1894 / 94 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

der bisherige Superintendent der aufgelösten Diözese Schaaken, Archidiakonus Lackner in Königsberg zum Super⸗ intendenten der neugebildeten Diözese Königsberg Land I, Regierungsbezirk Königsberg, bestellt worden.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. April. 8

Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland hat Seine Majestät den Kaiser und König zum Chef des ersten royal dragoon Regiments er⸗ nannt. Es ist das älteste fast der Armee und hat schon bei Dettingen sich ruhmreich ausgezeichnet.

re Majestät die Kaiserin und Königin empfingen wie 799. sen B.“ aus Abbazia meldet, den Besuch des Erzherzogs Karl Stephan, seiner Gemahlin und Familie, welche Vormittags auf der Nacht „Krista“ von Lussin piccolo dort eingetroffen waren und von Ihrer Majestät zur Tafel geladen wurden. Nach dem Diner begleiteten Ihre Majestät die Kaiserin und die Kaiserlichen Prinzen die erzherzogliche Familie zum Hafen, worauf Ihre Majestät mit den ältesten

vier Prinzen eine Spazierfahrt auf der Nacht „Christabel unternahmen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung. Die Kommission für die zweite Lesung des Ent⸗ wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 16. bis 18. April zunächst den Rest der Vorschriften über die Unter⸗ haltspflicht des unehelichen Vaters (§S§ 1571 bis 6“ Die Vorschrift des § 1572 Abs. 2 Satz 1, wonach als Empfängnißzeit des Kindes die Zeit vom 181. bis 300. Tage vor der Geburt, mit Einschluß des 181. und des 300. Tages, gilt, wurde mit der Abweichung genehmigt, daß in Uebereinstimmung mit dem zu 1467 gefaßten Beschlusee an die Stelle des 300. Tages der 302. Tag treten soll. Einvernehmen be⸗ stand, daß die Bestimmung des § 1572 Abs. 2 Satz 2 durch den in der vorigen Sitzung zu dem § 1572 Abs. 1 beschlossenen Zusatz entbehrlich geworden sei, wonach eine Beiwohnung außer Betracht bleiben soll, wenn es offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen habe. Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch Aufnahme der Vorschrift, daß, wenn jemand nach der Geburt des Kindes seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat, er sich nicht darauf berufen kann, es habe während der Empfängnißzeit auch ein anderer der Mutter des Kindes beigewohnt. Ein weitergehender Antrag, wonach derjenige als der uneheliche Vater des Kindes gelten sollte, welcher dem Vormund oder der Mutter des Kindes oder dem Vormundschaftsgericht gegenüber seine Vaterschaft in einer C“ Urkunde anerkannt habe, fand nicht die Zu⸗ stimmung der Mehrheit. dh 8 3 Nach dem § 1573 in Verbindung mit dem § 1571 ist der Vater des unehelichen Kindes vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten dem Kinde Unterhalt zu gewähren verpflichtet; doch beschränkt sich die Verpflichtung auf die Gewährung des nothdürftigen Unterhalts; auch erlischt sie mit dem vollendeten 14. Lebensjahre des Kindes. Demgegenüber war beantragt, zu bestimmen, daß der uneheliche Vater dem Kinde einen angemessenen Bei⸗ trag zu dem standesmäßigen, d. h. der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu gewähren habe und der Beitrag nach den Vermögensverhältnissen der Mutter und der unter⸗ haltspflichtigen öö der Mutter einerseits und den Vermögensverhältnissen des Vaters andererseits zu bemessen sei, daß aber, soweit das Kind den Unterhalt von der Mutter und den mütterlichen Verwandten nicht zu erlangen ver⸗ möge, der Vater allein das Kind zu unterhalten habe. Ein anderer Antrag ging dahin, dem Vater allein vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten die Verpflichtung zur Gewährung des standesmäßigen, d. h. der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalts aufzuerlegen. Nach einer eingehenden Erörterung fand dieser An⸗ trag die Zustimmung der Weiter wurde beschlossen, daß die Unterhaltspflicht des Vaters erst mit dem vollendeten 16. Lebensjahre erlöschen solle. Ein Antrag, hinzuzufügen, daß, wenn zu diesem Zeitpunkt das Kind aus besonderen Gründen nicht im stande sei, sich selbst zu er⸗ halten, der Vater ihm so lange Unterhalt zu gewähren habe, als die Bedürftigkeit dauere, wurde abgelehnt. Nach dem § 1574 in Verbindung mit dem § 1488 umfaßt der dem unehelichen Kinde zu gewährende Unterhalt den ge⸗ sammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Beruf; auch hat der Vater die Kosten der Beerdigung des Kindes zu tragen, soweit sie nicht von den Erben des Kindes zu erlangen sind. Hiergegen erhob sich kein Widerspruch. Auch darin trat die Kommission dem Entwurf 1574 verbunden mit § 1491 Abs. 1, 3) bei, daß der Unterhalt in der Form einer vierteljährlich vorauszuzahlenden Geldrente gewährt werden und daß, wenn das Kind den Beginn des Vierteljahres erlebt, ihm der volle auf das Viertel⸗ jahr fallende Betrag gebühren soll. Nach dem § 1574 in mit dem § 1492 kann Nachzahlung der Unter⸗ haltsrente nur verlangt werden von der Zeit an, zu welcher der Vater in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Statt dessen wurde beschlossen, daß der Unterhaltsanspruch ohne diese Beschränkungen auch für die Vergangenheit solle geltend gemacht werden können. Einvernehmen bestand, daß die Vorschrift des Ent⸗ wurfs 1574 verb. mit § 1493), wonach wegen wesent⸗ licher Aenderung der Verhältnisse eine entsprechende Abänderung des die Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung aussprechenden Urtheils verlangt werden kann, durch die früher beschlossene Ergänzung der v” eßordnung 293 b in der Anmerkung zu § 195 des Pntnzurss II) entbehrlich geworden sei. Die weitere Vorschrift des Entwurfs über die Geltend⸗ machung des Unterhaltsanspruchs im Konkurse über das Vermögen des unehelichen Vaters 1574 verb. mit § 1494) gelangte sachlich nach dem Entwurf zur Annahme; sie soll 5 entsprechend dem Beschlusse zu §,1494, in die Konkursordnung eingestellt werden. Die Be⸗ timmung des § 1575 Abs. 1, wonach die Verpflichtung

