roßherzogin einen zweistündigen Jagdausflug in den kleinen ttersberg gemacht hat. Auch hat Höchstderselbe in den letzten Wochen die laufenden Regierungsgeschäfte und Sitzungen des Gesammt⸗Ministeriums erledigt. Spaziergänge von einstündiger Dauer sind nach Eintritt besserer Witterung wieder möglich geworden. Es ist von ärztlicher Seite angerathen worden, daß zur weiteren Kräftigung der Gesundheit ein längerer Winteraufenthalt an der Riviera von Seiner Königlichen Hoheit “““ werde. Die Abreise, in Ge⸗ meinschaft mit der hohen Gemahlin, ist auf Ende dieses Monats festgesetzt. Das Ziel ist Kap St. Martin bei Mentone. — Seine Koͤnigliche Hoheit der Großherzog, welcher zur heit in Venedig weilt, wird Ende Oktober mit den Erbgroß⸗ erzoglichen Heeishanhen sich unterwegs treffen. Ihre König⸗ liche Hoheit die Großherzogin wird am 5. Oktober von Heinrichau in Weimar eintreffen.
Elsaß⸗Lothringen. In Ergänzung der Mittheilungen über die Thätig⸗ keit der Zentralkommission für die Eenschiftahrt in ihrer letzten ordentlichen Tagung theilt die „Straßb. Korr.“ mit, daß laut Protokoll III dieser Tagung die sämmtlichen Regierungen der Uferstaaten nunmehr dem Beschluß der Zentralkommission vom 24. Mai d. J., betreffend den Bau einer festen Rhein⸗ brücke zwischen Straßburg und Kehl, ihre Zustimmung ertheilt haben. Der Bauausführung nach dem vorgelegten Projekt steht somit vom Standpunkt der Schiffahrt aus nichts mehr entgegen.
1
Oesterreich⸗Ungarn.
Kaiser Franz Joseph traf gestern Vormittag aus An⸗ laß des 25 jährigen Jubiläums der landwirthschaftlichen Lehr⸗ anstalt Francisco⸗Josephinum in Mödling ein und kehrte nach Besichtigung der Anstalt sowie des Missionshauses St. Gabriel und des von dem verstorbenen Professor Hyrtl gestifteten Waisenhauses unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nach Wien zurück. Abends reiste der Kaiser nach Gödöllö ab. In der gestrigen Sitzung der österreichischen Dele⸗ gation antwortete Graf Kälnoky auf eine Anfrage Pacak'’s, welcher den Text einer 1882 mit Serbien abge⸗ schlossenen Militärkonvention verlas, daß der Text apokryph und von den Radikalen bereits in der Presse verbreitet sei. Eine serbische Militärkonvention existiere nicht und hätte auch keinen aktuellen Zweck. Im Jahre 1882 sei er bereits im Amt gewesen, habe aber ähnliches nicht abgeschlossen. Es sei möglich, daß vor ihm eine Abmachung zur Sicherung Serbiens vorhanden gewesen, diese würde aber keine Gültig⸗ keit mehr besitzen. Eine Absurdität sei es jedoch, daß darin Serbien seitens Oesterreichs carte blanche bezüglich Bulgariens lassen werde, wie Pacak erwähnt habe.
Im ungarischen Magnatenhause begann gestern die Berathung des Gesetzentwurfs über die freie Reli⸗ gionsübung. Das Episkopat beider Riten war fast voll⸗
zählig erschienen, die Galerien waren schwach besucht. Vor
dem Museum hatte sich eine zahlreiche Menschenmenge angesammelt, die sich aber jeder Kundgebung enthielt. Kardinal Schlauch sprach gegen die kirchenpolitischen Vorlagen und erklärte, diese würden der Ruin der Gesell⸗ schaft und des Staats sein. Ebenso bekämpften der serbische Patriarch Brankovitsch und die rumänischen orthodoxen Bischöfe Metianu und Popea de Berathung stehenden Gesetzentwurf, den der frühere Kultus⸗Minister Graf Csaky auf das wärmste vertheidigte. Der calvinistische Bischof von Ssäsz begrüßte die Reform, bekämpfte jedoch die Freigehung der Kon⸗ fessionslosigkeit. Kultus⸗Minister Eoetvoes erklärte den vor⸗ liegenden Gesetzentwurf als eine Folge des Zeitgeistes; es sei darin keine sprungweise Fortentwickelung zu erblicken. Wahrer Freiheits⸗ sinn offenbare sich nicht nur in der Wahrung der eigenen Freiheit, sondern auch in der Anstrebung der Freiheit aller jener, mit denen man zusammenlebe. Graf Stefan Szapary und Graf Emerich Szechenyi sprachen gegen die Vorlage, Graf Stephan Keglevich dafür. Letzterer führte aus, daß man Konfessionslosigkeit nicht mit Irreligiosität identifizieren dürfe. Der Präsident vertagte hierauf, da noch zahlreiche Redner vor⸗ gemerkt sind, die Weiterberathung auf Freitag. Heute findet wegen des Namensfestes des Kaisers keine Sitzung statt.
In Gyergy⸗Szent⸗Miklos wurde bei der gestrigen Neuwahl Matlekovics (liberal) zum Abgeordneten gewählt.
Großbritannien und Irland.
Ein amtliches Communiqué besagt, der auf heute ein⸗ berufene Ministerrath stehe in keiner Beziehung zu dem gleichfalls auf heute angesetzten französischen Ministerrath. Das „Reuter'sche Bureau“ meldet: Obgleich den Gerüchten über die Gründe der Anbefufung eines außerordentlichen Ministerraths noch immer eine sichere Grundlage fehlt, glaubt man jevt es handele 5 mehr um die zum Schutze der britischen Interessen im fernen Osten zu ergreifenden Maßnahmen, als um die Madagaskar⸗Frage; auch sei eine Verstärkung der Hannäson in Hongkong sowie der britischen Marine in den chinesischen Gewässern in Aussicht genommen. Die indische Regierung soll 7000 Mann zur Einschiffung nach Hongkong bereit halten.
