1894 / 168 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Jul 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Belgien.

. *

Die Brüsseler „Gazette“ meldet: die Staatsanwaltschaft on Lüttich habe eine offizielle Depesche aus Serbien erhalten, orin die Verhaftung des angeblichen russischen Barons

on Ungern⸗Sternberg in Alexinatz bestätigt werde. In Harmelle bei Lüttich explodierte vorgestern Abend vor der Wohnung des dortigen Bürgermeisters eine Dynamit⸗ 4 wodurch ein ziemlich beträchtlicher Schaden angerichtet urde. .

Türkei.

Die türkisch⸗montenegrinische Kommission hat sich, wie „W. T. B.“ aus Cetinje meldet, über ein gleich⸗ lautendes Protokoll geeinigt, das den betheiligten Regierungen zur Entscheidung der streitigen Punkte unterbreitet werden wird.

Der neue von Skutari Osman Pascha ist daselbst eingetroffen.

Bulgarien.

Die von einzelnen Blättern gebrachte Nachricht, daß die bulgarischen Offiziere, die bei dem Sturz des Fürsten Alexander betheiligt waren, aus Rußland ekücgegesr⸗ seien, ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Sofia, unbegründet. bulow’s Erlaubniß zurückgekehrt.

Schweden und Norwegen.

Im Storthing wurde einer Meldung des „W. T. B.“ aus Chricsiania gestern das Budget des Aus⸗ wärtigen berathen. Hansen kam auf seinen früheren Antrag zurück, sür das Finanzjahr 1894 die Forderungen für auswärtige Angelegenheiten nicht zu bewilligen. Dieser Antrag wurde jedoch von den Rednern der Linken als ungeeignet erklärt. Schweigaart protestierte gegen die Auffassung, daß Schweden oder Norwegen, jedes für sich, die Befugniß haben solle, eigene Gesandten zu entsenden. Die Redner der Linken widersprachen dem und behaupteten, Schweden besitze das volle Recht dazu, aber auch Norwegen habe das gleiche Recht. Nach der Auffassung Schweigaart's existiere weder ein souveränes Schweden noch ein souveränes Norwegen. Ullmann erklärte, die Partei der Linken sei der Meinung, Norwegen müsse gegebenen Falls laut Grundgesetz sein volles Recht nehmen ohne Verhandlung mit Schweden. Hiermit sei jedoch nicht gesagt, daß eine solche Verhandlung nicht stattfinden könne, vorausgesetzt, daß Schweden vorher das Recht Norwegens anerkannt habe, denn dann würden die Verhandlungen nur das Gemeinsame be⸗ rühren. Schließlich wurde der Antrag Hansen mit 85 gegen 25 Stimmen abgelehnt.

Amerika.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington wurde in der gestern abgehaltenen gemeinschaftlichen Kommissionssitzung des Repräsentantenhauses und des Senats eine be über die Tarifvorlage nicht erreicht. Hauptdifferenzpunkte waren die Zölle auf Zucker und Eisenerze.

1 Asien. Eine Depesche der „Times“ aus Shanghai vom gestrigen

Tage, worin über den Angriff japanischer Soldaten auf den britischen General⸗Konsul in Söul (siehe die gestrige Nummer d. Bl.) berichtet wird, besagt, daß der japanische Gesandte auf die des Konsuls erwidert habe, er werde die Angelegenheit untersuchen, jedoch kein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns hinzugefügt habe. Die Soldaten hätten den Konsul eine Strecke von 50 m fortgeschleppt und ihn mit Faustschlägen mißhandelt. Dagegen meldet das „ʒReuter sche Bureau“ aus Yokohama von gestern, ein offizielles Communiqué bezeichne die Darstellung des Zwischenfalls mit dem englischen Konsul in Söul als über⸗ trieben. Der Konsul habe die japanische Vorpostenkette über⸗ schreiten wollen, um in das Bivouac der Truppen zu gelangen; daran sei er gehindert worden. ö“ 8

Anstralien. 8

Der in Auckland angelangte Dampfer „Mariposa“ hat, wie das „Reuter’'sche Bureau“ erfährt, aus Samoa die Meldung überbracht, daß daselbst am 29. Juni⸗ zwischen den Rebellen und den Regierungstruppen ein Schar⸗ mützel stattgefunden habe, wobei die Rebellen 22 Mann ver⸗ loren hätten. 1—

Nr. 29 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 18. Juli hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Pest. Erkrankungen und Sterbefälle in der bayerischen Armee, 1893. Gesebgebung u. s. w. (Preußen. 9. Königsberg.) Schweineseuche ꝛc. Reg.⸗Bez. Oppeln.) kaul⸗ und Klauenseuche. (Bayern.)

rüfung von Nahrungsmittel⸗Chemikern. (Rumänien.) Thier⸗ ärztliche Gesundheitspolizei. (Norwegen.) Vieheinfuhr ꝛc. Gang der Thierseuchen. Rinderpest und sibirische Pest in Rußland, 1. Vierteljahr. Rinderpest in der Türkei. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Thierseuchen. (Preußischer Reg.⸗Bez. Posen, Düsseldorf, Bayern, Baden.) Rechtsprechung. (Landgericht Görlitz.) Be⸗ eines Knochenbruchs mittels Auflegens von Kuhdünger. Todesursachen im Deutschen Reich, 1892. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Das 3. Vierteljahrsheft XLIV. Jahrgangs 1894 der „Zeit⸗ schrift für Bauwesen⸗ (herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten; Schriftleiter: Otto Sarrazin und Oskar Hoß⸗ feld; Verlag von Wilhelm Ernst u. Sohn in Berlin) hat folgenden Inhalt: Bauten in und um Ragusa, von den Architekten H. E. von Berlepsch und Fr. Weysser in München (Schluß); Die Lange Brücke (Kurfürsten⸗Brücke) in Berlin, vom Regierungs⸗Baumeister R. Borr⸗ mann in Berlin; Die Königlichen Observatorien für Astrophysik, Meteorologie und Geodäsie auf dem Telegraphenberge bei otsdam; III. Das W“ Institut, vom Ober⸗Baudirektor P. Spieker in Berlin ( 1); Der Straßburger Ill⸗Hochwasserkanal, vom Ministerial⸗Rath H. Fecht in 8.,8 i. C.; Anlagen zur Her⸗ stellung von Bettungsschotter (Kleinschlag) mit Steinbrechmaschinen, vom Eisenbahn⸗Bau⸗ und Betriebs⸗Inspektor Mühlen in St. Johann Saar); Ueber die verschiedenen Arten von Dampfschöpfwerken zur

ntwässerung von Niederungen, vom Königlichen Baurath Post in Merseburg (Schluß); Schutz von Strompfeiler⸗Fundamenten gegen Unterspülung, vom profe or H. Engels in Dresden; Nordamerika⸗ nisches Eisenbahnwesen; Entwickelung der Hafenabgaben und des Fetsenne⸗ eens, sowie über Schiffsvermessung in den hinterpommerschen K een (Kolbergermünde, Rügenwaldermünde und Stolpmünde), vom

eheimen Baurath a. D. Benoit in Charlottenburg; Die Berech⸗

Nur der Kapitän Gherghinow sei mit Stam⸗

1

8 2* 2 nung ebener und gekrümmter Behälterböden, von Professor Dr. Ph.