des Vaters zur Unterhaltsgewährung auf seine Erben übergeht, wurde mit der Einschränkung genehmigt, daß die Erben des Vaters berechtigt sein sollen, das Kind mit dem Betrage abzufinden, welcher dem Kinde als Pflichttheil ebühren würde, wenn es ein eheliches Kind des Vaters wäre. Andererseits wurde die Vorschrift dahin erweitert, daß der Unterhaltsanspruch des Kindes auch dann gegen die Erben des Vaters geltend gemacht werden kann, wenn dieser vor der Ge⸗ burt des Kindes gestorben ist. Die Vorschrift des § 1575 Abs. 2 in Verbindung mit dem § 1496, wonach der Unterhalts⸗ anspruch mit dem Tode des Kindes erlischt, soweit er nicht auf Nachzahlung oder auf solche im voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes bereits fällig waren, erfuhr keine Anfechtung, ebensowenig der § 1576 Abs. 1, wonach ein Vertrag, insbesondere ein Vergleich, zwischen dem Vater und dem Vormund des Kindes über die Unterhalts⸗ verpflichtung des Vaters für die Zukunft zuläffig ist, aber der E““ des Vormundschaftsgerichts bedarf. Auch die Vorschrift des Entwurfs 1576 Abs. 2 verb. mit § 1495 Abs. 2), daß Vorausleistungen den Vater nur insoweit befreien, als er sie für den gesetzlich bestimmten Zeit⸗ abschnitt bewirkt hat, wurde nicht beanstandet. 1

Der § 1577 legt dem unehelichen Vater die Verpflichtung auf, der Mutter der Grenzen der Nothdurft wegen der Kosten der Entbindung sowie für die Dauer der ersten sechs Wochen nach der Geburt des Kindes wegen der Kosten ihres Unterhalts Ersatz zu leisten. Nach dem § 1578 soll dieser Anspruch der Mutter mit dem Ablauf der Frist von zwei Jahren, welche sechs Wochen nach der Geburt des Kindes beginnt, verjähren. Diese Vorschriften gelangten mit der Abweichung zur An⸗ nahme, daß die Verjährungsfrist auf vier Jahre festgesetzt wurde.

Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch die Aufnahme einer Vorschrift, wonach schon vor der Geburt des Kindes im Wege einer einstweiligen Verfügung angeordnet werden kann, daß der Vater nach der Geburt des Kindes der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres Unterhalts für sechs Wochen und dem Vormunde des Kindes oder der Mutter die Kosten des Unterhalts des Kindes für das erste Viertel⸗ jahr zu zahlen sowie die zu zahlenden Beträge in angemessener Zeit vor der Geburt zu hinterlegen habe; dabei soll die Glaubhaftmachung einer Gefährdung des Anspruchs nicht er⸗ forderlich sein. SH.

Einem Antrage, die in verschiedenen Reichsgesetzen (Gesetz vom 21. Juni 1869, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits⸗ oder Dienstlohnes; Zivilprozeßordnung § 749 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4; Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884 § 68 u. s. w.) zu Gunsten des Unterhaltsanspruchs ehelicher Kinder bestimmten Ausnahmen von den Pfändungsbeschränkungen auf die nach den §§ 1571 ff., 1577 dem unehelichen Kinde und dessen Mutter zustehenden Ansprüche gegen den unehelichen Vater auszudehnen, wurde keine Folge geg eben.

Dem Entwurf ist der im Gemeinen Recht, im Sächsischen Gesetzbuch und in anderen neueren Gesetzen anerkannte so⸗ genannte Deflorationsanspruch fremd. Die Kommission war grundsätzlich mit der Beseitigung dieses Anspruchs ein⸗ verstanden. Die Mehrheit stimmte jedoch dem Vorschlag zu, die Vorschriften über unerlaubte Handlungen durch die Bestimmung zu ergänzen, daß derjenige, welcher eine Frauensperson durch Anwendung hinterlistiger Kunstgriffe (vergl. § 181 Nr. 1 des Strafgesetz⸗ buchs) zur Gestattung außerehelicher Beiwohnung verleitet, ihr zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens (vergl. § 765 des Entwurfs II) und außerdem nach Maßgabe des 8 770 (Abs. 1 des Entwurfs 11) zur Zahlung einer billigen Ent⸗ schädigung verpflichtet ist. Weiter wurde beschlossen, hinter § 1228 als § 1228a die Vorschrift einzuschalten, daß, wenn eine bisher unbescholtene Frauensperson während des Brautstandes ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet hat, sie unter den im § 1228 bestimmten Voraussetzungen außer der Ersatzleistung eine billige Entschädigung nach Maßgabe des § 770 Abs. 1 (des Entwurfs II) verlangen kann.

