1894 / 229 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Sep 1894 18:00:01 GMT) scan diff

regungen einzelner Delegirten. Auf Bemerkungen des Dele⸗ girten Treuenfels über die Behandlung der Mannschaften

ei den letzten Uebungen im Unterinnthale erklärte der Reichs 48 * Minister, daß der Krankenbestand dort nach den Manövern geringer gewesen sei, als vor⸗ her. Auf eine Anfrage des Delegirten Pacak erwiderte der Reichs⸗Kriegs⸗Minister, die Armee könne sich mit Stolz rühmen, daß bei ihr nie ein Unterschied der Nationalität oder der Religion gemacht worden sei. Von der Benachtheiligung eines Soldaten um seiner Nationalität willen könne keine Rede sein. Das Verbot, böhmisch zu sprechen, sei, wenn es überhaupt vorgekommen, darauf zurückzuführen, daß man den Soldaten bei dem Verkehr unter sich den Ge⸗ brauch der deutschen Sprache als Armeesprache empfohlen habe. Die Instruktion für die Freiwilligenprüfung bestimme ausdrücklich, daß von Nichtdeutschen weder fließender Vortrag, noch sprachliche Richtigkeit im Ausdruck gefordert werden dürfe. Die Mißhandlungen der Mannschaft hätten erkennbar ab⸗ genommen; sie seien niemals zahlreich gewesen und durchgehends infolge einer momentanen Erregung, niemals aber systematisch und raffiniert worden. Der Minister verwahrte sich sodann gegen den Ausdruck des Delegirten Pacak, daß bei den Re⸗ gimentern in Böhmen „fremde“ 8 iere eingetheilt würden. „Fremde“ Offiziere gebe es nicht; ie nach Ablauf einer gewissen Zeit die Armeesprache zum Dienstgebrauche nicht genügend gelernt hätten, würden nicht befördert. Der Delegirte Sueß erwähnte ihm zugegangene Klagen, daß bei den Aufnahmeprüfungen in einzelnen Kadettenschulen die be⸗ sondere Prüfungsart israelitischen Bewerbern den Zutritt unmöglich mache, und ersuchte den Minister um eine beruhigende Erklärung. Der Reichs⸗Kriegs⸗Minister berief sich in seiner Erwiderung darauf, daß die Armee sen ihrem Bestande und in allen Phcgen ihrer denkwürdigen Geschichte einen Unter⸗ schied in Nationalität und Religion nicht gekannt habe. Für die Gesinnungen Einzelner könne er natürlich nicht gutstehen, die Heeresverwaltung jedoch bringe allen Untergebenen, also auch denen israelitischen Glaubens, Wohlwollen und Gerechtigkeit entgegen. Schließlich erklärte der Minister die vorgebrachten Beschwerden wegen angeblich schlechter Verpflegung der Truppen bei den Landskroner Manövern für unbegründet; der Gesund⸗ heitszustand sei ein vorzüglicher, die Qualität der gelieferten Verpflegungsartikel tadellos gewesen. Das Ordinarium des Heeresbudgets wurde sodann ohne Abänderung angenommen.

Spanien.

Der Marine⸗Minister hat die Entsendung eines Kreuzers von den Philippinen nach Shanghai zum Schutz der dort ansässigen spanischen Unterthanen angeordnet.

Niederlande.

Die Königin und die Königin⸗Regentin trafen estern in Alkmaar ein und wurden Psse enthusiastisch egrüßt. Bei dem Dejeuner in der Militärschule hielt die König in⸗Regentin eine Ansprache, worin sie ihrer Be⸗ riedigung Ausdruck gab, diese junge Schule kennen gelernt zu aben, für welche die Stadt Alkmaar große Opfer gebracht habe. leichzeitig sprach die Königin⸗Regentin das Vertrauen aus, daß die Schule eine Fördererin der Interessen des Vater⸗ landes werden würde. Blinder Gehorsam gegen die ertheilten Befehle, Ordnung, Disziplin und Pflichtgefühl seien unum⸗ gänglich nothwendig in der Armee. Diese Eigenschaften könnten

hier von denen erworben werden, die hofften, später einen Platz unter den niederländischen Offizieren ö. Die Rede schloß mit einem Trinkspruch auf die Militärschu 1 Stadt Alkmaarxr. 8

Rumänien. 11“

Studenten, die von einem sebentiscen Kongreß aus Konstanza nach Bukarest zurückkehrten, veranstalteten vor⸗ gesten Abend einen Umzug und Kundgebungen. Sie wollten sich auf den S.g begeben und dort, wie im Programm vorgesehen war, Reden halten. Da die Regierung beschlossen hatte, nichts zu gestatten, was die Ordnung stören und eine Bewegung hervor⸗ rufen könne, die übel gedeutet werden möchte, wurde jede Kundgebung verboten; Polizeiagenten und eine kleine Truppen⸗ abtheilung wurden beauftragt, 8- zu diesem Zweck erlassenen und durch Plakate bekannt Polizeibefehl auszu⸗ führen, wurden aber von der Menge daran gehindert. Letztere wollte sich jedoch bereits zurückziehen, wandte sich aber auf die von einigen Liberalen ausgesprochene Behauptung, es seien siebenbürgische Studenten verhaftet, von neuem gegen die Polizei. Bei der nun erfolgenden Schlägerei wurden einige Personen verwundet, ein Sergeant schwer. Die Liberalen führten hierauf die Menge vor das Kluhlokal der Liberalen, wo eine lärmende Kundgebung stattfand. Mehrere Ver⸗ haftungen wurden vorgenommen. Gestern kamen keine Ruhe⸗ störungen vor.

ESerbien.

Wie der „Frankfurter Zeitung“ aus Belgrad gemeldet wird, ordnete die griechische Regierung telegraphisch die Abberufung des griechischen Konsuls Jakakis in Nisch und seine Entlassung aus dem Dienst an, weil er bei einer Festlichkeit anläßlich des Namenstages des Kaisers von Rußland beleidigende Aeußerungen gegenüber Oesterreich⸗ Ungarn gethan habe.

