1894 / 95 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 21. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ ist am 19. April Vormittags in New⸗York angekommen. Der Schnelldampfer Trave“ ist am 20. April Morgens auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Pfalz' hat am 19. April Nachmittags die Reise von Vigo nach Antwerpen fortgesetzt. Der Postdampfer „Weser“ ist am 19. April Nachmittags in New⸗York angekommen. Der

ichs⸗Postdampfer „Geras ist am 19. April Nachmittags in Baltimore angekommen. . h 22. Prril. (W. T. B.) Der Postdampfer „Dresden“ hat am 20. April Nachmittags Dover passiert. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Preußen“ ist am 20. April Nachmittags in Aden an⸗

gekommen. 1 Hamburg, 21. April. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗

8 aerfehrt „Aktien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer :Chectet ec⸗ hat heute Morgen Lizard passiert. London, 21. April. (W. T. B.) Der neue für die Route Harwich⸗Hoek van Holland bestimmte Dampfer „Berlin“ der „Great Eastern Railway“ machte heute die Probefahrt, an der 0 Gäste, darunter von der deutschen Botschaft die Herren Graf von Metternich, Freiherr von Eckardtstein und Graf von Perponcher, theilnahmen. Bei dem nach der Fahrt in Hallwich stattgefundenen Bankett erwiderte Graf von Metternich den Trink⸗

ie Gäste. N. 1“ ( T. B.) Der Uniondampfer „Anglian“ ist heute auf der Heimreise in Southampton an⸗

111“ 21. April. (W. T. B.) Die Staatsbahn⸗ Direktion beabsichtigt, im Laufe des Sommers Reisekarten auszu⸗ geben, die vierzehntägige Gültigkeit haben und zu Reisen zwischen sämmtlichen Staatsbahnstationen berechtigen. Die Preise sollen auf 20 Kronen für die dritte, auf 30 Kronen für die zweite und auf

40 Kronen für die erste Wagenklasse festgesetzt werden.

Theater und Musik.

Lessing⸗Theater.

Die von dem erfolgreichen Gastspiel aus Moskau zurückgekehrten Mitghiber dieser Bühne fanden gestern Abend Gelegenheit, sich in dem nach mehrjähriger Pause zum ersten Mal mit Neubesetzung einzelner Rollen neu einstudiert aufgeführten unterhaltenden Lustspiel „Das zweite Gesicht“ von Oscar Blumenthal dem hiesigen Publikum wieder vorzustellen. Das im Dialog überaus witzige Stück erregte wiederholt lebhafte Ausbrüche von Heiterkeit und erwies sich auch jetzt noch als frisch und wirksam, was außer der natur⸗ wahren Charakterisierung einzelner Personen auch der trefflichen In⸗ scenierung und Darstellung zu danken war. Wenn trotzdem der Beifall zum Schluß sich ein wenig abschwächte und das Interesse

mte, so lag das hauptsächlich an dem bekannten Umstande, ““ Fbelnaag Humor und niedriger Gesinnung wider⸗ spruchsvoll zusammengesetzte Charakter der Hauptperson des Stücks beim weiteren Fortschreiten der Handlung mehr und mehr von der anfangs gewonnenen Sympathie verlieren mußte und selbst durch die an⸗ sprechende Darstellung des Herrn Rieckhoff nichts davon wieder⸗ erlangen konnte. Als Komtesse Kitty von Mengers zeigte Fräulein Elsinger, daß sie für naive Rollen eine hervorragende Begabung besitzt. In der Rolle des Parvenus Max Koberstein bewies Herr Guthery außerordentlich viel natürlichen Humor. Außerdem wirkten Fräulein Reisenhofer und die Herren Prechtler, Schönfeld, Horn und Vorwerk verdienstvoll zu dem Erfolg des Werkes mit.

Zentral⸗Theater.

1 ie schon seit längerer Zeit bekannte Posse „Die Näherin“ von 8n c Hlet (Musik von Carl ö“ wurde mit glück⸗ lichem Erfolg gestern Abend wieder anigeführt Entbehren auch die vorgeführten Situationen zum großen Theil der Wahrscheinlichkeit, so ve ehlten doch die vielen lustigen Scenen nicht ihre er⸗ heiternde Wirkung auf das zahlreich erschienene Publikum. Wie immer stand Mittelpunkt des Interesses

im Frau Josephine Dora, die mit ihrer glänzenden Begabung für den Kupletvortrag, ihrer Anmuth und

ihrem munteren Spiel wieder die Zuschauer in der angenehmsten Weise unterhielt. Ihr persönlich galt

deshalb auch hauptsächlich der dem Held'’schen Werke reichlich ge⸗ spendete Beifall. Doch kann man auch den übrigen Mitwirkenden zugestehen, daß sie redlich bemüht waren, ihre geschätzte Kollegin zu hntfrstü en und somit die ganze Vorstellung einen befriedigenden Ver⸗ auf nahm.

Im Königlichen Opernhause werden morgen Leoncavallo's „Medici“ mit den Damen Hiedler, Herzog, den Herren Sylva, Bulß unter Kapellmeister Sucher's Leitung gegeben. 5

Im Königlichen Schauspielhause gehen morgen Molidre's Lustspiele „Die gelehrten Frauen“ (Damen Kahle, Abich, Lindner, Schramm, Conrad, Herren Vollmer, Klein, Purschian, Arndt, Keßler) und der „Der eingebildete Kranke“ (Herr Vollmer) in Scene.

