1894 / 90 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Land⸗ und Forstwirthschaft. Saatenstand in Italien. Der in der zweiten Hälfte März in ganz Süd⸗Italien und Sizilien gefallene Regen ist den Saatfeldern daselbst sehr förderlich gewesen, und die junge Saat steht zur Zett allenthalben sehr gut. Die Aussaat von Kartoffeln und Mais kann in Sizilien als beendigt angesehen werden und dürfte binnen kurzem auch im kontinentalen Süd⸗Italien ihren Abschluß erreichen. 1 8 8 Auch aus Nord⸗ und Mittel⸗Italien lauten die Nachrichten über den Saatenstand im allgemeinen günstig.

Getreideernte 1893 in den Niederlanden. 1 Die vorjährige Ernte in den Niederlanden hat amtlichen Schätzungen zufolge für Roggen und Kartoffeln einen „guten“, für Weizen einen „mittelmäßigen“, für Gerste einen „weniger als mittel⸗ mäßigen“ und für Hafer einen „schlechten“ Ertrag ergeben. Die Anbauflächen für das Jahr 1893 werden folgendermaßen

angegeben: 11“ 200 600 ha, Weizen 83 371 Gerste. 45 150 Haser.. 116 400 Kartoffeln 146 300

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. 8

Spanien. 1

Die gegen Herkünfte von Namur und Umgegend angeordnete

Quarantäne ist unter den üblichen Bedingungen aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 31 vom 5. Februar d. J.)

Paris, 16. April. (W. T. B.) Der Minister für Landwirth⸗ schaft hat angeordnet, daß alle ausländischen Hammel, die zu einem Transporte gehören, bei dem ein oder mehrere Fälle von Maul⸗ seuche festgestellt worden sind, unverzüglich im Sanatorium von La Vilette getödtet werden. Gleichzeitig empfiehlt der Minister, aus⸗ ländische Hammel nach einem Aufenthalt von längstens 24 Stunden im Sanatorium zu schlachten.

Theater und Musik.

A““ Konzerte. F“ Der vierte Kammermusik⸗Abend der Herren Halir, Markees, Müller und Dechert, welcher am Sonnabend im Saal Bechstein stattfand, brachte drei in hohem Grade interessante Werke dieser Stilgattung zu Gehör. Eugen d'Albert'’s Streichquartett in Es-dur zeichnet sich durch fesselnde Motive und geistvolle Art der Durchführung aus. Besonders originell erschien der erste Allegrosatz mit seinen in rapidestem Tempo auf⸗ und abwärts dahineilenden melodiösen Passagen, die mehr der Klaviertechnik als der der Streichinstrumente entsprechen, und bei den vielen Synkopen und rhythmischen Feinheiten wohl nur durch solche Virtuosen zur Klarheit elangen können. Das reizende Andante und der sehr belebte chlußsatz bildeten eine passende Steigerung des Effekts. Die wiederholten Beifallsbezeugungen endeten erst mit dem Erscheinen des Komponisten. Es folgte hierauf das zweite Klavierquartett in A-dur von Brahms, ein Werk, das in Form und Inhalt dem Genius Beethoven's nahekommt und das Interesse der Zuhörer bis zum Schluß in stetem Wachsen erhält. In Gemein⸗ schaft mit den Herren Halir und Dechert spielte Frer d'Albert dieses Quartett mit der ihm eigenen physischen und geistigen Kraft, welche das Werk erfordert. Das freundliche und sehr anmuthige Streich⸗ quartett in Es-dur von Carl Ditters von Dittersdorf (1739— 1799), dem Komponisten zahlreicher komischen Opern, mehrerer Symphonien und Streichquartette, bildete den Schluß des Abends. Dem Vorbilde Haydn's folgend, erreicht es nicht ganz die eeertctr .e und Tiefe seiner Gedanken. Auch dieses Quartett wurde mit lautem Beifall aufgenommen, der zugleich der vortrefflichen Ausführung durch die Konzertgeber galt.

8

Im Königlichen Opernhause wird morgen Richard Wagner's „Tannhäuser“ (Pariser Einrichtung) gegeben. Venus: Frau Sucher, Elisabeth: Fräulein Leisinger, Tannhäuser: Herr Gudehus, Wolfram: 8 1es. Landgraf: Herr Stammer. Kapellmeister Dr. Muck

rigiert.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Shake⸗ speare's „Hamlet, Prinz von Dänemark“ in Schlegel's Feaeegunc⸗ neu einstudiert in Scene. Claudius: Herr Molenar, Gertrud: Frau Stollberg, Feantg Herr Ludwig, Fortinbras: Herr Arndt, Polonius: Herr Oberländer, Laertes: Herr Purschian, Ophelia: Fräulein Lindner, Rosenkranz: Herr Hertzer, Güldenstern: Herr Hart⸗ mann, Horatio: Herr Keßler Todtengräber; Herr Vollmer, Schau⸗ spieler: Herr Kahle, Geist: Fer Nesper. Inscenierung vom Ober⸗ Regisseur Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt.

In Bzjörnson's neuem Lustspiel „Geographie und Liebe“, welches im Deutschen Theater am Freitag zum ersten Mal in Scene

eht, werden die Hauptrollen von den Damen Frauendorfer, Meyer, arlsen, Retty, Petri, und den Herren Nissen, Basil, Herz dargestellt.

Der Spielplan des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters ist dahin abgeändert worden, daß von morgen bis ein⸗ schließlich Sonnabend Millöcker’s „Bettelstudent“ gegeben wird.

