Stimme, die mit Region der dreigestrichenen Oktave “ zeichnet sich durch eine seltene Koloraturgewandtheit aus. Zugleich bewies die begabte Künstlerin eine empfindungsvolle, oft dramatische Belebtheit des Vor⸗ trages, sodaß der laute Beifall ein gerechtfertigter war. Die bereits wohlbekannte Pianistin Fräulein Margarethe Eußert unterstützte
das Konzert durch die gelungene Ausführung einiger Klavierstücke
von Brahms und Rubinstein; die Liszt'sche Rhapsodie schien jedoch ihre
Kräfte zu übersteigen. Die Violin⸗Virtuosin Elly Fuchs erfreute außerdem durch den präzisen und schwungvollen Vortrag einiger
Stücke von M. Bruch und Sauret, die gleich den anderen
künstlerist en Leistungen des Abends mit anerkennendem Beifall des hesfreich erschienenen Publikums aufgenommen wurden. Die Klavier⸗
egleitung des Fräulein Martha Rock, welche für Herrn Schulz⸗
Weida eingetreten war, verdient lobend erwähnt zu werden.
Am Diensta gab Frau Marie Roger⸗Miclos aus Paris im Saal Bechsteln ihren zweiten Klavierabend. Die Künstlerin spielte „Lison dormait“ von Mozart, Nocturne Des-dur und Beallade G- moll von Chopin; dann folgten der „Karneval“ von R. Schumann, eine Phantasie von B. Godard, „Papillons“ von E. Grieg und Romanze F-dur von Rubinstein; den Schluß bildete ein Walzer von Moszkowski. Die Dame zeigte
sich als eine hervorragende Künstlerin, die über eine bedeutende, ins⸗
esondere über eine feinflüssige, perlende Technik verfügt, wie sie in ähnlicher Weise selten gehört wird. Mag man auch hier und da an Einzelheiten des Vortrags Aus⸗ stellungen machen, so wird man der Künstlerin doch das
Zeugniß geben können, daß ihre Auffassung immer interessant ist, und daß ihr ein warmes Temperament für die Lösung der ver⸗ schiedensten Aufgaben zur Seite steht. Ganz vortrefflich gelangen ihr die Ballade von Chopin, die Phantasie von Godard und der Walzer von Moszkowski. Die begabte junge Pianistin Fräulein Käthe Hüttig, die bei
hrem ersten Auftreten in der Sing⸗Akademie viel Interesse erregte, gab am Mittwoch im Saal Bechstein einen Klavierabend, den sie mit dem Vortrag des „Karnevals“ von Schumann, der schwierigen B-moll⸗Sonate von Chopin, den Variationen mit der Fuge, op. 35, von Beethoven, Präludium und Fuge in H-moll von Bach, einer Ballade (H-dur) von Brahms und der sehr ermüdenden Tarantellen⸗ Phantasie von Liszt allein ausfüllte, ohne daß ihr durch Mitwirkung anderer Kräfte ein Moment der Ruhe vergönnt war. Dics war wohl auch die
Ursache, daß, nachdem die ersten Vorträge die Kraft, den schönen An⸗
chlag und die sichere Technik der Künstlerin in vortheilhaftes Licht
esetzt hatten, am Schluß eine Angegriffenheit bemerkbar wurde, die besonders den Vortrag der Liszt'schen Phantasie beeinträchtigte. Nach sehr lebhaftem Beifall fügte die Künstlerin noch die Es-dur- Romanze von Rubinstein hinzu. Im Saal der Sing⸗Akademie fand am ein Lieder⸗Abend des durch seine erfolgreichen Konzertleistungen hier längst anerkannten Baritonisten Herrn Anton Sistermans statt. Das “ bestand ausschließlich aus dem Lieder⸗Cyclus von Franz Schubert: „Die schöne Müllerin“, den der Künstler in glänzendster Weise zu Gehör brachte. Seine klangvolle, umfangreiche und vortrefflich geschulte Stimme, wie seine der Stimmung eines jeden Liedes sich in sinniger Weise anpassende Vortragsweise regten die zahlreich erschienenen Zuhörer zu lebhaften Beifallsbezeugungen an. Ganz be⸗ sonders gefielen die Lieder „Pause“, „Mein“, „Ungeduld“, „Trockne
lumen“ und „Die böse Farbe“, während in den beiden letzten Lie⸗ dern „Der Müller und der Bach“ und „Des Baches Wiegenlied“ die Kraft der Stimme etwas nachließ.
Adolf von Sonnenthal tritt, wie schon gemeldet, im Neuen Theater zuerst in Giacosa’'s „Sündige Liebe“ auf. Zu dieser Auf⸗ führung erwartet Direktor Lautenburg auch den Dichter selbst, der aus Mailand nach Berlin kommt, um der hiesigen Darstellung seines Werks beizuwohnen.
Der vierte und letzte Liederabend der Frau Professor Selma Nicklaß⸗Kempner findet am Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr, in der Sing⸗Akademie und zwar unter Mitwirkung des Hofpianisten Herrn Georg Liebling statt. Die Künstlerin wird an diesem Abend
spielender Leichtigkeit sich bis in die
hier zum ersten Mal die Fidelio⸗Arie zu Gehör bringen, ferner eine Auswahl von Liedern von Schubert, Schumann, Brahms, Schütt, Reinecke, d'Albert singen und endlich, auf besonderen Wunsch den Bolero aus Verdi's „Sizilianischer Vesper“ wiederholen.
Im Konzerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen den siebenten „Wagner⸗Abend“ in dieser Saison. Das Programm des Abends wird die „Faust⸗Ouvertüre“, Introduktion und Gebet aus „Lohengrin“, die Balletmusik aus „Rienzi“, die Vorspiele zu „Die Meistersinger von Nürnberg“ und „Lohengrin“ sowie Stücke aus den Musikdramen „Siegfried“ und „Die Walküre“ enthalten.
