1894 / 184 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Aug 1894 18:00:01 GMT) scan diff

S. 92, 96, 100, 102). Den für ein Hereinziehen der Konditoreien 25— gemachten wirthschaftlichen Erwägungen glaubte die Minder⸗ eit kein entscheidendes Gewicht beilegen zu dürfen, weil auch durch die von der Majorität vorgeschlagenen Bestimmungen den gemischten . ven die Konkurrenz gegen die reinen Konditoreien erschwert würde.

Die Mehrheit der Kommission vermochte jedoch keinen ausschlag⸗ gebenden Einwand gegen die Regelung der Arbeitszeit für Konditoreien anzuerkennen; sie hat vielmehr aus dem Ergebniß der Erhebungen, insbesondere der mündlichen Vernehmungen, die Ueberzeugung ge⸗ wonnen, daß in den Konditoreien, wenn nur eine gewisse Uebertrag⸗ barkeit der Arbeitsstunden von einem Tage der Woche auf den anderen gestattet, und bei Bemessung der Zahl der Tage, an denen Ueberarbeit zulässig sein soll, auf die erwähnten Besonderheiten des Gewerbes Rücksicht genommen werde, sehr wohl dieselbe durchschnittliche Maximalarbeitszeit eingeführt werden könne, wie in Bäckereien.

Was die Frage der Sonntagsarbeit anlangt, so ist durch das Ergebniß der Erhebungen festgestellt worden, daß der Sonntag für die Konditoreien der Tag ihres Hauptabsatzes ist. In weiten Kreisen der Bevölkerung ist es Sitte, besondere Festlichkeiten auf den Sonntag zu verlegen. iese Sitte findet in den wirthschaftlichen Verhältnissen ihre Erklärung und Begründung. Unter diesen Umständen kann nach der Ansicht der Kommission, zumal angesichts der Konkurrenz der in steigendem Maße auch Konditorwaaren herstellenden Restaurateure und Traiteure, eine völlige oder sehr ausgedehnte Betriebsruhe an den Sonn⸗ und Festtagen von den Konditoreien nicht gefordert werden, vielmehr wird ihnen eine ausreichende Zeit zur Herstellung des gesteigerten Bedarfs an diesen Tagen freigelassen werden müssen, und zwar insbesondere für die Her⸗ stellung solcher Waaren, die nicht schon am vorhergehenden Werktage hergestellt werden können.

Die Kommission schlägt daher vor, die Beschäftigung der Ge⸗ hilfen und Lehrlinge für einen Zeitraum von acht Stunden zu ge⸗ statten, jedoch mit der Maßgabe, daß für einen ununterbrochenen

eitraum von zwölf Stunden die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen überhaupt untersagt wird.

Bei den Vernehmungen ist ferner von vielen Seiten darauf hin⸗ gewiesen worden, daß gewisse Waaren, bei denen sich gleichfalls an den Sonn⸗ und Festtagen ein erhöhter Bedarf einzustellen pflegt, z. B. Eis, Croͤmes und dergleichen, möglichst kurze Zeit vor dem Genuß hergestellt werden müssen. Die Kommission war in ihrer überwiegenden Mehrheit der Ansicht, daß es sich in Rücksicht hierauf empfehle, die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen mit der Herstellung dieser Waaren auch innerhalb der zwölfstündigen Ruhezeit zuzulassen. Dagegen hielt sie es für erforderlich, daß denjenigen Ge⸗ hilfen und Lehrlingen, welche an Sonn⸗ und Festtagen noch nach 12 Uhr Mittags beschäftigt werden, dafür ein freier Nachmittag in der Woche gewährt wird. 1

Auch für die in den Konditoreien beschäftigten Lehrlinge haben sich wenngleich auch hier in weit geringerem Umfang als im Bäckergewerbe Mißstände herausgestellt. Namentlich ist mehrfach von den Arbeitnehmern behauptet und von den Arbeitgebern zu⸗ gestanden worden, daß die Arbeitszeit der Lehrlinge in vielen Be⸗ trieben länger ist, als die der Gehilfen. Häufig werden sie, wenn die gewöhnliche Arbeit beendet ist, noch zu Nebenarbeiten, namentlich zum Aufräumen und dergleichen verwendet. Die Mehrheit der Kom⸗ mission gelangte in Rücksicht hierauf zu der Ueberzeugung, daß für die Lehrlinge eine Regelung der Arbeitszeit in derselben Weise an⸗ ustreben sei, wie die Kommission für die in den Bäckereien be⸗ schäftigten Lehrlinge vorgeschlagen habe.

Die Heommilslon glaubt schließlich dem Wunsche Ausdruck geben zu sollen, daß die Bundesregierungen den Verhältnissen in den Ar⸗ beits⸗ und Schlafräumen der Bäckereien und Konditoreien eine erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden mögen. Aus den mündlichen Vernehmungen der Auskunftspersonen und aus den persönlichen Erfahrungen einzelner Mitglieder hat sie den Eindruck gewonnen, als ob die Arbeitsräume und die Schlafstellen der Bäcker⸗ und Konditorgehilfen vielfach in einem Zustande sich befinden, welcher die Gesundheit schädigen muß. Von der Vornahme entsprechender Erhebungen glaubte die Kommission Abstand nehmen zu sollen, weil sie die ihr zu Gebote stehenden Mittel nicht für geeignet erachtete, um zu einem sicheren verwerth⸗ baren Ergebniß zu gelangen. Ein solches wird sich nur in der Weise beschaffen lassen, daß die einzelnen Bundesstaaten ihre Polizeiorgane mit Untersuchungen betrauen. Die dabei sich etwa ergebenden Miß⸗ stände werden, sie Arbeitsräume betreffen, ohne weiteres auf Grund des § 120 a der Gewerbeordnung abgestellt werden können. Bezüglich der Räume, in welchen die Gehilfen wohnen und schlafen, wird indessen nur auf Grund besonderer landesgesetzlicher oder orts⸗ polizeilicher Vorschriften eingeschritten werden können. Die Kommission glaubte empfehlen zu sollen, daß den Landesregierungen von Reichs⸗ wegen eine Anregung gegeben werde, auf die Beseitigung der angedeuteten Mißstände ihr besonderes Augenmerk zu richten.

