1894 / 63 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

sprochen, zum Schutz des Pub

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und der Polen abgelehnt. Der Titel und der Vermerk werden

unverändert bewilligt, ebenso der Rest des Kapitels.

Bei dem Kapitel „Medizinalwesen“ tritt Abg. Olzem (nl.) für eine eeeicheglich⸗ Regelung der Frage des Geheimmittelwesens ein. Die Reg habe wiederholt ver⸗ ikums gegen das be⸗ trügerische Geheimmittelwesen zu ergreifen. Die Rheinprovinz leide Infolge alter französischer Be⸗

besonders in dieser Beziehung.

stimmungen aus der Revolutionszeit, die ein Staatsanwalt plötzlich wieder ausgegraben habe, sei die Presse mit einer Fluth von Prozessen

wegen Ankündigung von Geheimmitteln bedacht worden. Diese Bestimmungen wie noch eine ganze Reihe anderer Gesetze aus der Revolutionszeit sollten endlich einmal aufgehoben werden. 8

Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch: Die Reichsregierung ist noch mit dieser Frage beschäftigt, die auch durch ein Reichegese chwierig zu lösen ist. Bis dahin will man versuchen, durch Erla⸗ einheitlicher Polizeiverordnungen im ganzen Reich vorläufig abzuhelfen. hat der Reichskanzler jetzt bei den Bundesstaaten die Anregung gegeben. Abg. Jerusalem (Zentr.) fragt an, wie es um die Reform des Apothekenwesens bestellt sei.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, daß ich Gelegenheit habe, die Auskunft, die der geehrte Herr Vorredner verlangt hat, hier zu geben. Ich kann es nur mit großer Genugthuung begrüßen, daß der Herr Vorredner den guten Zustand unserer Apotheken und die vorzügliche Qualität der darin verkauften Arzeneiwaaren anerkannt hat. Es wird das wesentlich der strengen und unparteiischen Aufsicht zuzuschreiben sein, welche in den Apotheken geführt wird. Nichtsdestoweniger unterliegt es keinem Zweifel, daß auf dem Gebiet unseres Apotheken⸗

wesens ganz überaus große Uebelstände herrschen. Das Konzessionswesen

auf diese Entwurf

hat dahin geführt, daß die Konzessionen in einer ganz unverhältniß⸗ mäßigen Weise ausgebeutet sind; es ist der berüchtigte Apothekenschacher eingetreten; es sind dabei eine ganze Menge Werthe in einer ganz unverhältnißmäßigen und unbegründeten Weise in die Höhe getrieben, es sind andere Leute mit diesen Werthen angeführt worden kurz, es sind da Uebelstände eingetreten, die in wirthschaftlicher Beziehung und auch vom Standpunkt der Medizinal⸗Polizei aus durchaus eine anderweitige Regelung nothwendig machen. Mit Räücksicht Dinge habe ich im Medizinal⸗Ministerium den eines neuen Appothekengesetzes ausarbeiten lassen, uind dieser Entwurf beruht auf dem Grundsatz der Personalkonzession, freilich mit sehr ausgiebigen Uebergangsbestim⸗ mungen, um die Werthe, die jetzt in den Apotheken angelegt sind, nicht etwa mit einem Male zu verkürzen und damit die Schädigung unseres Nationalwohlstandes herbeizuführen, von der der Herr Vor⸗ redner mit vollem Recht gesprochen hat. Es sind das sehr schwierige wirthschaftliche und auch polizeiliche und technische Fragen, ich glaube ber, daß sie jetzt einer gedeihlichen Lösung entgegengehen werden. Nicht ür die Einzelheiten dieses Entwurfs, wohl aber für das Hauptprinzip, on dem ich eben gesprochen habe, habe ich auch die Zustimmung des öniglichen Staats⸗Ministeriums erlangt, und wir haben jetzt den Entwurf an den Herrn Reichskanzler gelangen lassen mit dem Ersuchen, die Regierungen wenigstens der größeren deutschen Bundesstaaten nun⸗ mehr über die Grundzüge dieses Entwurfs zu hören. Die Antworten ind noch nicht eingegangen, ich glaube aber, die Sache ist jetzt dem Abschluß nahe, und ich hoffe, ich werde bald dahin kommen, Ihnen mittheilen zu können, Sie werden es auch sehen bei den Verhand⸗ ungen beim Reich —, daß wir diese Dinge einer gedeihlichen Lösung

entgegenführen; denn so wie die Dinge jetzt sind, können sie unmöglich

leiben. Ich will nur bemerken: ich glaube, daß der Weg, den wir eschritten haben, ein richtiger ist; denn im wesentlichen ist auch jetzt chon unser derzeitiger Zustand ein Zugangsweg zu der Lösung der rage durch die reine Personalkonzession.

So liegt die Sache und ich hoffe, sie wird zum Segen nicht nur es Arzenei kaufenden Publikums, sondern auch so, daß die Apotheker abei bestehen können, gelöst werden. (Bravo!)

Abg. Dr. Lotichius (nl.) bittet um Zulassung der Errichtung

von Filialapotheken, wo das Bedürfniß dies erheische.

Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch: Diesem Bedürfniß

kommen wir gern entgegen, wenn die Gemeinden einen Zuschuß geben.

müßten möglichst ins praktische Leben übertragen werden, in Sch

3 Abg. Dr. Kruse (nl.) betont die Nothwendigkeit der Medizinal⸗

eform und fragt an, ob das seit Jahren gesammelte Material ndlich so weit bearbeitet sei, daß an die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs gegangen werden könne. Reformbedürftig sei die

tellung der Kreisphysici. Die öffentliche Gesundheitspflege sei eine och neue Aufgabe; die wissenschaftlichen Erfahrungen der Püghiene ulen, Betrieben, bei Seuchen ꝛc. Die Kreisphysici müßten sich deshalb eingehender mit der Hygiene beschäftigen können und müßten viel besser über die sanitären Zustände ihres Bezirks informiert werden. Die Kreisphysici müßten ja auf allen medizinischen Gebieten Bescheid wissen, aber auf die Privatpraxis dürften sie als Organe der öffentlichen Wohlfahrt nicht angewiesen sein.

Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch: Die Stellung der Kreisphysici ist reformbedürftig, läßt sich aber nur im Zusammenhang mit der Medizinalreform ändern, die im Werke, aber noch nicht ab⸗ Pschlofsen und der auch die Finanzlage jetzt nicht gerade günstig ist.

ie Reform liegt aber dem Minister fortgesetzt am Herzen. Nicht nur die Gehälter der Kreisphysici müssen gebessert werden, ihre ganze Beamtenqualität muß geändert werden; der Minister will sie von G unabhängig machen und sie als reine Staatsbeamte anstellen.