Im Königlichen Opernhause werden morgen Leoncavallo's „Medici“ gegeben. Herr Pröll vom Hoftheater in Stuttgart singt den Lorenzo, als Gast.
Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen Shakespeare's „Sommernachtstraum“ mit Mehdelrsohn's Musik zur Aufführung.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater gelangt heute und morgen die Strauß'sche Operette „Der lustige Krieg“ zur Auf⸗ führung. Am Sonnabend geht „Die Fledermaus“, in den Haupt⸗ rollen mit den Herren Klein, Wellhof, Bruch, Hanno, Sommer, Broda und den Damen Zimmer, Delmar, Kluge besetzt, in Scene.
Nachdem die angekündigte Wohlthätigkeits⸗Matinée im Theater Unter den Linden, dank den Bemühungen des Herrn Direktors Binder, bereits vollkommen gesichert und eine für diesen Zweck in Aus⸗ sicht genommene einaktige Operetten⸗Novität nahezu fertig einstudiert war, kamen Absagen von allen Seiten. Nur drei Künstler anderer Bühnen sind ihrer Zusage treu geblieben. Deshalb hat sich die Direktion entschlossen, doch ihrerseits das gegebene Versprechen einzu⸗ lösen, indem sie den Ertrag der fünfzigsten Aufführung des „Ober⸗ steiger“ — welche zugleich mit dem ersten Wiederauftreten der Sgra. Carolina Elia und des gesammten Balletkorps am Sonnabend statt⸗ findet — den Hinterbliebenen der Opfer der „Brandenburg“⸗ Katastrophe widmet.
J1X“
Mannigfaltiges.
Der letzte Vortrag in dem im wissenschaftlichen Theater der Urania veranstalteten Cyclus von Vorträgen hervorragender Ge⸗ lehrter wurde gestern Abend von dem Direktor der zoologischen Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin, Professor Dr. Möbius, gehalten. Die interessanten, durch viele Projektionen er⸗ läuterten Ausführungen des Redners „Ueber echte Perlen“ hatten etwa folgenden Inhalt: Während der Edelstein erst durch Schneiden und Schleifen in die richtige Form gebracht wird, um seinen Glanz zu entfalten, erhält die Perle ihre sühdnen Glanz verbreitende Föhhn bereits an ihrer Bildungsstelle. Seit den ältesten eiten wird die Perlenfischerei mit Leidenschaft betrieben, namentlich in Ostindien, dem Busen von Manar, nahe der Insel Ceylon, doch finden sich auch Perlmuscheln im Persischen Meerbusen, im Chinesischen Meer, im Rothen Meer, im Pazifischen Ozean bei Panama, an der Ostküste von Afrika u. s. w. Das Muschelthier besteht aus einem elastischen, zum Offenhalten der Muschel bestimmten Band, dem zum Schließen der Muschelschalen dienenden Schließmuskel, der nur auf den Willen des Thieres in Thätigkeit kommt, während das Band un⸗ willkürlich wirkt, dem Mantel, der Bildungsstätte für das zur Ver⸗ größerung der Schalen dienende Material, den für die Zuführung des Wassers und der Nahrung nach dem Munde mit Millionen von Wimpern besetzten Kiemen, dem gleichfalls mit Wimpern besetzten Mund und Schlund, dem Rumpf mit Millionen von Eiern und einem das Muschelthier zu langsamer Fortbewegung be⸗ fähigenden Fuß. Im Rande des Mantels besitzt die Muschel sehr feine Empfindungsorgane. Damit fühlt sie schon den Schatten einer über dem Wasser ausgestreckten Hand und schließt zum Schutz gegen die drohende Gefahr ihre Schalen. Die Perlenmuscheln befinden sich gewöhnlich auf Korallenriffen in einer Tiefe von 6 bis 9 m, manch⸗ mal auch bis 18 m Tiefe. Die Temperatur des Wassers, in welcher sie gefunden werden, beträgt meist etwa 25 Grad über Null. Schon seit den frühesten Zeiten haben die Herrscher Ostindiens die Perlen⸗ fischerei als ihr Eigenthum angesehen und Perlenfischer nur mit ihrer besonderen Genehmigung zugelassen. Die beste Zeit für diese Fischerei ist von Ende Februar bis Anfang März, weil zu dieser Zeit
das Meer am ruhigsten ist. Dann wird ein Wachtschiff stationiert bei welchem sich sämmtliche zur Perlenfischerei bestimmten Boots melden müssen. Auf ein mit Tagesanbruch gegebenes Zeichen be⸗ innen die Boote an den ihnen R“ Punkten mit der Fischerei In jedem Boot befinden sich zehn Taucher, von denen gleichzeitig immer je fünf, mit Steinen beschwert, in das Wasser hinunter, gelassen werden. Gewöhnlich bleiben die Taucher 53 bis 57 Sekunden im Wasser, nur selten erreicht ein Taucher die Fähig. keit, bis zu 80 Sekunden im Wasser bleiben zu können Häufig bringt ein Taucher 50 bis 100 Muscheln in die Höhe, und da jeder Taucher 40 bis 50 mal täglich in das Wasser hinabgelassen wird, so kann es vorkommen, daß ein einziges Boot bit 20 000 Perlenmuscheln an einem Tage heraufbringt. Nach Beendigung der Fischerei fährt die ganze Flotte gemeinschaftlich zurück ans Land wo sich ein bunt bewegtes Leben entwickelt, da hier auf sonst einsamen Plätzen sich in dieser Zeit etwa 80000 Menschen aller Nationen und Stände zusammenfinden. Das