In dem hierneben ergebenst beigefügten Entwurf sind die Be⸗ stimmungen formuliert, welche behufs Regelung der Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien nach Maßgabe der im Vorstehenden dar⸗ gelegten Gesichtepunkte zu erlassen sein würden. Die Mehrheit der Kommission spricht ihre Aasicht dahin aus, daß nur durch ein In⸗ kraftsetzen dieser sämmtlichen Bestimmungen einerseits den Arbeit⸗ nehmern in den genannten Gewerben ein wirklicher Schutz gegen die Gefahr einer Schädigung ihrer Gesundheit durch übermäßige Dauer der Arbeitszeit gewährt und andererseits von den Arbeitgebern die Gefahr einer wirthschaftlichen Schädigung abgewendet werden könne. 8 Dagegen befürwortet die Minderheit der Kommission eine be⸗

schränktere Regelung der Arbeitszeit und wünscht, daß diese durch einen Bundesrathsbeschluß auf Grund des § 120 e der Gewerbe⸗ ordnung verfügt werde, wie dies auch der Herr Reichskanzler in seinem Schreiben vom 3. Juli 1892 in Aussicht genommen habe. Nach ihrer Ansicht ist, wie bereits erwähnt, die Dauer der in den Kon⸗ ditoreien üblichen Arbeitszeit, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht eine derartige, daß die Gesundheit der Arbeitnehmer für ge⸗ fährdet erachtet werden darf, und es würde sich also nicht recht⸗ fertigen, die Beschränkungen, welche für die Bäckereien in Aussicht genommen worden sind, auf die Konditoreien auszudehnen. Weiter vermag dieselbe Minderheit die Beschränkung der Sonntagsarbeit für Bäckereien in den von der Kommission beschlossenen Grenzen nicht als empfehlenswerth zu betrachten und befürwortet, die Sonntagsruhe für den einzelnen Gehilfen auf 14 Stunden festzusetzen, gleichzeitig aber die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Bäckereien überhaupt nur auf die Dauer eines ununterbrochenen Zeitraums von 10 Stunden zu untersagen (objektipe Betriebsruhe).

Eine Regelung der Arbeitszeit in den Bäckereien nach dem Vor⸗ schlage der Minderheit würde sich zweifellos auf Grund des § 120 e der Gewerbeordnung durchführen lassen; es würde hierzu ein Be⸗ schluß des Bundesraths genügen. Dagegen sind Zweifel bezüglich der Frage geltend gemacht worden, ob die im § 120 e dem Bundes⸗ rath ertheilte —— ausreiche, um die sämmtlichen An⸗ ordnungen zu treffen, welche die Mehrheit der Kommission empfiehlt. Zur Begründung dieser Zweifel wurde insbesondere Folgendes ausgeführt: Die Kommission erachte es zwar, wie erwähnt, in ihrer Mehrheit für erwiesen, daß auch im Konditorgewerbe theilweise die Gesundheit der Arbeitnehmer durch die übermäßige Dauer der Arbeits⸗ zeit gefährdet werde, und schon im Hinblick hierauf halte sie die Fest⸗ setzung eines Höchstmaßes der zulässigen Arbeitszeit in Konditoreien für wünschenswerth; indeß erkenne die Mehrheit doch auch an, daß Zweifel darüber entstehen können, ob die Verhältnisse im Konditor⸗ so liegen, daß die Voraussetzungen des § 120 e Absatz 3 der

eewerbeordnung als erfüllt angesehen werden dürfen. Ferner würde durch Beschluß des Bundesraths allerdings Dauer, Beginn und Ende der Beschäftigung von Arbeitern festgesetzt werden dürfen. Es könne jedoch streitig erscheinen, ob der Bundesrath auf Grund des § 120 e Absatz 3 auch ermächtigt sei, eine objektive Ruhezeit hinsichtlich der Beschäftigung sämmtlicher Arbeiter vorzuschreiben. Endlich komme in Betracht, daß nach § 105 e der Gewerbeordnung die höheren Verwaltungsbehörden berufen seien, für die daselbst gedachten Gewerbe zu denen nach den Ausführungen der Motive auch

die Bäckereien und Konditoreien gehören Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit nachzulassen. Angesichts dieser Bestimmung könne behauptet werden, daß die Regelung der Sonntagsarbeit in den Bäckereien und Konditoreien auf Grund des § 120 g nicht in der Weise er⸗ folgen dürfe, wie die Mehrheit der Kommission es vorgeschlagen habe. Eine Mehrheit der Kommission erachtet diese Zweifel für nicht begründet, sondern hält die von ihr empfohlene Regelung der Arbeits⸗ zeit gemäß § 120 e der Gewerbeordnung auf dem Wege des Bundes⸗ rathsbeschlusses für durchführbar. Was insbesondere die erwähnte Auslegung dieser Bestimmung anbetrifft, so ist sie der Ansicht, daß der Bundesrath, da ihm bei dem Wortlaute des § 120e keine Beschränkungen in den Mitteln zur Regelung der Arbeitszeit auferlegt werden, befugt sei, für die Dauer einer bestimmten Zeit die Beschäftigung von Arbeitern überhaupt zu untersagen. Die Kommission sieht ferner in der Bestimmung des § 105 e keinen Zwang, die Regelung der Sonntagsruhe ausschließlich den höheren Verwaltungsbehörden zu überlassen, glaubt vielmehr, daß eine Regelung der Maximglarbeitszeit, wie für die Werktage, so auch für die Sonntage aus Gesundheits⸗ rücksichten auch auf Grund des § 120 e, also seitens des Bundesraths, vorgenommen werden dürfe, um so mehr, als letzterem eine einheitliche Regelung auch auf Grund der Bestimmung im § 105 d zusteht.

Die Frage, ob behufs Regelung der Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien der Weg der Gesetzgebung zu beschreiten sei, ist von der Kommission erörtert worden (Protokolle der Kommission vom 23./27. Juni 1894 S. 12 bis 16). Dieselbe gelangte zu dem Beschlusse, daß es nicht ihre Aufgabe sei, bezüglich dieser Frage Anträge an den Herrn Reichskanzler zu stellen.

Um eine Regelung der Arbeitszeit wirksam durchzuführen, hält die Mehrheit der Kommission es für geboten, daß die Aufsicht der Gewerbe⸗Inspektionsbeamten auf die der Regelung unterworfenen Betriebe ausgedehnt und Zuwiderhandlungen gogen die betreffenden Bestimmungen mit Strafe bedroht werden. Beiden Bedingungen wird, ohne daß es des Erlasses besonderer Bestimmungen bedarf, ent⸗ sprochen, wenn die Festsetzung der Maximalarbeitszeit nach den Vor⸗ schlägen der Minderheit erfolgt. Alsdann würde es, wie erwähnt, nur einer Beschlußfassung des Bundesraths auf Grund des 8 120 e der Gewerbeordnung bedürfen; die Regelung würde also im Rahmen der Gewerbeordnung erfolgen, und die Bestimmungen der letzteren über die Aufsicht der Betriebe im § 139 b, sowie die Straf⸗ bestimmungen im § 147 Abfeg- Ziffer 4 würden ohne weiteres auch für die Durchführung der Maximalarbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien Geltung erhalten. Wenn dagegen der Weg der Gesetzgebung beschritten wird, so wird es nach Ansicht der Kommission erforderlich sein, besondere, jenen Bestimmungen entsprechende Vor⸗ schriften in das Gesetz aufzunehmen. In diesem letzteren Falle wird ferner auch besonders festzustellen sein, welche Behörden im Sinne der Bestimmungen des Entwurfs (§§ 4, 8, 11) unter der Bezeichnung höhere bezw. untere Verwaltungsbehörde zu verstehen sind, eine Frage, welche sich bei einer Regelung im Sinne der von der Minderheit der Kommission gemachten Vorschläge durch die Vorschrift im § 155 Absatz 2 der Gewerbeordnung erledigen würde.

