ist gestern im von E. S. Mittler und Sohn erschienen. Die bedeutungsvolle Neuerung ist auch auf dem Titelblatt zum Ausdruck gebracht. Der stattliche Band umfaßt im ganzen 1277 Seiten, gegen 1141 Seiten, welche die letzte große Rangliste vom 1. April 1893 aufwies. Von der 136 Seiten betragenden Zu⸗ nahme kommen auf die Truppentheile des württembergischen Armee⸗ Korps 56 Seiten, während der Rest zum größten —— dem durch die Neuformationen beanspruchten Raum zuzuschreiben ist. Die neue ö gliedert sich in zwei Haupttheile, von denen der erste die preußische Armee, der zweite das XIII. Armee⸗Korps enthält. Darauf folgen die gemeinschaft⸗ lichen Anciennetätslisten der Generalität und der Stabs⸗ “ die gleichfalls gemeinsamen alphabetischen Verzeichnisse der Standorte und der Landwehrbezirke beider Heere sowie das Namenregister für die ganze Rangliste. Entsprechend der ganzen Eintheilung des Buchs sind die Inhaltsverzeichnisse und die Erklärung der Orden und CEhrenzeichen, für beide Armeen getrennt, vorangestellt. 1 Von den zahlreichen Veränderungen in der neuen Rang⸗ liste heben wir die nachstehenden hervor: Bei dem militärischen Gefolge Seiner Majestät des Kaisers und Königs sind in Abgang gekommen: der verstorbene General⸗Adjutant, General der Kavallerie Graf von Bismarck⸗Bohlen, der zum General⸗ Lieutenant beförderte, frühere General⸗Major à la suite von Villaume, Kommandeur der 2. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, und die zu General⸗Majors aufgerückten bisherigen Flügel⸗Adjutanten Heinrich XVIII. Prinz Reuß, Durchlaucht, Komman⸗ deur der 17. Kavallerie⸗Brigade, Freiherr von Bissing, Kommandeur der 4. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, un von Natzmer, Kommandant von Berlin. Sehr be⸗ deutende Veränderungen weist die beim Kriegs⸗ Ministerium auf, wo an Stelle des in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs zur Disposition gestellten ehemaligen Kriegs⸗ Ministers Generals der Infanterie von ööö zum ersten Mal als Kriegs⸗Minister der General der In⸗ “ Bronsart von Schellendorff und für den zum Kom⸗ mandeur der 14. Division ernannten General⸗Lieutenant Frei⸗ herrn von Funck als Direktor des Militär⸗Oekonomie⸗Departe⸗ ments der General⸗Major Freiherr von Gemmingen auf⸗ eführt werden. Das fruüͤher in der aus Anlaß der Hhuermationen im Oktober 1893 herausgegebenen gekürzten Rangliste als provisorisch nachgewiesene Zentral⸗Departement des Kriegs⸗Ministeriums ist nunmehr als definitiv bezeichnet. Beim Generalstab der Armee werden jetzt vier Ober⸗Quartier⸗ meister gegen drei in der vorigen Rangliste genannt. Bei dem im Jahre 1893 durch den Tod des General⸗Adjutanten, Generals der Kavallerie von Versen frei gewordenen und in der letzten Rangliste ohne kommandierenden General aufgeführten III. Armee⸗Korps wird als kommandierender General dieses Armee⸗Korps Seine Durchlaucht der General⸗Lieutenant Prinz Friedrich von Hohenzollern zum ersten Mal genannt. Von nderen höheren Kommandostellen in der preußischen Armee ind neu besetzt 9 Divisionen, 22 Infanterie⸗Brigaden,7 Kavallerie⸗, Feld⸗Artillerie⸗Brigaden, 1 Fuß⸗Artillerie⸗ und 1 Ingenieur⸗ nspektion. Außerdem ist ein Wechsel eingetreten bei den Gouverneuren der Festungen Metz und Ulm, wo an Stelle es Generals der Infanterie von Fischer und des Generals er Kavallerie von Alten die General⸗Lieutenants von Arndt nd von Ziegler zu Gouverneuren ernannt sind, und bei Kommandanturen: Graudenz, Königsberg, Magdeburg, Metz, Schwerin, Straßburg, der Insel Helgoland und den Truppen⸗Uebun plehen Arys und Hagenau. Die Chefs des Generalstabs haben beim Garde⸗Korps und bei sieben Armee⸗Korps ewechselt, ebenso der Chef des Stabs der General⸗Inspektion er Fuß⸗Artillerie. Neue Inspekteure haben die 3. Artillerie⸗ epotinspektion, die Militär⸗Telegraphie und die Mili⸗ ärischen Strafanstalten, einen neuen Kommandeur die Haupt⸗ detten⸗Anstalt erhalten. Als kommandierender General des XIII. Armee⸗Korps ist der württembergische General der In⸗ anterie von Woelckern, als Divisions⸗Kommandeure sind die eiden preußischen General⸗Lieutenants von Lindequist und Nickisch von Rosenegk genannt. Das württembergische Armee⸗ Korps giebt der Rangliste einen Zuwachs von 8 Infanterie⸗, 2 Dragoner⸗, 2 Ulanen⸗, 2 CEE111 1 Pionier⸗Bataillon, 1 Eisenbahn⸗Kompagnie und 1 Train⸗ Bataillon. Die gemeinschaftlichen Anciennetätslisten der Ge⸗ neralitäat und der Pbacheffähgre zeigen in den höheren onalbestand: 9 General⸗Feldmarschälle ebenso wie im Jahre 1893, 67 Generale Kavallerie und Artillerie, gegen 62 im Jahre 1 ist hier der 1893 nicht aufgeführte General der Infanterie von Werder, Kaiserlicher Botschafter in St. Petersburg. 76 General⸗Lieutenants gegen 71 im Vor⸗ jahre; 144 General⸗Majors gegen 147. Da die Rangliste nach dem Stand vom 20. Mai d. J. abgeschlossen worden ist, hat der am 31. desselben Monats zum Second⸗Lieutenant im 1. Garde⸗Regiment z. F. ernannte dritte Sohn Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Prinz Adalbert noch keine Majeftins darin gefunden; . ist der zweite Sohn des Monarchen, Prinz Eitel Friedrich jetzt nicht nur beim 1. Garde⸗Regiment z. F., sondern auch à la suite des 1. Garde⸗Landwehr⸗Regiments aufgenommen. Als neue Regiments⸗Chefs sind aufgeführt: Seine Majestät der König von Sachsen beim 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiment, Seine König⸗ liche Hoheit der Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha beim 2. Rheinischen * aren⸗Regiment Nr. 9 und Fürst Bismarck beim Kürassier⸗Regiment von (Magdeburgisches) Nr. 7, bei welchem er früher à la suite gestanden hat.