Die Berathung wandte sich sodann den Vorschriften über die Legitimation durch nachfolgende Ehe (§S 1579 bis 1582) zu. Gegen den sachlichen Inhalt des § 1579, welcher die Voraussetzungen und die Wirkung der Legitimation bestimmt, erhob sich kein Widerspruch. Ebensowenig wurde der Grundsatz des § 1580 beanstandet, wonach die Legitimation nicht von der Anerkennung der Vaterschaft durch den Ehemann abhängig gemacht ist, sondern ohne Rücksicht darauf, ob der Ehemann das Kind als das seinige anerkannt hat oder nicht, dann eintritt, wenn er innerhalb der im § 1572 Abs. 2 bezeichneten Empfängnißzeit des Kindes der Ehefrau beigewohnt hat. Infolge der zu den §§ 1467, 1572 gefaßten Beschlüsse erhielt der § 1580 jedoch den Zusatz, daß der Ehemann ungeachtet der Beiwohnung, dann nicht als Vater des Kindes gelten soll, wenn es offenbar unmöglich ist, daß die Ehefrau das Kind von dem Ehemann empfangen hat. Abgelehnt wurde der Antrag, dem § 1580 die Vorschrift hinzuzufügen, daß, wenn vor der Eheschließung eine auf Grund des § 1572 er⸗ hobene Klage des Kindes gegen den Ehemann durch ein in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen oder die Vaterschaft eines Dritten nach § 1572 zwischen dem Kinde und dem Dritten rechtskräftig festgestellt oder von dem Dritten mit Zustimmung des Vormundes des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt worden ist, das Kind die Rechte eines ehe⸗ lichen Kindes des Ehemannes nur dann erlangt, wenn dieser es vor oder bei der Eheschließung in einer öffentlichen Urkunde als sein Kind anerkannt hat. Dagegen wurde zu § 1580 der weitere Zusatz beschlossen, daß, wenn der Ehemann seine Vater⸗ husot in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat, vermuthet wird, er habe innerhalb der Empfängnißzeit des Kindes der Mutter beigewohnt. Die Vorschriften des § 1581 über den Einfluß der Ungültigkeit der Ehe auf die Legitimation sowie die Vorschrift des § 1582 über die Legitimation der Abkömmlinge eines vor der Ehe⸗ schließung seiner Eltern verstorbenen unehelichen Kindes gelangten sachlich nach dem Entwurf zur Annahme.

Von den Vorschriften über die Legitimation Ehelichkeitserklärung (§§ 1583 bis 1600) wurden no die 88 1583 bis 1594, zum theil auch der § 1595 erledigt. Der Entwurf behandelt die Chelichkeitserklärung als Gnaden⸗ sache. Nach dem § 1583 erfolgt die Legitimation durch eine Verfügung der Staatsgewalt; sie bewirkt, daß grundsätz⸗ lich das Kind von der Zeit der Ehelichkeitserklärung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters erlangt. Dieser Standpunkt des Entwurfs fand all⸗ seitige Zustimmung.

Auch die Bestimmung des § 1584 Satz 1,

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wonach die Ehelichkeitserklärung dem Staate zusteht, welchem der 890 achegtche wurde genehmigt; vorbehalten blieb jedo die Erörterung der Frage, ob nicht die Bestimmung durch die demnächst zu beschließenden Vorschriften des internationalen Privatrechts entbehrlich werden würde. Der zweite Satz des 8 1584, welcher im übrigen die Regelung der zur Ehelich⸗ keitserklärung den Landesgesetzen vorbehält, wurde als entbehr⸗ lich gestrichen. Den §§ 1585 bis 1595, welche die sach⸗ lichen und die formellen Voraussetzungen der Chelich⸗ keitserklärung regeln, stimmte die Kommission im wesent⸗ lichen zu. Gegenüber dem Entwurfe, nach welchem die Ehelichkeitserklärung nur auf den Antrag des Vaters und nur bei Lebzeiten desselben wirksam erfolgen kann (§§ 1585, 1593, 1595), war von einer Seite befürwortet, die Ehelichkeitserklärung auch nach dem Tode des Vaters auf Antrag des Kindes zuzulassen, wenn der Vater in einer Verfügung von Todeswegen den Wunsch ausgesprochen habe, daß das Kind für ehelich erklärt werde. Ein anderer orschlag ging dahin, den § 1595, soweit dieser die Chelichkeits⸗ erklärung im Fall des vorher erfolgten Todes des Vaters aus⸗ schließen will, durch die Vorschrift zu ersetzen, daß es der Ehelichkeitserklärung nicht entgegenstehe, wenn der Vater nach der Stellung des Antrages sterbe oder geschäftsunfähig werde, und daß es genüge, wenn er bei oder nach der gericht⸗ lichen oder notariellen Beurkundung des Antrags 1591) das Gericht oder den Notar mit der Einreichung des Antrages bei der zuständigen Behörde betraut habe. Die Mehrheit entschied sich für die Annahme dieses Vorschlags mit dem Zusatze, daß, wenn die Ehelichkeitserklärung nach dem Tode des Vaters erfolgt, ihre Wirkung als vor dem Tode desselben eingetreten gilt. Abweichend von dem Entwurf 1587) wurde ferner beschlossen, daß, solange das Kind nicht das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, die Einwilligung der Mutter zur Chelichkeitserklärung des Kindes erforderlich ist, die verweigerte Einwilligung aber auf Antrag des Kindes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden kann, wenn die Verweigerung dem Kinde zu unverhältnißmäßigem Nachtheile gereicht. Ferner soll die Vorschrift des § 1587 Satz 2 durch die Be⸗ stimmung ersetzt werden, daß es der Einwilligung der Mutter des Kindes oder der Einwilligung der Ehefrau des Vaters 1587 Satz 1) nicht bedarf, wenn die Mutter oder die Frau zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer stande oder wenn ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Zugleich wurde beschlossen, dem § 1593 den Zusatz zu geben, daß es auf die Wirksamkeit der Ehelichkeits⸗ erklärung keinen Einfluß hat, wenn eine Verhinderung der Mutter des Kindes oder der Ehefrau des Vaters an der Er⸗ klärung oder die Unbekanntschaft ihres Aufenthalts zu Unrecht als dauernd angesehen worden ist. Einvernehmen bestand, die Vorschrift des § 1588 Satz 2, wonach der gesetzliche Vertreter des Kindes für dasselbe die Einwilligung zur Ehelichkeits⸗ erklärung ertheilen kann, wenn es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, auf den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Kindes auszudehnen. Auch darüber war man einverstanden, den § 1591 Satz 2 dahin zu ändern, daß die Einwilligung des Kindes, der Mutter desselben und der Ehefrau des Vaters nicht nur diesem, sondern auch der Behörde gegenüber erklärt werden kann, bei welcher der Antrag einzureichen ist. Die Berathung des § 1595, soweit er den Fall betrifft, wenn das Kind vor der Chelichkeits⸗ erklärung gestorben ist, wurde bis zur nächsten Sitzung

