1894 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Witt, Sec. Lt. von der Res. des Garde⸗Füs. Regts., kommandiert zur Dienstleistung bei dem Lauenburg. Jäger⸗Bat. Nr. 9, im aktiven Heere und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent vom 1. Juni v. J. bei dem genannten Bat., Gilles, Sec. Lt. von der Res. des 6. Rhein. Inf. Regts. Nr. 68, kommandiert zur Dienstleistung bei dem Inf. Regt. Kaiser Friedrich III. Nr. 114, im aktiven Heere und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent vom 1. Dezember v. J. bei dem zuletztgenannten Regt., angestellt. Graf zu Castell⸗ Rüdenhausen, Sec. Lt. à la suite des Großherzogl. Hess. Feld⸗ Art. Regts. Nr. 25 (Großherzogl. Art. Korps), unter Verleihung eines Patents seiner Charge vom 10. März d. J., in das genannte

Regt. einrangiert.

Militär⸗Justizbeamte. Durch Verfügung des General⸗Auditeurs der Armee. Berlin, 1. März. Mit Allerhöchster Genehmigung. Matthaeas, Ober⸗ und Korps⸗Auditeur des V. Armee⸗Korps, vom 1. Mai 1894 in gleicher Eigenschaft zum XI. Armee⸗Korps versetzt.

Nichtamtliches. Deutsches

Preußen. Berlin, 14. März.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag die Vorträge des Chefs des Zivilkabinets und des Ministers der öffentlichen Arbeiten entgegen. Um 12 ³¾ Uhr besichtigten Seine Majestät das Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1 im Lustgarten, wobei das Regiment zum ersten Mal die ihm neu verliehenen Grenadier⸗ nützen trug.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin sind mit den Kaiserlichen Prinzen und der Prinzessin gestern Nach⸗ mittag 2 Uhr mittels Sonderzugs in Mattuglie der Bahn⸗ station für Abbazia wohlbehalten eingetroffen. Wie „W. T. B.“ berichtet, war der Bahnhof mit Laubguirlanden und österreichi⸗ schen und deutschen Fahnen geschmückt, der Bahnsteig, der Wartesaal und der Aufgang waren mit Tevppichen belegt und mit Palmen und Gewächsen geziert. Den Hofzug verließen zuerst der Haus⸗Marschall Freiherr von Lyncker und der Oberhofmeister Freiherr von Mirbach. Bei ersterem meldete sich im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph der Statthalter Ritter von Rinaldini. Bald darauf ent⸗ stiegen Ihre Majestät die Kaiserin in hellem Reisekleide dem Wagen, der Statthalter wurde vorgestellt und von Ihrer Majestät durch eine Ansprache ausgezeichnet. Hierauf erfolgte die Vorstellung des Kommandanten des deutschen Schulschiffs „Moltke“, Kapitäns z. S. Koch. Ihre Majestät traten sodann auf die aus deutschen Herren und Damen bestehende Depu⸗ tation zu, die aus Fiume gekommen war, und nahmen von ihr ein prächtiges Fliederbouquet entgegen. Danach e Sich Ihre Majestät in offenem Wagen nach Abbazia. Voran fuhr der Statthalter mit dem Bezirks⸗Hauptmann und dem Präsidial⸗ Sekretär. Hinter dem Wagen Ihrer Majestät folgte ein ge⸗ schlossener Wagen mit der Kaiserlichen Prinzessin, hierauf die Kaiserlichen Prinzen und das Gefolge in langer Wagenreihe. Die Bevölkerung der Umgebung war in großer Zahl herbei⸗ geströmnt und umsäumte die Hügel der langen Fahr⸗ straße. Vor Volosca ließen Ihre Majestät den agen halten, um die Großherzogin von Toskana, welche mit dem Großherzog von Toskana vor der von ihnen bewohnten Villa promenierte, zu begrüßen. Auch bei der Durch⸗ fahrt durch Volosca waren alle Bewohner auf den Straßen oder an den Fenstern; in Abbazia selbst begrüßten sämmtliche Kurgäste Ihre Majestät auf das ehrfurchtsvollste. In der Villa Amalia erwartete der Direktor der Kuranstalt Silber⸗ huber Ihre Majestät. Als Allerhöchstdieselben um 2 Uhr 40 Minuten die Villa betraten, wurde die deutsche Flagge ge⸗ hißt, während S. M. S. „Moltke“, das große Flaggen⸗ gala angelegt hatte, den Geschützsalut gab. Bald nach der Ankunft besichtigten Ihre Majestät die Räumlichkeiten der Villa Amalia sowie diejenigen der Villa Angiolina und begaben Sich sodann mit den Kaiserlichen Prinzen nach dem reservierten Garten, wo sich eine herrliche Aussicht bietet. Der Salon Ihrer Majestät ist mit zahlreichen Bouquets geschmückt, die von den deutschen E in Triest, der Stadt Fiume, von dem Direktor Silberhuber und der Kuranstalts⸗Kommission gewidmet worden sind.

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Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Foll und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen hielten heute eine Sitzung.

In Portugal wird von den dortigen Polizeibehörden beim Betreten des Landes, ganz besonders aber beim Verlassen desselben auf dem Seewege ein vorschriftsmäßig visierter Paß erfordert. Die Deutschen, die nach Portugal zu reisen be⸗ absichtigen, thun daher gut, sich schon vor ihrer Abreise mit einem Lac oder doch wenigstens mit genügenden Ausweis⸗ papieren zu versehen, auf Grund deren sie sich von den Kaiserlichen Konsularbehörden in Portugal einen Paß ver⸗ schaffen können.

