1894 / 184 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Aug 1894 18:00:01 GMT) scan diff

gemachten über die Zeit, die der Gährungsprozeß infolge von Witterungseinflüssen über das normale Maß hinaus dauern könne, weichen erheblich von einander ab; sie schwanken von ½ bis 3 Stunden. Dagegen wurde von verschiedenen Seiten ein⸗ gewendet, daß jene Wirkung der Witterung ganz aufgehoben oder doch auf ein Minimum reduziert werden könnte, einerseits durch technische Manipulationen (warmes Gießen, wärmeres Stellen des Teiges, größeren Zusatz von Hefe), sowie andererseits dadurch, daß man bei der Wahl der Hefe besonders vorsichtig verführe. Bei den mündlichen Vernehmungen wurde von einigen Gesellen sogar behauptet, es wäre nicht nothwendig, die Beendigung des Gährungsprozesses ab⸗ zuwarten; es ließe sich auch ohnedem die Backwaare aufarbeiten. Die Kommission hat nun zwar Zweifel an der Richtigkeit dieser letzteren Aufgabe, da ein Gebäck, welches nicht eine entsprechende Gährung durch⸗ gemacht hat, unschmackhaft und ungesund ist. Auch ist die Kommission der Ansicht, daß die eben erwähnten technischen Manipulationen nur eine begrenzte Aushilfe gewähren, daß z. B. der Zusatz von Hefe über Feinen gewissen Grad hinaus die Güte des Gebäckes schädige. Anderer⸗ Ptts ist die Mehrheit der Kommission aber auch überzeugt, daß die

ehauptungen der Bäckermeister über die Unberechenbarkeit des Back⸗ prozesses übertrieben seien, und daß bei einer vorsichtigen Auswahl der Hefe und bei einer geschickten Einwirkung auf den Gährungs⸗ prozeß der letztere selbst bei ungünstiger Witterung hinreichend reguliert werden könne. Ein entscheidender Einwand gegen die Ein⸗ führung einer Maximalarbeitszeit dürfte aus der Eigenart des Back⸗ prozesses um so weniger 18 werden können, als nach dem 5 Zugeständniß der Arbeitgeber Fälle einer Einwirkung der

b 1¹*“ auf die Triebkraft der Hefe zu den Ausnahmen gehören.

Füeeß wurde von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, daß auch die Veeschiedenheit der Leistungen des Ofens einer Regulierung des Backprozesses entgegenstände. it Rücksicht hierauf fanden ein⸗ gehende Erörterungen unter den Sachverständigen, Auskunftspersonen und Kommissionsmitgliedern darüber statt, welche Art von Oefen die besten wären, ob insbesondere nicht die zumeist benutzten Oefen, bei welchen unmittelbar der Backraum mit Holz⸗ feuer erwärmt und in den gleichen Raum nach Entfernung des Feuctungsmateriale die Backwaare eingeschoben wird, im wesentlichen die Schuld an der Verlängerung des Backprozesses trügen, und demnach von der Einführung der regulierbaren indirekten Kohlenfeuerung eine Beschleunigung des vreere zu erwarten wäre. Die Meinungen der Sachverständigen über die Vorzüge der verschiedenen Dewüem⸗. ingen aber weit auseinander, und die An⸗ sicht, daß die alten Hollösen eben doch auch für das Gelingen einer

guten Qualität gewisser Backwaaren große Vorzüge hätten, fand namhafte Vertretung. (Vergl. S. 15 bis 19, 61 bis 66 der Stenogr. Protokolle.) Die Kommission erachtet es nicht für er⸗ forderlich, sich über diese Frage schlüssig zu machen, da es, zumal angesichts dieser Meinungsdifferenz unter den Sachverständigen, offenbar nicht in Frage kommen könnte, den Bäckern behufs Durch⸗ führung einer kürzeren Arbeitszeit die Abschaffung ihrer Holzöfen auf⸗ zuerlegen. Dagegen glaubt die Kommission, daß bei der Bemessung der Arbeitszeit der Verschiedenheit der Oefen eine erhebliche Be⸗ deutung nicht beizumessen sei, da bei sorgfältiger Behandlung der Oefen und des Heizmaterials bei jedem brauchbaren Backofen große in der Dauer des Backprozesses vermieden werden önnen.

Gegen die von den Arbeitgebern aufgestellte Behauptung, daß die Dauer des Backprozesses wegen der darin liegenden technischen Schwierigkeiten nothwendig bedeutenden henegeerc esteten unter⸗

worfen sei, spricht nach Ansicht der Mehrheit der Kommission noch der Umstand, daß erfahrungsmäßig die Backwaaren jeden Tag zu einer bestimmten Morgenstunde fertig zu sein pflegen. Endlich ist nach dieser Richtung hin auch die Thatsache 8 daß bei den shriclichen Vernehmungen bei weitem die meisten Auskunftspersonen ür Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit bestimmte Stunden angegeben haben. Von den befragten 4108 Betrieben wurde nur für 8 der Anfang, für 44 Betriebe der Schluß der Arbeitszeit als nicht bestimmbar bezeichnet. 1

Jedenfalls würde nach der Ansicht der Mehrheit der Kommission den Bedürfnissen, welche sich aus der technischen Eigenart des Bäckerei⸗

ewerbes bezüglich der Dauer der Arbeitszeit etwa ergeben sollten, bei Finführung einer Maximalarbeitszeit in der Weise vollständig Rech⸗ nung getragen werden konnen, daß für eine gewisse Anzahl von Tagen Ueberarbeit zugelassen würde.

Vom wirthschaftlichen Standpunkt aus wurde von den Ar⸗ beitgebern geltend gemacht, daß eine Beschränkung der Arbeitszeit zu einer Erhöhung der Produktionskosten führen oder den Arbeitgeber zu einer Einschränkung seiner Produktion zwingen, ihm also in jedem Falle eine empfindliche ökonomische Schädigung zufügen würde. Die Kommission hat diesen Einwand einer wiederholten Prüfung unter⸗ zogen, sie ist indessen in ihrer Mehrheit zu der Ueberzeugung gelangt, baß ihm eine entscheidende Bedeutung nicht beizulegen sei. Dabei waren folgende Erwägungen maßgebend: 8

Daß die erhöhte Fürsorge für die Arbeiter, auf welche unsere ganze sozialpolitische Gesetzgebung abzielt, nicht erreicht werden kann, ohne wenigstens zunächst den Arbeitgebern gewisse Opfer aufzuerlegen, ist eine Thatsache, mit der alle Reformen haben rechnen müssen, welche in dem letzten Jahrzehnt auf diesem Gebiet durchgeführt worden sind. Stellt sich demnach eine Regelung der Arbeitszeit im Bäckergewerbe als eine im Interesse der darin beschäftigten Arbeiter gebotene 2— heraus, so wird von dieser nicht schon lediglich um deswillen Abstand genommen werden können, weil sie zu einer wirthschaft⸗ lichen Belastung des Arbeitgebers führen könnte. Wie bei allen sozial⸗ politischen Maßregeln, wird allerdings auch hierbei sorgfältig die Nothwendigkeit im Auge behalten werden müssen, die Belastung des Arbeitgebers in solchen Grenzen zu halten, daß die Produktivität des Gewerbes und seine Entwickelung nicht gefährdet werden. Diese Gefahr darf aber im vorliegenden Falle als ausgeschlossen angesehen werden. Zunächst kann es nicht einmal als erwiesen gelten, daß die Einführung einer Maximalarbeitszeit im Bäckergewerbe überhaupt zu einer nennenswerthen Belastung des Arbeitgebers ren werde. Die Arbeitgeber haben in dieser Beziehung nur angeführt, daß eine Ver⸗ kürzung der Arbeitszeit die Produktionskosten erhöhen oder eine Re⸗ duktion der Produktion bewirken müsse. Indeß, wenn diese Behauptung auch auf den ersten Blick eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben mag, so zeigt doch eine nähere Prüfung, daß sie auf einer zum mindesten unerwiesenen Voraussetzung beruht. Die Frage, welche Einwirkung im wirthschaftlichen Leben eine Abkürzung der Arbeitszeit auf die Produktion ausübt, läßt sich nicht vermittels einer mathematischen Gleichung lösen. Von vornherein ist die Annahme be⸗ rechtigt, daß die Reduktion einer übermäßigen Arbeitszeit und um eine soi e handelt es sich im Bäckergewerbe die physische und geistige Leistun efebisgge des Durchschnittsarbeiters erhöhen wird, und daraus darf 2 gert werden, daß in allen Gewerben, in denen Kraft und Geschick des Arbeiters einen bestimmenden Einfluß auf die