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Der Präses der Artillerie⸗Prüfungs⸗Kommission, General⸗ Lieutenant Kuhlmann ist hierher zurückgekehrt. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich würtem⸗ bergische Regierungs⸗Direktor von Schicker ist in Berlin an⸗ gekommen. Dem Landrath von Negelein zu Melsungen ist die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Marburg, Regierungsbezirk Cassel, übertragen worden.
Der Regierungs⸗Assessor Biedenweg zu Tondern ist der Königlichen Regierung zu Lüneburg zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
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Laut telegraphischer Mittheilung an das Ober⸗Kommando
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wird S. M. Kbt. „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Graf von Baudissin, heute, am 22. Chemulpo (Korea) in See gehen.
Sachsen.
Unter dem Vorsitz des Staats⸗Ministers von Seydewitz und in Gegenwart der Räthe des Ministeriums des ultus und öffentlichen Unterrichts fand, wie das „Dr. Journ.“ meldet, estern im Gebäude des Ministeriums die äüehlich angeordnete ahres konferenz der Bezirks⸗Schulinspektoren statt, zu welcher auch die Schulinspektoren Wilsdorf in Plauen bei Dresden, Dr. Lindner in Schönfeld bei Leipzig, Dr. Stephan in Oschatz und Sattler in Marienberg ““ er⸗ halten hatten. An den Verhandlungen nahm zugleich Ober⸗ Konsistorial⸗Rath Dr. Schmidt als Abgeordneter des evan⸗ elisch⸗lutherischen Landes⸗Konsistoriums theil. Nach einer ein⸗ eitenden Ansprache des Ministers wurden auf Grund der Tagesordnung vornehmlich die Fragen wegen weiterer Förderung des mündlichen und schriftlichen Gedankenausdrucks der Volks⸗ schüler, über Sünen und Schulspaziergänge und über Schulgärten eingehend besprochen.
Baden.
Die Zweite Kammer begann gestern die Berathung der von den Freisinnigen eingebrachten Anträge zu der Ge⸗ meinde⸗ und Kreisverfassung. Die Kommission hatte in ihrer Mehrheit den gestellten, gegen den Wahlmodus von 1890 gerichteten Anträgen auf Wiedereinführung des unmittelbaren Wahlrechts bei den Bürgermeistern und Gemeinderäthen, auf Wiederherstellung er Wahlklassen in der früheren Zwölftelseintheilung und auf direkte Wahl der Kreisabgeordneten zugestimmt. Die Anträge auf nur sechsjährige satt neunjährige Amtsdauer der Bürger⸗ meister und 8* direkte Wahl der Bezirksräthe hatte sie abgelehnt. Im Verlauf der Debatte erklärte, wie die „Frkf. Ztg.“ berichtet, der Minister des Innern Eisenlohr: die Regierung nehme den Kommissionsantrag in dem Sinne an, daß sie auf Grund des direkten Wahlrechts mit Pro⸗ portionalvertretung unter Berücksichtigung der beson⸗ deren Interessen ein Gesetz für den nächsten Landtag ausarbeiten werde. Ueber die Mittel und Wege habe die Regierung noch keine Entscheidung getroffen. Auch sei die Frage des Fn. “ (Proportionalsystem in größeren Städten, bisheriges System in kleinen Bezirken) zu erwägen. Die jetzt bestehenden großen Garantien für die Vertretung der lokalen Interessen und die Nichtüberwucherung bestimmter Volksklassen müßten in irgend einer Weise erhalten bleiben. Der Präsident gab am Schluß der Sitzung bekannt, daß der am Donnerstag, 28. Juni, den Landtag in Person zu schließen gedenke.
Hessen. Wie „W. T. B.“ aus Darmstadt vernimmt, wird Seine Majestät der König von Sachsen am 2. Juli zum Besuch Seiner Königlichen Foheih des Großherzog 8 dort eintreffen.
Oldenburg.
() Am 19. d. M. Abends verstarb der Großherzoglich oldenburgische Staats⸗Minister a. D. Freiherr von Berg im 85. Lebensjahre. Nach einer 43 jährigen Dienstlaufbahn trat er 1876 von seinem Posten als Minister des Innern, welchen er 25 Jahre hindurch zum Wohl des Landes bekleidet hatte, urück. Während der beiden letzten Jahre seines Amts war 8 Verstorbene zugleich Vorsitzender des Staats⸗Ministeriums und Minister des Großherzoglichen Hauses und der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten.
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Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser empfing gestern, wie „W. T. B.“ meldet, ein Deputation von Staatsbeamten, welche ihm eine Petition um “ Lage unterbreitete, und entgegnete ihr, daß er die traurige Lage der Staatsbeamten anerkenne. Er werde sich über die Angelegenheit, deren Ordnung finanziellen Schwierigkeiten begegne, Bericht erstatten lassen und sehe ein, daß Abhilfe noththue. Was sich thun lasse, werde geschehen.