Das Viktoria⸗Theater wird mit Ende des Monats aus der Reihe der Berliner Bühnen ausscheiden und damit das „Ausstattungs⸗ stück“ aus unserer Residenzstadt einstweilen verschwinden. Die Direktion hat sich daher entschlossen, mit demjenigen Stück sich vom Publikum zu verabschieden, das von allen Ausstattungsstücken am meisten An⸗ klang gefunden hat: „Die Kinder des Kapitän Grant“ von Jules Verne werden demnach von heute ab bis zum Schluß und zwar bei halben Preisen Pötanet 1 ℳ) gegeben werden.

Das Philharmonische Orchester veranstaltet das dies⸗ jährige Konzert zum Besten seines Pensionsfonds am nächsten Montag, und zwar wird sich dieses Konzert zu einem „Beethoven⸗ Abend“ gestalten. Die Mitwirkung haben übernommen die Herren Professoren Joseph Joachim, Robert Hausmann und Heinrich Barth. Der Kartenverkauf ist bei Bote u. Bock eröffnet. b 4

Im Konzerthause wird morgen der Berliner Männergesang⸗ verein „Liederkranz“ unter Leitung des Direktors Herrn Handwerg sechs niederländische Volkslieder aus der Sammlung des Adrianus Valerius vom Jahre 1626 und „Drei Männerchöre“ von Weber, Gall und Handwerg zur Aufführung bringen. Die Soli in den Volksliedern sowie in den Männerchören werden von dem Baritonisten Herrn Severin gesungen werden. Die Kapelle wird die Ouvertüren „Anakreon“ von Cherubini, „Leonore II“ von Beethoven und Grieg's „Peer⸗Gynt⸗Suite Nr. 1“ spielen.

Mannigfaltiges.

Die Trauerfeier für den verstorbenen Geheimen Regierung Professor Dr. Spitta hat gestern Nachmittag im großen Saale der Königlichen Hochschule für Musik stattgefunden. Der Sarg war, wie der „Nat.⸗Z.“ berichtet wird, vor einer Palmendekoration aufgebahrt, hinter welcher der Chor der Hochschule Aufstellung genommen hatte. Zu Seiten des Sarges standen die Chargierten der Studierenden. Die Königliche Akademie der Künste, die in corpore der Feier beiwohnte, das Lehrerkollegium der Hochschule, das Königliche Institut für Kirchen⸗ musik, die Ober⸗ und Unterbeamten der Hochschule, der Ausschuß der Studierenden, der a cappella-Chor der Königlichen Hochschule, sowie „dankbare Schülerinnen' hatten den Sarg mit kostbaren Kränzen geschmückt. Aus Wien war ein Kranz des dortigen Tonkünstlervereins eingegangen, auch die Berliner Tonkünstler hatten ihrer Theilnahme sichtbaren Ausdruck gegeben. Von den Behörden erschien der Unter⸗ Staatssekretär D. v. Weyrauch mit dem Wirklichen Geheimen Ober⸗ Regierungs⸗Rath Dr. Schöne, dem Geheimen EIö Rath Dr. Jordan u. a. Auch die Universität Berlin war zahlreich vertreten. Die Feier wurde mit Brahms' Begräbniß⸗ gesang „Nun laßt uns den Leib begraben“ eröffnet. Die Rede hielt der Bruder des Heimgegangenen, Professor Spitta, Superintendent aus Göttingen; mit einem Choral aus der Bach’'schen Matthäus⸗

passion schloß die Feier. Unter den Klängen des Trauermarsches aus

Händel's „Saul“ wurde der Sarg auf den Wagen gehoben und nach dem Zwölf⸗Apostelkirchhof übergeführt, wo die akademischen Bläser den

Zug mit Beethoven's Trauermarsch empfingen. Als der Sarg in d Gruft gesenkt war, wurde von den Bläsern noch ein Schlußsatz 8 Schumann gespielt. 1

Im Zoologischen Garten ist es jetzt zum ersten Mal gelu einen neugeborenen rothgesichtigen Makak am Leben zu erbalten 658 beiden Pavillons des neuen Affenhauses beherbergen somit augenblsc lich zwei sehr interessante Familien von Vierhändern. er aus G Verbindung der japanischen Makaken mit der Gibraltar⸗Aeffin hervor⸗ gegangene Sproß ist jetzt herangewachsen und zeigt schon eine gewiffe Selbständigkeit in seinen ewegungen, indem er auf eigene Faust von den Besuchern Leckereien zu erbetteln versucht Sein Gesichtsausdruck, aus welchem noch nicht die Verschlagenheit und Verschmitzheit der alten Affen spricht, seine urkomischen Purzelbäume fesseln den Beschauer stets von neuem. In dem anderen Pavillon, iu welchem die rothgesichtigen Makaken hausen, verläßt das junge Thier seinen Stammplatz bei der Mutter nur selten; wie eine Klette hängt es an der Alten und diese kann oft nur mit sanfter Gewalt sich der allzustürmischen Anforderungen des Kleinen erwehren Die Makaken sind diejenigen Affen, welche am weitesten in die ge⸗ mäßigte Zone hinein verbreitet sind; sie sind fämmtlich Bergbewohner und leben im Atlas, im Himalaya sowie auf den Gebirgen des chinesischen Reichs und Japans. Eine Anzahl von Magots wird be⸗ kanntlich auf dem Felsen von Gibraltar wild gehalten.

Rostock i. Meckl., 16. April. Wie der „Rostocker Anzeiger⸗ meldet, ist der Ober⸗Gerichts⸗Präsident Monroy, Grohßherzoglicher Kommissar für die Revision der Landesrezeptur⸗Verwaltung, 85 giche alt, in Güstrow gestorben.