Produktion ausüben, die Kosten der letzteren bei einer Verringerung der Arbeitszeit nicht in einer entsprechenden arithmetischen Progression wachsen werden. Durch die Erfahrungen, welche in jüngster Zeit in England, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Oesterreich u. s. w. gemacht veen ind, wird die Richtigkeit dieser Deduktion bestätigt. Versuche, die auf dem Gebiet der d Glasindustrie, der Spinnerei u. s. w. angestellt worden sind, haben

u dem Ergebniß geführt, daß eine Verkürzung der Arbeitszeit die roduktionskosten sogar günstig beeinflussen kann. Allerdings reicht das zur Zeit in dieser Beziehung vorliegende empirische Material nicht aus, um Schlüsse zu ziehen, die auf eine allgemeine Gültigkeit für das wirthschaftliche Leben Anspruch erheben dürften. Immer⸗ hin aber bieten die gemachten Erfahrungen in Verbindung mit der er⸗ wähnten deduktiven Argumentation eine genügende Grundlage für die Annahme, daß bei Einführung eines Maximalarbeitstages für das FF der dadurch bewirkte Verlust an Arbeitszeit durch die leichzeitig bewirkte Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Arbeiters eine Denn wenn auch die Produktion im von der; ichen Arbeitskraft bedingt

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2v. erfahren werde. B

erxgewerbe nicht ledigli

aschinenindustrie, der

wird, sondern vielmehr die Leistungsfähigkeit des Ofens und Natur⸗ ereignisse konkurrirend einwirken, so ist doch nach dem eigenen Zu⸗ geständniß der Arbeitgeber die Tüchtigkeit der Arbeiter auf die ord⸗ nungsgemäße und rechtzeitige Erledigung der Arbeit von weittragender Bedeutung. Ist doch mehrfach von den Meistern gerade aus dem Hin⸗ weise darauf, daß die Dauer des Backprozesses wesentlich von dem Geschick und dem Eifer der Gesellen abhängig sei, ein Haupteinwand gegen die Durchführbarkeit einer gesetzlichen Regelung der Arbeitszeit hergeleitet worden. In der Antwort auf einem der Fragebogen heißt es: „Die Arbeitszeit hängt zu sehr davon ab, wie die Gesellen arbeiten; denn ich habe schon oft Gesellen gehabt, die mit der Arbeit schon bei derselben Anfangszeit und denselben Ruhepausen Morgens um 7 Uhr fertig waren, während andere erst gegen Mittag fertig wurden.“ Bei den mündlichen Vernehmungen hat sich gezeigt, daß diese Auskunft für das Bäckereigewerbe allgemein zutrifft.

Aber selbst dann, wenn die im Vorstehenden begründete An⸗ uahme nicht zutreffen sollte, so würde doch die durch Einführun einer Maximalarbeitszeit für die Arbeitgeber herbeigeführte wirth⸗ schaftliche Belastung noch keineswegs der Art sein, daß sie zu Besorg⸗ nissen bezüglich der Entwickelung des Bäckergewerbes Anlaß geben könnte. Nach dem Ergebniß der Erhebungen darf angenommen werden, daß durch diese Belastung die kleineren Betriebe nicht getroffen werden würden, da in ihnen schon zur Zeit die Dauer der Arbeitszeit eine kürzere ist als die von der Kommission in Aussicht genommene. Bei der Mehrzahl der größeren Betriebe werden aus den oben dargelegten Gründen die Leistungen der Gesellen und Lehrlinge sich soviel intensiver gestalten, daß die gleiche Produktion wie früher wird erzielt werden können. Zur Unterstützung dieser Annahme darf auf die Auslassungen einer Auskunftsperson (eines Meisters) Bezug genommen werden, denen zufolge die Bäckerei innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte durch eine rationelle I der Arbeitskräfte in die Möglichkeit versetzt worden ist, die Arbeitszeit zu ver⸗ kürzen, und sehr wohl noch weitere Fortschritte nach dieser Richtung hin gemacht werden können (Stenogr. Prot. S. 67). Wo diese Vvraussetzungen nicht zutreffen, werden die betreffenden Arbeitgeber allerdings gezwungen sein, entweder ihre Produktion einzuschränken, oder, unter Aufwendung von Kosten, ihre ööe zu vermehren oder zu vervollkommnen, also weitere Arbeitskräfte heranzuziehen, die Oefen zu vergrößern oder zu verbessern u. s. w. Eine Heranziehung weiterer Hilfskräfte dürfte an sich wegen der zahlreich vorhandenen arbeitslosen Gesellen kaum auf Schwierigkeiten stoßen. Allerdings liegt sowohl in dem Falle der Probaftionseigschehfang als auch in dem der Vermehrung der Produktionsmittel die Möglichkeit vor, daß die betreffenden Betriebe einen Gewinnausfall erleiden. Nach Ansicht der Mehrheit der Kommission darf hieraus indessen gegen die Verkürzung der Arbeitszeit schon aus dem Grunde kein Argument E werden, weil es sich um den Verlust eines Gewinnes handeln würde, der durch eine übermäßige, auch im öffentlichen Interesse nicht zu billigende Ausnützung menschlicher Arbeitskraft erzielt wird. Die Mehrheit der Kommission ist aber auch ferner der Ueberzeugung, daß die Einführung einer Maximalarbeitszeit die wirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse des Bäckereigewerbes nach einer gewissen Richtung hin so wesentlich verbessern würde, daß dadurch die Gefahr eines Gewinn⸗ ausfalls zum Mindesten erheblich herabgemindert werden würde. Denn, wenn alle Arbeitgeber in der Ausnutzung der Arbeitskraft ihrer Ge⸗ sellen und Gehilfen an die Einhaltung gewisser zeitlicher Grenzen gebunden werden, so wird der Konkurrenzkampf, soweit er bisher mit Hilfe einer übeim glgen Anstrengung des Arbeitspersonals geführt worden ist, eine heilsame Beschränkung erfahren. Damit wird ein Uebelstand beseitigt werden, der sich, wie die angestellten Verneh⸗ mungen erwiesen haben, gegenwärtig im Bäckergewerbe besonders schwer fühlbar macht. 1

