dabei wahren und mit allem Wohlwollen ihre Lage, in die sie, allerdings ohne ihre Schuld, gerathen sind, möglichst günstig gestalten werden.
Auf die Anfrage des Abg. Jaeckel (fr. Volksp.), ob und
nach welchen Grundsätzen die Abnutzungsquoten, die bei der Gebäudesteuer in Abzug kämen, bestimmt würden, erklärte der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat selbst zugegeben, daß meine früheren Erklärungen in der Sache ganz klar und bestimmt ge⸗ wesen sind. Dennoch will ich sie nochmal wiederholen. Die Ver⸗ anlagungskommissionen sind ja nach dem Gesetze gebunden, den Rein⸗ ertrag eines Gebäudes nach ihrem freien Ermessen unter Berück⸗ sichtigung der gesetzlichen Bestimmungen festzustellen, und darin können sie ja auch gar nicht einmal durch eine Verfügung des Finanz⸗Ministers gehindert werden. Das ist ihr gesetzliches Recht. Der Reinertrag ist aber gar nicht anders festzusetzen als unter Berücksichtigung der hier fraglichen Abnutzungsquote. Wie hoch die Abnutzungs⸗ quoten anzusetzen sind für den einzelnen Fall, ist in dieser Beziehung Sache des freien Ermessens der Veranlagungskommission. Demnach konnte von vornherein meine Verfügung nichts Anderes heißen, als: Die Vorsitzenden werden ermächtigt, wenn sie es in dem einzelnen Fall für richtig halten, für den Fall, daß die Abnutzungs⸗ quoten festgesetzt sind in einer minimalen Höhe, ohne weiteres dies zugelassen wird. Also demnach sind die Veranlagungskommissionen gar nicht behindert, wenn sie es für richtig halten, doch auch höhere Abnutzungsquoten anzunehmen. So ist diese Verfügung zu verstehen, und meines Wissens wird sie auch so gehandhabt. Allerdings ist es richtig, daß nach unseren Erfahrungen viele Zensiten von der jetzt durch das neue Einkommensteuergesetz zugelassenen Befugniß, Ab⸗ nutzungsquoten zum Abzug zu bringen, einen sehr verkehrten Gebrauch machen und daß man da sehr oft genöthigt wäre, übermäßigen An⸗ sprüchen in dieser Beziehung entgegenzutreten. Die Schwierigkeit der ganzen Sache liegt ja darin: wenn man die Sache ganz korrekt und richtig macht, so muß man die Abnutzungsquote ja eigentlich für jedes einzelne Gebäude festsetzen, denn die wirkliche Abnutzungsquote, d. h. die Neubaurente, hängt ab von der Beschaffenheit des Gebäudes und von der wahrscheinlichen Dauer der Standfestigkeit. Man müßte also eigentlich für jedes einzelne Ge⸗ bäude individuell die Abnutzungsquote festsetzen. Da es aber für die Praxis völlig unmöglich und unausführbar ist, so muß man zu Durchschnittssätzen greifen, wenn auch vielleicht für bestimmte Klassen von Gebäuden und für bestimmte Zwecke, welchen die Gebäude dienen. Das ist, glaube ich, ganz unbestreit⸗ bar und dadurch entstehen diese Differenzen. Ich habe schon angedeutet, ob es überhaupt auf die Dauer haltbar ist, in derartiger Weise den Abzug und die Abzugsquote aufrecht zu erhalten, ob man nicht vielleicht dazu kommt, jede Erweiternng von Neubaurenten aus⸗ zuschließen, dagegen dem Zensiten in dem Jahre, wo er wirklich neu baut, den vollen Betrag zu erlassen. Das ist aber eine Erwägung, die Frage ist noch nicht reif, bei einer demnächstigen Revision des Ein⸗ kommensteuergesetzes wird man auf diese Frage zurückkommen müssen.
Auf die Beschwerde desselben Abgeordneten in Betreff der Veranlagung der Steuerzahler in Posen entgegnete der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Der Herr Vorredner sagte, er glaube, daß der Polizei⸗Präsident in Posen bei der Veranlagung der Steuern mehr Sympathie für den Finanz⸗Minister als Sympathie für die Steuer⸗ pflichtigen fühle. Diese Aeußerung kann ich nur auf das allerbestimm⸗ teste zurückweisen. Der Polizei⸗Präsident ist einer der tüchtigsten und gewissenhaftesten Beamten, die an der Spitze von Veranlagungs⸗ kommissionen stehen. Er wird seine Geschäfte nicht nach Sympathie und Antipathie verrichten, sondern nach seiner amtlichen und dienst⸗ lichen Pflicht, und wir haben Erfahrungen in dieser Beziehung genug, um davon in vollem Maße überzeugt zu sein. Von Sym⸗ pathien und Antipathien kann nicht die Rede sein. Meine Herren, wenn die Steuerpflichtigen in Posen sich übermäßig und gegen das Gesetz herangezogen fühlen, so steht ihnen das ganze Verfahren, wie es in dem Einkommersteuergesetz vorgesehen ist, offen. Dann müssen sie Berufung erheben gegen ihre Veranlagung, bezw. Beschwerde beim Ober⸗Verwaltungsgericht. Glücklicherweise ist der Finanz⸗Minister heute nicht mehr die entscheidende Instanz für die Beschwerden wegen Steuerüberbürdung, sondern ein geordnetes Ver⸗ fahren mit allen Garantien ist in dem Einkommensteuergesetz gegeben. Dieses Verfahren mögen die Betreffenden einschlagen. Eine so all⸗ gemeine Behauptung, daß die Stadt Posen überbürdet sei, kann ich nicht als irgendwie maßgebend anerkennen.
Was die Frage selbst betrifft, um die es sich hier handelt, so habe ich genau dasselbe gesagt, wenn auch mit anderen Worten — denn ich habe natürlich meine Worte von der zweiten Berathung nicht mehr in der Erinnerung —, aber dem Sinne nach ganz genau dasselbe ge⸗ sagt, was ich früher gesagt habe, und ich begreife daher nicht, warum den Herrn Vorredner meine jetzigen Bemerkungen nicht befriedigen, während er sich sehr befriedigt geäußert hat über dieselben Bemer⸗ kungen, die ich bei der zweiten Berathung des Etats gemacht habe.