orchheimer in Aachen; Berechnung der Staumauern, von Professor E in e9 Stanistlsche Nachweisungen, betreffend die

[im Jahre 1892 unter Mitwirkung der Staatsbaubeamten vo endeten

und abgerechneten, bezw. nur vollendeten Hochbauten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Waldflächen in Baden. Nach dem Stand vom 31. Dezember 1893 betragen die Wald⸗ 35 des Großherzogthums 550 656,35 ha. Die Gesammtfläche des andes beläuft sich auf 15 081 qkm = 1 508 100 ha, die Waldungen nehmen daher von der Gesammtfläche des Landes 36,51 % ein. An diesem Waldbesitz sind betheiligt: a. das Domänenärar mit 97 046,27 ha = 17,62 %, b. die Gemeinden mit 251 459,69 ha = 45,67 %, c. die Körperschaften mit 19 265,30 ha = 3,50 %, d. die Standes⸗ und Grundherren mit 59 910,72 ha = 10,88 %, e. die sonstigen Privaten 122 974,37 ha = 22,33 %. Bei einer Bevölkerungszahl von 1 657 867 nach dem Stand vom 1. Dezember 1890 kommen von der Waldfläche auf den Kopf 0,33 ha. Die gesammte Vermehrung der Waldflächen in den 5 Jahren 1889 bis 1893 u da der Stand am 1. Januar 1889 sich auf 543 439,19 ha belief, 7217,16 ha, durchschnittlich jährlich also 1443,43 ha = 0,27 % der vor 5 Jahren vorhandenen Waldfläche. An der Flächenvermehrung von 7217,16 ha haben, wie die „Bad. Korr.“ meldet, theilgenommen die Domänen⸗ waldungen mit 1026,99 ha = 1,07 %, die Gemeindewaldungen mit 1805,55 ha = 0,72 %, die Waldungen der Standes⸗ und Grundherren mit 674,66 ha = 1,14 %, Sdie sonstigen Privaten mit 3762,39 ha = 3,16 %. Abgenommen haben die Körperschaftswaldungen um 52,13 ha = 0,27 %. Die Waldungen des Domänenärars, der Gemeinden und der Körper⸗ schaften, also 66,79 %, oder 8 der ganzen Waldfläche, stehen unter staatlicher Beförsterung, während die den Standes⸗ und Grundherren, sowie den sonstigen Privaten gehörenden Waldungen, 33,21 % oder z der Waldfläche einnehmend, in der 1X““ freigegeben und lediglich der forstpolizeilichen Beaufsichtigung der Verwaltungs⸗ und Forstbehörden unterstellt sind.

Produktion, Verbrauch und Ausfuhr von Olivenöl 1 in Spanien.

Der Nummer der spanischen Zeitschrift „Los Vinos x los Aceites“ vom 30. Januar d. J. entnehmen wir, daß im Mittel des letzten Jahrfünfts 2 976 384 Ztr. (quintali) Olivenöl in Spanien erzeugt wurden. Davon wurden im Lande verbraucht: als Nahrungs⸗ mittel 1 108 151, von Konservenfabriken 53 713, für Beleuchtungs⸗ zwecke 467 200, zur Seifenfabrikation ꝛc. 675 000, als Maschinenöl in Fabriken, Werkstätten, auf Dampfschiffen ꝛc. 450 000, mithin zusammen 2 754 064 Ztr. Der Rest von 222 320 Ztr. wurde

exportiert, und zwar nach den spanischen nach Deutschland 11 316 Ztr. Asien und 15 529

Besitzungen 63 486 Ztr. 8 . rankreich. 46 019 Afrika... 29 766 Amerika 12 624 anderen 9

17 126 8 16 893 Ländern..

England .. Dänemark.

g ortugal ..

Landwirthschaftliche Statistik der Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Ergebnisse des 11. Zensus der Vereinigten Staaten vom Jahre 1890 wurden, abweichend von dem früher beobachteten Ver⸗ fahren, für jeden Staat ꝛc. in einzelnen Heftchen von geringem Um⸗ fang in der Reihenfolge veröffentlicht, wie sie bei der Aufbereitung des gewaltigen Materials gerade fertiggestellt wurden. Erst später ging man daran, die gewonnenen Resultate für das gesammte Gebiet des großen Staatenbundes sachgemäß zusammenzustellen. Letzteres ist kürzlich fuch fch die Ergebnisse des Theils der Erhebung geschehen, welcher die Bsbalta he der Landwirthschaft zu ergründen versucht hat. Wir entnehmen den bezüglichen Veröffentlichungen folgende Angaben über Ackerbau und Bodenbenutzung.

Die Gesammtzahl der Farmen im Jahre 1890 betrug 4 564 641 gegen 4 008 907 bei dem 10. Henüa⸗ im Jahre 1880, mithin ergiebt sich eine Zunahme von 555 734 Farmen oder 13,86 % im 1ee Jahrzehnt. Die gesammte Bodenfläche dieser land⸗ wirthschaftlichen Betriebe belief sich 1890 auf 623 218 619 Aecres 9 Acre = 40,5 a), wovon 357 616 755 oder 57,4 % angebaut waren.

a im Jahre 1880 die Bodenfläche 536 081 835 Acres und die An⸗ baufläche 284 771 042 Acres (= 53,1 %) betragen hatte, war bei ersterer eine Zunahme von 87 136 784 Aecres oder nahezu ein Sechstel, bei der Anbaufläche eine Vermehrung um 72 845 713 Aecres oder ein Viertel zu verzeichnen.