Das ungarische Ober haus hat gestern mit 128 gegen 124 Stimmen den Zivilehegesetzentwurf im allgemeinen zur Grundlage der Spezialdebatte angenommen. Ueber den Verlauf der Debatte ist noch von einer Erklärung des Justiz⸗Ministers zu berichten, der betonte, daß die fakultative Zivilehe von der Kirche schärfer angefochten worden sei, als die obligatorische; die Regierung bereite unter Aufrechterhaltung ihrer wozu auch die obligatorische Zivilehe gehöre, alles zur Beruhigung des religiösen Gewissens vor, in der Hoffnung, daß aus der Vorlage neues Leben auf dem Gebiet der Religiosität ersprießen werde. Nach Verkündi⸗
ung des Resultats der Abstimmung, das mit stürmischen ljenrufen von der Linken aufgenommen wurde, beraumte der Präsident die Spezialdebatte auf die heutige Sitzung an. “ Vaszary erklärte, er halte die Ueberzeugung aufrecht, daß die Vorlage, wenn sie Gesetz werde, ebenso verhäng⸗ nißvoll für das Vaterland sein könne, als beschwerlich für die katholische Kirche. Trotzdem würden die Kirchen⸗ ürsten auf die Spezialdebatte eingehen, um dieses füilimn. Gesetz zu einem weniger schlechten zu gestalten. Nach dem Schluß der Sitzung wurden die Minister lebhaft beglückwünscht. Auf der Straße fand die Nachricht von der Annahme der 1“ bei der massenhaft angesammelten Menge begeisterte ufnahme. Die reform reundlichen Magnaten bnd di⸗ me.ögc sasbesondere 88 Wekerle, wurden bei ihrem Erscheinen enthusiasti egrüßt.
hien ganz Ungarn laufen, wie „W. T. B.“ aus Buda⸗ pest meldet, Telegramme ein, die der Freude und Begeisterung der Bevölkerung über die Annahme der Zivilehe⸗Vorlage Aus⸗ druck geben. 8
Die liberale Partei in Ungarn brachte am Mittwoch in einer Konferenz ihrem Präsidenten Podmanitzk su dessen siebzigsten Geburtstag lebhafte Ovationen dar. ü beantwortete die Glückwünsche des Minister⸗Präsidenten Dr. Wekerle mit einer Rede, die er mit Eljenrufen auf den 18 den konstitutionellsten Monarchen, schloß Hierauf wurden zahl⸗ reiche, aus der Provinz eingelangte Glückwunschtelegramme verlesen. Dr. Wekerle und von Szilagyi wurden von der Ver⸗ sammlung lebhaft begrüßt.
Das „Militär⸗Verordnungsblatt“ macht bekannt, daß Feld⸗
des Kommandanten des IX. Korps und denen des komman⸗ dierenden Generals der Josephstadt betraut wurde. General⸗ Major Emil von Guttenberg wurde mit dem Ausdruck der Allerhöchsten Zufriedenheit zum Stellvertreter des Chefs des Generalstabs ernannt.
Großbritannien und Irland. .
Die Beschlüsse der gestern bereits erwähnten Versamm⸗ lung der Liberalen in Leeds, welche sich gegen die egenwärtigen verfassungsmäßigen Machtbefugnisse des Ober⸗ richten, lauten wie folgt: Das Haus der Lords ver⸗ stümmle und verwerfe die von den Vertretern des Volkes im Hause der Gemeinen beschlossenen gesetzgebenden Maßnahmen und mache Reformen zu Schanden. Das sei mit dem Recht freier Selbstregierung des Volkes unvereinbar. Diese Macht des Oberhauses müsse aufhören. Die Regierung werde aufgefordert, einen Gesetzentwurf einzubringen zur Ab⸗ schaffung des Vetos des Hauses der Lords. Wenn eine vom Unterhause genehmigte Bill vom Hause der Lords abgeändert oder verworfen werde, so solle die Bill, wenn sie noch einmal vom Unterhause mit oder ohne solche Aenderungen angenommen werde, nur noch der Königlichen Bestätigung bedürfen, um Gesetz zu werden. Das Ministerium dürfe der e der liberalen Partei bei der Durchbringung einer hierauf be⸗ züglichen Vorlage sicher sein. .
Die Uebernahme der britischen Schutzherrschaft über Uganda ist jetzt amtlich verkündet worden; gemäß dem zwischen dem verstorbenen Sir Gerald Portal und dem König Muanga abgeschlossenen Vertrage wird das neue Schutzgebiet von den Gebieten Usoga, Unyoro, Ankoli und Koki begrenzt.
Frankreich.
Die Deputirtenkammer berieth gestern Nachmittag die Interpellation der Radikalen wegen Maßregelung von Professoren, welche sozialistische Lehren verbreiteten. Der Unterrichts⸗Minister Leygues rechtfertigte die Maßregel und erklärte, die Professoren dürften nicht Auflehnung gegen die Obrigkeit predigen. Nach einer ziemlich erregten Abendsitzung nahm die Kammer mit 381 gegen 31 Stimmen ein Ver⸗ trauensvotum an. Ferner genehmigte die Kammer den Gesetzentwurf, welcher die Bildung zweier Reserve⸗Regi⸗ menter aus Reservisten und mit requirierten Pferden be⸗ weckt. 8 Die beiden von dem Landgericht zu Nancy wegen Miß⸗ handlung von zwei deutschen Eisenbahnbeamten verurtheilten Arbeiter haben keine Berufung eingelegt, sondern der „Köln. Ztg.“ zufolge ein Gnadengesuch an den Präsidenten der Republik gerichtet.
Ein Telegramm des Gouverneurs von Sudan meldet, daß die Lage in Timbuktu vortrefflich sei. Zwei neue Posten seien in der Umgegend errichtet worden, die Unter⸗ werfungen dauerten fort.
Rußland.
Ueber die Schlußsitzung der Konferenz, der Vorsitz des Finanz⸗Ministers zur Berathung der Ermäßi⸗
ung der Fetreid etarife zusammengetreten war, berichtet hie amtliche I und Industrie⸗Zeitung“: Die im Ver⸗ hältniß zur Minorität geringe Mehrheit der Theilnehmer habe sich für die Nothwendigkeit der Tarif⸗Ermäßigung aus⸗ gesprochen, während die Minorität der Ueberzeugung Ausdruck egeben habe, daß durch die Ernsfigung die ökonomische Lage 88 Getreideproduzenten keineswegs gebessert werden würde, die Ermäßigung vielmehr für die Landwirt schaft unerwünschte Folgen haben dürfte. Der Finanz-⸗Minister erklärte hierauf, die Regierung werde sich nur dann zur Tarif⸗ ermäßigung entschließen können, wenn die Ueberzeugung sich durchaus festige, daß die unvermeidliche Herabminderung der Eisenbahneinnahmen wirklich der Getreideproduktion nützen werde. Italien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte Imbriani eine Interpellation über die sn gründende deutsch⸗italienische Bank ein. Die Kammer rathung der Finanzvorlage fort. “
Spanien.