Im einzelnen bemerkt die Kommission zu den auf den Beschlüssen ihrer Mehrheit beruhenden Vesicbgeh Folgendes:

u

Ein Theil der Kommissionsmitglieder hielt es für empfehlens⸗ werth, daß die Arbeitszeit nicht auf den Tag berechnet, sondern eine wöchentliche Maximalarbeitszeit eingeführt werde. Zur Begründung dieses Vorschlags wurde geltend gemacht, daß eine solche Regelung die Betriebsführung wesentlich erleichterte, weil sie es ermöglichte, die an einem Tage infolge von Verzögerungen des Backprozesses, Verschuldungen der Arbeiter oder von größeren Bestellungen etwa nothwendig werdenden Ueberschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit durch entsprechende Einschränkungen derselben an anderen Tagen der Woche auszugleichen. Um jeder Gefahr einer Schädigung des Bäcker⸗ ewerbes vorzubeugen, wurde ferner vorgeschlagen, die auf der Grund⸗ age einer 12 stündigen täglichen Arbeitszeit zu bemessende wöchentliche Maximalarbeitszeit um 3 Stunden zu erhöhen und dieselbe hiernach für die 6 Werktage der Woche auf 75 Stunden festzusetzen.

Die Mehrheit der Kommission erkannte zwar an, daß eine solche Regelung dem Betriebsinhaber eine größere Bewegungsfreiheit in seinen geschäftlichen Anordnungen und ihm gestatten würde, dem an einzelnen Wochentagen etwa auftretenden stärkeren Bedarf oder etwaigen Verzögerungen des Arbeitsprozesses durch Ausdehnung der Arbeitszeit über die durchschnittliche Dauer leichter Rechnung zu tragen; man gelangte indessen nach einer eingehenden Prüfung der hierbei in Betracht kommenden Fragen zu der Ueberzeugung, daß der Festsetzung einer Maximalarbeitszeit für die Woche, ungeachtet ihrer sonstigen Vorzüge, erhebliche Bedenken entgegenständen. Auch bei der wöchentlichen Regelung würde zur Verhütung übermäßiger Arbeits⸗ zeiten an den einzelnen Tagen im Interesse des Arbeiterschutzes die Festsetzung einer äußersten Grenze für die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht entbehrt werden können. Dadurch würde die mit dem Vorschlage beabsichtigte größere Bewegungsfreiheit zu einem Theile wieder beseitigt werden. Namentlich aber würde bei der Regelung der Arbeitszeit für die Woche die Uebersicht darüber, ob die Vorschriften eingehalten wären, erheblich 6

Ferner kommt in Betracht, daß bei der Natur der im Bäcker⸗ ewerbe vorkommenden Arbeiten, von denen manche theils in größeren

wischenräumen erfolgen, theils nur gelegentlich zu verrichten sind, die Aufrechnung der sämmtlichen an den einzelnen Tagen der Woche in Anspruch genommenen Arbeitsstunden mit gewissen Schwierigkeiten verbunden würde, da hierbei jede in dem Betriebe der Bäckerei von dem Gesellen ausgeführte Arbeitsleistung, auch wenn sie noch so kurze Zeit dauert, in die Arbeitszeit würde eingerechnet werden müssen. Auch ohne besondere Kontrolvorschriften würde infolge dessen der Betriebsinhaber, um den Vorschriften des Gesetzes nachkommen zu können, genöthigt sein, die Dauer der einzelnen Arbeitsleistungen, ins⸗ besondere auch derjenigen, die außerhalb des zusammenhängenden Arbeitsprozesses liegen, zu verzeichnen und aufzurechnen. Schon die hieraus sich ergebende Belästigung läßt es rathsam erscheinen, auf eine andere Regelung der Arbeitszeit Bedacht zu nehmen. Außerdem kann die Auszeichnung der Dauer der für die einzelnen Arbeiten in Anspruch genommenen Zeit leicht dazu führen, einen Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen Meister und Gesellen zu bieten.

Die Bedenken gegen die Festsetzung einer für die Woche zu be⸗ rechnenden Maximalarbeitszeit mehren sich 10 wenn die Regelung mit Ausschluß der Sonntagsarbeit erfolgen soll, da alsdann der naturgemäße Zusammenhang, in dem in einer großen 582 von Bäckereien die Sonntagsarbeit mit der Wochentagsarbeit steht, un⸗ berücksichtigt bleiben würde. In einer erheblichen Anzahl von Bäckereien fallen nämlich Beginn und Ende des einzelnen Produktions⸗ prozesses nicht auf einen und denselben Tag. sondern es vertheilt sich vielmehr die eigentliche Backarbeit auf zwei Tage, sodaß die Sonntags⸗ arbeit oft schon am Sonnabend Abend, die Montagsarbeit bereits am Sonntag Abend beginnt. Nach dem Ergebnisse der statistischen Auf⸗ nahme (Erhebung 1 S. 64) beginnt in 42,6 % der befragten gewöhn⸗ lichen Bäckereien die Arbeit vor Mitternacht, und zwar nur in 1,6 % vor 8 Uhr Abends. Für mindestens 41 % erscheint demnach die An⸗ nahme gerechtfertigt, daß sie ihre Arbeit erst am nächstfolgenden Werk⸗ tage beenden.

Es dürfte sich empfehlen, diese in einem großen Theile des Reichs in Uebung stehende Arbeitsweise bei der Regelung der Arbeitszeit in Rücksicht zu ziehen.

Die Vertheilung des Backprozesses auf zwei Tage läßt es ferner nicht rathsam erscheinen, die Dauer der zulässigen Arbeitszeit für den Kalendertag zu regeln.

Der Entwurf sieht daher sowohl von einer Regelung der Arbeits⸗ zeit für die Woche, als auch von der Festsetzung einer Maximal⸗ arbeitszeit für den Kalendertag ab und schlägt vor, die Regelung für die Dauer der Arbeitsschicht vorzunehmen. Als deetgsgih ilt dabei das Maß der auf 24 Stunden treffenden regelmäßigen In⸗ anspruchnahme durch die Berufsarbeit.

Bei dieser , dürften die Bedenken, welche gegen eine Festsetzung der Arbeitszeit für die Woche sprechen, in Wegfall kommen.