Mit Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs sind mit dem 1. April d. J. bei dem Reichs⸗ Marineamt (Marinedepartement) zwei neue Abthei⸗ lungen gebildet worden und zwar: eine Artillerie⸗Abtheilung und eine Konstruktions⸗Abtheilung. Die Artillerie⸗ Abtheilung umfaßt in zwei Dezernaten die bisher von den Artillerie⸗Dezernaten bearbeiteten Angelegenheiten der Artillerie⸗ Konstruktion sowie der Artillerie⸗Verwaltung und Küsten⸗ befestigung. Die Konstruktions⸗Abtheilung umfaßt, ebenfalls in zwei Dezernaten, die Geschäfte der bisher im Kon⸗ struktionsbureau bearbeiteten Angelegenheiten des Schiffsbaues und Maschinenbaues.

In Erweiterung der Allerhöchsten Ordre vom 29. August 1893 haben Seine Majestät der Kaiser durch Ordre vom 9. April d. J. bestimmt, daß für jeden Küstenbezirk ein dem Küstenbezirks⸗Inspektor unterstelltes Küstenbezirksamt ein⸗ gerichtet wird, welches als Marinebehörde dem Reichs⸗Marinec⸗ amt untersteht.

Der Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts hat dazu unter dem 14. April folgende Ausführungsbestimmungen er⸗ lassen:

s Die Küstenbezirks⸗Aemter erhalten nachstehende Bezeichnungen und Garnisonen:

Küstenbezirks⸗Amt I in Neufahrwasser, Küstenbezirks⸗Inspektor Korvetten⸗Kapitän z. D. Darmer, für den 1. Küstenbezirk: die Küste von Ost⸗ und Westpreußen. 3

Küstenbezirks⸗Amt II in Stettin, Küstenbezirks⸗Inspektor Kapitän zur See z. D. Herbig, für den 2. Küstenbezirk: die Küste von Pom⸗ mern und Mecklenburg.

Küstenbezirks⸗Amt III in Kiel, Küstenbezirks⸗Inspektor: Kapitän zur See Dittmer, 8 den 3. Küstenbezirk: Lübeck und die Ost⸗ küste von eswig⸗Holstein. 1

b Kone Fehleanige IV in Bremerhaven *), Küstenbezirks⸗Inspektor Kapitän zur See z. D. Herz (mit Wahrnehmung der Geschäfte be⸗ auftragt), ö ö die Westküste von Schleswig⸗ Holstein ausschließlich des egebiets.

tein augschltehgich, V. in Bremerhaven *), Küstenbezirks⸗ Inspektor . See z. D. Herz, für den 5. Küstenbezirk: das Elbe⸗ un Wesergebiet. 1

Küstenbezirks⸗Amt VI in Wilhelmshaven, K üstenbezirks⸗Inspettor Kapitän zur See z. D. Klausa, für den 6. Küstenbezirk: das Jade gebiet, die ostfriesische Küste und die Insel Helgoland.

Das „Marineverordnungsblatt“ veröffentlicht folgende Allerhöchste Ordre, betreffend Schesguse ch884, die Marine (nebst vom Staatssekretär des Rei 8 Marineamts unter dem 10. April dazu erlassener Ausführungs⸗ Verfügung):

g in Verfolg Meiner Ordre vom 27. Januar d. 89 betreffend Einführung neuer E1 für die Marza⸗ Infanterie, unter gleichzeitiger Aufhebung aller entgegenstehenden ordnungen, daß den Mannschaften der Matrosen⸗Divisionen, Artillerie⸗Abtheilungen und Torpedo⸗Abtheilungen für gutes een mit dem Geschütz, der Schnellladekanone, Revolverkanone und

S w ter Iv *) Zur Zeit befindet sich der Sitz der Küstenbezirks⸗Aem und 2 Ses Si Hamburg (Seewarte). Die Uebersiedelung na⸗ Bremerhaven wird besonders bekannt gegeben werden.