Ich kann nur nochmals wiederholen, daß die Festsetzung der Sätze der Abnutzungsquoten an und für sich Sache der Ver⸗ anlagungskommission ist. Sie hat in dieser Richtung nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen und Untersuchung jedes einzelnen Falls zu entscheiden, und meine ganze Verfügung bedeutet weiter nichts, als daß ich dem Vorsitzenden erklärt habe: wenn die Abnutzung nicht höher als zu dem und dem Prozentsatz angenommen wird und be⸗ sondere Bedenken nicht bestehen, so kann ohne weitere Prüfung im einzelnen Falle der Vorsitzende sich dabei beruhigen. Das schließt natürlich nicht aus, daß höhere und niedere Abnutzungsquoten von der Veranlagungskommission angenommen werden.
Bei dem Etat der indirekten Steuern erwiderte auf eine Anfrage des Abg. Rickert (fr. Vgg.) der G“
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: 8
Meine Herren! Ich erinnere mich eines solchen Gesprächs mit dem Grafen zu Inn⸗ und Knyphausen überhaupt nicht, wie ich über⸗ haupt nicht im stande bin, mich jedes Privatgesprächs, das ich zu irgend einer gelegenen Zeit geführt habe, zu erinnern. Aber ich kann dem Herrn Abgeordneten bestätigen, daß namentlich nach Abschluß des Vertrags mit Rußland (hört! hört! links) die Einführung eines Wollzolls nach meiner Ansicht auf die Dauer dieses Vertrags aus⸗ geschlossen ist. (Zuruf links. Heiterkeit rechts.)
1““
9
redner auf die Einzelheiten in Bezug auf die Gesetzgebung zu folgen.
der Stempelgesetzgebung empfahl und es bedauerte, daß das Gerichtskostengesetz nicht vorgelegt sei, entgegnete der Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich bin nicht in der Lage, dem Herrn Vor⸗
Was das Gerichtskostengesetz betrifft, soweit es sich auf die Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bezieht, so schweben darüber Verhand⸗ lungen. Ich weiß nicht genau, in welchem Stadium sie sich befinden; aber das kann ich dem Herrn Antragsteller versichern, daß der ganze Inhalt des Gesetzes den Zweck verfolgt, die überlasteten kleineren Beträge zu entlasten und die größeren Beträge schärfer heranzuziehen. Ich glaube, diese Richtung der Vorlage wird wohl im Sinne des Herrn Vorredners sein. 3
Was die Frage betrifft, ob es rathsam und möglich ist, ein ein⸗ heitliches Stempelgesetz zu machen, so irrt sich insofern der Herr Vorredner, wenn er glaubt, wir hätten gegenwärtig in Preußen eine materiell ganz verschiedene Stempelgesetzgebung. Im großen und ganzen stimmen die Stempelgesetze, die allerdings verschiedenen Datums sind infolge der Einverleibung verschiedener neuer Provinzen, voll⸗ ständig überein. Nur kleine Abweichungen sind vorhanden, die aber keine erhebliche Bedeutung haben. Ob und wann wir zu einer Revision des Stempelwesens überhaupt kommen, darüber kann ich eine bestimmte Erklärung nicht geben. Daß dabei auch die Interessen der Landwirthschaft thunlichst berücksichtigt werden sollen, soviel an mir liegt, das kann ich bestimmt zusagen.
Dagegen bin ich insofern vielleicht abweichend von dem Herrn Vorredner, als ich keine Veranlassung finde, die übermäßige spekulative Veräußerung von Grundboden durch eine Erleichterung im Stempel zu begünstigen. Es können gewiß Fälle gedacht werden, wo eine solche Veräußerung, Vertauschung, auch in sozial⸗ politischer Beziehung nur nützlich ist; ob man aber diese bestimmt definieren und von den anderen Fällen scheiden kann, ist mir sehr zweifelhaft. Mit dieser Anschauung stehe ich auch keineswegs allein, denn ich weiß beispielsweise, daß in einer Reihe von großen Städten man mit dem Gedanken umgeht, Verkehrssteuern einzuführen, welche das Wandern der Bauplätze von einer Hand in die andere etwas ver⸗ mindern, und man glaubt, daß in dieser Form einer Besteuerung der spekulativen Umsätze der dadurch herbeigeführten Vertheuerung der städtischen Bauplätze entgegengewirkt werden könnte. Allein der Frage wird man ja gegenwärtig nicht näher treten können. Wenn wir ein⸗ mal zu einer solchen Vorlage kommen, wird man ja eingehend dieser allerdings sehr bedeutsamen und interessanten Frage nachgehen.
Bei dem Etat der Bergverwaltung antwortete dem Abg. Cahensly (Zentr.), welcher die Wiederbeschäftigung der entlassenen Arbeiter bei den Phosphoritwerken an der Lahn empfahl, der Minnister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Meeine Herren! Dem Antrage des Herrn Abg. Cahensly kann ich in dem gegebenen Umfange nicht die Erfüllung zusagen. Die Ge⸗ winnung in den fiskalischen nassauischen Phosphoritbetrieben ist eine sehr unerhebliche. Es handelt sich im ganzen um eine Beschäftigung von einigen vierzig Arbeitern. Seit vier Jahren geben die Betriebe nicht nur keinen Gewinn, sondern erfordern Zuschuß. Im vorigen Jahre betrug der Zuschuß bereits eine Summe von über 36 000 ℳ Im laufenden Jahre ist ein Absatz der Produkte überhaupt nicht mehr möglich gewesen. Unter diesen Umständen der fiskalischen Ver⸗ waltung zuzumuthen, den Betrieb in dem bisherigen Umfang aufrecht⸗ zuerhalten, scheint mir doch über die Grenzen des Zulässigen hinaus⸗ zugehen. Denn was dem einen Arbeiter recht ist, würde einem anderen auf einer anderen Grube naturgemäß billig sein. Die letzten Konsequenzen des Wunsches des Herrn Abg. Cahensly würden also darin bestehen, daß die fiskalischen Betriebe auch bei den schlechtesten Konjunkturen nicht mehr in der Lage sind, die Zahl ihrer Arbeiter zu verringern, Welche Opfer damit verbunden wären, brauche ich nicht näher aus⸗ einanderzusetzen.