Der Vortheil, welcher dem Betriebsinhaber bei der Festsetzung einer Maximalarbeitszeit für die Woche durch die größere Bewegungsfreiheit gewährt werden würde, wird dem Arbeitgeber nach dem Vorschlag im §4 des Entwurfs für die hierbei hauptsächlich in Betracht kommenden Fälle dadurch erhalten, daß ihm zur Deckung etwaigen stärkeren Be⸗ darfs und für etwa eintretende Verzögerungen des Backprozesses eine Reihe von Tagen zur Verfügung gestellt wird, an denen Ueber⸗ schreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit eintreten dürfen.

Das System des Entwurfs bietet endlich den Vorzug, daß bei der Festsetzung der Zahl der Schichten sämmtliche Tage der Woche, einschließlich der Sonn⸗ und Festtage, berücksichtigt werden können.

Die zulässige Dauer der einzelnen Arbeitsschicht ist aus den an anderer Stelle erörterten Gründen auf 12 Stunden festgesetzt worden.

Durch die Bestimmungen im Absatz 2 soll den Gehilsen eine an⸗ gemessene Ruhezeit zwischen den Arbeitsschichten gesichert werden. Eine Verwendung der Gehilfen zur Herstellung von Backwaaren in dieser Zwischenzeit soll danach völlig ausgeschlossen sein. Ein all⸗ gemeines Verbot, die Gehilfen außerhalb dieser Ruhezeit auch bei gelegentlich vorkommenden Dienstleistungen zu beschäftigen, erschien namentlich mit Rücksicht auf die Hausgemeinschaft, in der die Gesellen noch in den meisten Fällen mit dem Meister stehen, bedenklich und angesichts der für die Ruhezeit vorgeschriebenen Mindestdauer nicht geboten. Dagegen erachtete die Kommission es zur Verhütung einer übermäßigen Inanspruchnahme der Gehilfen für erforderlich, die Ver⸗ wendung der letzteren zu gelegentlichen gewerblichen Dienstleistungen außerhalb der 12⸗ bezw. 13 stündigen Arbeitsschicht auf einen Zeitraum von 2 Stunden zu beschränken. Die Beschäftigung der Gehilfen mit häuslichen Arbeiten 121 der Gewerbeordnung) kommt hierbei nicht in Betracht.

Als gelegentliche Dienstleistungen werden nach der An⸗ sicht der Kommission solche mit dem Betrieb des Gewerbes zusammen⸗ hängenden Arbeiten anzusehen sein, welche außerhalb des regelmäßigen Fortgangs der Haupt⸗ und Nebenarbeiten des Betriebes zeitweise vor⸗ kommen. Arbeiten dieser Art, z. B. das Abladen einer ankommenden Sendung von Mehl oder Kohlen, das Ueberbringen von Waaren an einzelne Kunden, nehmen in der Regel eine kurze Zeit in Anspruch. Nicht als gelegentliche Dienstleistungen gelten hiernach die regel⸗ mäßigen Nebenarbeiten des Betriebes, z. B. das tägliche Austragen von Backwaaren an die Kunden, das Reinigen der Backstube, der Bleche, der Maschinen u. dergl. Arbeiten dieser Art sind auf die tägliche Arbeitsschicht anzurechnen.

Durch den Ausdruck „Gehilfen“ soll klargestellt werden, daß sich die Bestimmungen nach der Absicht der Kommission auch auf solche bei der Herstellung von Bäcker⸗ oder Konditorwaaren be⸗ schäftigten Hilfskräfte erstrecken sollen, welche, wie z. B. die Arbeiter in den Brotfabriken, nicht unter den überdies in manchen Gegenden nicht mehr üblichen Begriff „Gesellen“ fallen (vergl. § 10). 6 8

u § 2. 8

Von einzelnen Auskunftspersonen ist a forderlichen besonderen Schutz für die in den Bäckereien beschäftigten Lehrlinge dadurch herbeizuführen, daß für sie die Dauer der Arbeits⸗ zeit nach dem Lebensalter oder nach der körperlichen Entwickelung begrenzt werde. Diesen Vorschlägen wurde jedoch nach der Ansicht der Kommission mit Recht entgegengehalten, daß eine Regelung der Arbeitszeit nach dem Lebensalter wegen der in den einzelnen Bundes⸗ staaten verschiedenen Dauer der gesetzlichen Schulpflicht, die z. B. in Bayern mit dem dreizehnten Lebensjahre endigte, nicht rathsam er⸗ schiene, und die Beurtheilung der körperlichen Entwickelung dem individuellen Ermessen einen zu weiten Spielraum lasse. Unter diesen Umständen stimmte die Kommissioͤn dem von der Mehrheit der Aus⸗

kunftspersonen befürworteten Vorschlage zu, die Arbeitszeit für das

erste Lehrjahr um zwei und für das zweite Lehrjahr um eine Stunde kürzer zu bemessen als die im § 1 für die Gehilfen vorgesehene Maximalarbeitszeit.

In der Kommission ist außerdem angeregt worden, neben der zu⸗ lässigen Dauer auch einen Zeitpunkt zu bestimmen, vor welchem die tägliche Beschäftigung nicht beginnen dürfe, damit den Lehrlingen auf diese Weise wenigstens ein Theil der Nacht als Ruhezeit gesichert und gleichzeitig dem übermäßigen Halten von Lehrlingen vorgebeugt werde. Die Majorität der Kommission glaubte jedoch dieser Anregung nicht folgen zu dürfen, indem sie entgegenhielt, daß bei den gegen⸗ wärtig in Bäckereien bestehenden Errüehkungen und der Gewöhnung des Publikums an frische Morgenwaare zur Nachtzeit gewisse Arbeiten zu verrichten seien, von denen der Lehrling im Interesse seiner Aus⸗ bildung nicht ferngehalten werden dürfte. Die Beseitigung der Nacht⸗ arbeit für die Lehrlinge wäre daher nur durch die Beseitigung dieser Arbeit auch für die erwachsenen Arbeiter zu erreichen. Als Mittel gegen das übermäßige Halten von Lehrlingen erschiene der Vorschlag aus dem Grunde nicht geeignet, weil seine Tragweite über dieses Ziel weit hinaus ginge.

Zu § 3.