Wie der Frankfurter Zeitung“ aus London gemeldet wird, hatte der chinesische Vertreter eine stundenlange Konferenz im Auswärtigen Amt. Dem Vernehmen nach habe er vorgeschlagen, Rußland und Frankreich sollten gleichfalls Schutztruppen nach den Vertragshäfen absenden; China würde sich dem nicht widersetzen.
Das „Reuter’'sche Bureau“ meldet: Bisher ist in London noch keine Bestätigung der (gestern gemeldeten) Nachricht von einer Blockade Madagaskars eingegangen. Nach einge⸗ zogenen Erkundigungen legt man die Nachricht dahin aus, daß man sagen wolle, die französischen Kriegsschiffe hätten Befehl erhalten, eine außerordentliche Wachsamkeit auszuüben, um eine etwaige Landung von Waffen und Munition zu ver⸗ hindern (vergl. Frankreich).
Die Kaiserin Eugenie wird nächste Woche über Paris nach der Riviera reisen und etwa sieben Monate in ihrer neuen Villa in Kap St. Martin bei Mentone weilen.
3 — Frankreich.
Der Präsident Casimir⸗Perier ist gestern Abend nach
Paris zurückgekehrt. 1 1 Die Pariser Blätter erklären einstimmig, daß keine Ver⸗
anlassung vorliege, sich wegen der Zusammenberufung des
englischen Ministerraths zu deunruhigen. Zwischen
Frankreich und England bestehe keinerlei Stretipnkt welcher
116“
nicht auf gütlichem Wege geregelt werden könne. Egypten
allein biete eine Schwierigkeit dar, doch sei kein Grund, an⸗ zunehmen, daß England seine Verpflichtungen nicht einhalten werde.
Die (gestern nach Schluß d. Bl. gemeldete) Nachricht von der Blockade Madagaskars wird von halbamtlicher Seite für unbegründet erklärt, ebenso die Nachricht von dem Rücktritt des General⸗Gouverneurs von Algerien Cambon.
Schweiz.
Ddie vor kurzem in Bern zusammengetretene diplomatische Konferenz für die Veröffentlichung von Staats⸗ verträgen und die eventuelle Gründung eines bezüglichen internationalen Bureaus hielt gestern ihre Schlußsitzung ab. Beschlüsse wurden nicht sefaßt. Den betheiligten Regierungen wird zunächst das Protokoll der Verhandlungen der Konferenz mitgetheilt werden.ʒ 11““
G “ Serbien. W11““
Wie der „Kölnischen Zeitung“ aus Belgrad gemeldet wird, steht die befriedigende Beilegung des Zwischenfalls mit Italien in den nächsten Tagen zu erwarten. Die Verhandlungen leitet der serbische Gesandte in Rom Stejitsch.
8 Dänemark. “
Der König von Griechenland wird Montag, den 8. d. M., an Bord des „Danebrog“ via Lübeck die Rückreise ntreten.
3 Asien.
Die fliegenden japanischen Kolonnen haben wider⸗ standslos alle nördlichen Pässe in Korea besetzt. Das “ korps konnte wegen der schlechten Straßen und der Sede des Landes nur langsam folgen. Es kostete große Schwierigkeiten, die Geschütze über die Gebirgspässe zu schaffen. Ueberall an der Straße fanden die vorrückenden Japaner fortgeworfene Gewehre und Munition. Nach den letzten Nachrichten ist das japanische Hauptkorps in Au⸗ju eingetroffen. Die Vor⸗ truppen sind bis nach Cong⸗ju und Ku⸗song gelangt. Sie melden jedoch, daß sie nirgends auf den Feind gestoßen sind. Nach einer Depesche aus Shanghai, welche gestern in London veröffentlicht wurde, hat der Gouverneur der Provinz Kirin über die Landung einer japanischen Truppenmacht bei Longschuan berichtet. Weitere Einzelheiten fehlen. (Longschuan liegt am Ufer der Korea⸗Bay westlich von der Mündung des Yalu⸗Flusses.) Dem „Reuter'schen Bureau“ wird ferner aus Shanghai gemeldet, gerüchtweise verlaute daselbst, daß die aus der Schlacht bei Ping⸗Yang entkommenen Chinesen bei Ngan Stellung genommen hätten, wo sich ihnen die am Yalu⸗Fluß gelandeten Truppen und Truppen aus Shingking anschlossen. Die Chinesen hätten sich dort verschanzt. Man glaubt, bei Ngan werde es zur Schlacht kommen.
Die Londoner Blätter veröffentlichen eine Depesche aus Hankow, wonach beinahe alle Truppen aus der Provinz gezogen sind. Die Behörden seien machtlos gegen die auf⸗ rührerischen Kundgebungen der Volksmenge. Der englische Konsul in Hankow habe gerathen, Frauen und Kinder nach Shanghai su bringen. — In Peking glaubt alles, Militär und Zivil, daß die Japaner auf die Hauptstadt vor⸗ rücken. Die Aufregung grenzt schon an eine Panik. Der chinesischen Armee fehlt es besonders an Artilleristen. Viele sind bei Ping⸗Nang gefallen oder auf dem „Kow⸗Shing“ untergegangen.