Bulgarien.

Die allgemein auch von informierten Kreisen An⸗ schauung geht dem „W. T. B.“ zufolge dahin, daß eine Aenderung des Kabinets augenblicklich nicht stattfinden werde, und daß Radoslawow und Tontschew den Zu⸗ sammentritt der Sobranje abwarten würden. Jedenfalls habe keine formelle Demission stattgefunden.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ wären in YNokohama Nachrichten eingegangen, denen zufolge die Tonghak⸗Rebellen, welche die Urheber des ersten revolutionären Ausbruchs auf Korea gewesen seien, die Japaner bei Taiku, im Süden von Korea, angegriffen hätten. Von Söul seien Verstärkungen dorthin abgegangen.

Dasselbe Bureau erfährt aus Shanghai von daß die chinesischen Offiziere sich gegenseitig die Verantwortlichkeit für die Niederlage am 889 u⸗ zuschieben versuchten. Die Untersuchung dauere fort. Ein Kapitän sei bereits wegen eigheit hingerichtet worden. Man glaube, daß auch andere Offiziere hingerichtet werden würden. Der Admiral Ting, der in Port Arthur egen einige seiner Offiziere erhoben habe, habe erklärt, 7 Schiffe sähe sic während der Schlacht im Naluflusse versteckt ge⸗ alten.

estern,

schwere Anklagen

v1141“X“ des „Reuter'schen Bureaus“ aus

11“

Kairo von gestern hätten die englischen Militärärzte ein Gut⸗

achten abgegeben, wonach die Gesundheit von Ali Cheri Pa cha nicht gestatte, b härif In Anbetracht dessen, daß der Pascha 8

des Sklavenkaufs eingestanden habe, ha

gegen ihn Abstand zu nehmen.

8 Die „Agenzia Stefani“ erklärt die Nachricht, daß General

„Age Baratieri Feistärkungen verlangt habe, weil er fürchte, die Derwische könnten die Verbindungen zwischen Kassala und Agordat abschneiden, für unbegründet. Die in Rom ein⸗ getroffenen Telegramme meldeten im Gegentheil, daß die Zahl der fersöss Atbara stehenden Derwische gering und bedeutungs⸗

los sei.

Theater und Musik.

Im eaht. hause geht morgen Bizet's „Carmen“ ter Weingartner’s Leitung mit folgender Besetzung

unter Kapellmei in Scene: Carmen: Fräulein Rothauser, Don José: Herr Philipp,

Micasla: Früalch Weitz, Frasquita: Frau Herzog, Mercedes: Fräu-⸗

lein Dietrich, Escamillo: Herr Krolop. Am Sonntag wird Mozart's

„Zauberflöte“ gegeben. Die Aufführung von Meyerbeer's „Prophet“

sc Snes plötzlicher Heiserkeit des Herrn Sylva um einige Tage ver⸗ oben.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Calderon's dramatisches Gedicht „Das Leben ein Traum“ mit Herrn Matkowsky als Sigismund in Scene. (Rosaura: Fräulein Poppe, Clotald: Herr ble).

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Leopold wohnte der gestrigen Vorstellung im Berliner Theater von Paul Lindau’s „Ein each. bis zum Schlusse bei. „Der Traum ein Leben“, das poesievolle Märchendrama von Franz Grillparzer, wird nach zahlreichen Proben am Sonnabend der nächsten Woche zur Auf⸗ führung kommen. Die v des Werkes ruht in den Händen des Herrn Gustay Kober, während die maschinistischen Vorbereitungen von dem Ober⸗Maschinenmeister des Lessing⸗Theaters Herrn Moritz von Breunmühl geleitet werden.

Im Benefiz⸗Konzert für den Kapellmeister des Neuen Orchesters

rn Paul Prill, welches morgen, Abends 7 ½ Uhr, im Kroll'schen tablissement stattfindet, wird außer dem Hof⸗Pianisten Herrn 8 Paver Scharwenka noch die bekannte Sea;. Sängerin rau Amélie Gmür,Harloff mitwirken. lrie aus Bruch's „Feuerkreuz“ mit Begleitung des Orchesters, und eine Reihe von Liedern am Klavier. Herr Prill, welcher hier im Laufer des Sommers eine große Anzahl neuer Orchesterwerke zur Aufführung

brachte, tritt vom Beginn nächster Woche ab wieder seine Thätigkeit

als Erster Kapellmeister im Nürnberger Stadt⸗Theater an.

Jagd.

86 Bekanntmachung,

betreffend den Schluß der Jagd auf Rebhühner. Für den Regierungsbezirk Potsdam wird die Jagd auf Reb⸗

hühner mit Ablauf des 17. November 1894 geschlossen.

Potsdam, den 20. September 1894. 1b Der Bezirks⸗Ausschuß. T1“I““

8

14“

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

om 28. September, Morgens.

1ö1“

28 ue

. 8

Meͤrimée.

Stationen. Wetter.

ein Traum.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim

wolkenlos halb bed. bedeckt bedeckt Regen bedeckt bedeckt

Belmullet.. 771 Aberdeen 773. Christiansund 771 Kopenhagen. 757

tockholm . 759 Haparanda . 767

oskau 764

Tork, Queens⸗- Iwwwn 769 Cherbourg.. 770 16166 v111“ burg. 760 winemünde 756 Neufahrwasser 758.

E1 799 764 768 766 768 764 760 765 763 764 762 761

Grube. Brandt.

Zauberflöte.

-9tbo 82gh 9no

heiter der Frauen.

halb bed. wolkig heiter halb bed. wolkig¹) wolkenlos wolkig

wolkenlos

wolkig wolkenl. ²) vomng heiter) heiter 2* wolkig wolkenlos. 8. wolkig

heiter wolkig

Ludwig Fulda.

Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Weber.

—6

Niobe.

S1eceo e satbeoremnobebbeeen Scee

8.

Morgens Regen. ²) Gestern Regen. ³²) Nachts

Regen. Uebersicht der Witterung.