Maschinengewehr Schützenabzeichen in Form von Fangschnüren nach der Mir vorgelegten Probe zu verleihen sind. Sie haben das weitere zu veranlassen. Berlin, den 19. März 1894. Wilhelm. An den Reichskanzler (Reichs⸗Marineamt).

Der General der Kavallerie von Krosigk, à la suite des Leib⸗Garde⸗Husaren⸗Regiments und Inspekteur der 1. Kavallerie⸗Inspektion, ist von Urlaub hier wieder an⸗ gekommen.

Der Wirkliche Geheime Admiralitäts⸗Rath und Direktor des Verwaltungs⸗Departements des Reichs⸗Marine⸗Amts,

ist von Dienstreisen zurückgekehrt Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Möwe“, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Hartmann, am 20. April in Sansibar und S. M. Kanonenboot „Loreley“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Grolp, am 18. April in Piräus angekommen; letzteres wird am 26. April nach Konstantinopel abgehen.

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Wiesbaden, 20. April. In der heutigen dritten Sitzung des Kommunal⸗Landtags wurden sämmtliche Spezial⸗Etats des Bezirksverbandes mit Ausnahme des von der Finanz⸗ Kommission noch nicht durchberathenen Etats der Nassauischen Landesbank und Sparkasse genehmigt. Alsdann wurde dem mit der Gemeinde Höchst wegen Uebernahme von Theilstrecken der Frankfurt⸗Mainzer und der Homburg⸗Höchster Bezirks⸗ straßen vereinbarten Vertragsentwurf die Genehmigung er⸗ theilt. Bezüglich der Vorlage wegen Festsetzung der pensions⸗ fähigen Dienstzeit eines Wegemeisters wurde beschlossen, letztere nach den Vorschlägen des Landesausschusses festzusetzen. Das Gesuch der Gemeindevorstände von Katzenellnbogen und Umgegend um Her⸗ stelung einer Verbindungsstraße von Eisighofen zur Aarstraße wurde dem Landes⸗Ausschuß überwiesen mit der Anheimgabe, die Gesuchsteller dahin zu bescheiden, daß es den Gemeinden überlassen bleibe, wegen Ausbaues der fraglichen Straßen⸗ strece als Vizinalweg mit der Bezirksverwaltung in Unter⸗ handlung zu treten. Das Gesuch des Gemeinde⸗Vorstandes von Straßebersbach um Uebernahme der Ortsberingstraßen⸗ strecke in ständische Unterhaltung wurde dem Landes⸗Ausschuß zur Prüfung und Beschlußfassung überwiesen, ebenso das Gesuch der Gemeinde Mengerskirchen um Bewilligung eines Zuschusses zu den Kosten des Baues eines Vizinalweges von Mengerskirchen nach Löwenberg. Endlich wurden die bis⸗ herigen drei Beiräthe zur Landesbank⸗Direktion mit Acclamation wiedergewählt. Die nächste Sitzung findet Dienstag, den 24. Vormittags 10 Uhr, statt. Auf der Tagesordnung stehen Berichte der Finanzkommission.

Sachsen.

Wie dem „Dr. J.“ mitgetheilt wird, Majestät der Kaiser nach den zur Zeit getroffenen Dis⸗ positionen Montag, den 23. April, Mittags, zur Beglück⸗ wünschung Seiner Majestät des Königs in Dresden ein. Dem Allerhöchsten Wunsch entsprechend findet kein Empfang auf dem Bahnhof statt. Seine Majestät der Kaiser wird an der Seite Seiner Majestät des Königs der Nach⸗ mittags um 1 Uhr auf dem Alaunplatz stattfindenden Parade ““ Nachmittags um 4 Uhr ist bei Ihren Majestäten in der Villa Strehlen Königliche Familientafel. Die Abreise Seiner Majestät des Kaisers erfolgt voraussichtlich Nachmittags um 6 Uhr von der Haltestelle Strehlen.