Abg. von Schenckendorff (nl.) wünscht eine bessere staatliche Organisation der Volkshygiene. Der Medizinaletat zeigt, so führt Redner aus, seit 1870 eine Stagnation, und die Medizinalreform ist wesentlich eine Finanzfrage, aber ein allmähliches Vorwärtsschreiten ist dringend geboten. Die Kreisphysici können nicht wirksam eingreifen, weil ihnen die Initiative fehlt; sie bedürfen immer erst eines Auftrages. Wochen vergehen, ehe sie eine Seuche eindämmen können. Der Thierarzt hat bei Viehseuchen viel größere Befugnisse. Man gebe den Kreisphysici die⸗

Befugniß, welche sie bei der Cholera bereits mit Erfolg gehabt

aben. Dann verbessere man auch ihre Gehaltsverhältnisse und mache zunächst wegen der Finanzlage einen Unterschied zwischen Medizinalbeamten im Haupt⸗ und im Nebenamt. Ihre Fegige Remuneration ist unhaltbar. Auch die Ressortstellung findet ihre Ent⸗ vicene denn vom Ministerium des Innern ressortiert die Sanitäts⸗ polizei.

Abg. von Unruh⸗Bromberg (fr. kons.): Die Holzflößer, welche von Rußland auf der Weichsel kommen, haben während der Cholera⸗ zeit Beiträge zu den Kosten der Ueberwachung und Desinfektion be⸗ zahlen müssen, und zwar höher als in anderen Landestheilen. Diese Summen sind nicht aufgebraucht, und der Verein der Flößer bittet durch mich die Regierung um Rückzahlung der nicht verbrauchten Beträge und um Aufhebung ihrer Benachtheiligung gegenüber den anderen Landestheilen.

Geheimer Ober⸗Medizinal⸗Rath Dr. Schönfeld: Die getroffenen strengen Maßnahmen sind darin begründet, daß der Wasserverkehr am leichtesten zur Verbreitung der Ehokera beiträgt. Man wollte da⸗ mals zuerst sogar die Ströme an der Grenze ganz absperren für den Verkehr; durch die besondere Ueberwachung erwuchsen dann aber Kosten, die, weil sie im Interesse des Handelsverkehrs entstanden, die Inter⸗

essenten mit aufbringen mußten. Auf dem Niemen und anderen Flüssen ist es ebenso gehandhabt worden. Die Erhebung dieser Bei⸗ träge ist durchaus gesetzmäßig erfolgt, denn die betreffenden Summen stehen im Etat. 2.

Abg. von Unruh⸗Bromberg (fr. kons.): Die Eisenbahnpassagiere sind geeignet, die Cholera viel schneller meilenweit zu verbreiten, ohne zu Beiträgen für die Ueberwachung herangezogen zu werden. Die Flößer fahren piel 1 als die Eisenbahn und kommen mit sehr wenigen Menschen in Berührung. Man will die Industrie im Osten heben: hier ist eine kleine Industrie, die sich im Osten entwickelt und disn nun so hoch belastet ist. Ganz gesetzmäßig ist die Maßregel wohl nicht.

Abg. Gothein (fr. Vgg.): Durch die einfache Einstellung in den Etat werden doch die Beiträge noch nicht gesetzmäßig. Ich beantrage deshalb, den Titel „für Maßregeln zur Abwehr der Cholera“ an die Budgetkommission zurückzuverweisen.

Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.) stimmt dem zu; eine solche Besteuerung werde nicht gesetzlich, wenn sie in die Einnahme des Etats eingestellt werde.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Daß das etatsmäßig zulässig ist, darüber kann meines Erachtens gar kein Zweifel sein; ich verweise nur auf Art. 100 der Verfassung:

Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, soweit sie in den Staatshaushalts⸗Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.

Das ist die Legitimation dafür, daß in Kap. 34 Tit. 5 der Ein⸗ nahmen diese 30 000 eingesetzt worden sind.

Im übrigen, was die Rechtsfrage anbetrifft, möchte ich aber darauf aufmerksam machen, daß sich die Sache ja im Prozeßwege befindet; die Gerichte werden darüber erkennen, ob das gesetzmäßig ist oder nicht.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar bestreitet ebenfalls, daß

hier eine ungesetzliche Handlung vorliege; es handle sich garnicht um eine Besteuerung, sondern um die Erhebung von Gebühren.

Abg. Dr. Sattler (nl.) meint ebenfalls, daß das Recht der Verwaltung zur Erhebung solcher Gebühren zweifellos sei.

Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.): Diese Gebühren müssen aber erst auf irgend einem legalen Wege eingeführt werden, ehe sie in den Etat eingestellt werden.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar betont noch, daß die Mlafregeln, welche die Kosten verursachten, im Interesse der Betreffenden se ägen.

Abg. Ehlers (fr. Vgg.): Dann müßte man auch den Eisen⸗ bahnverkehr entweder ganz sperren oder alle Eisenbahnpassagiere auf ihre Kosten untersuchen.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar: Es handelt sich hier um große Ausgaben, die im Interesse eines ganzen Landestheils gemacht sind. Ob die Gebührenerhebung formell richtig war, das werden ja d Gerichte entscheiden, da die Flößer den Klageweg beschritten haben.

Abg. Dr. Sattler’A(nl.) ist mit der nochmaligen Berathung des Titels in der Kommission einverstanden.

Abg. Hansen (fr. kons.) führt aus, daß Art. 100 der Verfassung hier nicht zutreffe.

i vi Dr. Porsch (Zentr.) stimmt der Zurückverweisung des itels zu.

Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.): Dem Art. 100 der Verfassung würde Art. 54 der Reichsverfassung gegenüberstehen, welcher den Schiffahrtsverkehr regelt.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar: Art. 54 der Reichs⸗ verfassung betrifft die Schiffahrtsabgaben; um eine solche handelt es sich hier nicht.

Der Titel wird hierauf an die Budgetkommission zurückverwiesen.

Im übrigen wird das Kapitel bewilligt, ebenso der Rest des Ordinariums.

Bei den einmaligen Ausgaben bitte Abg. Groth (nl.) um Errichtung einer neuen Turnanstalt am Königlichen Gymnasium in Kiel. Beide höheren Lehranstalten in Kiel müßten jetzt mit einer Halle auskommen, was schon zur Einschränkung der Turnstundenzahl geführt habe.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Bohtz theilt mit, daß bereits ein Projekt aufgestellt, aber die Erörterungen darüber noch nicht ab⸗ geschlossen seien.

Abpbg. Freiherr von Seherr⸗Thoß (fr. kons.) bittet um Er⸗ richtung einer Turnanstalt in Fraustadt.

Im übrigen wird das Extraordinarium ohne Debatte bewilligt.

Schluß 3 ³¾ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch, 11 Uhr.

Handel und Gewerbe.

Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Die Haltung des Markts blieb unverändert und scheint jetzt sogar in noch festere Bahnen ein⸗ lenken zu wollen. Von allen Seiten wurden befriedigende Nachfragen und feste Preise von den Hütten und zum großen Theil auch von der Walzeisenindustrie gemeldet. Es scheint also einerseits, daß die ge⸗ wohnte Belebung im Frühjahre, die Wiederaufnahme der Bauthätig⸗ keit und mehrere ähnliche Faktoren in Rechnung kommen, und daß andererseits auch die sichere Erwartung auf das Zustandekommen des deutsch⸗russischen Handelsvertrags eine günstige Wirkung gehabt hat, deren Tragweite sic vorläufig noch nicht übersehen läßt. Jedenfalls darf man wohl annehmen, daß bei sehr vielen Werken Anfragen zur Lieferung nach Rußland liegen, die nur auf diesen Zeitpunkt zu ihrer Erledigung harren. Auch das Geschäft mit Rumänien nimmt auf Grund des bereits bestehenden Handesvertrages eine immer größere Ausdehnung an. Dazu kommt, daß einer unserer eifrigsten Wettbewerber, England, infolge seiner Flottenergänzungen, die beispielsweise eine sehr starke Nachfrage nach Blechen hervorgerufen haben, nicht mehr wie früher einen Druck auf den ausländischen Markt ausübt. Man hat deshalb wohl Ursache anzunehmen, daß die Konjunktur im laufenden Jahre sich noch merklich bessern werde. Das Erzgeschäft hat sich in letzter Zeit im Siegerlande lebhafter ent⸗ wickelt, und die Preise sind entschieden fester und zeigen steigende Tendenz. Dabei sind auch luxemburg⸗lothringische Minettesorten in befriedigender Nachfrage und steif in den Sätzen. Spanische Erze sind im wesent⸗ lichen unverändert. Auf dem Roheisenmarkt ist die Haltung au eine befriedigendere. Es läßt sich fast überall eine Zu⸗ da der Nachfrage konstatieren, auch halten sich die Roheisenpreise fest, wozu jedenfalls auch der Anschluß der Siegerländer Hochofenwerke beigetragen hat. Das starke Angebot von dorther hat jetzt aufgehört. Unter den bereits obenerwähnten Umständen dürfte man ein An⸗ ziehen der Preise erwarten. Die augenblickliche Lage ist allerdings schon besser, läßt indessen no viel zu wünschen übrig, und bei annähernd regelmäßigem Betrieb geht doch noch viel Roheisen auf Lager. Auf dem Walzeisenmarkt herrscht, trotz⸗ dem die Beschäftigung vielfach noch sehr zu wünschen übrig läßt, im allgemeinen zuversichtliche Stimmung und feste Haltung. Niemand denkt daher an eine Abnahme der Preise, man erwartet im Gegen⸗ theil eher eine Erhöhung der Notierungen, die allein schon durch die Erhöhung der Rohstoffpreise dringend geboten scheint. In Stab⸗ eisen sind viele Werke seit der letzten Woche gut mit Nachfrage ver⸗ sehen, und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie sich noch steigern

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wird. Viele Werke haben auch schon Inlandaufträge auf Zeit gebucht, nur die ausländische Nachfrage ist nach wie vor schwach. Die Aufträge für Formeisen haben sich in der letzten Zeit gemehrt, was wohl dem Beginn der Bauperiode zuzuschreiben sein dürfte; gerade für diesen Artikel ist jedoch der Wettbewerb so roß, daß die Preise noch keineswegs befriedigend genannt werden önnen. Auf dem Bandeisenmarkt ist die Lage gegen die Vor⸗ woche im wesentlichen unverändert. Eine größere Zurückhaltung der Käufer infolge des Scheiterns der Verbandsverhandlungen ist nicht zu merken. Die Anfragen nach Gro bblechen haben etwas zugenommen: bei einzelnen Werken laufen die Anfragen und Aufträge andauernd in recht befriedigender Zahl ein, nur ein Heraufbringen der Preise scheitert an dem energischen Widerstande der Käufer. Die Beschäftigung der Feinblech⸗ walzwerke ist nicht mehr ganz so lebhaft als in den Vorwochen und auch die Preise wollen nicht vorwärts. Walzdraht, ge⸗ zogener Draht und Drahtstifte sind im wesentlichen unver⸗ ändert. Nach Nieten ist in der letzten Zeit etwas mehr Nachfrage zu ver n doch sind für fertige Nieten nicht in die Höhe zu bringen, obwohl die Rohmaterialien im Preise gestiegen sind. ie Beschäftigung der Maschinenfabriken und Eisengießereien ist noch unverändert. Die meisten Werke sind noch recht aufnahme⸗ fähig, und von den Preisen läßt sich noch nichts Günstiges berichten. Wie die „Köln. Ztg.“ aus Paris meldet, treten die Gerüchte über die Ausgabe einer neuen Anleihe von einer Milliarde neuer⸗ dings mit größter Bestimmtheit auf. Angeblich wäre ein Typus von 2 ½ % beabsichtigt. Die Einnahmen der Warschau⸗Wiener Eisenbahn be⸗ trugen im Monat Februar 1893 9000 Rbl. mehr als im ent⸗ sprechenden Zeitraum des Vorjahres. Magdeburg, 13. März. (W. T. B.) 11 Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 13,85, ornzucker erxkl.

längere

88 % Rendement 13,15, neue 13,30, Nachprodukte exkl., 75 % Rende⸗

ment 10,60. Stetig. Brotraffinade I. —,—, Brotraffinade II.

—,—, Gem. Raffinade mit Faß —,—, Gem. Melis I., mit Faß —,—.

Ruhig. Rohzucker. I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr.

März 12,97 ½ bez. 13,00 Br., pr. April 12,90 Gd., 12,92 ½ Br.,

12,92 ½ Gd., 12,95 Br., pr. Juni 12,95 Gd., 13,00 Br. ill.

Leipzig, 13. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per März 3,37 ½ ℳ, per April 3,40 ℳ, per Mai 3,42 ½ ℳ, ver Juni 3,50 ℳ, per Juli 3,52 ½ ℳ, per August 3,55 ℳ, per September 3,57 ½ ℳ, per Oktober 3,60 ℳ, per November 3,60 ℳ, per Dezember 3,62 ½ ℳ, per Januar Umsatz 55 000 kg. b

Bremen, 13. März. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗ Börse.) Still. Loko 4,85 Br. Baumwolle. Matt. Upland middling, loko 38 ½ ₰. Schmalz. Niedriger. Wilcox 37 ½ ₰, Armour shield 36 ½ ₰, Cudahy 38 ₰, Fairbanks 33 ₰. Speck. Flau. Short clear middl. loko 33 ½. Wolle. Umsatz: 79 Ballen. Taback. Umsatz: 103 Seronen Havannah.