Der General⸗Lieutenant Kuhlmann, Präses der Artillerie⸗Prüfungskommission, hat Berlin verlassen.

Der Königliche Gesandte in München Graf zu Eulen⸗ burg hat einen ihm bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit der Legations⸗Sekretär Graf von Pückler als Geschäftsträg

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Sachsen.

Das neue Einkommensteuergesetz ist gestern im „Gesetz⸗ und Verordnungsblatt“ zur Veröffentlichung gelangt.

Württemberg. b

Die Kammer der Abgeordneten hat in ihrer gestrigen Abendsitzung einstimmig die Vorlage wegen Bewilligung von 410 000 Unterstützung an Gemeinden und einzelne noth⸗ leidende Landwirthe genehmigt. Im Laufe der Debatte wies der Justiz⸗Minister Dr. von Faber darauf hin, daß 2753 Gnadengesuche für Waldfrevelstrafen eingelaufen seien, denen fast sämmtlich stattgegeben worden sei; es seien 86 Proz. bereits

erkannter St d

Hessen.

Die Zweite Kammer ist gestern wieder zusammen⸗ getreten. Zur Berathung stand zunächst die Vorlage über rorogation des Finanzgesetzes, die einstimmig ge⸗ nehmigt wurde. Es folgte sodann die Besprechung der An⸗ frage der Abgg. Schröder u. Gen. über die Reichswein⸗ steuer. Der Staats⸗Minister Finger beantwortete die An⸗ frage dahin, daß die hessische Regierung ihren Vertreter im Bundesrath dahin instruiert habe, gegen die Reichs⸗ weinsteuer zu stimmen. Die nunmehr folgenden An⸗ träge: des Abg. Ulrich u. Gen. über die Taback⸗ fabrikat⸗ und Weinsteuer, des Abg. Pennrich und Genossen über die Reichswein⸗ und Tabackfabrikatsteuer und des Abg. 858 (Offenbach) über die neue Reichssteuer, wurden auf Antrag des Praͤsidenten Weber gemeinsam berathen. Nach längerer Debatte, an der sich F. der Staats⸗Minister Finger und der Finanz⸗Minister Weber betheiligten, ging die ammer über die Anträge zur Tagesordnung über.

Braunschweig.

Der Landtag trat, wie der „Hann. Cour.“ berichtet, vor⸗ gestern in die Berathung des 6“ für die C 1894/96 ein. Die Ausgabe, mit deren Be⸗ rathung begonnen wurde, ist auf 27 617 000 ℳ, das ist um 1 747 000 ℳͤ höher, als sie für die ablaufende Periode vor⸗ gesehen war, veranschlagt. Erhebliche Mehrausgaben sind bei der Justizverwaltung und bei den allgemeinen Landes⸗ verpflichtungen eingestellt worden. Die Mehrausgaben bei der Justizverwaltung werden, einem vorgelegten Aus⸗ weise zufolge, zwar zur größeren Hälfte durch die gesteigerte Einnahme der Sporteln gedeckt, dagegen steht der eingetretenen Erhöhung der den Gegenstand der allgemeinen Landesverpflichtungen bildenden Matrikular⸗ beiträge um 1 956 016 nur eine Steigerung des Antheils an den direkten Reichssteuern um 1 343 016 gegenüber, sodaß die Einnahmen hinter der Summe der an das Reich abzuführenden Matrikularbeiträge um 413 000 zurück⸗ bleibeern.

Anhalt.

Der Landtag nahm in seiner gestrigen Sitzung die Vor⸗ lagen über anderweitige Feststellung des Diensteinkommens der Verwaltungs⸗ und Justizbeamten, sowie der Richter in dritter Lesung an und genehmigte den Haupt⸗Finanzabschluß für 1892/93 in zweiter Lesung.

SDesterreich⸗Ungarn.

Der Budgetausschuß des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses erledigte gestern die Etats des Justiz⸗ Ministeriums und des Landesvertheidigungs⸗ Ministeriums. Im Laufe der Debatte erklärte nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Justiz⸗Minister Graf Schönborn, er könne auf den Omladinaprozeß nicht näher eingehen, weil das Urtheil noch nicht rechtskräftig sei; bei politischen Prozessen seien nicht nur die Thatsachen, sondern auch die besonderen Umstände zu berücksichtigen, die zur Entstehung der Delikte geführt hätten. Betreffs des Strafmaßes seien bei einzelnen Angeklagten die bezüglichen subjektiven Momente in Betracht gekommen, das Strafmaß sei gesetz⸗ lich angewandt worden; bei einigen Angeklagten sei man unter das gesetzliche Maß herabgegangen. Bei der Erörterung der sprachlichen Verhältnisse wies der Minister auf das enischie⸗ denste die Absicht zurück, einen Volksstamm kränken zu wollen. Der Landesvertheidigungs⸗Minister Graf Welserheimb be⸗ tonte, daß die Untersuchungen stets in objektivster Weise ge⸗ führt würden und sich nicht auf Militärpersonen beschränkten, es würden auch Zivilpersonen vernommen. Die Heeresleitung habe selbst das größte Interesse, alle etwa vorkommenden Un⸗ zukömmlichkeiten abzustellen.

In der gestrigen Abendsitzung des Abgeordneten⸗ hauses wurde der Antrag Bianchini's, die Debatte über die von dem Minister⸗Präsidenten Fürsten Windischgrätz in der letzten Sitzung ertheilte Antwort auf Bianchini's Interpellation wegen angeblicher Truppenzusammenziehungen an der serbischen Grenze zu eröffnen, mit großer Majorität abgelehnt. Der Finanz⸗Minister Dr. von Plener übermittelte die Nach⸗ tragsvorlage zum Budget, welche die Erhöhung der Aushilfe für Staatsbeamte von einer Million Gulden auf Millionen betrifft.