In der Provinz Pontevedra haben kürzlich anläßlich der Steuereinziehung ernstere Ruhestörungen stattgefunden, wobei drei Bauern getödtet und zahlreiche Personen ver⸗ wundet wurden. Die Zahl der beschäftigungslosen Arbeiter in Biscaya nimmt täglich zu; man befürchtet dort gleichfalls Ruhestörungen.
Der gestern erwähnte Antrag wegen einer parlamen⸗ tarischen Untersuchung über die Schiffsbauten, der in der Kammer heute berathen werden soll, ist nach der „Köln. Ztg.“ durch eine Erklärung des bei dem Zwischenfall in Melilla vielgenannten Kommandanten des „Conde de Venadito“, jetzigen Abgeordneten Diaz Moreu veranlaßt. Von der ganzen spanischen Flotte läßt er nur die Kreuzer 1. Klasse „Alfonso XII.“ und „Reina Mercedes“ und die Kreuzer 2. nne „Marques de la Ensenada“ und „Conde de Venadito“, und auch diese nur bedingungsweise gelten, während er alle übrigen Schiffe, darunter auch den in Frank⸗ reich erbauten Panzer „Pelayo, als für den Kriegsfall voll⸗ ständig untauglich bezeichnet.
Schweiz.
Im Ständerath wurde heute der Antrag Stoessel, welcher die Zurückziehung der Genehmigung der Statuten der Nordost⸗ bahn verlangt, zurückgezogen, da der Chef des Eisenbahn⸗ Departements Zemp erklärte, der Bundesrath lehne den Antrag ab, werde aber der Bundesversammlung ein Gesetz unter⸗ breiten, welches in Bezug auf Mißbräuche in der erwaltung Ordnung schaffen und die öffentliche Vertretung in S8 Weise regeln werde, daß bei Konflikten zwischen privaten un öffentlichen Interessen die letzteren dominieren.
Rumänien. X“
Das „Amtsblatt“ veröffentlicht die Ernennung des bis⸗ herigen Chefs des Großen Generalstabs Falcojanu zum Kommandanten des I. Armee⸗Korps 5 die Fenemnung des Generals Poenaro zum Chef des Großen Generalstabs und die Beförderung von vier Obersten zu Generalen.
Amerika. Nach Meldungen aus Peru sind dort unbedeutende Ruhestoͤrungen vorgekommen.
Afrika.
Sidi el Gharnit, unter dessen Vormundschaft der
der Marine ist S. M. S. „Loreley“, Kommandant Korvetten⸗ 20 Juni in Caiffa an ekommen und
marschall⸗Lieutenant Emanuel Merta mit den Funktionen
etzte die Be⸗
Sultan Abdul Aziz steht, hat dem diplomatischen Korps
in Tanger mitgetheilt, daß sich der Sultan jetzt nach Fez be⸗ geben werde un 26 diplomatische Korps daher varch hicht empfangen könne. —
Sidi el Gharnit hat ferner die spanische Regierung davon benachrichtigt, daß ein Theil der Kri egsentschädigung nach Marakesch geschick worden sei, aber die Umstände hätten die Auszahlung der Summe verzögert; wenn die spanische Re⸗ gierugg darauf bestehen sollte, würde das Geld z ihr Risiko von Marakesch herbeigeschafft werden.
Aus Fez, 20. Juni, meldet das Reuter'sche Bureau: Mulei Abdul Aziz wurde hier am 12. d. M. unbeanstandet um Sultan ausgerufen. In der Stadt herrscht die größte
rdnung, und die. Bevölkerung in den entfernter liegenden Distrikten verhält sich so ruhig, wie man es unter den gegen⸗ wärtigen Umständen nur erwarten kann. Das mohammedanische Bairam⸗Fest wurde in größter Ruhe abgehalten.
Auftralien.
Dem ‚„Reuter'schen Bureau“ wird über Auckland aus Samoa vom 14. Juni gemeldet, daß das britische Kriegsschiff „Curaçao“ und der deutsche Kreuzer „Bus⸗ sard“ zusammen das Rebellenlager aufsuchten und die Führer der Aufständischen benachrichtigten, daß sie nicht angegriffen würden, wenn sie zehn Häuptlinge und 50 Gewehre einlieferten. Falls sie zur Fortsetzung der entschlossen seien, sollten sie ihre Frauen und inder an Bord der Schiffe senden. Die Rebellen über⸗ sandten 10 Häuptlinge und 50 werthlose Gewehre, besetzten jedoch nach Abfahrt der G aufs neue die Forts und feuerten in das Dorf, wo sie Malietoa vermutheten, augen⸗ scheinlich in der Absicht, den König zu tödten. Die Regie⸗ rungstruppen schlugen mit geringen Verlusten den Angriff ab. Der König ließ bekannt geben, daß er von dem Anschla gegen seine Person schmerzlich berührt sei. Die Scharmuͤtze dauerten fort, ohne daß es zu einem ernsten Gefecht kam.