Nach dem Ergebniß der Erhebungen glaubt die Mehrheit der Kommission zwar, daß die Konditoreien im allgemeinen mit der für die Bäckereien zulässigen Arbeitszeit ohne besondere Schwierigkeiten auskommen können, desehe hielt es die Mehrheit im Hinblick auf die Darlegungen der Auskunftspersonen für erforderlich, eine größere Bewegungsfreiheit für solche Fälle zu gestatten, in denen diese Betriebe erfahrungsgemäß besonders in Anspruch genommen werden. Bei der Herstellung von Eis, welche von einer eigens damit vertrauten Person von Anfang bis zu Ende geleitet und überwacht werden muß, bei dem Eintreffen von Obstsendungen, die zur Vermeidung von Verlusten thunlichst bald verwerthet werden müssen, sowie endlich zu Zeiten, in denen der gesellschaftliche Verkehr eine besondere, selten im voraus zu bemessende Nachfrage nach Konditorwaaren hervorruft, werden Ueber⸗ schreitungen der regelmäßigen Arbeitsschicht sich im Interesse der Existenz zahlreicher Betriebe nicht wohl vermeiden 8 An anderen Tagen kann dagegen die Arbeit oft in sehr viel kürzerer Zeit als 12 Stunden bewältigt werden. Der Entwurf schlägt daher vor, solche Ueberschreitungen ohne Begrenzung der täglichen Arbeitszeit unter der Bedingung zu gestatten, daß die Schichten an anderen Werktagen der⸗ selben Woche entsprechend verkürzt werden. Tritt dieser Ausgleich nicht ein, so würde die Zulässigkeit der Ueberschreitung nach der Be⸗ stimmung im § 4 zu beurtheilen sein.

Da nach den Bestimmungen des Entwurfs 5) den Gehilfen und Lehrlingen in Bäckereien an Sonn⸗ und Festtagen eine Ruhezeit von 16 Stunden gewährt werden soll, so empfahl es sich, den Kon⸗ ditoreien in gleicher Weise wie den Bäckereien die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen an jenen Tagen nur für die Dauer von 8 Stunden zu gestatten.

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88 11 regt worden, den er⸗

Zweite Beilage

s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 7. August

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Zu gewissen Zeiten des Jahres, insbesondere vor Weihnachten, Ostern, Pfingsten, und an den Tagen, wo die Konfirmation oder erste Kommunion stattfindet, ferner vor anderen Festen, Markttagen und dergleichen, pflegt in den Bäckereien und Konditoreien ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß einzutreten, weil für solche Tage größerer Bedarf an Waaren ist, in Bäckereien auch die Kunden viel eigenes Backwerk zum Backen bringen. Die statistische Aufnahme ergiebt, daß in 78 % der befragten Bäckereien und in 85,5 % der befragten Konditoreien vor Festen oder bei anderen Gelegenheiten Verlängerungen der gewöhnlichen Arbeitszeit, bei Bäckereien in der Regel für 7 oder weniger Tage, bei Konditoreien in 30,9 % der Betriebe für mehr als 28 Tage hinter einander vorkommen (Erhebung I S. 66, 68). Das Verlangen, diesem Bedürfniß durch die Fern ges besonderer Hilfs⸗ kräfte abzuhelfen, wird schon um deswillen nicht wohl gestellt werden dürfen, weil nach dem Ergebniß der Erhebungen auch die Gehilfen aus solchen Tagen meist einen besonderen Verdienst zu ziehen pflegen und sich nur ungern bereit finden lassen würden, auf denselben zu Gunsten besonderer Hilfskräfte zu Hiervon abgesehen, würden die zahlreichen kleinen Betriebe in Rücksicht auf die ihnen ent⸗ stehenden Kosten, die Betriebe auf dem Lande und in kleineren Städten wegen der Schwierigkeit, geeignete Hilfskräfte für solche Tage zu er⸗ halten, vielfach nicht im stande sein, sich dieses Ausweges zu be⸗ dienen. Ueberdies ist im Laufe der Erhebungen von vielen Seiten hervorgehoben worden, 5 die Heranziehung besonderer Hilfskräfte zur Bewältigung der bei den ncegebenan Gelegenheiten entstehenden

ehrarbeit sich in manchen Fällen aus dem Grund als unzweck⸗ mäßig erwiese, weil die mit den Betriebseinrichtungen und den ört⸗ lichen Henftafenbeten nicht vertrauten Gehilfen den bei jenen Anlässen an sie zu stellenden Anforderungen nicht oder nur unvollkommen gerecht zu werden vermöchten.

Das Bedürfniß nach einer Verlängerung der Arbeitszeit aus den oben bezeichneten Anlässen macht sich in der Regel bei allen Bäckereien und Konditoreien GUeh. Dagegen ist das Maß des Bedürfnisses in den einzelnen Gegenden und an den einzelnen Orten verschieden. In Rücksicht hierauf schlägt der Entwurf vor, die höhere Ver⸗ waltungsbehörde zu ermächtigen, für ihren Bezirk oder einzelne Theile desselben den Bäckereien und Konditoreien nach Maßgabe des gegebenen Bedürfnisses die Ueberarbeit für höchstens insgesammt 20 Tage im Jahre zu gestatten.

Ein weiteres Bedürfniß nach Ueberarbeit kann dadurch entstehen, daß entweder erhebliche Verzögerungen in der Beendigun des Arbeits⸗ prozesses eintreten, oder gelegentlich einmal größere Bestellungen vor⸗ liegen, welche sich innerhalb der für die Dauer der Arbeitsschicht im § 1 gezogenen Grenzen nicht erledigen, oder bei den Konditoreien durch eine kürzere Arbeitszeit gemäß § 3 Ziffer 1 nicht ausgleichen lassen. Fälle unerwarteter Bestellungen treten nach dem Ergebniß der Erhebungen bei den Konditoreien weit häufiger ein als bei den Bäckereien. Andererseits dürften bei diesen aic die Fälle, wo in⸗ olge unvorherzusehender und unvermeidlicher Verzögerungen in der

eendigung des Backprozesses die nach § 1 znlässige Arbeitsschicht nicht ausreicht, verhältnißmäßi e. sein. Aus dieser Erwägun wird im Abs. 1 Ziffer 2. agen, außer an den unter Ziffer bezeichneten Tagen den Bäckereien noch für 20, den Konditoreien da⸗ gegen für 40 Tage im Jahr eine, der Bestimmung des Arbeitgebers überlassene, Verlängerung der Arbeitszeit zu gestatten. Die Ueberarbeit bei den hier in Frage kommenden Fällen von einer obrigkeitlichen Er⸗ laubniß abhängig zu machen wie dies von einer Seite vorgeschlagen worden ist —, erschien namentlich aus dem Grunde nicht rathsam, weil sich hier das Bedürfniß meist unvorhergesehener Weise geltend macht und, wenigstens in den Bäckereien, in zahlreichen Fällen auch zu einer Fett auflritt wo die rechtzeitige Einholung einer obrigkeit⸗ lichen Erlaubniß nicht wohl möglich ist, oder eine vorherige Auf⸗ 8n. der Verhältnisse den Behörden nicht wohl zugemuthet werden ann.