Aus Tokio wird berichtet: Bei der Beerdigung der in der Schlacht bei Ping⸗Yang gefallenen chinesischen Soldaten sind die Japaner auf die Leiche des chinesischen Ober-Befehls⸗ habers, Generals Neh gestoßen. Die Japaner bestatteten den General in einem besonderen Grabe mit allen militärischen Ehren. Die in der Schlacht gefangen genommenen Chinesen werden nach Japan transportiert. Die japanischen Zivil⸗ kommissare thun mittlerweile ihr Bestes, um in Koreg eine gerechte Verwaltung einzuführen. 8-
Nr. 40 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 3. Oktober hat folgenden Inhalt: Gesundheitsbüchlein. Ankündigung. — Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera u. s. w.). — Sterbefälle ꝛc. im August. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. — Desgl. gegen Pocken. — Medizinalstatistische Mittheilungen aus dem Reg.⸗Bez. Koblenz, 1889/91. — Typhus in Massachusetts. — Infektionskrankheiten in Australien. — Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Dresdener Cholera⸗Uebereinkunft. — (Braunschweig.) Gewichte und Wagen in Apotheken. —(Reuß j. L.) Hebammentaxe. — (Schweiz. Kanton Tessin.) Handdruckapparate beim Biervertriebe. — (Kanton Schaff⸗ hausen.) Hebammenwesen. — Gang der Thierseuchen in Rumänien, 2. Vierteljahr. — Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Deut⸗ sches Reich, preuß. Reg.⸗Bez. Düsseldorf, Elsaß⸗Lothringen, Groß⸗ britannien, Belgien). — Rechtsprechung. (Preuß. Kammergericht). Bestimmung des Preises für 1 Fleisch. — (Landgericht 1. Berlin.) Kothe’s Zahn⸗Mundwasser. — Vermischtes. (Rußland.) Bakteriologische Station zu Odessa, 1893. — (Uruguap). Cchifke. besichtigungen 1892/93. — Geschenkliste. — Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, August. — Desgl. in größeren Orten des Auslandes. — Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Das Recht des Vaters duf die Erziehung der Kinder 8
hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 28. Mai 1894, im Gebiete des gemeinen Rechts Ffegensber dem der getrennt von ihm lebenden Ehefrau und Mutter nur dann zurückzutreten, wenn erhebliche Thatsachen vorliegen, die den Vater nach seinem Wesen und seiner Persönlichkeit nicht fähig und würdig zur Erziehung seiner Kinder erscheinen lassen; dagegen genügt zur Belassung der Kinder bei der Mutter nicht der Umstand, daß die Mutter zur Erziehung fähig und würdig ist und die Kinder bei ihr wohl aufgehoben sind. — Frau T. verließ ihren Gatten gegen seinen Willen und nahm zwei Töchter im Alter von 9 und 6 Jahren eigenmächtig mit. T. klagte gegen seine Ehefrau auf Herausgabe der Kinder. Diese Klage wurde in der Berufungsinstanz abgewiesen, nachdem festgestellt worden, daß die Mutter würdig und ähig zur Erziehung der beiden im zarten Alter von 6 bis 9 Jahren befindlichen Töchter wäre, während der Vater dazu nicht geeignet wäre, weil er ohne seine Frau vermöge seiner Berufsverhältnisse nicht in der Lage wäre, seinen Töchtern die nöthige Abwartung und Pflege und Erziehung angedeihen zu lassen. Dagegen hatte das Berufungsgericht sich weder 8 die Prüfung der Frage ein⸗ gelassen, ob der klagende Ehemann Pessnaich nicht fähig und würdig
zur Erziehung der Kinder sei und o faktische Trennung der Frau
von ihrem Ehemann gerechtfertigt sei, bezw. ob die Gründe, die sie zu dieser Trennung veranlaßten, nicht zugleich das Belassen der Kinder bei ihr als nothwendig erscheinen lassen. 5 die Revision des Klägers hob das Reichsgericht das Berufungsurthei auf, indem es begründend ausführte: „Für das gemeine Recht darf heutzutage in Theorie und Pragxis die Auffassung als feststehend be⸗ zeichnet werden, daß das Erziehungsrecht als ein gemeinschaftliches Recht beider Eltern anzusehen ist, jedoch mit bevorzugter und in der Regel ausschlaggebender Stellung des Vaters, wonach dieser ins⸗ besondere auch der ihm die Kinder vorenthaltenden Ehefrau gegenüber sein Recht 5† die Erziehung der Kinder und vemgemä auf die Herausgabe der Kinder zu diesem Zweck im Wege gerichtlicher Klage verfolgen kann. Das Recht des Vaters muß gegenüber demjenigen der Mutter nur dann zurücktreten, wenn sehr erhebliche Gründe dies rechtfertigen. Solche können nicht ausschließend der Rücksicht auf das Wohl der Kinder zu entnehmen sein, wenn diese Rück⸗ sicht selbstverständlich auch mitzureden hat... Der Fehler des Be⸗ rufungsurtheils beruht nun darin, daß es im vorliegenden Falle, wo lediglich feststeht, daß die Beklagte den Kläger gegen seinen Willen verlassen hat und ihm die Kinder vorenthält, nur untersucht, ob bei dieser Sachlage das Wohl der Kinder ihre Auslieferung an den Kläger gestatte oder ihr Verbleiben bei der Mutter erheische. Dies ergiebt sich aus den sämmtlichen Erwägungsgründen des Be⸗ rufungsgerichts ganz deutlich, zumal aus dem Eingang, wo fast rechts⸗ grundslich ausgesprochen ist, Töchter im zarten Alter von sechs bis neun Jahren gehören zur Mutter, und aus dem Schluß. Darauf, ob der Vater nach seinem Wesen und seiner Persönlichkeit fähig und würdig zur Erziehung seiner Kinder ist, läßt sich das Berufungs⸗ gericht gar nicht ein...“ (48/94.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Nach § 33 der Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 beginnt die Abgabepflicht — soweit es sich nicht um Zuschläge zu den direkten Staatssteuern für die zur Entrichtung solcher Steuern Ver⸗ pflichteten handelt — für solche Personen, die, ohne einen Wohnsitz im Gemeindebezirke zu begründen, sich daselbst nur aufhalten, erst nach Ablauf des dritten Monats, und zwar mit dem ersten Tage des auf den letzteren folgenden Monats, jedoch mit der Maßgabe, daß auch für die abgelaufenen drei Monate die der Abgabe zu erfolgen hat. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗Verwaltungsgericht, II. Senat, durch Urtheil vom 16. Juni 1894 ausgesprochen, daß diese Steuerpflicht erst mit dem ersten Tage desjenigen Kalendermonats beginnt, welcher den drei Aufenthaltsmonaten folgt. Giebt die betr. Person aber ihren Aufenthalt nach Ablauf des dritten Monats, aber vor Eintritt des folgenden Kalendermonats auf, so ist sie in dem Aufenthaltsort überhaupt nicht steuerpflichtig geworden. — In dem zum Grunde liegenden Falle handelt es sich um die Abgabenr flich eines Berliner Kaufmanns in Steglitz, der vom 3. Juni bis zum 12. Sep tember 1892 eine Sommerwohnung in “ benutzt hatte und an 12. September nach seinem Wohnsitz Berlin zurückgekehrt war. Das Ober Verwaltungsgericht erachtete ihn in Steglitz überhaupt nicht für abgaben pflichtig, indem es ausführte: „In Anwendung des § 33 der Land⸗ gemeindeordnung auf den vorliegenden Thatbestand führt diese Be stimmung zu dem Ergebniß, daß die Abgabepflicht des Klägers in Steglitz nicht vor dem 3. September 1892, aber auch dann noch nicht sofort, sondern erst, sofern Kläger seinen Aufenthalt noch bis zum 1. Oktober fortsetzte, mit diesem Tage begann — unbeschadet der alsdann eintretenden Verpflichtung, die Abgabe vom 1. Juli ab nach⸗
zuentrichten. Nun hat aber Kläger seinen Aufenthalt in Steglitz
schon vor dem 1. Oktober abgebrochen; er ist somit dort überhaupt nicht mehr abgabepflichtig geworden.“ (II 792.)