Leben dauert nur wenige Tage, bis die übereinander geschichteten Perlenmuscheln in Fäulniß übergegangen sind und die Perlen sich herausgelöst haben. Aber nicht nur in salzigen, sondern auch in süßen Gewässern kommen Perlen⸗ muscheln vor, z. B. in der Elster im Vogtlande, bei Uelzen in Schweden, Norwegen, Rußland, Sibirien und Schottland. Am längsten bekannt sind die Perlen aus der Elster. Im Grünen Ge⸗ wölbe zu Dresden wird eine Schnur mit solchen Perlen aufbewahrt, die einen Werth von 9000 ℳ hat. Auf der in Berlin im Jahre 1880 abgehaltenen Fischerei⸗Ausstellung wurden drei Perlen⸗ schlüre mit Perlen aus salzigen Gewässern gezeigt, von denen eine mit gelben Perlen einen Werth von 80 000 ℳ hatte, eine solche aus weißen Perlen von Panama 100 000 ℳ werth war und deren dritte mit schwärzlichen Perlen sogar auf 120 000 ℳ geschätzt wurde. Die Muschel besteht aus Konchiolin, einer Faserschicht und einer Perl⸗ mutterschicht. Keiner dieser drei Theile enthält Blutgefäße oder Nerven. Die Muschel hat deshalb auch nicht die Möglichkeit, durch sich selbst zu wachsen. Wenn sie für das Thier zu klein wird und eine Ver⸗ größerung eintreten soll, so dehnt sich der Mantel über den Rand der Muschel aus, sondert das zur Vergrößerung dienende Konchiolin ab und setzt es am Rande an. Auch der Faserstoff und Perlmutter⸗ stoff befinden sich im Saum des Mantels. Ein Muschelthier, das nicht mehr wächst, sondert auch kein Konchiolin mehr ab, dagegen immer noch Perlmutterstoff. Daher kommt es, daß die Muschel, welche sich nicht mehr vergrößern kann, stärker wird. In den Perlen findet man dieselben drei Schichten um den Kern gelagert, nur in umgekehrter Folge wie bei der Muschel: zuerst Konchiolin, dann eine Faserschicht und dann eine Perlmutterschicht. Bei einem Muschelthier mit regelmäßiger Absonderung entstehen keine Perlen; nur Muscheln, die durch den Eintritt fremder Körper oder Thiere zu Unregelmäßigkeiten gereizt werden, bilden Perlen. Dabei kommt es häufig vor, daß die fremden Körper mit der Perlmutterschicht überzogen in Perlen oder in Perlmutter gefunden werden. Die Perlen werden in den Weichtheilen des Thieres gebildet. Ihre Farbe stimmt überein mit der Farbe der Perlmutterschicht und ist meist weiß, doch kann sie auch bläulich, röthlich und schwärzlich sein. Der Glanz entsteht durch die übereinander gelagerten durchscheinenden Schichten. Schlechten oder abgeriebenen Perlen künstlich einen Glanz zu verleihen, ist bisher trotz aller Versuche noch nicht gelungen.
„Fulda. Nach einer bei dem Vorstand der Fuldaer evan⸗ gelischen Kirchengemeinde eingetroffenen tegdhh chen Nachricht aus dem Zivilkabinet Seiner Majestät des Kaisers hat Aller⸗ höchstderselbe, wie der „Hann. Cour.“ meldet, für den geplanten Bau einer evangelischen Kirche in Fulda 52 000 ℳ bewilligt. Im Kirchenbaufonds befinden sich nun im ganzen schon 140 000 ℳ; es wird beabsichtigt, in nächster Zeit mit dem Bau zu beginnen. Der Bauplatz ist auch bereits gewählt: die neue evangelische Kirche kommt an die Lindenstraße, unweit der Realschule, zu stehen. Man hofft den Bau in zwei Jahren fertigzustellen.
“
1
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 15. März, r Morgens.
. 3
; u
haus.
:
sp illim. =
Theater⸗Anzeigen.
Künigliche Schanspiele. Freitag: Opern⸗ 67. Vorstellung.
3 Chausseestraße 25. Freitag:
Die Medici. Historische 3 Akten von F. Zell und R.
Friedrich⸗Wilhelmstüdtisches Theater.
Der lustige Krieg. enée.
Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Zum 11. Male. Novität! Ein ge⸗ Operette in sunder Junge. Posse mit Gesang und Tanz in Musik von 3 Akten von Jean Kren. Musik von Julius
Bar. auf 0 Gr. ᷑ u. d. Meeres
red. in M
8
Wetter.
eiss
Temperarur in ° Cel 0 C. = 40 R
5
Belmullet Aberdeen Christians
Kopenhagen. Stockholm. aranda.
t. Petersbg. Moskau . ..
1772 741 753 747 740
753
769
und
2
S
748 W SSW
SW
toEbeoSbde
heiter heiter halb bed. ¹)
bedeckt Schnee
bedeckt
Cork, Queens⸗
town
Cherbourg 8.
ylt mburg
winemünde Neufahrwasser Memel.
Karlsruhe
Wiesbaden
München Chemnitz
Berlin ....
Wien .. Breslau.
Ile d Aix
Nizza
Triest .. ..
. 754 . 7346 . 750 I1“ 751 752 752 748 750 1ö8 751 117 85 752 .. 750 11“ 1 748 747
do EbOoSbeh=qSÖSSdUe
2
still still
—
6
2balb bed.
heiter bedeckt wolkenlos heiter halb bed. Nebel wolkig²) bedeckt bedeckt wolkenlos bedeckt 4) Schnee ⁵) bedeckt wolkigs) Regen Regen wolkig
wolkenlos
1. 8S0—'”9ov
0Co, bdo b0 o0 V
V V
0So EghNhSSDS g=—OO do
1
still
Regen
-) Dunst. ꝛ) Dunstig. ³) Reif. ⁴) Nachts Reif, früh Nebel. ⁵) Nachts H.9, Reif ch eif
Uebersicht der Witterung.
Die Luftdruckvertheilung ist auf dem biete gleichmäßiger geworden und daher i
6) Nachm.