Wien, 13. März. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 7. Woche (vom 12. Februar bit 18. Februar 1894) 176 546,27 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 86 002,74 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (vom 1. Januar bis 18. Februar 1894) betrugen die Bruttoeinnahmen 1 304 114,55 Fr., Zunahme gegen das Vorjahr 94 266,30 Fr.

London, 13. März. (W. T. B.) Wollaukti on. Preise unverändert, bei lebhafter Betheiligung, ordinäre Wolle ruhig.

An der Küste 3 Weizenladungen angeboten.

96 % Javazucker loko 15 ruhig, Rüben⸗Rohzucker loko 13 ruhig. Chile⸗Kupfer 401 ⁄16, per 3 Monat 41 ⁄26.

Liverpool, 13. März. (W. T. B.) Die heute eröffnete Wollauktion verlief ruhig. Preise kaum behauptet. 2919 Ballen wurden verkauft.

Manchester, 13. März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 ½, 30r Water Taylor 7, 20r Water Leigh 6 ⅛, 30r Water Clayton 6 ½, 32r Mock Brooke 6 ⅜, 40r Mayoll 7 ⁄1⁄16, 40r Medio Wilkinson 8, 32r Warpeops Lees 6 ½, 36r Warpcops Rowland 7 ½, 36r Warpeops Wellington 7 ⅛, 40r Double Weston 8 ⅛, 60r Double courant Qualität 11 ½, 32“ 116 YPards 16 % 16 grey Printers aus 321/461 156. Stetig. 1

St. Petersburg, 13. März. (W. T. B.) Gewinnziehung der russischen Prämien⸗Anleihe von 1866: 200 000 Rbl. Ser. 2916 Nr. 49, 75 000 Rbl. Ser. 17 623 Nr. 25, 40 000 Rbl. Ser. 14 339 Nr. 33, 25 000 Rbl. Ser. 652 Nr. 33, je 10 000 Rbl. Ser. 4981 Nr. 12, Ser. 18 707 Nr. 43, Ser. 14 065 Nr. 46, je 8000 Rbl. Ser. 12 981 Nr. 48, Ser. 19 583 Nr. 43, Ser. 3328 sr. 37, Ser. 13 422 Nr. 49, Ser. 4065 Nr. 43, je 5000 Rbl. Ser. 55 Nr. 6, Ser. 6037 Nr. 18, Ser. 2016 Nr. 50, Ser. 8284 Nr. 28, Ser. 10 150 Nr. 32, Ser. 15 260 Nr. 50, Ser. 15 191 Nr. 30, Ser. 15 649 Nr. 10, je 1000 Rbl. Ser. 1411. Nr. 40, Ser. 12 625 Nr. 1, Ser. 15 345 Nr. 13, Ser. 10 348 Nr. 45, Ser. 12 254 Nr. 24, Ser. 12 125 Nr. 12, Ser. 17 824 Nr. 44, Ser. 1549 Nr. 5, Ser. 5518 Nr. 3, Ser. 13 885 Nr. 45, Ser. 317 Nr. 25, Ser. 18 112 Nr. 20, Ser. 10 446 Nr. 9, Ser. 19 995 Nr. 23, Ser. 1734 Nr. 43, Ser. 12 257 Nr. 19, Ser. 1323 Nr. 31, Ser. 15 308 Nr. 5, Ser. 14 541 Nr. 7,

Ser. 18 620 Nr. 50.

St. Petersburg, 13. März. (W. T. B.) Produkten⸗ markt. Talg loko 58,00, pr. August —. Weizen loko 9,75. Pegces 1 6,30. Hafer loko 4,00. Hanf loko 45,00. Leinfaat oko 13,50.

Amsterdam, 13. März. (W. T. B.) Java⸗Kaffee gocd ordinarv 51 ¼. Bankazinn 44. 1 1

Rotterdam, 13. März. (W. T. B.) Die heute hier durch die Niederländische Handelsgesellschaft abgehaltene E“ über 22 158 Ballen Java⸗, 573 Kisten und 55 Ballen Padang⸗Kaffee ist wie folgt abgelaufen. Es wurden an⸗ geboten: 573 Kist. Padang W. J. B. Taxe 55 à 68 Cent, Ablauf 56 ¾ à 68 ½ Cent, 8527 Bl. Java Preanger gelblich Taxe 54 ½ à 58 ½ Cent, Ablauf 54 ¼ à 59 Cent, 552 Bl. do. Kadoe blank gelblich Taxe 54 Cent, Ablauf 54 à 54 ½ Cent, 2454 Bl. do. Tagal Tare 54 à 54 ½ Cent, Ablauf 5 à 55 ½ Cent, 1600 Bl. do. Grün Taxe 52 ¾⅞ à 54 Cent, Ablauf 52 ½ à 53 ½ Cent, 4617 Bl. do. Malang Taxe 51 ½ à 52 Cent, Ablauf 51 ¼ à 52 ½ Cent, 2994 Bl. do. Tenger Taxe 51 ½¼ à 51 ¾ Cent, Ablauf 51 ¼ à 52 Cent, 134 Bl. do. Liberia Taxe Cent, Ablauf Cent., 942 Bl. do. ordinair u. Triage Taxe 36 à 48 Cent, Ablauf Cent, 393 Bl. do. B. S. und Diverse Taxe Cent, Ablauf 38 ¼ à 48 ¾ Cent. 8

New⸗York, 13. März. (W. T. B.) Die Börse eröffnete träge, im späteren Verlauf trat eine Steigerung der Kurse ein, unf der Schluß war recht fest. Der Umsatz der Aktien betrug 159 Stück. Der Silbervorrath wird auf 185 000 Unzen geschätzt.

Weizen anfangs fest und etwas steigend auf⸗Deckungen der Baissiers, dann Reaktion auf Verkäufe und auf allgemeine Liquida⸗ tion, darauf wieder steigend infolge Abnahme der sichtbaren Welt⸗ vorräthe. Schluß stetig. Mais allgemein fest während des ganzen Börsenverlaufs auf Exportkäufe im Westen.

Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Groß⸗ britannien 90 000, do. nach Frankreich 24 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 52 000, do. von Kalifornien und Oregon ö 50 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Qrts.

Chicago, 13. März. (W. T. B.) Weizen anfangs ab⸗ geschwächt auf schwächere ausländische Märkte und grohe Ankünfte im Nordwesten, dann etwas steigend auf Abnahme in den sichtbaren Welt⸗ vorräthen. Mais steigend auf große Käufe und Kaufordres.

11.““

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

63.

Berlin, Mittwoch, den 14. Mürz

1894.

Statistik und Volkswirthschaft.