Für die nächste Saison des Berliner Theaters hat Dr. Oscar Blumenthal nunmehr alle Vorbereitungen ebgeschlosen und eine Schaar von Künstlern um sich vereinigt, unter denen sich eine ungewöhnlich große Zahl von wohlbekannten Namen befindet. Nuscha Butze wird, wie schon erwähnt, vom 1. September d. J. ab wieder auf die Bühne zurückkehren, auf welcher sie viele Er⸗ folge geerntet hat. Vom Deutschen Theater werden die Damen Retty und Geßner, die Herren Sommerstorff, Merten und Retty an das Berliner Theater übersiedeln. Von den Darstellern des Lessing⸗Theaters sind in erster Linie die Damen Groß, Reisenhofer, Meyer, von Pöllnitz, Ce und Waldegg, die Herren Reicher, Kober, Guthery, Schönfeld, Waldow, Horn und Rieckhoff berufen, in den Vorstellungen des Berliner Theaters mit⸗ zuwirken. Von den bisherigen Mitgliedern des Berliner Theaters werden die Herren Nollet, Viebeg, Richter, Chony und Göbel im Verbande der Bühne verbleiben. Dazu gesellen sich von auswärts Carl Wallner vom Stadttheater in Frankfurt am Main, Hermann Böttcher vom Lobe⸗Theater in Breslau, H. Wehrlin vom Stadttheater in Graz, Luise Willig vom Stadttheater in Elberfeld, Meta Jäger von der Hofbühne in Altenburg, Max Körner vom Stadttheater in Danzig u. a.

Die für das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater neu engagierte Soubrette Fräulein Marie Fürst ist bereits in Berlin ein⸗ getroffen. Der Operettentenor Herr A. Pauli beschließt morgen als Barinkay in der Strauß'schen Operette „Der Zigeunerbaron“ sein er⸗ folgreiches Gastspiel.

Im Konzerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen den letzten Birtuosen⸗Abend⸗ in dieser Saison. Das reichhaltige Programm bietet Gelegenheit, folgende Solisten als Künstler zu hören: die Herren Rüster (Posaune), Smit (Cello), Carnier (Violine), Werner (Kornet à Piston) und Neumann (Violine). Außerdem werden die Waldhornisten „Die Kapelle“ und „Abendchor“ von Kreutzer vortragen. 8

Für das Konzert der Pianistin Frau Helene Hochedlinger, welches am Mittwoch, Abends 8 Uhr, im Saal Bechstein statt⸗

findet, hat der Baritonist Herr Witold Szaniowski seine Mitwirkung

Mannigfaltiges. 8 Für die Gruppe III „Bau⸗ und Ingenieurwesen“ der Berliner Gewerbeausstellung 1896 ist in einer am Freitag abgehaltenen Versammlung der Vorstand folgendermaßen 111“ Erster Vorsitzender Geheimer Baurath Appelius als Delegirter des Architekten⸗Vereins; Stellvertreter des Vorsitzenden Baurath Böck⸗ mann, Mitglied der Vereinigung Berliner Architekten und des Bundes der Bau⸗, Maurer⸗ und Zimmermeister; Schrift⸗ führer Stadtverordneter Esmann, Maurer⸗ und Zimmermeister. Nach einem Vortrag des Geheimen Regierungs⸗Raths Pro⸗ fessors Otzen, welcher die Ziele dieser Gruppe wie der ganzen Aus⸗ stellung unter dem Gesichtspunkt der Entfaltung künstlerischer Thätig⸗ keit darlegte, wurde die Gruppeneintheilung, wie folgt, festgesetzt: 1) Baumaterialien, 2) Baukonstruktionen: a. Hochbau, b. Ingenieur⸗ wesen, 3) Baukunst. Die Konstituierung dieser einzelnen Untergruppen wurde besonderen Sitzungen vorbehalten. 1“ 8 8

Der Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen hielt gestern in seinem neuen Künstlerhaus in der Potsdamerstraße 39. unter Vorsitz der Gemahlin des Staats⸗Ministers Dr. Delbrück seine Jahresversammlung ab. Der Verein umfaßt zur Zeit 382 Mit⸗

lieder; neu aufgenommen sind im letzten Jahre 25. Die Schule des Vereins war von 366 Damen besucht und hatte mit Einschluß des Staatszuschusses (2400 ℳ) und des Beitrages der Stadt (3000 ℳ) eine Einnahme von 32 788 und eine Aus⸗ gabe von 23 679 Die in der Akademie veranstaltete Ausstellung die 2235 Ausgaben erforderte, brachte 3203 Einnahmen. Seine Majestät der Kaiser kaufte vier der ausgestellten Bilder. Auf der Weihnachtsmesse wurden für 10 500 Verkäufe erzielt; eine Filiale der Messe fand in Magdeburg mit gutem Erfolg statt. Das Kostümfest ergab einen Ueberschuß von mehr als 6000 ℳ. Die Pensionskasse, der 43 Mitglieder angehören, verfügt über ein Vermögen von 32 020 ℳ. Die Darlehnskasse, der 12 Mitglieder neu beigetreten sind, gab 6 Darlehen in Höhe von 950 ℳ; von den von früher ausstehenden 11 Darlehen von 1450 wurden zwei ganz, zwei theilweise mit zusammen 400 zurückgezahlt. An Unterstützungen wurden 475 verausgabt. An Vermögen besitzt die Kasse 24 950 Die eigentliche Vereinskasse balanciert in Ein⸗ nahme und Ausgabe mit 3923 Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt.

Vor dem Deutschen Sprachverein Berlin wird morgen, Dienstag, Abends 8 ½ Uhr, im Wirthshause zum Schultheiß, Pots⸗ damerstr. 13, Dr. R. Böhme einen Vortrag über „Joachim Heinrich Campe“ halten. Gäste sind willkommen.

