Zer Bezugspreis beträgt vierteljährlich 4 ℳ 50 ₰. Alle Post⸗Anstalten nehmen Bestellung an;
Insertionspreis für den Raum einer Bruckzeile 30 ₰.
Inserate nimmt an: die Königliche Expedition
für Berlin außer den Post-Anstalten auch die Expedition
SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Einzelne Uummern kosten 25 ₰.
des Beutschen Reichs-Anzeigers
und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers
Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Direktor des Vereins junger Kaufleute in Berlin, Kaufmann Oskar Goldschmidt hierselbst den Königlichen Kronen⸗Orden vierter Klasse, 1
dem katholischen Hauptlehrer Körfer zu Rheydt im Kreise Gladbach den Adler der Inhaber des Königlichen Haus⸗ Ordens von Hohenzollern,
dem bisherigen Ortsvorsteher Fojutowski zu Jablowko im Kreise Schubin, dem Provinzial⸗Wegemeister zweiter Klasse a. D. Hieby zu Herford, dem Schutzmann a. D. 8. el zu Breslau und dem Polizeisergeanten Caspar zu im Kreise Schleswig das Allgemeine Ehrenzeichen, owie
dem Kanonier Paul Zimpel im ““ ment General⸗Feldzeugmeister (2. Brandenburgisches) Nr. 18
die Rettungs⸗Medaille am Bande zu verleihhnen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Königlich großbritannischen Obersten Swaine, Militär⸗Attaché in Berlin, den Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
die Geheimen Finanz⸗Räthe und vortragenden Räthe im
inanz⸗Ministerium Erdtmann und Hummel zu Geheimen ber⸗Finanz⸗Räthen,
den Regierungs⸗Assessor Grafen von Merveldt in
Recklinghausen zum Landrath des Kreises Recklinghausen, und
den Lehrer der Geodäsie Dr. Reinhertz in Poppelsdorf
zum Professor an der Landwirthschaftlichen Akademie zu Poppels⸗
dorf zu ernennen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: die Amtsgerichts⸗Räthe Schäfer in Inowrazlaw und 358 in Sangerhausen zu Landgerichts⸗Direktoren in trowo, den Landgerichts⸗Rath Sperlich in Glatz zum Land⸗ gerichts⸗Direktor in Beuthen O.⸗S., en Landgerichts⸗Raͤth Wagner in Verden zum Land⸗ gerichts⸗Direktor daselbst, den Ober⸗Landesgerichts⸗Rath Dr. Büscher in Hamm zum Landgerichts⸗Direktor in Münster, und die Landgerichts⸗Räthe Keber in Kottbus und Niedieck in Bielefeld sbr den Amtsgerichts⸗Rath Hense in Bochum zu Ober⸗Landesgerichts⸗Räthen in Hamm zu ernennen; ferner den Gerichtsschreibern, Sekretären Grieswaldt bei dem Amtsgericht in Königsberg i. Pr. und Klink in Osterfeld den Charakter als Kanzlei⸗Rath zu verleihen. 8
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Justiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Paul Schulz in Deutsch⸗Wilmersdorf ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit An⸗ wei Uung seines Wohnsitzes in Deutsch⸗Wilmersdorf, ernannt. .eee, hgragbits. at tae. 88
8 8 9
rium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Der Forstmeister Haß zu Osche ist auf die Oberförster⸗ stelle Kummersdorf im Regierungsbezirk Potsdam, und
der Oberförster Werner zu Brandoberndorf auf die Oberförsterstelle Osche im Regierungsbezirk Marienwerder ver⸗ setzt worden. 1
Der Forst⸗Assessor ahn ist zum Oberförster ernannt und ihm die Oberförsterstelle Brandoberndorf im Regierungs⸗ bezirk Wiesbaden übertragen worden.
inisterium der öffentlichen Arbeiten.
82 Der Kreis⸗Bauinspektor Adalbert Schultz zu Gum⸗ innen ist in gleicher Amtseigenschaft nach Recklinghausen (Regierungsbezirk Münster) versetzt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Dem Privatdozenten in der medizinischen Fakultät der 8 Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Berlin Dr. Karl Posner und
dem Dozenten an der Technischen Hochschule zu Aachen Otto Wiener ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
Deutsches Reich. Preuten. Berlin, 1. Juni.
Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs haben die Unterzeichneten Allerhöchstdemselben heute Morgen eine kleine Balggeschwulst aus der linken Wange ent⸗ fernt. Die Operation wurde ohne Narkose in wenigen Minuten vollzogen.
Neues u““ 1. Juni 1894, 11 Uhr Vormittags.
von Bergmann. Leuthold. Schlange.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen am Mittwoch den Fürst⸗Erzbischof von Olmütz Kohn in
Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen, für Justizwesen und für Rechnungswesen. 3
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Die Agrarkonferenz ging gestern zur Spezial⸗ diskussion über. Punkt 1 der gestern festgestellten Tages⸗ ordnung „Erbrecht für den Grundbesit (Anerben? Rentenprinzip? ꝛc.)“ bildete den Gegenstand der Berathung.
Präsident des Königlichen Ober⸗Landeskulturgerichts Glatzel⸗ Berlin ging bei seinem Vortrage von der Ansicht aus, daß in den von der Königlichen Staatsregierung in Aussicht genommenen Maß⸗ regeln auf dem Gebiet des Erbrechts des länolichen .ö ein Mittel zur Besserung der Lage der Landwirthschaft zu erblicken sei. Er führte aus, daß die ihrem Abschlusse entgegengehen⸗ den Arbeiten der Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reichs zur Beschleunigung der energisch, aber mit Vor⸗ sicht zu treffenden gesetzgeberischen Maßnahmen drängen. Mit Ent⸗ schiedenheit spricht sich der Redner gegen Einführung eines fakul⸗ tativen Anerbemechts aus, erörtert auch eingehend diejenigen Gründe, welche nach seiner Auffassung einer Umgestaltung der Höfe⸗ rollen in der zu A I, 1 des Berathungsprogramms bezeichneten Weise entgegenstehen, und vertheidigt unter Darlegung aller in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte folgendes Ergebniß seiner Erwägungen:
„Zur ausreichenden Sicherung des 85. Uebergangs des ländlichen Grundbesitzes auf einen Familienangehörigen empfiehlt sich von den vorgeschlagenen Maßregeln allein das Intestatanerbenrecht. Ueber Ziel und Zweck, Grundzüge und räumliche E1““ der vorgeschlagenen Erbrechtsregelung sind die ländlichen Grundbesitzer — durch Vermittelung der Landwirthschaftskammern oder der land⸗ wirthschaftlichen Vereine — zu hören.“
Geheimer Justiz⸗Rath, Professor Dr. Brunner⸗Berlin stellt die Folgen der Vererbung des ländlichen Grundbesitzes auf mehrere Erben dar und fordert, da auf die weitverbreitete Sitte der Uebertragung oder Vererbung des Gutes auf einen Hofesannehmer kein genügender Verlaß sei, weil dieser Gebrauch zu wanken beginne, die Einführung des Anerbenrechts für den ländlichen Besitz, in erster Linie für den bäuerlichen, aber auch für den nicht gebundenen großen Grundbesitz. Er unterscheidet 4 Anerbenrechtssysteme:
1) Das System der fakultativen Höferolle. Dies wünscht er dort eingeführt zu sehen, wo die Vererbung auf mehrere Erben und Naturaltheilung üblich ist.
2) Die Höferolle mit Eintrag von Amtswegen. Dies System scheint ihm für die meisten Theile der Provinz Hannover em⸗ pfehlenswerth.