8 Gefängnißstatistik für das Jahr 1892/93.

Nach der „Statistik der zum Ressort des Königlich preußischen Ministeriums des Innern gehörenden Straf⸗ und Gefangen⸗ anstalten“ waren bei Beginn des Etatsjahres 1892/93 in den in Be⸗ tracht kommenden 51 Strafanstalten in Haft 26 147 Personen, und zwar 22 530 Männer und 3617 Weiber. Der Zugang im Laufe des Jahres betrug 48 572 Personen, darunter 39 351 Männer und 9221. Weiber, der Abgang 48 228 Personen, darunter 39 032 Männer und 9196 Weiber. Am Schluß des Jahres verblieben in Gefangenschaft 26 391 Per⸗ sonen, also 244 mehr als am Jahresanfang. Ueberhaupt detiniert wurden im Laufe des Jahres 74 719 Personen. Darunter waren 25 828 Zucht⸗ hausgefangene, 26 779 Gefängnißgefangene, 7617 Haftgefangene in ge⸗ schärfter und 3203 in einfacher Haft, 1197 Polizeigefangene, 9992 Untersuchungs⸗ und 103 Schuldgefangene. Die Gesammtzahl der Gefangenen hat sich gegen 1891/92, in dem sie 71 231 betrug, um 3488 vermehrt. Die Gesammtzahl der Detentionstage betrug 9 554 312, von denen über 1, nämlich 6 617 091 auf Zuchthaus⸗ gefangene entfielen. Die Zahl der Detentionstage ist gegen das Vor⸗ jahr um 253 218 gestiegen. Der tägliche Durchschnittsbestand an Ge⸗ faühenen war 26 176 und hat sich gegen das Vorjahr um 763 ver⸗ mehrt.

8

Für die 51 Strafanstalten war ein Personal von 2105 Beamten vorhanden, nämlich 38 Direktoren, 198 Inspektoren und Sekretäre, 1645 Unterbeamte, 95 Geistliche, 69 Lehrer und Lehrerinnen und 60 Aerzte, Wundärzte und Heilgehilfen. 117 der Beamten ein Theil der Geistlichen,zLehrer, Aerzte ꝛc. versahen ihre Stellung an den Strafanstalten nur im Nebenamt.

Die Durchschnittszahl der Gefangenen mit Arbeitszwang betrug 25 153. Täglich wurden 23 405 Gefangene beschäftigt und zwar 5548. oder 23,7 vom Hundert für den eigenen Bedarf der Anstalt (Haus⸗ wirthschaft), 583 oder 2,5 vom Hundert für eigene Rechnung der An⸗ stalt zum Verkauf, und 17 274 oder 73,8 vom Hundert für Dritte gegen Lohn. Von letzteren waren in Handwerksbetrieben beschäftigt 5017, und zwar 1434 in Schreinerei, 1160 in Schuhmacherei, 927 in Schneiderei, 793 in Weberei, 604 in Schlosserei, die übrigen in anderen Handwerken, in landwirthschaftlichen Betrieben und als Tage⸗ löhner 374, die übrigen in fabrikmäßigen Arbeiten und gewöhnlichen Handarbeiten. An Industriezweigen sind am stärksten vertreten: die Zigarrenfabrikation, in der 1865, Maschinenstrickerei, in der 1555, Korbmacherei, in der 959, Bürstenfabrikation, in der 863, und Kartonage und Luxuspapierfabrikation, in der 642 Gefangene be⸗ schäftigt wurden. Die Zahl der in der Maschinenstrickerei beschäftigten Männer ist gegen das Vorjahr um 384 gestiegen, in den übrigen Arbeitszweigen sind wesentliche Veränderungen nicht eingetreten. Der Arbeitslohnertrag betrug für den Kopf und Detentionstag 30,7, für den Kopf und Arbeitstag 39,9 ₰, ist in beiden Fällen gegen das Vorjahr also um etwa einen Pfennig gesunken. Bei den einzelnen Anstalten schwankt der Lohnertrag für den Kopf und Detentionstag zwischen 53,7 und 11,5 ₰.

Von dem Durchschnittsbestande der Gefangenen nahmen im Jahre 1892/93 am Unterricht in den Gegenständen der Volksschule (Lesen, Schreiben, Rechnen) 14,75 vom Hundert theil gegen 14,88 vom Hundert im Jahre 1891/92 und 15,52 vom Hundert im Jahre 1890/91. Außerdem erhielten noch 3102 Männer und 561 Weiber Singunterricht, zusammen 3663 gegen 3608 im Vorjahre. Die An⸗ staltsbibliotheken wiesen einen Bestand von 223 749 Büchern auf gegen 218 593 im Vorjahre. Hiervon waren 93 667 Religionsbücher, 30 279 Bücher zum Schulgebrauch und 99 803 Unterhaltungs⸗ und belehrende Schriften.

Im Berichtsjahr wurden gegen 19 382 Gefangene 53 451 Diszi⸗ plinarstrafen verhängt, und zwar 45 863 gegen Männer und 7588

gegen Weiber, oder auf den Kopf der Gesammtzahl der detinierten

Personen 0,81 bei den Männern, 0,64 bei den Weibern. Von der Gesammtzahl der Gefangenen blieben 70 vom Hundert der Männer und 77 vom Hundert der Weiber straffrei, von den Zuchthaus⸗ gefangenen 56 vom Hundert der Männer und 57 vom Hundert der Weiber. Als Ursachen der disziplinarischen Bestrafung sind an⸗ gegeben Unbotmäßigkeit und Widersetzlichkeit in 2 vom Hundert der Straffälle, Vergehen in Bezug auf den Arbeitsbetrieb in 30 und andere Vergehen gegen die Hausordnung in 68 vom Hundert der Straffälle. Die verhängten Strafen waren Verweis, Entziehung von Kost, der Disposition über die Arbeitsprämie, des Bett⸗ lagers oder der Bewegung im Freien, Entziehung der Arbeit oder Lektüre, sowie Einziehung eines Theils des Guthabens an Arbeitsprämie in 63,9 vom Hundert der Straffälle, einsame Einsperrung mit oder ohne Entziehung von Kost oder des Bettlagers, der Bewegung im Freien, oder der Einziehung eines Theils des Guthabens an Arbeits⸗ prämie in 35,9 vom Hundert der Straffälle. Lattenarrest ist in 25 Fällen (0,1 vom Hundert der Straffälle) gegen 19 Männer und 6 Weiber im Zuchthaus verhängt worden, körperliche Züchtigung gegen männliche Zuchthausgefangene in 82 Fällen oder 0,3 vom Hundert der gegen Gefangene dieser Art überhaupt verhängten Strafen gegen 0,4 vom Hundert im Jahre 1891/92. Zur Arbeiterbewegung. Zum internationalen Bergarbeiter⸗Kongreß, er Mitte Mai in Berlin abgehalten werden soll (vgl. Nr. 49 .Bl.) wird dem „Vorwärts“ aus Zwickau geschrieben: Der Vertrauensmann der organisierten Bergarbeiter Sachsens hat an alle sächsischen Bergarbeiter⸗Vereine die Aufforde⸗ ung gerichtet, große Bergarbeiter⸗Versammlungen zur Besprechung er internationalen Aufgaben der Arbeiter, namentlich hinsichtlich der ohn⸗ und Arbeitsverhältnisse, abzuhalten und zahlreiche Delegierte um internationalen Bergarbeiter⸗Kongreß in Berlin abzuordnen. Aus Dortmund theilt die „Dortm. Z.“ mit, daß der Theil⸗ usstand der dortigen Straßenbahn⸗Angestellten (vgl. Nr. 62 .Bl.) bereits am Montag Nachmittag dadurch beendigt wurde, daß een Ausständigen eine Zulage von 10 für den Monat be⸗ willigt wurde. 8 In Leipzig lehnten, wie die „Lpz. Z.“ berichtet, die PSgs.