„Der Werth des gesammten landwirthschaftlichen Geländes, ein⸗ schließlich der Einhegungen (fences) und Gebäude, betrug 1890 rund 13 279 Millionen Dollars, 1880 dagegen nur 10 197 Millionen Dollars; er war mithin in dem verflossenen Jahrzehnt um 30,2 % estiegen. Ebenso wies der Werth der Ackergeräthe und landwirth⸗ schaftlichen Maschinen mit 494 ½ Millionen Dollars im Jahre 1890 gegen 406 ½ Millionen Dollars in 1880 eine Zunahme von 21,6 % auf. Das am 1. Juni 1890 vorhandene lebende Inventar jener Farmen wurde auf 2208 ¾ Millionen Dollars, das 10 Jahre früher ermittelte mit 1500 ½ Millionen Dollars bewerthet, woraus sich ein Anwachsen um 47,2 % ergiebt.

Etwas geringer war die Zunahme des Werths der landwirth⸗ schaftlichen Produkte, welche 1889 auf 2460 Mill., 1879 auf 2212 ½ Mill. Dollars geschätzt wurden, also eine Steigerung um 11,2 % erfahren hatten.

Dem Getreidebau insbesondere waren 1889 in den Ver⸗ einigten Staaten 140 217 545 Acres gewidmet, welche einen Gesammt⸗ ertrag von 3518,8 Mill. Bushels (1 Bushel = 36,3 1) brachten. Auf die einzelnen Getreidearten vertheilten sich die Flächen und Er⸗

träge wie folgt: 8 Fläche dagesfn Ertrag Aeres % 1879 Mill. Bushels . 72 087 752 51,4 52,6 . .83679 511 1 29,9 468,4 .889861 20,2 13,6 809,3 . 3 220 834 2,3 CCC166 2 171 604 1,6 1111“ Buchweizhen .837 164 0,6 0,7 11 Die gesammte Getreidefläche hat sich von 1879 bis 1889 um 21 585 766 Aecres oder 18,2 % vermehrt. Diese Zunahme scheint recht erheblich, hat jedoch mit dem Anwachsen der Bevölkerung in der Periode 1880/90 (24,9 82 nicht Fleschen Schritt gehalten; im Jahre 1890 kamen 2,24 Acres Getreideland auf den Kopf der Bevölkerung, 1880 aber 2,37 Acres oder 0,13 Acres mehr. Dagegen ist der Er⸗ trag der Getreideernte 1889 um 821,2 Mill. Bushels oder 30,4 % höher als 1879 z auf den Kopf kamen diesmal 56,19 Bushels gegen 53,78 vor zehn Jahren, mithin bei der letzten Ermittelung 2,41 Bushels pro Kopf mehr. Von den einzelnen Getreidearten hat der Anbau des Hafers am meisten zugenommen, und zwar vorwiegend auf Kosten des Mais⸗ und Weizenbaues. 1114“

Mais.. Weizen

Zur Arbeiterbewegung.

In Leipzig beschäftigte sich, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, eine von 700 800 Personen besuchte Versammlung der EEE1u.“ Steindrucker u. s. w. am Dienstag wieder mit dem Ausstand bei der Firma Wezel u. Naumann. Nach den Mittheilungen des Ver⸗ trauensmanns ist keine Veränderung in der Lage des Ausstands ein⸗ getreten. Im Ausstand befinden iich 75 Drucker und 14 Arbeiterinnen, an deren Stelle nur zwei Drucker haben eingestellt werden können. Der Versuch der Firma, die Druckarbeiten außerhalb der Druckerei

durch Hausarbeit besorgen zu lassen, soll mißlungen sein. Die 1 sammlung sagte den Ausständigen Unterstützung zu. Ver

Aus Braunschweig wird der „Madb. geg⸗ geschrieben: Der Bierkrieg in Braunschweig nimmt für die Sozialdemokraten genau den un ünsti en Verlauf wie der Berliner Boykott. Wie in der Reichs⸗ auptstadt nach dem erfolglosen partiellen Boykott der Verruf über sämmtliche Berliner Brauereien ausgesprochen worden ist, so wurde Dienstag Abend auch in Braunschweig der Bovykott über alle dortigen Brauereien verhängt. Eine von mehr als 3000 Personen besuchte Versammlung faßte nämlich „eine Entschließung des Inhalts, die Volksversammlung verhänge über alle dem Ringe angehörigen Brauereien den Boykott, der nächsten Sonnabend in Kraft treten soll. Die letztere Bestimmung wurde getroffen, damit Zeit gewonnen werde, kechzseti fremde Biere in genügenden Mengen in Braun⸗ schweig einführen zu können.

Hier in Berlin hielten die Textilarbeiter und ⸗Ar⸗ beiterinnen am Dienstag eine Versammlung ab, in welcher über die bei der Firma F. erbisch erfolgte Arbeitseinstellung verhandelt und v . wurde, die Ausständigen zu unterstützen. (Vgl⸗ Nr. 163 d. Bl.) 11u“

Kunst und Wissenschaft.

In Heidelberg haben, wie der „Schwäb. Merk.“ am 14. und 15. d. M. Ausschußsitzungen der Reich Kommission stattgefunden. An den Berathungen nahmen theil: der Vorsitzende Professor Mommsen aus Berlin, die Mitglieder Pro⸗ fessor von Herzog aus Tübingen, General Popp aus München, Geheimer Rath Coldan aus Darmstadt, Geheimer Hefrath Zange⸗ meister aus Heidelberg, sowie die Dirigenten der Arbeiten General⸗ Lieutenant von Sarwey aus Berlin und Direktor Hettner aus Trier. Verhandelt wurde über die Jahresabrechnung und einige Aenderungen des diesjährigen Arbeitsplans, welche die neuesten Entdeckungen nöthig machten. Außerdem beschloß man, der Reichsregierung wegen des definitiven Verbleibs der bei den Grabungen gefundenen Alterthümer entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Für das über die Ergebnisse der Arbeiten berichtende Gesammtwerk, das im Verlag von Otto Petters in Heidelberg er⸗ 8 wird, wurden die noch erforderlichen Festsetzungen seärefte odaß die Veröffentlichung der bis jetzt vorliegenden Kastellbeschrei⸗ bungen demnächst erfolgen kann.