Von den Arbeitgebern wurde weiter hervorgehoben, daß das Publikum an die Qualität der Backwaaren Ansprüche stellte, die sich bei einer Beschränkung der gegenwärtig üblichen Arbeitszeit nicht be⸗ friedigen lassen würden. Der Konsument verlangte nicht nur Morgens frisch gebackenes Weißbrot, sondern in manchen Städten würde mehr⸗ mals am Tage frische weiße Waare, an anderen Orten für den Nach⸗ mittag frischer Zwieback gefordert. Die Kommission glaubt, daß diese Anführungen, deren thatsächliche Richtigkeit zweifellos ist, zwar eine Beachtung insofern verdienen, als es sich um die nähere Regelung der Maximalarbeitszeit hinsichtlich ihrer Lage und Dauer handle, daß sich aber daraus ein entscheidendes Argument gegen eine gesetz⸗ liche Regelung der Arbeitszeit überhaupt nicht herleiten lasse. Man ist allgemein in der Kommission der Ansicht, daß die erwähnten weit⸗

ehenden Ansprüche des Publikums insoweit ungerechtfertigt seien und Uüne Berücksichtigung beanspruchen dürfen, als ihre Befriedigung eine übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit im Bäckergewerbe nothwendig machen würde. In dieser Auffassung ist die Kommission durch die Erwägung bestärkt worden, daß sowohl in vielen deutschen Gegenden als auch in Ländern mit einem hochentwickelten materiellen Wohl⸗ leben, wie z. B. in England und in verschiedenen Staaten der nord⸗ amerikanischen Union, das Publikum sich in seinen Ansprüchen an die Beschaffenheit der Backwaaren Beschränkungen auferlegt. uch die Behauptung, daß der Bedarf an Waaren zu verschiedenen Zeiten erheblich wechsele, kann nicht für ausschlaggebend erachtet wer⸗ den. Es ist richtig, daß zu verschiedenen Zeiten des Jahres mehr Backwaare geliefert oder gegen Lohn gebacken werden muß, daß ferner unvermuthete vorübergehende Ereignisse einen vermehrten Bedarf er⸗ zeugen können, und daß die Heranziehung von geeigneten Hilfskräften in solchen Fällen nicht immer möglich ist. Diesen Verhältnissen wird. aber nach Ansicht der Kommission bei Festsetzung der Zahl von Tagen, an denen Ueberarbeit zu gestatten sein wird, genügend Rechnung ge⸗ tragen werden können.

Von den Arbeitgebern wurde ferner geltend gemacht, daß es den Grundsätzen der Gerechtigkeit widersprechen würde, eine Maximal⸗ arbeitszeit vorzuschreiben, da deren Einhaltung hauptsächlich von dem guten Willen und dem Geschick der Gesellen abhängen, die Verant⸗ wortung aber den Meister treffen würde. In Verbindung damit wurde eine solche Vorschrift würde nothwendig dazu führen, daß die ungeschickten Arbeiter in Zukunft keine Verwendung mehr im Bäckergewerbe finden und folgeweise oft ohne ihr Verschulden brotlos werden würden. Die Kommission ist jedoch in ihrer Mehr⸗ heit der Ansicht, daß nach keiner dieser Richtungen hin eine Besorgniß gerechtfertigt erscheine. Die Einführung einer Maximalarbeitszeit werde eine erzieherische Wirkung auf die in den Bäckereien beschäftigten Gesellen und Lehrlinge ausüben; diese würden sich zur Anpassung an die Bedingungen genöthigt sehen, von deren Erfüllung bei Einführung einer Maximalarbeitszeit die Existenz im Bäckergewerbe abhängi sein werde, und so werde die Gefahr, daß der Backprozeß sich deg bösen Willen oder Ungeschicklichkeit der Gehülfen verzögere, bedeutend herabgemindert. In der Macht des Arbeitgebers liege es, einer wieder⸗ holten Verzögerung dadurch vorzubeugen, daß er böswillige oder ungeschickte Gesellen entlasse. Allerdings könne auch dann 2 im einzelnen Falle der Arbeitgeber unverschuldeter⸗ maßen vor die Wahl gestellt werden, entweder die Arbeit vor vollendetem Backprozeß abzubrechen oder sich der Gefahr einer märred. auszusetzen. Das hieraus sich ergebende Bedenken lasse sich aber gleichfalls dadurch beseitigen, daß man dem Arbeitgeber einen gewissen Spielraum gewähre, iudem man die Zahl der Tage⸗ an denen Ueberarbeit zulässig sein solle, entsprechend bemesse. Da durch die Einführung einer Maximalarbeitszeit der ungeschickte Arbeiter

eschädigt werde, liegt nach Ansicht der Kommission allerdings in der

öglichkeit. Allein ein Bedenken wird daraus nur 14 ent⸗ nommen werden dürfen, als die Schädigung Arbeitnehmer treffen kann, deren Mangel an Geschick ein unverschuldeter ist, die also von Natur nicht die erforderlichen körperlichen oder geistigen Eigenschaften besitzen, um den Anforderungen zu genügen, die bei einer Beschränkung der Arbeitszeit im Bäckergewerbe an die Gehilfen gestellt werden müssen. Wenn es nun aber auch eine der vornehmsten Aufgaben der sozialpolitischen Gesetzgebung ist, gerade den Schwachen Schutz zu seübren⸗ so hält doch die Keemmfston dafür, 5 es der Gebechnig eit widersprechen und zu einer Flabeheen Rückbi tes wirthschaftli Lebens ßte, wenn

die Regelung des letzteren in der Weise vorgenommen würde, daß zu Gunsten des Schwachen die Interessen des Starken geopfert würden, wenn also in dem hier in Frage stehenden Falle der geschickte Bäcker⸗ geselle der Gefahr einer Schädigung seiner Gesundheit durch Ueber⸗ anstrengung ausgesetzt bliebe lediglich um dem ungeschickten Gehilfen die Möglichkeit zu wahren, in dem Bäckergewerbe seinen Unterhalt zu finden. Eine solche Maßregel würde sowohl vom Stanbounkt der Gerechtigkeit wie von dem der Utilität um so verwerflicher sein, als durch Einführung einer Maximalarbeitszeit im Bäckergewerbe dem Ungeschickten keineswegs die Existenzbedingungen abgeschnitten, sondern höchstens ein Zwang auf ihn dahin ausgeübt werden würde, eine andere, seiner Befähigung entsprechende Berufsart zu suchen.

Schließlich gaben die Arbeitgeber der Besorgniß Ausdruck, daß die Einführung einer Maximalarbeitszeit eine polizeiliche Kontrolierung des Bäckergewerbes nöthig machen und damit eine Belästigung für dasselbe herbeiführen würde. Die Mehrheit der Kommission kann aber auch aus diesen Ausführungen kein stichhaltiges Argument gegen eine gesetzliche Regelung der Arbeitszeit im Bäckergewerbe entnehmen. Sie erkennt an, daß allerdings eine solche Regelung sich nur dann wirksam durchführen läßt, wenn den Behörden ein Kontrolrecht eingeräumt, und zugleich, um dessen Ausübung zu ermöglichen, dem Arbeitgeber die Verpflichtung auferlegt wird, über gewisse Vorgänge in seinem Betriebe Anschreibungen zu machen. Andererseits ist man aber auch darüber einig, daß die Be⸗ lästigung, die daraus möglicherweise für den Arbeitgeber er⸗ wachsen kann, im zu dem Gewinne, den eine Regelung der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer haben würde, nicht ins Gewicht fällt. Zur Unterstützung dieser Auffassung wurde geltend gemacht, daß in anderen Gewerben der Arbeitgeber durch die bisherige soziale Gesetzgebung weit empfindlicheren Belästigungen ausgesetzt wäre, als es der Bäckermeister durch die Einführung einer Maximalarbeitszeit sein würde. Auch wurde darauf hingewiesen, daß in anderen Ländern eine Kontrolierung der Bäckereien stattfinde, z. B. in England die Bäckereien durch eine Parlamentsakte aus dem Jahre 1863 der Be⸗ aufsichtigung durch die Fabrikinspektoren unterworfen werden.

