verfrachtung in das Innere von Ostpreußen und Westpreußen nur dann angenommen wird, wenn es mit Landfuhrwerk dem Bahnhof zugeführt wird. Dadurch entstehen die Kosten der Ausladung aus dem Waggon, mit dem das Getreide von der Grenze gekommen ist, die Kosten des Landfuhrwerks, die Kosten der Wiedereinladung in den Eisenbahn⸗ waggon, macht zusammen für den Waggon ungefähr 10 ℳ Wenn man diese 10 ℳ Spesen loko Danzig oder Königsberg in Betracht zieht, so kommt das Getreide, wie in der Kommission näher ausgeführt worden ist, nicht über einen Rayon von 15 km, von Königsberg oder Danzig aus gerechnet, hinaus zurück in das Land. Geht es weiter, so kommt es theurer zu stehen, als wenn es direkt von der Grenze ab befördert wird. Also auch in dieser Richtung sind die Bestimmungen des Schlußprotokolls zu Artikel 19 gänzlich unbedenklich. Es wurde ein dritter Punkt erwähnt: es würde sich auf Grund der billigen Durchgangstarife in Königsberg und Danzig eine sehr potente Mühlenindustrie entwickeln, welche die innerpreußischen Mühlen der Provinzen todtmachen würde. Meine Herren, da will ich auf etwas aufmerksam machen, was allerdings jüngeren Datums ist, nämlich auf das Amendement Bachem zum Identitätsnachweis. Wenn ich dasselbe richtig verstanden habe, so hat es im Sinne, auch jenen Mühlen, welche preußisches Getreide vermahlen, die Einfuhrscheine bei der Ausfuhr des Mehles zu gewähren, sodaß diese Mühlen ebenso in der Lage sind, Mehl aus preußischem Roggen zu mahlen und nachher vortheilhaft ins Ausland auszuführen. Hiermit, meine Herren, entfällt meiner Ansicht nach ein großer Theil des Bedenkens. Andererseits woher kommt es, daß beispielsweise Bromberg, was dem russischen Pro⸗ duktionsgebiet erheblich näher liegt, auch ohne Durchgangstarife — ich rede von dem gewöhnlichen preußischen Tarif von 4, 5 ₰ für das Tonnenkilometer von der Grenze bis Bromberg —, woher kommt es, sage ich, daß die dortige Mühlenindustrie die anderen Mühlen in den Ostprovinzen noch nicht todtgemacht hat? Nach den Ausführungen des Abg. Grafen von Mirbach hätte dies längst der Fall sein müssen. Bromberg liegt an schiffbarem Wasser, den russischen Produktions⸗ städten näher, es kann das russische Getreide billiger erhalten als Königsberg und Danzig. Bis jetzt habe ich aber von einer so potenten Mühlenindustrie in Bromberg, von einer solchen, welche die Mühlen⸗ industrie in der Provinz todt gemacht hätte, nichts gehört. Ich glaube also, daß die Befürchtung für Danzig und Königsberg nur eine theoretische ist, praktisch scheint sie mir bis jetzt nicht zu sein. Sollte sie es aber sein, so bitte ich Sie, auch die Aufhebung des Identitätsnachweises mit zu berücksichtigen. Wenn sich in Königsberg und Danzig eine potente Mühlenindustrie entwickelt, wird dann diese Mühlenindustrie nach Aufhebung des Identitätsnachweises nicht auch der ostpreußischen und westpreußischen Landwirthschaft zu guter kommen? Ich glaube: sehr! Gerade wegen der Mischung des deutschen und russischen Getreides, welche ein besonderes backfähiges Mehl liefert, wie allseits bekannt ist, werden solche Mühlen an schiff⸗ barem Gewässer, die in erster Linie Exportmühlen sind, auch ost⸗ und westpreußisches Getreide an sich ziehen. Das ist also ein Vortheil für die Provinzen. Ich glaube hiermit alle Einwürfe, die gegen das Schlußprotokoll zum § 19 erhoben worden sind, entkräftet zu haben und wüßte nicht, was von diesen Bestimmungen noch übrig bleiben könnte, um Ost⸗ und Westpreußen, zu deren Nutzen der Art. 19 im Schlußprotokoll anerkanntermaßen geschaffen worden ist, etwa in ihren landwirthschaftlichen Beziehungen zu schädigen. (Beifall.) 8 Abg. Kröber (südd. Volksp.) erklärt sich namens der süd⸗ deutschen Volkspartei gegen die Staffeltarife; aber er und seine Freunde seien nicht grundsätzlich gegen die Staffeltarife, wenn die⸗ selben einheitlich geordnet würden, und wenn nicht die Eisenbahnen die auswärtigen Waaren eben so billig fahren müßten, wie die ein⸗ heimischen. Im Direktionsbezirk Breslau bestehen Staffeltarife für Holz, die heruntergehen bis auf 0,2. Soll zu diesem billigen Tarife auch russisches Holz gefahren werden? Wenn die banegischen Staffel⸗ tarife aufgehoben werden sollen, dann müßten die Ferubgise hen Staffel⸗ tarife in den Bezirken Bromberg und Breslau auch beseitigt werden. bg. Dr. Hammacher (ul9; Da die Aufhebung der Staffeltarife beschlossene Sache ist, so hat es wenig Zweck, sie hier im Reichstag u behandeln. möchte nur empfehlen, mit der Aufhebung so bald als möglich vorzugehen. Von seiten der verbündeten Regie⸗