Herr Professor Dr. Müllenhoff wird im vissenschaftlichen Theater der Urania morgen Abend um 7 ½ Uhr einen Vortrag „Ueber Luftschiffahrt“ halten und am Donnerstag Abend „Ueber die Flugversuche des Menschen“ sprechen. Beide Vorträge werden durch zahlreiche Projektionsbilder erläutert.

Wien, 21. April. Heute fand in Gegenwart des Kaisers, der Erzherzoge und der Erzherzoginnen die erste Vorstellung des großen Karoussels in der spanischen Reitschule bei der Hof⸗ burg statt. Der Kaiser verweilte bis zum Schluß der äußerst ge⸗ lungenen glänzenden Aufführung.

Rom, 21. April. Depeschen des „W. T. B.“ aus Cagliari auf der Insel Sardinien melden das Auftreten von Heuschrecken⸗ schwärmen auf einem etwa 35 Gemeinden umfassenden Gebiet. 8 Regierung hat Anstalten zur Vernichtung der Heuschrecken ge⸗ roffen.

Pesaro, 21. April. In einer Schwefelfabrik in der hiesigen Umgebung entstand, dem „W. T. B.“ zufolge, durch einen unglück⸗ lichen Zufall eine Explosion, durch welche zehn Personen ver⸗ wundet wurden.

Lüttich, 22. April. „W. T. B.“ meldet: In vergangener Nacht wurde vor dem Hause des Bürgermeisters ein Packet mit 18 Dynamitpatronen gefunden. An dem Packet befand sich eine brennende Zündschnur. Trotz der schleunigsten Vorkehrungen er⸗ folgte eine Explosion, welche eine Panik hervorrief. Der angerichtete Schaden ist jedoch nicht bedeutend.

Athen, 22. April. Das Zentrum des in Nr. 94 d. Bl. ge⸗ meldeten Erdbebens war die Provinz Larissa, wo mehrere Ort⸗ schaften zerstört wurden. Zwanzig Kinder wurden unter den Trümmern eines zusammenstürzenden Klosters begraben. In drei Ortschaften in der alten Landschaft Lokris wurden, dem Bericht des „W. T. B.“ zu⸗ folge 129 Personen getödtet; die Zahl der Verwundeten ist noch nicht festgestell. Die meisten Häuser sind eingestürzt und die Bevölkerung lagert auf offenem Felde. Die Regierung beeilt sich, den Unglücklichen sofort Hilfe zu senden. In Theben wurde beträchtlicher Schaden an Wohngebäuden an⸗

erichtet; in Chalkis sind fünf Personen getödtet worden. Der önig und der Minister des Innern werden nach dem Schauplatz der Faigstropde abreisen. Das Unglück ist dem „W. T. B.“ zufolge größer als das, welches seiner Zeit die Insel Zante betraf.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

t vom 23. April, Morgens.

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Wetter.

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Stationen. Wind.

Temperatur

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wolkig bedeckt wolkenlos bedeckt wolkenlos bedeckt Dunst wolkenlos

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Cork, Queens⸗ town... Cherbourg Alber.... amburg .. winemünde 758 Neufahrwasser 761. Memel 764

Peris Eq11ö1“] ünster. 755 Karlsruhe. 755 Wiesbaden 755 München. 756 Chemnitz .. 757 Berlin 757 Wien 7565 nn757 se dP'Nix. 751 b7585 111161“

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heiter bedeckt wolkig wolkigi) heiter wolkig²) 3 bedeckt bedeckt

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1¹) Nachts Regen. ²) Nachm. und Nachts Regen. ³) Gestern anhaltender Regen.

Uebersicht der Witterung. 6

Die Devpression über Oesterreich hat bei ab⸗ nehmender Tiefe ihren Ort wenig verändert, während die Depression im Westen ostwärts fortgeschritten ist und die westeuropäische Küste betreten hat. Das barometrische Maximum im Nordosten zeigt wenig Aenderung. Bei meist schwacher, vorwiegend süd⸗ östlicher bis nordöstlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland trübe und ziemlich kühl, vielfach ist Regen gefallen, auf Sylt 22 mm; nur im nord⸗ westlichen Deutschland herrscht theilweise heitere Witterung, welche indessen von nicht langer Dauer

ein dürfte. 8 Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 103. Vorstellung. Die Medici. Historische ndlung in 4 Akten, Dichtung und Musik von .Leoncavallo. Uebersetzung von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 110. Vorstellung. Die gelehrten Frauen. Lustspiel in 5 Aufzügen von Jean Baptiste Molière. In deutschen Versen von Ludwig Fulda. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Der eingebildete Kranke. Lustspiel in 3 Aufzügen von Jean Baptiste Molière, mit Benutzung der Wolf Graf Baudissin'’'schen Ueber⸗ setzung. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr. 8 Mittwoch: Opernhaus. 104. Vorstellung. Bastien und Bastienne. Singspiel in 1 Akt von Wolf⸗ ang Amadeus Mozart. Neuer Text von Max albeck. Cavalleria rusticana (Bauern⸗ Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Maseagni. Text; nach dem gleichnamigen Volksstück von G. Verga. Carneval. Ballet⸗Burleske in 2 Auf⸗ zügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Stein⸗ mann. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 111. Vorstellung. Wallenstein's Lager. Schauspiel in 1 Aufzug von Friedrich von Schiller. Die Piccolomini. Schauspiel in 8. Aufeöügen von Friedrich von Schiller. Anfang r

Opernhaus: Donnerstag: Die Hochzeit des Figaro. Freitag: Falstaff. Carneval. Sonn⸗ abend: Zum ersten Mal: Hochzeitmorgen. Slavische Brautwerbung. Bajazzi. Sonntag: Die Meistersinger von Nürnberg.

Schauspielhaus: Donnerstag: Wallenstein’s Tod. Freitag: Vasantasena. Sonnabend: Nathan der Weise. Sonntag: Wilhelm Tell.