89 ga Anerbenrecht als Intestaterbrecht, welches er als Regel wünscht, un
4) ein die Testierfreiheit einschränkendes absolutes Anerbenrecht, welches er nur bei solchen Gütern angewendet wissen will, die Gegen⸗ stand einer mit öffentlicher Hilfe vorgenommenen Schuldentlastung geworden sind. 3 1 1
General Kommissions⸗Präsident Küster⸗Düsseldorf stimmt den Ausführungen des Präsidenten Glatzel zu, schildert eingehend die landwirthschaftlichen Verhältnisse der Hohenzollernschen Lande und der Rheinprovinz und kommt hinsichtlich der Erbrechtsfrage zu dem Ergebniß, daß er die Einführung des Anerbenrechts für die Hohen⸗ zollernschen Lande empfiehlt, weil dort die Sitte der Gutsvererbung auf einen Angehörigen ganz allgemein verbreitet sei, während er die⸗ selbe für die Rheinprovinz als inopportun und mit den Grundsätzen des rheinischen Rechts unvereinbar bezeichnet. Gegen die fakultative Einführung der Höferolle in der Rheinprovinz hat er keine Bedenken, zumal die gegenwärtige Judikatur dahin geht, daß von der Natural⸗ theilung der Immobilien abgesehen und der gesammte Immobiliar⸗ besitz einem Kinde übertragen werden kann. ““
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Hermes⸗Berlin führte aus, daß die Frage nach der inhaltlichen und territorialen Gestaltung des zu schaffenden neuen Anerbenrechts eine genaue Feststellung der in den einzelnen Landestheilen herrschenden Vererbungssitte veseales⸗ Da ausreichendes Material für die Beurtheilung der Art und Weise, in welcher die Vererbung und der Besitzübergang in der Familie unter Lebenden sich in den verschiedenen Gegenden thatsächlich voll⸗ ziehe, zur Zeit jedoch nicht vorliege, sei eine ee⸗ Untersuchung dieses wichtigen Punktes durch Befragung der Amtsgerichte und Landräthe bereits eingeleitet. Er empfahl die gesetzliche Einführung des Anerben⸗ rechts als ntestaterbrecht dort, wo es noch in der Rechtsüberzeugung
der Bevölkerung lebt und in der üblichen Vererbungsart sich kund giebt, und zwar in der Weise, daß unter Beibehaltung der Höferollen eine Eintragung der dem Anerbenrecht unterstellten Landgüter von Amts⸗ wegen erfolge. Eine Aenderung des solcher Gestalt eingeführten gesetzlichen Erbrechts dem Eigenthümer zu gestatten, liege wohl kein Grund vor, es genüge, ihm die volle Testierfreiheit und die Verfügung unte Lebenden, nicht aber das Recht auf Austragung aus der öferolle zu gewähren. Redner gab dann eine historische Darstellung der Entwickelung der Grundeigenthumsverhältnisse des römischen Staats. Er wies an der Hand derselben nach, daß das geltende römische Recht, wie es auch den modernen Kodifikationen zu Grunde liegt, auf einem Boder erwachsen sei, wo nach der allmählichen ntwickelung der hältnisse der ländliche Grundbesitz weder in wirthschaftlicher noch in nationaler, noch in sozialer Hinsicht eine besondere Aufgabe im Staatsleben erfüllte oder zu erfüllen hatte. Zur Zeit der Entstehung dieses Rechts im Ausgange der Republik und in der römischen Kaiser⸗ zeit sei der Grund und Boden nach dem Verschwinden des Bauern⸗ standes lediglich Kapitalsanlage gewesen; irgend welche Tendenz auf Erhaltung und Befestigung des ländlichen Grundbesitzes wäre damals unberechtigt gewesen, während in Deutschland nach der bestehenden Besitzvertheilung zum Glück noch ganz andere Verhältnisse obwalteten.
Professor Dr. Paasche⸗Marburg möchte bei der Frage, für welchen Grundbesitz das Anerbenrecht einzuführen sei, den großen, mittleren und kleineren Besitz nicht völlig gleich behandeln, wenngleich er aus praktischen Gründen nach oben hin keine Grenze ziehen will. Er empfiehlt in eingehender Ausführung Beibehaltung der Höferollen und obligatorische Eintragung der Güter in dieselben als Regel; wünscht neben der Rentengutsgesetzgebung ein Intestatanerbenrecht mit Ausschluß oder Beschränkung der Testierfreiheit, empfiehlt für das Anerbenrecht das Minorat und einen Schutz der Miterben durch ein auf Zeit beschränktes Vorkaufsrecht.
Sttaats⸗Minister Graf von edlitz⸗Trützschler spricht sich für ein Intestatanerbenrecht mit Testierfreiheit für roßen und kleinen ländlichen Grundbesitz ohne Unterschied aus, A. sich aber gegen eine zu große Gebundenheit des Grundbesitzes.
Professor Dr. Gierke⸗Berlin empfiehlt gleichfalls das Anerben⸗ recht als Intestaterbrecht und befürwortet, die unter dieses Erbrecht estellten Landgüter im Grundbuch als solche zu bezeichnen. Ein ab⸗ olutes Anerbenrecht mit Ausschluß der Testierfreiheit scheint ihm selbst auch nicht für gewisse Fälle erforderlich, dagegen glaubt er eine Festsetzung der Untheilbarkeit für bestimmte Verhältnisse nicht entbehren zu können. Er widerlegt die gegen das Anerbenrecht oft ins Feld geführten Bedenken und giebt eine eingehende Erläuterung der territorialen Ausdehnung und des seines vb wünschenswerthen Inhalts (Ertragswerth, Rentenabfindung der? it⸗ erben, Vorkaufsrecht derfelben oder surplus-Reservat). Ein gesetz⸗ e Vorgehen Preußens auf dem in Frage kommenden Gebiet
ält er 2“ der vorgeschrittenen Arbeiten der Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch für angezeigt.