Regen.
anzen Ge⸗ die Luft⸗
bewegung allenthalben schwach, nur an den West⸗
Theildepre
starke Nor
Mittel⸗Europas,
1 an der Rückseite sion, welche über dem Kanal liegt, wehen dwest⸗Winde. Ein Minimum liegt jenseits
einer
der Alpen und breitet seinen Einfluß bereits über das südliche Deutschland aus, wo das Barometer
stark gefallen ist.
n Deutschland ist das Wetter
ruhig kälter, an der Westgrenze heiter, sonst trübe; meistens ist Regen gefallen; die Temperatur liegt in den westlichen Gebietstheilen, wo vielfach Nacht⸗ fröste stattfanden, meist unter dem Mittelwerthe; der gegenwärtigen Wetterlage entsprechend ist trübe
Witterung mit Regenfall wahrscheinlich. 8 Deutsche
eewarte.
Handlung in 4 Akten, Dichtung und Musik von R. Leoncavallo. Uebersetzung von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. (Corenzo: her Pröll, vom Hoftheater in Stuttgart, als Gast.) In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 74. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Felix Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil Graeb. In Scene gese t vom Ober⸗Regisseur Max ö“ Dirigent: Musikdirektor Wegener. Anfang 78 r.
— 88
Sonnabend: Opernhaus. 68. Vorstellung. Fal⸗ staff. Lyrische Komödie in 3 Akten von Giuseppe Verdi. Text von Arrigo Boito, deutsch von Max Kalbeck. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 75. Vorstellung. Neu ein⸗ studiert: Michel Perrin der Spion wider Willen. Lustspiel in 2 Aufzügen, nach dem zösischen des Mellesville und Deveyrier, von Louis Schneider. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. (Michel Perrin: Herr Friedrich Haase, als Gast.) Neu einstudiert: Der Narr des Glücks. Lustspiel in 1 Aufzug von Ernst Wichert. In Scene gesetzt vom Ober Revissenr Max Grube. ö Herr Friedrich Haase, als Gast.) Anfang
2 r.
Deutsches Theater. Freitag: Die Jüdin von Toledo. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Sonnabend: Der Herr Senator. Sonntag: Der Herr Senator. Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Freitag: 29. Abonne⸗ ments⸗Vorstellung. König Lear. (Marie Frgns. schil, Elise Sauer, Ludw. Barnay, Arthur Krauß⸗ neck, Ludw. Stahl, Paul Nollet.) Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Zum 50. Male. Aus eignem
Recht. Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Das Käthchen von
Heilbronn.
8 3 8—
Lessing⸗Theater. Freitag u. folgende Tage: Madame Sans⸗Gene. 8
85 1
Wallner-Theater. Sonntag: Erstes Ge⸗ sammt⸗Gastspiel des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters. Die schöne Heleua. Operette in 3 Akten von Jaques Offenbach. —
Johann Strauß. Regie: Herr Epstein. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Zum 578. Male. Die Fledermaus.
Restdenz⸗Thenter. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: Zum 25. Male. Der Masken⸗ ball (Veglione). Schwank in drei Akten von Alexandre Bisson und Albert Caré. Deutsch von Benno Jacobson. Regie: Hermann Haack. — Vorher: Vermischte Anzeigen. Schwank in 1 Akt, nach dem Französischen des R. Dreyfuß, von Maximilian Bern. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: Zum 28. Male. A Basso Porto. Scenen aus dem neapolitan. Volksleben in 3 Akten von Goffredo Cognetti. Deutsch von Emil Dürer. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. — Vorher: Das Recht der S Studie in 1 Akt von Eduard Kraemer. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Jugend. 3 Akten von Marx Halbe.
Sonntag: A Basso Porto. Recht der Frau.
Ein Liebesdrama in Vorher: Das
Viktoria-Thegter. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Freitag: Mit vollständig neuer Ausstattung. Zum 486. Male. Die Kinder des Kapitän Grant. Ausstattungsstück mit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Einen Jux will er sich machen. Posse mit Gesang in 8 Bildern. Zum Schluß: Großes Ausstattungs⸗Ballet.
Freitag: Der Obersteiger. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Wohlthätigkeits⸗Vorstellung zu Gunsten der Hinterbliebenen der auf der „Branden⸗ burg“ Verunglückten. Zum 50. Male. Der Ober⸗ steiger und Wiederauftreten der Prima Ballerina
Poggiolesi und des gesammten Corps de Ballet
Adolph Ernst⸗Theater. Freitag, 7 ½ Uhr: Charley’g Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Balasgi.
arodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene gesetzt von Avd. Ernst.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Signa. Carolina Elia, des Primo Ballerino Sign.
Berlin:
Einödshofer. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Ein gesunder Junge.
Konzerte. Konzert-Haus. Konzert. VII. Wagner⸗Abend. Hotel Kölnischer
7 Krausenstraße 48. Hotel⸗Gäste haben freien intritt.
Birkus Renz (Karlstraße). Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Par⸗ force⸗ und Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. Meute von 40 Hunden. Außerdem: der ostpreuß. Hengst Blondel, vorgeführt vom Dir. Fr. Renz; das Schulpferd Prinz, geritten von Herrn R. Renz; Jeu de la rose, geritten von Frau Renz⸗Stark und Miß Edith; die ikarischen Spiele in der Luft, ausgeführt von der Familie Daineff; die Hand⸗ akrobaten Gebr. Detroit; der Clown Merkel mit seinem Esel Pipifax ꝛc.
Sonnabend: Auf auf zur fröhlichen Jagd.
Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr und Abends 7 ½ Uhr.
e--e-e·–.‧—‧] Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Ella Fehns mit Hrn. Guts⸗ besitzer Fritz Lengnick (Wilkupien⸗Terespol).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Bürgermeister Schwengers (Brauweiler). — Hrn. Regierungs⸗ Rath Storch (Dortmund). — Eine Tochter: Hrn. Minister⸗Residenten Alfred von Bülow (Luxemburg).
