statt, wobei die bei Hofe vorgestellten damen durch den Ober⸗
51 der Großherzogin vorgestellt wurden. Darauf folgte die Cour der Kammerherren, Kammerjunker und Hofjunker. t
Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst⸗Thron⸗ folger von Rußland ist mit Höchstseiner Braut Ihrer Großherzoglichen Hoheit der Prinzessin Alix sowie Ihren Kalserlichen Hoheiten dem Großfürsten und der Großfürstin Sergius und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich von Preußen gestern Abend 10 Uhr in Darmstadt eingetroffen und von der Großherzoglichen Familie auf dem Bahn⸗ hof empfangen worden. Nach Abschreiten der Ehrenkompagnie und nach dem Parademarsch fuhren die Höchsten Herrschaften, von Dragoner⸗Abtheilungen eskortiert, durch die glänzend erleuchteten Straßen nach dem Neuen Palais, wobei eine zahlreiche Menschenmenge herzliche Kundgebungen darbrachte.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Von den in Coburg anwesenden Fürstlichkeiten sind Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Connaught sowie der Prinz Heinrich von Preußen am Sonnabend, Seine Königliche Hoheit der Prinz von Wales gestern, Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗ Meiningen und Seine Durchlaucht der Prinz und Ihre Hoheit die Prinzessin Aribert von Anhalt am Freitag abgereist.
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ser hat am Sonnabend⸗Vormittag, wie „W.. ZW. meldet, in Anwesenheit der Erzherzoge Otto, Franz Salvator, Albrecht, Wilhelm und Rainer, des Herzogs von Cumberland und des Herzogs Wilhelm von Württemberg sowie mehrerer Militär⸗Attachés, darunter Oberst von Deines, die Früh⸗ jahrsparade abgehalten. In der Parade standen 34 ataillone Infanterie, 18 Schwadronen Kavallerie, 92 Geschütze, die Sanitäts⸗Abtheilung, die technische Militär⸗Akademie, die Infanterie⸗Kadettenschule und die Landwehr⸗Kadettenschule. Der Erzherzog Franz Ferdinand führte persönlich sein In⸗ fanterie⸗Regiment vor. Die Erzherzoginnen wohnten der Parade zu Wagen bei. Unter den Zuschauern befanden sich der Minister⸗ Präsident Fürst Windischgrätz, der französische Bot⸗ schafter Lozé und der rumänische Gesandte Ghika. Der wurde überall von dem zahlreich versammelten Publikum mit begeisterten Hochrufen begrüßt. Durch einen Tagesbefehl des Militär⸗Oberkommandos ist be⸗ kannt gemacht worden, daß der Kaiser seine Zufriedenheit über das Aussehen und die Haltung der heute ausgerückten Truppen ausgesprochen habe.
Die Kaiserin ist aus dem Süden zurückgekehrt und gestern früh in Wels zum Besuch der Erzherzogin Marie Valerie eingetroffen.
In der vorgestrigen Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses besprach im Laufe der Berathung des Unterrichts⸗ Budgets der Kultus⸗Minister von Madeyski das Ver⸗ hältniß der Kirche zum Staat. Die geschichtliche Ent⸗ wickelung Oesterreichs gipfele darin, daß dabe aber der staat⸗ lichen Sphären den kirchlichen Korporationen die Auto⸗ nomie gewahrt bleibe. Die Selbständigkeit beider Faktoren bedeute aber nicht nothwendig deren Scheidung. Für das Zusammenwirken beider ergebe sich ein unermeß⸗
liches Feld ethischer und humanitärer Aufgaben. Der Staat und die Kirche seien in vielen für die Menschheit höchst bedeut⸗ samen Beziehungen auf die gegenseitige Unterstützung ange⸗ wiesen. Der Minister nahm freudig von der Erklärung des Abgeordneten Treuinfels Kenntniß, daß unter dem gegen⸗ wärtigen Volksschulgesetze eine gedeihliche Entwickelung des Schulwesens möglich sei und wünschte, daß diese Auffassung in weite Kreise der Bevölkerung dringen möge, damit nicht länger das Volksschulgesetz als ein Hinderniß der religiösen Entwickelung hingestellt werde. Bezüglich der nationalen Frage betonte der Minister als obersten Grundsatz auf dem Gebiet des Schulwesens die Pflichterfüllung gegenüber den Kulturbedürfnissen aller Völker des Reichs. Die Regierung erblicke ein verläßliches Kriterium für die wirklichen Bedürfnisse der Bevölkerung in den Beschlüssen der Landtage oder in den übereinstimmenden Wünschen beider Nationalitäten eines Landes; daraus folge indessen nicht die Ablehnung aller nationalen Forderungen, die diesen Weg nicht passierten. Bezüglich der unerfreulichen Erschei⸗ nungen unter der Jugend betonte der Minister, daß die Erziehung ein Produkt der gemeinsamen Einwirkung zahlreicher Faktoren sei, der Familie, der Schule, der Kirche, der Gesellschaft und — in der neuesten Zeit — des öffentlichen Lebens. Zu seinem lebhaften Bedauern finde er
in dieser Beziehung, namentlich in Böhmen, Zustände, die im Interesse der Unterrichtsverwaltung, der Nation und des Steaats, volle Beachtung erheischten. Wie überall, gebe es auch im nationalen Leben ein Gebiet, das jedem Patrioten unantastbar sein sollte. Die omladinistische Bewegung habe zur Durchführung der Nationalisierung der sozialen Bewegung der Arbeiterschaftleider die Jugend herangezogen. Man habe übersehen, daß durch die folgenschwere Verwechselung des Berufs der Jugend diese dahin gelenkt werde, die mangelnde Lebenserfahrung durch Fanatismus zu ersetzen und in der Zerstörung jeder Autorität, in Trotz und Unbotmäßigkeit eine verdienstliche Aufopferung für nationalpolitische Zwecke zu erkennen. Hier und da scheine aber doch der Gedanke einer Umkehr aufzudämmern. Ein zweites, die erziehliche der Lehranstalten nach⸗ theilig beeinflussendes Moment sei die einseitige Auffaffung der Freiheit. Unter solchen Einflüssen werde in der Jugend das ewußtsein der Berechtigung und ein ungezügelter Bethätigungs⸗ trieb immer stärker entwickelt, während das Pflichtbewußtsein ebenso stark zurückgehe. Die mißverstandene Freiheit züchte oft nur Egoismus, Mißgunst und Haß. Aber nicht Haß dürfe die Triebfeder der inneren Kämpfe sein. Es sei hoch an der Zeit, auf die Wogen des öffentlichen Lebens recht viele Tropfen idealisti⸗ chen Oels zu gießen. Solle der Staat den stets schwieriger werden⸗ den Aufgaben der Zukunft gerecht werden, so müsse er Charaktere heranbilden. Wenn die unter der Devise „Einflößung des Pflichtbewußtseins“ sich vollziehe, werde auch die Bildung der Charaktere nach dem Grundsatz „Pflicht geeht vor Fecht statthaben. Der Minister wurde vielfach beglück⸗ wünscht.