Kunst und Wissenschaft 8
t Zwar acht Tage später, aber mit unstreitig vornehmerem
Programm als E. Schulte eröffnete die Kunsthandlung von F. Gurlitt am vergangenen Sonntag die Saison mit einer Herbstausstellung. In der Ausstellung Schulte's ver⸗ mochten nur wenige Leistungen lebhafteres Interesse zu wecken, wie Lenbach's Bismarckkopf, Gebhardt's Kampf Jacob's
mit dem Engel, L. Fahrenkrog’'s Frauenbüste, Lang-
hammer’s Landschaften und die in breiter Technik behandelten Radierungen des jungen Frankfurters F. Böhle, die stofflich
starke Anklänge an Hans Thoma aufweisen. Bei Gurlitt da⸗ gegen treffen wir fast ausnahmslos Künstler, die uns in ihrer
eigenen Sprache etwas Neues zu sagen haben. Besonders interessant ist diesmal die Gruppe der graphischen Künste: die flott und kräftig hingeworfenen Originalradierungen von
sich durch Verve des Vortrags auszeichnet, die zarten mit der trockenen Nadel gearbeiteten Blätter von Helleu, ent⸗
zückende Proben einer sicheren und graziösen Beherrschung der Technik, und die namentlich in Erfindung und Zeichnung
Frische der Auffassung bekundenden Radierungen
naive
Jeanniotss lehren uns drei der führenden Geister auf dem 6 Daneben haben der Düsseldorfer F. von Schennis, Albert Welti und 8 s Von den Malern
Gebiet des französischen Kupferstichs kennen.
Hans am Ende einen schweren Stand. fesselt besonders Max Liebermann in seinem Pastell⸗ bilde, das einen Hirten beim Heimtreiben der Herde in abendlicher Herbstlandschaft zeigt, durch die souveräne Herrschaft über die Farbe als Ausdrucksmittel der Stimmung. Fritz von Uhde, der Führer der Münchener Naturalisten, macht mit seinem lachenden Mädchenkopf den frischesten und unmittelbarsten Eindruck, während die große Schneelandschaft mit der Staffage einer rastenden Arbeiterfrau, deren Felligen. schein wenig motiviert erscheint, hinter den früheren Bildern des Meisters, die einen verwandten Vor⸗ wurf zeigen, in Stimmung und Technik zurück⸗ bleibt. Ein Farbenvirtuos, der sich in seinen Interieurs die
besondere Aufgabe stellt, eine feinnüancierte Scala rother Töne errmann, dessen kleines Bildchen
abzustimmen, ist Curt „Siesta“ die gelungenste Lösung dieses Problems bietet. Zu den koloristischen Experimentatoren ist auch Lesser Ury zu zählen; ein duftiges Pastell, das einen Fleck Hamburgs in Abendbeleuchtung zeigt, legt Zeugniß von einem starken Talent ab, während in der phantastischen Wolken
färbung einer Erntelandschaft der Widerspruch zwischen Wollen und Können nicht ausgeglichen ist. Schlecht steht Martin Brandenburg die genialische Gebärde an, mit der er den Mangel soliden Könnens, der aus seiner „Tragödie“ spricht, nicht verbergen kann. Weit eher glaubt man Julius Elter seine weltfremden Phantasien, oder Hans Thoma
wenn auch dessen „Apoll und Marsyas“ und „Sommerland⸗ schaft mit Faunen und Nymphen“ nicht zu seinen hervor⸗ ragendsten Leistungen zu zählen sind.
Eine merkwürdige Mischung von abenteuerlicher Erfindung und nüchtern realistischer Ausführung läßt den Beschauer vor Leempoel's malerischer Vertheidigung des Satzes „Chacun veut en sagesse ériger sa folie“ zu keinem rechten Genuß kommen. An einer Reihe mehr oder weniger excentrischer Köpfe demonstriert der Maler seine These. Sie bieten im
Anders Zorn, unter denen besonders das Bildniß E. Renan's 8
Gegensatz zu anderen Schöpfungen L.’s künstlerisch zu weng Pbterche als daß man die Extravaganz der Komposition ohne weiteres in den Kauf nehmen könnte.
Ein Doppelporträt Lenbach's, auf der Vorderseite der Holztafel Passini’'s, auf der Rückseite Makart's Kopf zeigend, sowie ein Studienkopf Gebhardt's mit der Devise „Quod erat demonstrandum“, eine Landschaft Schönleber's und eine Schafherde Zügel s beweisen, mit wie gutem Geschmack der Leiter des ö Kunstsalons auch aus dem Be⸗ kannten seine Auswahl zu treffen versteht.