Gestorben: Hr. Prem.⸗Lieut. a. D. Frhr. Wil⸗ helm von Gaertner⸗Griebenow (Hoynscheidt). — g. Bür ermeister, Geh. Regierungs⸗Rath Müller Barth). — Fil. Elise von Sommerfeld (Warm⸗ brunn). — Hr. Günther von Raumer (Görlitz).
Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.
Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen Cinschließlich Börsen⸗Beilage).
Freitag: Karl Meyder⸗
zum Deut ℳ0¹ 64.
Erst
chen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1894.
8 Deutscher Reichstag. 71. Sitzung vom Mittwoch, 14. März, 1“
Das Haus setzt die zweite Berathung des Reichs⸗ haushalts⸗Etats für 1894/95 fort beim Etat der Zölle und Verbrauchssteuern. G
Aus der Verhandlung, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worden ist, tragen wir zu⸗ nächst die gestern erwähnte Rede des Staatssekretärs Dr. Graf von Posadowsky zur Bekämpfung des Antrags der Budget⸗ kommission, die Einnahme beim Titel „Zuckersteuer“ um 5 000 000 ℳ zu erhöhen, im Wortlaut nach:
Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Mit Rücksicht auf die allgemeine Geschäftslage und im Hinblick auf die Erfahrungen, die die verbündeten Regierungen beim Post⸗Etat gemacht haben, indem ebenfalls der Reinertrag der Reichs⸗ Postverwaltung um einen wesentlichen Betrag erhöht worden ist, be⸗ absichtige ich nicht, jetzt gegen die Beschlüsse der Budgetkommission sowohl bezüglich der Verbrauchsabgabe vom Zucker als bezüglich der Beschränkung der Ausgaben bei der Verzinsung der Reichsschuld mich auf einen Einzelkampf noch einzulassen. Die verbündeten Regierungen sind gegenüber den Beschlüssen der Budgetkommission nach wie vor der Ansicht, daß das System der Veranschlagung der Einnahmen ein vorsichtigeres und auf soliderer Grundlage beruhendes gewesen ist wie dasjenige der Budgetkommission. Wenn die Einnahme aus der Zuckersteuer um 5 Millionen erhöht worden ist, so will ich keineswegs bestreiten, daß die Möglichkeit vorliege, daß eine solche Mehreinnahme erreicht werden kann. (Hört, hört! rechts. Zuruf links.) — Gewiß, meine Herren, ich habe das bereits in der Budgetkommission erklärt. Die verbündeten Regierungen sind aber bei der Veranschlagung der Einnahmen von anderen Gesichtspunkten ausgegangen. Sie halten es nicht für richtig, die Höhe der Einnahmen bis auf die äußerste Grenze der Möglichkeit hinaufzuschieben; denn es ist Ihnen bekannt, daß alljährlich eine ganze Reihe überetatsmäßiger und außeretatsmäßiger Ausgaben nothwendig ist, die völlig unabweisbar sind, und daß, wenn wir die Einnahmen bis zur Grenze ihrer Möglichkeit in dem Etat hinaufschieben, wir dann in der That keine Mittel hätten, um diese überetatsmäßigen und außeretatsmäßigen Ausgaben zu decken. Wir könnten bei der Fortsetzung dieses Systems der Veranschlagung der Einnahmen, welches gar keinen Spielraum zu überetatsmäßigen Ausgaben bietet, in der That schließlich zu einem Kassendefizit kommen. Selbstverständlich bitten die verbündeten Regierungen in erster Linie, es bei der Veranschlagung des Etats zu lassen, eventuell sich für den Antrag Paasche auszusprechen.
Meine Herren, ich will aber hier an diesen Posten noch eine allgemeine Bemerkung anknüpfen. Das System, welches bei der Auf⸗ stellung des Etats beliebt ist, hat in der That dahin geführt, daß der Etat um 20 Millionen etwa sich besser stellt. Ich glaube aber, daß die Frage, die damit gelöst werden sollte, das Defizit zu decken und die Kosten für die Militärvorlage zu be⸗ schaffen, in keiner Weise gelöst ist. Die Frage ist lediglich ver⸗ schoben, und diese Aufstellung des Etats wird nur den praktischen Erfolg zunächst haben, daß im übernächsten Jahre eine geringere Ein⸗ nahme als Ueberschuß aus den Vorjahren und vielleicht sogar ein Defizit in den Reichshaushalts⸗Etat eingestellt werden muß. Es ist in der Budgetkommission wiederholt gesagt worden, es wären ja nur 39 ½ Millionen zu decken, 24 Millionen ergäben sich voraussichtlich aus den beschlossenen Erhöhungen der Stempelabgaben, um 20 Millionen wäre der Etat verbessert, also wäre schon ein Plus von 44 Millionen vorhanden — viel mehr als nothwendig wäre, da nur 39 ½ Millionen mehr erforderlich seien, das heißt der Mehr⸗ betrag an Matrikularbeiträgen im vorliegenden Etatsentwurf. Ich muß bemerken, daß diese Aufstellung in der That nicht richtig ist; es handelt sich nicht um die Matrikularbeiträge, die in diesem Jahre mehr gefordert sind gegen den Etat der Vorjahre, sondern um die Deckung der ganzen Differenz einerseits zwischen der Summe der Ueberweisungen und andererseits zwischen der Höhe der Matrikularbeiträge, und nach dem Vor⸗ anschlage der Regierung beträgt diese Differenz 53 ½ Millionen. Ferner war die Majorität des Hauses darüber einig, daß unter allen Umständen durch Neubewilligungen die Kosten der Militär⸗ vorlage gedeckt werden sollten, und diese Kosten betragen gegenwärtig bereits 47 Millionen. Ich halte mich für ver⸗ pflichtet, schon jetzt auf diesen Punkt, der nach den Ferien Gegenstand weiterer Erörterungen sein wird, hinzuweisen und ent⸗ schieden zu bestreiten, daß durch diese Aufstellung des Etats, wie sie in der Budgetkommission beliebt ist, die Frage der Deckung der Kosten der Militärvorlage und die Frage des Defizits gelöst ist. Die Frage ist nicht gelöst, sondern lediglich verschoben und verschleiert.