Der Klub der deutschen Linken, der Polenklub und der Klub der Konservativen haben die Bildung einer ständigen parlamentarischen Kommission aus den
S
designierte die Linke die Abg. Ruß, Hailsberg und Graf Kuenburg, der Polenklub Graf Pininski, Zaleski und Jedrzejowicz, der Klub der Konservativen Graf Hohenwart, Graf Deym und Fuchs. Die Delegierten des Coroniniklubs sind noch nicht designiert.
In einer am Freitag abgehaltenen Sitzung des Gewerbe⸗ ausschusses des Abgeordnetenhauses erklärte der Handels⸗Minister Graf 1.““ d, er sei ein Freund der Sonntagsruhe und wünsche, daß sich dieselbe in der Be⸗ völkerung einbürgere. Er empfehle die von dem Abgeordneten Sylva⸗Tarouca eingebrachte Resolution auf Erweiterung der Sonntagsruhe durch Abänderung der Ministerialverordnungen. Die Abstimmung über diesen itrag wird in der nächsten Sitzung erfolgen. “
Großbritannien und Irland.
Die Polizei hat gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, in Stratford, einer Vorstadt im Osten von London, den Anarchisten Giuseppe Ferrara verhaftet. Derselbe leistete keinen Widerstand. Bei einer Durchsuchung seines Zimmers wurden anarchistische Broschüren beschlagnahmt. Ferrara wird morgen vor dem Zuchtpolizeigericht in Bopstreet erscheinen. Er soll der Leiter einer großen Verschwörung in London sein zur Anfertigung für den Kontinent bestimmter Bomben. Der geheime internationale Anarchistenkongreß, der 1891 im Haag stattfand, soll Ferrara mit der Vertheilung von Geld an die Londoner Anarchisten beauftragt haben. Ferrara erhielt, wie es heißt, große Summen Geldes aus Belgien.
Frankreich.
Derr Präsident Carnot hat vorgestern dem „W. T. B.“ zufolge ein Dekret unterzeichnet, wonach die Konsular⸗ und diplomatischen Beamten zur Heirath mit einer Aus⸗ länderin die Bewilligung des Ministers des Auswärtigen einen Monat vor dem Aufgebot nachsuchen müssen. b
Der Ministerrath beschäftigte 682 vorgestern mit der Angelegenheit des italienischen Generals Goggia, der unter dem Verdachte der Spionage in Nizza verhaftet worden ist. Die eingezogenen Erkundigungen gestatteten nicht, die Ver⸗ haftung aufrecht zu erhalten und eine Verfolgung einzuleiten; die Minister des Krieges und des Innern bestimmten jedoch den Ministerrath, gegen den General einen Ausweisungsbefehl herbeizuführen. Der General Goggia, der sich in Monaco aufhält, ist der Konvention vom Jahre 1865 gemäß genöthigt, auch diesen Ort zu verlassen. Nach dem Nizzaer „Phare du Littoral’“ hatte der General Goggia, dessen Frau die Tochter eines französischen Offiziers ist und der seit Jahren in Monaco lebt und ein Landgut bei Mentone besitzt, aus Neugierde und ohne sich irgendwie zu verbergen, den Uebungen der Alpenjäger zugesehen. Er wußte, daß ihn zahl⸗ reiche französische Offiziere kannten, und hielt es für unmög⸗ lich, daß er in den Verdacht der Spionage kommen könne.
Anläßlich der Seligsprechung der Jungfrau von Orleans fand gestern in der Kirche Notre Dame ein feier⸗ licher Gottesdienst statt, den der Erzbischof von Paris leitete. Unter den Theilnehmern befanden sich die Generale Mercier und Saussier, der Nuntius, der österreichisch⸗ungarische und der russische Botschafter, viele Mitglieder des Hauses Orleans sowie zahlreiche Senatoren und Deputirte.
Rußland.
Am Sonnabend fand, wie „W. T. B.“ aus St. Peters⸗ burg berichtet, in Gatschina aus Anlaß der Verlobung des Großfürsten⸗Thronfolgers ein feierlicher Dankgottes⸗ dienst statt. St. Petersburg war gestern aus derselben Ver⸗ anlassung reich beflaggt. Abends fand eine Illumination statt.
Italien.