Deutsches Theater. Dienstag: Geographie

und Liebe. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Der Herr Senator. Donnerstag: Geographie und Liebe.

8

Berliner Theater. Dienstag: Hamlet. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Narziß. Donnerstag: Maria und Magdalena. 8 Freitag: 35. Abonnements⸗Vorstellung. Eva.

Lessing⸗Theater. Gesicht. Mittwoch: Niobe.

Dienstag: Das zweite

Wallner⸗Theater. Gesammt⸗Gastspiel des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters.

Sonntag: Die Fledermaus. Komische Operette in 3 Akten nach Meilhac und Halevy, bearbeitet von Carl Haffner und Rich. Genée. Musik von Johann Strauß. Regie: Hr. Epstein. Dirigent: Herr Kapell⸗ meister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Dienstag: Der Zigeunerbaron. Oyperette in 3 Akten nach einer Erzählung M. Jokai'’s von J. Schnitzer. Musik von Johann Strauß. Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ mann. Anfang 7 ½ Uhr.

Nittwoch: Der Zigeunerbaron.

Restdenz-Theuter. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Dienstag: Dekorirt (Décor é). Schwank in 3 Akten von Albin Valabrègue. Regie: Richard Alexander. Anfang 7 ½ Uhr.

ittwoch und folgende Tage: Dekorirt. 8

Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Dienstag: Zum 6. Male. Eheglück (Le bonheur conjugal). Lustspiel in 3 Akten von Albin Valabrgue. Deutsch von Buchholz und Wulff. Regie: Josef Jarno. Vorher: Das Recht der Frau. Studie in 1 Akt von Eduard Kraemer. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Wohlthätigkeits⸗Aufführung des Mild⸗ wida⸗Vereins. 8

Donnerstag: Eheglück.

Viktoria-Thegter. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Dienstag: Halbe Preise. Nur noch 7 Aufführungen. Die Kinder des Kapitäu Graunt. Großes Aus⸗ stattungsstück mit Ballet in 12 Bildern von Jules Verne. Musik von C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr.

Montag, den 30. April: Schluß der Vorstellungen.

Theater Unter den Linden. Dienstag: Neu einstudiert: Pariser Leben, Komische Operette in 5 Bildern von J. Offenbach. Hierauf: Columbia, Ballet. Anfang 7 ½ Uhr.

Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag, 7 ½ Uhr: Charley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomags. Vorher: Die VBajazzi. Fee e. Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene gesetzt von Ad. Ernst.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Dienstag: Zum Jubiläums⸗Benefiz für Herrn Ro⸗

bert Guthery. Der Goldonkel. Posse mit Gesang

in 3 Akten von Emil Pohl. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Der Goldonkel.

Konzerte.

Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder⸗ Konzert. Letzter Virtuosen⸗Abend. Hotel Kölnischer Hof, Krausenstraße 48. Hotel⸗Gäste haben freien Eintritt.

Schluß der Konzert⸗Saison am 29. April.

Birkus Renz (Karlstraße). Schluß der Saison am 30. April. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Zum 50. Male. Auf auf zur fröhlichen Jagd. Hesferc. und Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. Meute von 40 Hunden. Außerdem: der ostpreuß. Hengst Blondel u. Monstre⸗Tableau von 60 Pferden, vorgeführt vom Dir. Fr. Renz; Maöstoso und der Steiger Alep, geritten von Frl. Ozeana Renz; Prinz, geritten von Herrn R. Renz; die Luft⸗ gymnastiker Gebrüder Wortley; die Handakrobaten Gebr. Detroit ꝛc.

Mittwoch: Wiederholung der Benefiz⸗Vorstellung für Mr. Lavpater Lee. 1

Sonnabend: Benefiz für Frl. Oceana Renz.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Anna Gebauer mit Hrn. Haupt⸗

mann Georg Matting (Charlottenburg). 83 Elfride Otto mit Hrn. Hauptmann von Grote

otsdam). 8 vEine Tochter: Hrn. Oberlebrer Emil

Geboren: Pr (Kreuzburg O.⸗S.). Hrn. Landrichter

andé (Schneidemühl). Hrn. Pastor P. Stern⸗ berg (Schnellewalde).

Gestorben: Hr. Geh. Regierungs⸗Rath 8 Friedrich Frhr. von Bülow (Merseburg). Hr. Lieut. Wolter von Heineccius (Westend).

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Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: —— 8 Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckeret und Beage Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage). Cgh

Berlin, Montag, den 23. April

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 54. Sitzung vom 21. April 1894.

S. den Anfangsbericht in der Sonnabend⸗Nummer d. Bl.)

Zur Einleitung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Bau eines Schiffohrtstanals vom Dortmund Ems⸗Kanal bis zum Rhein nimmt das Wort der 1““

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Wenn die Staatsregierung sich in einem so weit vorgeschrittenen Stadium der diesjährigen Tagung des Landtags der Monarchie entschlossen hat, einen Gesetzentwurf von so erheblicher finanzieller wie wirthschaftlicher Tragweite dem Landtag vorzulegen, so fühlt sie sich verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß eine frühere Vorlage zu ihrem eigenen lebhaften Bedauern nicht möglich gewesen ist, daß aber andererseits eine Hinausschiebung der Vorlage bis zur nächsten Session mit weittragenden wirthschaftlichen und auch finanziellen Nachtheilen verbunden sein würde, die zum theil wenigstens unwiederbringlich wären.