In Prag hat gestern der Prozeß gegen die beiden Mörder

des früheren Mitgliedes der Omladina Mrva und gegen die beiden Anstifter der That begonnen. Auf Antrag der Staats⸗ anwaltschaft wird die Verhandlung zum theil unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfinden.

Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus setzte gestern die Debatte über die Adresse an die Königin fort. Der Abg. Labouchere brachte, wie „W. T. B.“ berichtet, ein Amendement ein, worin verlangt wird, daß dem Zustand ein Ende gemacht werde, daß Personen, die nicht in das Parlament gewählt seien, die Annahme von Vorlagen verhindern könnten, und daß diese Reform, wenn es nöthig werde, von der Regierung durchgeführt werden solle. Der Kanzler der Schatz⸗ kammer Sir W. Harcourt bekämpfte das Amendement, indem er ausführte, es müsse der Regierung überlassen werden, die Methode und die Art der Lösung einer so ernsten Frage vorzuschlagen. Das Amendement Labouchere's wurde unter dem Jubel der Radikalen und der Irländer mit 147 gegen 145 Stimmen angenommen. 72 trische Nationalisten stimmten mit der Majorität, die fast ausschließlich aus diesen und Radikalen bestand. Da die Abstimmung unerwartet früh stattfand, so befanden sich viele Mitglieder des Hauses, welche die Regierung unterstützt haben würden, gerade außerhalb des Sitzungssaales. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde ein von der Regierung bekämpftes Amende⸗ ment Kenny’s zu Gunsten einer Amnestie der irischen Dyna⸗ mitarden mit 286 gegen 96 Stimmen abgelehnt. Balfour fragte an, was die Regierung hinsichtlich ihrer infolge des Amendements Labouchère erlittenen Niederlage zu thun ge⸗ denke. Der Kanzler der Schatzkammer Sir W. Harcourt erklärte, die Regierung werde mit der Erledigung der Geschäfte, die jetzt dem Hause vorlägen, fortfahren. Schließlich beantragte Chamberlain die Vertagung der Debatte, weil dem Hause die Ansicht der Regierung über das Amendement Labouchere’'s, das gegen die Regierung angenommen worden sei, und das

lärung Sir W. Harcourt'’s von der Krone etwas

verlange, das zu thun sie E“ nicht befugt sei, müiigethellt werden solle. Sir W. Harcourt willigte in die Vertagung der Debatte. Balfour sprach die Erwartung aus die Regierung werde heute Mittag ihre Absichten mittheilen.

Zu der Abstimmung bemerkt die „Daily News“, die wenn auch kleine Majorität gegen die Regierung sei ein bezeich⸗ nender Ausdruck der öffentlichen Meinung. Die Abstimmung werde der Regierung nicht schaden und nur die Bewegun gegen das Oberhaus beleben. Die „Times“ erklärt, dur die gestrige Abstimmung sei die Kombination vernichtet, die allein die Regierung hätte halten können. Durch einen ein⸗ zigen Tag sei die Stellung der Regierung derart erschüttert worden, daß die demnächstige Auflasung des Parlaments un⸗ vermeidlich sei.

Sir Mortimer Durand, der kürzlich den Vertrag mit dem Emir von Afghanistan abgeschicssen hat, ist zum britischen Gesandten und General⸗Konsul in Teheran⸗ ernannt worden.

Frankreich.

Die Abordnung der Marinekommission besichtigte gestern das Arsenal in Toulon und stellte dem „W. T. B. zufolge fest, daß alle Depots, das Verproviantierungswesen sowie sonstige Vorräthe ordnungsgemäß seien und auch das Material in den Magazinen ausreichend sei.

Der frühere König von Dahomen ist gestern in Dakar nach Martinique eingeschifft worden. 1

Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, mit 83 gegen 16 Stimmen das neue Militär⸗Strafgesetzbuch gemäß dem Regierungsentwurfe genehmigt.

Die Finanzkommission der Deputirtenkammer hat beschlossen, ihre Berathungen geheim zu halten; daher beruhen alle Mittheilungen über die Verhandlungen auf bloßen Vermuthungen.

Verschiedene Römische Blätter hatten gestern gemeldet, der Urheber der Bombenexplosion auf dem Monte Citorio sei verhaftet worden, oder es stehe dessen Verhaftung bevor. Der „Opinione“ zufolge erklärte indessen der Quästor der Polizei, daß diese Meldungen unwahr seien; die Polizei rechne jedoch darauf, des Schuldigen bald habhaft zu werden

Spanien. Der Marschall Martinez Campos wird, von Mazagan kommend, am 18. d. M. in Cadix erwartet.

Schweiz.

Der Bundesrath hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ dem Gesuch der französischen Regierung um Zustimmung zum Aufschub des Austausches der Ratifikationen der Pariser Münzübereinkunft bis zum 25. d. M. ent⸗ sprochen.

Das Ergebniß der eidgenössischen Staatsrechnung für das Jahr 1893 beziffert sich wie folgt: Ein nahmen 78 211 000 Fr., Ausgaben 86 286 000 Fr. Die Ausgaben übersteigen somit die Einnahmen um 8075 000 Fr. Die Staatsrechnung stellt sich durch die Mehreinnahmen und Minderausgaben um 10 345 000 Fr. günstiger, als im Budget 8 Einschluß der Nachtragskredite vorgesehen

Rumänien. X“ Gestern sind, wie „W. T. B.“ aus Bukarest berichtet, im Ministerium des Auswärtigen die Ratisikationen der englisch⸗rumänischen Auslieferungskonvention und des englisch⸗rumänischen Markenschutzvertrags aus⸗ getauscht worden. Die Deputirtenkammer nahm gestern mi 63 gegen 14 Stimmen das Budgetgesetz an.