Hamburg, 12. April. gemeinen Deutschen Journalisten⸗ und S riftstellertag zu Hamburg 1894 werden von den verschiedenen Ausschüssen eifrigst betrieben. Die Grundzüge eines Programms für die Tage vom 28. Juni bis 3. Juli sind dahin festgestellt, daß nach dem Empfang der Theilnehmer am Abend des 28. Juni am 29. Juni die festliche Eröffnungssitzung stattfindet; ein Frühstück und eine Fahrt zur Be⸗ sichtigung der Hafenanlagen und der großartigen Sandfiltration, ab⸗ schlleteng mit Mittagsmahl in Blankenese, nehmen den Nachmittag in Anspruch. Am 30. Juni folgt auf die Verhandlungen am Morgen ein Festbankett im Zoologischen Garten und am Abend eine He⸗ leuchtung der Anlagen. Der 1. Juli ist dem Schluß der geschäftlichen Verhandlungen und Besichtigungen verschiedener öffentlicher Einrich⸗ tungen gewidmet. Für den Abend ist ein Alsterfest geplant. Am 2. Juli folgt ein Ausflug nach Lübeck, und zum 3. Juli hat die Hamburg⸗Amerikanische Packetfahrt A.⸗G. zu einer Fahrt nach Helgo⸗ einem ihrer prächtigsten Doppelschrauben⸗Schnelldampfer eingeladen.

Hamburg, 16. April. Der Kapitän des in der verflossenen Nacht von Philadelphia hier angekommenen Dampfers „Donau“ berichtet dem „W. T. B.“ zufolge, daß er am 6. April bei heftigem Sturm den französischen chooner „Jacmel“ in gröste Nothlage angetroffen habe. Es sei gelungen, das Rettungsboot inz Wasser zu lassen, das Boot mit fünf Freiwilligen zu bemannen und sämmtliche Fahrgäste und Mannschaften zu retten. Einige Personen seien so ermattet gewesen, daß sie durch Taue an Bord gezogen werden mußten. Die Schiffbrüchigen wurden bestens verpflegt und mit dem Nöthigen versorgt.

Antwerpen, 16. April. Der belgische Dampfer „de Ruyter“, seit mehr als einem Monat unterwegs nach Boston, wird wie „W. T. B.“ berichtet, als verloren betrachtet. 8

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(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

t vom 17. April, Morgens.

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Wetter

8 haus.

Stationen. Wetter.

Graeb.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim.

3 bedeckt wolkig wolkig

1 wolkigr) still wolkenlos 4 bedeckt halb bed.

2

Belmullet .. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm HEente 8 t. Petersbg. Moskau.. Cork, Queens⸗ 15-E Cherbourg. ylt 168 Fenburg ö’ winemünde 755 Neufahrwasser 760 Memel...

762 55 ünster 754 Karlsruhe.. 756 Wiesbaden 755 München 755 Chemnitz.. 755 ö.H755 Breslau 759 Ile d'Nix .. 757 Nizza 11

N WNW Hamlet,

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H ¶½Ꝙ

22ö2ö2 SDUA ESSS.

heiter bedeckt 10 wolkig 10 wolkig 10 bedeckt²) 11 heiter 19 heiter 11 wolkenlos 11

bedeckt 9 bedeckt 8 Regen 10 bedeckt³) 3 bedeckt 10 2 wolkig⁴) 12 bedeckts) 14 wolkenlos 12 bedeckt 11 heiter 12

mann.

man.

NO Freitag:

1) Dunst. 2²) Gest. Nachm. Gewitter u. Regen. ²) Gest. Nachts u. jetzt Regen. ⁴) Gest. Abend Ge⸗ witter. ⁵) Thau.

Uebersicht der Witterung.

Ueber West⸗Europa ist der Luftdruck niedrig und zeigen sich mehrere Depressionen, unter deren Einfluß allenthalben trübe und vielfach regnerische Witterung

herrscht, deren Ausbreitung nach Osten hin, wo die heitere, trockene Witterung unter dem Einflusse eines ochdruckgebietes, dessen Kern über Südwestrußland lagert, noch anhält. In Deutschland ist das Wetter mild, im Westen und in den zentralen Theilen trübe und zu Regenfällen geneigt, im Osten noch heiter und trocken, die Temperatur liegt überall über dem Miittlwerthe, am meisten, bis zu 6 ½ Grad in den östlichen Gebietstheilen. An der deutschen Nordsee, sowie zu Magdeburg und Chemnitz fanden Gewitter

statt. 1 Deutsche Seewa rte.

Carl

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Mittwoch: Opern⸗ 97. Vorstellung. Sängerkrieg auf Wartburg. in 3 Akten von Richard Wagner. Ballet von Emil In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur S Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang

89 hr.

Schauspielhaus. 104. Vorstellung. Neu einstudiert: Prinz von Dänemark. 5 Aufzügen von William Shakespeare. von August Wilhelm von Schlegel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube.

Donnerstag: Opernhaus. 98. Vorstellung. Sehe e. vFEeeeeais ehn— alb bed. etro Mascagni. B Bihen von G. Verga.

1 Akt von Ferdinand Hummel. Delmar. Carneval. zügen von Emil Graeb. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. mannsschlacht. Heinrich von Kleist.

Deutsches Theater. Mittwoch: Der Talis⸗ Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der Herr Senator.

1“ : Zum 1. Male. Geographie und Liebe. Lustspiel in 3 Aufzügen von Björnstjerne Björnsen.

Berliner Theater. Mittwoch: Die Waise

von Lowood. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Minna von Barnhelm. 34. Abonnements⸗Vorstellung. Jungfran von Orleaus.

Lessing⸗Theater. Mittwoch: Niobe. Donnerstag: Neu einstudiert: Ultimo. Freitag: Niobe.

Sonnabend: Niobe.

Wallner-Theater. Gesammt⸗ Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters.

Sonntag: Die Fledermans. in 3 Akten nach Meilhac und Halevy, bearbeitet von affner und Rich. Genése. Musik von Johann Strauß. Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr Kapell⸗ meister Federmann. 8

Mriedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Mittwoch: Der Bettel

Akten von F. Zell und

Carl Millöcker. Herr Kapellmeister Federmann.