Die gestern erwähnte Depression über der füdlichen Ostsee hat sich wenig verändert und beeinflußt noch Wind und Wetter im Ostseegebiet und Zentral⸗ Europa, wo die Winde bhebhafter geworden sind und einen böigen Charakter angenommen haben. Ein barometrisches Maximum über 770 mm mit heiterer trockener Witterung liegt über den britischen Inseln. In Deutschland, wo überall Regen gefallen ist, ist dei veränderlicher Witterung die Temperatur erheb⸗ lich gesunken, sodaß dieselbe überall, außer zu Memel, unter dem Mittelwerthe liegt, in den EEe Gebietstheilen bis zu 5 Grad. An der deutschen Nordseeküste fanden vielfach Graupel⸗ und Hagel⸗

böen statt. . Deutsche Seewarte.

Friedrich

Sonnabend: ändler.

Dirigent: Herr 7 ½ Uhr.

Direktion:

kt

von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic Halévy, nach einer Tanz von Emil Graeb. setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Uhr. Schauspielhaus. 206. Vorstellung. Das Leben Dramatisches Gedicht in 5 Aufzügen. Nach dem Spanischen des Calderon de la für die deutsche Bühne bearbeitet von Carl August West. In Scene gesetzt vom Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Opernhaus. Oper in 2 Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Dichtung nach Karl Ludwig Giesecke, von Emanuel S Schauspielhaus. 207. Lustspiel in 5 Aufzügen von Jean Baptiste Molidre. 2 Fulda. Der Geizige. Lustspiel in 5 Aufzügen von Jean Baptiste Molière. Frei ü⸗ Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Die Weber. 2 ½ Uhr: Montag: Esther. Der Tartüff. 8

Berliner Theater. Sonnabend: Unter vier Angen. Niobe. Groß und Marie Reisenhofer.) Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: 2 ½ Uhr: Die Großstadtluft. (Er⸗ mäßigte Preise.) 7 ½ Uhr: Unter vier Angen. (Jenny Groß Marie Reisenhofer.) Montag: Heimath. (Nuscha Butze.) 1“

Lessing⸗Theater. Sonnabend: Wohlthäter der Menschheit. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Wohlthäter der Menschheit.

Montag: Madame Sans⸗Geéne. (Jenny Groß.)

Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25. Zum 161. Male: Operette in drei Aufzügen nach einer dee des Bieville von M. Wes

usik von Carl Seller.

Sonntag: Der Vogelhändler. Residenz · Theater.

igmund Lautenburg. Sonnabend: Zum 32. Male: Demi⸗Monde. von Alexandre Dumas.

ern. Sonntag und folgende Tage: Demi⸗Monde.

Novelle des Prosper Nenes Theater.

In Scene ge⸗

Schwan Misch. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag:

Anfang 7

r sechste Sinn.

Ober⸗Regisseur Max

Das neue Gebot.

199. Vorstellung. Die

ikaneder. orstellung. Die Schule Direktion:

In deutschen Versen von Ludwig in der Unterwelt.

übersetzt von Eduard Jacobson. arrangiert vom Dirigent: 7 ½ Uhr.

Nora. Die

Bentral-Theater.

(Erstes Auftreten von Jenny durch Berlin) von Julius

Julius Einödshofer. Anfang

21. Male:

Musik von Victor Roger. Dekorationen sind aus meyer in Coburg. Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Schiffbauerdamm 4a./5. Sonnabend: Perrichon’'s Reise. Schwank in 4 Akten von .5. Labiche. Hierauf: Der sechste Sinn.

in 1 Akt von G. von Moser und Robert

Perrichon’s Reise. 4 Akten von Eugen Labiche. Hierauf: Der

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen:

In Vorbereitung: Doppelselbstm posse in 3 Akten von Anzengruber.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 57. Julius Fritzsche. Sonnabend: durchaus neuer glänzender Ausftattung. Operetten⸗Feerie in 4 Akten 12 Bildern) von Hector Cremieux. Musik von Jaques Offenbach. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.

Balletmeister Louis Herr Kapellmeister Federmann.

Sonntag: Orpheus in der Unterwelt.

Alte Jakobstraße Nr. 30.

Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Anna Bäckers. Josefine Dora. Sonnabend: Zum 29. Male. O, diese Berliner! Große Posse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach Salingré's „Reise reund. ½ Uhr. Sonntag: O, diese Berliner!

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Zum Lolotte’s 28 Tage.

in drei Akten von H. Raymond und (Novität!) Die neuen em Atelier des Herrn Lütke⸗ In Scene gesetzt von Adolph Geboren:

Sonntag: Orchesters. 4

Abschieds⸗Konzert des Neuen Entrée 50 ₰. Dutzend⸗Billets

Birkus Renz (Karlstraße). Sonnabend. Auf auf zur fröhlichen Jagd. Gr. Sport⸗Schaustück v. Dir. Fr. Renz. Großartiger de Pase drei

Schwank in

Viererzüge, darunter 2 Mailcoaches. Parforce⸗ u. Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. eute v. 40 Foxhounds. Außerdem: d. Elimar, ord. Bauern⸗ vorgef. v. Dir. Fr. Renz. El Bolero, m. 12 Schulpf.

1 er. von 6 Damen und 6 Herren. Der Esel als berühmte Bonhair⸗Truppe. Die renommiert. Luft⸗ gymnastiker Gebr. Wortley. ꝛc. Anfang 7 ½ Uhr. In Sonntag: Nachm. 4 Uhr (1 Kind frei): Gr. Komiker⸗Vorstellung. Abends 7 ½ Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

EHFxsRSSSERREA.EEAR ENe xexh Eg. MRrReneEeeere eHenn Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Cardinal von Widdern mit 8s Prem.⸗Lieut. Egon Fahland (Berlin).