Meine Herren, die technischen und wirthschaftlichen Grundlagen für den Gesetzentwurf über den Dortmund -Rhein⸗Kanal und den Kanal Hamm Datteln sind erst in jüngster Zeit soweit gefördert

worden, daß auf Grund derselben die Gesetzesvorlage aufgebaut werden

konnte. Insbesondere haben die Verhandlungen über die finanzielle Betheiligung der beiden von dem Kanal durchzogenen Provinzen eine längere Zeit beansprucht; im Verlauf derselben hat sich die technische und auch die wirthschaftliche Nothwendigkeit ergeben, das Projekt zu erweitern und in dasselbe den Ausbau des Kanals von Hamm nach Datteln hineinzuziehen. Die Verhandlungen über die finanzielle Betheiligung sind mit der Provinz Westfalen zum formellen Abschluß gelangt; der Provinzial⸗Landtag der Provinz West⸗ falen hat Beschluß gefaßt, und dieser Beschluß ist von den zuständigen Instanzen genehmigt worden. Die Verhandlungen mit der Rhein⸗ probinz sind insofern noch nicht zu einem formalen, endgültigen Abschluß gekommen, als der Provinzial⸗Landtag der Rheinprovinz eist im nächsten Monat zusammentritt. Indessen lassen die bisherigen Verhandlungen, insbesondere auch die Beschlüsse, die der Ausschuß des Provinzial⸗Landtags über den Gegenstand bereits gefaßt hat, mit iller Sicherheit annehmen, daß die vorläufigen Abmachungen auch vom Provinzial⸗Landtag der Rheinprovinz werden genehmigt werden.

Meine Herren, die wirthschaftliche Bedeutung des Dortmund Rhein⸗Kanals ist in der dem Gesetzentwurf beigegebenen Denkschrift so

ausführlich erläutert und begründet, überdies in der langen Vorgeschichte, die dieser Kanal bereits hat durchmachen müssen, von allen Seiten so

gründlich erörtert worden, daß ich mich der Pflicht für überhoben er⸗ achten darf, hier nochmals in meinen einleitenden Worten alle die⸗ jenigen Momente anzuführen, welche in ihrer Gesammtheit den Nach⸗ weis für das Bedürfniß dieses Kanals darstellen.

Meine Herren, die wirthschaftliche Bedeutung des Kanals läßt sich in zwei Punkten zusammenfassen. Der Kanal wird die Aufgabe haben, das in seiner Produktion und Konsumtion wohl einzig dastehende gooße niederrheinisch⸗westfälische Industrierevier mit den Wasserstraßen de Rheins und der östlichen Flüsse und Kanäle zu verbinden, inner⸗ halb dieses Reviers aber den Austausch zwischen Kons imtion und lroduktion der Massengüter zu vermitteln, dann aber zweitens als Duchgangsstraße zu dienen aus dem Osten nach dem Westen und ungekehrt.

Meine Herren, wer die Verhältnisse in dem niederrheinisch⸗west⸗ fülschen Industrierevier aus eigener Anschaung kennt, wer die von Jaht zu Jahr riesig anwachsende Produktion und Konsumtion dieses Roiers beobachtet, wer da weiß, mit welchen Schwierigkeiten die Inustrie dort zu kämpfen hat infolge der wachsenden Produktions⸗ kosten, der kann sich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß eine Vermehrung der Verkehrswege und eine Ermäßigung des eine ge⸗ naltige Rolle in dieser Massenproduktion darstellenden Faktors der Nansportkosten von der allergrößten Bedeutung ist.

Meine Herren, ich glaube mich keiner Uebertreibung schuldig zu machen, wenn ich hier ausspreche, daß wohl noch niemals eine Kanal⸗ vorlage dem hohen Hause gemacht worden ist, bei der das Bedürfniß so klar zu Tage liegt wie für den Dortmund —Rhein⸗Kanal. Wenn Zweifel hierüber noch beständen, so bedürfte es, glaube ich, zur Be⸗ seitigung derselben nur des Hinweises, daß die beiden Provinzen, die an dem Zustandekommen des Kanals ja in hervorragendster Weise betheiligt sind, ihrerseits sich bereit erklärt haben, das finanzielle Risiko des Kanals in erheblichem Maße mit zu übernehmen.

Meine Herren, aber der Dortmund —Rhein⸗Kanal und auch der Kanal Hamm-—Datteln haben vor den bisherigen Kanalvorlagen noch einen anderen und ich meine, gerade in der gegenwärtigen Zeit recht sehr erheblich ins Gewicht fallenden Vorzug. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Verkehr, welcher dieser Kanälen zufallen wird, selbst bei mäßigen Kanalgebühren nicht nur hinreichen wird, die Unterhaltungs⸗ und Betriebskosten der Kanäle sofort zu decken, sondern i naher Zukunft einen steigenden Ueberschuß zu einer Verzinsung des Betriebskapitals aufzubringen. In der Denkschrift istangenommen worden, der Verkehr des Kanals in absehbarer Zeit im stande sein wird, 88 eine 3 prozentige Verzinsung des Anlagekapitals aufzubringen. das finanzielle Risiko, welches die beiden Provinzen zu übernehmen laben werden, ist auch auf eine 3 ½ prozentige Verzinsung gerichtet. Meine Herren, es drängt sich von selbst die Frage auf, und sie durchaus berechtigt: welchen Einfluß wird der Kanal auf en Betrieb und die Einnahmen der Eisenbahn haben? h eine ziffermäßige Antwort zu geben, ist unmög⸗ 86 Es haben zwar in dieser Beziehung eingehende Vor⸗ 1 denhceg stattgefunden; aber ich muß meinerseits Bedenken tragen, g. esultate, die diese Vorermittelungen ergeben haben, dem hohen snd. mitzutheilen nicht etwa, weil es übermäßig hohe Summen 1 sondern weil sie auf Grundlagen beruhen, die doch alle mehr er minder anfechtbar sind. Daß der Kanal einen Theil des Verkehrs,

den bisher die Eisenbahnen gehabt haben, an sich ziehen wird, ist natürlich; zu dem Zweck soll er gebaut werden. Das Verkehrsquantum, welches dem Kanal zufallen wird, ist in der Denkschrift auf etwa 6 Millionen Mark eeingeschätzt bei einem nur einseitigen Hebewerk und bei einer 21 stündigen Betriebsdauer. Daß der Verlust, den die Eisenbahnen erleiden werden, diesem Verkehrsquantum entsprechen wird, ist nicht anzunehmen; es würde das auch in entschiedenem Widerspruch stehen mit den Erfahrungen, die wir bezüglich der Konkurrenz der Wasser⸗ straßen zu den Schienenwegen bisher gemacht haben.