8 Hessen. Gestern Vormittag 11 ½ Uhr fand in Darmstadt der feier⸗ lche Einzug Ihrer Königlichen Hoheiten des Groß herzogs und der Großherzogin statt. Der Zug wurde durch eine Abthei⸗ lung berittener Postillone eröffnet, der eine Abtheilung berittener Bürger und eine Eskadron des 1. Großherzoglich hessischen Dra⸗ oner⸗Regiments (Garde⸗Dragoner⸗Regiment) Nr. 23 folgten. dem sechsspännigen offenen Galawagen Ihrer Königlichen Fefetten⸗ dem zwei Spitzreiter voraufritten, fuhren der Oberst⸗ Hofmarschall und der Ober⸗Zeremonienmeister voran, während sich das Gefolge anschloß. Den Schluß des Zuges bildete eine Eskadron des 2. Großherzoglich Hessischen Dragoner⸗ Regiments (Leib⸗Dragoner Regiment) Nr. 24. Am Rheinthor, wo eine Ehrenpforte errichtet war, hieß der Ober⸗Bürger⸗ meister Morneweg das hohe Paar im Namen der Stadt willkommen, worauf Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog mit huldvollen Worten dankte. Dann bewegte sich der Zug durch die als via triumphalis geschmückte Rhein⸗ straße zum Stadthause, wo Ihrer Königlichen Hoheit der roßherzogin von Schülerinnen mit einer poetischen Be⸗ grüßung Blumenspenden dargebracht wurden, und dann an dem prachtvoll geschmückten Ludwig⸗Denkmal vorüber durch die Wilhelminenstraße, an deren Ende wiederum eine Ehrenpforte errichtet war, zum Neuen Palais. Auf dem Wege bildeten Kriegervereine, Innungen und andere Korporationen aller Art, Gesangvereine, Deputationen von Gießener Studenten, die Studierenden des Darmstädter Polytechnikums, die Volksschulen und Schüler höherer Schulen des Landes Spalier. Hinter diesen drängte sich eine nach Tausenden zählende Mens chenmenge, die das Großherzogliche Paar mit stürmischem Jubel begrüßte und mit Blumenspenden überschüttete. In den Jubel mischte sich das feierliche Geläut aller Glocken und der Donner der Geschütze. Nachdem das Hohe Paar im Palais ein⸗ Ptroffen war, erfolgte noch ein Vorbeimarsch aller am Spalier betheiligten Vertretungen. Gestern Abend fuhren hre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Froßherzogin durch mehrere Straßen der Stadt, um je glänzende Illumination zu besichtigen. Später sah das Großherzogliche Paar vom Balkon des Schlosses dem Fackel⸗ zuge zu, der von zahlreichen Vereinen, Korporationen, Schulen, Studenten und Innungen dargebracht wurde. An den Fackel⸗ zug schloß sich eine Serenade, bei der eine große Anzahl Sänger mehrere Lieder vortrugen. Die Deputation für den dheshug und die Serenade wurde zu den Großherzoglichen Herrschaften befohlen, Höchstwelche ihr ihren Dank aussprachen. „Der Zweiten Kammer ist 88 seitens der Re⸗ sierung ein Gesetzentwurf, über die Reform der Wein⸗ er. zur Berathung und Beschlußfassung überreicht wor⸗ Abf Es ist, wie die „Darmst. Ztg.“ schreibt, bei 8 fassung des Entwurfs von der Erwägung aus⸗ gegangen worden. daß der seitherige Modus der Besteue⸗

trifft Seine

in Wirthschaften auch der Verbrauch der Privaten der Abgabe zu unterziehen sei; daß der Fee. Abneigung gegen die Kellerkontrole, in Verbindung mit estandsaufnahme und Kontoführung, sowie gegen die Transportkontrole und Bezettelungspflicht Rechnung getragen, und endlich jede Be⸗ einträchtigung und Belästigung der Weinproduktion, des Wein⸗ handels, der Weinbewegung und der Weinausfuhr vermieden werden müsse. Zur Erreichung dieser Zwecke ist der Eintritt der Steuerpflicht auf den Zeitpunkt des ersten Uebergangs des Weines an Wirthe oder Private verlegt und eine wiederholte Besteuerung desselben Objekts von vornherein als unter allen Umständen ausgeschlossen angesehen worden. Demgemäß ist nach dem Entwurf als steuerpflichtig anzusehen der erste Ueber⸗ gang a. vom Produzenten an den Wirth; b. vom Händler an den Wirth; c. vom Produzenten an den Privaten; d. vom Händler an den Privaten. Steuerfrei soll dagegen bleiben der Uebergang a. vom Produzenten an den Händler; b. von einem Händler an den anderen; c. von einem Wirth an einen anderen Wirth oder einen Privaten; d. von einem Privaten an einen anderen Privaten. Zur Vermeidung der Transportkontrole und Bezettelungs⸗ pflicht ist die Deklarationspflicht vorgesehen und als Regel die Verpflichtung zur Zahlung der Steuer dem Empfänger unter Zulassung mehrfacher Erleichterungen auferlegt. Lie Steuer soll nach der Menge des zu versteuernden Weins er⸗ hoben werden und 5 für das Liter betragen.

Braunschweig. Seine Königliche Hoheit der 1“““ Wilhelm von Preußen begiebt sich heute Mittag in Begleitung des Erziehers Wittig von Braunschweig nach Altenburg.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Gestern Nachmittag machten Seine Majestät der Kaiser und mehrere der Fürstlichkeiten einen Ausflug nach Schloß Rosenau, woselbst bis gegen 6 Uhr Thé dansant stattfand. Ihre Majestäten die Kaiserin Friedrich und die Königin Victoria statteten währenddessen Besuche ab. Am Abend war die Stadt in allen Straßen glänzend erleuchtet, die Veste strahlte in bengalischem Licht. Im Residenzschloß fand Abends 10 Uhr ein Konzert statt.

. Oesterreich⸗üUngariln.