Weder bei der schriftlichen Befragung noch bei den mündlichen

Vernehmungen ist eine Besorgniß dahin laut geworden, daß eine

gesetzliche Regelung der Arbeitszeit im Bäckereigewerbe nachtheilige wirthschaftliche Folgen für den Arbeitnehmer haben könne. Aus der Aeußerung eines alten und erfahrenen Meisters läßt sich vielmehr schließen, daß in den Kreisen der Arbeitgeber und deren Auffassung dürfte bei diesem Punkte besonders ins Gewicht fallen solche Be⸗ denken nicht obwalten. Die Kommission hat es trotzdem für geboten erachtet, die wirthschaftliche Bedeutung einer Maximalarbeitszeit im Bäckereigewerbe auch nach der angegebenen Richtung hin zum Gegen⸗ stand ihrer Erwägungen zu machen, insbesondere die Frage zu prüfen, ob etwa anzunehmen sei, daß bei einer kürzeren Arbeitszeit die Gesellen einen Lohnausfall zu gewärtigen haben würden.

Von vornherein darf diese Frage mit Sicherheit verneint werden für die, die Mehrzahl der vorhandenen Bäckereien bildenden Betriebe, in denen bereits heute die Arbeitszeit einschließlich der Pausen und eder Nebenarbeit 12 Stunden und weniger beträgt, sowie für diejenigen, in denen durch die Verkürzung der Arbeitszeit weder eine Verminde⸗ rung der Produktion, noch eine Vermehrung der Produktionskosten eintreten wird. Ein gleiches wird nach der Ansicht der Majorität der Kommission voraussichtlich auch für den hiernach verbleibenden ver⸗ hältnißmäßig geringen Theil der Betriebe gelten.

Dafür hgber vor allem die Erfahrungen, welche bisher über die Wirkungen einer Verkürzung der Arbeitszeit auf die Lohnverhält⸗ nisse im allgemeinen gemacht worden sind. Bei jedem Fortschritt der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Verkürzung übermäßiger Arbeits⸗ zeiten ist von seiten der Gegner der Befürchtung Ausdruck gegeben worden, daß eine solche Maßnahme zu einer Verschlechterung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiterbevölkerung führen müsse. Nament⸗ lich wurde eine dahin gehende Behauptung auch in den ver⸗ schiedenen Stadien der Weiterbildung der englischen Gesetzgebung mit großer Bestimmtheit aufgestellt. Als Ende der vierziger Jahre die Arbeitszeit für Frauen, Kinder und jugendliche Arbeiter in der Textilindustrie durch den sogenannten Pen Hours-Act beschränkt wurde, prognostizierte man, daß das Gesetz nicht nur eine wesentliche Schädigung jener Industrie zur Folge haben, sondern auch einen Rückgang der Löhne herbeiführen Früßte. Zehn Jahre später wurde festgestellt, daß nicht nur die Textilindustrie nicht gelitten hatte, sondern die Löhne der Frauen, Kinder und jugend⸗ lichen Arbeiter durchschnittlich um 12 % gestiegen waren. Bei der Ausdehnung des genannten Gesetzes auf andere Industrien im Jahre 1860 sahen p

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ich die ehemaligen Gegner zu der Erklärung gezwungen, daß dasselbe den Arbeitern 8 und die Arbeitgeber nicht Feschüdigt hätte. Gleiche Erfahrungen sind bei der Reduktion der Arbeitszeit für die Textil⸗Industrie in Massachusetts, Rhode⸗ Island, New⸗Hampfhire, Maine, Vermont und anderwärts gemacht worden. Auch die durch die Einwirkung der Gewerkvereine in Eng⸗ land herbeigeführte erhebliche Verkürzung der Arbeitszeit hat keine Minderung des Arbeitslohnes bewirkt.

Zu einem ähnlichen Ergebniß gelangt man bei einer Betrachtung der deutschen Arbeiterverhältnisse. Auch bei uns drängt die Entwicklung der letzten Jahrzente nach einer Abkürzung übermäßiger Arbeitszeiten. Keineswegs aber kann als Begleiterscheinung eine Minderung des Arbeitseinkommens verzeichnet werden. Für das Bäckergewerbe wird diese Thatsache durch die Mittheilung eines Meisters bestätigt (Stenogr. Prot. S. 67), der zufolge früher die Arbeitszeiten der Bäckergesellen länger, die Löhne hingegen niedriger gewesen sind als gegenwärtig.

Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß einzelne Meister ver⸗ suchen werden, nach Einführung einer abgekürzten Arbeitszeit den Lohn ihrer Gesellen herabzusetzen. Allein einen Erfolg werden solche Ver⸗ suche auf die Dauer schon um deswillen nicht haben können, weil sie ein Gegengewicht finden werden in der Konkurrenz der in der Zahl weit überwiegenden Betriebe, welche ihre bisherige Produktion mit einer zwölfstündigen Arbeitszeit aufrecht erhalten werden oder gegen⸗ wärtig bereits eine kürzere Arbeitszeit eingeführt haben. 8

Nach Ansicht der Kommission ist allerdings in Erwägung zu ziehen, daß, wenn die Einschränkung der Arbeitszeit rigoros durch⸗ geführt würde, die Gesellen und namentlich die Werkführer den Mehr⸗ verdienst verlieren würden, den sie aus der besonderen Arbeit vor den hohen Festen oder bei sonstigen Celsgeht ee Anlässen sowie an Sonn⸗ und Festtagen durch das Ausbacken von Kuchen und das Braten von Fleisch für die Kunden beziehen. In Bezug auf solches gelegentliche Einkommen ist auch bei den Erhebungen mehrfach darauf hingewiesen worden, daß dieser Verdienst in Weg⸗ fall kommen würde, wenn die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit die Vornahme der hierbei erforderlichen Arbeiten nicht mehr gestattete. Diesem Bedenken wird indessen Rechnung getragen werden können, indem an Sonn⸗ und Festtagen und in den Wochen vor den Festen ein Maß von Ueberarbeit gestattet wird.

Durch eine solche egelung würde auch wenigstens zum Theil der weiter etwa zu erhebende Einwand beseitigt werden, daß durch Einführung einer Maximalarbeitszeit den strebsamen und fleißigen Arbeitern die Möglichkeit abgeschnitten werde, ihren Verdienst durch Mehrarbeit zu erhöhen. Im übrigen, nämlich soweit der Einwand sich auf die regelmäßige Arbeitszeit in den Bäckereien bezieht, entbehrt er der Begründung; denn es steht keineswegs fest und ist nach Ansicht der Mehrheit der Kommission auch nicht einmal wahrscheinlich, daß in den Bäckereien ein ursächliches Verhältniß zwischen der Höhe der Löhne und der Dauer der Arbeitszeit bestehe. Die Mehrheit ist aber auch der Ansicht, daß der Einwand schon deshalb keine Berück⸗ schlloung verdiene, weil ein auf Kosten der Gesundheit gewonnener

öͤherer Verdienst dem Arbeiter auf die Dauer nicht zum Vortheil gereichen kann, und daher seinem eigenen Interesse widerspricht.

Die Kommission ist hiernach in ihrer Mehrheit zu der Ueber⸗ zeugung gelangt, daß die Festsetzung einer Maximalarheitszeit technisch durchführbar ist, und die Peaese der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Konsumenten bei einer Bemessung dieser Zeit, welche den berech⸗ tigten Bedürfnissen des Bäckergewerbes Rechnung trägt, keine oder

doch eine so geringe Schädigung erfahren werden, daß daraus ein ent⸗

scheidendes Argument gegen die Maßregel nicht hergenommen

werden kann.