Orpheus

Deutsch von

Die Ballets Gundlach. Anfang

rl. Luise von Bodelschwingh mit Hrn. Pastor Köhne (Bückeburg Bad Lippspringe). Frl. Marie Ebeling mit Hrn. Hilfsprediger Johannes Wintzer (Miechowitz —Arnswalde). Verehelicht: Hr. Prem.⸗Lieut. Friedrich von Beaen mit Frl. Fanny von Wentzky und Peters⸗ eyde (Berlin). Hr. Lieut. Hans von Gaertner mit Frl. Hertha von Wentzky und Petersheyde (Berlin). Hr. Lieut. Frhr. Eberhard von Meer⸗ scheidt⸗Hüllessem mit Eveline Gräfin von der (Mitau). Hr. Gerhard von Blanken⸗ urg⸗Strippow mit Elisabeth e Mahs (Odessa). Hr. Regierungs⸗Rath Koehler mit 8. Olga von Bolschwing (Berlin). Hr. Lieut. raf Bernhard Finck von Finckenstein mit Frl. Agnete von Ramdohr (Frankfurt a. O.) Hr. Hauptmann Georg von Tschnirschnitz mit Frl. Gertrud Kessel (Berlin). Ein Sohn: Hrn. Pfarrer Goetze Linderwald bei Sesbeh⸗ Hrn. Pfarrer Feldhahn (Klausdorf N.⸗M.). Gestorben: Hr. Rechtsanwalt und Notar Adalbert

Musik von

Vaudeville A. Mars.

n

Der wogel⸗ Konzerte.

und L. Held. Regie: Herr Evpstein. Kapellmeister Baldreich. Anfang

Konzert. Sonntag und Dienstag: Gesellschafts⸗Abend.

2

Blumenstraße Nr. 9. benug Pum Benefiz

ittenbild in 5 Akten Anfang 7 ½ Uhr.

8

im Kroll’

Großes Konzert rchesters unter gefl. Mitwirkung der Konzert⸗ sängerin Frau Gmür⸗Harloff und des Herrn Hof⸗ pianisten Professor Faver Scharwenka. enee I.n Plätze à 1,50 bei Set⸗ u. 8

Konzert-Haus. Sonnabend: Karl Meyber⸗

I. Operetten⸗ und Walzer⸗Abend. ontag bleibt das Haus geschlossen.

Kroll’'s Etablissement. Sonnabend, Abende für Herrn Kapellmeister

Stanislaus Thurau (Bexlin). Hr. Ober⸗ ehrer a. D., Professor Carl Strübing (Berlin).

sr. Hauptmann Karl Peterssohn (Posen). H. Fuptnesn, 3. D. Peerh Weißhun (Star⸗ gard i. P.)

ds.

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. H. Klee in Berlin.

Verlag der Expedition (Schollz) in Berlin.

v stalt, Berlin SW., Wüͤbelmstraße N Sechs Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage),

d die Besondere Beilage Nr. 4

Sgsg

ihn vor das Kehertc zu stellen.

Schuld hinsichtlich 1 habe der General Kitchener mit Zustimmung des Khedive entschieden, von der gerichtlichen

Die Künstlerin singt eine

1 grundsatz

unstreiter, vorgef. v. Herrn Mesguetz. Die welt⸗

Konsumvereine betrug Ende 1893: 264 185. kaufserlöses in 1893 belief sich auf 68 309 865 ℳ, davon kamen auf

mit Lieferanten.

* 1

Berlin, Freitag, den 28. September

1894.

st ein Grundstück durch Vertrag verkauft und ohne flassung dem Käufer übergeben und von diesem der Kaufpreis berichtigt worden, und errichtet sodann der Käufer mit Wissen und ohne Widerspruch des Verkäufers auf dem Grundstück ein Gebäude, so hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 9. Mai/4. Juli 1894, im Gebiet des Preuß. Allg. Landrechts der Käufer falls der Vertrag nichts Anderes bestimmt durch die Inädifikation das Eigenthum an dem Grundstück erworben, obgleich ihm dasselbe nicht aufgelassen worden ist. Verfällt Verkäufer in Konkurs, so kann der Konkursverwalter die Heraus⸗ gabe des Grundstücks vom Käufer nicht verlangen. Die Ansicht, daß nach preußischem Recht durch Bebauung ein unmittelbarer Eigenthumserwerb und nicht bloß ein Anspruch auf Ueberlassung der bebauten Fläche gegen den Eigenthümer derselben eintritt, hat das Reichsgericht unter näherer Begründung bereits früher ausgesprochen und daran festgehalten. Sie muß auch der Entscheidung in vor⸗ liegender Sache zu Grunde gelegt werden. Das Allg. L.⸗R. regelt in den §§ 327 bis 331 19 den Fall, daß jemand auf fremdem Grund und Boden ohne Vorwissen des Eigenthümers baut. Hier überwiegt das Recht des Eigenthümers an der Fläche. Er kann das Gebäude erhalten oder dessen Wegschaffung verlangen. Wählt er ersteres, so hängt es von seinem Willen ab, ob er gegen Ent⸗ schädigung das Gebäude sich zueignen oder es dem Bauenden überlassen will. Dem § 332 1 9 Allg. L.⸗R. liegt dagegen der Gedanke zu Grunde, daß derjenige, welcher auf fremdem Grund und Boden mit Vorwissen des Eigenthümers baut, mit dessen Zustimmung handelt. Diese Zustimmung wird an⸗ genommen, wenn der Eigenthümer nicht sogleich nach erlangter Kennt⸗ niß von dem Bau der Fortsetzung desselben widerspricht. In diesem Fall läßt das A. L.⸗R. das Recht des Bauenden überwiegen. Er erwirbt das Eigenthum an Grund und Boden gegen die Verpflichtung zur Entschädigung des Eigenthümers. Daß derjenige, welcher eine Fläche durch gültigen Veräußerungsvertrag und Uebergabe erworben

hat, wenn er sie vor der Auflassung bebaut, auf fremdem Grund

und Boden baut, unterliegt nach den Vorschriften des Eigen⸗ thum⸗Erwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872 keinem Bedenken. Nach der Auffassung, welche der § 332 a. a. O. in der konstanten Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals erfahren hat, läßt sich nicht sagen, daß seine Anwendung voraussetze, es sei das Grundstück erst durch den Bau in Besitz genommen und dessen Anwendung aus⸗ Pisclossen, wenn der Bauende den Grund und Boden zum Zweck der Bebauung vom bisherigen Eigenthümer zum Besitz erhalten hat. Dies ergiebt sich aus der Geltung des § 332 für die Fälle des Erwerbs mittels formell ungültigen Vertrags. Der Bauende kann