Die in dem Entwurf vor Zahl der Tage, an denen Ueberschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit zulässig sein sollen, dürfte dem an Ueberarbeit, soweit er als gerechtfertigt an⸗ zuerkennen ist, entsprechen, und in Rücksicht auf die in Absatz 2 vor⸗ gesehene ununterbrochene Ruhezeit von 8 Stunden auch keine über das fubläffige Maß hinausgehende Anstrengung der Gehilfen und Lehrlinge herbeiführen. 1

Für die Fälle, in denen Bäckerei und Konditorei trieben wird, ist im § 11 des Entwurfs eine besondere

gesehen. 8 8

. Zu §§ 5 bis 8. 1

Die §§ 5 bis 8 betreffen die Regelung der Sonntagsarbeit. Würde man sich bei der Regelung der Arbeitszeit an den Sonn⸗ und Festtagen darauf 82.. für jeden einzelnen Arbeiter eine ge⸗ wis Ruhezeit vorzuschreiben, so läge darin die Gefahr, daß in den größeren Betrieben mit Hilfe einer Abwechselung der Arbeiter auch an diesen Tagen den ganzen Tag über oder doch während eines größeren Theils desselben würde weiter gearbeitet werden können, während die kleineren Anlagen wegen des Mangels an ausreichenden Hilfskräften enöthigt sein würden, ihren Betrieb für längere Zeit zu unterbrechen. uf die Verhütung einer solchen, die kleinen Bäckereien und Kon⸗ ditoreien empfindlich schädigenden Ungleichheit haben die Auskunfts⸗ personen bei den mündlichen Vernehmungen einen han besonderen Werth gelegt. Die Mehrheit der Kommission hat in Rücksicht hierauf vorgeschlagen, die Beschäftigung der sämmtlichen Gehilfen und Lehr⸗ u jedes Betriebes an den Sonn⸗ und Festtagen in den Bäckereien

emeinsam be⸗ egelung vor⸗

während eines ununterbrochenen Zeitraums von 16, in den Konditoreien während eines P von 12 Stunden auszu⸗ schließen 5). Da die Konditoreien nach dem Ergebniß der Er⸗ hebungen in der Regel Tagesbetriebe sind, und daher die Arbeit bei ihnen meist erst am Morgen des auf den Sonn⸗ oder Festtag folgenden Werktages wieder beginnt in 92,6 % der Betriebe erst nach 5 ½ Uhr

meist gegen Mittag beginnen und infolge dessen auch den in diesem Gewerbe beschäftigten Gehilfen und Lehrlingen thatsächlich annähernd dieselbe ununterbrochene Ruhezeit gewährt werden, wie den Gehilfen und Feelengen in Bäckereien. Der allgemeinen Vorschrift einer 16 stündigen Ruhezeit stand das Bedenken entgegen, daß es in den Konditoreien nicht wie in den Bäckereien Sitte ist, und bei der leichten Verderblichkeit der herzustellenden Waaren auch kaum angängig sein würde, die Arbeit bereits in den frühen Morgenstunden zu beenden. Um den Bedürfnissen des einzelnen Betriebes thunlichst Rechnung zu tragen, empfahl es sich nach der Ansicht der Mehrheit der Kom⸗ mission, die den Gehilfen und Lehrlingen zu gewährende ununter⸗ brochene Ruhezeit nur nach ihrer Mindestdauer, dagegen nicht auch nach ihrer Lage zu bestimmen. Landespolizeiliche Vorschriften, welche Beginn und Ende einer objektiven Betriebsruhe vorschreiben, würden dadurch nicht ausgeschlossen. „Für die Aufnahme der Bestimmung im § 6 Ziffer 1 sprach der Umstand, daß es in den Bäckereien üblich ist und bei den einmal be⸗ stehenden Betriebseinrichtungen auch kaum ohne weiteres aufge eben werden kann, einige Zeit vor dem Beginn der eigentlichen Arbeit ewis e Vorbereitun sarbeiten vorzunehmen, insbesondere den Vorteig (Hefestück, Sauer) seruntelen den Ofen anzuheizen u. s. w. Diese rbeiten nehmen bei den kleineren Betrieben mei nur eine Person

Morgens —, so würde bei dieser veöge die Ruhezeit voraussichtlich

und nur sehr geringe Zeit in Anspruch. Würden sie erst nach Ablauf des Sonn⸗ oder Festtages vorgenommen werden dürfen, so würde die eigentliche Backarbeit erst geraume Zeit nach Mitternacht beginnen können, und dadurch vielen Bäckereien die rechtzeitige Lieferung der Waare für den Morgen des auf den Sonn⸗ oder Festtag folgenden Werktages e. gemacht werden. Für die rechtzeitige Wieder⸗ aufnahme des Betriebes an diesem Tage erscheint es deshalb unerläßlich, eine Unterbrechung der Sonntagsruhe für die bezeichneten Arbeiten zu gestatten, die 1 in größeren Betrieben, erforderlichenfalls unter Zuhilfenahme mebrerer Kräfte, ohne besondere Schwierigkeiten innerhalb einer Stunde erledigt werden können. Die Bestimmung im § 6 Ziffer 1 ist vornehmlich bei der Schwarzbrotbäckerei von Bedeutung. Würde das „Ansetzen und Führen des Sauerteigs“ an Sonn⸗ und Festtagen nicht gestattet, so würde es kaum angängig sein, am folgenden Werktage das Schwarzbrot rechtzeitig herzustellen, da es hierzu eines vorhergehenden, längere Zeit dauernden Gährungs⸗ prozesses bedarf, dessen Abkürzung nicht in dem Umfange möglich ist wie bei der Weißbrotbäckerei. 1

Durch die Bestimmung im § 6 Ziffer 2 soll den Konditoreien ermöglicht werden, dem an Sonn⸗ und Festtagen besonders starken Bedarf an solchen Waaren, die unmittelbar vor dem Eeauß hergestellt werden müssen, auch für die Folge zu entsprechen. Es handelt sich hierbei insbesondere um den bei den mündlichen Vernehmungen mehr⸗ fach erwähnten „Eisposten“, mit Hilfe dessen die Konditoreien in der Lage sind, der vornehmlich an Sonn⸗ und Festtagen hervortretenden Nachfrage nach Eis, Crôͤmes und dergleichen zu genügen. Die hierzu erforderlichen Arbeiten sind verhältnißmäßig leicht.

Die im § 7 vorgesehene Bestimmung enthält lediglich die An⸗ erkennung einer nach den Angaben der Auskunftspersonen bereits zur Zeit vielfach bestehenden Sitte.

Der § 8 macht die Fortdauer eines in manchen Theilen des Reichs üblichen Brauchs für die Zukunft von der Gestattung der unteren Verwaltungsbehörde abhängig. Durch die Vernehmungen ist festgestellt worden, daß in vielen Gegenden sowohl auf dem Lande, als in den Städten, die Kunden gerade an den Sonn⸗ und Festtagen selbstbereitete Kuchen zum Ausbacken, sowie Fleisch zum Braten zu den Bäckern bringen. Das Publikum erspart hierdurch Feuerungs⸗ material, zum theil stehen ihm auch geeignete Ofeneinrichtungen nicht bur Verfügung, während der Bäcker durch die Uebernahme jener

rbeit die Ofenwärme ausnutzt. Von den Auskunftspersonen ist mehrfach darauf hingewiesen worden, daß nicht nur das Publikum und die betheiligten Bäcker, sondern auch die Gehilfen, denen aus der leichten, nur kurze Zeit in Anspruch nehmenden Arbeit vielfach ein willkommener Nebenverdienst erwachse, auf die fernere Zulassung dieser Lohnbäckerei in den Vormittagsstunden der Sonn⸗ und Festtage großes

u § 9.