rungen ist uns mitgetheilt, daß der Aufhebung der Staffeltarife vor dem 1. August reglementarische und vertragsmäßige (Hindernisse ent⸗ gegenstehen. Darin wollen wir nicht eingreifen; aber das können wir nicht zugeben, daß die Aufhebung des Identitätsnachweises und der Staffeltarife unbedingt gleichzeitig mit dem russischen Vertrage er⸗ folgen muß. In Bezug auf den Art. 19 hat der Re ierungskommissar von Thielmann bereits das Nöthige ausgeführt. Ich habe nicht die Loyalität der russischen Regierung uüͤbermäßig gelobt, sondern nur aus⸗ geführt, daß beim Abschluß eines solchen Vertrags beide Theile von einander annehmen müssen, daß der Vertrag loyal ausgeführt wird. In Bezug auf die Eisenbahntarife würde es an der Zeit sein, eine Zentralbehörde einzusetzen, welche die Beobachtung der Verfassung in dieser Beziehung überwacht. Wenn Bayern Staffeltarife hat, dann darf es sich nicht wundern, daß Preußen auch davon Gebrauch macht. Die Bedenken des Abg. Grafen Mirbach sind vollständig unzutreffend. Wenn russisches Getreide nach Danzig und Königsberg kommt, dann müßte es, um in Deutschland weiter verfrachtet zu werden, umgeladen werden, was wenigstens 10 ℳ Kosten pro Doppelzentner verursacht. Es würde nur in einem Umkreise von 5 km billiger verwendet werden können als deutsches Getreide. Die Hauptzufuhr⸗ straße für rufsisches Getreide würde die Marienburg⸗Mlawkaer Bahn für Danzig und die ostpreußische Südbahn für Königsberg sein. Diese — beiden Privatbahnen werden aber niemals die Tarife so herabsetzen, daß das russische Getreide zu Schleuderpreisen transportiert wird. Was würde aus dem Verkehr mit Rußland, wenn wir den Art. 19 nicht hätten? Würde 65 erst recht Rußland freie Hand haben, seine Eisenbahntarife zu gestalten und dadurch die Zollermäßigungen illusorisch zu machen? 8
Abg. Freiherr von Hammerstein (dkons.): Der Reichskanzler hat allerdings dagegen protestiert, daß Preußen gezwungen sei, die Staffeltarife aufzuheben. Aber etwas eigenthümlich ist die Ent⸗ stehungsgeschichte dieser Angelegenheit doch. Im Juni 1893 erklärte die preußische Regierung, daß die Staffeltarife wirthschaftlich und UFarg leg gerechtfertigt seien. Damals wußte sie doch schon, daß mit Rußland verhandelt wurde, und wenn die Staffeltarife damit direkt in Verbindung ständen, so hätte eine solche Erklärung damals doch nicht abgegeben werden können. Der Abg. Dr. Lieber meinte, gegeg. die Wiedereinführung der Staffeltarife sichere die Ehr⸗ ichkeit der preußischen Regierung. Wer sind denn die beiden Kontrahenten? Der eine ist die preußische Regierung, wer aber ist der andere? (Zuruf des Abg. Rickert: Hier die Herren im Reichstag!) Die können doch mit der preußischen Regierung nicht kontrahieren. Es handelt sich also offenbar um ein Handelsgeschäft. Redner bleibt bei seiner in der Kommission aufgestellten Meinung stehen, daß der Transport vom Innern Rußlands über Danzig nach Berlin für russisches Getreide sehr billig sein würde; von einer Umladung in Danzig brauche keine Rede zu sein; denn in der Kommission ist nur erklärt worden, daß die Regierung eine solche Umladung ein⸗ richten könne. Die von der preußischen Eisenbahnverwaltun auf⸗ gestellten Zahlen stimmen nicht recht mit denen überein, welche aus Speditionskreisen mitgetheilt sind. Jedenfalls wird auf der Strecke Landesgrenze nach Danzig oder Königsberg das russische Getreide billiger gefahren als das deutsche auf der gleichen Strecke. Der Getreidepreis auf dem Lande ist aber in Ost⸗ und Westpreußen der Danziger oder Königsberger Preis abzüglich der Fracht, die für deutsches Getreide höher ist als für russisches. Wenige Tage vor Absch uß des Vertrags hat Rußland den Zoll für Zucker in Finland erhöht, soweit er nicht aus Rußland kommt. Eine solche Manipulation kurz vor Abschluß eines Vertrags, der eine solche Erhöhung verbietet, ist doch auffallend. Ebenso auffallend ist es, daß die Schulen der deutschen Kolonisten nicht mehr die Selbstverwaltung haben sollen, daß die Schulverwaltung nicht mehr Grundbesitz erwerben kann.