Bei der am Sonnabend in der Deputirtenkammer fortgesetzten Berathung des Marinebudgets erklärte dem „W. T. B.“ zufolge der Marine⸗Minister Morin, es würde besser gewesen sein, wenn man der Versuchung nicht nach⸗ gegeben hätte, Maddalena zu befestigen. Er könne demnach den Wunsch Farina's, die Insel Elba ebenfalls zu be⸗ festigen, nicht unterstützen. Der Minister war der Meinung, man solle alle Kräfte für die Flotte, die den wesentlichsten Theil der Küstenvertheidigung bilde, einsetzen. Vornehmlich müsse man auf die Gewicht legen. Wenn der Tag komme, wo das Vaterland die Marine brauchen werde, könne es seiner Flotte vertrauen, wenn letztere nur von einem be⸗ gabten, energischen und kühnen Manne geführt werde. Der Minister hielt es für sehr schwierig, daß ein Mann die Ver⸗ antwortung für zwei so wichtige Ressorts, wie Krieg und Marine, auf sich nehme; er würde es demnach nicht für klug und weise halten, ein Ministerium für die Landesvertheidigung u errichten. Schließlich erklärte der Marine⸗Minister, daß die italienische Marine, ungeachtet der endlosen Debatten, Tag für Tag Fortschritte mache, und daß die Stunde der Erprobung für die Flotte zeigen werde, daß sie der Opfer und der Sympathie des Landes werth gewesen sei. Er empfehle daher die Annahme des Budgets. Es sei unmöglich, dieses Budget zu verringern, ohne gegen die elementarsten Gesetze der Klugheit zu fehlen. Wenn sich jemand finde, der hierfür die Verantwortung übernehmen wolle, so sei er bereit, ihm seinen Platz zu überlassen. Er werde in diesem Falle mit dem Tode im Herzen ein solches Vorgehen ansehen, das die Schande des Admirals, den unrühmlichen Nieder⸗ gang der Flotte, den Verfall und das Unglück des Vaterlandes bilden würde. Der Referent Bettolo sprach sich darauf gegen weitere Ersparungen im Marinebudget aus. Es wurden sodann mehrere Tagesordnungen eingebracht, darunter eine von Cavallotti und 29 Genossen von der äußersten Linken, die weitere Abstriche an den Militärausgaben verlangte. Der Minister⸗Präsident Crispi erklärte darauf, alle seien einig, daß Ersparungen gemacht werden sollten und könnten; diese Ersparungen sollten aber weder die Organisation der Marine stören noch die Zahl der Schiffe reduzieren. Die Regierung sei entschlossen, die Organisation zu prüfen und die möglichen Ersparungen einzuführen, sie könne aber vorher keinen bindenden Beschluß fassen und en bloc eine Herabminderung der Landesvertheidi⸗ gung annehmen. Der Minister⸗Präsident gab der Kammer das feierliche Versprechen, zu prüfen, ob noch anderweitige Ersparungen möglich seien; man solle aber nicht von der Re⸗ gierung eine Militärpolitik erwarten, die Italien ein neues Lissa bereiten würde. Ein Redner habe gesagt, „der Gottes⸗ friede habe aufgehört“; er vertraue aber immerhin, daß er bei dem Werk der öö die Unterstützung aller wohlmeinenden Leute haben werde. Crispi schloß, indem er empfahl, die Tagesordnung Tortarolo’'s anzu⸗ nehmen, wonach die Kammer erklären solle, daß sie nach den
Koalitionsparteien beschlossen, in der auch der Coroniniklub vertreten sein soll.
Zu Mitgliedern dieser Kommission!
Erklärungen der Regierung zur Tagesordnung übergehe. Nach
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der Rede des Minister⸗Präsidenten sprachen noch Deputirte unter großer Unruhe und Bewegung. Schließlich lehnte die Kammer in namentlicher Abstimmung mit 277 gegen 53 Stimmen eine von der Regierung bekämpfte ein⸗ fache Tagesordnung ab und genehmigte mit großer Majorität die von der Regierung acceptierte Tagesordnung Tortarolo's. Gegen die Regierung stimmten die Mitglieder der äußersten Linken, sowie etwa 50 Abgeordnete von anderen Fraktionen. Zehn Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. — Man glaubt, daß die von Crispi abgegebenen Erklärungen dazu beigetragen hätten, der Regierung, die übrigens unter allen Umständen den “ davongetragen haben würde, eine so große Mehrheit, wie sie die Abstimmung ergab, zu verschaffen.
Der Deputirte Pais hat vorgestern den Bericht über das Heeresbudget vollendet. Darin werden die Depu⸗ tirten aufgefordert, von der Wiederholung der Diskussion über die Heeresordnung, die Heeresstärke, die Entwickelung des Heerwesens und die Landesvertheidigung abzustehen; denn ein Heer, über das fortwährend diskutiert werde, sei halb besiegt. Die Bündnisse entbänden Italien nicht von der Pflicht, für die Landesvertheidigung zu sorgen. Durch eine Aenderung der auswärtigen Politik werde die Abrüstung nicht ermöglicht werden; selbst die neutrale Schweiz gebe für Ver⸗ theidigungszwecke verhältnißmäßig mehr aus als Italien. Nicht ehrgeizige Pläne, sondern die Nothwendigkeit, sich gegen unvor⸗ hergesehene Ereignisse zu schützen, zwängen Italien, das Heer intakt zu erhalten. Im allgemeinen seien die Ansätze des Heeresbudgets zu gering. Nothwendig sei auchdie Erneuerung der Bewaffnung und die Kompletierung der Festungswerke; Ersparnisse seien nur auf dem Gebiet der Verwaltung denkbar. Italien verwende nur 20 Proz. der Staats⸗ ausgaben für das Heer und auch im Verhältniß zur Be⸗ völkerung weniger als Deutschland und Frankreich. Auch in finanzieller Beziehung laufe Italien nicht Gefahr, wenn es seine Heeresstärke 11““ Zwölf Armee⸗Korps seien die unentbehrliche Grundlage für die Landesvertheidigung. Ein Volksheer entspreche zwar den Forderungen der Gegenwart, Italien könne aber nicht die Initiative zur Verwirklichung dieser Forderungen ergreifen. Wenn die Verkürzung der Milltärdienstzeit aus finanziellen Gründen nöthig sein sollte, so möge die Dauer der Felddienst⸗ übungen verlängert werden. Die Carabinieri⸗Regimenter seien in ihrer gegenwärtigen Stärke beizubehalten. Das Heeres⸗ budget, dessen Annahme der Bericht schließlich empfiehlt, stellt sich um 13 Millionen niedriger als das Heeresbudget des laufenden Jahres. Die Kommission der Kammer vertagte die Beschlußfassung über den Bericht auf heute.