Ich meine, wenn der fiskalische Betrieb, der an sich sehr un⸗ erheblich ist, beträchtliche Zuschüsse gebraucht, wenn wir keine Aussicht haben, daß er sich bessert, so bleibt nichts übrig, als ihn einzuschränken. So lange die Zahlen der entlassenen Arbeiter nicht übergroß sind, würde man mit einer gewissen Berechtigung annehmen können, daß diese Arbeiter anderswo Beschäftigung finden. Bisher ist der Fiskus stets von dem Grundsatz ausgegangen, wenn er einen Betrieb einstellt, daß er, wenn die bisher bei ihm beschäftigten Ar⸗ beiter nicht in der Lage sind, sich anderwärts Arbeit zu verschaffen, ihnen helfend zur Seite gestanden hat. So ist es kürzlich geschehen, als wir den Steinkohlenbetrieb zu Wellin, wo allerdings viele Arbeiter arbeiteten, einstellen mußten, weil die Kohle abgebaut war. Das wird auch hier geschehen. Wenn sich herausstellt, daß diese zwanzig Arbeiter absolut wo anders sich keine Arbeiten verschaffen können, so werden wir versuchen, nach Möglichkeit ihnen weiterzuhelfen. Aber Arbeiter bei der Arbeit zu erhalten, die nichts bringt, die unlohnend ist, wäre ein falscher Schritt, und deshalb kann ich eine Erfüllung der Bitte des Herrn Abg. Cahensly nicht in Aussicht stellen.
entlassenen Bergarbeiter ihre Ansprüche an Kranken⸗ und Pensionskassen verlören, erwiderte der
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Die Mißstände, die der Herr Abg. Stötzel er⸗ wähnt hat, sind doch in dem Umfang nicht vorhanden, wie es nach seinen Worten den Anschein erwecken könnte. Zunächst ist in Rücksicht zu nehmen, daß ein Bergarbeiter, der die Arbeit auf einer Grube verläßt und auf einer anderen in Arbeit eintritt, in dem Knappschafts⸗ verhältniß bleibt. Verläßt er die Bergarbeit überhaupt, so ist er in der Lage, durch eine geringe Rekognitionsgebühr sich die erworbenen Rechte zu wahren, und dazu bleiben ihm die Rechte, die er durch die reichsgesetzliche Alters⸗ und Invaliditätsversicherung erworben hat, unter allen Umständen. Ich will trotzdem nicht in Abrede stellen, daß in einzelnen Fällen sich Härten herausstellen können, ich gebe auch zu, daß die Statuten der Knappschaften mitunter zu weitläufig sind, daß sie sich verkürzen und deutlicher machen lassen, daß es wünschenswerth ist, in mancher Richtung Aenderungen eintreten zu lassen. Meine Herren, für die Aufsichtsbehörde aber liegt die Sache so, daß sie zur Zeit nicht in der Lage ist, eine Aenderung der fraglichen Bestimmungen der Statuten herbeizuführen. Sie kann es nur insoweit, als sie dem Gesetz wider⸗ sprechen, und da es einen gesetzlichen Anspruch der Arbeiter, die aus der Bergarbeit entlassen sind, auf Fortgewährung der erworbenen
Dem Abg. Sbötzel (Zentr.), welcher es beklagte, daß die
will, so ist heute die Behörde nicht in der Lage, die gewünschte Aend rung der Statuten herbeizuführen. Die Frage könnte mit Erfolg 8 durch eine Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über das Knaxp, schaftswesen herbeigeführt werden. Ich habe bereits, wenn ich ni irre, bei der ersten Lesung in diesem Jahre, auf eine damals erfolgt Anregung bemerkt, daß wir uns mit der Frage der anderweitzge Ordnung des Knappschaftswesens beschäftigen, daß wir aber biebe mit einem fertigen Werk nicht hervortreten könnten.
Wenn die Frage der Unzulänglichkeit des Knappschaftswesens mit 8 Entlassung einiger Arbeiter in einem fiskalischen Betriebe in Verbindung gebracht ist, so kann ich nur bemerken, daß man doch in keinem Fall dazu übergehen könnte, selbst wenn die betreffenden Arbeiter knap schaftsberechtigt wären — ich weiß es nicht, ich bin darüber Uin Augenblick nicht informiert — so könnte man doch nicht so weit gehen, n sagen: deshalb, weil sie knappschaftsberechtigte Arbeiter sind, muß da Betrieb in dem bisherigen Umfang aufrecht erhalten werden. Daß ist eine unmögliche Forderung. Wohl aber entsteht dann für den Fiskus, der als Arbeitgeber hier betheiligt ist, die Frage einer bil⸗ ligen Entschädigung der Betreffenden, oder des Versuches, ihnen au eine andere Weise dazu zu verhelfen, wieder ihren Lebensunterhal verdienen zu können.
Abg. Conrad⸗Glatz (Z0 Neurode.
Abg. Gothein (fr. Vg.) stimmt dem Vorredner zu und bedauen die Aufhebung der Staffeltarife, da die schlesische Landwirthschot ohne diese von der Aufhebung des Identitätsnachweises keinen Vortheil haben werde. Redner empfiehlt die Einführung von Re⸗ 131“ für Futtermittel und andere landwirthschaftlihe
rodukte. 1 Abg. Bueck (nl.) bedauert die ablehnende Haltung des Ministen gegncber den Wünschen der niederrheinischen Industrie wegen daer mschlagstarife für Oberlahnstein. Die Wünsche gingen allerding weiter; am liebsten würde man die Kanalisation der Mosel sehen aber man begnüge sich mit den Ausnahmetarifen für Erze.