Reichskanzler Graf von Caprivi:
Ich will mich nur mit wenigen Worten gegen die Bemerkunge wenden, mit denen der Herr Vorredner das preußische Staats Ministerium angegriffen hat. Er hat zuerst gesagt: am 28. Jun 1893 hat der Königlich preußische Minister für die öffentlichen Ar⸗ beiten eine Erklärung abgegeben, die dahin ging, daß das Staats⸗ Ministerium mit den Staffeltarifen durchaus zufrieden sei, und hat daraus gefolgert: entweder müsse das preußische Staats⸗Ministerium nicht in allen Stadien der Unterhandlungen hinreichend unterrichtet gewesen sein, oder der preußische Herr Minister der öffentlichen Arbeiten hätte doch wissen müssen, daß ein Vertrag mit Rußland käme. Der Einwand löst sich sehr einfach aus dem Datum. Am 28. Juni 1893 waren wi in den ersten Stadien schriftlichen Verkehrs mit der russischen Re gierung, und weder ich, noch irgend ein Mensch hat um die Zeit mit einiger Wahrscheinlichkeit wissen können, ob ein Handelsvertrag mit Rußland, ob ein Gesetz über den Identitätsnachweis zu stande kommen würde. Es kann also dem preußischen Herrn Minister für die öffentlichen Arbeiten nicht der mindeste Vorwurf daraus er⸗ wachsen, wenn er um die Zeit etwas nicht wußte, was überhaupt kein Mensch wissen konnte.
Zweitens hat der Herr Vorredner gesagt, die Sache mit den Staffeltarifen wäre ein Handelsgeschäft, und wenn Handelsgeschäfte gemacht würden, so müßten zwei Kontrahenten da sein; der eine Kontrahent wäre zweifellos das preußische Staats⸗Ministerium, der andere, wer das wäre, wisse er nicht. Ich will das dem Herrn Abgeordneten sagen, und ich bin erstaunt, daß er das nicht weiß. Hat denn der Herr Abgeordnete keine Kenntniß vom Antrage Eckels im Abgeordnetenhaus; hat er keine Kenntniß davon, wie tief im Westen Preußens die Abneigung gegen die Staffeltarife geht, und hat er nicht die Rede des Herrn Freiherrn von Schorlemer im Herren⸗ hause gelesen? Ich glaube, wer Kenntniß von diesen Dingen hat, wird wissen, wer der zweite Kontrahent ist.
Abg. Dr. Schaedler (Zentr.) verwahrt die bayerische Kammer dagegen, daß der Abg. Graf Mirbach es komisch oder eigenthümlich ge⸗ funden habe, daß die bayerische Kammer sich mit den preußischen Staffeltarifen befaßt habe. Die bayerische Kammer wird es nicht nehmen lassen, sich mit Dingen zu befassen, welche das vitalste Interesse Bayerns betreffen. Von einem Staffen geg für Baumwolle ist in Bayern gar keine Rede. Wenn die Aeußerung des 1818 Dr. Hammacher von einer FLentrelstag⸗ darauf hinausgehen soll, daß Bayern seine selbständige Tariffeststellung verlieren soll, so wird er sich täuschen. Alle Bayern werden sich gegen eine solche Verzicht⸗ leistung auf ein bayerisches Recht erklären.“ 1 8
Regierungs⸗Kom missar, Königlich preußischer Geheimer Regierungs⸗ Rath Möllhausen: Der Abg. Mralbern von Hammerstein hat die Angaben der preußischen Eisenbahnverwaltung bezweifelt. Wir sind sehr vorsichtig bei der Aufstellung gewesen. Was die Umladung in Danzig und Königsberg betrifft, so wird dieselbe vorgeschrieben werden. Es handelt sich um Ausnahmetarife für Frachten loko Danzig und Königsberg. Diese E“ der Tarife wird gewahrt werden, indem wir positiv eine Umladung des Getreides
vorschreiben werden.