1“ Der Kaiser eröffnete gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die internationale Ausstellung für Volksernährung und Armeeverpflegung. Zum Empfang hatten sich der Protektor der Ausstellung Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este sowie die Erzherzoge Albrecht, Otto, Ludwig Viktor und Rainer, ferner mehrere Minister und Vertreter des diplomatischen Korps eingefunden. In seiner Erwiderung auf die Ansprache des Präsidenten des Ausstellungscomités sagte der Kaiser, er begrüße mit leb⸗ hafter Genugthuung das von dem Verein zur Verbreitung landwirthschaftlicher Kenntnisse ins Leben gerufene Unter⸗ nehmen, das die wirthschaftlichen Leistungen in verschiedenen Mes. insbesondere auf den Gebieten der Volksernährung und Armeeverpflegung, zur Anschauung bringen solle. Der Kaiser sprach den Wunsch aus, daß das Ziel 1 Wohle aller Berufsklassen erreicht werde und von der Ausstellung entsprechende Nutz⸗ anwendung, Anregung und Ermuthigung ausgehen möchten. Der Kaiser erklärte sodann die Ausstellung unter stürmischen Hochrufen der Anwesenden für eröffnet. Darauf wurden Aller⸗ höchstdemselben die Vertreter der fremden Kommissionen vor⸗ gestellt, woran sich unter Führung des Erzherzogs Franz Ferdinand und des Comités ein Rundgang des Kaisers durch die fertiggestellte Ausstellung schloß.

Der bisherige deutsche Botschafter Prinz Reuß wurde gestern von dem Erzherzog Carl Ludwig und dessen Gemahlin sowie von dem Erzherzog Otto in Abschieds⸗ audienz empfangen. 4

In dem Preßausschuß des Abgeordnetenhauses

erklärte gestern der Justiz⸗Minister Graf Schönborn im Namen des Ministerraths, daß spätestens bis zum 4. Mai eine ministerielle Erklärung über die Preßreform erfolgen werde. Der Preßausschuß beschloß daraufhin, die weitere Ver⸗ handlung über die Angelegenheit bis zur Abgabe dieser Erklärung zu vertagen. Der Steuerausschuß beschlos nach eingehender Debatte mit 14 gegen 12 Stimmen, die Progression bei der Personaleinkommen⸗ steuer nicht nur gemäß der Regierungsvorlage bis 30 000 Gulden Jahreseinkommen, sondern auch darüber hinaus fort⸗ zuführen und innerhalb dieser Kategorie den Steuersatz von 4 Proz. bis auf 5 Proz. zu erhöhen. Ein Subcomité ist be⸗ auftragt worden, die betreffende Skala auszuarbeiten. Der stellvertretende Obmann des Polenklubs Jendrze⸗ jowicz theilt in einer Berichtigung mit, er habe in der vor⸗ gestrigen Sitzung des Polenklubs nicht gesagt, daß ihm die Regierung erklärt habe, sie werde in drei Monaten die Wahl⸗ reform⸗Vorlage einbringen (siehe die gestrige Nummer d. Bl.); er habe vielmehr nur gesagt: die Wahlreform⸗Vorlage sei seitens der Regierung angekündigt und stehe bevor.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, dei der Berathung des Re ierungs⸗ antrages auf Ernennung eines großen Ausschusses für schottische Angelegenheiten ein Amendement Wolmer, das die Befugnisse des Ausschusses auf gewisse Vorlagen be⸗ schränken wollte, mit 245 gegen 208 Stimmen abgelehnt. Ein Unterantrag Maxwell, wonach nur Regierungsvorlagen von dem Ausschuß behandelt werden sollen, wurde von der Regierung acceptiert. Ein Antrag Little, daß statt 15 nichtschottischer Unterhausmitglieder deren 31 in dem kusschase säce sollten, wurde mit 241 gegen 211 Stimmen abgelehnt. Die weitere Berathung wurde sodann vertagt. Morton beantragte hierauf, die der Apanage des Herzogs von Sachsen⸗Coburg und Gotha einzustellen. La⸗ bouchbère unterstützte den Antrag, indem er ausführte, England sei in dem Vertrage mit Rußland keine Verpflichtung eingegangen, Apanagen zu zahlen; gegebenen Falls sei England verpflichtet, der Herzogin ittwen⸗ gelder zu zahlen. Der Kanzler des Schatzamts Sir W. Harcourt erklärte, die von Morton erwähnten Gerüchte, daß die Königin versucht habe, den Herzog von Sachsen⸗Coburg zur Verzichtleistung auf seine Apanage zu veranlassen, seien durchaus unbegründet. Das Unterhaus besitze absolute Freiheit

es seiner eigenen Würde und Ehre schuldig sei. nicht auf den ivilstand des Herzogs von Sachsen⸗Coburg eingehen. Der Herzog sei ein Sohn der Königin, mit den Einkünften des Herzogthums habe das Haus nichts zu thun; es handele sich nur um das, was sich bezüglich des Sohnes der Königin, der englischer Prinz bleibe, schicke. Sir W. Harcourt erklärte dann unter Hinweis darauf, daß der Herzog aus freien Stücken auf 15 000 Pfund verzichtet habe, die Regierung habe unter Gladstone beschlossen, daß es nicht passend sein würde, die Apanage von 10 000 fund zu reduzieren oder aufzuheben. Die Regierung halte an jenem Beschluß fest und glaube, das Haus werde ühlen, daß kein ungeeigneterer Moment, einen so unliebsamen Schritt, wie den beantragten, dem englischen Volke zu len, hätte gefunden werden können. Redner appellierte ernstlich an seine Partei, den Beschluß der Regierung, der mit Bedacht efaßt

Er wolle

sei zu unterstützen. Balfour trat ebenfalls für Able nung ees Antrags Morton ein, der sodann unter lautem Beifall mit 298 gegen 67 Stimmen verworfen wurde. Frankreich. v

Auf dem Festmahl der Be versprach dem

„W. T. B.“ zufolge Minister⸗Präsident Casimir Périer, die Regierung werde die Entwickelung der französischen In⸗ dustrie im Auslande und den Kolonien unterstützen. Der Handels⸗Minister Marty sprach über die Sehtgeh und meinte, sie müßten loyal angewendet werden. Der inister für Kolonien Boulanger sprach von der kolonialen Aus⸗ breitung und empfahl die Entwickelung des Handels, der Eng⸗ land seinen Wohlstand in den Kolonien verdanke.