mentierergehilfen in einer Versammlung am Sonntag den An⸗

chluß an den Verband der Textilarbeiter ab. Hier in Berlin wurden am Montag zwei Versammlungen von chneidern und Schneiderinnen abgehalten, in welchen über en Stand der Lohnbewegung und das e der Verhandlungen mit den Unternehmern Bericht erstattet wurde. Es gelangte eine Ent⸗ chließung zur Annahme, in der es nach dem „Vorwärts“ heißt, daß, da in zahlreichen Geschäften der vorjährige Lohntarif aufrecht erhalten ei und eine weitere Anzahl von Geschäften den Tarif nach Aufforde⸗ ung der Lohnkommission wieder bewilligt habe, der Lohnkampf auf die⸗ enigen Geschäfte zu beschränken sei, welche die Forderung abgelehnt ätten. Am nächsten Montag soll eine weitere öffentliche Versamm⸗ ung der Schneider und Schneiderinnen stattfinden, in welcher über die gegen die widerstrebenden Unternehmer in Anwendung zu bringenden Kampfmittel beschlossen werden soll. Die arbeitenden Schneider haben ür den zu erwartenden Ausstand einen Wochenbeitag von 50 zu ahlen. Eine Versammlung der Bilderrahmenmacher be⸗ schloß einer Mittheilung der Berliner „Volksz.“ zufolge am etzten Sonntag, sich nicht dem Holzarbeiterverband vuzuschtteen son⸗ ern die Organisation der Bilderrahmenbranche füß ich weiter zu führen, um noch in diesem Jahre durch eine Lohnbewegung durch⸗

setzen zu können, daß beim Arbeiten in Lohn für die Woche nicht weniger als 24 gezahlt werden, und daß der zehnstündige Arbeits⸗ tag zur Durchführung gelange.

„Aus Wien berichtet ein Telegramm des „H. T. B.“: Der Theilausstand der Bediensteten der Neuen Wiener Tramway⸗ Gesellschaft (vgl. Nr. 62 d. Bl.) dauert noch fort, da die Direktion sich allen Forderungen gegenüber ablehnend verhält. Die Ausständigen, die sich ganz ruhig verhalten, sandten Deputationen an die General⸗Inspektion der Eisenbahn, sowie an den Polizei⸗Präsidenten. Es wurde ihnen daselbst der Bescheid, daß, wenn sie sich weiter ruhig verhalten würden, alles gethan werden 89 um die Beilegung der Streitfragen auf das schnellste herbei⸗ zuführen.

Aus Zürich berichtet der Berner „Bund“ zum Ausstand der Maler und Gipser (vgl. Nr. 61 d. Bl.): Die Zahl der Aus⸗ ständigen beträgt gegen 300. Bereits haben 4 Meister die For⸗ derungen der Gehilfen anerkannt; in öffentlicher Versamm⸗ lung wurde daß in allen Werkstätten, in denen der Strike infolge Anerkennung der Forderungen bei⸗ gelegt werden kann, weitergearbeitet werden soll. Die dort ar⸗ eitenden Gehilfen ollen einen täglichen Ausstandsbeitrag von 50 Cts. bis 1 Fr. entrichten. Die Gipser haben in einer Versammlung am Sonntag ihre Forderungen der Meisterschaft gegenüber festgestellt. Sie verlangen ausschließlich Arbeit im Taglohn bei einem Stundenlohn von 70 Cts. bei neunstündiger Arbeitszeit im Sommer und acht Stunden im Winter. Für Arbeit außerhalb Zürichs wird ein Lohnzuschlag ver⸗ langt, für Ueberstunden und Sonntagsarbeit doppelter Lohn.

Literatur.

Geschichte.

Deutschlands Helden in Krieg und Frieden. Deutsche Geschichte vo Karl Neumann⸗Strela. Mit vielen Vollbildern und Textabbildungen. 3. (Schluß⸗) Band. Preis 7,50, in Prachtband geb. 9,50. (1. Bd. 4,—, 2. Bd. 4,50. Beide zusammen in einem Prachtbande 10,50). Die beiden ersten Bände sind seiner Zeit an dieser Stelle gewürdigt worden. In dem vorliegenden Bande, der mit Friedrich dem Großen beginnt, wird die deutsche Geschichte bis zur Gegenwart fortgeführt. Drei volle Jahre hat der Verfasser seinem schönen Werk ausschließlich gewidmet, das nicht nur den: Helden des Schwertes, sondern auch den Helden der Friedensarbeit die gebührende Berücksichtigung zu theil werden läßt. Damit erfüllt er eine berechtigte Forderung der Neuzeit. Auch die Kulturgeschichte ist eingehender als in den meisten anderen Werken herangezogen und die Darbietung der deutschen Ge⸗ schichte von der Urzeit bis zur Gegenwart wird hierdurch so belebt, so interessant und spannend, daß auch noch der Erwachsene seine Freude an der Lektüre des werthvollen Buches haben muß. Von gesundem, warmem Patriotismus durchweht, ist das Werk ein mit vielen vor⸗ trefflichen Bildern geschmücktes nationales Haus⸗ und Familienbuch: unterhaltend, belehrend und bildend zugleich. Das Werk ist durch jede Buchhandlung in Kürze auch im Prachtbande zu beziehen und jeder Band ist einzeln käuflich.