Meine Herren, es bedarf nur eines Hinweises darauf, daß nicht etwa die beiden Schienenwege längs des Rheins verödet sind oder in ihrem Verkehr abgenommen haben, seitdem die Rheinstraße eine so erheblichen Aufschwung genommen hat; es darf nur darauf hingewiesen werden, daß nicht etwa die Eisenbahntransporte nach Frankfurt sich vermindert haben, seit der Main kanalisiert ist überall ist die Erfahrung gemacht worden, daß die Verkehrsentwicklung, welche eine Folge der Ausführung der Wasserstraße gewesen ist, zu einem guten Theil auch den Schienenwegen zu gute gekommen ist.

Meine Herren, ganz naturgemäß werden der Wasserstraße im Dortmund —Rhein⸗Kanal hauptsächlich diejenigen Transporte zufallen, welche den Austausch von Produktion und Konsumtion von Massen⸗ gütern innerhalb des Reviers darstellen, und diejenigen Transporte, welche auf den Rhein übergehen sollen und umgekehrt; also Verkehre auf kurze Entfernungen, die zu verhältnißmäßig hohen Selbstkosten seitens der Eisenbahnen gefahren werden. Gerade wegen der hohen Selbstkosten ist es auch für die Eisenbahnverwaltung ausgeschlossen, ihre Tarife zu Gunsten der Transporte auf kurze Entfernungen wesent⸗ lich zu ermäßigen; sie würden bei einer erheblicheren Ermäßigung die Grenze der Selbstkosten wahrscheinlich überschreiten. Es ist daher der Ausfall, den die Eisenbahnen durch den Dortmund⸗Rhein⸗Kanal erleiden werden in ihren Reinerträgen, durchaus nicht im Verhältniß zu dem Ausfall in ihren Bruttoerträgen. Aber, meine Herren, auch der Ausfall, welchen naturgemäß die Eisenbahnen zu erleiden haben werden auf den weiten Entfernungen, also namentlich nach dem Oberrhein, nach Holland und nach Belgien, steht doch nicht im Verhältniß zu den Vortheilen, welche der Kanal der Industrie bringen wird. Außerdem wird die Eisenbahnverwaltung für die längeren Transporte ja wohl in der Lage sein, den Kampf gegen die Wasserstraßen wie bisher auch mit Erfolg nach dieser Richtung hin durchzuführen. Für Holland und Belgien kommen hauptsächlich die Kohlen⸗ und Kokstransporte in Be⸗ tracht, die jetzt in ziemlich großem Maße mit Sonderzügen zu sehr er⸗ mäßigten Tarifen nach den betreffenden Konsumtionsstätten gefahren werden. Aber auch hier sind die Nettoerträge für die Eisenbahn⸗ verwaltung verhältnißmäßig gering.

Meine Herren, von diesen Erwägungen ausgehend, kann auch der Verkehrs⸗Minister ein Herz haben für die Entwickelung der Wasser⸗ straßen, kann auch ich warm eintreten für die Kanäle, die der vor⸗ liegende Gesetzentwurf Ihnen empfiehlt, und zwar, weil sie einem klar zu Tage tretenden Bedürfniß entsprechen, und weil sie in ihrem Ver⸗ kehr Einnahmen in sichere Aussicht stellen, welche nicht nur die Unter⸗ haltungs⸗ und Betriebskosten decken, sondern voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft eine angemessene Verzinsung des Anlage⸗ kapitals ergeben. Meine Herren, die Eisenbahnverwaltung hat ein sehr lebhaftes Interesse daran, daß die großen Industrien des nieder⸗ rheinisch⸗westfälischen Reviers in ihrer Leistungsfähigkeit nicht nur er⸗ halten, sondern gefördert werden. Meine Herren, an den Produktions⸗ kosten ist wenig zu ermäßigen; die Produktionskosten sind in den letzten Jahren aus bekannten Gründen schon erheblich höhere ge⸗ worden, und nur der Faktor der Transportkosten bietet noch Aussicht zu einer Ermäßigung, wenn es ermöglicht wird, einen Theil der Massentransporte auf die Wasserstraßen zu bringen. Dazu werden die beiden hier in Rede stehenden Kanäle dienen.

Meine Herren, über das Bedürfniß und die Rentabilität beider Kanäle herrscht in den betreffenden Theilen des Landes durchaus keine Meinungsverschiedenheit; verschiedener Meinung waren die Interessenten nur darüber, ob unter den fünf in Aussicht genommenen Linien die⸗ jenige, welche dem Gesetzentwurf zu Grunde liegt, als die geeignetste angesehen werden könnte. Die Staatsregierung hat die Ver⸗ treter der verschiedenen Interessentenkresse aus dem ganzen Gebiet der Kanäle gutachtlich gehört und hat sich der weitaus überwiegenden Mehrheit dieser Interessenten, die sich für die Linie 4 aussprach, um so lieber angeschlossen, als auch nach ihrer Meinung dieser Kanal am besten geeignet ist, dem Bedürfnisse Rechnung zu tragen.