demnach den Besitz, und zwar zum Zweck des Bauens, einer Besitzver⸗ äußerungshandlung des bisherigen Eigenthümers verdanken, ohne daß deshalb § 332 ausgeschlossen ist. nur dann sein, wenn der Eigenthumserwerb durch den Bau dem Titel zuwiderläuft, auf Grund dessen die Besitzentäußerung seitens des Eigenthümers stattgefunden hat, z. B. beim Pachtvertrage. In Betreff des Kaufvertrages läßt sich solcher Widerspruch gegen den Eigenthums⸗

Ausgeschlossen wird die Anwendung

erwerb durch Bebauen lediglich aus dem Grunde, weil gesetzlich zum Eigenthumserwerb es noch einer Mitwirkung des Verkäufers durch bedarf, nicht behaupten. Der ausgesprochene Rechts⸗

edarf jedoch einer Einschränkung. Es kann nicht bezweifelt

werden, daß es den Kontrahenten frei steht, bei dem Vertrage

über ein Grundstück ihren Willen dahin kund zu geben, daß trotz einer Einwilligung in die Beurkundung desselben der Eigenthums⸗

übergang auf eine andere als die von ihnen angegebene bestimmte Art

stattfinden soll. Wenn insbesondere beim Kaufvertrag verabredet wird, daß die Auflassung erst noch von bestimmten Leistungen des Käufers, 3. B. der Zahlung von Kaufgeld abhängig sei, so wird in der Regel eine solche Stipulation die Bedeutung haben, daß der Eigenthums⸗

übergang nur durch Auflassung bewirkt werden darf, daß der

Verkäufer zu deren Gewährung nur verpflichtet ist, wenn die in seinem

Interesse versprochenen Leistungen vom Käufer erfüllt sind, und daß der Käufer ohne diese Erfüllung des Vertrags Eigenthu i

8 anspruchen darf ...“

Statistik und Volkswirthschaft.

Konsumvereine. Der Jahresbericht des Verbandes deutscher Erwerbs⸗ und Wirth⸗

schafts⸗Genossenschaften für 1893 führt in seinen Listen 1339 Konsum⸗

vereine gegen 1283 im Vorjahre auf; außerdem bestehen 15 Konsum⸗

vereine als 1

Zu der Statistik der im Jahre 1893 erzielten Geschäftsergebnisse lieferten 377 Konsumvereine Material. Die Mitgliederzahl dieser Die Summe des Ver⸗

die 744 eigenen Lager 58 557 197 ℳ, der Rest auf das Markengeschäft

Die veew. der Genossen betrugen Ende 1893 5 368 450 ℳ, die Reservefonds 2 685 282 ℳ; angeliehene fremde Gelder waren 6 322 689 in dem Geschäft der berichtenden Konsum⸗ vereine thätig. An Kapital⸗ und Einkaufs⸗Dividenden wurden den Genossen aus den Erübrigungen des Jahrs 1893 5 935 906 Penbic⸗ was einer Dividende von 110,6 % auf die angesammelten Geschäftsgut⸗ haben der Genossen gleichkommt. 1 Die Waarenschulden, welche eine Anzahl der berichtenden Ge⸗ nossenschaften hatte, betrugen Ende 1893 1 071 953, 8 Der Betrag der Ausstände bei den Genossen für auf Kredit ab⸗ gelassene Waaren ist bei 113 Genossenschaften auf 272 600 an⸗ gegeben; bei 23 Genossenschaften überstieg der Gesammtbetrag der Rasstände 3000 Bei einem Verein sind die Ausstände in Höhe von 24 737 durch sogenannte Kautionseinlagen der Genossen ge⸗ deckt. Die Ursache der Ausstände ist zum größten Theil in der Be⸗ schaffung der Wintervorräthe der Genossen an Kartoffeln, Kohlen ꝛc. zu finden, wofür die Beträge auf bestimmte Fristen kreditiert werden, während sonst Baarzahlung vorherrscht. Im Bericht wird die Mah⸗ nung ausgesprochen, in den Fällen, wo noch in der That Waarenborg bei den Konsumvereinen üblich ist, davon abzulassen und die Baar⸗ zahlung einzuführen. . Grundbesitz hatten Ende 1893: 150 der berichtenden 377 Konsum⸗ vereine; derselbe stand mit 5 932 820 Ende 1893 zu Buch, hat aber bedeutend höheren Werth, da tegelaesig. oft erhebliche Ab⸗ schreibungen davon vorgenommen werden. Der Grundbesitz war Ende 893 mit 2 535 931 Hypotheken belastet. Den Dispositionsfonds für Bildungszwecke, die Ende 1893 mit einem Gesammtbetrage von 66 730 zu Buch standen, waren vom Reingewinn des Jahres 1893 27 291 überwiesen worden. g einer besonderen Statistik über die Bewegung der Mitglied⸗ scaf und den Bestand an Mitgliedern bei den einzelnen Genossen⸗ schaften berichteten 351 Konsumvereine. hatten zu Anfang 1893: 199 382 Genossen; im Laufe des Jahres traten 31 678 neue Mitglieder hinzu, 16 167 schieden aus, so daß der Bestand mit Be⸗ ginn des Geschäftsjahres 1894: 214 893 betrug. Davpon entfielen 8 die unselbständigen Arbeiter 25,2 % des Gesammtbestandes, darau

5 en die selbständigen Handwerker mit 13,5 %, die Aerzte, Apotheker, ehrer, Künstler ꝛc. mit 8,6 % u. s. w.