Abg. Fuchs (Zentr.) führt aus, daß die Eisenbahn⸗Betriebs⸗ seefäh bei den neuen Dienstaltersstufen schlechter gestellt seien, als früher.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Dückers bestreitet die wenn auch die jüngeren Altersklassen etwas weniger erhielten, st komme doch im ganzen eine Mehrausgabe von 300 000 ℳ heraus.
Abg. Dr. Sattler (nl.) verweist den Abg. Fuchs auf die Va⸗ handlungen in der zweiten Lesung, wo die Verhältnisse der Eisenbahn⸗ Betriebssekretäre ausführlich zur Sprache gekommen seien. Er alz Referent habe dabei konstatiert, daß eine Verbesserung, nicht ein
utr.) den Bau einer Linie Reichenbach—
erfolgi, Schmidt⸗Warburg (Zentr.) schließt sich den Ausführunga des Abg. Fuchs vollständig an.
Bei dem Etat der Ansiedelungskommission er⸗ klärt der
Abg. Mizerski (Pole), daß die Polen, nachdem ihr Antrag af Beseitigung des Ansiedelungsgesetzes abgelehnt worden sei, gegen diesen Etat stimmen würden. Das ganze Ansiedelungswerk sei verfassungs⸗ ns da es der Gleichheit aller Preußen vor dem Geesseze wider⸗ preche. 8 Bei dem Etat des Finanz⸗Ministeriums erklärt
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert, im Anschluß an Auws⸗ führungen des Abg. Hammacher in der zweiten Lesung, daß den B⸗⸗ amten, denen im letzten Quartal vor dem Inkrafttreten der Diens⸗ altersstufen eine Gehaltserhöhung zustand, eine solche nur insonet sei, als sie dem Gehalt nach dem Altersstufensysten entsprach.
verlch. Schmitz⸗Erkelenz (Zentr.) empfiehlt bei der Veranlagen zur Vermögenssteuer eine den wirklichen Erträgen entsprechende Ei⸗ schätzung des landwirthschaftlich benutzten Bodens, nicht nach den Verkaufswerth, der oft höher sei als der Ertragswerth.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Es war etwas schwer, den Herrn Vorredner zu verstehen, well er nach der anderen Seite hin sprach; ich könnte daher vieles mi⸗ verstanden haben. Wenn ich ihn recht verstanden habe, so befürchtt der Herr Vorredner, daß bei der Veranlagung der Vermögensstewr und bei der Einschätzung des Grund und Bodens in einer ungerechte Weise der reine Verkaufswerth angenommen werden könnte. . werden sich sehr viele Herren — ich berufe mich auf die frühen Ausführungen bei Gelegenheit der Verhandlungen über das G. gänzungssteuergesetz — erinnern der damals ausdrücklich behandeln Frage nach der Bedeutung des gemeinen Werths. Mr. wünschte damals von der einen oder anderen Seite, möge anstatt dessen in das Gesetz hineingeschrieben werdne „Nach Maßgabe des kapitalisierten Ertragswerthes“, wähtan andere der Meinung waren, man müsse einfach nach du Verkaufswerth fragen. Schließlich wurde der Ausdruck, 4 solle der Grund und Boden eingeschätzt werden nach seinem gemeine Werth, beibehalten. 1
Der gemeine Werth nach Maßgabe des Allgemeinen Landrechts i derjenige Werth, den ein bestimmter Gegenstand für jedermann 1 Damit sind also von vornherein ausgeschlossen gewissermaßen Lit haberwerthe und besondere Gelegenheiten, wo man ein Gnntd⸗ stück etwa theuer verkaufen kann, oder besondere ungünstig Umstände, wo das Grundstück zu sehr billigem Pril von einem Einzelnen verkauft werden muß; sondern es ist derjenie Werth — wo der Verkaufswerth in Frage kommt, derjenige Verkauft⸗ werth —, den durchgängig in einer gegebenen Zeit für jedermant das gegebene Grundstück hat, wozu also jeder Eigenthümer jedenne in der Lage sein würde, ein solches Grundstück zu verkaufen und Kapital zu verwandeln. Ich habe damals mit Zustimmung, glaube ich, des hohen Hauses gesagt: wir können nicht den reinen Verkaut werth nehmen, weil wir sehr viele ländliche Gegenden haben, wo bot einem solchen gemeinen Verkaufswerth — wenn ich nun den Au druck einmal so nehmen darf überhaupt gar vih die Rede ist, wo durchgängige Verkaufspreise für Grundstücke übe. haupt gar nicht existieren, weil eben zu selten derartige Verkäufe veh kommen und weil die Grundstücke nur bewerthet werden nach lbren Ertrag im Fall, daß sie von der einen Hand in die andere übernie sowohl bei Erbfällen, als auch wo bei Ankäufen immer gefragt win⸗ was kann das Grundstück aufbringen, was ist es also einem 6 Uebernehmer werth? Andererseits kann man aber auch nicht am schließlich den Ertragswerth nehmen, denn in manchen Gegahg namentlich in der Nähe von Städten, haben Grund und Boden 1 Charakter einer reinen Waare angenommen. Beispielam⸗ Bauplätze, die in der Nähe von Städten liegen, die vielleicht Zeit gar keinen Ertrag bringen, kann man unmöglich nach dem Erm⸗ werth behandeln, während der Eigenthümer jederzeit in der jederzeit sehr hohe Verkaufspreise für diese Grundstücke zu bekom
Dem Abg. Schmitz⸗Erkelenz (Zentr.), welcher eine Revision
Rechte in der Ausdehnung nicht giebt, wie sie der Herr Abg. Stötzel
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Verschlechterung dieser Beamten durch die Neuregelung der Gehälte
zum De
8
3 w eite Beilage
ichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
8 “