Serbien. 8

Gegenüber der in der ausländischen Presse verbreiteten Meinuüng, daß das in Belgrad erscheinende politische Blatt „Red“ das Organ des serbischen Hofes sei, stellt ein im Amtsblatt veröffentlichtes Communiqué fest, daß weder „Red“ noch irgend ein anderes politisches Blatt serbisches Hof⸗ organ sei.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing berieth gestern einen von dem Abg. Ullmann gestellten Antrag, wonach der Universitäts⸗Etat nur unter der Bedingung bewilligt werden solle, daß die Regierung bei der Besetzung von vakant gewordenen Lehrstühlen die Namen der in Aussicht genommenen Professoren dem Storthing vorlege. Der Staats⸗Minister Stang erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, die Regierung werde im Falle der Annahme dieses Antrags den Universitäts⸗Etat in gleicher Weise wie den Konsulats⸗Etat behandeln, sodaß die Kredite, an welche die ge⸗ nannte Bedingung geknüpft sei, garnicht verwendet werden würden. Nach lebhafter Debatte wurde der 2 mit 59 gegen 55 Stimmen angenommen.

Dänemark. 8

Dem Legations⸗Sekretär bei der dänischen Gesandtschaft in Berlin Frhrn. von Wedell⸗Neergard, ist ein Urlaub für längere Zeit bewilligt worden. Der Legations⸗Sekretär bei der dänischen Gesandtschaft in St. Petersburg Grevenhop⸗ Castenskjöld ist laut Meldung des „W. T. B.“ nach Berlin versetzt und der Assistent im Ministerium des Auswärtigen Graf Franz Brockenhaus⸗Schack zum Legations⸗Sekretär bei der dänischen Gesandtschaft in St. Petersburg ernannt worden.

Amerika.

Amtlichen, aus Rio de Janeiro in Lissabon eingetroffenen Nachrichten zufolge habe sich der Admiral Saldanha da Gama an Bord der portugiesischen Korvette „Mindells“ geflüchtet. Der Kommandant derselben habe sich wegen Instruktionen für die Uebergabe der brasilianischen Schiffe an Peixoto nach Lissabon gewendet. Der „Agenzia Stefani“ wird gemeldet, Admiral da Gama haebe sich erboten, unter folgenden Bedingungen zu kapitulieren: Rückgabe der Forts und der Schiffe der Aufständischen in der Bai, sowie Auslieferung der Gefangenen. Der Admiral und seine Offi⸗ ziere ziehen sich unter dem Schutz der portugiesischen Regierung in das Ausland zurück. Den aufständischen Soldaten und Matrosen wird das Leben gewährleistet. Der ameri⸗ kanische Gesandte in Rio de Janeiro telegraphierte an die Regierung, daß die Stadt fast vollständig verlassen sei. Die Regierung Peixoto's habe es abgelehnt, die Bedingungen des Admirals Saldanha da Gama anzunehmen; die Batterien hätten das Feuer au die Aufständischen um 3 Uhr Nachmittags eröffnet, die Forts

n bereits Mittags damit vorgegangen; die Aufständischen hätten es nicht beantwortet. Wie „W. T. B.“ weiter meldet, dauerte das Bombardement bis 4 Uhr Nachmittags. Als hierauf das Regierungsgeschwader in die Bai einfuhr, senk⸗ ten die Schiffe und die Fo rts der Aufständischen die Flaggen. Inzwischen flüchteten die Offiziere der Aufständischen an Bord der 1“ en und portu⸗ giesischen Kreuzer. Admiral da Gama soll sich an Bord des englischen Kreuzers „Sirius“ befinden. Die Been⸗ digung des Krieges hat große Freude hervorgerufen.

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Parlamentarische Nachrichten. 8 88

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen 71. Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde die zweite Be⸗ rathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1894/95 beim Etat der Zölle und Verbrauchssteuern fortgesetzt. Die Titel: „Zölle“ 349 749 620 und „Tabacksteuer“ 11 083 380 werden ohne Debatte genehmigt.

Den Titel „Zuckersteuer“ 70 414 550 beantragt die

EC .“ Wum 5 Millionen Mark auf 75 406 000 zu erhöhen. G Abg. Dr. Paasche (nl.) hält die Erhöhung der Summe um 5 Millionen Mark für zu hoch; allerdings wachse die Bevölkerung um 600 000 Köpfe jährlich, die in den Zuckerkonsum eintreten; aber andererseits wachse die Zuckerindustrie alljährlich und die Zucker⸗ ausfuhrprämien, die Gott sei Dank noch vorhanden seien, nähmen größere Summen in Anspruch. Deshalb will Redner mit seinen reunden die Einnahme aus der Zuckersteuer nur mit 72 Millionen Frau in den Etat einstellen.