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Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Das Sterbegeld für den Todesfall eines Mitgliedes der Orts⸗ krankenkasse ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 16. November 1893, für die Mitglieder aller Lohn⸗ klassen nach dem gleichen Vielfachen des eurcschitlnche Tage⸗ lohnes — innerhalb der vom Krankenversicherungsgesetz, §§ 20 und 21 gegebenen Grenze zwischen dem 20 und 40 fachen des Tagelohns — zu bestimmen. — In dem Statut der gemeinsamen Ortskranken⸗ kasse der Stadt M. in der Rheinprovinz sind die Kassenmitglieder für die Bemessung der Leö und der Beiträge in sieben Klassen getheilt; die ersten vier Klassen umfassen alle erwachsenen männlichen, die fünfte Klasse die erwachsenen weiblichen, die sechste Klasse die jugendlichen männlichen und die siebente Klasse die jugend⸗ lichen weiblichen Kassenmitglieder. Für das Sterbegeld ist bestimmt, daß es bei Mitgliedern der ersten bis vierten Klasse 80 ℳ, bei Mit⸗ gliedern der fünften Klasse 48 ℳ, der sechsten Klasse 40 ℳ und der siebenten Klasse 32 ℳ betrage. Wegen dieser Festsetzung, wonach das Sterbegeld für die erste Klasse im 20fachen, für die zweite Klasse im 237⁄ fachen, für die dritte Klasse im 301 ⁄13 fachen, für die vierte und fünfte Klasse im 40 fachen, für die sechste Klasse im 36 ⁄911 fachen und für die siebente Klaßfe wieder im 40 fachen Betrage des durchschnitt⸗ lichen Tagelohns zu gewähren ist, versagte der Bezirksausschuß die Geneh⸗ migung des Statuts, und auf die von der Krankenkasseeingelegte Revision bestätigte das Ober⸗Verwaltungsgericht die Vorentscheidung, indem es begründend ausführte: „Es ist davon auszugehen, daß nach dem Krankenversicherungsgesetz die Beiträge und die Unterstützungen, ins⸗ besondere auch das Sterbegeld, für alle versicherungspflichtigen Mit⸗ glieder einer Krankenkasse nach gleichen Grundsätzen zu be⸗ messen sind, wenn schon solches nicht wie im § 8 Abs. 4 des E’“ vom 1. Juni 1884 ausdrücklich ausgesprochen ist, und daß diese Regel nur insoweit Ausnahmen erleidet, als
e vom Gese entweder selbst gemacht oder zugelassen nd „Von der Regel der Gleichheit ist keine Ausnahme dahin getroffen oder gestattet, daß bei klassenweiser Feststellung des durchschnittlichen Tagelohns unter Berücksichtigung der zwischen den Mitgliedern hinsichtlich der Lohnhöhe bestehenden Ver⸗ schiedenheiten (§ 20 Abs. 2 des Krmtencers Herum sge se e das Sterbegeld für die einzelnen Klassen in verschiedenen Verhältnissen innerhalb der Minimal⸗ und Maximalgrenze — des Zwanzig⸗ und des Vierzigfachen — bestimmt werden dürfte, wie in dem neuen Statut der Klägerin geschehen ist. Insbesondere enthalten weder der § 21. Abs. 1 Ziff. 6 noch der § 26a Abs. 2 Ziff. 6 des Krankenversiche⸗ rungsgesetzes eine solche Ermächtigung.“ (EC. 67/93.)
— Den Inhaber eines Vergnügungslokals, Konzertsaals oder sonstigen öffentlichen Versammlungslokals kann nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, IV. Senats, vom 31. März 1894, gesetzlich die Polizeibehörde nicht zur Anlegung und Unter⸗ haltung eines Garderobenraumes für die Besucher seines Lokals nöthigen, wenn die betr. lokale Bauordnung eine Verpflichtung zur Herstellung eines Garderobenraums nicht vorgeschrieben hat. Wohl aber ist die olizeibehörde gesetzlich befugt, die Be⸗ nutzung eines Raumes zu Garderobenzwecken zu verbieten, der in seiner Anlage oder in seinen sonstigen Einrich⸗ tungen derartig unzweckmäßig ist, daß das Leben oder die Gesundheit des die Garderobe benutzenden Publikums gefährdet erscheint. „Einer derartigen Gefahr vorzubeugen und sie von dem Publikum abzuwenden, ist recht eigentlich Sache und Aufgabe der Polizei (§ 10 II 17 A. L.⸗R., § 6 Litt. f des Gesetzes vom 11. März 1850). Wenn es der Gerichtshof gleichwohl für geboten erachtet hat, die angefochtenen Verfügungen außer Kraft zu setzen, so hat dies darin seinen Grund, daß andererseits Kläger mit Recht geltend macht, er sei sar Einrichtung eines Garderobenraums bei seinem Konzertsaal überhaupt nicht verpflichtet. In dieser Beziehung kommen zunächst die lokalen „Bauordnungen der Stadt p. in Betracht. Aus ihnen läßt sich eine Verpflichtung des Klägers zur Her⸗ stellung eines Garderobenraums nicht entnehmen. — benso wenig läßt sich vorliegenden Falls eine solche Verpflichtun aus den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen herleiten. Nach 10 II 17 A. L.⸗R. hat zwar die Polizeibehörde die nöthigen An⸗ talten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publikum oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, und § 6 des Gesetzes vom 11. März 1850 präzisiert genauer, nach welchen Richtungen hin sich die polizeiliche Fürsorge zu erstrecken habe. Daß aber hieraus für die Polizei die Befugniß folge, schlechthin für jeden öffentlichen Ver⸗ ammlungsraum — etwa aus sanitären Gründen, oder aus anderen polizeilichen Rücksichten — die Anlegung eines Garderobenraums zu verlangen, läßt sich nicht anerkennen.“ (IV. 377.)
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Statistik und Volkswirthschaft.
Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäfts für 1893.
In den alphabetischen und Restantenkiften werden geführt 664 846 zwanzigjährige, 469 414 einundzwanzigjährige, 312 509 zwei⸗ undzwanzigjährige, 75 307 ältere, zusammen 1 522 076. Hiervon sind als unermittelt in den Restantenlisten geführt 45 522, ohne Ent⸗ schuldigun 117 483, anderwärts gestellungspflichtig ge⸗ worden 375 390, zurückgestellt 517 186, ausgeschlossen 1431, aus⸗ gemustert 30 496, dem Landsturm ersten Aufgebots überwiesen 90 217, er Ersatzreserve überwiesen 84 394, der Marine⸗Ersatzreserve über⸗ wiesen 334, ausgehoben 234 685, überzählig geblieben 8350, freiwillig eingetreten: in das Heer 15 814, in die Marine 774. Von den
Schuhmacher mitgetheilt: In den 5 Fabriken stehen jetzt 270 Leute
234 685 Ausgehobenen sind für das Heer zum Dienst mit der Waffe 226 519, zum Dienst ohne Waffe 4065, für die Marine aus der Land⸗ bevölkerung 1898, aus der seemännischen und halbseemännischen Be⸗ völkerung 2203 ausgehoben. Vor Beginn des militärpflichtigen Alters sind freiwillig in das Heer 15 922, in die Marine 978 eingetreten. Wegen unerlaubter Auswanderung wurden 25 851 verurtheilt, 11 522 sind noch in Untersuchung.