Nach dem Abg. Richter, der darauf zunächst das Wort
hatte, erhält das Wort der Abg. von Kardorff (Rp.): Ich weiß nicht, warum der Abg. Richter sich so viel Mühe giebt, emne Mehreinnahme zu erweisen. r konnte doch einfach sagen, er will die Matrikularbeiträge herab⸗ etzen; denn die Vermehrung der Zuckerproduktion bringt keine Mehr⸗ einnahmen, wenn nicht die Konsumtion zunimmt, und das ist durch⸗ aus nicht der Fall. Die ganze Erhöhung der Zuckersteuer hat nur den Zweck, unsere Finanzlage falsch darzustellen. Abg. Richter . .Volksp.): Der Schatzsekretär hält die Mehreinnahmen von 5 Millionen Mark für möglich. Wir haben alle Ursache, dieses Mal den Etat recht genau aufzustellen, weil die falsche Aufstellung nur benutzt wird für die Steuerpolitik. Bei keinem itel kann mit so großer Genauigkeit auf Mehreinnahmen ge⸗ ossen werden wie bei der Zuckersteuer; die Ernte für 1893 kommt wegen der Steuertredite erst 1894/95 zur Geltung.
Stlaatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:
Ich glaube, aus meinen Worten, daß ich eine Steigerung aus der Zuckersteuer für möglich halte in der Höhe, wie sie die Kommission beschlossen, folgt doch noch nicht, daß man den Etat danach aufstellt. Der Etat muß nach sicherer Grundlage aufgestellt werden. (Sehr nichtig! rechts)) Möglichkeiten, die vorliegen, dürfen dabei nicht
—
eskomptiert werden. Wenn wir solche Möglichkeiten eskomptieren wollten, würden wir sehr bald zu einem chronischen Defizit kommen. (Sehr richtig! rechts.) Abg. Richter (fr. Volksp.): Feste Grundsätze herrschen bei der Aufstellung des Etats nicht, denn für die Zuckersteuer ist nach dem dreijährigen Durchschnitt die Einnahme berechnet worden, ob⸗ gleich ganz verschiedene Zuckersteuergesetze maßgebend waren. Nicht einmal den Zuwachs der Bevölkerung hat man in Rechnung gestellt. Man hätte 10 Millionen Mark mehr einstellen können; mit 5 Millionen Mark ist die Kommission sehr vorsichtig gewesen. .
Abg. v. Kardorff (Rp.): Nur vom Konsumzuwachs haben wir Mehreinnahmen zu erwarten. Der Zuckerkonsum aber unterliegt großen Schwankungen. Wo alles darniederliegt, wo Industrie und Land⸗ wirthschaft klagen, können wir nicht auf einen Mehrkonsum von Zucker rechnen. Was die Nationalliberalen beantragen, ist das Aeußerste, was an Mehreinnahmen eingestellt werden kann.
Abg. Dr. Paasche (nl.): Wenn die Zunahme der Bevölkerung allein maßgebend sein sollte, dann müßte man auch bei anderen Verbrauchssteuern Erhöhungen vorschlagen, die ja wohl auch Wirk⸗
lichkeit werden.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Woher das Geld kommt, ist dem Echatzsekelär ganz egal. Der Rückgang des Zucker⸗ konsums in früheren Jahren ist hierbei nicht maßgebend; damals herrschte ein ganz anderes Zuckersteuersystem und die Zuckerpreise
gehen jetzt herunter. 8
Abg. von Kardorff (Rp.): Wir haben früher noch billigere Zuckerpreise gehabt und trotzdem sank der Konsum.
Der Antrag der Kommission wird angenommen.
Ohne Debatte genehmigt das Haus die Salzsteuer: 42 747 300 ℳ
Enr Branntweinsteuer: die Sozialdemokraten: 8
„den Reichskanzler zu ersuchen, nach jeder Neubemessung der Jahresmengen an Branntwein, die die einzelnen Brennereien während der Kontingentsperiode zum niedrigeren Satze der Verbrauchsabgabe herstellen dürfen, spätestens bis zum Schlusse des Betriebsjahres dem Reichstag ein nach Steuer⸗Direktivbezirken und für jeden Steuer⸗ Direktivbezirk nach der Höhe des Kontingents geordnetes Ver⸗ zeichniß der in § 2 Alinea 4 des Gesetzes, betreffend die Besteuerung des Branntweins, näher bezeichneten Brennereien vorzulegen, deren Kontingent mindestens 200 Hektoliter beträgt, unter Angabe von Namen und Wohnsitz des Unternehmers jeder Brennerei, die nach 1 Eigenschaft als landwirthschaftliche oder gewerbliche aufzu⸗ 8 Abg. 86 Schönlank (Soz.): Der preußische Finanz⸗Minister Dr.
Miquel hat neulich gesagt: Thre Liebesgabe keine Brennerei, ohne Brennerei keine Schlempe, ohne Schlempe keine Viehzucht, ohne Viehzucht kein Dung und ohne Dung keine Landwirthschaft, sondern höchstens Kieferschonung. Die Agrarier selbst sollten unseren Antrag annehmen, damit festgestellt wird, wer denn der eigentliche Empfänger der Liebesgabe ist; möglicherweise sind ja die Junker daran gar nicht allein betheiligt, sondern auch jene großen Kapitalisten, denen die großen Brennereien gehören.
Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Ich glaube, ich thue dem hohen Hause einen Gefallen, wenn ich auf die Frage der Liebesgabe im gegenwärtigen Augenblick nicht weiter eingehe und Ihnen diesen Hammel nicht von neuem vorsetze. (Bravo! rechts.) Ich glaube, um die jetzige Be⸗ steuerung des Spiritus und insbesondere die Kontingente zu recht⸗ fertigen, genügt der einfache, jeden Augenblick zahlenmäßig zu er⸗ bringende Nachweis, wie hoch selbst bei der gegenwärtigen Spiritus⸗ steuer die Verwerthung des Zentners Kartoffeln sich stellt und daß, wenn die landwirthschaftliche Brennerei⸗Industrie höher belastet wird, der Kartoffelbau im jetzigen Umfange auf den leichten Böden nicht mehr möglich ist und damit ein Kulturrückschritt für die Provinzen des Ostens unbedingt verbunden wäre. (Zuruf links.) Gewiß, meine Herren, in dieser Beziehung bin ich Agrarier, weil ich die Verhältnisse kenne. (Bravo! rechts.) Meine Herren, ich beschränke mich auf die Ausführungen des Herrn Abg. Schönlank betreffs des Nachweises derjenigen Personen, welche ein Kontingent bekommen für die Brennsteuer. Dieser Gedanke, eine Nachweisung, wie sich die Kontingente vertheilen auf die einzelnen Provinzen und wie sich die verschiedene Höhe der Kontingente selbst stellt, hier vorzulegen, ist seiner Zeit von dem Herrn Abg. Dr. Barth ausgegangen, und es ist in der Anlage 4 zu den Verhandlungen des Reichstags vom Jahre 1890/91 ein solches Verzeichniß abgedruckt. Meine Herren, ich glaube, damit ist allen billigen und sachlichen Wünschen genügt, und die verbündeten Regierungen sind jederzeit bereit, wenn das gewünscht wird, dieses Verzeichniß fortzuführen und, bis auf die Gegen⸗ wart berichtigt, Ihnen wieder vorzulegen. Der Antrag des Herrn Abg. Schönlank will etwas ganz Anderes. Derselbe will nicht nur einen Adreß⸗ kalender der Kontingentsinhaber, sondern eine Proskriptionsliste derselben, das ist eigentlich der Sinn des Antrags. (Bewegung links.) Ich bestreite, daß das eine Maßregel von hoher sozlaler Bedeutung ist; nein, es ist eine solche von hoher agitatorischer Bedeutung. Meine Herren, ein innerer Zusammenhang mit der sozialen Stellung, mit dem Einkommen desjenigen, der ein Gewerbe be⸗ treibt, und der Besteuerung seines Gewerbes besteht in dieser Richtung nicht; man kann ein sehr hohes Einkommen haben und sehr schlechte Erträgnisse aus seinem Gewerbe ziehen; man kann ein sehr geringes Einkommen haben und sehr hohe Erträge aus seinem Ge⸗ werbe haben. Das Einkommen richtet sich nach dem Maß der Ver⸗ schuldung, nach der Höhe des Betriebskapitals und nicht nach dem Bruttoertrag des Gewerbes. Mir scheint bei diesem Antrag ein Ver⸗ such vorzuliegen, in die Erwerbsverhältnisse des Einzelnen in einer Weise einzudringen, wie man sie für kein anderes Gewerbe zulassen würde. Ich bemerke, meine Herren, welche Einwände man erhoben hat bei der Tabacksteuer, als man verlangte, daß die Tabackfabri⸗ kanten nachweisen sollten, wieviel Fabrikate sie aus dem Rohtaback herstellen. Hier, meine Herren, wollen Sie vollkommen klar legen mit Namen und Wohnort, wie viel jeder Grundbesitzer Kartoffeln brennen kann zum Kontingentssatz. Das geht meiner Ansicht nach weit über die berechtigten Wünsche hinaus, und die verbündeten Re⸗ gierungen werden auf diesen Antrag nicht eingehen. (Bravol rechts.)
Rp.): Die Liebesgabe ist durchaus keine “ G“ rch Brannt⸗
118 083 240 ℳ beantragen
weinbrennerei ist kontingentiert; jeder, der über das Kontingent
hinaus brennt, muß eine Strafe zahlen. Es wird nöthig sein, das Gesetz umzuändern, damit endlich einmal die Angriffe aufhören.
Abg. Dr. Schönlank (Soz.): Ich hätte nur gewünscht, daß der Staatssekretär dagewesen wäre, als die Kühnemänner im Bunde mit der Polizei und der Staatsverwaltung mit ihren schwarzen Listen auftraten. Eine schwarze Liste ist gar nicht vorhanden; der Abg. von Kardorff meinte ja, die Liebesgabe sei eine Strafe. Wir wollen wissen, wer die Empfänger der Staatsalmosen sind. Bei der Tabacksteuer handelte es sich darum, daß die Fabrikanten bezahlen sollten. Wir wollen aber wissen, wer hier das Geld empfängt.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Branntweinsteuer wird genehmigt, ebenso die Brau⸗ steuer und die Einnahme aus den Aversen. .
Aus dem Etat des Reichsamts des Innern restiert noch. der Titel für das National⸗Denkmal für Kaiser Wilhelm I.; der Etat setzt dafür 1 100 000 ℳ als erste Rate aus. 8
Die Kommission beantragt durch ihren Referenten, den Abg. Graf Limburg⸗Stirum, den Titel in folgender Fassung zu bewilligen: Einmalige Bewilligung von vier Millionen Mark zur Errichtung eines Reiterstandbildes des Kaisers Wilhelm I. in Berlin, erste Rate 1 100 000 ℳ
Der Referent Abg. Graf Limburg⸗Stirum (dkons.) erstattet über die Kommissionsverhandlungen eingehend Bericht.