Nun giebt es zweifellos Fälle, wo das eine System berechtigt ist und das andere System berechtigt ist, beide ausschließlich; dann aber giebt es auch Fälle, wo das eine System in das andere übergeht. Dafür von hier aus Vorschriften zu geben, ist völlig unmöglich; das muß die Vernunft der Veranlagungsbehörden, der Einschätzungs⸗ behörden thun. Es sind ja besondere Einschätzungsbehörden nieder⸗ gesetzt; sie werden aus den betreffenden Gegenden genommen, das sind — muß man annehmen gewissenhafte und ver⸗ ständige Männer, die müssen da den rechten Weg finden. Das kann ich aber ganz bestimmt erklären, daß nach meiner Meinung in rein ländlichen Verhältnissen, wo das Nutzen⸗ und das Ertragbringen bei jedem Erwerb entscheidend im Vordergrund stehen und nicht die Möglichkeit eines Wiederverkaufs zu spekulativen Zwecken, man sich wesentlich wird an den Ertragswerth halten können. Die Herren können versichert sein, daß ich durchaus bestrebt bin — wie ich mir das auch wohl beilegen kann für die Einkommensteuer — das Gesetz ganz loyal in seinem Sinne auszuführen. Ein fiskalisches Interesse liegt dabei auch gar nicht vor, der Fiskus soll ja nur 35 Millionen Mark aus der Ergänzungssteuer haben. Käme ein höherer Ertrag heraus, dann würde er heruntergesetzt werden müssen auf diesen Betrag, während umgekehrt, wenn ein geringerer Ertrag herauskommt, der pro mille- Satz zu erhöhen wäre. Also ein fiskalisches Interesse kann garnicht vorliegen, und das staatliche Interesse geht natürlich dahin, daß unter Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse thunlichst gleichmäßig in der ganzen Monarchie verfahren wird — und danach streben wir auch. Ich bin sogar so weit gegangen, daß, nachdem eine ausführliche In⸗ struktiin an die Katasterbeamten ergangen ist, mündliche Zusammenkünfte derselben eingeleitet worden sind, daß Kommissare des Finanz⸗Ministeriums selbst in diesen Versammlungen erschienen sind, und eingehend mit den betreffenden Katasterkontroleuren, — die übrigens ja nicht allein entscheiden, sondern das thun ja die Ein⸗ schätzungskommissionen — die ganzen Fragen durchgesprochen haben. Ja, meine Herren, daß eine so schwierige Aufgabe, das ganze National⸗ vermögen einzuschätzen, bei dem ersten Anlauf manche Schwierigkeiten nicht bloß, sondern auch manche Fehlgriffe und Irrthümer mit sich bringen kann, das ist von vornherein garnicht abzulehnen. Wir haben hier eine Aufgabe, wie sie noch mit Ausnahme einiger kleiner schweizer Kantone keinem europäischen Staat gestellt worden ist. Wir haben in dieser Beziehung gar keinen Vorgang. Wir sind uns der Schwierigkeiten der Aufgabe voll bewußt. Wir geben uns — das kann ich versichern die allergrößte Mühe, nach Recht und Billigkeit dabei zu verfahren. Man kann sich auch einigermaßen damit trösten, daß Fehlgriffe in der Schätzung in Bezug auf die Belastung der Steuerpflichtigen nicht so erheblich ins Ge⸗ wicht fallen bei der verhältnißmäßigen Geringfügigkeit der Steuer. Selbst wenn ein großes Gut, wollen wir sagen, um 100 000 ℳ ver⸗ kehrt eingeschätzt wäre, so würde das immer nur einen Steuerbetrag von 50 ℳ machen, was nicht allzu drückend ist, was aber natürlich möglichst vermieden werden muß.
Nun ist zutreffend, wie ich dem Herrn Vorredner zugeben will, daß die Verhältnisse in dieser Beziehung im Lande ganz außer⸗ ordentlich verschieden sind, und daß da, wo die Naturaltheilung für Grund und Boden bei der Vererbung besteht, wo der Landhunger übermäßige Dimensionen angenommen hat, wo gekauft wird à tout⸗ prix, äinerlei, was das Grundstück kostet, unter Verlust von Kapital und übermäßiger Einsetzung eigener Arbeitskraft, daß da die Gefahr einer Ueberschätzung des Werths von Grund und Boden am größten ist. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß gerade diese Landestheile be⸗ bünstigt sind durch die Grenze. Wenn die Grenze von 6000 ℳ inne⸗ gehalten wird, so wird das in denjenigen Provinzen, wo der Groß⸗ grundbesitz oder der größere Bauer vorherrscht, kaum ein Grundstück vollständig befreien. Aber in den Ländern des Kleinbesitzes, der Parzellenwirthschaft, werden eine sehr große Anzahl von Grundstücken üiberhaupt aus der Steuer bleiben. Das ist einigermaßen wenigstens eine Kompensation gegenüber der anderen Gefahr, von der ich hier gesprochen habe. Ich glaube, der Herr Vorredner wird mir zugeben, daß ich mit diesen Anschauungen vollständig, nicht bloß innerhalb des Gesetzes, sondern auch innerhalb der Intentionen dieses hohen Hauses bei der Berathung dieses Gesetzes bleibe. (Bravo!)
Beim Etat der Bauverwaltung beschwert sich
Abg. Jürgensen (nl.) über den Bau der Drehbrücke bei Friedrichstadt, der ungebührlich lange hingehalten werde. Die Schiffahrt durch den Westersielzug sei gehindert. Die Steigungsverhältnisse vor der Brücke würden erheblich verschlechtert, sodaß die Bewohner durch Treppen auf die Straße gelangen müßten und die Straße durch Futtermauern und Geländer gegen die Häufer abgegrenzt werde.
ie Bauverwaltung verhindere die Bewohner, ihre Grundstücke sägen den stärkeren Eefchh des Wassers durch den Ostersielzug ge⸗ ührend zu schützen, und fordere mit Unrecht die Wegnahme ihrer
berechtigten Wasserstege. Redner bitte den Minister, diesen Be⸗ schwerden abzuhelfen.