Kriegsgeschichtliche Einzelschriften. Herausgegeben vom Großen Generalstab, Abtheilung für Kriegs⸗

eschichte. Heft 16. Pirmasens und Kaiserslautern. Berlin 1893. E. S. Mittler und Sohn. Preis 3 Die hundertjährige Wiederkehr der Ruhmestage von Pirmasens (14. Sep⸗ tember 1793) und Kaiserslautern (28., 29. und 30. November 1793), wo die alte preußische Armee, die sich mit berechtigtem Stolze die Armee Friedrich's nannte, ihre letzten Siege über die Franzosen er⸗ focht, hat im November 1893 der Abtheilung für Kriegsgeschichte im Großen Generalstab Veranlassung gegeben, an diese damals durch die gewaltigen Ereignisse der folgenden Zeiten in den Hintergrund gedrängten Thaten durch eine genaue Schilderung ihres Verlaufs die Erinnerung wach zu rufen. Obwohl die Befriedigung über die hier mit den Waffen gewonnenen Erfolge durch das peinliche Gefühl beeinträchtigt wird, daß alle Mühe, aller Kampf und Sieg nur zu einem Rückzuge geführt haben, der in seinem Endergebniß einer ver⸗ lorenen gleichkam, wird doch in den weiten Kreisen der Vaterlandsfreunde und namentlich in den der strebsamen, Belehrung in der Kriegsgeschichte suchenden Militärs diese Veröffentlichung freudig begrüßt werden, da die Schlachten von Pirmasens und Kaiserslautern gewichtigen Anspruch auf Beachtung haben, weil sie seltene Beispiele gewonnener Vertheidigungsschlachten sind und in ihnen an der Schwelle einer neuen Zeit noch einmal die große Ueberlegenheit deutlich hervortritt, welche geschulte Truppen über ein Massenaufgebot besitzen. Ohne Vorurtheil werden die Ursachen erwogen, welche es möglich machten, daß die erprobten preußischen Truppen trotz ihrer Siege schließlich vor bewaffneten Haufen und unerfahrenen Generalen haltlos zurückwichen; daß Frank⸗ reich, welches schon am Rande des Abgrundes stand, trotz seiner Niederlagen errettet wurde, daß also die überlegene Manneszucht, Kriegskunst und Tapferkeit nicht ausreichen konnten gegen die Ueber⸗ legenheit des feindlichen Willens. Durch eine sehr reichliche Beigabe trefflicher Karten wird das Verständniß für die Schilderung der Schlachten und Gefechte wesentlich erleichtert.

Zeitschrift für Kulturgeschichte. Neue (4.) Folge der Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Herausgegeben von Dr. Georg Steinhausen, Kustos an der Universitätsbibliothek in Jena. Der Herausgeber dieser neuen, für den Preis von jährlich 10 im Verlage von Emil Felber⸗Berlin seit dem Oktober vorigen Jahres erscheinenden eirschrist beabsichtigt damit für die Kultur⸗ geschichte ein bisher nicht vorhandenes vornehmes und wissenschaftliches Zentralorgan zu schaffen, das ein Sammelpunkt sein soll für die verschiedenen Interessen, die sich zu zersplittern drohen; das dazu helfen soll, diese Interessen zu vereinigen, sie zu fördern und in die richtigen Bahnen zu lenken. Das Blatt wird Beiträge bringen aus der gesammten Kulturgeschichte, d aus der deutschen Kulturgeschichte. In den Einführungsworten spricht der Herausgeber seine Ansicht darüber aus, was man unter Kulturgeschichte zu ver⸗ stehen habe, und wie er der sich selbst Pefteltch 888g mit dieser Zeitschrift gerecht zu werden gedenke. r will die Kulturgeschichte als die Lebensgeschichte eines bestimmten Volks, in zweiter Linie der Menschheit auffagsen und verlangt von ihr, daß sie die Entwickelung eines Volks in ihrem ganzen Verlauf und ihrer ganzen sittlichen und

eistigen Eigenart sowie in ihrer Wirkung zu verstehen lehrt. Er offt durch diese Zeitschrift die selbständige Stellung der Kultur⸗ geschichte zu fördern, das Verständniß für ihre Aufgaben zu befestigen üh Sammelstelle für Forschung und Arbeit auf ihrem Gebiete zu bilden. 88

Die ersten drei uns vorliegenden Hefte der Zeitschrift haben folgenden Inhalt: Professor Karl Lamprecht⸗Leipzig hat über „Deutsches Geistesleben im späteren Mittelalter“ geschrieben. Mit einer Würdigung des Dichterphilosophen der italienischen Renaissance „Thomas Campanella“, von dem Herder vor neunzig Jahren eine Reihe von Sonetten in die deutsche Sprache übertragen hat, ist der

rofessor Eberhard Gothein⸗Bonn vertreten. Georg Steinhausen⸗ Jena, der Verfasser der „Geschichte des deutschen veröffent⸗ licht, indem er eine kurze erläuternde Vorrede voran chickt, sechzehn interessante deutsche Frauenbriefe aus dem Mittelalter und zwar acht Briefe von geistlichen und ebenso viele von weltlichen Frauen, die bei

aller Unbeholfenheit, besonders der letzteren, doch sämmtlich das den rauenbriefen überhaupt Charakteristische: Ungekünsteltheit, frische Naivetät und Herzlichkeit zeigen. Einen Beitrag zur Kenntniß der Zustände, in denen die klein⸗bürgerliche Gesellschaft im Römischen Reiche lebte, hat Professor Wilhelm Liebermann⸗Jena geliefert. Ueber die Anfänge der Selbstbiographie und ihre Entwickelung im Mittelalter hat Professor F. von Bezold⸗Erlangen geschrieben. Eine ausführliche Besprechung des von Karl Lamprecht verfaßten Werkes über die „Begründung einer sozialistischen Methode in der deutschen Geschichtsschreibung“ K. der Archivar Georg Winter⸗Magdeburg bei⸗ gesteuert. Ein wortgetreuer, nur ins Hochdeutsche übertragener Bericht des im Jahre 1550 vom Domkapitel zu Münster zum Rektor des dortigen Paulinischen Gymnasiums ernannten Hermann von Kerßen⸗ broick über „Münsterische Fastnachtsbelustigungen“ rührt von dem Bibliothekskustos P. Bahlmann⸗Münster her. Zum Schluß folgen Miszellen, kleinere Mittheilungen und Notizen, sowie eine größere Zahl eingehender Bücherbesprechungen. Der reiche gediegene Inhalt dieser Hefte, der Name der verschiedenen Verfasser und des Heraus⸗ gebers, sowie die Namen der außerdem noch gewonnenen, mei schon durch ihre wissenschaftlichen Leistungen auf diesem Gebiet wohl⸗ bekannten Mitarbeiter bürgen dafür, daß die in der Zeitschrift über⸗ nommene Aufgabe mit Ernst aufgefaßt und erfolgreich durchgeführt

werden wird. Volkswirthschaft.