Auf Veranlassung des Karlsruher Alterthums⸗Ver⸗ eins sind auf den Trümmerstätten römischer Bauten bei Wössingen im Großherzogthum Baden Ausgrabungen vor⸗ genommen worden. In einer der letzten Sitzungen des Vereins hat

meldet,

enun der Konservator der inländischen Kunstdenkmäler, Geheime Hofrath

Dr. Ernst Wagner einen zusammenfassenden Bericht über die vorläufig zu Ende geführten Arbeiten erstattet, dem wir nach der „Karlsruher Ztg.“ Folgendes entnehmen: Schon im April vorigen Jahres war in den „Steinmäuerlesäckern“, eine halbe Stunde südöstlich von dem im Amt Bretten gelegenen Dorfe Wössingen, ein römisches Gehöft mit großer Umfassungsmauer und den Resten von drei kleineren Gebäuden gefunden worden. Einem derselben hatte ein verschütteter Keller angehört, in welchem eine Menge römischer Thongefäße verschiedener Gese⸗ und Form und allerlei Ge⸗ räth von Eisen und Bronze, schließlich sogar der eiserne Kellerschlüssel mit einem Stück des Schlosses, in welches er paßte, entdeckt wurden. Im November wandte sich dann die Aufmerksamkeit einer anderen Stelle, den „Frühmeßgärten“, einer Wiese hart am Dorfe selbst, zu, unter deren Boden man auf eine ausgedehnte römische Baulichkeit, eine ländliche Villa, stieß, deren Mauern zum theil noch bis zu 1 ½ m Höhe erhalten waren. egen der großen Ausdehnung der Trümmer und der beträchtlichen Tiefe, in der sie erst zu Tage traten, konnte auch bei der in diesem Frühjahr fortgesetzten Arbeit nur ein Theil bloßgelegt werden. Es war eine Anzahl viereckiger Gemächer, welche sich um einen kleinen, fast quadratischen Hof, das Atrium, gruppierten. Oestlich und westlich von letzterem zogen sich zwei symmetrisch gelegene Gänge, 17 m lang und 2,50 m breit, hin; südlich fügten sich zwei quadratische Zimmer und ein länglich⸗rechteckiger Raum an. Nördlich konnte die Aus⸗ grabung wegen eines anstoßenden Bauernhauses und Gartens nicht weiter verfolgt werden; mehr gegen Westen gebot die zu Feoße Tiefe, in der die Mauern erst zu Tage traten, Halt. Gegen Osten hin hatte schon früher große Zerstörung, u. a. durch versuchtes Schatzgraben, stattgefunden; immerhin traten noch mehrere Räume in ihren Umfassungsmauern mehr oder weniger vollständig zu Tage. Einer derselben, von länglich⸗rechteckiger Gestalt, zeigte namhafte Reste von doppeltem Zementboden und einen Feuerungskanal, dabei einige Heizröhren und Einrichtungen, welche den Gedanken nahe legten, daß er als Pflanzenwarmhaus ge⸗ dient haben mochte. Freilich war die Konstruktion nicht mehr vollkommen deutlich, da sie zum theil gründlich zerstört war, zum theil schon in römischer Zeit, wie eine zugemauerte Thür bewies, Veränderungen erlitten hatte. Unter dem oberen Zement⸗ boden fand man u. a. eine stehengebliebene runde Tonne von Eichenholz mit starken Eisenreifen, welche noch vollständig mit weißem Kalk gefüllt war. Südlich 1 ein Zimmer mit Feuerungs⸗ raum an, in welchem eine zurückgelassene kleine Steinsäule bewies, daß hier einst eine sogenannte Hypokaustenheizung eingerichtet gewesen sein mußte. Südlich von letzterem Zimmer wäaren zwei weitere Räume in späterer Zeit des Mittelalters gefundene Gefäß⸗ scherben deuteten darauf hin stark verändert worden. Fast sämmtliche gefundenen Räume des Gebäudes hatten be⸗ malte Wände gehabt; in seltenem Maße gut erhalten zeigten sich aber die Wandmalereien in Fresko nach pompeanischer Manier in dem östlichen und zum theil auch noch in dem westlichen langen 28 Im östlichen Fenhe erschienen an den unteren Partien der Wände, zum guten Theil noch erhalten, rothe, recht⸗ eckige, durch breite gelbe Händer von einander getrennte Felder; die gelben Bänder waren mit einfachen Kreisornamenten, roth, grün und weiß, verziert; je in der Mitte der rothen Fene traten noch deutlich kleine Genrebilder, alle kulinarischen Inhalts: ein ge⸗ bratenes Huhn auf einer Schüssel sammt Messer, ein Schinken, zwei Vögel mit einem Messer, zu Tage. Der ursprünglich darüber befindliche Wandbewurf war abgefallen ; aus den im Schutt gefundenen Stücken konnten aber noch zusammenhängende Kreisverzierungen, roth und grün auf weißem Grund, zusammengesetzt werden. Die sorgsam abgenommenen Bilder wurden in Rahmen in Gips wieder zusammen⸗ gesetzt und sind jetzt in der Großherzoglichen Alterthümersammlung zu Karlsruhe aufgestellt. Im westlichen Gange entdeckte man leider weniger gut erhalten kleine Genredarstellungen, Glas⸗ ꝛc. auf schwarzem Grund, von rothen Bändern umsäumt; m Schutt fanden sich außerdem Stücke mit verschiedenartigen Verzierungen, mit Darstellungen von Vögeln und selbst von mensch⸗ lichen Gestalten, ein behelmter Kopf u. dergl., die sich aber leider nicht mehr zusammensetzen ließen. Außer einigen interessanten Bautheilen, wie verschiedenartigen Thürschwellen aus Sandstein, hnrebren u. dergl., dann römischen Gefäßscherben von der⸗ elben Art wie die in den Steinmäuerlezäͤckern, Beschläg⸗ HSehn und Nägeln von Eisen, ergaben sich keine Fundstücke von

elang; die Villa a. als man sie verließ, srhlich an. geleert worden sein. m so wichtiger erscheinen die Wand⸗ malereien, die bis jetzt in Süddeutschland kaum ihresgleichen finden dürften. Nach Aussage der Landleute soll sich in den benachbarten Aeckern noch viel Mauerwerk verborgen befinden. Man dürfte es demnach mit einer größeren römischen Niederlassung zu thun haben, welche, nach einer gefundenen Kupfermünze des Septimius Severus zu schließen, etwa zu Anfang des dritten Jahrhunderts n. Chr. bei dem Ansturm der Alamannen verlassen worden sein mochte.