Deutschlands Roheisenproduktion.
„Nach den Ermittelungen des Vereins Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisen⸗ produktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Mai 1894 auf 468 981 t; darunter ddelroheisen und Spiegeleisen 143 181 t, Bessemerroheisen 44 017 t, Thomasroheisen 213 144 t, Gießereiroheisen 68 639 t. Die Produktion im Mai 1893 betrug 416 002 t, im April 1894 438 056 t. Vom 1. Januar bis 31. Mai 1894 wurden produziert 2 177 149 t gegen 1 992 487 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Ländliche Arbeiterwohnungen.
„Im Verlage von Paul Parey in Berlin ist ein Buch erschienen über „Anlage, Einrichtung und Bauausführung ländlicher Arbeiterwohnungen“, von H. Malachowski, Königlicher Regi erungs⸗Baumeister. (Pr. 4 ℳ) Es enthält zugleich 21 Tafeln und einen ausführlichen Kostenanschlag. Die Darstellung stützt sich auf Baupläne, welche das Ministerium für Lanzofibscat Domänen und Forsten und die Deutsche Landwirthschaftsgesellschaft aufgestellt haben. Es kann nicht bestritten werden, ist aber vielfach übersehen worden, daß die Arbeiter auch auf dem Lande oft schlechte und mangelhafte Wohnungen haben. Die Unzufriedenheit der Arbeiter mit ihren sozialen Verhältnissen läßt sich zum theil auch hierauf zurückführen. Eine Verbesserung der Wohnungen kann der Unzufrieden⸗ heit und somit auch dem Arbeitermangel entgegentreten. Das Buch erörtert rein sachlich und technisch, welche Erwägungen beim Bau von Arbeiterwohnungen auf dem Lande anzustellen sind, welche Rücksichten hierbei auf berechtigte Ansprüche der Arbeiter und ihrer Familien zu nehmen sind, und wie der Gutsherr, dem die Ausführung häufig allein überlassen bleibt, am besten zu verfahren hat, um diesen möglichst zu genügen. —
Nr. 7 der „Annalen des Deutschen Reichs“, heraus⸗ behen, von HeSe 2c Hirth und Dr. Max von Seydel, reis vierteljährlich 4 ℳ%, Verlag von G. Hirth's Verlag in München, enthält einen Aufsatz des Rechtsanwalts Dr. Julius Kahn über „die vertra mähigen T“ der europäischen Staaten“; ferner den Geschäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts für das Jahr 1893; einen Aufsatz über die rechtsprechende Thätigkeit des Reichs⸗ Versicherunggamts vom Rechtsanwalt Dr. Ludwig Fuld in Mainz, sowie den Entwurf eines Reichs⸗Stempelabgaben⸗ gesetzes nebst Begründung. Nr. 8 bringt die Fortsetzung der letzt⸗ enannten Publikation, ferner einen üfscß des Ober⸗Rechnungs⸗ aths Dr. Zeller in Darmstadt über den „Entwurf eines preußischen die Denkschrift, betreffend Umgestaltung der preußischen Eisenbahnbehörden, und die Denkschrift über das Patentgesetz vom 7. April 1891 und über das Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891 nebst Anlagen.
Das 1. und 2. Heft des dritten Bandes der von Dr. Kuno Frankenstein herausgegebenen „Zeitschrift für Literatur und Geschichte der Staatswissenschaften“ (Pr. 12 ℳ für den Band; Verlag von C. L. Hirschfeld in Leipzig) bringt den Anfang einer Abhandlung des Regierungs⸗Assessors K. von Rohrscheidt in Merseburg: „Auf dem Wege zur Gewerbefreiheit in Preußen“, ferner einen Aufsatz von Professor P. W. A. Cort van der Linden in Amsterdam: „Lehrsätze über die ökonomischen Kategorien“. Das Heft enthält auch wieder eine werthvolle Zusammenstellung der literarischen Erscheinungen einerseits über das Arbeiterversicherungs⸗ wesen, anderseits über staatswissenschaftliche und volkswirthschaftliche Gegenstände überhaupt, letztere vom 1. März bis 1. Mai 1894.
Das 1. und 2. Heft des VII. Bandes des jetzt in Carl Hey⸗ mann’s Verlag in Berlin erscheinenden „Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik“, herausgegeben von Dr. Heinrich Braun, bringt einen Aufsatz von Professor Dr. Max Weber über die Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter, worin er die in drei Bänden der Schriften des Vereins für Sozialpolitik mitgetheilten Ergebnisse der von dem Verein über die Verhältnisse der Landarbeiter veranstalteten Enquste, speziell für den Osten, kurz zusammenfaßt. Eine Besserung ihrer Verhältnisse erwartet er von einer Aenderung der Grundbesitzvertheilung und von einer Aenderung der Arbeiterverfassung. Weiter enthält das Heft einen Aufsatz über die Reform der Unfallversicherung in Oesterreich von Dr. Leo Verkauf in Wien, einen Aufsatz über die preußische Steuerreform und ihre Stellung in der allgemeinen Verwaltungs⸗ und Sozialpolitik von Dr. J. Jastrow, einen Aufsatz über die gewerk⸗ schaftliche Bewegung unter den englischen Arbeiterinnen von Gertrud Dyhrenfurth und einen Artikel über Wiener Wohnungsverhältnisse
von Dr. Eugen von Philippovich.