Tanuhäuser und der omantische Oper

burg. (Decoré). Meilhac. Anfang 7 ½ Uhr. Tragödie in 8 Uebersetzt

Anfang 7 ½ Uhr. Ca- Oper in 1 Aufzug von Text nach dem gleichnamigen Mara. Oper in

burg.

gesetzt von Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Zum 1. Male. bonheur conjugal).

Text von Axel 4 Ballet⸗Burleske in 2 Auf⸗ hon Flbin Valabrégue. Musik von Adolf Stein⸗ 8

105. Vorstellung. Die Her⸗ Vihktoria-Theater.

Ein Drama in 5 Aufzügen von

Anfang 7 ½ Uhr. Zum 497. Male.

von C. A. Raida.

Columbia, Ballet. Anfang 7 ½

Die

8 Charley’e Tante. Brandon Thomas.

Schwank

acobson und Benno Jacobson.

Gastspiel des Komische Operette

Mittwoch: Zum 8. Male.

Pesse mit Gesang in 3 Akten üsik von Julius Einödshofer. Donnerstag und folgende Tage:

Regie: Herr Unger. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Der Bettelstudent.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

Mittwoch: Zum vierten Male. Schwank in 3 Akten von Henry

Donnerstag: Zum 5. Male. Dekorirt.

Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

Mittwoch: Zum 146. Male. n Liebesdrama in 3 Akten von Max Halbe. In Scene von Heunn Lavater Lee;

Lustspiel in 3 Akten Deutsch von Buchholz und

Belle⸗Alliancestraße 7/8. Mittwoch: Halbe Kassenpreise (Parquet 1 u. s. w.) Nur noch 11 Aufführungen. Kinder des Kapitän Grant. Ausstastungsstück mit gr. Ballet in 12 Bildern von Jules Verne. Im 8. Bilde: Goldgräber und Zaubertanz à la Serpentine. stattungs⸗Ballet. Anfang 7 ½ Uhr.

Theater Unter den Linden. Der Mikado, Operette von Sullivan.

v“ v Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch, 7 ½ Uhr:

Vorher: Parodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von

Roth. In Scene gesetzt von Ad. Ernst. DOonnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Zentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Der neue Kurs.

und des Baritonisten Herrn Severin. Sechs alt⸗ niederländische Volkslieder, gesungen vom Berliner „Liederkranz“.

Dirigent:

Sing-Akademie. Mittwoch, Abends 8 Ulht:

Dekorirt Lieder⸗Abend von Lillian und Georg Henschel.

Zirkus Renz (Karlstraße). Nur noch kurze Zet Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Parforce⸗ und Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. Meute von 40 Hunden. Außerdem: das Schulpferd Kandelaber, geritten von Hern Ernst Renz; der Ponny Polichinell, dress. und vorgef der kaukasische Jocken Wassiliams; die Luftgymnastiker Gebrüder Wortlev, Kavallerie zu Fuß ꝛc.

Donnerstag: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

Sonnabend: Benefiz für den „August“ Lavater Le

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Familien⸗Nachrichten.

Verehelicht: Hr. Landrath Ernst von Glasenapr mit Frl. Mathilde von Goßler (Danzig) Hr. Diakonus Johannes Schmidt mit Frl. Gertrud Fuhrmann (Dresden).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrath von Oertzen⸗Repnitz (Inowrazlaw). Eine Tochter⸗ Hrn. Regierungs⸗Assessor C von Scheurnschloß (Erfurt). Hrn. Grafen Wilhelm von Pourtalss (Neudöbern). 8

Gestorben: Fr. Konsistorial⸗Rath und Super⸗ intendent Emma Langbein, geb. Saur (Neustrelit Hr. Großherzogl. meckl.⸗schwerinsch. Ober. Gerichts⸗Präsident Dr. Carl von Monrog (Güstrow). Fr. Clementine Burggräffn an⸗ Gräfin zu Dohna, geb. Gräfin von pücl

(Mallmitz). Fr. Pauline, von Thümen, ger⸗

von Wulffen (Göbel). Fr. Marie von Schöe⸗

born, geb. von Schlichten (Erxleben)

Landgerichts⸗Rath a. D. Dr. Otto von

(Breslau). Hr. Pastor Adolph

(Kossebue bei Seehausen i. Altm).

ugend. Ein

Anfang 7 ½ Uhr. Eheglück (Le

Die

Musik Das Fest der Aus⸗

Mittwoch: Hierauf: Uhr.

in 3 Akten von Die Bajazji. d

Musik von Franz

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholh).

Druck der Norddeutschen Buchdruckeret und Anstalt, Berlin SW., Wi helmstraße Nr.

Sieben Beilagen

von Leopold Ely. Anfang 7 ½ Uhr. Der neue Kurs.

Verlagt⸗ 32.

Anfang 7 ½ U

Konzert-Haus.

dent. Operette in drei ich. Genése. Musik von

Konzerte.

Mittwoch: Karl Meyder⸗

Konzert, unter freundl. Mitw. des Männergesang⸗ verein „Liederkranz“ (Dirigent: Herr W. Handwerg)

(einschließlich Börsen⸗Beilage),

t⸗ sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffen lichen (tommanditgefelschaftg h Aktien und Aktiengesellschaften) für die

vom 9. bis 14. April 1894.

Die Vorbereitungen für den III. All.

entgegentrete.

8 8 8

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger ind Küniglich Preußischen

Berlin, Dienstag, den 17. April

83. Sitzung vom Montag, 16. April, 12 Uhr.

Nachdem, wie bereits in der Nummer vom Montag be⸗ richtet, in dritter Berathung der vom Zentrum beantragte Gesetzentwurf, betreffkend die Aufhebung des Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872, angenommen war, folgte die zweite Verathung des Gesetzentwurks zum Schutz der Waarenbezeichnungen nach den Beschlussen der 11. Kommission. Berichterstatter ist der Abg. Schmidt⸗Elberfeld.