Der berühmte Anatom, Hofrath Professor Dr. Joseph Hyrt! ist, wie schon kurz gemeldet, am 17. d. M. in Perchtoldsdorf bei Wien, wo er seit seiner im Jahre 1874 erfolgten Emeritierung in ländlicher Zurückgezogenheit lebte, im 83. Lebensjahre gestorben. Hyrtl war der „Wien. Abdp.“ zufolge am 7. Dezember 1811 zu Eisenstadt 8 Ungarn geboren, studierte zu Wien, beschäftigte sich besonder

8

s⸗Limes⸗

t Anatomie und wurde bereits 1833 als Prosektor . dortigen Unipersität angestellt. 1837 wurde 68 rofessor der Anatomie in Prag, jedoch schon 1845 in gleicher Eigenschaft nach Wien zurückberufen. Seine wissenschaftlichen Arbeiten betreßfen vor⸗ nehmlich die Anatomie des Gehörorgans, verschiedene Partien der feineren Gefäßlehre und der vergleichenden Anatomie, insbesondere der Fische. Fe zahlreichen Abhandlungen in den „Medizi⸗ nischen Jahrbüchern des österreichischen Kaiserstaates“ und anderen achzeitschriften sind von ihm viele Werke von hohem wissenschaftlichen erth erschienen. Die weiteste Verbreitung unter seinen Schriften haben jedoch gefunden das fast in alle lebende Sprachen übersetzte „Lehrbuch der Anatomie des Menschen“ (Prag 1846; 20. Auflage 1889) und das „Handbuch der topographischen Anatomie (Wien 1847; 7. Auflage 1882), mit dem er diese Richtung der Anatomie in Deutschland begründete. Auch um den technischen Theil der anatomischen Wissenschaft hat sich Hyrtl große Verdienste erworben durch sein Handbuch der praktischen Zergliederungskunst“ (1860). Das Museum für verglei ende Anatomie in Wien wurde von Hyrtl gegründet und auch beschrieben (Wien 1869). Als Rektor der Wiener Hochschule veröffentlichte er bei der fünfhundertjährigen Jubelfeier die eftschrift „Cryptobranchus Japonicus“ (Wien 1865). Hyrtl war EEE“ Mitglied der ungarischen und der preußischen Akademie der Wissenschaften, seit dem 14. Mai 1847 wirk⸗ liches Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und

wurde im Jahre 1887 durch Verleihung des neugestifteten Ehren⸗

ür Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Der siebzigste und achtzigste Geburtstag des Verstorbenen wurden von der gesammten gelehrten Welt gefeiert. Am siebzigsten Ge⸗ burtstag wurde ihm das Ehrenbürgerrecht der Stadt Wien verliehen und 1 bei Lebzeiten ihm im Arkadenhofe der Universität ein Denkmal errichtet mit der in Marmor eingeprägten Inschrift: „Viro, qui beneficiis universitati profuit, vivo aequales posuerunt“. n der Zurückgezogenheit machte, vrit Sprachstudien und gab u. a. heraus: „Das Arabische und Hebräische in der Anatomie“ und „Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie“. Auch als Wohlthäter hat er sich einen Namen gemacht durch Errichtung eines Waisenhauses in Mödling. Ueber Hyrtl's Testament entnehmen wir der Wiener „Presse“ die fol⸗ genden 888 . Der Fruchtgenuß des Vermögens, welches sich auf 576 000 Fl. beläuft, sowie die Benutzung des Hauses bleibt der Wittwe vorbehalten. Als Universalerbe des Vermögens wird das Waisenhaus in Mödling genannt; der Gemeinde Perchtoldsdorf werden 10 000 Fl. und nach dem Ableben der Wittwe das Wohnhaus, der Kinder⸗ bewahranstalt in Perchtoldsdorf 15 000 Fl. hinterlassen. Außerdem sind für eine Anzahl anderer wohlthätiger Vereine, für Stiftungen, für die Diener Legate ausgeworfen. rtsarmen von

zeichens

Für die O Perchtoldsdorf wurden 1000 Fl. zur Vertheilung bestimmt.

Literatur.

Der soeben erschienene, um Mitte Mai d. J. abgeschlossene 21. Jahrgang des „Jahrbuchs der preußischen Gerschtsver⸗ fassung“, welcher im Bureau des Justiz⸗Ministeriums redi⸗ 5 wird, zerfällt in drei Theile. Der erste Theil enthält eine kurze bersichtliche Schilderung der Gerichtsverfassung in Preußen. Der zweite Theil beschäftigt sich mit der Einrichtung und Besetzung des Justiz⸗Ministeriums und der Gerichtsbehörden. Bei jedem Ge⸗ richt sind die angestellten richterlichen Beamten und die Beamten der Staatsanwaltschaft, sowie die Rechtsanwalte angegeben. Der dritte Theil giebt eine allgemeine Uebersicht der Gerichtsbehörden und des Beamtenpersonals, ferner eine Berechnung des Verhältnisses der Zahl der Mitglieder der Ober⸗Landesgerichte und der Landgerichte, so⸗ wie der Rechtsanwalte und Notare zur Zahl der Gerichts⸗ ücgesesenen eine Zerlegung der Gerichte nach der Pael der andrichter und der Amtsrichter, sowie ein rt⸗ schaftsverzeichniß, welches sämmtliche Städte der Monarchie und die⸗ jenigen Orte, in denen sich eine Gerichtsbehörde befindet, umfaßt. Den Schluß bildet das Namenregister. Dem dritten Theil entnehmen wir die nachstehenden Angaben. Nach der Uebersicht der Gerichts⸗ behörden giebt es im Königreich Preußen 14 Ober⸗Landesgerichte seinschließlich Jena), 95 Landgerichte, 1100 Amtsgerichte, 49 Kammern für Handelssachen in 30 Orten, 36 Orte mit Strafkammern bei Amtsgerichten, 407 Gerichtstage und 24 bloße Forstgerichts⸗ tage. In der Uebersicht des Beamtenpersonals werden bei den Ober⸗Landesgerichten nachgewiesen: 13 Präsidenten, 40 Senats⸗ Präsidenten, 261 Räthe, 13 Ober⸗Staatsanwalte, 14 Staats⸗ anwalte und 1 ständiger Hilfsarbeiter bei der Staatsanwaltschaft; bei den Landgerichten und den Amtsgerichten: 93 Landgerichts⸗Präsidenten, 214 Landgerichts⸗Direktoren, 951 Landgerichts⸗Räthe und Landrichter, 93 Erste Staatsanwalte, 206 Staatsanwalte, 59 ständige Hilfsarbeiter bei der Staatsanwaltschaft, 2690 Amtsgerichts⸗Rätbe und Amtsrichter. Die Zahl der Handelsrichter bei den 49 Kammern für Handels⸗ b.. beträgt 175, die ihrer Stellvertreter 181. Die Be⸗ rechnung des Verhältnisses der Zahl der Mitglieder der Ober⸗ Landesgerichte (Präsidenten, Senats⸗Präsidenten und Räthe), der Zahl der itglieder der Landgerichte (Präsidenten, Direktoren und Landrichter) und der Zahl der Amtsrichter sowie der Fahl der Rechts⸗ anwalte und Notare zur Zahl der Gerichtseingesessenen ergiebt, auf 312 Mitglieder der Ober⸗Landesgerichte 29 957 367, mithin auf ein Mitglied 97 359 E kommen, und auf 1258 Mitglieder der Landgerichte, 2690 Amtsrichter, 3666 im Land⸗ erichtsbezirk wohnende Rechtsanwalte und Notare (darunter 1506 Rechtsanwalte und Notare, 193 nur Notare) 30 037 970 Gerichts⸗ eingesessene, mithin auf ein Mitglied der Landgerichte 3 878, auf einen Amtsrichter 11 699, auf einen Rechtsanwalt 8649, auf einen Notar 17 680 Gerichtseingesessene. Die Uebersichten der Landgerichte nach der Zahl der Mitglieder und der Amtsgerichte nach der Zahl der Richter und Gerichtseingesessenen zeigen, daß es 8 Landgerichte und 6 Amtsgerichte mit mehr als 20. Richtern, und 8 Landgerichte mit einer Zahl von über 500 000, 27 Amtsgerichte mit einer Zahl von über 100 000 Gerichts⸗ eingesessenen giebt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft beab⸗ sichtigt, durch eine neu begonnene, „Arbeiten d. D. L.⸗G.“* betitelte Schriftenfolge diejenigen ihrer Unternehmungen, welche sich auf wissenschaftliche Arbeiten und Versuche erstrecken, in zwangloser Reihenfolge der Oeffentlichkeit zu übergeben. Heft 1 und 2 sind soeben erschienen und behandeln die „keimtödtende Sen des Torfmulls“ sowie „den direkten Einfluß der Kupfervitriol⸗Kalkbrühe auf die Kartoffelpflanze“’. In Heft 1 hat Dr. J. H. Vogel vier Gutachten der Herren Profesor Dr. Stutzer, Di⸗ rektor der landwirthschaftlichen Versuchsstation Bonn, Professor Dr. Fränkel, Direktor des hygienischen Instituts Marburg, 29 or Dr. Gärtner, Direktor des hygienischen Instituts Jena, Professor Dr. Löffler, Direktor des Fseien sesen Instituts Greifswald, über die keimtödtende Wirkung des Torfmulls zusammengestellt und mit Erläuterungen versehen. Die genannten Forscher haben nach einem von Dr. Vogel entworfenen in gleichzeitig mit denselben