Meine Herren, die Gründe für diese Entscheidung werden ja im Laufe der Erörterungen noch ihre Stelle finden; ich möchte daher hier nicht darauf zurückkommen. Ebenso wird die Staatsregierung darüber Rechenschaft abzulegen haben, aus welchen Gründen sie gegen die überwiegende Auffassung der Interessenten sich zu Dimensionen für diesen Kanal entschlossen hat, welche die Benutzung des Kanals in der Regel nur Schiffen bis zu 600 t Ladefähigkeit gestattet. Aber darüber, glaube ich, kann kein Zweifel sein, daß dieser Kanal dem Lande zum großen Segen gereichen wird, und ich bitte Sie daher dringend, dieser Auffassung zuzustimmen und der Gesetzesvorlage Ihre Genehmigung nicht zu versagen. (Bravo! links und im Zentrum.)

Abg. Winckler (kons.) erklärt, daß die konservative Partei gegen die Vorlage stimmen werde. Schon beim Elbe Trave⸗Kanal sei die Partei davon ausgegangen, daß bei der jetzigen Finanzlage der Bau von Kanälen nur mit Vorsicht vorgenommen werden könne, jedenfalls aber nicht früher, als bis die Frage der Gebühren gelöst worden fei; denn die Gebühren sollten nicht nur die Unterhaltungskosten decken, sondern auch die Verzinsung des Anlagekapitals aufbringen. Den Elbe Trave⸗Kanal, fährt Redner fort, haben die Konservativen aus finanziellen Gründen abgelehnt; da handelte es sich nur um 7 ½ Millionen Mark; um so mehr ist jetzt die größte Vorsicht geboten gegenüber einer Ausgabe von 55 Millionen Mark. In der Denkschrift heißt es, die Nothwendigkeit dieses Kanals sei für den Rhein —Weser Elbe⸗Kanal bereits durch das Gesetz vom 9. Juli 1886 entschieden. Dagegen muß ich Verwahrung einlegen. Der Rhein—Ems⸗Kanal wurde damals nicht mit großer Mehrheit

vom Hause angenommen, er wäre vielleicht überhaupt nicht angenommen worden, wenn er nicht verkoppelt worden wäre

mit dem Oder⸗Kanal. Ob die Fortsetzung des Kan bis zur Elbe nothwendig sein wird, dann zu 8 urtheilen sein, wenn die Vorlage gemacht werden wird. Bis dahin müssen sich die Konserpativen ihre volle Freiheit wahren. Bei dem Dortmund —Ems⸗Kanal sind Fehler gemacht worden, die man beim Bau des neuen Kanals vermeiden muß. Deshalb sollte man mit dem Bau warten bis zur Betriebseröffnung des Dortmund Ems⸗Kanals. Auch in Bezug auf die eesesterns behalten sich die Konservativen ihre Freiheit vor; sie wollen nicht, daß die Präzipual⸗ beiträge nach örtlichen Gründen vertheilt werden, sondern denen auf⸗ erlegt werden, welche einen gewerblichen Vortheil davon haben. Der jetzige Zeitpunkt erscheint nicht als der richtige, um eine solche Ausgabe zu machen. Die schlechte Finanzlage zog sich wie ein rother seden durch die Verhandlungen. Dringende Ausgaben wurden zurückgestellt; das wird um so mehr jetzt nothwendig sein, nachdem die Hoffnung auf eine Reform der Reichsfinanzen gescheitert ist. Hinter den 55 Millionen stehen noch weitere Millionen, namentlich für den Mittelland⸗Kanal, dessen große Ausdehnung eine Anforderung von mehr als 200 Millionen Mark Ausgabe in Aussicht stellt. Unsere Staatsschulden würden also im Laufe dieses Jahrzehnts um 200 300 Millionen für Kanalbauten vermehrt werden müssen. In der Denkschrift ist darauf hingewiesen, daß die Arbeiter des Nord⸗Ostsee⸗Kanals hierbei verwendet werden könnten. Das würde doch beinahe wie ein Recht auf Arbeit aus⸗ sehen. Wenn von der Verwendung der dort gebrauchten Maschinen lesprochen wird, so ist nicht festgestellt, ob die Maschinen zur Ver⸗ ügung stehen, und ob die Maschinen noch so werthvoll sind, daß sie den Transport lohnen. Daß die Steigerung der Preise des Grund und Bodens den Kanalbau später vertheuern werde, ist nicht anzu⸗ nehmen. Die Preise für Grund und Boden haben wohl ihren Kulmi⸗ nationspunkt überschritten. Alle diese Nebengründe können nicht für die Vorlage sprechen neben dem großen Hauptpunkt der schlechten Finanzlage. Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß die Regierung die Gebühren so einrichten will, um die Verzinsung zu decken. Mit einer Kommissionsberathung sind die Konservpativen einverstanden.