Nachdem der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky sich gegen diesen Beschluß der Budgetkommission in einer Rede, die wir morgen im Wortlaut mittheilen werden, ausgesprochen hat, erhält das Wort der

Abg. Richter (fr. Volksp.): Die Finanzlage ist in der Kom⸗ mission nicht verschleiert worden, sondern ein schwarzer Schleier, der von seiten der Regierung darüber gedeckt war, ist beseitigt worden. Man sieht jetzt klar, daß die Sache nicht so ungünstig ist, wie sie in dem Entwurf der Regierungen zur Erscheinung kommt. Bis jetzt ind alle Anzeichen dafür vorhanden, daß die wirkliche Finanzlage sun noch viel günstiger herausstellen wird, als sie auch nach den Beschlüssen der Budgetkommission erscheint. Welche Einwen⸗ dungen sind nicht gegen die Erhöhung der Portoeinnahmen in der Kommission erhoben! Inzwischen hat der einzige Monat Januar eine Mehreinnahme von 1 ¾ Millionen Mark gegen den Januar des Vor⸗ jahrs ergeben. Der Schatzsekretär selbst hat es als möglich hin⸗ gestellt, daß die fünf Millionen mehr an Zuckersteuer aufkommen. Dann ist man nicht mehr berechtigt, die Matrikularbeiträge zu er⸗ höhen. Nach meiner Meinung ist es nicht nur möglich, sondern höchst wahr⸗ scheinlich, nahezu sicher, daß die Einnahme aus der Zuckersteuer noch um weit mehr als um 5 Millionen über den Etatsansatz von 70 Mil⸗ lionen hinausgeht. Der Schatzsekretär verlangte einen Reservefonds für außeretatsmäßige Ausgaben. Ein solcher Reservefonds ist eine sehr gefährliche Einrichtung, er provoziert geradezu zu Etats⸗ überschreitungen. Besser ist es, wenn man von vornherein weiß, man hat sich mit einer bestimmten Summe einzurichten. In der Budgetkommission sind bei den Zöllen und Verbrauchssteuern eine ganze Reihe von Einnahmepositionen außer Betracht gelassen, bei denen ebenfalls eine Erhöhung gerechtfertigt gewesen wäre, z. B. die Salzsteuer. Aber die Kommission konnte nicht den ganzen Etat umarbeiten, schon aus Mangel an Zeit nicht. Der Abg. Dr. Paasche hat schon in der Kommission mit seinen Ausführungen niemanden überzeugt. Er sieht ganz ab von der günstigen Zuckerernte des vorigen Herbstes und hält sich an das tatsjahr. Die Regierung stützt sich bei ihren Berechnungen auf die durchschnittliche Einnahme an Zucker⸗ steuer in den drei letzten Jahren. Aber wir haben in⸗ zwischen das neue Zuckersteuergesetz von 1891 bekommen, welches die Materialsteuer beseitigt und damit die Prämie des Zuckerrübenbaus in Gegenden, wo die Rübe zuckerhaltiger ist. Infolge dessen erweitert sich die Produktion ganz außerordentlich, und mit der Produktion naturgemäß die Konsumtion. So hat sich nach amt⸗ lichen Feststellungen 1892/93 der Zuckerkonsum von 9,5 auf 9,9 kg pro Kopf gehoben. Die günstige Ernte des vorigen Herbstes ergab auch eine sehr zuckerhaltige Rübe. So ist es ge⸗ kommen, daß die Rübenzuckerproduktion bis Ende Januar auf nahezu 12 Millionen Doppelzentner gestiegen ist gegen 10 ½¼ Millionen im gleichen Abschnitt des Vorjahres. b

Darauf erhält der Abg. von Kardorff das Wort.

(Schluß des Blattes.) 8

In der heutigen 36. Sitzung des Hauses der Ab⸗

1 1 neten, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums,

inister des Innern Graf zu Eulenburg, der Justiz⸗Minister

e Dr. von Schelling und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse beiwohnten, wurden zunächst in erster und zweiter Berathung die Gesetzentwürfe, betreffend

die Errichtung eines Amtsgerichts in Rons⸗ dorf, betreffend die Geltung des Ausführungs⸗ gesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz in Helgoland, betreffend den Handel mit Antheilen und Abschnitten von Loosen zu Privatlotterien und Ausspielungen und betreffend die Abänderung von Amtsgerichtsbezirken, ohne erhebliche Debatte ange⸗ nommen.

Der Nachweis über die Verwendung des Dis⸗ positionsfonds im Extraordinarium des Etats der Eisenbahnverwaltung für 1892/93 wird auf Antrag des Berichterstatters der Budgetkommission Abg. Dr. Sattler (nl.) durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr. das Ruhegehalt der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen, nichtstaatlichen, mittleren

Schulen und die Fürsorge für ihre Hinterbliebenen.

Abg. Jäckel (fr. Volksp.): Das Gesetz hat große Befriedigung Hervorgerufen, aber die Gemeinden dürfen dadurch nicht weiter belastet erden. Das Schulgeld kann für die Mittelschulen nicht weiter er⸗ 8 werden. In meiner Heimathsstadt Posen werden schon 130 % er Kommunalabgaben für Mittel⸗ und Volksschulen verwendet. Warum lel der Staat für die Mittelschulen keine Zuschüsse geben? Volksschul⸗ Muer⸗ die das Mittelschullehrer⸗Examen nicht gemacht haben, sollten an⸗ 1 eittelschulen nicht angestellt werden. Die Kommission hätte darauf füingen müssen, 66 der Staat Zuschüsse zum Ruhegehalt der Mittel⸗ 88 ehrer gebe. ie Kommission ist darüber aber einfach hinweg⸗ segnngen, weil der Unterrichts⸗Minister erklärte, daß dadurch das Zu⸗ dendekommen des Gesetzes gefährdet würde. Redner beantragt deshalb Zurückverweisung an die Kommission. miss Berichterstatter Abg. von Bockelberg (kons.) nimmt die Kom⸗ vnenen gegen den Vorwurf in Schutz; sie habe sich sehr eingehend dieser Frage beschäftigt. er Antrag Jäckel wird abgelehnt.