Weinbau und Kellerwirthschaft in Fa von Dr. J. F. Zawodny. Innsbruck, der agner'schen Uni⸗ versitäts⸗Buchhandlung. Der Verfasser, überzeugt, daß einer in plan⸗ mäßiger Weise sich vollziehenden Weinwirthschaft von den Regierungen und Winzern Deutschlands und Oesterreich⸗Ungarns noch zu wenig Beachtung geschenkt wird, obwohl sie richtig betrieben, unter günstigen Verhältnissen eine große Quelle des öffentlichen Wohlstands werden kann, will in der vorliegenden Schrift, in der alle wichtigen Erfahrungen, die von ihm persönlich in Frankreich gesammelt worden sind, veröffentlicht hat, zu einem derartigen Betriebe Anleitung geben. Er hat eingehend den Betrieb in den wein⸗ bauenden Departements Frankreichs studiert und bietet nun eine genaue Beschreibung des in jedem einzelnen Distrikt gebräuchlichen Verfahrens und erläutert die dabei benutzten Geräthe, die er dem Leser durch zahlreiche Abbildungen veranschaulicht, woran sich eine Besprechung der für jede Weinsorte benutzten Traubenarten und der verschiedenen Kulturen des Bodens an⸗ schließt. In einem Schlußkapitel wird sodann ausführlich die jetzige Weinwirthschaft in Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn be⸗ sprochen, und hieran werden dann die Rathschläge des Verfaser zur Erhaltung und Hebung dieses so wichtigen Theils der Volkswirth⸗ schaft angeknüpft. Für alle Winzer und landwirthschaftlichen Behörden bietet das Werk viel Interessantes und Beherzigenswerthes. 1

Literaturgeschichte.

Unter dem Titel „Quellenschriften zur neueren deutschen Literatur⸗ und Geistesgeschichte“ bereitet der Verlag von Emil Felber hierselbst eine Publikation vor, welche die bis jetzt verstreut an den verschiedensten Stellen erschienenen und er⸗ scheinenden Urkunden dieser Art in einer größeren Sammlung würdig vereinigen soll. Die Herausgabe hat der Privatdozent Dr. Albert Leitzmann in Jena übernommen. Aufnahme sollen alle Quellenschriften finden, welche, ursprünglich nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt, aus eben diesem Grunde Einblicke in den Werdeprozeß und die Ent⸗ wickelungsgeschichte ihrer Urheber und damit der betreffenden Zeitalter, Gegenden, Schulen, soweit sie durch besondere wirkende Ideen charak⸗ tersgert sind, gestatten: vor allem also Briefpublikationen, Tagebücher und ähnliches. Die gesammte neuere deutsche Geistesentwickelung von der Reformationszeit an bis auf unsere Tage soll berücksichtigt werden, wenn auch naturgemäß die klassische und romantische Periode der deutschen Literatur im 18. und 19. Jahrhundert zunächst wenigstens im Vordergrunde stehen werden. Die Sammlung soll jedoch keines⸗ wegs auf die eigentliche schöne Literatur und ihre Geschichte beschränkt blsser vielmehr ebenso die Entwickelung der Künste in Deutschland, der Musik, der Malerei, der Plastik, der Architektur berücksichtigt werden. Auch Dokumente aus den Kreisen der gelehrten Vertreter der Wissenschaften in Deutschland sowie der Staatsmänner sollen in der Sammlung Aufnahme finden, soweit sie allgemein charakteristisch sind und nicht nur ein speziell fachwissenschaftliches Interesse erregen. Die „Quellenschriften“ werden in zwanglosen Bänden von ver⸗ schiedenem Umfang und vornehmer Ausstattung erscheinen. Dem Textabdruck der betreffenden Quelle wird eine orientierende, wissen⸗ schaftlich gehaltene Einleitung vorausgeschickt, ihm folgen ferner erläuternde Anmerkungen und ein Register. Es sollen erscheinen: zu Ostern 1894: Briefe Wilhelm von Humboldt'’s an Georg Heinrich Ludwig Nicolovius, herausgegeben von Rudolf Haym; zu Michaelis 1894: der Briefwechsel zwischen Gleim und Heinse, herausgegeben von Karl Schüddekopf, und das Tagebuch Wilhelm von Humboldt's von seiner Reise nach Norddeutschland im Jahre 1796, herausgegeben von Albert Leitzmann. Weiterhin in Aussicht genommen: Briefe aus dem Kreise der Romantiker, Briefe Georg Forster's an seine Frau aus Paris 1793, Briefe von und an Gottsched, Jugendbriefe Alexander von Humboldt's, der Briefwechsel zwischen Karoline von Humboldt, Rahel und Varnhagen von Ense, Therese Forster's Briefwechsel. Bestellungen 88 die ganze Sammlung und einzelne Bände nehmen alle Buchhand uagen sowie der Verlag von Emil Ib Berlin SW. 46, Anhaltstraße 6, schon jetzt entgegen.

Militärisches.

Choralbuch zum evangelischen Militär⸗Gesang⸗ und Gebetbuch. Berlin, 1894. E. S. Mittler und Sohn. Preis 1,50 Unter Leitung des evangelischen Feldpropstes der Armee D. Richter sst im Auftrage und mit Genehmigung des Königlichen Kriegs⸗Ministeriums auf Grund des im vorigen Jahre erschienenen und auch an dieser Stelle erwähnten Melodienbuchs das jetzt hier vorliegende Choralbuch von dem technischen Beirath der damals zusammenberufenen Kommission, dem Professor der Königlichen Hochschule für Musik und Senatsmitglied der Akademie der Künste Succo in Berlin ausgearbeitet worden. Das Choralbuch enthält in strengem Anschluß an das Melodienbuch die Melodien der 89 Kirchenlieder des evangelischen Militär⸗Gesangbuchs und außerdem noch vierzehn geistliche Volkslieder. Im Vorwort wird in einigen Bemerkungen eine eingehende Anweisung über die Ausführung der Choräle gegeben, die sich über Tempo und Takt sowie über Zeilen⸗ schlüsse und Registrierung genau ausspricht.

Leitfaden für den Unterricht in der Heeres⸗ organisation auf den Königlichen Kriegsschulen. Fünfte Auflage. Berlin 1894. E. S. Mittler und Sohn. Preis 1,60 Dieses auf Veranlassung der General⸗Inspektion des Millitär⸗ Erziehungs⸗ und Bildungswesens ausgearbeitete Werk giebt in der ersten Abtheilung, der Einleitung, einen Anhalt zur Belehrung der Schüler über die Kriegsmittel, die Kriegsmacht, die Stellung des Offiziers und die geschichtliche Entwicklung der preußisch⸗deutschen Heeres⸗ macht im neunzehnten Jahrhundert. Die zweite Abtheilung behandelt in zwei Abschnitten das Landheer. Während der erste Ab⸗ schnitt Auskunft über die Zusammensetzung, Befehligung und den Frsa des Heeres giebt, unterrichtet der zweite Abschnitt über die Militär⸗Rechtspflege, Mannszucht und Disziplinarstrafen, Beschwerden, Militär⸗Gerichtswesen und Ehrengerichte. Die ganz kurze dritte Ab⸗ theilung entbält über die Marine diejenigen Angaben, welche für den Offiziersaspiranten des Landheeres zu wissen erforderlich sind.

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