Der Verein für Sozialpolitik tritt heute zu seiner diesjährigen Versammlung in Wien zusammen. Gestern versammelten sich, wie „W. T. B.“ meldet, die bereits ein⸗

getroffenen Mitglieder zu einem Begrüßungsabend, dem zahlreiche

Deutsche und Engländer beiwohnten.

ur Arbeiterbewegung.

Aus Görlitz wird dem „Vorwärts“ über den sozialdemokratischen deutschen Töpfer⸗Kongreß, der vor einigen Tagen dort abge⸗ halten wurde, Folgendes berichtet: Der Vorsitzende Kaulich⸗Berlin führte aus, daß, obwohl mehrere Beitragsklassen vorgesehen sind, zumeist nur die untere Klasse (15 pro Woche) von den Filialen in Abzug gebracht sei; eine höhere Beitragsleistung müsse unbedingt eintreten. ie Agitation unter den Zieglern habe verhältniß⸗ mäßig guten Erfolg gehabt. Nach dem Kassenbericht betrug die Ein⸗ nahme der örtlichen Verwaltungen 29 397 ℳ, die Ausgabe 28 360 ℳ, darunter Wanderunterstützung 8281 Die Heetcs⸗ hatte eine Gesammteinnahme von 36 921 und eine Gesammtausgabe von 35 754 Die Zeitungsfrage wurde dahin erledigt, daß unter Ab⸗ lehnung aller Anträge, die ein vierzehntägiges Erscheinen ꝛc. bezweckten, beschlossen wurde, den „Töpfer“ auch künftig jede Woche erscheinen zu lassen. Zu den Statuten wurde u. a. beschlossen: An Wanderunterstützung wird für die Folge in jedem Fall jährlich nur bis zur Höhe von 30 gewährt. Bei Ausständen wird die Unterstützung den örtlichen Verhältnissen gemäß geleistet. Falls Extrasteuern nöthig werden, hat der Zentralvorstand die Ge⸗ nehmigung dazu durch Urabstimmung einzuholen. Mit Rücksicht darauf, daß Ziegler und ähnliche Arbeiter dem Verein angehören, er⸗ hielt die Organisation die Bezeichnung: „Verband der Thonwaaren⸗ arbeiter“. ver Sitz des Verbandes bleibt in Berlin. Zum Vorsitzenden wurde Kaulich wiedergewählt. Die Kongresse finden jetzt nur alle zwei Jahre statt; der nächste soll in Hildesheim ab⸗ gehalten werden.

In Elbing haben nach demselben Blatt die Dreher in der Porzellanfabrik die Arbeit wegen Lohnkürzung gekündigt.

Aus Büdingen (Oberhessen) wird dem „Vorwärts“ mitgetheilt, daß sämmtliche Steinmetzen der dortigen Firma R. Müller wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt haben.

In Piesting in Niederösterreich befinden sich 76 Feilen⸗ arbeiter und Schmiede im Ausstande. Sie fordern: zehnstündige Arbeitszeit, entsprechende Tariferhöhung, Freigabe des 1. Mai, Wieder⸗ aufnahme eines gemaßregelten u. f. w.

Zum Ausstande der schottischen Kohlengrubenarbeiter wird der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ aus Glasgow geschrieben: Während am Montag eine stärkere Wiederaufnahme der Arbeit stattgefunden hatte und beispielsweise allein in Lanarkshire und Dumbartonshire mehr als 9000 Bergleute eingefahren waren, hat sich inzwischen die Lage plötzlich wieder verschlimmert, und, dem Druck der Ausstands⸗Piquets, nicht dem eigenen Triebe gehorchend, ist die Mehrzahl der arbeitswilligen Bergleute wieder den Gruben fern geblieben. In Edinburgh fand am letzten Sonnabend auf Veranlassung des „Distrikt Trade⸗Union⸗ Raths’ eine große Massenkundgebung zu Gunsten der ausständigen - Bergleute statt, die zum ferneren Ausharren aufgefordert wurden.

Aus Malaga meldet „W. T. B.“: Sechstausend Arbeiter, die der „Industria Malaguana“ angehören, sind in den Ausstand ein⸗ getreten. Bisher ist ihre Haltung ruhig.

Kunst und Wissenschaft.

Im Vereinfürdeutsches Kunstgewerbe sprach am Mittwoch Abend der Direktorial⸗Assistent am Königlichen Kunstgewerbe⸗-Museum Dr. Back über ältere Stucktechnik. Seit der griechisch⸗römischen Kunst, durch die Renaissance bis ins 18. Jahrhundert hinein bediente man sich bei der Ausschmückung der Räume mit Stuckornamenten nicht des mechanischen Verfahrens, sondern der freihändigen Modellier⸗ technik, wobei die eigenartigen Vorzüge des Materials am meisten zur Geltung kamen. Die besten Arbeiten der Antike, der Renaissance und des Rokoko beschränken sich auf ein recht flaches Relief, das als die eigentliche Sphäre der Stucktechnik angesehen werden darf. Aus der literarischen Ueberlieferung ergiebt sich, daß das Material nach Zeiten und Orten der Werkstätten verschieden war, indem es bald aus pulverisiertem Marmor oder Flußkiesel mit Kalkmörtel hergestellt wurde, bald aus Gips, der besonders in Paris von altersher bevor⸗ zugt wurde. Der Vortragende erläuterte den Vortrag an der Hand von Abgüssen und Photographien aus den Sammlungen des König⸗ lichen Kunstgewerbe⸗Museums.

Den Theilnehmern am Naturforschertage in Wien wurde, wie dem „W. T. B.“ weiter berichtet wird, gestern Mittag im Namen der Stadt durch Bürgermeister Dr. Grübl ein glänzender Empfang im Rathhaus geboten. Zahlreiche hervorragende Persönlich⸗ keiten, darunter der Minister des Innern, Marquis Bacquehem, waren anwesend. Beim Eintritt in den Festsaal wurden den Damen Blumensträuße, den Herren Erinnerungszeichen überreicht. Der Empfang, der mit einer Besichtigung der städtischen Sammlungen begann, hielt die Festtheilnehmer mehrere Stunden im Rathhaus ver⸗ einigt. Gestern Abend waren die Mitglieder des Kongresses die Gäste Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph in der Hofburg und wurden von dem Erzherzog Carl Ludwig in Vertretung des Kaisers im Redoutensaale empfangen. Bei dem Empfange waren die Minister Graf Falckenhayn, Marquis Bacquehem und von Madeyski zugegen. Der Erzherzog unterhielt sich angelegentlich mit den Kon⸗ greßmitgliedern. Der Empfang währte anderthalb Stunden.