Abg. Seyffardt⸗Magdeburg (nl.) tritt für eine einheitliche Regelung der Pensionsverhältnisse und Reliktenversorgung der Lehrer an nichtstaatlichen höheren Lehranstalten ein. 1 3

Darauf wird der Gesetzentwurf in seinen einzelnen Theilen angenommen, ebenso eine von der Kommission beantragte Re⸗

solution:

„die Regierung aufzufordern, die Henfion. und Relikten⸗ verhältnisse der an öffentlichen, nichtstaatli een, höheren Lehranstalten angestellten Lehrkräfte einheitlich zu regeln.“ 3

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des § 211 des Allge⸗ meinen Berggesetzes vom 25. Juni 1865.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) bedauert, daß es der Kom⸗ mission nicht möglich gewesen sei, das Gesetz formell dahin zu ändern, daß es sich besser in die Gesetzsammlung einreihe; es 1 hier Flüchtigkeitsfehler vor, denen gegenüber sich die Kommission allerdings in einer Zwangslage befunden habe, weil das Gesetz bei einer Ab⸗ änderung nochmals nicht nur an das Herrenhaus, sondern auch an den schlesischen Provinzial⸗Landtag hätte zurückgehen müssen. Es sei be⸗ dauerlich, daß die Bedenken seines Freundes Kirsch in der ersten Lesung, welche sich auf Flüchtigkeitsfehler in den sprachlichen Ausdrücken und auf Fremdwörter bezogen, von der Kommission nicht berück⸗ sichtigt seien.

„Ober⸗Berghauptmann Freund bestreitet, daß die Kommission sich in einer Zwangslage befunden habe. Die Anträge der Abgg. Kirsch und Im Walle in der Kommission hätten eine sachliche Bedeutung nicht gehabt. Die Regierung könne die Abgg. Schmidt⸗Warburg und Kirsch nicht als die berufenen Vertreter des Deutschthums in unserer Gesetzgebung anerkennen. Es handle sich garnicht um ein neues Gesetz, sondern um die Einfügung neuer Bestimmungen in ein 8C Gesetz; man müsse sich also der Ausdrucksweise des letzteren edienen.

„Abg. von Puttkamer⸗Ohlau (kons.). Bei den Anträgen Kirsch handelt es sich nur um Kleinigkeiten ohne materielle Bedeutung. Die Kommission hat sich eingehend damit beschäftigt, ist aber fast ein⸗ stimmig zur Ueberzeugung gelangt, daß die Anträge keine Verbesserung enthalten. Bezüglich des Geltungsbereichs des Gesetzes wurde in der Kommission beantragt, die Worte „Herzogthum Schlesien“ durch „vormaliges Herzogthum Schlesien“ zu das würde aber unzutreffend sein. An den Provinzial⸗Landtag brauchte das Gesetz, auch wenn es geändert würde, nicht mehr zurückzugehen. Alle Anträge een nur Kleinigkeiten, mit denen wir unsere Zeit nicht verschwenden ollten.

„Nach Beendigung der Debatte, über die wir morgen aus⸗ führlich berichten werden, wird der Gesetzentwurf in seinen einzelnen Theilen angenommen.

Bei Schluß des Blattes folgt die Berathung von

Petitionen.

Die Abgg. Dr. König (b. k. F.), Zimmermann (d. Resp.) und Genossen haben im Reichstage folgenden Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu er⸗ suchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach staatlichen Be⸗ trieben die Gründung von Konsumvereinen bezw. Ver⸗ kaufsgenossenschaften verboten wird und die schon bestehenden bezüglichen Konsumvereine bezw. Verkaufsgenossenschaften solcher Be⸗ triebe aufgehoben werden.

Die Wahlprüfungskommission des Reichstags beantragt, die Beschlußfassung über die Wahl des Abg. Bantleon nl.) im 14. Wahlkreise des Königreichs Württemberg bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.

Nr. 10 A des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, vom 14. März hat folgenden Inhalt: Gutachten der Akademie des Bauwesens, betreffend das Einlassen von Winter⸗Hoch⸗ wasser in die Reipzig⸗Schwetiger Niederung. Nichtamtliches: Druckluft⸗Wasserheber. Zur Wasserversorgung Wiens. Ver⸗ mischtes: Reste eines mittelalterlichen Backsteinbaues in Potsdam. Zunahme des Gewichts der Eisenbahn⸗Betriebsmittel im Staate Massachusetts. Wasser⸗Bauinspektor Oskar Buß in Berlin †. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Das Retentionsrecht des Vermiethers an den Sachen des Miethers kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Straf⸗ senats, vom 16. November 1893, im Königreich Sachsen nur wegen fälliger Ansprüche des Vermiethers aus dem Miethsvertrage aus⸗

eübt werden. Die Wegschaffung von IJllaten seitens des iethers aus der Miethswohnung gegen den Widerspruch des Ver⸗

miethers ist demnach nicht strafbar, wenn er mit den Mieths⸗

vertragsleistungen nicht im Rückstande sich befindet.