Abg. Gothein (fr. Vg.) bedauert mit den anderen Interessenten
an der Oderschiffahrt, daß die Führung des Schiffahrtsweges durch En. um Breslau sich so sehr verzögere; er fragt, ob die Anlage dieses üchiffahrtsweges fertig gestellt sein werde, wenn die Kanalisierung der oberen Oder beendigt sein wird. Es sei bedauerlich, daß solche großen Lerke von Kleinigkeiten aufgehalten würden. So sei z. B. auch in Verlin die große Schleuse am Mühlendamm seit anderthalb vehra fertig, könne jedoch nicht in Betrieb genommen werden, weil aße lich eine Einigung mit Berlin wegen der Kurfürstenbrücke nicht de erfolgen konnen. Die Einigung fei aber nicht an sachlichen ründen gescheitert, sondern die Akademie für das Bauwesen habe
der cheimer Bau⸗Rath Keller erklärt: 8 oberen Oder sei ziemlich weit gefördert. Der Schiffahrts⸗ fümgt um Breslau sei Nanmäßig festgestellt und werde auch ausge⸗ Sinttwerden, trotzdem Mehrkosten von 430 000 ℳ entständen. Die Entl Breslau wünsche aber eine noch weitere als die vorgesehene eung vom Hochwasser; sie sei aufgefordert worden, sich an dem schei es Fluthkanals finanziell zu betheiligen. Jedoch nicht daran sästkere die Ausführung, sondern an den hohen Ferperusgeg ein⸗
* Grundstücksbesitzer, die augenscheinlich zum theil auf Speku⸗
Die Kanalisierung
Zeit Gegenstand meiner Obsorge. gehabt, dem hohen Hause mitzutheilen, daß die preußische Staats⸗ regierung bei den Reichs⸗Instanzen eine Revision der Zivil⸗Prozeß⸗ ordnung angeregt hat. legenheit der Reichs⸗Regierung mitgetheilt sind, befindet sich ins⸗ besondere ein Vorschlag, der zu einer durchgreifenden Aenderung der Stellung der Gerichtsvollzieher führen und somit den Beschwerden, zusstellungen an der Ausschmückung der Brücke gemacht. welche der Herr Vorredner bezeichnet hat, gründlich abhelfen wird. Damit ist indessen nicht ausgeschlossen, daß schon inzwischen auf dem landesrechtlichen Gebiet Maßregeln ergriffen werden, welche dazu geeignet sind, die Einnahmeverhältnisse der Gerichtsvollzieher in ein richtiges Verhältniß zu den Einnahmen anderer gleichstehender Be⸗ amten zu bringen. dieser Richtung in Verbindung mit dem Herrn Finanz⸗Minister ein⸗
Verlin, Montag, den 16. April
1894.
Schiffahrtsweg verlegt, oder das Enteignungsverfahren eingeleitet
werden, was sehr zeitraubend wäre. . Ober⸗Bau. Direttor Wiebe: Bezüglich der Kurfürstenbrücke die Schwierigkeiten lagen auf
ist eine Verständigung lange erzielt; einem anderen Gebiete außerhalb des Bereiches der Bauverwaltung. Auch diese sind beseitigt und es wirod jetzt mit dem Abbruch der rücke begonnen. Abg. Gothein (fr. Vg.) hält es für Geld
zweckmäßiger, etwas mehr auszugeben,
1 damit endlich die lange bewilligten Bauten aus⸗ geführt würden.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa k(kons.): Die Kon⸗ servativen werden die geforderten Summen für die Wasserstraßen be⸗ willigen, aber unter der Voraussetzung, daß für die Benutzung derselben entsprechende Gebühren erhoben werden.
Beim Etat des Handels⸗Ministeriums bittet Abg. Enneccerus (nl.) im Interesse des Kleingewerbes den Finanz⸗Minister um eine stärkere Förderung des Fortbildungs⸗ und gewerblichen Unterrichts. Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Diese Bitte, was möglich ist, zu thun, zu er⸗ füllen, kann ich zusagen. (Heiterkeit.) Ein besonderes Interesse bei mir anzuregen in Bezug auf gewerbliche Fortbildungsschulen ist, glaube ich, nicht nothwendig; denn ich habe zwanzig Jahre solche Schulen geleitet, ihre segensreichen Wirkungen genügend erkannt und eine große gewerbliche Fortbildungsschule selbst gearündet. Wenn ich mich recht erinnere, bin ich sogar als Abgeordneter derjenige gewesen, der zum ersten Mal eine Position zur Unterstützung der gewerblichen Fort⸗ bildungsschulen in den preußischen Etat hineingebracht hat. Ich glaube also, es wird nicht nöthig sein, in dieser Beziehung mein Interesse noch besonders wachzurufen.
Aber, meine Herren, andererseits muß doch auch erwogen werden, daß wir in Preußen eine Steuerreform durchgeführt haben, welche den Kommunen und namentlich den Städten, was ich hier aufs neue be⸗ tonen muß, einen Gesammtsteuerbetrag von über 100 Millionen zu⸗ wendet. Meine Herren, ich habe geglaubt, daß damit nicht bloß die Finanzen der Kommunen und Städte gebessert werden, sondern auch in dezentralisierendem Sinne das Gefühl der Opferfreudigkeit und Selbständigkeit in diesen Kommunen und namentlich in den Städten wachsen würde. Bis jetzt sehe ich jedoch davon noch nicht viel; ich hoffe aber, daß dies Gefühl wachsen wird, wenn erst wirklich die Ueberweisung der Steuern kommt. Ich kenne hiervon jedoch sehr glänzende Ausnahmen, wo namentlich es sich größere Städte zur Ehre rechnen, nicht an den Staat zu gehen und Hilfe zu suchen, sondern diese lokalen gewerblichen Fortbildungsschulen aus eigenen Mitteln, ohne Zuschuß des Staates oder nur mit mäßigem Zuschuß desselben, zu unterhalten; und ich hoffe, daß vom 1. April 1895 ab, von wo die Finanzen der Kommunen wesentlich aufgebessert werden, diese ge⸗ neigt sein werden, einen größeren Theil als bisher zu den Kosten dieser Schulen, wenigstens soweit solche eine wesentlich lokale Be⸗ deutung haben, zu prästieren.