Die Kommission hat den Entwurf in einzelnen Punkten amendiert und außerdem folgende Resolution vorgeschlagen:

„Die verbündeten Regierungen aufzufordern, dem Reichstage baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch dessen Bestimmungen dem unlauteren Wettbewerb im Handel und Verkehr in weiterem Umfange entgegengetreten wird.“

Nach § 1 können besondere Waarenzeichen zur Unterscheidung der Waaren von Waaren eines anderen Erzeugers zur Eintragung in die Feschen ohle. angemeldet werden. Die Zeichenrolle wird beim Patent⸗ amt geführt.

Abg. Roeren (Zentr.) bedauert, daß dieses Gesetz in so beschleu⸗ nigtem Tempo berathen werden muß, weil die Geschäftslage des Hauses dazu zwingt. Die Vorlage und die Kommissionsbeschlüsse gehen ihm nicht weit genug in der Bekämpfung der unlauteren Kon⸗ kurrenz. Unter den obwaltenden Umständen wird er sich indeß auf die Empfehlung einiger Abänderungsanträge von weniger prinzipieller Bedeutung beschränken.

Abg. Dr. Hammacher (nl.) betrachtet die Vorlage als einen großen Fortschritt auf dem Gebiet des Musterschutzes, namentlich auch für landwirthschaftliche Betriebe, zumal die Anmeldungsberech⸗ tigung sich jetzt nicht mehr auf eingetragene Firmen beschränken soll.

§ 1 wird angenommen, ebenso die §§ 2 und 3.

Nach § 4 soll die Eintragung in die Rolle den Freizeichen sowie u. a. solchen Waarenzeichen untersagt werden, welche Aergerniß er⸗ regende Harstelungen oder solche Angaben erhalten, die ersichtlich den thatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen und die Gefahr einer Täuschung begründen.

Nach kurzer Debatte, an welcher sich die Abgg. Beckh, Dr. Hammacher und Roesicke, sowie der Regierungs⸗ kommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Hauß betheiligen, wird ein Antrag Beckh, das Wort „ersichtlich“ zu streichen, ab⸗ gelehnt, § 4 unverändert angenommen.

Die §8 5 bis 14 gelangen nach unerheblicher Debatte unter Ablehnung einiger vom Abg. Beckh gestellten Amende⸗ ments ebenfalls unverändert zur Annahme.

Nach § 15 der Vorlage, von der Kommission unverändert an⸗ enommen, wird mit Geldstrafe von 150 bis 5000 oder mit

efängniß bis zu sechs Monaten bestraft, wer Waaren oder deren Verpackung oder Umhüllung oder Ankündigung, Preislisten, Geschäfts⸗ briefe, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen fälschlich mit einem Staatswappen oder Wappen eines Ortes oder Kommunal⸗ verbandes zu dem Zweck versieht, über Beschaffenheit und Werth der Waaren einen Irrthum zu erregen. Derselben Strafe soll verfallen, wer solche Waaren in Verkehr bringt oder feilhält. Die Verwendung von Namen, welche nach Handelsbrauch zur Be⸗ nennung gewisser Waaren dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen zu wollen, fällt unter diese Bestimmung nicht.

Abg. Roeren (Zentr.) will den letzten Satz des § 15 streichen.

Außerdem schlägt derselbe Antragsteller einen neuen § 15 b vor, nach welchem mit Geldbuße bis zu 3000 oder Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft werden soll, wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr über den Ursprung und Erwerb, über be⸗ sondere Eigenschaften und Auszeichnungen von Waaren, über die Menge der Vorräthe, den Anlaß zum Verkauf oder die Preis⸗

bemessung falsche Angaben macht, welche geeignet sind, über Be⸗

schafenheit, Werth oder Herkunft der Waaren einen Irrthum zu erregen. Das Gericht soll erforderlichenfalls auch zu Anordnungen im Wege der einstweiligen Verfügung befugt sein, die hierher ge⸗ hörigen Veranstaltungen und Ankündigungen zu verhindern. Der Untragsteller will auf diesem Wege die Resolution der Kommission segenstandslos machen und dementsprechend auch die Ueberschrift der Vorlage durch den Zusatz „und zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs im Waarenverkehr“ erweitern.

Abg. Roeren (Zentr.): Nach § 15 der Vorlage würde ein in Berlin fabriziertes Kölnisches Wasser straflos als Eau de Cologne, jeder irgendwo im Deutschen Reich oder außerhalb desselben fabrizierte Weißwein als Rüdesheimer, Zeltinger u. s. w. bezeichnet

werden können. Damit werde die gute Absicht des ersten Theils des

§ 15 wiederaufgehoben. Was die Weinproduktion betreffe, so sei eingewendet worden, daß die Straffälligkeit solcher Bezeichnungen auch den redlichen Weinhandelsbetrieb zu sehr schädigen würde; die Ortsbezeichnungen hätten in dieser Beziehung ihren ursprünglichen Charakter verloren und seien Gattungsbegriffe geworden, ehenso wie Worner Pfefferkuchen, Schweizer Käse, Teltower Rübchen u. s. w. Für den Wein würde damit etwas Sest cht sanktioniert, was in Wirklichkeit Lug und Trug sei. Dem solle § 15 entgegen⸗ arbeiten, der ja auch die in betrügerischer Absicht angewendeten Ortsbezeichnungen unter Strafe stellen wolle. Ueber ein solches Verbot in solcher Begrenzung könnten weder redliche Weinhändler, noch redliche Zigarrenhändler sich irgendwie aufregen. Redner bittet, seinen Antrag auf Streichung des letzten Satzes des § 15 an⸗ zunehmen. Abg. Dr. Förster⸗Neustettin (d. Refp.) beanstandet die Worte enach Handelsgebrauch“ als zu unbestimmt. Wenn „Rheinwein“ zulässig sein soll, „Rüdesheimer“ aber nicht, so dürfte damit eine große Unsicherheit im Geschäftsverkehr hervorgerufen werden. Der Sprachgebrauch sei keineswegs konstant. Er beantragt demgemäß, daß in allen Fällen, wo solche Namen verwendet werden, der wahre Name und Wohnort des Verkäufers angebracht werden soll. b Regierungskommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath im Reichs⸗ umt des Innern Hauß tritt für die unveränderte Annahme des d15 ein. Der Tendenz des Antrags Roeren würde durch Streichung 5 letzten Satzes durchaus nicht genützt, da schon aus den Motiven je Tragweite des § 15 ganz präzise hervorgeht. Der Antrag Förster