Die Anstiftung zu einer Zolldefraudation, die der Angestiftete ohne Defraudationsabsicht vorgenommen hat, und die dem⸗ zufolge nur einer Ordnungsstrafe unterliegt, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 14. Dezember 1893, trotzdem als Anstiftung zur Zolldefraudation zu bestrafen.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Wird die bisherige Zugänglichkeit einer Dorfstraße zu einer anliegenden Wohnstätte durch eine veränderte Gestaltung der Straße beeinträchtigt, so ist, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, IV. Senats, vom 5. Dezember 1893, sofern nicht öffentliche Interessen solche Gestaltung der Dorfstraße bedingen, die Wegepolizeibehörde zweifellos auch im Interesse des einzelnen Anliegers befugt, der Ausführung einer derartigen Ausgestaltung der öffentlichen Straße entgegenzutreten bezw. Wiederherstellung des ur⸗ sprünglichen Zustands zu verfügen. Die Rücksicht auf das öffentliche Verkehrsbedürfniß erfordert es der Regel nach, daß zu jedem öffentlichen Wege von den anliegenden Grundstücken aus mittels eines öffentlichen Zu⸗ ganges überhaupt zu gelangen ist, und nur dies liegt außerhalb der Aufgabe der Wegepolizeibehörde, daß jedem einzelnen Grundstück ein besonderer Zugang zu dem öffentlichen Wege hergestellt wird. Für die Ortsstraße insbesondere ergiebt sich schon aus ihrem Zweck, dem Anbau und dem dadurch bedingten inneren Verkehr des Orts zu dienen, daß auf deren Anlage in einer die unmittelbare Zugänglichkeit zu den anliegenden Wohnstätten ermöglichenden Art auch aus Rück⸗ sichten des öffentlichen Interesses Bedacht zu nehmen ist.“

Die den Vorschriften der §§ 55 und 56 der Landgemeinde⸗ Ordnung vom 3. Juli 1891 entsprechend festgestellte Wählerliste für die Wahlen zu einer Gemeindevertretung bildet, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 13. Dezember 1893, die unanfechtbare Grundlage des Wahlakts, und die Gültigkeit einer Wahl kann nicht auf Grund von Unrichtigkeiten der Wählerliste indem Stimmberechtigte ausgelassen oder Nichtstimmberechtigteeingetragen sind angefochten werden. Dasselbe gilt, wie das Ober⸗Verwaltungsgericht früher wiederholt ent⸗ schieden hat, für die Wahlen zu einer Stadtverordneten⸗Versammlung. „Im § 56 der Landgemeindeordnung ist den Stimmberechtigten das Rechts⸗ mittel des Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste gegeben, aber an die Beobachtung einer bestimmten Fr⸗ 1 st, die Zeit der Aus⸗ legung, gebunden, derart, daß mit Ablauf der Frist die Befugniß der

Stimmberechtigten, Unrichtigkeiten der Wählerlisten zu rügen, erlischt. Mit dieser I ist die Annahme, daß Unrichtigkeiten der Wählerliste zur Grundlage einer gegen die Gültigkeit der Wahl ge⸗ richteten Klage gemacht, also noch im Wege des Einspruchs und der Klage gegen die Gültigkeit der Wahl selbst geltend gemacht werden können, unvereinbar. Dies verkennen auch die Kläger nicht ganz, denn sie gehen selbst davon aus, daß Wahlberechtigte, welche die Frist zur Erhebung des Einspruchs versäumt haben, das Wahl⸗ recht verlieren; sie wollen nur einen Unterschied zwischen Auslassu ng eee Eintragung machen. Zu einer solchen Unter⸗ scheidung gewährt aber das Gesetz keinen Anhalt, es stellt vielmehr die Rüge, daß ein Stimmberechtigter ausgelassen sei, mit derjenigen, eine in der Wählerliste verzeichnete Person zu Unrecht in dieselbe aufgenommen sei, vollkommen auf Linie, da es in beiden Fällen FS. nur das Rechtsmittel des die Wählerliste giebt.

inspruchs gegen

Kunst und Wissenschaft.

Reste eines mittelalterlichen Backsteinbaues sind, wie das „Zentr.⸗Bl. d. Bauv.“ berichtet, in Potsdam auf dem Grundstück Garde⸗du⸗Korps⸗Straße 12 beim Neubau einer Beschlag⸗ schmiede für die Leib⸗Eskadron des Garde⸗du⸗Korps⸗Regiments ge⸗ funden worden. Bei der Beseitigung der Fundamente älterer, aus friderizianischer Zeit stammender Baulichkeiten fanden sich in den Banketten Reste aus gothischer, anscheinend sehr früher Zeit, nämlich Mauerziegel vom Format 30 zu 15 zu 10 cm und 23 zu 19 zu 9 cm. Ferner fand sich ein Rest eines Maßwerk⸗Anfängers mit reichentwickeltem Stab⸗ und Nasen⸗System, wahrscheinlich ein Stück einer Fialen⸗Krönung. Leider ist die linke Seite stark beschädigt; noch jest beträgt die ganze Höhe 41 cm, die ganze Tiefe 22 cm und die Breite der Grundfläche 19 -cm. Zwei weitere bei dieser Gelegenheit gefundene Formstücke sind: ein Pfostenstück, dessen vorderes Profil beschädigt ist und ein Birnstab gewesen sein kann, von