Daß man aber als Finanz⸗Minister sich selbst — zu meinem tiefen Bedauern — in der Bewilligung von Ausgaben Zwang anlegen muß, und daß das durchaus keine angenehme Aufgabe ist, vielmehr eine solche, die man jedem Andern gern überläßt, brauche ich nicht weiter auszuführen. Je schwieriger anscheinend die Parlamente in der Bewilligung der nöthigen Mittel werden, desto stärker werden die Anforderungen an den Staat. Diese beiden Dinge sind aber nicht mit einander zu vereinigen das wird niemand bestreiten —, es sei denn, ein Finanz⸗Minister bekümmere sich nicht um die Zukunft, er ginge von dem Grundsatz aus: après nous le déluge, er lebte drauf los, er lebte vom Schuldenmachen. Dazu bin ich aber nicht angethan, und dazu werde ich mich nicht herbeilassen.
Meine Herren, was der Herr Abg. Enneccerus in Bezug auf die gewerblichen Fortbildungsschulen ausgesprochen hat, konnte er ebenso gut über die landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen sagen. (Zustim⸗ mung.) Er konnte es auch für eine Reihe der dringlichsten Landes⸗ meliorationen aussprechen; er konnte es auch für die nothwendigen Flußregulierungen und viele andere Dinge bemerken; und in allen diesen Dingen würde ich ihm Recht geben. Aber das Resultat der Verhandlung würde nur sein, wenn man objektiv denkt, daß wir, wie ich schon anderweitig betont habe, für die nothwendigen Kulturaufgaben des Staats gegenwärtig nicht die nothwendigen Mittel haben, und es daher vor allem nothwendig ist, diese Mittel herbeizuschaffen.
Abg. Dr. Enneccerus (nl.): Die letzte Schlußfolgerung ist berechtigt; ich kann nur bedauern, daß die Finanzreform im Reich einen so kläglichen Ausgang genommen hat. Was in diesem Jahre nicht erreicht ist, wird später erreicht werden, denn in dieser traurigen Finanzlage können das Reich und die Einzelstaaten nicht bleiben. Abg. Krawinkel (nl.) empfiehlt ebenfalls die Förderung des Fortbildungs⸗ und gewerblichen Unterrichtswesens. b
Bei dem Etat der Justizverwaltung empfiehlt Abg. Busch (kons.) eine anderweite Regelung der Gerichts⸗ vollziehergebühren.
Justiz⸗Minister Dr. von Schelling:
Ich muß anerkennen, daß Mißstände der von dem Herrn Vor⸗ redner hervorgehobenen Art vorhanden sind; sie sind schon seit längerer Ich habe bereits früher die Ehre
Unter den Vorschlägen, welche bei dieser Ge⸗
Ich habe bereits vorbereitende Erwägungen nach
lation die Grundstücke gekauft haben. Es müsse also entweder der
treten lassen, und ich erblicke in den Aeußerungen des Herrn Vor⸗ redners eine Unterstützung meiner Bestrebungen.
Daärauf wird um 4 U See tehehgtreges auf dem er
hr die weitexe Berathung des Montag 11 Uhr vertagt (außer⸗ tte Lesung der Novelle zum hannoverschen Wegegesetz).
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Hypothekenbewegung in Preußen 1892/93. Bekanntlich ist den preußischen Amtsgerichten bezw. Hypotheken⸗ ämtern anheimgegeben worden, neben den alljährlich einzuliefernden zahlenmäßigen Uebersichten der Hypothekenbewegung innerhalb ihres Bezirks Sondernachweisungen über gerichtlich zur Kenntniß gebrachte Besithegncecehsen einzureichen. Wenngleich hierbei nur die verhältnißmäßig wenig zahlreichen, durch Besitz⸗ wechsel betroffenen Grundstücke in Betracht kommen, so bieten die Ergebnisse, wie die „Stat. Korr.“ bemerkt, doch interessante Beispiele, deren statistischer Werth mit ihrer Anzahl zunimmt. Jeder Besitz⸗ wechsel bringt im allgemeinen diejenigen Hypothekenschulden ans Licht, welche abgezahlt. aber noch nicht zur Löschung gebracht sind; daneben zeigt sich die Einwirkung der verschiedenen Formen des Besitzwechsels, wie Kauf und Erbtheilung, auf die Beisschrü heng
Für das Jahr 1892/93 liegt u. a. der Bericht eines branden⸗ burgischen Amtsgerichtes vor, wonach 40 Grundstücke mit einem Flächeninhalt von 1389,86 ha in andere Hände übergegangen waren, darunter 8 bezw. 11. Grundstücke in einer Größe von 10—50 bezw. über 50 ha mit einer Fläche von 193,58 bezw. 1153,65 ha; demnach entfiel über ein Viertel der zum Besitzwechsel gelangten Grundstücke auf Großbetriebe. Der Grundsteuerreinertrag betrug 14 594,25 ℳ; die buchmäßige Verschuldung war zur Zeit des Besitz⸗ wechsels mit 587 078,25 ℳ verzeichnet; thatsächlich waren hiervon abgezahlt 6150 ℳ, d. h. 1,05 %, also ein ganz unbedeutender Theil dieser Verschuldung. Die thatschliche Versehuldreng im Augenblick des Besitzwechsels stellte sich hiernach auf 580 928,25 ℳ Nach Besitz⸗ übernahme erfolgte seitens der neuen Besitzer keine Entlastung; viel⸗ mehr hob sich die “ durch weitere Schuldenaufnahme in Höhe von 106 600 ℳ auf den Betrag von 687 528,25 ℳ, d. i. vom 39,81 fachen auf das 47,11 fache des Grundsteuerreinertrags. Auch in diesem Beispiel, in welchem übrigens die Trennung der Erbtheilungen von den Verkäufen sich nicht sicher durchführen 858 tritt also der Besitzwechsel weit mehr als Ursache der Mehrver chuldung als der Entlastung auf.