In der zweiten allgemeinen Sitzung am Mittwoch hielt der kürzlich erst nach Wien berufene Professor der Physik Boltzmann einen Vortrag über Luftschiffahrt. Er führte nach der „N. Fr. Pr.“ zunächst aus, daß die Anzahl der verfehlten Projekte zuf diesem Gebiet Legion ist. Aber es haben sich, von dem sagen⸗ haften Dädalus und von Michelangelo angefangen, zu allen Zeiten auch die hervorragendsten Geister damit befaßt. In der That giebt es auch kaum ein Problem, welches für den Menschen in gleicher Weise verlockend wäre. Der Mensch, dessen Eisenbahn das schnellste Rennpferd überflügelt, en Schiffe 8 und im Wasser trotz ihrer Riesengröße an Lenkbarkeit und See der Schwimmkunst des Fisches spotten, sollte niemals dem Vogel in die Luft zu ffolgen vermögen? Es ist kaum zu zweifeln, daß das lenkbare Lustschi einen Aufschwung in den Verkehr bringen würde, dem gegen⸗ über der durch Eisenbahn und Dampfschiff bewirkte kaum in Betracht käme. Unser heutiges Heer würde den eisernen, unangreifbar dahin⸗ sausenden, Dynamit in die Tiefe schleudernden 8ee nicht anders gegenüberstehen, als ein reses den Hinterladern. Das Zollwesen müßte entweder ungeahnte Verbesserungen erfahren oder ganz aufhören. Allein bisher 1 die Herstellung des lenkbaren Luft⸗ schiffs mißlungen, sodaß das Problem in bedenklicher See in Miß⸗ kredit kam, ja große Theoretiker sich shgan zur Ansicht hinneigten, seine Lösung sei unmöglich. Erst in neuester Zeit ist wieder eine Wendung eingetreten. Die Unrichtigkeit der alten Formeln wurde klar er⸗ wiesen, und ich glaube 8 dien den Beweis liefern zu können, daß die Lösung des Problems nicht nur möglich ist, sondern aller Wahr⸗

scheinlichteit nach schon in kurzer Zeit gelingen wird. Professor 86

Boltzmann sprach nun vom ersten Schritt zur Lösung der Aufgaben

der Luftschiffahrt, der Erfindung des Luftballons durch die Gebrüder Mongolfier, dann von den zahllosen Versuchen, den Ballon zu lenken, was man durch Schaufelräder oder Luftschrauben, beides dem Bewegungsmechanismus des Dampfschiffs entlehnt, zu erreichen suchte. Um den Ballon leichter fortzutreiben, gab man ihm Zigarrenform mit vorangehender Spitze. Ein derartiger, von den franzssischen Offizieren Krebs und Renard konstruierter, mit Luft⸗ schrauben bewegter Ballon konnte so gut gesteuert werden, daß er bei vollkommener Windstille in der That ein lenkbares Luftschiff war. Allein die erreichbare Geschwindigkeit blieb weit hinter der eines mäßigen Windes zurück, sodaß er selbst bei geringem Winde die Beute desselben wurde. In der That muß ein Ballon, um einen Menschen in die Luft zu heben, rund das tausendfache Volumen besitzen; um die spezifisch schweren Maschinentheile zu tragen, ein noch weit größeres. Die Anwendung so kolossaler Körper aber steht in direktem Gegensatz zur Püer eigenschaft, die das Luftschiff charakterisieren soll, zur leichten Beweg⸗ lichkeit. Unter Anwendung eines Ballons ist eine rasche Fortbewegung ausgeschlossen. Zur Erfindung des lenkbaren Luftschiffes aber war dies nur der erste Schritt. Seß die beim Luftschiffe schon zur Ueberwin⸗ dung des Windes unentbehrliche rasche Bewegung zum Tragen einer Last ausgenützt werden kann, sehen wir an den Raub⸗ vögeln, welche nach Erlangung sree⸗ Geschwindigkeit, fast ohne Flügelschlag, in der Luft forischweben. Wir gelangen so zu Flugmaschinen, welche kein Gas verwenden, das spegisisch leichter als Luft ist, bei denen vielmehr bloß die lebende Kraft eines bewegten Mechanismus zum Tragen der Last in der Luft benutzt wird. Dieselben heißen dynamische Flugmaschinen. Sie zer⸗ fallen in zwei Hauptklassen. Bei den einen wird die bewegende Kraft vorzüglich zur Hebung benützt; als solche dient meist eine Luftschraube, welche sich in der Luft geradeso vertikal aufwärts fortschraubt wie die Schraube eines Schraubendampfers horizontal im Wasser. Wie hier genügt ein kleiner Theil der ganzen Schraubenfläche, zwei oder vier gleichsinnig geneigte Flächen, welche sich vermöge ihrer Neigung bei rascher Drehun

in der Luft fortschrauben. Ein bekanntes Kinderspielzeug ist das Mode

dieses Apparats. Wenn man an einem schweren Gegenstande zwei oder vier riesige, durch eine Maschine sehr rasch gedrehte Luftschrauben anbringt, so kann er mit in die Luft werden. Bei der zweiten Gattung der dynamischen ugmaschinen, den Drachenfliegen oder Asbrodlanen dagegen wird die bewegende Kraft hauptsächlich zur horizontalen Fortbewegung benützt, die Hebung ge⸗ schieht nach dem von Wellner und Lilienthal am genauesten messend verfolgten Prinzipe, ½ eine schwach geneigte und schwach gewölbte Fläche bei rascher Bewegung —2 den Luftwiderstand außer⸗ ordentlich stark gehoben wird. Man kann es das Prinzip der schiefen Ebene nennen. Auch dieses Prinzip kann an einem bekannten Kinder⸗ spielzeug, dem Papierdrachen, erläutert werden. Dasselbe Prinzip findet auch beim Fluge besonders der großen Vögel . wenn sie nach erlangter bedeutender Geschwindigkeit ohne Flügel⸗ schlag frei in der Luft fortschweben, was man den Segelflug nennt. Die nöthige horizontale Geschwindigkeit kann dem Azsroplane ent⸗ weder durch eine Art Flügelschlag ertheilt werden, in welchem Falle sie ganz einem Vogel gleicht, oder durch die Luftschrauben, welche sich aber jetzt nicht nach aufwärts, sondern in horizontaler Richtung fortschrauben.