Zur Arbeiterbewegung. Aus Burg wird dem „Vorwärts“ zum Ausstand der dortigen
in Beschäftigung gegen 6⸗ bis 700 früher. Zu unterstützen sind noch 239 Ausgesperrte mit 340 Kindern, davon 97 männliche Verheirathete, 24 ledige, 96 weibliche und 22 Frauen, deren Männer abgereist sind. Der Ausstand dauert 85 bereits über 9 Wochen.
Hier in Berlin ist jetzt, wie die Blätter melden, die Errichtung von „Betriebswerkstätten“ durch Konfektionsschneider erfolgt, nachdem eine Reihe von ihr Einverständniß erklärt hat. Die Werkstätten haben den Zweck, das durch die Haus⸗
industrie “ Zwischenmeistersystem zu beseitigen und Ar⸗
beitsräume zu schaffen, die den gesundheitlichen Anforderungen ent⸗ sprechen. Das neue Unternehmen steht unter der Leitung des Schneider⸗ meisters Täterow, eines gewerkschaftlichen Agitators. Die Schneider aus dem „unabhängig⸗sozialistischen“ Lager haben die Errichtung von Betriebswerkstätten heftig bekämpft, weil sie mit Hilfe von „Kapita⸗ listen“ begründet worden sind.
Aus Paris berichtet ein Telegramm des „D. B. H.“: Seit etwa 6 Monaten sind in Graissac 1500 Bergleute ausständig, weil 300 Grubenarbeiter wegen Mangels an Arbeit entlassen worden waren. Die übrigen Arbeiter, die sich mit den Entlassenen solidarisch er⸗ klärten, fordern von den Grubenvorständen eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 4 Tage in der Woche. Die Gesellschaft bewilligte diese Forderung nicht. Die Lage ist infolge der Agitationen sozialisti⸗ cher Abgeordneter sehr verschlimmert. In der Kammer soll jetzt eine
nterpellation wegen dieser Angelegenheit eingebracht werden⸗
Kunst und Wissenschaft.
Für die Akademische Kunstausstellung in Dresden 1894 ind von 900 Künstlern über 2000 (bei der letzten Kunstausstellung m Jahre 1889 betrug die Zahl nur 650) Kunstwerke zur Anmeldung gelanse Die große Mehrzahl davon sind Oelgemälde. An plastischen
unstwerken sind 140 von 70 Künstlern angemeldet. Allein 200 Münchener Künstler werden über 400 Kunstwerke ein⸗ senden. Die Städte Berlin, Düsseldorf und Dresden werden eben⸗ alls mit einer stattlichen Reihe von Kunstwerken vertreten sein. Vom usland werden Kunstwerke aus Italien, Belgien, den Niederlanden, Schweden und Dänemark eintreffen. 2n einer Mittheilung der Königlichen General⸗Direktion der Sächsischen Staatseisenbahn wird denjenigen ausgestellten Kunstwerken, welche unverkauft bleiben und an den Absendungsort zurückgehen, auf sämmtlichen deutschen Bahnen frachtfreie Rücksendung gewährt. Das König⸗ lich sächsische Ministerium des Innern hat die Verleihung von drei goldenen und neun silbernen Staatsmedaillen für die besten
Kraft
mit Modellierung der Medaillen beauftragt. Dem Ausstellungskataloge soll eine kurze Beschreibung des shra tellungsgebäudes dee⸗ g— Silhouette und der Grundriß des Gebäudes beigefügt werden. Zu den Illustrationen für den Katalog sind bisher 9 Zeichnungen, Photographien ꝛc. eingegangen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ueber den Saatenst and in Preußen im Monat Juni 1894 berichtet die „Statist. Korr.“: — in den im Ptn,8 2 über den Saatenstand erstatteten Berichten vielfach über Regen⸗ enn. geklagt, so lassen die insbesondere in den letzten Wochen statt⸗ gehabten anhaltenden und reichlichen Niederschläge, die zunächst einen wohlthuenden Einfluß auf den Stand der Fechfrüchte ausübten, jetzt mehrfach die Befürchtung laut werden, daß ihre lange Dauer bereits schädigend gewirkt habe und, falls sie anhalte, den Stand der Ferüfrücht⸗ weiter ungünstig beeinflussen werde. Am wenigsten nachtheilig war der häufige Regen in den Bezirken, die vorher keine oder doch nur Fin⸗ iederschläge hatten, wenngleich auch hier fast überall der
vnsch nach trockenem und vor allen Dingen warmem Wetter geäußert wird. Unter 2642 bis zum 19. Juni d. J. eingegangenen Berichten finden sich nur drei aus der Provinz Sachsen, 56 no darüber Klage führen, daß es seit der letzten Berichterstattung immer an einem durchdringenden Regen gefehlt habe.
„Zugleich mit dem starken Regen brachte der Juni auch unge⸗ wöhnlich kühles Wetter. Die Tagestemperatur fiel mehrfach auf 7,5, ja selbst bis auf 6 Grad C. Strichweise haben Nachtfröste die Hoffnung auf eine gute Ernte nicht unwesentlich herab⸗ gestimmt. Zwar läßt sich der hierdurch angerichtete Schaden noch nicht übersehen, aber es erscheint zweifellos, daß der⸗ selbe bei einzelnen Fruchtarten nicht unerheblich sein wird. Am schlimmsten wurden die östlichen und nördlichen Regierungsbezirke, wie Königsberg, Danzig, Stettin, Köslin, Posen und Schleswig vom Frost betroffen. Verhältnißmäßig wenig Schaden scheint derselbe in anderen Uabtntene insbesondere in Schlesien und im Rheinlande, angerichtet zu
aben. Aus vielen Berichtsbezirken werden außerdem Schäden gemeldet, die durch Rost und die starke Entwickelung des Unkrauts sowie durch Insekten verursacht wurden. So wird im Regierungsbezirk Hildes⸗ heim mehrfach über das starke Auftreten von Engerlingen geklagt. Insektenschäden werden hauptsächlich gemeldet aus den Regierungs⸗ bezirken Posen, Breslau, Liegnitz, erseburg und Cassel. Ueber Hagelschäden wird nur vereinzelt und in geringem Umfang berichtet.