Rußland.

ʒImReichsrath wird nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg in diesen Tagen die Schiffahrts⸗ steuer zur Berathung kommen. Die Steuer trägt gegenwärtig nur 500 000 Rubel ein, soll aber noch weiter herabgesetzt werden; durch strengere Handhabung bei der Steuererhebung wird gleichwohl auf eine größere Einnahme gerechnet.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkamme legte Vacchelli, wie „W. T. B.“ meldet, den Bericht übe die auf den Notenumlauf bezüglichen Maßregeln vor Dieser Bericht bildet die Fortsetzung des ersten Bericht Vacchelli's über die von der Regierung vorgeschlagenen Finanzmaßregeln. Man glaubt, daß der Bericht am Montag zur Vertheilung gelangen werde. Bei der Berathung des Marinebudgets behauptete Imbriani, daß das in den Ar⸗ senalen verwendete Personal fortwährend anwachse, wofür er die Deputirten verantwortlich mache, von denen einige, um ihren Zweck zu erreichen, mit ihren Stimmen schacherten. (Großer Lärm.) Imbriani: „Es ist so! Die früͤheren wie die jetzigen Minister können nicht sagen, daß es unwahr ist.“ Minister⸗Präsident Crispi: „Es ist nicht wahr.“ Imbriani: „Ich habe nicht auf Sie angespielt“ Minister⸗ Präsident Crispi: „Ich stelle Ihre Behauptung in Abrede, nicht nur für meine Person, sondern auch für meine Kollegen“ Imbriani: „Ich werde zu Ihnen kommen, um Ihnen die Namen zu nennen.“ Minister⸗Präsident Crispi: „Nennen Sie dieselben öffentlich, wie auch Ihre Anklage eine öffentliche war.“ (Sehr buth Imbriani: „Ich werde die Namen nicht nennen, weil ich Ehrgefühl habe und es sich um eine heikle Frage handelt.“ (Lärm.) Der Präsident tadelte den Redner, da es nicht gestattet sei, Anschuldigungen vorzu⸗ bringen, ohne gleichzeitig die Beweise dafür zu liefern. Damit war der all erledigt. Im weiteren Verlauf der Berathung erklärte der Marine⸗Minister Morin, daß nach den bereits durchgeführten Ersparnissen nur noch abzustreichen übrig bleibe; man könne die anzustrebenden Resultate nur durch organische Reformen erzielen. Italien besitze gegenwärtig vier Arsenale und einen großen maritimen Platz. Das Budget stehe aber dazu nicht im richtigen Ver⸗ hältniß; man müͤsse das Arsenal in Neapel um so eher auf⸗ heben, als Neapel weder befestigt sei, noch befestigt werden könne. Heute sollte die Berathung fortgesetzt werden.

Portugal. Nach den nunmehr vollständig vorliegenden Wahl⸗ resultaten wurden 109 Ministerielle, 4 Progressisten, 11 Unabhängige und 2 Republikaner gewählt.

Schweden und Norwegen.

Der König gedenkt, wie „W. T. B.“ aus Helsingborg berichtet, am 4. Mai seine Reise nach Deutschland anzutreten.

Dänemark.

Wie nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Kopenhagen in dortigen Hofkreisen verlautet, wird die Abreise des Königs nach Wiesbaden und der Königin nach Dessau wahrscheinlich am 7. Mai erfolgen. Die Königin wird in Dessau bei ihrer Schwester, der verwittweten Prinzessin Friedrich von Anhalt verweilen und später einen Besuch in Gmunden machen.

Amerika.

Eine Kundgebung des Admirals de Mello beschuldigt, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Buenos Aires zufolge, die Generale Salgado und Laurentino, den Kampf im entscheidenden Augenblick aufgegeben zu haben. De Mello erklärt, die Waffen niedergelegt zu haben, weil ihm die Mittel zur Fortsetzung des Kampfes vollständig ausgegangen saüer und spricht die Hoffnung aus, daß seine Anstrengungen ür die Zukunft Brasiliens nicht fruchtlos bleiben würden.

Afrika.

Nach Berichten der letzten in Marseille eingegange Zeitungen aus Madagaskar wäre die Lage dort noch immer eine sehr unruhige, namentlich im Süden der Insel.

Parlamentarische Nachrichten.

Das Haus der Abgeordneten erledigte in seiner heutigen 54. Sitzung, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Feisur der öffentlichen Arbeiten Thielen mit Kommissarien beiwohnten, zunächst in dritter Berathung die Vorlage, Se die Deckung von Ausgaben des Rechnungsjahrs 1892/93, und den Gesetzentwurf, be⸗ treffend Aenderungen der Wegegesetzgebung der Pro⸗ vinz Hannover. Darauf begann die erste Berathung des Gesetzentwurfs,

befüglich der Annuität, da ihm das Urtheilsrecht vor⸗

rung zu verlassen und künftighin außer dem Verbrauch

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behalten sei. Aber das Haus habe zu beschließen, was

betreffend den Bau eines Schiffahrtkanals vom Dort⸗ mund⸗Ems⸗Kanal bis zum Rhein.