Ibg. Schmieding (nl.): Der Minister hat schon ausgeführt, daß für keinen Kanal die Nothwendigkeit so klar vorliegt, wie für diesen; danach kann ich auf eine weitere Begründung der Nothwen⸗ digkeit wohl verzichten. Für den rheinisch⸗westfälischen Industriebezirk war der Kanal nicht allein nothwendig; er ist hauptsächlich zu be⸗ trachten als das erste große Glied eines Schiffahrtskanals, der den Osten und den Westen der Monarchie verbinden soll. An dem Ausbau des gesammten Kanals vom Rhein zur Weser und zur Elbe hat der Osten mindestens dasselbe Interesse wie der Westen. Es wird immer gesagt. daß der Osten an einer gewissen Blutarmuth leidet. Nichts ist besser geeignet, diesem Uebel zu begegnen, als die Steige⸗ rung des Verkehrs. Unsere Flüsse nehmen meistens einen Lauf nach Norden und begünstigen dadurch besonders den Import nicht bloß von Getreide, sondern auch von industriellen Produkten und nament⸗ von englischer Kohle, welche billiger nach Berlin kommt, als die west⸗ fälische Kohle. Der Rhein— Dortmund⸗Kanal allein wird erst dem Dortmund Ems⸗Kanal Nahrung zuführen. Es wird in der Kommission die Aufgabe sein, die Frage rationell zu prüfen, nach welchen Grund⸗ sätzen die Tarife zu bilden sind im Verhältniß zu den Eisenbahn⸗ tarifen; aber davon kann man den Bau des Kanals noch nicht ab⸗ hängig machen. Sonst müßte man bei Eisenbahnen, namentlich bei unrentablen Sekundärbahnen ebenso verfahren. Auch für die bereits gebauten Wasserstraßen muß die Tariffrage geprüft werden. Auf beiden Straßen, auf den Schienenstraßen wie auf den Wasserstraßen, müssen die Tarife so billig wie möglich sein. Redner empfiehlt die Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.

Abg. Dr. von Quistorp⸗Crenzow kkons.) bringt technische Bedenken zur Sprache. Namentlich sei zu befürchten, daß im ganzen Kohlengebiet die Bodensenkungen alle Augenblicke Bodenaufhöhungen, Höherlegung der Brücken ꝛc. erforderlich machen würden; dazu komme * Mangel an Wasser, der kostspielige Schiffshebewerke ꝛc. bedinge,

eil das Wasser für die Speisung der Schleusen nicht ausreiche. Endlich berührt Redner auch die Frage der Rentabilität.

Geheimer Ober⸗Baurath Dresel: Die Senkungen sind un⸗ bedenklich; wo es nothwendig ist, wird der Abbau unter dem Kanal ausgeschlossen. Die Schiffshebewerke sind nur zur Ersparung von Zeit nothwendig, weil sie an solchen Stellen angelegt werden, wo sonst mehrere Schleusen nothwendig wären.

Abg. Wall brecht (nl.): Der Kanal wird dem Dortmund Ems⸗Kanal eine Verzinsung garantieren und wird sich selbst verzinsen. Die Konservativen hätten der Vorlage ohne Vorurtheile entgegen⸗ treten sollen und nicht mit Gründen, welche thatsächlich nicht vor⸗ handen sind. Schiffshebewerke werden überall angelegt, um Zeit zu sparen. Der Antrag Kanitz war Wasser auf die Mühle der Sozial⸗ demokratie. Man spricht immer von den großen Städten. Ja, wenn die nicht vorhanden wären, was hätten Sie (rechts) dann? Sie hätten Ihre Güter zum halben Werthe wie jetzt, und da Sie die Hälfte Schulden darauf haben, so hätten Sie gar nichts. Die Konkurrenz der Eisenbahnen und der Kanäle bringt billige Transporte mit sich; eine solche Konkurrenz brauchen wir unseren Staatsbahnen gegenüber auch. Der Dortmund. —-Ems⸗Kanal dient hauptsächlich der Ein⸗ fuhr. Giebt es ein besseres Mittel, den inneren Verkehr zu heben, als einen Kanal vom Osten nach dem Westen zu bauen? Ich hoffe, daß man in der Kommission dazu kommen wird, den Kanal zu bewilligen.

Abg. von Schalscha bezeichnet es als irrig, den Mittel⸗ land⸗Kanal als eine Konzession zu betrachten; der Kanal würde nur dem Auslande und der Industrie des Westens nützen. Die Feta sen des Ostens, fährt Redner fort, liegen nicht bei Dortmund. Je mehr die Industrie prosperiert, desto mehr bezieht sie ihre Genuß⸗ mittel aus dem Auslande. Der neue Kanal schädigt die ober⸗ schlesische Industrie, weil er den Absatz des Westens nach dem Osten erweitert. Es wird allerdings versichert, daß die Rentabilität un⸗ zweifelhaft sei; aber wenn das richtig ist, warum bauen denn die Interessenten den Kanal nicht aus, warum überlassen sie es denn dem Staat? Gegen den Bau an sich habe ich nichts einzuwenden. Für den Dortmund —-Ems⸗Kanal konnte nicht einmal der Grund⸗ erwerb seitens der Interessenten gesichert werden; der Staat mußte schließ⸗ lich die Kosten übernehmen. In den letzten Jahren ist für die Industrie viel gethan worden durch die Verträge mit dem Auslande; die Land⸗ wirthschaft mußte das Opfer bringen. Nun, nachdem dies Alles ge⸗ schehen ist, kann die Industrie, die große Stütze des Staats, nicht ein⸗ mal eine solche Wasserstraße allein ausbauen. Dem um seine Existenz ringenden Osten wird zugemuthet, die reichen dec geet zu unterstützen mit den wenigen Groschen, die er mühsam noch durch Borgen aufbringt. Dreißig Jahre soll in Zukunft für die Landwirthschaft etwas gethan werden. Das ist die erste That, durch welche dieses Wort eingelöst werden soll. Man könnte bezüglich der Vorlage sagen: reproducatur 1904. Bisher habe ich nicht im Namen meiner politischen Freunde gesprochen. Im Namen derselben beantrage ich, die Vorlage einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Hauptbedenken gegen die Vorlage sind von

dem letzten Herrn Redner ebensowohl als von den Rednern der rechten

Seite aus der allgemeinen Finanzlage entnommen. Ich gestatte mir daher, die Stellung, die ich persönlich zu dieser Vorlage eingenomm habe, etwas näher darzulegen