Was die einzelnen Fruchtarten betrifft, so hat der Winterweizen die durch den Winter verursachten Schäden bis jetzt nicht auszuwachsen ver⸗ mocht. Der Stand der Weizenfelder ist, wie im Mai, so auch im Juni d. J. nicht überall ein be iedigender. Besonders wird in den Berichten darüber Feklagt, daß diese Frucht infolge des anhaltenden Regens stark von Rost efallen sei. Auf Feldern mit üppigem Wuchse hat sich vielfach Lager gebildet. Der interroggen hatte eine ungünstige Blüthezeit. Durch Regen und gleichzeitigen Wind wurde die Befruchtung gestört und dadurch die Aussicht auf einen ergiebigen Körnerertrag 1 gemindert. Vor allen Dingen aber 8 wie bereits hervor⸗ gehoben wurde, Nachtfröste, die während der Blüthe ein⸗ traten, mehrfach die Hoffnungen auf eine gute Roggenernte be⸗ einträchtigt. In einzelnen Bezirken mit leichtem Boden und in wind⸗ stillen Gründen werden bis zu 40 v. H. der Anbaufläche als er⸗ froren bezeichnet. Besonders ungünstig lauten in dieser Beziehung die Berichte aus den Kreisen Berent, Neustadt und Karthaus im Regierungsbezirk Danzig. Die Sommerung hat von der kalten und nassen Witterung gleichfalls zu leiden gehabt. Die niedrige Temperatur hat „das Wachsthum derselben aufgehalten. Das feuchte Wetter begünstigte die Entwickelung des ünkrauts, sodaß letzteres die Sommersaaten überwucherte, wie denn besondere der Hafer vom Hederich unterdrückt wurde. Die Gerste wurde vielfach vom Rost befallen und zeigt infolge der naßkalten Witterung eine gelbe Färbung. Die Erbsen scheinen das Wetter noch am besten überstanden zu haben; doch wird auch hier über Un⸗ kraut und Insektenschäden F
Die Kartoffeln haben mehrfach vom Frost gelitten und sind ungleich aufgegangen, letzteres zum theil auch deshalb, weil infolge der Näffe die ausge eckte Frucht verfaulte. In niedrigen Lagen it der Boden mit Feuchtigkeit übersättigt, ndaß die Bearbeitung und Pflege der Hackfrüchte eingestellt werden mußte und infolge dessen das Unkraut die Früchte überwuchert. Mancherorts haben Insekten, insonderheit Engerlinge, den Kartoffelfeldern geschadet.
Klee ist infolge der anhaltenden Dürre des Vorjahrs weni vorhanden. Die nicht ausgewinterten Stellen zeigen jedoch meist einen befriedigenden Stand. Die Gewinnung des Kleeheus ist schwierig, und droht dasselbe wegen des anhaltenden Regens zu ver⸗ derben. Der diesjährige junge Klee ist gut aufgegangen.
Die Wiesen haben nächst dem Roggen am meisten vom Frost gelitten. Im allgemeinen kann der erste Schnitt in vielen Bezirken als verloren gelten. Das seit mehreren Wochen anhaltende Regen⸗ wetter hat einen großen Theil des bereits gemähten Grases verdorben; das noch nicht gemähte Gras leidet gleichfalls, weil es überständig wird oder unter Wasser gesetzt wurde. Besonders ungünstig in dieser Beziehung lauten die Berichte aus der Provinz Schlesien.
ins⸗
Saatenstand in Ungarn. Nach dem amtlichen Saatenstandsbericht vom 15. Juni, den „W. T. B.“ aus Pest mittheilt, herrschte in den letzten zwei Wochen ununterbrochen ungünstiges, kaltes Wetter. Fortwährender Regen, bedeutender Hagel, große Stürme hinderten vollkommen die Entwickelung der Pflanzungen; auch Ueberschwemmungen vernichteten bedeutende Ackerflächen. Die Ertragsaussichten sind für alle Getreide⸗ arten geläaten „Der Weizenertrag dürfte bedeutend kleiner als im Vorjahr sein, die lassen einen schwach⸗mittleren Ertrag erhoffen, nur Wintergerste verspricht einen gut mittleren, Raps einen klein⸗mittleren Ertrag.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. 3 Rußland. 8
Die Kaiserlich russische Regierung hat beschlossen, sämmtliche Grenzübergänge in dem rumänischen Distrikt Falciu zu sperren und den Uebertritt von Personen aus Rumänien nach Rußland nur auf dem Grenzpunkt Leova zu gestatten, woselbst die aus Rumänien kommenden Reisenden sich einer ärztlichen Untersuchung und der Desinfizierung ihrer Effekten zu haben.
ortugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Riga nur noch für choleraverdächtig erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 129 vom 4. d. M.) Rumänien. 1 Aus Anlaß des Auftretens der Cholera in mehreren der Bukowina sind seitens der rumänischen Regierung folgende Maß nahmen zur Verhütung der Einschleppung der Seuche nach Rumänien getroffen worden: 1u 1) wird an den Grenzpunkten von Michaileni und Burdujeni ein gesundheitlicher Revisions⸗ und Desinfizierungsdienst eingeführt; 2) werden sämmtliche übrigen zur Bukowina führenden Grenz⸗ punkte, sowie der an der Vereinigung der Grenzen Rumäniens, 1 und Rußlands liegende Punkt Molnitza ab⸗ gesperrt; 2 3) wird die Grenzwache durch permanente Truppen verstärkt; 4) werden von Arbeitern und anderen Personen nur auf Grund spezieller Erlaubniß und nach vorheriger ärztlicher Beobachtung zuge assen⸗ “
5) wird den Vagabunden und unreinen Personen der Eintritt nach Rumänien untersagt; 1 6) werden simmlliche Personen, welche aus dem Distrikt Cotzman ““ kommen, an ihrem Bestimmungsort einer 5 tägigen ärzt⸗
ichen Beobachtung unterzogen. 8 SPeobefte vorstehenden Maßregeln treten vom 16. Juni ab in
Kunstwerke in Aussicht genommen und Herrn Professor Dr. Schilling 1 “ . 8