— Am Dienstag Vormittag fand im Germanischen Museum zu Nürnberg die feierliche Einführung des neuernannten Ersten Direktors Gustav von Bezold und dehen Verpflichtung, sowie die Verpflichtung des Zweiten Direktors Hans Bösch statt. Hierzu hatten sich außer den Genannten eingefunden der Zweite Bürger⸗ meister Täubler und der Fabrikbesitzer Gonnermann, Vorstand des Gemeindekollegiums, als Vertreter der Stadt Nürnberg, die Mit⸗ lieder des Lokalausschusses sowie die Beamten und Bediensteten des
useums. Um 9 ½ Uhr erschien der Königliche Ministerial⸗ Kommissar, Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Wehner aus München. Derselbe richtete an die Versammlung eine Ansprache, in elcher er ausführte, daß das Erscheinen eines Königlichen Ministerial⸗ E im Germanischen Museum nicht einen Bruch mit dessen Vergangenheit als freier Schöpfung des deutschen Volks bedeute, son⸗ dern daß die staatliche Oberaufsicht über die Verwaltung nur den Zweck habe, die Autorität der Beamten zu festigen und die finanziellen Grundlagen der Anstalt zu sichern. Dieser Ansprache folgte die Verpflichtung der beiden Direktoren, nach welcher Herr Ober⸗ Regierungs⸗Rath Dr. Wehner noch eine kurze Ansprache an diese richtete, in welcher er namentlich dem Zweiten Direktor die An⸗ erkennung der Königlichen Staatsregierung für die Leitung des Museums während der letzten Jahre aussprach. Direktor von Bezold erwiderte, indem er zunächst dem Verwaltungsausschuß für das ihm durch die Wahl zum Ersten Direktor erwiesene Vertrauen dankte. Wenig vertraut mit den Verhältnissen des Museums, könne er vorerst nur versprechen, seine ganze Kraft den ihm obliegenden Pflichten zu widmen. Er gedachte seines Vorgängers, des Geheimen Raths Dr. von Essenwein, richtete an die Beamten und Bediensteten die Bitte, sich mit ihm in treuer Pflichterfüllung zum Wohle des Museums zu vereinigen, und schloß, nachdem er der König⸗ lich bayerischen Staatsregierung, der Regierung des Deutschen Reichs und der Stadt Nürnberg für die erneute kräftige Fürsorge für das Museum gedankt hatte, mit einem Hoch auf Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten, den Protektor des Germanischen Museums.
Schulwesen.
Zur Stellungnahme gegenüber dem Erlaß des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten vom 31. Mai d. J. über das höhere Mädchenschulwesen in Preußen fand heute hierselbst in der Aula der Königlichen Elisabethschule eine Sitzung des erweiterten Ausschusses des „Deutschen Vereins für das höhere Mädchenschulwesen statt, zu der der Se Sies Verein öffentlicher höherer Mädchenschulen, die Zweigvereine von Brandenburg, Sachsen, Schlesien, Rheinland und Schleswig⸗ Holstein, der nordwest⸗deutsche Zweigverein, die Vereine von Baden, Württemberg, Sachsen, Braunschweig, Mecklenburg und Hamburg, sowie der elsaß⸗lothringische Zweigverein Delegirte entsandt hatten. In Vertretung der preußischen Unterrichtsbehörde waren der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider und der Seminar⸗Direktor Moldehn erschienen. Der erstere begrüßte die vom Direktor Sommer⸗Braunschweig geleitete Versammlung mit sympathischen Worten. Die einleitenden Referate hatten Dr. Neu⸗ mann⸗Danzig und Professor Thorbecke⸗Heidelberg übernommen. Beide Referenten unterbreiteten der Versammlung folgende Resolution: „1) Der Deutsche Verein für das höhere Mädchenschulwesen empfindet es dankbar, daß die von ihm langersehnte staatliche Regelung des höheren Mädchenschulwesens in Preußen durch die Bestimmungen vom 31. Mai d. J. in Angriff genommen worden ist. 2) Er weiß sich mit den für die Schule esleheen Lehrzielen und mit der empfoh⸗ lenen Methode im allgemeinen im Einklang. 3) Im Gegensatz zu den Bestimmungen der Neuordnung erblickt er in der zehnstufigen höheren Mädchenschule eine durch reiche Erfahrung bewährte und für die höhere weibliche Bildung des deutschen Volks unentbehr⸗ liche Einrichtung. 4) Die Einrichtung wahlfreier Kurse vermag darum nach seiner Meinung für die Bildungsarbeit des zehnten Schuljahres der höheren Mädchenschule einen Ersatz nicht zu gewähren, wohl aber das in vielen Kreisen gefühlte Fortbildungsbedürfniß der weiblichen Jugend nach Erledigung der zehnstufigen höheren Mädchenschule zu befriedigen. 5) Der Verein findet sich ganz im Einklang mit der Absicht der Unterrichtsverwaltung, den weiblichen Einfluß in der Er⸗ ziehung auch auf der Oberstufe der höheren Mädchenschulen zu verstärken; er sieht in jeder Lehrerin die selbstverständ⸗ liche Gehilfin des Direktors, fürchtet aber, daß die Einsetzung einer besonderen Gehilfin die Einheit der Schulleitung gefährden und zu unhaltbaren Verhältnissen führen werde. Was die wissenschaftliche Ausbildung der Lehrerinnen betrifft, so hält er es für die Pflicht des Staats, diese Ausbildung nicht der Privatthätigkeit zu ü erlassen, sondern selbst in die Hand zu nehmen und dazu die nöthigen Veran⸗ staltungen zu treffen. 6) Er beklagt es als eine Schädigung des An⸗ sehens und ein Hemmniß für die Wirkungsfähigkeit der höheren Mädchenschule, daß ihr auch in der Neuordnung die Anerkennung als höhere Lehranstalt vorenthalten ist. “
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Land⸗ und Forstwirthschaft.