katerialien die Fragen zu prüfen gesucht, ob die Zwischenstreu von Torfmull zwischen menschliche Auswurfstoffe, die in denselben enthal⸗ tenen Keime ansteckender Krankheiten, speziell diejenigen der Cholera und des Typhus abzutödten und die Ge men ass von Kainit oder Superphosphat ips eine etwaige desinfizierende Kraft des Torfmulls zu erhöhen im sünde sei. Es ergab sich übereinstimmend, daß Torf⸗ mull an und für sich zwar ein vorzügliches Desinfektionsmittel gegen gholera⸗ und Typhuskeime ist 8es es aber diese Eigenschaften ver⸗ liert, sobald es mit menschlichen Auswurfstoffen vermengt ist. Eine Beimen ung von Kainit veränderte diese Resultate in keiner Weise. Die Beimengung von Su erphosphatgipe erhöhte zwar die desinfi⸗ sierende Kraft des Torfmulls auf Krankheitskeime in menschlichen Aus⸗ wurfstoffen, bot aber eine absolut sichere Garantie für die Abtödtung erselben auch nicht. Dies sfschah nur durch eine Tränkung des orfmulls mit starken Mineralsääuren (Schwefelsäure, Phosphorsäure).

Gesundhe

Als besonders wichtiges der Untersuchungen ist der namentlich von Felor Fränkel hervorgehobene Umstand zu bezeichnen, daß sich die Anschauung von dem konservierenden Einfluß des Torfmulls auf Infektionsstoffe nicht länger aufrecht erhalten läßt. Durch die Gutachten der seüanten Gelehrten wird der Verwendung des Torfmulls zum Binden menschlicher Auswurfstoffe in entschiedener Weise das Wort geredet, so daß eine große Zunahme der Verwendung des Torfmulls, namentlich in angesäuertem Zustande zu genanntem Zweck zu erwarten steht. Heft 2 bringt eine Abhandlung von B. Frank⸗Berlin und Friedrich rüger⸗Geisenheim über den direkten Einfluß der Kupfervitriol⸗Kalkbrühe auf die Kartoffelpflanze. Die Verfasser haben auf Veranlassung der Deutschen Land⸗ wirthschafts⸗ Gesellschaft im Sommer 1893 die physiologischen Einflüsse studiert, welche die Kartoffelpflanze durch das Be⸗ sprengen mit Kupfervitriol⸗Kalkbrühe (ein häufig empfohlenes Mittel gegen Phytophthora infestans) erleidet. Die Ver⸗ suche wurden auf freiliegenden Parsellen des Versuchsfeldes der Königlichen landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin, sowie im Garten des pflanzenphysiologischen Instituts genannter Hochschule, und zwar je nach dem Versuchszweck im freien Lande oder in Blumentöpfen, vor⸗ genommen. Das Kupfer, wenn es nicht in allzugroßer Menge an⸗ gewendet wird, wirkt nach diesen Versuchen außerordentlich günstig auf das Gedeihen der Pflanze ein. Die Bildung der Assimilations⸗ stärke im Kartoffelblatt wird dadurch befördert, die Transpiration der Pflanze wird beschleunigt und die Lebensdauer des Blattes erhöht. Als Folge dieser günstigen Wirkung ergab sich eine größere Ernte an Knollen und eine Erhöhung des Stärkegehalts derselben. Auch eine bloße Beizung der Saatkartoffeln mit genannter Brühe hatte bereits eine Erhöhung des Ernt eertrages zur Folge Ein vollständig sicheres Mittel gegen die Erkrankung der Knollen ist die Brühe nicht, dagegen darf dieselbe immerhin als ein unter Umständen wirksames Mittel zur Bekämpfung von Phyto- phthora betrachtet werden. Bei Anwendung zu großer Mengen kann das Mittel schädlich werden. Die Verfasser empfehlen, nicht mehr als 500 Liter einer zweiprozentigen Brühe pro Hektar anzuwenden.

itswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗

Maßregeln. ö Sn Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Dirschar seit dem 1. d. M. für cholera⸗

verseucht erklärt worden. Die Häfen an der Danziger Bucht gelten für choleraverdächtig.