Die zweite Gruppe der spanischen Pilger, 6500 an der Zahl, sowie 200 von der ersten Gruppe hier zurück⸗ gebliebene Pilger wohnten gestern der Seligsprechung Jacob's von Cadix in der Basilika des Vatikans bei; außerdem waren viele Kardinäle, zahlreiche spanische Bischöfe sowie der spanische Botschafter anwesend. Während der heiligen Handlung waren die Thuͤren der Kirche geschlossen. Der Papst, dessen Aussehen ein vortreffliches ist, wurde bei seinem Er⸗ scheinen lebhaft begrüßt. “ “
zahlreiche
Der Marschall Martinez Campos ist am Sonnabend Morgen in Madrid eingetroffen.
In einer gestern Abend abgehaltenen Versammlung von Carlisten erklärte dem „W. T. B.“ zufolge der frühere Führer der Partei, der Deputirte Nocedal, es sei Pflicht der Katholiken, den Anordnungen des Papstes, die sich auf das Verhalten der Katholiken zu den bestehenden Behörden bezögen, Folge zu leisten. Man glaube allgemein, Nocedal werde sich dem bestehenden Regime anschließen.
“ J““
Der Jahrestag der Begründung der Dynastie durch Milos Obrenovic und der Uebernahme der Festungen unter dem Fürsten Michael ist gestern dem „W. T B.“ zufolge in Belgrad und im ganzen Lande als eine hervor⸗ ragende dynastische und nationale Fh gnngaseen durch Gottes⸗ dienste, Parade der Truppen, Volksfeste und Illumination festlich begangen worden. Bei der Prunktafel im Königlichen Palais erwiderte der König auf eine Rede des Minister⸗ Präsidenten Nikolajewie, worin dieser die Thaten Milos Obrenovic' verherrlicht hatte, mit einem Trinkspruch auf das Volk, die Armee und die getreuen Belgrader und hob besonders das Wirken Milos', Michael's und Milan'’s hervor, welch' letzteren er als Vater, als ersten König des befreiten Serbiens und als treuen Unterthanen verehre. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. 8.
Der Königliche Ukas, durch welchen Vladan Diior⸗ gjewic zum Gesandten in Konstantinopel und Cedomic Mijatowic zum Gesandten in Bukarest ernannt werden, ist vorgestern unterzeichnet worden.
Amerika.
Die canadische Regierung hat nach einer Meldung. des „W. T. B.“ aus Ottawa die Kolonien in Australien und Süd⸗Afrika aufgefordert, an dem in Ottawa im Juni stattfindenden Kongreß theilzunehmen, auf dem über gegen⸗ seitige Handelsbegünstigungen der einzelnen Theile des britischen Reichs und über die Aufhebung der Meist⸗ begünstigungsklausel in den Verträgen mit Belgien und Deutschland berathen werden soll.
Wie die „Agenzia Stefani“ aus Washington von gestern meldet, hätte die Regierung der Vereinigten Staaten die Initiative der italienischen Regierung zu Gunsten der italienischen Auswanderer, die bisher unter den drückendsten Verhältnissen in den Ankunftshäfen sich aufhielten, günstig aufgenommen. Die Regierung der Vereinigten Staaten zeige sich geneigt, in den besagten Häfen Regierungs⸗ bureaux einzurichten und vom Kongreß einen Kredit zu for⸗ dern, damit die italienischen Auswanderer direkt nach den ackerbautreibenden Kolonisationsdistrikten geschickt werden könnten. Die republikanische Partei im Senat versucht, wie „W. T. B.“ berichtet, die Tarifvorlage dahin abzundern, daß sie anstatt am 30. Juni d. J. erst sechs Monate nach der Annahme durch den Kongreß in Kraft treten soll.
Nach den aus Rio de Janeiro in Paris eingetroffenen Nachrichten beginnt der Handel sich wieder zu beleben. 8 Marschall Peixoto hat dem diplomatischen Korps die 1 theilung gemacht, daß der Aufstand beendigt a * brasilianischen Insurgenten sind nach einer Quarantf in Montevideo an Land gebracht worden. Sie befinden
in einem traurigen Zustand. Alle weigern sich jedoch, die Be⸗ gnadigung seitens Peixoto’s anzunehmen.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Lissabon haben die militärischen Operationen gegen die Einge⸗ borenen in Portugiesisch⸗Guinea begonnen. Bei einer Rekognoscierung kam es zu einem Gefecht, wobei sich die Ein⸗ geborenen zurückziehen mußten. Die Portugiesen hatten weder Todte noch Verwundete. Die Regenzeit hat begonnen, wodurch die Lage der europäischen Soldaten erschwert wird.
*.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die Sonnabendsitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Weildan 8
— Auf der Tagesordnung der heutigen 55. Sitzung des Haufes der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden beiwohnte, stand die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die Landwirth⸗ schaftskammern.
8S1, welcher die Vorschrift über die Bildung von Landwirthschaftskammern enthält, schiedene Anträge vor:
1 Von dem Abg. Reinecke (fr. kons.): nur fakultativ die Bildung von Landwirthschaftskammern zuzulassen, und zwar auf Antrag des Provinzial⸗Landtags.
2) Von den Abgg. vom 1 Heye, Ottens und Dr. Paasche (nl.): Die fakultative Bildung von Landwirth⸗ schaftskammern auf Antrag der landwirthschaftlichen Zentral⸗ vereine oder der Mehrheit der in der Provinz vorhandenen “ Vereine erfolgen zu lassen.
Für den Fall der Annahme des § 1 mit den obligato⸗ rischen Landwirthschaftskammern beantragt Abg. Hansen (fr. kons.) folgende Resolution:
CAA G1“ zu ersuchen, beim Inkrafttreten des vor⸗
liegenden Gesetzes unter Aufhebung des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums
eine durch Wahlen sämmtlicher Landwirthschaftskammern gebildete
Behörde, sei es mit der Bezeichnung einer „Landeskammer“ oder
einer anderen ins Leben zu rufen, von welcher die einheitliche Ver⸗
tretung der Gesammtheit der Landwirthschaftskammern wahrzu⸗
nehmen ist.