“ Frankreichs Ernte. 8 Der Ernte⸗Ertrag Frankreichs im Jahre 1894 wird, wie „W. T. B.“ aus Paris meldet, amtlich für Gerste auf 19 932 145 gegen 12 240 099 hl im Jahre 1893, für Hafer auf 98 304 482 gegen 2 561 524 hl geschätzt.
8 88
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Nachweisung über den Stand von Thierseuchen im Deutschen Reich am 30. September 1894.
8¹ ach den Berichten der beamteten Thierärzte zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamt.)
Nachstehend sind die Namen derjenigen Kreise (Amts⸗ ꝛc. Bezirke) verzeichnet, in welchen Rotz, Maul⸗ und oder Lungen⸗ seuche am 30. September herrschten. Die zahl der betroffenen Ge⸗ meinden und Gehöfte sind — letztere in Klammern — bei jedem
Kreise vermerkt. A. Rotz (Wurm).
„Prexufzen. Reg.⸗Bez. Königsberg, Pr. Eylau 1 (1), Heiligen⸗ beil 1 (1). Reg.⸗Bez. Gumbinnen: Ragnit 2 99 Stallupönen 1 (1). Reg.⸗Bez. Marienwerder: Rosenberg i. Westpr. 1 (1), Löbau 2 (3), Kulm 1 (1). Stadtkreis Berlin 1 (3). Reg.⸗Bez. Fotsdam⸗ Stadtkreis Charlottenburg 1 (1), Osthavelland 2 (2), Reg.⸗Bez. Stettin: Anklam 3 (3), Ueckermünde 6 (12), Pyri 1 ch. Reg.⸗Bez. Posen: Posen Ost 1 (1), Samter 1 1), Rawitst 1 (1), Koschmin 1 (1), Schildberg 1 (1). 13Sst Bromberg: 1 (1). Reg.⸗Bez. Breslau: Stadtkreis Breslau 1 8. Brieg Reg.⸗Bez. Aeg g. Grünberg 1 (1), Schönau 1 (1). Reg.⸗
rfurt: Stadtkreis Nordhau en 1 (1). Reg.⸗Bez. Arnsberg: Iferlohn 1 (1). Reg.⸗Bez. Düsseldorf: Stadtkreis Barmen 1 (1). Reg.⸗Bez. Trier: Saarlouis 1 0) Ottweiler 1 (1). Bayern. Reg.⸗Bez. Oberbayern: Bruck 1 (1), Landbezirk Traunstein 1 (1). Reg.⸗Bez. Unterfranken: Kissingen 1 (1). Sachsen. Kreishauptm. Leipzig: Borna 2 (2). Hessen. Provinz Starkenburg: Darm⸗
Nakel.
stadt 2 (4). Provinz Oberhessen: Büdingen 1 (1). Sachsen⸗Weimar. Dermbach 1 (1). Reuß ältere Linie. 1 (1). Elsaß⸗Lothringen. Bezirk Ober⸗Elsaß: Colmar 1 (1), Mülhausen 1 (1). Bezirk Lothringen: Stadtbezirk Metz 1 (1), Saargemünd 2 (2). Zu⸗ sammen 53 Gemeinden und 65 Gehöfte. B. Maul. und Klauenseuche. Preußen. Reg.⸗Bez. Marienwerder: Kulm 1 (5). Stadt⸗ kreis Berlin: 1 (1), Reg.⸗Bez. Potsdam: Teltow 2 (3), Ost⸗ havelland 1 (1). Reg⸗Bez. Posen: Schroda 1 (1), Kosten 1 (1). Reg.⸗Bez. Bromberg: Inowrazlaw 2 (4). Reg.⸗Bez. Breslau: Landkreis Breslau 1 (1), Schweidnitz 8 (16), Striegau 4 (4), Waldeuburg 4 (4). Reg Bez. Oppeln: Kreuzburg 1 (1), Rosenber i. O.⸗S. 2 (12), Lublinitz 1 (7), Landkreis Beuthen 6 (6), Pleß 9 (49), Nvybnik 10 (28). Reg.⸗Bez. 1 (1), Kalbe 2 (3), Wanzleben 1 (1), Wolmirstedt 5 (11), Neu⸗ haldensleben 2 (2), Landkreis Halberstadt 1 (4). Reg.⸗Bez. Schles⸗ wig: Plön 1 (1), Stadtkreis Kiel 1 (4), Rendsburg 2 (3). Reg.⸗ Bez. Hildesheim: Ilfeld 1 (5), Reg.⸗Bez. Düsseldorf: Land⸗ kreis Krefeld 1 (1), Kempen 1 (1). eg.⸗Bez. Trier: Bitburg 2 (17), Saarlouis 1 (46). Reg.⸗Bez. Sigmaringen: Hechingen 1 (1), Haigerloch 1 (10). Bayern. Reg.⸗Bez. Pfalz: Keuftadt a. H. 1 (1). e e. Oberfranken: Landbezirk Forchheim 1 (2), Landbezirk 5 1 (1), Pegn 2 (43), Wunsiedel 1 (1). Reg.⸗Bez. Mittel⸗ ranken: Stadtbezirk Ansbach 1 (1), Landbezirk Ansbach 3 (6), Landbezirk Fürth 7 (46), Hersbruck 1 (6), Landbezirk Rothenburg a. T. 5 (46), Landbezirk Schwabach 1 (1), ÜUffenheim 7 (106). Reg.⸗Bez. Unterfranken: Edern 2 (4), Königshofen 1 (1), Ochsenfurt 2 (4). Reg.⸗Bez. Schwaben: Landbezirk Nördlingen 1 (1). Sachsen. Kreishauptm. Bautzen: Bautzen 1 (1). Kreishauptm. Dresden: Dresden⸗Neustadt 1 ( 1), Pirna 1 (1), Dippoldiswalde 1 (1), Meißen 1 (1). Kreishauptm. Leipzig: Landbezirk Leipzig 1 (1), Grimma 3 (4). Kreishauptm. Zwickau: Zwickau 2 (2), Auerbach 2 (2), Glauchau 2 (3). Württemberg. Neckarkreis: Böblingen 1 (1), Heilbronn 1 (1), Ludwigsburg 2 (3), Marbach 3 (28). Schw arzwaldkreis: Calw 2 (3), Freudenstadt 2 (2), Nürtingen 2 (6), Oberndorf 2 (2), Rott⸗ weil 1 (4), Sulz 1 (1), Tübingen 1 (2), Tuttlingen 1 (1), Urach 1 (1). Jagstkreis: Crailsheim 6 (14), Gerabronn 14 (128). Donau⸗ kreis: Blaubeuren 1 (2), Münsingen 2 (3). Baden. Landeskomm. Konstanz: Engen 1 (1), Donaueschingen 1 (4). Landeskomm. Frei⸗ burg: Schönau 1 (8). Landeskomm. Karlsruhe: Bretten 1 99. Landeskomm. Mannheim: Heidelberg 1 (6), Sinsheim 2 (24). essen. Provinz Oberhessen: Büdingen 1 (3). Provinz Rhein⸗ hessen: Alzey 1 (1). Sachsen⸗Weimar. Apolda 1 (1). Braun⸗ schweig. Helmstedt 1 (1). Sachsen⸗Meiningen. Hildburghausen 1 (1), Sonneberg 4 (10). Sachsen⸗Altenburg. Altenburg 2 (2). Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Herzogthum Coburg: Landbezirk Coburg 3 (3). Anhalt. Bernburg 2 (3). Schwar burg⸗Rudolstadt. Königsee 3 (3). Reuß jüngere Linie. Schleis 1 (1). Elsaß⸗ Lothringen. Bezirk Unter⸗Elsaß: Stadtkreis Straßburg 1 (3), Landkreis Straßburg 1 (1), Molsheim 3 (3), Zabern 1 (2). Bezirk Ober⸗Elsaß: Gebweiler 2 (30), Thann 1 (3). Zusammen 210 Gemeinden und 859 Gehöfte.
C. Lungenseuche.
Magdeburg: Jerichow 1
Preußen. Reg.⸗Bez. Magdeburg: Kalbe 2 (4), Wanzleben 1 (5), Wolmirstedt 3 (5), Neuhaldensleben 1 (1). Reg.⸗Bez. Hildes⸗ heim: Einbeck 1 (1). Reg.⸗Bez. Köln: Landkreis Köln 1 (2). Sachsen. Kreishauptm. Leipzig: Grimma 2 (2). Kreishauptm. Zwickau: Oelsnitz 1 (1). Sachsen⸗Weimar. Neustal 7. O. 1 (2 Zusammen 13 Gemeinden und 23 Gehöfte. 8
Spanien.
Die für Herkünfte aus Dortrecht angeordnete Quarantäne ist in eine dreitägige Beobachtungsquarantäne umgewandelt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 220 vom 18. v. M.)
8 Portugal. 1
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Astrachan für choleraverseucht, die übrigen Häfen des gleichnamigen Gouvernements sind für verdächtig erklärt
worden. Brasilien.
Durch Verordnung der brasilianischen Regierung sind die deutschen Häfen der Ostsee für choleraverdächtig erklärt worden. Alle seit dem 1. v. M. aus diesen Häfen abgegangenen Schiffe haben sich bei ihrer Ankunft in den brasilianischen Gewässern zunächst in dem Quarantänelazareth der Ilha Grande einer gesundheitspolizeilichen Behandlung zu unterwerfen.
— Cholera.
Deutsches Reich. In der Woche vom 24. September bi 1. Oktober Mittags wurden, wie in den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, nachstehende Er⸗ krankungen (und Todesfälle) gemeldet: Ostpreußen: 14 (—), da⸗ von in Wehlau und in einem anderen Ort des gleichnamigen Kreises 12 und in einer Ortschaft des Kreises Allenstein . Weichselgebiet: 4 (2), davon in je einer Ortschaft der Kreise Marienburg und Elbing Land 2 (—) bezw. 2 (2). Netze⸗Warthegebiet: 5 (3), sämmtlich in Oberschlesien: In der Zeit vom 23. bis 29. September 35 (11); davon in 10 Ortschaften des Kreises Kattowitz 34 (11) und in Oppeln 1 (—). Neuerdings ferner 1 Fall in Königshütte (Kreis Beuthen). Elbegebiet: 1 (1) in einem Orte des Kreises Lüchow.
Oesterreich⸗Ungarn. In der Zeit vom 17. bis 23. Sep⸗ tember wurden in Galizien 725 Erkrankungen (und 434 Todes⸗ fälle), in der Bukowina 35 (29) festgestellt.
Rußland. In der Stadt St. Petersburg wurden vom 18. bis 24. September 34 Erkrankungen (19 Todesfälle), in Narwa nebst Vorstädten vom 7. bis 20. September 10, in Joachimsthal 16 Fälle festgestellt. In Podolien hat die Cholera in den letzten Wochen stärker um sich gegriffen, man zählte dort vom 13. August bis 15. September 1300 (523) Fälle; in Wolhynien betrugen die entsprechenden Ziffern vom 7. August bis 3. Sextember 156 (54), in der Stadt Kiew vom 13. bis 23. September 8. (4), in der Stadt Warschau vom 20. bis 24. Sep⸗ tember 3 (2), sonst in dem gleichnamigen Gouvernement vom 17. bis 20. September 11 (4), in den Gouvernements Lomza am 18. und 19. September 1 (2), Kalisch vom 16. bis 18. September 13 (6), Petrikau vom 17. bis 20. September 48 (33), Kielze vom 13. bis 18. September 73 (47), Ra dom vom 17. bis 19. September 8 (2), Lublin vom 16. bis 20. September 21 (12), Siedlez vom 15. bis 19. September 25 (14), Kowno vom 9. bis 15. September 10 (8), Grodno vom 2. bis 8. September 181 (80).