sei sehr schwer durchführbar und würde namentlich den Waarenberkehr

nach dem Auslande stark behindern. R Ibg. Dr. Braubach (Zentr.) spricht sich für den Antrag veren und gegen den Antrag Förster aus. § 15 wird unverändert angenommen, desgleichen § 15 a, welcher von der Kommission eingefügt ist und ausländische maren, welche mit einer deutschen Firma oder Ortsbezeich⸗ lung oder mit einem eingetragenen Waarenzeichen widerrecht⸗ ich versehen sind, auf Antrag des Verletzten der Beschlag⸗ nahme und Einziehung unterwirft. b Die Diskussion wendet sich zu dem vom Abg. Roeren kantragten § 15b. 8 Abg. Roeren (Zentr.): Die Kommission hat gegen meinen An⸗ g eingewendet, daß er der concurrence déloyale nicht genügend iesen Zweck ineswegs gehabt; n. ¹

gefährlichsten und bedenklichsten Ausschreitungen, den allerschlimmsten Schwindeleien soll er vorbeugen. Zu einer eingehenden, das Ganze dieses unlauteren Wettbewerbes umfassenden Bekämpfung desselben bietet die Vorlage garnicht den Raum; die Schwindeleien sind aber so hi geworden, haben so sehr alles überwuchert, daß es dringend nothwendig 8 wenigstens den bösartigsten Auswüchsen zu steuern. Nach den Bestimmüngen des Gesetzes werden bloß die kleinen

Schwindler getroffen, die großen nicht. Diese empfindliche Lücke soll mein Antrag ausfüllen.

Abg. Jacobskötter (dkons.) tritt mit seiner Fraktion für den Antrag ein, der einem dringend empfundenen Bedürfniß der Hand⸗ werker, der Kleingewerbetreibenden und des Handelsstandes abzuhelfen geeignet sei. Man würde es in diesem Kreise einfach nicht verstehen, wenn der Reichstag einem solchen Antrage gegenüber sich ablehnend verhielte. Der Antrag schränke auch den windelhatten Hausier⸗ handel ein, bei dem über Beschaffenheit, Werth und Herkunft der Waaren überhaupt nur gelogen werde, weil das Publikum sonst von diesen Waaren nichts kaufen würde. Die in dieser Beziehung hervor⸗ getretenen Schäden lägen so zu Tage, daß es keiner Ueberlegung, keines Zögerns mehr bedürfe.

Regierungskommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath im Reichsamt des Innern Hauß: Innerhalb der Reichsverwaltung besteht durchaus Sympathie für die Bestrebungen, dem unlauteren Wettbewerb Abbruch zu thun. Die verbündeten Regierungen erkennen die hier hervor⸗ gehobenen Mißstände als vorhanden an. Vielfach fällt aber das Ein⸗ greifen der Staatsanwaltschaft schwer, weil die Merkmale des Be⸗ truges nicht einwandsfrei nachgewiesen werden können. Das Ausland ist mit seiner Gesetzgebung theilweise uns etwas voraus; was der Antrag Roeren enthält, besteht in einigen Staaten schon zu Recht. In der Bevölkerung wird der Wunsch immer lauter, diesen Miß⸗ bräuchen gegenüber Abhilfe zu schaffen; aber in diesem Gesetzentwurf ist der Platz für diese Maßregel nicht. Es handelt sich hier um den Schutz der Waarenbezeichnungen, nicht um die Verhältnisse des gesammten Waarenverkehrs. Auch ist die Frage noch keineswegs ge⸗ nügend geklärt und spruchreif; das Bedürfniß in solcher Allgemein⸗ heit, wie es der Antrag Roeren darstellt, ist durchaus nicht nachgewiesen. „Abg. Gescher (dkons.) vertheidigt diesen Ausführungen gegen⸗ über ebenfalls den Antrag Roeren. Es seien hier Interessen zu schützen, so schwerwiegend und bedeutsam, daß man über die Form⸗ fragen nicht stolpern dürfe. Werde in der nächsten Session ein Gesetzentwurf gleicher Tendenz vorgelegt, so würden die Deutsch⸗ konservativen gleichfalls dafür stimmen; für jetzt genüge es, den Antrag Roeren in das vorliegende Gesetz einzufügen. Redner weist auf einen ganz besonders unlauteren Geschäftskniff hin, der von Luxemburger dadurch getrieben werde, daß sie eben erloschene französische Thampagnerfirmen aufkaufen und von ihnen fabrizierte Schaumweine als Fabrikat dieser nicht mehr bestehenden echten Firmen in den Ver⸗ kehr bringen.

Regierungskommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath

von Seckendorff spricht sich als Kommissar des Reichs⸗Justizamts

aus juristisch⸗technischen Gründen ebenfalls gegen den § 155 aus. Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Sie werden aus den Ausführungen des Herrn Kommissarius, der soeben gesprochen hat, entnehmen, daß es auch juristisch nicht ganz unbedenklich ist, dem Gesetzentwurf einen Para⸗ graphen einzuyerleiben, der nicht hinlänglich in seiner Bedeutung und seinen Wirkungen klar gestellt ist. Wir alle, die wir bis jetzt über den Antrag des Herrn Abg. Roeren gesprochen haben, sind darin einig, daß es ein dringendes Bedürfniß ist, dem Schwindel, welcher sich im Reklamewesen zeigt, dem unlauteren Wettbewerb auf dem Gebiet des Handels und des Verkehrs im Wege der Gesetzgebung entgegenzutreten, und ich glaube, auch ohne daß ich in dieser Beziehung eine intimere Fühlung genommen habe, zu der Erklärung berechtigt zu sein, daß die verbündeten Regierungen ganz auf demselben Standpunkt stehen und bereit sein werden, mit allen Mitteln, die sie für zutreffend erachten, diesem unlauteren Gebahren entgegenzutreten. Wenn aber die Befürworter des Antrags des Herrn Abg. Roeren diesen Antrag ohne eingehende Prüfung und ohne die Korrekturen, die nach den Ausführungen des Herrn Kommissarius des Reichs⸗Justizamts mir ganz unerläßlich zu sein scheinen, in das Gesetz einfügen wollen, dann ist die Zustimmung des Bundesraths zu diesem Entwurf gefährdet und damit der Eintritt der Wirksamkeit eines Gesetzes verzögert, welches im übrigen zweifels⸗ freie gute Bestimmungen enthält, und auf dessen baldige Wirksamkeit die Industrie den allergrößten Werth legt. Ich verstehe es deshalb nicht, wenn der Herr Abg. Gescher erklärt hat, jetzt für diesen Antrag, möge er so mangelhaft sein wie er wolle, stimmen zu wollen unter dem Vorbehalt, in der dritten Lesung, falls er sich überzeugt habe, daß die Sache so nicht geht, seine Abstimmung zu ändern. Ich glaube, umgekehrt wäre es richtiger. (Sehr richtig! links.) Es wäre richtiger, zu sagen: „Dieser Antrag zeigt Mängel, wir wollen uns bis zur dritten Lesung bemühen, etwas Besseres herzustellen und dann dafür stimmen; jetzt können wir nicht dafür stimmen.“

Meine Herren, ich bin aber nicht der Meinung, daß wir uns über die Sache sonderlich aufzuregen nöthig haben; ich bin geneigt, Ihnen, wie das bereits der Herr Kommissarius in der Kommission gethan hat, in Aussicht zu stellen, daß ich unverzüglich in Erwägungen darüber eintreten werde, auf welchem Wege dem unlauteren Wettbewerb in Handel und Verkehr wirksam zu begegnen ist. Daß das auf dem Wege des Herrn Abg. Roeren mit voller Wirksamkeit nicht möglich ist, darüber kann gar kein Zweifel obwalten. Auch der Herr Abg. Roeren ist darüber nicht im Zweifel gewesen; denn er selber hat zugegeben, daß sein Antrag nur einen Theil des unlauteren Wettbewerbs bekämpft und z. B. die unlautere Ausbeutung von Fabrikgeheimnissen nicht ins Auge faßt. Der Herr Abg. Roeren hat wahrscheinlich auf diesen Theil des Kampfes gegen den unlauteren Wettbewerb um deswillen verzichtet, weil er die Empfindung gehabt hat, daß nur in dieser Be⸗ schränkung sich eine Verbindung mit dem uns vorliegenden Gesetz⸗ entwurf herstellen läßt. Aber auch so ist doch, wenn man die Sache genauer ansieht, die Verbindung eine überaus lose.

Meine Herren, um was handelt es sich? Es handelt sich um ein Gesetz zum Schutze der Waarenbezeichnungen, welches darauf abzielt, daß eine Bezeichnung, welche ein Gewerbetreibender für sich in die Zeichenrolle hat eintragen lassen, von keinem anderen zum Schaden des ersteren ausgebeutet werden soll. Ueber diesen Kreis des Schutzes gehen Sie weit hinaus, wenn Sie nach dem Vorschlag des Herrn Abg. Roeren einen Par⸗ infü tsächli

Reklamewesen zum Gegenstand hat. So sehr ich geneigt bin, dieses Reklamewesen zu bekämpfen, sowenig kann ich doch anerkennen, daß hier die Stelle ist, wo man, und noch dazu in so unvollständiger Weise, wie es der Antrag des Herrn Abg. Roeren thut, diese Tendenz zum Ausdruck bringen kann.

Ich will die Diskussion nicht weiter ausspinnen; ich will nur in Aussicht stellen, daß in Erwägung genommen werden soll, und zwar sofort, wie man dem unlauteren Wettbewerb entgegentreten kann. Ich kann Sie nur bitten, ebenso wie es bereits die Herren Kom⸗ missarien gethan haben, sich die Sache sehr reiflich zu überlegen, ehe Sie einem Antrage zustimmen, der, wenn er angenommen wird, das Gesetz selbst in Gefahr bringt. Der Nachtheil würde alsdann größer sein als der Vortheil, den Sie bei Annahme des Gesetzes einschließ⸗ lich des Antrags Roeren zu erwarten haben würden.

Nun noch ein Wort auf die Anfrage des Herrn Abg. Gescher in Bezug auf das Gebahren der Firma Mercier. Da kann ich die Er⸗ klärung wiederholen, die in der Kommission bereits abgegeben ist, daß unserer Auffassung nach der § 15 den angedeuteten Mißbrauch voll⸗ ständig trifft; unserer Meinung nach muß die Bestrafung einer Firma eintreten, welche ihrem Fabrikat einen falschen Ortsnamen zu dem Zwecke zufügt, um dadnrch zu täuschen und Kunden anzulocken. Dier Gerichte werden ja darüber zu entscheiden haben; unsere Auffassung hierüber ist nicht ausschließlich maßgebend; aber ich halte es auch als Jurist für außer Zweifel, daß der § 15 den erwähnten Fall trifft.