Abg. Freiherr von Stumm Ich muß bedauern, daß die Kommission nicht die Regierungsvorlage puré angenommen hat. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß der Reichstag durch seinen früheren Beschluß auf die Gestaltung des Denkmals den Entschluß der Krone überlassen hat. Die Begrenzung der Kosten eines Denkmals für den Hochseligen Kaiser auf vier Millionen ist eine beschämende. Aber da wir für unsere Anschauung keine Mehrheit finden können, und eine leere Demonstration nicht machen wollen, so werden wir für den Au⸗ trag der Kommission stimmen und hoffen, daß das noch nicht der letzte Beschluß in der Sache ist. 8
Abg. Singer (Soz.): Wir stimmen gegen den Antrag der Kom⸗ mission und gegen die Regierungsvorlage. Wir überlassen den Streit den Parteien, welche ein Bedürfniß nach einem Denkmal empfinden; bei uns liegt ein solches nicht vor. Eine finanzielle Belastung des Volks durch diese Ausgabe ist jetzt nicht thunlich; denn man mag zu dem Denkmal stehen, wie man will, nothwendig ist die Errichtung eines Denkmals nicht. Wenn der Reichstag Abstriche gemacht hat für den Neubau von Kasernen, die als dringend nothwendig bezeichnet waren, um Kasernen zu ersetzen, die einzustürzen drohen, dann giebt es keine Rechtfertigung für ein Denkmal. Vorhin hat der 1 von Kardorff die schlechte Lage der Industrie und der Landwirthschaft Tgeführt⸗ da müßte er auch jede Mehrbelastung vermeiden. Daß die Enthüllung des Denkmals am hundertjährigen Geburtstage des Kaisers Wilhelm IJ. erfolgen soll, ist kein zwingender Grund; man kann ja am 22. März 1897 eben so gut zur Feier dieses Tages den Grundstein legen.
Abg. Richter (fr. Volksp.) erklärt im Namen seiner Partei⸗ genossen und der süddeutschen Volkspartei, daß diese dem früheren Beschlusse des Reichstags nicht zugestimmt hätten, aber durch den⸗ selben in gewissem Grade gebunden sind; jedoch nicht in dem Sinne, daß jede Forderung bewilligt werden müßte, sondern eine Prüfung der Forderung sei nothwendig. Einer Pauschalbewilligung von 4 Millionen würde zugestimmt werden können, wenn die Regierung klipp und klar erklärte, daß sie mit den 4 Millionen auskommen kann und daß ein summarischer Anschlag dafür vorgelegt wird, damit man sich über⸗ zeugen kann, daß wirklich ein vollendetes Bauwerk hergestellt wird, welches keine Nachtragsbewilligungen verlangt. Diese Vorsicht ist nothwendig nach den Erklärungen des Abg. Freiherrn von Stumm, die tiefer blicken lassen als bloß in die Reihen seiner politischen Freunde. Das Denkmal ist gedacht als ein Denkmal der Nation, muß also aus Mitteln des Reichs hergestellt werden; es muß aus⸗ geschlossen werden, daß aus der Schatulle oder von anderer Seite, vielleicht von einem Lotteriecomité Gelder zusammengeschossen werden, sodaß ein Bau hergestellt wird, welcher zwar dem entspricht, was man an höchster Stelle will, was dem Reichstag aber nicht gefällt. Bis diese Erklärung abgegeben sein wird, wollen die Freunde des Redners in ablehnender Haltung verharren.
Staatssekretär Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Ich bin selbstverständlich nicht in der Lage, heute eine bestimmte Aeußerung darüber abzugeben, ob die verbündeten Re⸗ gierungen, wenn Sie den Antrag Ihrer Budgetkommission zum Be⸗ schluß erheben, diesem Beschluß ihre Zustimmung ertheilen, und sich also bereit erklären werden, den Bau also mit einem Kostenbetrag von 4 Millionen Mark zur Ausführung zu bringen. Ich halte es aber nicht für ausgeschlossen, daß dieser Beschluß die Zustimmung der verbündeten Regierungen findet; denn ich meine, er bewegt sich auf derselben Linie, die die Haltung des Reichstags mit Zustimmung des Bundesraths gegenüber der Denkmalsfrage bisher eingenommen hat. Das Denkmal ist aus der Initiative des Reichstags hervor⸗ gegangen. Der Beschluß vom Jahre 1890 verzichtete für den Reichs⸗ tag darauf, selbst eine Entscheidung in der Platzfrage und in der Frage der Gestaltung des Denkmals zu treffen, und er überließ Seiner Majestät dem Kaiser, nach beiden Richtungen hin die erforderliche Bestimmung zu erlassen.
Wenn jetzt innerhalb der Budgetkommission der Gedanke an⸗ geregt ist, daß sich die Bewilligung einer Pauschalsumme empfehle, so ist nicht in Zweifel zu ziehen, daß ein hierauf abzielender Antrag sich ganz in derselben Richtung bewegt, in der der frühere Beschluß vom Jahre 1890 liegt. Der Reichstag, wenn er diesen Antrag an⸗ nimmt, verzichtet damit auf den Eintritt in die finanzielle Prüfung irgend eines Projektes und giebt den verbündeten Regierungen die Vollmacht, daß sie innerhalb der Summe von 4 Millionen frei dis⸗ ponieren können zum Zwecke der Herstellung des Denkmals. 1
Nun, meine Herren, wenn der Bundesrath sich einem solchen Be⸗ schlusse des Reichstags gegenüber befindet, wie die Budgetkommission ihn beantragt, so wird er nothwendiger Weise zunächst die Frage zu er⸗ örtern haben, ob es möglich ist, ein dem Zwecke entsprechendes Denkmal mit der Summe herzustellen, die der Reichstag zur Ver⸗ fügung gestellt hat. Der Zweck selbst ist ja klar. Es wird nicht jedes beliebige Denkmal weder den Wünschen des Reichstags noch den Empfindungen der Nation entsprechen, sondern man wird zu der Forderung berechtigt sein, daß das Denkmal eine würdige Gestaltung erhält: würdig sowohl der Nation, welche es errichtet, als auch würdig des gesegneten Andenkens des unvergeßlichen Schöpfers des Reichs. Es entsteht also die Frage: Ist die Herstellung eines solchen Denkmals innerhalb dieser Bewilligungsgrenze möglich? Und wenn
der Bundesrath bei der Prüfung, die er nach dieser Richtung an⸗