Als eine solche Bemessung empfiehlt die Mehrheit der Kommission die Festsetzung einer Zeit von 12 Stunden für den Wochentag als Höchstbetrag unter Zulassung von Ueberarbeit für eine gewisse Zeit vor den hohen Festen oder bei sonstigen besonderen Gelegenheiten und außerdem für 20 Tage im Jahre. Aus den bereits dargelegten Gründen erachtet es die Kommission für geboten, daß bei Berechnung der zulässigen Arbeitszeit kleine unregelmäßige Pausen, während deren es dem Arbeiter nicht möglich ist, wirklich auszuruhen, insbesondere sich dem Schlaf hinzugeben, keine Berücksichtigung finden dürfen.

Die Mehrheit der Arbeitgeber hat bei den mündlichen Ver⸗ nehmungen gegen die Wahl des gedachten Höchstbetrages Widerspruch erhoben. Es wurde die Behauptung aufgestellt, daß die Maximal⸗ arbeitszeit, wenn sie überhaupt durchführbar sein sollte, höher bemessen werden müßte. Die bezüglich dieser höheren von den einzelnen Arbeitgebern gemachten Vorschläge wichen erheblich von ein⸗ ander ab und entbehrten der sachlichen Begründung, 18 die Mehr⸗ heit der Kommission den Eindruck gewann, als ob die empfohlene Zeitdauer willkürlich gegriffen wäre. Sie glaubte jenen Vorschlägen aber auch um deswillen kein Gehör schenken zu dürfen, weil die Zu⸗ lassung einer so langen Arbeitsdauer, wie sie von den Arbeitgebern

ewünscht wird, den Zweck, welchem die befürwortete Maßregel dienen spll, gänzlich vereiteln würde.

Für die Wahl eines Höchstbetrags von 12 Stunden ist zunächst die Thatsache bestimmend gewesen, daß schon heute die Arbeitszeit in mehr als der Hälfte der Bäckereien nicht länger dauert. Weiter darf die Kommission sich für ihren Vorschlag darauf berufen, daß bei den mündlichen Vernehmungen wenigstens ein Theil der Arbeitgeber und die weit überwiegende Zahl der Gesellen mehrere derselben be⸗ gpvorteten sogar eine weitere Einschränkung eine zwölfstündige Arbeitszeit für ausreichend erklärten, um den regelmäßigen Bedürf⸗ nissen des Bäckergewerbes zu genügen. Selbst von denjenigen Arbeit⸗ gebern, die für eine längere Bemessung eintraten, gestand ein erheblicher Theil zu, daß sie für ihre eigenen Betriebe keine weitergehenden Ansprüche zu erheben hätten, und der Festsetzung einer zwölfstündigen Maximalarbeitszeit nur mit Rücksicht darauf wider⸗ sprechen zu sollen glaubten, daß möglicherweise die Bedürfnisse anderer Betriebe weitergingen. Entscheidend für die Beschlußfassung der Kommission ist endlich die Erwägung gewesen, daß in Anbetracht der Anstrengungen, mit denen die Beschäftigung des Bäckers verbunden ist, eine Beschränkung der Arbeitszeit nur dann den Zweck, dem sie dienen soll, erfüllen würde, wenn ihre Dauer nicht höher als auf 12 Stunden bemessen würde.

Die Kommission ist ferner der Ansicht, daß die Arbeit an den Sonntagen eine noch weitere Einschränkung als an den Wochen⸗ tagen erfahren müsse, da die Gewährung einer ausgiebigeren Ruhe am Sonntag dem Sinne nnserer Arbeiterschutzgesetzgebung entspreche und sich dagegen weder wirthschaftliche noch technische Gründe geltend machen lassen, die als ansschlaggebend anzusehen seien. 8

Bei den ersten durch Fragebogen angestellten Erhebungen ist fest⸗

estellt worden, daß in zahlreichen Bäckereien die Arbeitszeit vor

onntagen kürzer ist als vor Wochentagen. Während sich vor den Wochentagen eine Arbeitszeit von 12 Stunden und weniger nur in 53,3 % der befragten Betriebe vorfand, ergab sich vor den Sonntagen eine Arbeitszeit von weniger als 12 Stunden süͤr 71,6 % der gewöhnlichen Bäckereien. In 6,3 % der Bäckereien ruhte die Arbeit vor Sonn⸗ tagen oder am Sonntag sogar vollständig. Bei den zweiten schriftlichen Um⸗ fragen wurden nähere Erhebungen über die Verhältnisse in diesen letzteren Betrieben angestellt, sowie über die mögliche Dauer der Ruhe an den Sonn⸗ und Festtagen gutachtliche Aeußerungen von Ver⸗ tretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeholt. Durch das Ergebniß wurde die Kommission in der Ueberzeugung bestärkt, 18 eine ausgiebigere Sonntagsruhe durchführbar wäre. Endlich ist au bei den mündlichen Vernehmungen allgemein anerkannt worden, daß technische Bedenken nicht entgegenstehen.

Es erscheint an sich wünschenswerth, daß an Sonn⸗ und Fest⸗ tagen die Arbeit in den Bäckereien vollständig ausgesetzt werde, wie dies schon heute u. a. in den bei der Erhebung berücksichtigten Städten Münster i. W., Elberfeld und Duisburg der Fall ist, wo ortsüblich das Publikum am Sonntag Morgen kein frisches Gebäck verlangt (Erhebungen II S. 34). Mit Rücksicht hierauf wurde in der Kommission die Möglichkeit erörtert, ob nicht statt des üblichen Weißbrotes eine andere Gattung von Brot, etwa nach englischem Muster, welches sich länger frisch hält, herzustellen und die Kundschaft für die Sonn⸗ und Festtage auf dieses Gebäck zu verweisen sein würde. Schließlich hat sich jedoch die Kom⸗ mission gegen ein völliges Ruhen der Arbeit an den Sonntagen aus⸗

esprochen, weniger weil dadurch das Publikum gezwungen sein würde,

setee Ansprüche herabzumindern, als weil erhebliche wirthschaftliche Bedenken einer so weitgehenden Maßregel, die nach den Ausführungen der Motive zu § 105 e der Gewerbeordnung auch bei dem Erlaß der Gewerbeordnungsnovelle vom 1. Juni 1891 nicht in Aussicht ge⸗ nommen worden war, entgegenstehen. Gerade an Sonntagen haben die Bäcker durch Anfertigung und Verkauf von Fein⸗ ebäck, insbesondere Kuchen, einen guten Verdienst, durch dessen Ean eung sie erheblich beeinträchtigt werden würden. Auch kommt die Konkurrenz der Hausbäckerei in Betracht. Ist der Bäcker ver⸗ hindert, für den Sonntag herzustellen, so wird wie aus den Erfahrungen zu schließen ist, welche mit der Beschränkung des Verkaufs an den Sonn⸗ und Festtagen gemacht worden sind, die Feinbäckerei vielfach im Hause besorgt und es entwickelt sich daraus allmählich die Gewöhnung, soweit thunlich den Bedarf an Backwaaren überhaupt im Hause herzustellen.