16 zu 18 zu 21 cm Größe, und ein Gewände⸗Profil mit Kehle,

halbem Birnstab und Glasfalz, von 13 zu 20,5 zu 21 cm Abmessung. Sämmtliche Stücke besitzen eine schöne fleischrothe Farbe und einen tadellosen, ganz durchgehenden Brand, dessen Vorzüglichkeit besonders bei dem Maßwerk⸗Anfänger infolge der starken Beschädigung zu Tage tritt. Die Herkunft dieser Stücke zu bestimmen, wird sehr schwierig sein; möglicherweise entstammen sie einem früher auf der Stelle der nahen Heiligen Geist⸗Kirche (erbaut unter Wilhelm I.) gestandenen Gotteshause, doch können sie auch sehr wohl mit anderem Ziegelbruch weiterher durch Kahnfracht an diese Stelle gelangt sein. Der G ist von um so größerem Interesse, als Potsdam erhaltene Baulichkeiten aus gothischer Zeit sonst nicht mehr besitzt und immerhin eine bedeutende Wahrscheinlich⸗ keit dafür spricht, daß wir die Reste eines Gebäudes aus der ältesten Zeit der Stadt vor uns haben. Die Burgstraße, welche von Sach⸗ kennern als die zuerst angelegte Straße in Potsdam angesehen wird, ist unmittelbar benachbart.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 25. Februar bis 3. März ein günstiger und die Sterblichkeit fast die Fle wie in der vorhergegangenen Woche (von je 1000 Einwohnern tarben aufs Jahr berechnet 16,3). In wenig gegen die Vorwoche ver⸗ änderter Zahl kamen akute Entzündungen der Athmungs⸗ organe zum Vorschein und endeten in etwas gesteigerter Zahl mit dem Tode. Erkrankungen an Grippe wurden erheblich seltener beobachtet und führten in 2 Fällen zum Tode. Akute Darm⸗ krankheiten zeigten sich ebenfalls in wenig gegen die Vorwoche ver⸗ änderter Zahl als Todesursachen. Die Theilnahme des Säuglings⸗ alters an der Gesammtsterblichkeit blieb ebenfalls nahezu die gleiche; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 50 Säuglinge. Unter den Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern und Scharlach etwas häufiger, an Diphtherie in fast gleicher Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige und zwar kamen Erkrankungen an Masern aus Moabit, an Scharlach aus der Rosenthaler Vorstadt, an Diphtherie aus der Tempelhofer⸗ und Rosenthaler Vorstadt am zahlreichsten zur Meldung. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben selten; an Genickstarre kam eine tödtlich verlaufende Erkrankung zur Anzeige. Erkrankungen an Kindbettfieber sind nicht bekannt geworden. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben in be⸗ schränkter Zahl. Erkrankungen an Keuchhusten wurden zur ärztlichen Behandlung gebracht. Rheumatische Beschwerden aller Art sowie akute Gelenkrheumatismen zeigten im Vergleich zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Ko an der Ruhr und in Oberschlesien. In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 4095, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs⸗Versteigerungen. 8

Beim Königlichen Amtsgerichtl Berlin standen am 12. und 13. März die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Cöslinerstraße 4, den Kaufleuten Emil Hommel und Edmund Henry gehörig; Fläche 16,90 a; Nutzungswerth 20 000 ℳ; Mindest⸗ gebot 2000 ℳ; für das Meistgebot von 259 600 wurde der Bau⸗ meister G. L. zu Dresden Ersteher. Waßmann⸗ straße 17 a gelangte der ideelle Viertelantheil des Kaufmanns G. B.

Gendelmeyer zur Versteigerung; Nutzungswerth 2340 ℳ; Mindestgebot 350 ℳ; für dieses wurde der Kaufmann Gustav Thielicke, Wasserthorstraße 62, Ersteher. Boyenstraße 25, dem Schlächtermeister C. Tyrock gehörig; Mindestgebot 800 ℳ; für das Meistgebot von 76 000 wurde der Schlächtermeister W. Immich, Melchiorstr. 1, Ersteher. Georgenkirchstr. 37 a., dem Zimmer⸗ meister Aug. Mittelstädt gehörig; Fläche 11,70 ha; Nutzungs⸗ werth 17 500 ℳ; Mindestgebot 1900 ℳ; für das Meistgebot von 285 010 wurde der Rentier Emanuel Stern, Lützow⸗Ufer 33, Ersteher. Vertagt wurde das Verfahren in den nachbenannten Grundstücken: Barnimstr. 13 und Höchstestraße, dem Maurer⸗ meister Franz Klein gehörig.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Zu Groß⸗Lichter⸗ felde, Steglitzerstr. 39, belegen, dem Architekten Robert Hoffmann gehörig; Fläche 9,17 a; Nutzungswerth 900 ℳ; Mindest⸗ gebot 24 086 ℳ; für das Meistgebot von 31 000 wurde der Hof⸗ maler Friedrich Plath zu Steglitz, Albrechtstr. 105, Ersteher. Zu Groß⸗Lichterfelde, Steglitzerstr. 27, belegen, dem Kauf⸗ mann Karl Ehmke gehörig; Fläche 8,67 a; Nutzungswerth 2190 ℳ; Mindestgebot 461 ℳ; für das Meistgebot von 48 600 wurde der Kaufmann Carl Pleff zu Groß⸗Lichterfelde, Zehlendorferstraße 9, Ersteher.

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Verdingungen im Auslande.

Großbritannien. A. P. Dunstan, Sekretär der East Indian Railway Company, Nicholas Lane, London . C.: Lieferung von stählernen Radreifen für Personen⸗ und Güterwagen. Lastenheft in den Bureaux der Gesellschaft gegen Zahlung von 1 Guinee.

4. April, 1 Uhr, ebenda: Lieferung von zwei Dampfbooten mit geringem Tiefgang für Fähren. Auskunft in den Bureaux der Ge⸗ sellschaft gegen Zahlung von 1 Guinee.

Italien. 21. März, 12 ½ Uhr.

21. März, 1 Uhr.

dr. Schiffsbaudirektion des ersten Marine⸗ departements zu Spezia: Lieferung von 33 000 kg natürlichem