„Beei dieser Stelle produzierte der Erfinder 82 ein von ihm schon vor vierzehn Jahren hergestelltes kleines Modell einer dynamischen Faf ma cgüne⸗ dieselbe schoß zur Verwunderung der Ver⸗ sammlung schnell wie ein Vogel durch den Saal und flog in eine Loge, wo das Modell von einer Dame aufgefangen wurde. Der Er⸗ finder wurde durch stürmischen Beifall ausgezeichnet.

Professor Boltzmann fuhr dann fort: Bei einem so schwierigen Problem ist die denkbarste Vereinfachung der aufgewendeten Mittel von höchster Wichtigkeit. Da die horizontale Fortbewegung auch bei jedem anderen Flugapparat mit ähnlichen Mitteln erzeugt werden muß, so stellt die Asroplane die denkbar einfachste Flugmaschine dar, welche die ohne jeden neuen bewegten Mechanismus auf⸗ bringt. Sie lehnt sich auch im wesentlichen an den beim luge der Raubvögel erprobten Apparat an und hat so von vornherein die meiste Aussicht auf Erfolg. Es wurden noch zahlreiche Flug⸗ maschinen konstruiert, welche eben in der Hauptsache die ge⸗ nannten Grundtypen miteinander kombinieren. So zahlreiche Luft⸗ schrauben, die zusammen eine geneigte Fläche bilden; Räder, welche hübeigte Flächen unter entsprechender Steuerung im Kreise herum⸗ ühren, Kombinationen von Ballons mit dynamischen Flugapparaten ꝛc. Auf der im vorigen Monat zu Oxrford abgehaltenen britischen Natur⸗ forscherversammlung war eine große, von Hiram Maxim konstruierte Flugmaschine der Gegenstand eingehender Debatten, welche im wesentlichen nur eine Ausführung des Kreß'schen Modells in kolossalen Dimensionen ist. Die beiden Luftschrauben werden durch eine äußerst sinnreich konstruierte, mit Benzin geheizte Dampfmaschine getrieben; die ganze Flugmaschine, welche in⸗ klusive zwei Mann, die sie bedienen, 8000 wiegt und mit einer Geschwindigkeit von 30 m in der nde, also schneller als der rascheste Eilzug, dahinbraust, hat sich in der That einmal in die Luft erhoben. Herr Maxim hat Atschisden den zweiten Schritt zur Erfindung des lenkbaren Luftschiffes gemacht; er at bewiesen, daß man durch einen dynamischen Flugapparat in der That große Lasten frei in die Luft zu erheben vermag. Die größten englischen Physiker, die alle Theoretiker sind, Lord Kelvin, Lord Raleigh, Lodge ꝛc., sprachen mit Begeisterung von Maxim's Maschine, und ich dachte schon, daß wiederum die Engländer eine neue, epoche⸗ machende Erfindung die ihre nennen. Allein die Sache hat doch noch einen Haken. Die Maxim'sche Maschine lief anfangs wie eine Lokomotive auf Schienen unter ihr, als . die nöthige Geschwindigkeit hatte, aber auf eigens zu diesem Zweck über ihr gezogenen Schienen. Durch den großen Auftrieb zerbrach zu früh eine der oberen Schienen, die Maschine erhob sich in die Luft; aber alle ihre zahlreichen Lenkvorrichtungen konnten nicht schnell genug in Gang gesetzt werden; sie mußte möglichst rasch zum Stillstand gebracht werden und litt bedeutenden Schaden. Das große Hinaeru aller dieser Versuche liegt in ihrer Ge⸗ fährlichkeit. axim bemerkte in seiner Rede, daß der Facfösltee nicht nur vechber sein fauß sondern auch Akrobat. an denke sich eine so riesige Fläche so schnell bewegt, daß ihr Luftwiderstand egen 10 000 Pfund beträgt, und 1eHe Störung da jeder

indstoß, jeder Luftwirbel an dem ohne Stützpunkt frei schwebenden Föparat erzeugt, wie kolossal jede Aenderung der Neigung, jede Schief⸗ 8. ung die Bewegung des Ganzen beeinflussen muß. Man studiere die

annigfaltigkeit und Feinheit der Flügelbewegung des Raubvogels, man bedenke, wie bei der leisesten Unvorsichtigkeit ein Kinderdrachen Püster. bäume in der Luft schlägt, und b sich in die Lage des Luftschiffers, dessen Flugapparat in ähnlicher Weise ungehorsam wird. Freilich, da der Beweis geliefert ist, daß die Kraft der Aöroplane ausreicht, Poßs Lasten in die Luft zu erheben, ist es nur mehr eine Frage der Geschicklichkeit, sie richtig zu lenken. Wer je sah, mit welcher Sicher⸗ heit ein ungeheurer Ozeandamper von wen gen Menschen gelenkt wird, wer das in Eisenwerken oft produzierte Kunststück sah, daß ein Dampfhammer von 1000 Ctr. 8 illimeter über dem Glase einer Taschenuhr wie auf Befehl stehen bleibt, der wird nicht be⸗ zweifeln, daß auch die Flugmaschine wird gelenkt werden können, sobald die nöthigen Erfahrungen gesammelt sind; aber wie diese sammeln, ohne Menschenleben aufs Spiel zu setzen 2

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