Die im § 9 vorgesehene Ieht ung entspricht dem Vorschlage der Kommission, den Betrieben, die bereits gegenwärtig ihren Ge⸗ hilfen und Lehrlingen eine 24 stündige Ruhe für den Sonntag ge⸗ währen, durch die Zulassung einer längeren Arbeitszeit an den beiden vorhergehenden Werktagen die Beibehaltung jener Einrichtung zu er⸗ möglichen und ihre Einführung in anderen Betrieben zu befördern.

Zu § 10.

Um Zweifel darüber auf welchen Kreis von Per⸗ sonen die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit sich erstrecken soll, em⸗ pfiehlt es sich, ihn ausdrücklich dahin zu begrenzen, daß die Vor⸗ schriften nur auf diejenigen Personen Anwendung finden sollen, die bei der Herstellung von Bäcker⸗ und Konditorwaaren senh9 werden.

Gewicht legen.

Dadurch werden nicht nur die beim Verkauf thätigen Hilfskräfte, sondern insbesondere auch die Austräger, Reinmachefrauen, Hausknechte u. s. w., für die ein Bedürfniß zu einem Eingreifen der Gefetzgebung auf dem hier in Frage kommenden Gebiete nicht hervorgetreten ist, von dem Bereiche der Bestimmungen ausgeschlossen.

Andererseits wird Vorsorge dahin getroffen werden müssen, daß nicht jugendliche Personen, die bei der Herstellung von Bäcker⸗ und Konditorwaaren beschäftigt werden, als jugendliche Arbeiter angenommen und dadurch den für die Lehrlinge vorgesehenen Schutzbestimmungen entzogen werden. Personen, die die Ausbildung zum Gesellen oder Gehilfen noch nicht erreicht haben, sollen daher auch dann als Lehr⸗ linge gelten, wenn ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen worden ist.

Einigkeit bestand in der Kommission darüber, daß unter Hehirfen und Lehrlingen im Sinne des Entwurfs, ebenso wie in der Gewerbe⸗ ordnung, sowohl männliche als weibliche Fee begriffen sind. Letztere finden übrigens in Bäckereien, abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Ladengeschäft, selten Verwendung

Die Erhebungen durch Fragebogen haben sich auch auf die Arbeits⸗ zeit in den Ladengeschäften der Bäckereien und Konditoreien erstreckt Erhebung I S. 44, 45, 68). Die Kommission glaubte jedoch die

kegelung der Verkaufszeit in diesen Geschäften nicht getrennt von der Regelung der Arbeitszeit im behandeln zu sollen. u § 11

Die neuere gewerbliche Entwicklung hat in vielen Orten dahin eführt, daß zah Bäckereien sich auch mit der Herstellung von Konditörwaaren beschäftigen und für die hierzu erforderlichen Arbeiten besondere Gehilfen annehmen. Diese Gehilfen und die zur Erlernung des Konditorgewerbes in solchen Betrieben angenommenen Lehrlinge anderen Bestimmungen, als den für die Beschäftigung von Konditor⸗ gehilfen und Konditorlehrlingen vorgesehenen zu unterwerfen, würde der Billigkeit nicht entsprechen. Dagegen ist es nicht angängig, für die Beschäftigung solcher Gesellen und Lehrlinge, die in Bäckereien neben den Bäckerwaaren auch Konditorwaaren herstellen, andere Be⸗ stimmungen als für die nur mit der Herstellung von Bäckerwaaren beschäftigten Personen vorzusehen, zumal die einen wie die anderen in gleichem Maße die mit der Nachtarbeit verbundene Anstrengung zu ertragen haben. 6 Der Absatz 1 unterstellt daher die letzteren ausnahmslos den für die Gehilfen und Lehrlinge in Bäckereien vorgesehenen Bestimmungen, während für Gehilfen und Lehrlinge, die in Bäckereien ausschließlich bei der Herstellung von Konditorwaaren beschäftigt werden, die für die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Konditoreien gegebenen Vorschriften maßgebend sein sollen. Bei dieser Regelung wird nicht nur die anderenfalls“ zu hefersende Benachtheiligung der Bäckereien, die Konditorwaaren durch besondere, in dem Konditor⸗ gewerbe ausgebildete Hilfskräfte herstellen, gegenüber den reinen Konditoreien vermieden, sondern auch der Konkurrenz vorgebeugt, welche die Konditoreien den Bäckereien unter Benutzung der ihnen gewährten Freiheit durch die Herstellung von Bäckerwaaren etwa bereiten könnten. Da der Begriff der Bäcker⸗ und Konditorwaare nicht allgemein feststeht, und eine Abgrenzung dieser Begriffe auf dem Wege des Gesetzes oder des Bundesrathsbeschlusses kaum Se. . . Schwierigkeiten begegnet, beschränkt sich der Entwurf darauf, eine Bestimmung des Inhalts vorzuschlagen, daß als Bäckerwaare das herkömmlich unter Verwendung von Hefe ohne Beimischung von ee zum Teig herzustellende Backwerk gelten soll, während das zußere Bestreuen mit Zucker der Waare noch nicht die Eigenschaft der Bäckerwaare entzieht. Uebrigens soll damit noch nicht bestimmt werden, daß alle Backwaaren, bei welchen dem Teig Zucker 8888 ist, reine Konditorwaaren seien. Mit Rücksicht auf ie Verschieden⸗ heit der Verhältnisse in den einzelnen Gegenden des Reichs wird es sich empfehlen, daneben der hoͤheren Verwaltungsbehörde die Be⸗ gniß zu übertragen, erforderlichenfalls darüber Bestimmung zu

treffen, ob ortsüblich bestimmte Waaren zu den Bäckerwaaren zu rechnen sind.

Zu § 12. Darüber, wie die Kontrole über die Einhaltung der Maximal⸗ arbeitszeit geübt werden solle, bestand in der Kommission Meinungs⸗ verschiedenheit.

„Während von einer Seite die fortlaufende Führung eines Arbeits⸗ v unter gegenseitiger Kontrole des Arbeitgebers und Arbeit⸗ nehmers als nothwendig erachtet wurde, wurde von anderer Seite der Standpunkt vertreten, daß besondere Kontroleinrichtungen, namentli eine solche Registerführung, nicht angezeigt erschienen, daß vielmehr d allgemeinen Aufsichtsbefugnisse der Polizeibehörden um so mehr g nügten, als die Gehilfen aus eigenem Interesse die Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitsdauer kontrolieren und eventuell Anzeige er statten würden. Peinliche Kontrolen würden mehr Unzufriedenheit und Gehässigkeit als Gutes zur Folge haben. Ein Arbeitsregister würde übrigens nur dann einen Werth haben, wenn es vom Arbeitgeber un Arbeiter gemeinsam geführt würde. In diesem Falle würde es aber viel Antaa zu Feistigtet geben.