Abg. vom Heede (nl.) erklärt namens seiner Freunde, daß sie die schwierige Lage der Landwirthschaft vollauf würdigen und daß sie jede Maßregel billigen, welche der Landwirthschaft helfen könne. Aber in der Weise, wie das vorliegende Gesetz es wolle, würde der Land⸗ wirthschaft nicht geholfen werden. Ein Theil der Nationalliberalen mache die Zustimmung zu dem Gesetze davon abhängig, daß die Land⸗ wirthschaftskammern fakultativ gestaltet werden, daß giese Kammern den Provinzen, welche sie nicht wünschen, nicht aufgezwungen werden können. Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium habe sich auch nur in diesem Sinne ausgesprochen und den Anschluß der Kammern an die bestehenden landwirthschaftlichen Vereine verlangt. Die zwangs⸗ weise Organisation, fährt Redner fort, wird damit begründet, daß sich die großen organisatorischen Aufgaben, welche die Re⸗ gierung lösen wolle, nicht anders durchführen ließen. Sind denn die Handelskammern obligatorisch gemacht? Keines⸗ wegs. Es bestehen daneben eine ganze Anzahl von Kor⸗ porationen, welche dem Handelskammergesetz gar nicht unterliegen. Trotzdem legt die Regierung den Gutachten dieser Korporationen keinen geringeren Werth bei. In der Industrie sind es gerade die freien Vereine, welche sich den größten Einfluß verschafft haben. Ebenso haben sich die landwirthschaftlichen Vereine bewährt, und wo diese es wünschen, möge man mit der Bildung der Landwirth⸗ schaftkammern vorgehen. Wenn der Erfolg ein guter ist, werden die anderen Provinzen schon nachfolgen. In den meisten Pro⸗ vinzen aber werden die Kammern mit großem Mißtrauen aufgenommen. Man sagt freilich, die Opposition gehe nur von den Leitern der Zentralvereine aus, welche ihren Einfluß zu verlieren fürchten. Ja, die Leiter dieser Vereine sind aber jetzt Personen, die um die Land⸗ wirthschaft sich große Verdienste erworben haben und es muß erst ab⸗ gewartet werden, ob sie auch in den Landwirthschaftskammern eine Thätigkeit ausüben können. Für die Förderung der Land⸗ wirthschaft in der Praxis reichen die freien landwirthschaft⸗ licen Vereine und auch die fakultativen Landwirthschafts⸗ kammern aus. Die weiteren, etwas schleierhaften Ziele, welchen die Landwirthschaftskammern dienen sollen, sind aber zum theil Phan⸗ tasiegebilde. Auf dem Gebiete der Verschuldung und des Erbrechts wird nicht viel erreicht werden; man kann die Entwickelung nicht künstlich zurückschrauben. Gerade diese verschleierten Ziele haben eine vewisse Beunruhigung hervorgerufen, und man will deshalb von der dhligatorischen Einführung der Landwirthschaftskammern nichts wissen. Redner empfiehlt schließlich die Annahme seines Antrages.
8 Abg. Freiherr von Erffa⸗Wernburg (kons—.): Bei der ersten Lesung habe ich erklärt, daß wir durch ehrliche Arbeit in der Kom⸗ mission etwas schaffen wollen, und wer nicht mit Voreingenommenheit an die Kommissionsbeschlüsse herantritt, muß anerkennen, daß dieselben eine große Verbesserung der Vorlage herbeigeführt haben. Die Land⸗ wirthschaftskammern müssen gehört werden, der Unterschied zwischen Groß⸗ und Kleingrundbesitz ist beseitigt, das Wahlrecht der Pächter ist besser geordnet, die Grenze des Besteuerungsrechts ist um die Hälfte herabgeset t, und über die Staatszuschüsse für die landwirthschaftlichen Vereine ist eine befriedigende Erklärung der Regierung abgegeben worden. Schöne Reden für die Landwirthschaft werden immer gebatken Aber sobald einmal ein Gesetz vorgelegt wird, welches wirklich der Land⸗ wirthschaft nützt, dann macht der deutsche Liberalismus Front. Der liberale Gladstone ordnete eine Enqguste über die Nothlage der Land⸗ wirthschaft an. Das ist außerdeutscher Liberalismus. Der deutsche bäumt sich auf gegen jede Maßregel für die Landwirth⸗ schaft. Bei Ihnen (links) kommt der Haß gegen die Großgrundbesitzer zu. Tage. Sie wollen den Großgrundbesitz erst wirthschaftlich ruinieren, um seinen politischen Einfluß zu brechen. Es handelt sich doch hier nicht um Liebesgaben, wenn die Landwirthschaft sich be⸗ steuern will zu ihrem eigenen Besten?! Weil wir bei den liberalen Varteien kein Verständniß für die Landwirthschaft finden, legen wir 1g größten Werth auf die Schaffung einer Berufsvertretung, und folle muß obligatorisch sein, wenn sie eine Bedeutung haben soll. Sollte das Gesetz nur in der fakultativen Form An⸗ nahme finden, so werden wir in Sachsen es auch durch⸗ süüren. Aber das genügt uns nicht, deshalb werden wir für die aekmmissionsbeschlüsse stimmen. Wir können nicht warten, bis die fh ultative Einrichtung sich vielleicht erst einige Zeit bewährt hat. Die dandwirthschaft hat keine Zeit zum Warten. Beim Reichstag und kei der Reichsregierung finden wir keine Hilfe und beinahe Derh Verständniß für die Interessen der Landwirthschaft. che aͤlb werden wir einen solchen Gesetzentwurf nicht Der gen wenn er auch von langer Hand her die Helr bringt. Kon Reichskanzler hat erklärt, daß die Landwirthschaft nicht zu seiner 16,geae gehört; er hat darauf eine ziemlich deutliche Antwort wese Friedrichsruh erhalten. Es ist mir besonders werthvoll ge⸗ hee. daß der große Lenker der deutschen Geschicke diesen Ausspruch e 8 Nationalliberalen gegenüber gegeben hat; er wollte amit wohl eine kleine Direktive für ihre Behandlung heleevirthschaftlicher ragen geben. Sie sollten der Landwirthschaft wo sie selbst die Hilfe sucht. Nachdem durch Gerichts⸗ sie sihtniß die Thätigkeit der landwirthschaftlichen Vereine, soweit Vera⸗ nicht um das landwirthschaftliche Gebiet dreht, unter das vel en eset gestellt ist, müssen wir eine andere Organisation suchen, dchert de Erörterung wirthschaftspolitischer Fragen in den Vereinen
Dazu ist es unbedingt nothwendig, die Kammern obligatorisch
obligatorische liegen ver⸗
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als ob die Leiter der Vereine eine Störung ihres Besitzstandes fürchten. Deshalb bitte ich, die Anträge abzulehnen. fißs Abg. von Tzschoppe (fr. kons.) erklärt, daß seine Freunde nur für die fakultativen Landwirthschaftskammern stimmen könnten, solange für die besonderen Verhältnisse der Provinz Posen nicht Fürsorge getroffen sei. (Redner hat mit seinen Freunden zu § 5 den Antrag gestellt: in der Provinz Posen ein Drittel der Mitglieder der Landwirthschafts⸗ kammern durch den Ober⸗Präsidenten nach Anhörung des Provinzialraths ernennen zu lassen.) Im übrigen erkennt er an, daß die Vorlage durch die Kommissionsberathung eine erhebliche Verbesserun erfahren habe. Wenn eine Berücksichtigung der besonders polnischen Ver⸗ hältnisse erfolge, dann erklärt sich Redner bereit, in eine erneute Er⸗ wägung darüber einzutreten, ob die Frage obligatorisch geregelt werden könne.