1“ 1“

Cholera.

Deutsches Reich. Bis zum 16. Juli Mittags wurden den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ zufolge im Weichselstromgebiet 24 Erkrankungen, davon 8 mit tödtlichem Ausgang festgestellt. Der Zusammenhang der Krankheitsfälle mit dem Wasser erhellte aus dem Umstand, daß 9 Flößer, 5 Schiffer und deren Angehörige, 4 Stauer und deren Angehörige, 2 Wasserarbeiter und 1 Pionier betroffen wurden; bezüglich eines Arbeiters war die Art der Beschäftigung nicht mitgetheilt. Oertlich vertheilten sich die Erkrankungen in folgender Weise: Baracke Plehnendorf (Kr. Danzig) 8, Schidlitz (Kr. Danzig) 4, Thorn 3, endlich je 1 in Fordon (Kr. Bromberg), Brahemünde, Groß Wolz (Kr. Graudenz), Schilno und Kurzebrack (Kr. Marien⸗ werder), Pieckel (Kr. Marienburg), Dirschau, Bohnsack (Kr. Danzig) und bei Neufahrwasser auf einer Brigg.

Lübeck, 18. Juli. Bei der Seltion der Leiche eines auf der Ueberfahrt von St. Petersburg nach Lübeck verstorbenen Schiffskochs wurde laut Meldung des „W. T. B.“ asiatische Cholera festgestellt. Alle aus Rußland kommenden Schiffe werden einer ärzt⸗ lichen Kontrole unterworfen.

Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden nach dem Be⸗ richt des „Oest. San.⸗W.“ vom 3. bis 9. Juli 32 Erkrankungen (mit 9 Todesfällen) festgestellt, davon in zwei Gemeinden des poli⸗ tischen Bezirks Borszeczow 7 (2), in drei des Bezirks Husiatyn 7 (4), in zwei des Bezirks Zalesczyki 18 (3). In der Bukowina wurden in zwei Gemeinden des politischen Bezirks Kotzman 3 Erkrankungen gemeldet. Die Gesammtzahl der seit dem 7. April angezeigten Erkrankungen (und Sterbefälle) betrug in Galizien 199 (102), in der Bukowina 11 (3).

Rußland. Die Seuche hat besonders im Nordwesten des Reichs um sich gegrifften. Am 10. Juli wurden 11 Erkrankungen mit 5 Todesfällen aus dem Dorfe Serenitz im Kreise Wesenberg des Gouvernements Estland mitgetheilt. In St. Petersburg, wo vom 1. bis 3. Juli 21 Kranke (davon 6 gestorben) den städtischen Krankenhäusern zugeführt wurden, am 3. und 4. Juli 8 Personen erkrankten und 5 starben, hat die Cholera neuer⸗ dings eine epidemische Verbreitung angenommen. Wie unterm 13. Juli mitgetheilt wird, kamen in der Stadt und Um⸗ gegend täglich mehrere Hundert Fälle vor. 50 Erkrankungen wurden aus dem Lager von Krasnoe Selo gemeldet. In Fin⸗ land wurden zu Hangoe 2 Krankheitsfälle, davon 1 mit tödtlichem Ausgang, festgestellt. In Russisch⸗Polen erkrankten (und starben): in tadt arschau vom 28. Juni bis 8. Juli 22 (8), im Gouvernement Warschau vom 29. Juni bis 5. Juli noch 34 (22), in den Gouvernements Kielece vom 29. Juni bis 4. Juli 90 (36), Radom vom 24. Juni bis 3. Juli 33 (19) und Plock vom 28. Juni bis 4. Juli 56 (14).

iederlande. Im April wurden nach dem „Staats-Courant“ Todesfälle an Cholera nicht angezeigt. Am 12. Juli wurden ein Cholerafall aus Elslo (Provinz Limburg) und eine verdächtige Er⸗ krankung aus Maastricht, ersterer bei einem Schiffer, letztere bei einem Schlächter, gemeldet; beide Orte liegen an der Maas. Die Krankheitsfälle hängen anscheinend mit der in der benachbarten belgi⸗ schen Provinz Lüttich ausgebrochenen Cholera zusammen, die in den Niederlanden als infiziert behandelt wird.

Belgien. Unter dem 9. Juli wurde aus Lüttich berichtet, daß innerhalb der letzten zehn Tage 40 Erkrankungen, davon 10 mit töoödtlichem Ausgange, gemeldet worden sind. Bei dem Wieder⸗ auftreten der Cholera im Lande handelt es sich nach einer Mit. theilung in den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ nicht um eine neue Einschleppung von auswärts; die Seuche ist viel⸗ mehr seit zwei Jahren nie ganz erloschen gewesen und hat sich bald hier, bald dort, theils in Gruppenerkrankungen, theils in Einzelfällen

ezeigt. Einer amtlichen Mittheilung vom 10. Juli zufolge hat sie

sen nfang Jüni insbesondere die Umgegend von Lüttich ergriffen und vom 1. Juni bis 4. Juli 59 Todesfälle verursacht. Die Mehr⸗ zahl der befallenen Orte liegt an der Maas.

Schweden. Von dem an der Quarantäneanstalt Fejan zurück⸗ gehaltenen Dampfer „von Döbeln“⸗ (vgl. Nrn. 155, 156 u. 158) wurden weitere 22 Fabezäst⸗ wegen Choleraverdachts in das Kranken⸗ haus übergeführt. Bei drei von ihnen wurde Cholera nachgewiesen; davon ist 1 gestorben. Die Quarantänezeit des Dampfers und seiner nunmehr auf dem Lande, und zwar theilweise in Zelten, vöe Fahrgäste und Mannschaften wurde bis auf weiteres verlängert.

elsingfors, 18. Juli. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Frederikshamn ist ein Matrose v an Cholera gestorben. Kalkutta. Juni starben 22 Per⸗

Gelbfieber.

In Rio de Janeiro starben zufolge dem „Boletim quinzenal de estatistica demographosanitaria“ in der ersten Hälfte des März 1111, in der zweiten Hälfte 818 Personen an Gelbfieber, außerdem 39 im Seemannshospital zu Jurujuba; die Gesammt⸗ sterblichkeit im Monat belief sich auf 3675, d. i. 72,1 %0 der Ein⸗ wohner (aufs Jahr berechnet).

lecktyphus.