Was die Frage anlangt, welches Maß von Sonntagsruhe den Arbeitern zu gewähren sein würde, so sprach sich bei der schriftlichen Umfrage die weit überwiegende Mehrheit der Meister⸗ und Gesellen⸗ vertretungen (22 von 26 Meister⸗, 32 von 34 Gesellenvertretungen) fast allgemein für die Möglichkeit einer zwölf⸗ oder mehrstündigen Ruhe an den Sonntagen aus. Die Vorschläge der mündlich vernommenen Interessenten gingen zum theil bis auf eine achtzehnstündige Ruhezeit. In der Kommission fand eine vierzehnstündige Ruhezeit mehrfache Vertretung. an hielt es für empfehlenswerth, daß dieses Maß für die einzelnen Gesellen vorgeschrieben, die Zeit der allgemeinen Betriebsruhe aber kürzer bemessen würde, so daß zur Verhinderung einer schädlichen Schmälerung der Produktion die Arbeit unter die verschiedenen Ge⸗ hilfen und Gesellen zeitlich verschieden vertheilt werden könnte. Die Mehrheit der Kommission entschied sich indeß für eine 16 stündige Ruhe. Sie wurde dabei durch die Erwägung geleitet, daß eine kürzer bemessene Ruhezeit den Gesellen und Lehrlingen nicht das erforderliche Maß von körperlicher und geistiger Erholung verschaffen könnte. Eine 16 stündige Ruhezeit ließe nicht nur den Bäckereien Peglänglich Zeit übrig zur Herstellung der Sonntagswaare, sondern reichte auch aus, um ans denjenigen Theil des Publikums, der nicht darauf verzichten haollte frische Backwaare für den nächstfolgenden Werktag zu be⸗

affen. „Spowohl bei 14 stündiger als bei 16 stündiger Ruhezeit bedarf es übrigens einer Bestimmung, wonach es gestattet wird, gewisse, für die rechtzeitige Wiederaufnahme der Backarbeit am Werktage erforderliche

Vorbereitungsarbeiten bereits am Abend des Sonn⸗ oder Festtags

vorzunehmen.

Bei der Festsetzung einer 16stündigen Ruhezeit würde nach der An icht der Mehrheit der Kommission zwar vom Standpunkt des Ar 1. aus kein wesentliches Bedenken dagegen bestehen, die allgemeine Betriebsruhe kürzer zu bemessen; es erschien indessen der Mehrheit der Kommission im Interesse der zahlreichen kleinen Be⸗ triebe, die nicht, wie die größeren, im stande sein würden, durch Ab⸗ wechselung der Arbeiter die ganze, nicht in die allgemeine Betriebsruhe allende Zeit an Sonn⸗ und Festtagen auszunutzen, dringend erwünscht, en nach dieser Richtung bei den mündlichen Vernehmungen aus den Kreisen der Arbeitgeber laut gewordenen Bedenken Rechnung zu tragen und allen Bäckereien aufzulegen, für die Dauer von 16 Stunden auf die Beschäftigung von Gesellen und Lehrlingen zu verzichten.

Sodann wurde erörtert, ob die Stunden des Beginns und Endes der Ruhezeit an Sonn⸗ und Festtagen der freien Wahl des Arbeit⸗

gebers überlassen oder in zwingender Weise festgesetzt werden sollten, und im letzteren Falle, ob sie einheitlich für das ganze Reich festzu⸗ setzen wären, oder die Bestimmung hierüber den höheren Verwaltungs⸗ behörden zu überlassen wäre, um so eine Berücksichtigung der Ver⸗ schiedenheit der örtlichen Verhältnisse zu ermöglichen. Die einheitliche Festse bung für das Reich fand entschiedenen Widerspruch, sowohl aus

ründen des praktischen Bedürfnisses, als im auf § 105 e der Gewerbeordnung. Nachdem sich die Mehrheit der Kommission für die 16stündige Ruhezeit entschieden hatte, nahm sie davon Abstand, wegen Festsetzung des Beginns und Endes derselben eine Bestimmung vorzuschlagen.

„Mehrere Mitglieder der Kommission hielten endlich dafür, daß die völlige Einstellung der Sonntagsarbeit dadurch sich würde fördern lassen, daß man, soweit eine völlige Ruhe durchgeführt würde, den betreffenden Betrieben eine Vermehrung der Arbeit an den voraus⸗ gegangenen Tagen gestatte. Eine solche Bestimmung empfehle sich schon aus dem Grunde, weil es erforderlich sei, die Erhaltung der völligen Sonntagsrube in denjenigen Betrieben zu sichern, in denen sie bereits gegenwärtig üblich sei. Die Kommission billigt ichar Ge⸗ danken, indem sie davon ausgeht, daß durch eine vierundzwanzigstündige Ruhe an Sonntagen die Mehrbelastung an den Wochentagen auf⸗ gewogen wird.

Eine besondere Berücksichtigung der Seestt, gage erscheint der Kommission nicht nothwendig. Zwischen den beiden Festtagen eine längere Arbeitszeit zuzulassen als an jedem einzelnen Sonntag, ist nicht geboten, wenn die regelmäßige Sonntagsarbeit in den von der Kommission empfohlenen Grenzen zugelassen wird. Eine Verkürzung dieser Arbeitszeit erachtet die Komissson deshalb nicht für angängig, weil es nicht möglich ist, für den Bedarf am zweiten Festtag 851 am zuletzt vorhergehenden Werktag entsprechend vorzuarbeiten.

Zu gewissen Zeiten des Jahres, insbesondere vor Weihnachten, Ostern und Pfingsten und an den Tagen, an denen die Konfirmation oder erste Kommunion stattfindet, sowie vor anderen Festen, Markt⸗ tagen und dergleichen pflegt in den Bäckereien ein vermehrter Arbeits⸗ bedarf zu bestehen, weil für solche Tage eine größere Nachfrage nach

eingebäck stattfindet und die Kunden vielfach eigenes Backwerk zum Backen bringen. Um dem sich daraus ergebenden Bedürfniß Rechnung zu tragen, befürwortet die Kommission, daß den höheren Verwaltungs⸗ behörden die Befugniß gegeben werde, unter Berücksichtigung der ört. lichen Verhältnisse diejenigen Tage im Jahre zu bestimmen, an welchen Ueberarbeit gestattet sein

Bezüglich des Lehrlingswesens in der Bäckerei haben sich die Erhebungen nicht auf die Dauer der Beschäftigung beschränkt, sondern auch das Vesecta⸗ der Zahl der Lehrlinge zu der der Gesellen, die Lehrverträge, die Lehrzeit, sowie den Schulbesuch umfaßt (Erhebungen I S. 48 ff. und 70 ff.).

„Es hat ergeben, daß zwar 50 % der befragten 4551 gewöhnlichen Bäckereien Lehrlinge überhaupt nicht beschäftigen, da⸗ gegen in denjenigen Bäckereien, in denen Lehrlinge gekalten werden, ihre Zahl verglichen mit der der Gesellen und der Meister vielfach eine unverhältnißmäßig hohe ist. Die relative Zahl der Betriebe mit Lehrlingen wächst mit der Größe der Orte. Während sie bei den Orten mit weniger als 2000 Einwohnern nur 35,4 % der gewöhnlichen Bäckereien beträgt, steigt sie bei den Großstädten bis zu 52 6 % der Betriebe. Von den 2276 Betrieben mit Lehrlingen beschäftigen 10 % nur Lehrlinge, 25,4 % weniger Lehrlinge als Gesellen, 42,4 % ebenso viel Lehrlinge als Gesellen und 22,2 % mehr Lehrlinge als Gesellen. In den meisten der letzteren Betriebe kommen 2 oder mehr Lehrlinge auf einen Gesellen. In den Großstädten arbeiten nur 6,3 %, in den Mittelstädten 6,4 % der Betriebe mit Lehrlingen ohne Gesellen, dagegen in den Kleinstädten 15,5 %, in den Landstädten 19,7 % und in den Orten unter 2000 Einwohner sogar 33,9 %, also über ein Drittel.