Abg. Graf von und zu Hoensbroech (Zentr.): Der Wider⸗ spruch gegen die Vorlage geht hauptsächlich von den landwirthschaft⸗ lichen Vereinen aus, welche keinen Boden in der Bevölkerung haben, so namentlich vom rheinischen Zentralverein, der liberal angehaucht ist, weil in ihm viel Mitglieder sitzen, die an der Landwirthschaft weniger Interesse haben als an der Industrie und weil er viele Beamte enthält. Würde dieser Verein überhaupt noch existenzfähig sein, wenn der Staat seine schützende Hand von ihm zöge? Man hat die öffentliche Meinung irre geleitet. Man hat den Bauern vorgeredet, daß sie ein neues unbequemes Erbrecht und eine neue Besteuerung bekämen. Das macht in der Bevölkerung, welche die Ziele einer solchen Gesetzgebung nicht übersehen kann, einen Eindruck. Am Rhein herrschen manche Freiheiten, aber in Bezug auf das Erbrecht nicht. Wir unterliegen dem Zwange des Code Napoléon, daß das ungleiche eintreten muß, und dagegen sträubt sich die Bevölkerung; man chließt Verträge unter Lebenden ab, um dieser „Frei⸗ heit“ aus dem Wege, zu gehen. Warum sollen solche Sitten und Gewohnheiten im Volke nicht gesetzlich unterstützt werden? Die übergroße Mehrzahl meiner Freunde wird für die obligatorischen Landwirthschaftskammern stimmen, wenn das Gesetz im übrigen eine acceptable Gestalt erhält. Der Vergleich mit den Handelskammern ist völlig hinfällig. Denn die Landwirthschaftskammern sollen nicht bloß Gutachten abgeben, sondern sie sollen zur Organisation des landwirthschaftlichen Berufs beitragen. Es scheint freilich, daß den Liberalen jedes Gefühl für eine solche Organisation verloren gegangen ist. Innerhalb der Handelskammern giebt es Gegensätze zwischen Großhandel und Kleingewerbe u. s. w.; deshalb haben die Handelskammern nicht die Autorität, welche sie vielleicht beanspruchen könnten. Bei der Landwirthschaft besteht aber zwischen dem Klein⸗ und Großbesitz kein Gegensatz. Durch die Einführung. der fakultativen Kammern würden wir die letzten Ziele, welche wir verfolgen, vollständig vernichtee. Man verlangt nach einer Enqubte; um den Nothstand zu beweisen, ist sie nicht mehr nöthig, denn der Nothstand wird von allen Seiten zugegeben; aber später, wenn es sich darum handelt, die Frage der Verschuldung zu regeln, würde eine solche Enquste von Nutzen sein. Der Polen⸗ antrag der Freikonservativen würde auf diesem wirthschaftlichen Gebiet Gegensätze schaffen, welche vermieden werden müssen, weil sie das politische Leben nur vergiften würden. Würde der Polen⸗ paragraph in das Gesetz hineingebracht, dann würde niemand vom Zentrum dafür zu haben sein.
Bei Schluß des Blattes spricht der Abg. Ehlers (fr. Vg.).
— Auf der Tagesordnung für die morgige 10. Plenarsitzung des Herrenhauses (Beginn: Nachmittags 2 hr) stehen u. a. 8 ein⸗ malige Schlußberathung über den Bericht der Staatsschulden⸗ kommission, betreffend die Verwaltung des Staatsschuldenwesens im Rechnungsjahre vom 1. April 1892/93, und den Beschluß des Hauses der Abgeordneten dazu; der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über die Petition des Magistrats von Berlin um theilweise Rückerstattung des von der Stadtgemeinde Berlin gezahlten Polizeikosten⸗Pauschguantums; die einmalige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts bestehenden Vorschriften über die in die Geburtsregister einzutragenden Vornamen.
Kunst und Wissenschaft.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe wird am Mitt⸗ woch Abend Herr Bibliothekar Dr. P. Jessen einen Vortrag „Zum Verständniß der deutschen Renaissance“ halten. Der Vortrag wird durch ausgewählte Arbeiten der deutschen Renaissance aus der Samm⸗ lung und der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums, sowie durch Projektionsbilder mittels eines Skioptikons erläutert werden. Die Sitzung findet statt im großen Saale des Architekten⸗ hauses 8 ½ Uhr Abends. Gäste aus Fachkreisen sind willkommen.