Die Einführung weitläufiger, bis ins einzelne gehender Kontrol maßregeln wird nach der Ansicht der Mehrheit der Kommission auch um deswillen nicht erforderlich sein, weil anzunehmen ist, daß eine den vorgeschlagenen Bestimmungen gemäß geregelte Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien bei der Einfachheit der g Regelung bald zur Sitte und Gewohnheit werden wird. rst wenn aie Annahme sich als irrthümlich erweisen sollte, würden Maß⸗ nahmen, die bei dem geringen Umfang der meisten hier in Frage kommenden Betriebe und der Abneigung der Kleingewerbetreibende 5 en leicht belästigend werden, ins Auge zu

assen sein.

Einen Vorschlag, den Arbeitgeber zu verpflichten, an geeigneter Stelle eine Tafel mit der Angabe des Beginns der regelmäßige täglichen Arbeitszeit auszuhängen, vermochte sich die Kommission au der Erwägung nicht anzueignen, weil hierdurch bei der Unregelmäßig⸗ keit der Arbeitszeit namentlich in den Konditoreien eine wirk⸗ same Kontrole nicht geschaffen werden könne. Dagegen glaubte man, 88 es schon das Interesse des Arbeitgebers, fortlaufend darüber unter 8

stet zu sein, wie viele der für die Ueberarbeit im § 4 Absatz 1 iffer 2 freigegebenen Tage bereits in Anspruch genommen und wie.

viele ihm noch zur Verfügung stehen, zweckmäßig erscheinen lasse, ihm die im § 12 Absatz 1 enthaltene Verpflichtung aufzuerlegen, zuma hiermit eine erhebliche Belästigung nicht verbunden sei. Dabei wird es indessen nach der Ansicht der Mehrheit der Kommission zur Ver hütung von Uebertretungen der Vorschrift im § 4 Se 1 Ziffer erforderlich sein, nur polizeilich abgestempelte Kalendertafeln zur Be nutzung zuzulassen. Die Abstempelung würde nach dem Vorgange i

3 der Gewerbeordnung kostenfrei zu erfolgen haben. Ein Antrag, an der Durchlochung oder Durchstreichung auch die Arbeiter zu be⸗ theiligen, wurde angesichts der Schwierigkeiten, denen die Durchführung einer solchen Bestimmung begegnen würde, zurückgezogen.

Dr. von Rottenburg. Lohmann. Rasp. Morgenstern⸗

von Schicker. Dr. Wörishoffer. Dr. Freiherr von Gemmingen⸗

Dr. von Scheel. Dr. Hitze. Dr. Kropatscheck. Letocha. Merbach. Molkenbuhr. Schmidt. Siegle.

8

Entwurf von Bestimmungen,

betreffend die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Bäckereien und Konditoreien.

§ 1. 6 In Bäckereien darf die Arbeitsschicht der Gehilfen die Dauer von 12 Stunden, oder, falls die Arbeit durch eine Pause von minde⸗ stens einer Stunde unterbrochen wird, einschließlich dieser Pause di Dauer von 13 Stunden nicht überschreiten. Die Zahl der Arbeits⸗ Leee darf für jeden Gehilfen wöchentlich nicht mehr als 7 ragen. * wischen den muß den Gehilfen eine ununter brochene Ruhe von mindestens 8 Stunden gewährt werden. Währen eines Zeitraums von 2 Stunden außerhalb der zulässigen Arbeits schichten dürfen die Gehilfen zu gelegentlichen Dienstleistungen des Gewerbes, jedoch nicht bei der Herstellung von Waaren verwendet

werden. 2

Auf die Beschäftigung von Lehrlingen finden die vorstehenden Bestimmungen mit der Maßgabe Anwendung, daß die zulässige Dauer der Arbeitsschicht im ersten Lehrjahre 2 Stunden, im zweiten Lehr jahre 1 Stunde weniger . als die für die Beschäftigung von Gesellen zulässige Dauer der

Auf Konditoreien finden die vorstehenden Bestimmungen mit der Maßgabe Anwendung, daß b

1) die Dauer der Arbeitsschicht 1 Absatz 1) an einzelnen Werktagen überschritten werden darf, wenn die Arbeitsschicht an anderen Werktagen derselben Woche um die Dauer der Ueberschreitung verkürzt wird, und

2) die Arbeitsschicht an Sonn⸗ und Festtagen die Dauer von 8 Stunden nicht überschreiten darf. b

4. 8

Ueber die in §§ 1 bis 3 festgesetzte Dauer dürfen Gehilfen und Lehrlinge beschäftigt werden: 8

1) an denjenigen Tagen, an welchen zur Befriedigung eines bei Festen oder sonstigen besonderen hervortretenden Be⸗ verigle die höhere Verwaltungsbehörde Ueberarbeit für zulässig er⸗

ärt hat;

2) außerdem in Bäckereien an jährlich 20, in Konditoreien an jährlich 40 der Bestimmung des Arbeitgebers überlassenen Tagen.

Auch an solchen Tagen muß den Gehilfen und Lehrlingen zwischen den Arbeitsschichten eine ununterbrochene Ruhe von mindestens acht Stunden gewährt werden.

Die höhere Verwaltungsbehörde darf die Ueberarbeit (Ziffer 1) für höchstens 20 Tage im Jahre

An Sonn⸗ und Festtagen dürfen die Gehilfen und Lehrlinge in Bäckereien während eines ununterbrochenen Zeitraums von 16 Stun⸗ den, in Konditoreien während eines ununterbrochenen Zeitraums von 12 Stunden nicht beschäftigt

In Abweichung von den Bestimmungen der §§ 1, 3 Absatz 2. 5 8nn. Gehilfen und Lehrlinge an Sonn⸗ und Festtagen beschanan werden: 1

1) in Bäckereien mit Arbeiten, welche zur Vorbereitung der Wiederaufnahme der regelmäßigen Arbeit am nächsten Werktage noth⸗ wendig sind, sofern sie nach 6 Uör Abends stattfinden und nicht länger als 1 Stunde dauern,

2) in Konditoreien mit der Hernenan leicht verderblicher Waaren. die unmittelbar vor dem Genuß hergestellt werden müssen (Eis. Kremes und dergleichen).

8 Fehülhsen und Lehnenge e Koncitoreien, wae. 8 einem oder Festtage noch na 2 Uhr Mittags be gt worden müssen an einem Werktage der folgenden Woche von Mittags 12 Uhr ab von der Arbeit freigelassen werden.