General⸗Kommissions⸗Präsident Beutner⸗Bromberg giebt eine interessante Schilderung der Thätigkeit der Königlichen General⸗ Kommission zu Bromberg auf dem Gebiet der Rentenguts⸗Gesetz⸗ gebung und weist an verschiedenen Beispielen nach, daß die schleunige Einführung des Anerbenrechts in Form der obligatorischen Eintragung des Gutes in die Höferolle zur Sicherung der Existenz der Renten⸗ güter unerläßlich sei.
Professor Dr. Conrad⸗Halle tritt für das Intestatanerbenrecht, Rentenanspruch der Miterben und Sicherung der letzteren durch gesetz⸗ liches Vorkaufsrecht ein.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Meitzen⸗Berlin empfiehlt für Bauerngüter das Anerbenrecht in Form der obligatorischen Ein⸗ tragung in Matrikeln. Er weist hin auf die Schwierigkeiten hin⸗ sctlich der Altentheilsverträge und der Taxe durch lokale Schätzer,
ält dieselben jedoch nicht für unüberwindlich. Zweifelhaft ist ihm, ob das Anerbenrecht sich auch für Rittergüter zur Anwendung bringen lasse, da vor allem die Taxaufnahmen äußerst schwierig sich gestalten würden.
Oekonomie⸗Rath Winkelmann⸗Westfalen tritt auf das wärmste für Beibehaltung der Höferollen mit obligatorischer Ein⸗ tragung und Einführung derselben in denjenigen Landestheilen ein, in denen die Sitte der Vererbung des ländlichen Grundbesitzes auf einen Gutsübernehmer geübt werde. Die Aufhebung des Gesetzes von 1836, betreffend das ländliche Erbrecht in Westfalen, habe theils auf den Strömungen der 48er Zeit, theils auf einzelnen unzweckmäßigen Be⸗ stimmungen, welche das Gesetz den Bauern mißliebig gemacht hätten beruht, mit der allgemeinen Tendenz des Gesetzes sei man aber auch damals einverstanden gewesen.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel⸗Berlin macht darauf aufmerksam, daß für den Inhalt des Anerbenrechts als wichtigster Gesichtspunkt die angemessene Bevorzugung des Anerben den Geschwistern gegenüber in Betracht komme, und widerlegt die Ansichten derer, welche gegen eine solche Bevorzugung, insofern sie im Vergleich zu dem von den Anerben zu übernehmenden Risiko wirklich eine solche sei, Gründe aus allgemeinen Gleichheitsideen oder aus der Gefahr der Vermehrung der Sozialdemokratie durch die im Erbgang nicht gleichmäßig Bedachten geltend machen, oder welche von dem Bewußtsein des Anerben, demnächst dieses Vorzugs theilhaftig zu werden, ungünstige Wirkungen auf den Charakter und die Leistungs⸗ fähigkeit des Anerven befürchten. Wenn ein solcher schädlicher Einfluß des Bewußtseins, zu erben, wirklich in dem Maße existiere, müsse man folgerichtig das Erbrecht überhaupt abschaffen.
Dr. Hecht⸗Mannheim trägt die Ergebnisse einer Untersuchung vor, zu welcher in Baden der Geepentmpef über das Anerbenrecht und eine Denkschrift des badischen Justiz⸗Ministeriums über denselben Gegenstand Veranlassung gegeben haben, und überreicht das inter⸗ essante Material zu den Akten.
Geheimer Regierungs⸗Rath Professor Dr. Adolph Wagner⸗ Berlin würde ein absolutes Intestat⸗Anerbenrecht mit heschränkter Testierfreiheit vorziehen, weil dabei sicherer der sozialpolitische Zweck erreicht würde. Er hält daher für angezeigt, daß die Zulässigkeit letztwilliger, vom geltenden gesetzlichen Erbrecht abweichender Be⸗ stimmungen wenigstens an die Zustimmung eines Familienraths oder der Landwirthschaftskammern oder ähnlige geknüpft werde
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