— Der Preußische Medizinalbeamten⸗Verein trat heute hierselbst im Architektenhause unter Vorsitz des Regierungs⸗ und Medizinal⸗Raths Dr. Raymund⸗Minden zur elften Hauptver⸗ sammlung zusammen, der die Geheimen Ober⸗Medizinal⸗Räthe Pro⸗ fessor Dr. Skrzeczka und Dr. Schönfeld, sowie der Geheime Medizinal⸗ Rath Dr. Pistor aus dem Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Regierungs⸗ und Medizinal⸗Rath Dr. Wernich vom Polizei⸗Präsidium, sowie die Landtags⸗Abgeordneten Regierungs⸗Präsident von Pilgrim und Sanitäts⸗Rath Kruse⸗Norderney beiwohnten. Der Schriftführer Sanitäts⸗Rath Philipp⸗Berlin erstattete den Geschäfts⸗ bericht, demzufolge der ganz Preußen umfassende Ver⸗ ein zur Zeit 541 Mitglieder umfaßt, 5795 ℳ ver⸗ einnahmte und 5746 ℳ verausgabte. Die Versammlung beschloß auf Antrag des Vorstandes, künftig auch derartige praktische Aerzte als Mitglieder aufzunehmen, welche das Physikatsexamen gemacht haben, aber noch nicht als Medizinalbeamte angestellt sind. Zu dem im Herbst in Pest stattfindenden internationalen hygienischen Kongreß wird der Verein nach Beschluß der Versammlung einen Delegirten entsenden. Regierungs⸗Rath Dr. Wernich⸗Berlin erstattete den Bericht über den internationalen medizinischen Kongreß in Rom. Kreisphysikus Dr. Langerhans⸗Celle stellte sodann Thesen über Bau und innere Einrichtung ländlicher Schul⸗ gebäude, vom gesundheitlichen Standpunkt betrachtet, auf: In der Schulgesundheitspflege träten erhebliche Mängel zu Tage, denen zum theil schon auf dem Boden der jetzigen Medizinalverfassung, namentlich auch durch vermehrtes Heranziehen der Medizinalbeamten, abgeholfen werden könne. Mit einem geplanten Neubau oder größerem Umbau von Schulhäusern müßte zunächst ein vorläufiger Grundriß mit Lageplan und mit Angaben über die in Aussicht genommene Waherver eung Entwässerung und Abortanlage eingereicht werden. Während dieses Referats erschien der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten Dr. Bosse mit dem Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch und nahm sofort zu einer begrüßenden Ansprache das Wort. Nachdem der Vorsitzende dem Staats⸗Minister Dr. Bosse gedankt hatte, wurden die Verhandlungen fortgesetzt. Die Versamm⸗ lung erklärte sich mit den Leitsätzen des Referenten einverstanden und gab in einer besonderen Beschlußfassung kund, daß sie eine größere Betheiligung der Medizinalbeamten auf dem Gebiete der Schul⸗ hygiene für dringend nothwendig halte. Nach diesen Verh verließ der Staats⸗Minister Dr. Bosse die Versammlung.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Verbreitung von Thierseuchen im Deutschen Reich im März 1894. (Im Kaiserlichen Gesundheitsamt nach amtlichen Mittheilungen zusammengestellt; für Preußen und Braunschweig liegen Nachweisungen nur über Maul⸗ und Klauenseuche vor.) Der Rotz (Wurm) wurde festaestellt in je 1 Gehöft des Ober⸗ Amts⸗Bezirks Waldsee (Donaukreis-nah des Kreises Saargemünd
zu machen. Die Petitionen gegen das Gesetz machen mir den Eindruck,
(Lothringen)
Die Maul, und Klauenseuche hat gegen den Vo abermals räumlich abgenommen. Sie berrn am Schluß b- Berichtsmonats in den preußischen Regierungsbezirken Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Berlin, Potsdam, Frankfurt, Köslin, Bromberg, Breslau, Oppeln, Magdeburg, erseburg, Erfurt, Lüneburg, Minden, Arnsber und Cassel⸗ ferner in den bayerischen Regierungsbezirken v Pfalz, Mittel⸗ und Unterfranken, in den sächsischen Kreishauptmann⸗ schaften Bautzen, Dresden, Leipzig und Zwickau, dem württem⸗ bergischen Neckar⸗, Schwarzwald⸗ und Donaukreise, den badischen Landes⸗Kommissariatsbezirken Freiburg, Karlsruhe und Mannheim in Mecklenburg⸗Schwerin, im Fürstenthum Birkenfeld, in Braun⸗ schweig, Sachsen⸗Altenburg, im Herzogthum Gotha, in Anhalt und im Unter⸗Elsaß. Die meisten Gemeinden blieben verseucht im Landes⸗Kommissariatsbezirk Freiburg (10). In den durch gesperrten Druck hervorgehobenen Verwaltungsgebieten war am Monats⸗ v nun je 1 8“
ie Lungenseuche wurde festgestellt in 1 Gehöft des irks Molfstein (Niederbayern) und in 2 Gehöften des Fhe nhalt).
Ausbrüche der Schafräude sind ermittelt in 2 Gemeinden von Oberfranken, je 1 von Mittelfranken (Viehhof Nürnberg) und des Neckarkreises, 2 des Schwarzwaldkreises, je 1 des Landes⸗ kommissariatsbezirks Freiburg und in Waldeck.
Die Königlich spanisch 8GI b
1 ie Königli panische Regierung hat gegen Herkünfte von Lissabon und Umgegend Quarantäne Fa. 1 8 Griechenland.
Schiffe, welche seit dem 13. d. M. von den Dardanellen und Smyrna abgegangen sind, unterliegen in Griechenland bis auf weiteres einer viertägigen Beobachtungsquarantäne.
Schweden.
Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kommerz⸗ kollegiums vom 20. d. M. ist ganz Polen für choleraverseucht, da⸗ gegen sind die russischen Gouvernements Wolhynien und Tschernigow, sowie die belgische Provinz Lüttich für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 61 vom 12. v. M.)
Lemb 21. April 8a69 p 20. A 1.
Lemberg, 21. April. Vom 7. bis 20. April sind, wie „W. T. B.“ berichtet, in den Bezirken Borszezow und Husiatyn 23 Personen an der Cholera erkrankt. Davon sind bisher 2 genesen und 10 gestorben, während die übrigen 11 sich noch in ärztlicher Behandlung befinden. Heute ist indessen kein neuer Cholerafall vor⸗
Lissabon, 21. April. In den letzten 24 Stunden sind dem „W. T. T.“ zufolge 85 choleraartige Erkrankun en vorgekommen. Von den bisher Erkrankten sind 141 Personen genesen; ein Todesfall
ist nicht vorgekommen.