Regierun gshezirk 8n76 Vom 24. Mai bis 1. Juni

wurden im Kreise Marienburg 2 Erkrankungen angezeigt, davon 1

88

stindien. Vom 3. bis

sonen an Cholera.

von außerhalb zugegangen, im Stadtkreise Elbing 5 (1 Todesfall), im Kreise 2—e 2. Vom 1. bis 14. Juni starb im letztgenannten Kreise von den bisher Erkrankten 1, im

beise Marienburg ging von außerhalb 1 Kranker zu.

eschluß des Storthings ist in Norwegen der Eingangszoll auf die Zeit vom 1. Juli 1894 bis 30. Juni 1895 för die nachstehend aufgeführten Tarifpositionen, wie folgt, festgesetzt worden:

Gegenstände Maßstab Follsat

Farbstoffe, Farben, Anstreichstoffe:

Bleiweiß und Zinkweiß, sowie alle übrigen weißen Farben, welche sonst nicht besonders X“

Malerfarben in Oel, abgeriebene...

Früchte (Baumfrüchte): etrocknete:

Pflaumen, darunter Katharinenpflaumen und Zwetschen

Gras: Waaren daraus: a. Packmatten, sowie Seile .. . ... b. andere Arbeiten, wie Binsenwaaren. Gummi und Harze:

Waaren aus Kautschuk und Guttapercht:

andere (sc. als in Platten u. s. w.) .. . Hüte und Mützen:

Damen⸗ und Kinderhüte aus anderen Stoffen

(sc. als aus Seidenstoff u. s. w.) 1) mit Blumen oder Federn versehen. 2) mit einer Garnitur von Seidenzeug oder Stoffen, welche zum theil aus Seide bestehen... Erde und Thon, sowie Waaren daraus:

Töpferwaaren, gewöhnliche:

8. andere (sc. als glasierte oder bemalte) .. eim:

Gelatinekapseln, gefüllt, hart und elastisch, in- sofern deren Inhalt keinem höheren Zoll. satze unterliegt, einschließlich des Gewichts der unmittelbareen Ums 2 8“

Malzextrakt, trockener oder flüssiger, mit oder ohne Zusatz, einschließlich des Gewichts der unmittelbaren Umschließung

Oele:

ätherische: 1 Terpentin⸗, Spik⸗, Wachholder⸗ und Birkenöl; Hirschhorn⸗ und Bernsteinöl,

Benzin. 1

Binsen: bearbeitet:

Packmatten, sowie Seile

Felle und Häute:

A. Behaarte Felle u. s. w.: zubereitete

B. Erbrbaarte n d. w.:

pritzenschläuche

Stroh und Halme: bearbeitet:

Packmatten, sowie Seile

Schwärze:

1) Buchdruckerschwärze und andere Drucker⸗ ““

2) Stiefelschmiere, Wichse und andere Leder⸗

f schwärze, mit der unmittelbaren Umhüllung

eife:

grüne Seifen und andere weiche Seifen...

Holz und Holzwaaren:

Echte und unecht vergoldete Stangen, Leisten und Rahmen; Leisten und Rahmen gegipst, ornamentiert, poliert oder lackiert ...

Velozipede (sc. einschließlich Kindervelozipede) .

Mit dem Tage, an welchem der zwischen Nor⸗ wegen und der Schweiz am 22. März d. J. abgeschlossene Vertrag in Kraft treten wird, tritt ferner für die nachstehenden Waaren der folgende Eingangszoll in Wirksamkeit:

Baumwolle und baumwollene Waaren:

Bobbinet und Tüll, sowie andere undichte oder durchbrochene Stoffe, gestickt oder ge⸗ mustert u. s. w.. 8

Baumwollene Stickereien auf Stremin oder anderen Baumwollgeweben, welche nicht als undichte oder durchbrochene Stoffe zu ver⸗ zollen sind, unterliegen dem Zoll für das

Grundgewebe.

Kindermehl (farine lactée) Nestle’'s Patent..

Seide und Seidenwaaren:

Beuteltuch

Stück

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 11 239, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 17. d. M. gestellt 4133, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

„Saling’s Börsen⸗Jahrbuch“ ist in der für 1894/95 erschienenen Ausgabe, wie seit einer Reihe von Jahren, durch den bewährten Statistiker W. L. Hertslet bearbeitet, im Verlage der Haude und Spener'schen Buchhandlun (F. Weidling) er⸗ schienen. Das Börsen⸗Jahrbuch stellt zugleich die Fortsetzung des Nachschlagewerks „Saling's Börsenpapiere“ dar und umfaßt dessen zweiten (finanziellen) Theil vollständig. Der neue Jahrgang bildet die achtzehnte Auflage dieses Sammelwerks. iner neuen Empfehlung des vortrefflichen Buches, das in allen kaufmännischen und Kapitalisten⸗Kreisen längst als unentbehrliches eingebürgert ist, bedarf es nicht. Für die Genauigkeit und

orgfalt aller thatsächlichen Angaben bürgt der Name des Bearbeiters, der klar, in knapper Form und mit vertrauenswürdigem Sachverständ⸗ niß alles zur Beurtheilung der behandelten Werthpapiere Nothwendige, Wichtige und Nützliche zusammenstellt. Wie in früheren Jahren so zeigt auch der neue Jahrgang wieder ein Anwachsen des Stoffes und daher des Nachschlagebuchs überhaupt durch die Besprechung aller neu an die Börse gekommenen Papiere; aber auch die schon im vorigen Jahrgang vorhandenen Artikel sind erkennbar überall neu durch⸗ zeseen und nöthigenfalls ergänzt oder gesichtet worden. Der Bearbeiter bellagt in der Vorrede das „Anschwellen“ des Werks und wiederholt seine Bitte um Winke, wie diesem leidigen, wenn auch natürlichen Wachs⸗ thum etwa durch Kürzung der Angaben abgeholfen werden könne, ohne daß dadurch das Nachschlagebuch beim Gebrauch an Werth verliere. Die Anordnung des Stoffs erscheint den früheren Jahrgängen gegenüber im wesentlichen unverändert, sodaß das Werk auch alle in jüngster Zeit in den Verkehr gebrachten Papiere bereits behandelt. Auge . dem wird, wie alljährlich, im Herbst das Ergänzungsheft erscheinen, das alle bis dahin etwa vorkommenden Veränderungen und neuen Werthe bespricht und die Nützlichkeit und Brauchbarkeit des Gesammt⸗ werks wesentlich erhöht. Das Ergänzungsbeft wird den Besitzern des Hauptwerks unentgeltlich geliefert.

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