Abg. Dr. Hammacher (nl.) steht mit allen seinen Freunden auf dem Boden des Antrages Roeren, lehnt ihn aber dennoch für heute ab. Man werde, wenn die Zeit zu ruhiger Erörterung und Verhandlung wieder gekommen sei, Gelegenheit haben, ein wirklich brauchbares und gutes Gesetz gegen die concurrence déloyale zu stande zu bringen. Dem sachlichen Bedürfniß entspreche für jetzt vollständig die von der Kommission vorgeschlagene Resolution.

Abg. Kauffmann (fr. Volksp.) führt aus, daß diejenigen Delikte, welche die Antragsteller und ihre Freunde mit dieser Be⸗ stimmung wissen wollen, auf Reichsgerichtsentscheidungen unter den Betrugsparagraphen fallen.

Abg. Dr. Förster⸗Neustettin (d. Refp.) spricht sich für den Antrag aus, den auch die Regierung nicht ernstlich zurückweisen könne. Der Abg. Roeren wolle ja auch die Ueberschrift des Gesetzes und trage somit allen Bedenken Rechnung.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Der Herr Vorredner hat mich über meine Bedenken, daß der Antrag des Herrn Abg. Roeren nicht in den Rahmen des Gesetzes hineinpasse, durch den Hinweis zu trösten gesucht, daß nach Nr. 3 des Antrags die Ueberschrift des Gesetzes entsprechend geändert werden soll. Ja, meine Herren, dieser Trost ist doch nur ein sehr schwacher. Mit demselben Recht, mit dem man die Materie in den Rahmen dieses Gesetzes, wohin sie nicht paßt, einfügen will, vielleicht noch mit größerem Recht könnte man sie in das Seuchengesetz bringen (Heiterkeit); denn es handelt sich hier um moralische Defekte, denen zu begegnen und die zu bekämpfen der Staat alle Veranlassung hat.

Wir sollten aber doch dahin streben, daß wir unsere Gesetze, schon um ihrer leichteren Anwendbarkeit willen, recht präzis auch in ihrer äußeren Abgrenzung halten; wir sollten nicht Materien zusammen⸗ werfen, die innerlich nicht zu einander gehören; wir dürfen nicht den jenigen, der sich orientieren will, nöthigen, in einem Gesetz, welches eine fremde Materie behandelt, den ihn interessierenden Gegenstand aufzusuchen.

Nun, meine Herren, hat auch der Herr Abg. Förster die Sache so dargestellt, als ob man zunächst einmal den Antrag des Herren Abg. Roeren trotz der dagegen sprechenden Bedenken annehmen könne, um nachher in der dritten Lesung etwas Besseres anzustreben. Auch diesen Weg halte ich für recht bedenklich für die Gesetzgebung. Man muß sich vor jedem Votum sorgfältig überlegen, ob der Paragraph auch wirklich zweifelsfrei ist und seinen Zweck und seine Absicht erfüllt. Das Beispiel von dem Sperling in der Hand und der Taube auf dem Dach paßt hier nicht. Haben wir einmal einen unzweckmäßigen Paragraphen in dem Gesetz, so wissen wir nicht, ob und wie er wieder herauskommt, und namentlich wissen wir nicht, ob nicht in der Praxis Uebelstände eintreten werden, deren spätere Be⸗ seitigung größere Schwierigkeiten macht als die einfache Aufhebung des Gesetzesparagraphen. Meine Herren, man hat mir gesagt, meine Erklärung, die ich vorhin abgegeben habe, sei nicht warm genug ge⸗ wesen; man habe daraus nicht die Ueberzeugung entnehmen können, daß es mir Ernst sei mit der Verfolgung des unlauteren Wettbewerbes. Ja, ich weiß kaum, wie ich eine größere Wärme in dieser Geschäftssache deren Behand⸗ lung doch einen gewissen Ernst und eine gewisse Nüchternheit erfordert, an den Tag hätte legen können. Ich habe erklärt: Wir sind alle einig darin, daß der unlautere Wettbewerb mit gesetzlichen Mitteln bekämpft werden muß, und ich bin bereit, dazu die Hand zu bieten. Wenn ich nicht bestimmt in Aussicht gestellt habe, daß im nächsten Jahre dem Reichstag eine Vorlage gemacht werden wird, so wollen Sie sich das einfach damit erklären, daß das Einbringen einer Vorlage nicht von meinem guten Willen abhängig ist, sondern daß Vorlagen nicht eher an den Reichstag gebracht werden können, ehe der Bundesrath nicht seine Zustimmung dazu gegeben hat. Bisher habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, die Absicht des Bundesraths auf diesem Gebiet zu sondieren. Dafür aber möchte ich mich stark machen, daß ich persönlich die Sache mit den mir zu Ge⸗ bote stehenden Kräften betreiben will, und ich kann die Hoffnung an⸗ deuten, daß der Bundesrath diesen Bestrebungen seine Unterstützung nicht versagen wird; wir würden uns alsdann im nächsten Jahr mit einer Vorlage zu beschäftigen haben, die zweifelsfreier und sachgemäßer die Materie erledigt, als das im Augenblick geschehen kann.

Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Daß die Zeit fehlt, die Sache gründlich zu berathen, daran sind wir nicht schuld. Was hier ver⸗ langt wird, besteht im Gebiete des französischen Rechts längst. Es wäre eine würdige Aufgabe für den Reichstag, diese Angelegenheit gründlich durchzuarbeiten und zu diesem Zwecke noch genügende Zeit zusammenzubleiben. Der ganze Reichstag ist mit der Tendenz des Antrags einverstanden; ein Schaden kann also aus der Annahme

wachsen.