Haäandel und Gewerbe. .
Täg iche Wagengestellung für Koblen und Koks Rnhes EE“ EE n der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 10 261, nicht rechtzeiti Vhseitnteg⸗ bütee. t. g nicht rechtzeitig „In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 3271, nicht t⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8 .“
— Der Aufsichtsrath der Preußischen Immobilien⸗ W“ beschtessen 2s erste Liqui⸗ ationsrate von;: ℳ gleich 20 ℳ für den Berechti w am 4. 188 8. F.
— In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Vaterländischen Feuer⸗Versicherungs⸗A.⸗G. zu Elber⸗ feld vom 21. d. M. wurde beschlossen, 30 %, d. h. 180 ℳ für jede Aktie, zu vertheilen. Bilanz und Jahresrechnung für 1893 wurden genehmigt und Ergänzungswahlen vorgenommen.
— In der Generalversammlung der Aachener und Münchener E11““ vom 21. d. M. wurde be⸗ schlossen, eine Dividende von 430 ℳ für die Aktie zu vertheilen. — Die Generalversammlung der Aachener Rückversicherungs⸗ gesellschaft beschloß, eine Dividende von 75 ℳ für die Aktie zu b 8 — Die Königlich bayerischen Staatsbahnen hatten im März d. J. Einnahmen im Betrage von 9 215 237 156 188 ℳ) und vom 1. Januar d. J. bis Ende März 24 195 557 (ℳ 888 108) ℳ
— Die Königlich württem bergischen Staats⸗Eisen⸗ bahnen vereinnahmten im März d. J. 3 012 749 ℳ, d. i. gegen die endgültige Einnahme im März 1893 mehr 1501 ℳ; vom 1. April 1893 bis Ende März 1894 wurden eingenommen 36 331 315 ℳ, d. i. gegen die endgültige Einnahme des Vorjahres
mehr 1 062 166 ℳ
Magdeburg, 21. April. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue —,—, Kornzucker erkl. 88 % Rendement —,—, neue 12,40, Nachprodukte exkl., 75 % Rendement 9,30. Flau. Brotraffinade I. —,—, Brotraffinade II. —,—, Gem. Raffinade mit Faß —,—, Gem. Melis I, mit Faß —,—. Geschäftslos. Rohzucker. I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. April 11,95 bez., 11,97 ½ Br., pr. Mai 11,97 ½ bez. u. Br., pr. Juni 12,00 bez., 12,02 ½ Br., pr. Juli 12,02 ½ bez., 12,07 ½˖ Br. Flau.
Frankfurt a. M., 21. April. (W. T. B.) Die „Frkf. Ztg.“ meldet aus Zürich: Nach dem Beschluß der Generalversammlung der Schweizer Nordostbahn übernimmt das von Gayer⸗Zeller geführte Banksyndikat 10 Millionen Franks 3 ½ % Prioritäten zum Kurse von 98 ¼, „die im Mai emittiert werden sollen, falls nicht von anderer Seite günstigere Offerten einlaufen. Ueber die Begebung von weiteren 10 ½ Millionen wird eine Generalversammlung im Juni 1895
Beschluß fassen.
Mannheim, 21. April. (W. T. B.) Produktenmarki. Weizen pr. Mai 14,40, pr. Juli 14,50, pr. Nov. 14,70. Ro gen pr. Mai 12,45, pr. Juli 12,70, pr. Nov. 12,75. Hafer per Mai 13,85, pr. Juli 13,75, pr. Nov. 13,15. Mais pr. Mai 10,85 pr. Juli 10,70, pr. Nov. 10,90.
Bremen, 21. April. (W T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗ Börse.) Ruhig. Loko 4,75 Br. — Baumwolle. Willig. Upland middling, loko 38 ½ 4. — Schmalz. Fest. Wilcox 40 8 Armour shield 39 ½ ₰, Cudahy 40 ₰, Fairbanks 33 ½ ₰. Speck. Fest. Short clear middling loko 36. Taback. Umsatz: 172 Kisten Seedleaf, 398 Seronen Carmen. St. Petersburg, 21. April. (W. T. B.) Die Konversion umfaßt beide Emissionen der Bankbillets und beide Orient⸗ Emissionen im Betrage von 750 Millionen Rubeln. Die neue Rente wird verschiedene Vergünstigungen haben, so einen niedrigeren Prozentsatz bei Lombardierung bei der Reichs⸗ bank. Der Emissionspreis wird wahrscheinlich zwischen 92 und 93 betragen. Der Finanz⸗Minister berieth heute mit den Direktoren der St. Petersburger und Moskauer Banken. — Der neue Typus der Konvertierungs⸗Anleihe wird dem Vernehmen nach die 4 % Rente leine Die Publikation der Konversion soll am 21. April alten Stils erfolgen.
— 22. April. (W. T. B.) In der heute hier abgehaltenen Generalversammlung der Aktionäre der Wolga⸗Kama⸗Komm erz⸗ Bank wurde die Abrechnung für 1893 bestätigt. Der Reingewinn beträgt danach 3 356 745 Rbl. Nach statutenmäßiger Vertheilung der Tantismen wurden dem Reservekapital 67 135 Rbl. zugeführt. Es verbleiben also zu Gunsten der Aktionäre 2 231 696 Rbl. Hiervon ge⸗ langen 2 Millionen Rubel zur Vertheilung, was auf die Aktie 50 Rbl. oder 20 % Dividende ausmacht. 231 696 Rbl. werden zur Reserve⸗ Dividende geschlagen. Die Gründerantheile nehmen am Gewinn mit insgesammt 444 214 Rbl. theil. Hiernach erreicht das Reserve⸗ Kapital den Betrag von 3 795 511 Rbl. und die Reserve⸗Dividende
1 390 927 Rbl. Das Amortisationskapital der Immobilien beträgt 520 917 Rbl., die G tsun Reserv 7 355 Rbl.