Deutscher Berufsgenossenschaftstag.
Der diesjährige ordentliche Berufsgenossenschaftstag des Verbandes der deutschen Berufsgenossenschaften wird, wie ee festgesetzt ist, am 5. Juni in Dresden abgehalten werden. Außer dem Bericht des Vorsitzenden sollen u. a. folgende Gegenstände zur Berathung gelangen: die Ausarbeitung von Normal⸗Unfallverhütun svorschriften; die zu erwartende Novelle zu den Unfall⸗Versicherungsgesetzen die zur Vermeidung der Doppelzahlung von Renten aus der Unfall⸗ und Invaliditätsversicherung zu treffenden Maßnahmen; die Vertretung der Berufsgenossenschaften nach außen, namentlich in Bezug auf ihre Vermögensverwaltungen, sowie die Frage der ersten Hilfeleistung bei Unfällen und die in Berlin errichteten Unfallstationen.
Zur Arbeiterbewegung. Zum Ausstand des Fahrpersonals der Straßenbahn
in Dortmund (vgl. Nr. 88 d.
. und b 8 d. Bl.) äußert sich, wie die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ mittheilt, die Direktion des Unternehmens u. a. folgender⸗ maßen: Der Strike entstand durch unerhörte Forderungen der An⸗ v Die Forderungen sind folgende: Alle acht Tage zwei Tage eserve, einen Tagg ganz frei. Reserve bedeutet bei, etwaigen Erkrankungsfällen oder sonst außergewöhnlichen Vorkommnissen für den Erkrankten oder Beurlaubten einzutreten; in der Regel kommt letzteres nicht häufig vor, sodaß von Arbeit an diesen Reservetagen wenig oder garnicht die Rede sein kann. Ferner 100 ℳ Anfangsgehalt für das eintretende Personal monatlich, 120 ℳ für die älteren Leute, außerdem ganz freie Uniform. Jetzt erhalten die Fahrbeamten alle acht Tage einen Tag ganz frei, und wenn die oben bemerkten Fälle nicht eintreten, in dieser Zeit einen Tag Reserve, die ältern 90 ℳ für den Monat, die jüngern 80 bis 85 ℳ, außerdem Kilometergelder und die mindestens im Monat 5 bis 6 ℳ betragen. Zu den osten der Uniform einschließlich Mantel wird ein Drittel des Be⸗ schaffungswerthes in monatlichen Raten abgehalten. 1 Die „Ostsee⸗Ztg.“ bestätigt, daß der Ausstand der Stein⸗ s 1“ ellen in Stettin fortdauert, ealeta er für die Arbeiter völlig aussichtslos ist. Nur die älteren Leute haben sich bei ihren Meistern gemeldet und die Arbeit wieder aufgenommen. Inzwischen scteten 888 Straßenarbeiten mit Hilfe der ausgebildeten Arbeiter rüstig fort. 8 In Freiburg i. Br. befinden sich, wie der „Vorwärts“ b richtet, noch gegen 300 Maurer im Ausstande, während 50, denen die zehnstüͤndige rbeit bewilligt wurde, wieder auf den Bauplätzen e schienen sind. Die Ausständigen konnten trotz aller Gegenmaßregeln den Zuzug italienischer Arbeiter nicht verhindern. Aus Wien wird demselben Blatt berichtet, daß jetzt sämmtliche
Bildhauer ausstehen.
In Lausanne (Schweiz) befinden sich gegenwärtig über 100 Maurer im Ausstande, welche die Auszahlung des Lohnes alle 14 Tage verlangen, während einige Unternehmer nur monatlich auszahlen wollen Vor zwei Jahren wurde, wie der „Vorwärts“ bemerkt, aus dem gleichen Grunde gesässn
Zum Ausstand der Ziegelbrenner in der Provinz Ant
werpen schreibt man der Voßf⸗ 3.“ weiter aus Brüssel unter dem 13. d. M.; Alle Ziegeleien in Boom, Terhaegen, Rumpst, Niel bis nach Hoboken haben den Betrieb einstellen müssen. Da die Aus⸗ ständigen in Füoßen Schaaren umherziehen, so kommt es fortdauernd zu Zusammenstößen zwischen Gendarmen und Arbeitern; zwei Arbeiter wurden schwer verwundet. In Boom, Terhaegen und Rumpst sind heute Nacht abermals zwei Ziegeleien, Schuppen mit Holzvorräthen und Stallungen angezündet worden. Infolge dessen sind heute umfassende Maßnahmen angeordnet. Die Antwerpener Staatsanwaltschaft hat sich in Rumpst niedergelassen; die vier Gemeinden Rumpst Boom, Terhaegen und Noeveren sind militärisch besetzt und alle öffentlichen Versammlungen untersagt. wei Brandstifter wurden heute Nacht auf frischer That festgenommen. er Bahnhof in Boom ist durch Gendarmerie besetzt; das sechste in Antwerpen stehende Linien⸗Regiment ist nach Boom abgegangen. Alle Verkaufsläden der Ziegelbrennereibesitzer wurden von Amtswegen ge⸗ chlossen. — Vom Sonnabend wird berichtet: Die in Boom ver⸗ ammelten ausständigen Ziegelarbeiter beschlossen, den allgemeinen usstand . aber alle Gewaltthaten zu vermeiden. Aus Paris wird der „Voss. Ztg.“ geschrieben: Der Ausst and der Hochofenarbeiter von Trignac nimmt größeren Umfang an. Der Besitzer hat den Lohn seiner Arbeiter vermindert und die Arbeitszeit verlängert. Die sozialistischen Abgeordneten Sembat, Contant, Qutint und Groussier sind von Paris nach Trignac gereist, um den Ausständigen beizustehen; andere Abgeordnete werden er⸗ wartet. Die Gendarmerie des Orts wurde verstärkt.
Von den „Annalen des Deutschen Reichs“ von Georg
Fer und Dr. 1 von Seydel (Verlag von G. Hirth in München) liegen die Hefte 4, 5 und 6 vor. In Heft 4 wird eine