„Die Kommission hat den Eindruck gewonnen, daß die Lehrlings⸗ züchterei zum Theil damit zusammenhängt, daß zahlreiche kleine Be⸗ triebe einen zu geringen Absatz haben, als daß sich die Einstellung eines Gesellen für sie lohnen würde, und viele selbständige Bäcker nicht genügende Mittel zur Bezahlung eines Gesellen besitzen, sich daher mit Lehrlingen behelfen. Letztere werden dann, ens wie in den Betrieben, in denen die Zahl der Lehrlinge die der Gesellen über⸗ steigt, in erster Linie nicht zum Zweck der Ausbildung beschäftigt, sondern ihre Arbeitskraft wird ausgenutzt, um den Meister zu er⸗ leichtern. Damit stimmt die Thatsache überein, daß nach dem Ergebniß der Erhebungen von den Betrieben, die ausschließlich mit Lehrlingen arbeiten, nur verhältnißmäßig wenige mehr als 2 Personen beschäftigen, und daß in auffallend wenigen Betrieben nur in 13,3 % Lehrgeld bezahlt wird, wiewohl der Lehrling regelmäßig Kost und Wohnung beim Lehrherrn hat.

Die Lehrzeit dauert in 71,3 % der Betriebe, auf welche die Er⸗ hebungen sich erstreckt haben, 3 oder 2 ½ Jahre, in 17,6 % ist sie kürzer, in 11,1 % länger. Die kürzere Lehrzeit kommt mehr in Süddeutschland vor.

Die Arbeitszeit der Lehrlinge mit Einschluß der Pausen, ohne Mitrechnung der Nebenarbeiten beträgt in 45 % der be⸗ fragten Bäckereien 12 Stunden und weniger, in 31,6 % mehr als 12 bis 14 Stunden, und in 21,9 % mehr als 14 Stunden, in 1,5 % der Betriebe übersteigt sie 18 Stunden. Am ungünstigsten sind die Verhältnisse in den Großstädten. Hier ist eine mehr als 14 stündige Arbeitszeit der Lehrlinge für 29,1 % der Betriebe ermittelt worden, und nur in 33,4 % der Betriebe beschränkt sich dieselbe auf 12 Stun⸗ den und weniger.

Aus 59,4 % der Betriebe besuchen die Lehrlinge eine Fach⸗ oder öG An Schultagen sind sie nach dem Ergebniß der

rhebungen in 382 (28,3 %) Betrieben über 14 Stunden, in 136 (10,1 %) über 16 Stunden, und in 20 (1,9 %) Betrieben über 18 Stunden durch Arbeit und Unterricht in Anspruch genommen (Erhebungen I S. 74).

In 63,1 % der Betriebe, in denen Gesellen und Lehrlinge neben einander beschäftigt sind, haben die Arbeitszeiten der Lehrlinge und die der Gesellen gleiche Dauer, in 17,3 % sind sie kürzer und in 19,6 % länger. Die Verkürzung der Arbeitszeit wird dadurch bewirkt, daß man den Lehrling zu gewissen Arbeiten, insbesondere zur Teig⸗ bereitung nicht heranzieht. Wo die Lehrlinge länger arbeiten, ist dies hauptsächlich dadurch verursacht, daß sie zum Austragen von Brot oder zu Nebenarbeiten, z. B. zum Reinigen und Aufräumen der Back⸗ stube, zum Wegräumen und Ordnen der Backwaaren, zum Putzen der Bleche u. s. w. verwendet werden.

Während bei den schriftlichen Vernehmungen die Mehrzahl der Meister⸗Vertretungen sich gegen jede Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrlinge im Verhältniß zur Arbeitszeit der Gesellen ausgesprochen hatte, ist bei den mündlichen Vernehmungen der Auskunftspersonen nicht nur von den Gesellen, sondern überwiegend auch von den Arbeit⸗ gebern zugestanden worden, daß an die Lehrlinge vielfach so große Anforderungen gestellt werden, daß ihre körperliche Entwickelung darunter leide, daß aber die jüngeren J.e sehr wohl ohne Schädigung der Ausbildung während eines Theils der Arbeit freigelassen werden können. Die Kommission schlägt in Rücksicht hierauf vor, die tägliche Arbeitszeit der Lehrlinge in ihrer zulässigen Dauer für das erste Lehrjahr um zwei und für das zweite Lehrjahr um eine Stunde kürzer zu bemessen, als für die Gesellen. Sofern eine solche Vorschrift auf eine Abnahme der Zahl der Lehrlinge hin⸗ wirken sollte, würde darin angesichts der oben mitgetheilten Zahlen über den Umfang der Lehrlingshaltung ein Nachtheil für die Interessen des Gewerbes nicht zu erblicken sein. 3

Bei den mündlichen Vernehmungen wurde sowohl von den Gesellen als auch aus der Mitte der anwesenden Meister darauf hin⸗ gewiesen, daß das in zahlreichen Betrieben übliche Austragen der Backwaaren durch die Lehrlinge physisch und moralisch schädigend auf dieselben einwirkte und es sich in Rücksicht hierauf empföhle, die Süehnsun der Lehrlinge zu dieser Arbeit gänzlich zu untersagen. Durch das Austragen würde nicht nur die Arbeitszeit erheblich ver⸗ längert, sondern auch die körperliche Entwickelung und die Gesundheit der Lehrlinge aus dem Grunde gefährdet, weil sie dabei genoöthigt wären, unmittelbar aus der heißen Backstube kommend sich der kalten Morgenluft, oft auch dem Wind, Regen und Schnee auszusetzen, sowie

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stundenlang Treppen auf und ab zu steigen. Nicht selten verwahr⸗ losten die Lehrlinge auch sittlich, indem sie mit den früh Morgens oft noch ungenügend gekleideten weiblichen Dienstboten in Berührung kämen oder sich 8 den Straßen umhertrieben. In vielen Städten, so z. B. in Hamburg, wäre das Brotaustragen durch Lehrlinge über⸗ haupt nicht üblich. Der Bäcker lieferte dort das Brot zum großen Theil einem Zwischenhändler. Anderwärts verwendete man besondere Leute als Brotausträger. Wo derartige Aushilfen nicht möglich wären, würde der Konsument sich leicht daran ge⸗ wöhnen, das Brot Morgens in dem Bäckerladen entweder selbst abzuholen oder abholen zu lassen. Noch verwerflicher wäre es, die Lehrlinge zum Hausieren mit Brot auszuschicken. Letzteres wurde von keiner Seite bestritten, dagegen widersprach die Mehrzahl der Bäckermeister dem Vorschlage, das Brotaustragen der Lehrlinge zu verbieten. Diese Beschäftigung, wurde behauptet, wäre für die Lehrlinge nicht nur nicht schädlich, sondern eher gesund, weil es sie an die frische Luft brächte, und sie nützte ihnen ferner für ihre Aus⸗ bildung, indem sie an den Verkehr mit den Kunden gewöhnt würden, Ein Verbot nach dieser Richtung würde überdies den Arbeitgeber wirthschaftlich schädigen, da er dadurch genöthigt werden würde, ent⸗ weder besondere Austräger anzunehmen und dadurch seine Betriebs⸗ unkosten zu erhöhen oder das Zubringen der Backwaaren in die Häuser Zwischenhändlern zu überlassen und dadurch einen Theil seines ohnehin geringen Verdienstes einzubüßen. Sowohl das Austragen des Brotes durch besondere selbständige Austräger als auch 85 hätten außerdem die bedenkliche Folge, daß diese

ilfspersonen die Kundschaft der Bäcker für sich gewönnen und die letzteren in ein drückendes Abhängigkeitsverhältniß brächten.

Die Mehrheit der Kommission hielt die letzteren Ausführungen zwar für anfechtbar, trotzdem entschied man sich aber gegen die Be⸗ fürwortung eines Verbotes des Brotaustragens durch die Lehrlinge. Die Kommission ging dabei von der Erwägung aus, daß die gegen diese Beschäftigung geltend gemachten Bedenken immerhin nur in be⸗ schränktem Maße anzuerkennen wären, und ein Verbot jedenfalls eine

roße Härte für diejenigen zahlreichen kleineren Bäckereien in sich chließen würde, die ihre Lehrlinge bei der Herstellung der Backwaaren vielleicht nur 7 oder 8 Stunden täglich beschäftigten und bei dem geringen Umfange ihres Geschäfts nicht in der Lage wären, besondere Hilfskräfte für das Austragen ihrer Waaren anzunehmen. käme in Betracht, daß eine Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrlinge ohnehin eine wesentliche Einschränkung des Brotaustragens und des Hausierens zur Folge haben würde.

In einem großen Theil der Bäckereien werden auch Konditor⸗ waaren hergestellt. Aus diesem Grunde sind die Erhebungen von Anfang an auch auf die Konditoreien erstreckt worden. Hierbei

hat sich ergeben, daß im allgemeinen die Anforderungen, welche an die in diesem Gewerbe Gehilfen und Lehrlinge gestellt werden, erheblich geringer sind als in den Bäckereien. Der Umstand, daß in den eigentlichen Konditoreien fast nur am Tage gearbeitet wird (Erhebungen I S. 67), und die Arbeiter nicht einer so starken Hitze und einem so häufigen Temperaturwechsel Lugaeseht sind, be⸗ deutet einen großen, bei den mündlichen Vernehmungen auch von den Arbeitnehmern anerkannten Vorzug der Arbeit des Konditors gegenüber derjenigen des Bäckers. Ferner übersteigt die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit einschließlich der Pausen nur in 0,4 % der befragten Konditoreien 14 Stunden, in 54,7 % beträgt sie höchstens 12, in 41,9 % mehr als 12 bis 14 Stunden (a. a. O. S. 42, 43). Bei der Ermittelung dieser Zahlen ist aller⸗ dings die Dauer der auf Nebenarbeiten zu verwendenden Zeit nicht mitgerechnet worden. Außerdem kommt in Betracht, daß die jenen Zahlen zu Grunde liegenden Auskünfte sich nur auf die regelmäßige Arbeitszeit beziehen, zu deren Ueberschreitung sich nach dem Ergebniß der Erhebungen in den Konditoreien weit häufiger Veranlassung findet, als in den Bäckereien. Bei den mündlichen Vernehmungen ist fest⸗ gestellt worden, daß nicht nur zu Zeiten besonders starken Konsums (vor den großen Festen, zur Gesellschaftszeit, vor besonderen festlichen Gelegen⸗ heiten ꝛc.), sowie in den Monaten, wo die Früchte eingekocht nene sehr ausgedehnte Arbeitszeiten für das gesammte Personal der Kondi⸗ toreien vorkommen, sondern außerdem in zahlreichen Betrieben der⸗ jenige Gehilfe, welcher das Eis zu machen und die letzte künstlerische Zurichtung der Waaren zu besorgen hat der sogenannte Eis⸗ posten —, oft weit über die regelmäßige Arbeitszeit hmaus, mitunter vom frühen Morgen bis Mitternacht (Stenogr. Prot. S. 90, 100), beschäftigt wird. Demgegenüber wurde jedoch ebenfalls bei den mündlichen Vernehmungen hervorgehoben, daß den Tagen mit verlängerter Arbeitszeit in annähernd gleicher Zahl Tage mit sehr geringen Anforderungen an die Arbeitsleistung des Personals gegenüberständen, und daß es insbesondere vielfach üblich wäre, den Eis⸗ posten für die an einzelnen Tagen geleisteten Ueberstunden durch Ge⸗ währung eines freien Nachmittags in der Woche zu entschädigen (a. a. O. S. 100, 115). Wenngleich von den Auskunftspersonen mehrere Fälle v langer, regelmäßiger Arbeitszeit mit⸗ getheilt worden sind (a. a. O. S. 99, 105), und einzelne Arbeit⸗ nehmer der Annahme, ihre Arbeit sei keine in besonderem Maße an⸗ strengende, mit dem Hinweise auf die in dem Arbeitsraum herrschende Hitze oder auf einzelne Arbeiten (Eisposten, Kocherei) widersprochen aben, so stimmen doch die Auskunftspersonen im großen und ganzen

darin überein, daß die Arbeit in den meisten Konditoreien im Durch⸗ übermäßig ausgedehnt, noch besonders anstrengend und ungesund sei. . ; In Rücksicht hierauf ist ein Theil der Kommissionsmitglieder zu der Ansicht gelangt daß für die Konditoreien das Bedürfniß einer Regelung der Arbeitszeit nicht nachgewiesen worden sei. Die Mehr⸗ heit der Kommission glaubte indessen eine solche Regelung auch für die Konditoreien empfehlen zu sollen, und zwar aus folgenden Er⸗ wägungen: 1

Sowohl durch die schriftlichen wie durch die mündlichen Er⸗ hebungen sind neben einer im allgemeinen mäßigen Arbeitsdauer immerhin auch Fälle einer übermäßigen Ausdehnung der regelmäßigen Arbeitszeit und damit auch einer Gefährdung der Gesundheit der Arbeiter festgestellt worden. Hiervon abgesehen, würde es aber auch aus politischen und wirthschaftlichen Rücksichten nicht empfehlenswerth sein, die Regelung der Arbeitszeit auf die Bäckereien zu beschränken. Ein solches Vorgehen würde nicht nur die, auch bei den Vernehmungen zu Tage getretene Mißstimmung zwischen den Bäckern und Konditoren verschärfen, sondern es wäre auch bei der hinsichtlich mancher Waaren bestehenden Konkurrenz beider Gewerbe eine Benachtheiligung der Bäckereien zu befürchten, wenn man diesen Beschränkungen auf⸗ erlegt, von denen die Konditoreien frei blieben. Handelt es sich bei diesen Erwägungen zunächst auch nur um diejenigen Konditoreien, welche zugleich Bäckerwaaren herstellen, also nicht um die reinen Kon⸗ ditoreien, so ist doch weiterhin zu beachten, daß eine Ausdehnung der Regelung nur auf die gemischten Betriebe wieder zu deren Nachtheil in ihren Konkurrenzkampf mit den reinen Konditoreien eingreifen würde. Es wird deshalb unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse nicht zu umgehen sein, 8* sämmtliche Kon⸗ ditoreien im wesentlichen dieselben Vorschriften, wie für die Bäckereien,

zu erlassen und nur insoweit Abweichungen vorzusehen, als die Be⸗ sonderheiten des Konditorgewerbes es erheischten.

Darüber, daß diese W“ unter allen Umständen besonderer Berücksichtigung bedürften, war bei der Kommission kein Zweifel. Die Minderheit der ehretg ens en erblickte überdies darin ein Hinderniß gegen die Durchführbarkeit einer Regelung der Arbeitszeit in Konditoreien überhaupt. Sie schloß sich hierin der Meinung der mündlich vernommenen Auskunftspersonen aus der Zahl der selbständigen Konditoren an, welche ausführten, daß es für die Konditoren unmöglich wäre, eine bestimmte, fest vorgeschri Arbeitszeit einzuhalten, weil die Arbeit von den Bestellungen abdinge. die oft erst spät eingingen, und weil viele Konditorwaaren zu leicht verdürben, als daß sie längere Zeit vor dem Konsum hergestellt werden könnten. So müßten Bestellungen auf Eis und andere einere Waaren für Soupers, Bälle und andere Festlich⸗ keiten oft erst in später Abendstunde ausgeführt werden. Schon die oben erwähnte Thätigkeit des Eispostens begründete ganz andere Ver⸗ hältnisse für die Konditoreien als für die Bäckereien (Stenogr. Preot.