Niederlande. Seit dem 17. September sind zufolge einer am 26. d. M. eingetroffenen Mittheilung nachstehende Fälle zur elangt: Zwiggelte, Gemeinde „Westerbork (Drenthe) 1 Fa Arbegter), Jutfas bei Utrecht 2 Fälle, Utrecht 1 Todesfall (Auf⸗ seher in Viehställen) und 1 Erkrankung, Rotterdam mit Kra⸗ lingen einige weitere Fälle, VYsselmonde bei Rotterdam 1 Todes⸗ fall, Amsterdam täglich mehrere Erkrankungen in verschiedenen
Stadttheilen. . b Belgien. Laut amtlicher Mittheilung wurden in der Woche vom 9. bis 15. September in der Provinz Lüttich 92 Todesfälle an Cholera festgestellt, ferner aus Mecheln (Prov. Antwerpen) und Tongres (Prov. Limburg) je 2, aus Marche und La Roche (Prov. “ sowie aus Hongaerde (Prov. Brabant) je 1 Fall gemeldet.
Türkei. Im Vilajet Angora wurden vom 1. bis 12. September 12 Erkrankungen (9 Todesfälle) angezeigt, in den Vilajets Kastamuni am 8. September 1 (1), Mamurad el Aziz (in Awebkir) vom 5. bis 11. September 42 (20), Erzerum Cef ausschließlich in Erzingian) vom 6. bis 12. September 214 (133), ferner im Sandjak Jsmid vom 29. August bis 10. September 38 (33), sonst im Vilajet Huda⸗ vendkjar vom 31. August bis 12. September 43 (40), davon in Brussa vom 7. bis 12. September 30 (18), endlich im Vilajet Adrianopel vom 7. bis 11. September 7 (5), davon in Mustapha
Pascha 5 (5)
. In Nebk sind laut Mittheilung vom 15. September neue Fälle nicht ih worden.
stindien. Kalkutta. Vom 19. bis 25. August starben 9 Personen an Cholera.
Pest.
„Hongkon g. Während der dem 21. August vorausgegangenen beiden Wochen ist in dem Auftreten der Krankheit eine wesentliche Aenderung nicht 8„ Vom 5. Mai bis zum 21. August betrug die Zahl der Todesfälle 2480. 8
Gelbfieber. 8 In Havana kamen dem „Abstr. of sanit. rep.“ zufolge vom 24. August bis 6. September (neben annähernd 93 Ekkrankangen 39 Todesfälle vor, davon 26 im Militärlazareth, Cienfuegos vom 19. August bis 1. September 8, Cardenas vom 12. bis 25. August 10, Rio de Janeiro vom 29. Juli bis 11. August 5, Vera . Cruz vom 17. bis 30. August 12, San Juan (Puerto Rico) vom
Handel und Gewerbee.
Nach einer Verfügung des niederländischen Finanz⸗ Ministers vom 20. August d. J. sind Velocipede, denen nur die lose um die Felgen zu legenden Gummireifen fehlen, bei der Einfuhr nicht als unvollständige oder in Theile zer⸗ legte im Sinne der Bestimmung der finanzministeriellen Ver⸗ fügung vom 27. September 1889 anzusehen. Es können daher
für diese Radfahrzeuge von dem Zolldirektor Einfuhrscheine
ohne weiteres ertheilt werden.
Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 3. Oktober die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Bellealliancestraße 84, dem Tischlermeister F. Chr. A. Winke IHehörig; Fläche 20,70 a; Nutzungswerth 11 050 ℳ; das geringste Gebot wurde auf 523 500 ℳ festgesetzt; für das Meist ebot von 682 000 ℳ wurde der Hof⸗ und Raths⸗Maurermeister E. F. Jacob, Ulmerstraße 2, Ersteher — Tilsiterstraße, dem Bau⸗ unternehmer Carl Drewisch gehörig; Fläche 7,88 a; für das Meistgebot von 190 000 ℳ wurde der Schlächtermeister Carl Riedel zu Rixdorf, Hermannstraße 154, Ersteher. — Wiesen⸗ straße 60 und 60a und “ 17 und 18, dem R. Bock und dem Kaufmann Rob. Drachholz gehörig; Nutzungs⸗ werth 10 650 ℳ und 3790 ℳ; Mindestgebot 112 600 ℳ und 43 200 ℳ; für die Mindestgebote wurde die Allgemeine Häuser⸗ bau⸗Aktiengesellschaft zu Berlin Ersteherin. 8 Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen d nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: das im Grundbuch von E1““ 36 Blatt Nr. 1107 auf den Namen des Töpfe meisters Otto Weber zu Berlin eingetragene, zu Steglitz belege Grundstück; Fläche 5,90 a; Mindestgebot 653 ℳ; für das Meistgebot von 44 000 ℳ wurde der Kaufmann Fritz Jolowicz zu Berlin, “ 2, Ersteher. — Das im Grundbuch von Deutsch⸗ ilmersdorf Band 35, Blatt Nr. 1060 auf den Namen des Tischlermeisters Gottlieb Schönborn eingetragene, zu Deutsch⸗Wilmersdorf belegene Grundstück; Fläche 10,37 a; Mindestgebot 168 020 ℳ; für das Meistgebot von 181 310 ℳ wurde der Kaufmann Max Goldschmidt zu Berlin, Lottumstr. 14, Ersteher. — Das im Grundbuch von Friedenau, Band 8 Blatt Nr. 706 auf den Namen der Meer⸗ ganz'schen Erben eingetragene, zu Friedenau belegene Grund stück; Fläche 12,60 a; Nutzungswerth 1418 ℳ; Mindestgebot 365 ℳ; für das Meistgebot von 47 500 ℳ wurde die offene Handelsgesellschaft Beck, Koller & Co. zu Berlin, Alexanderstr. 8a, Ersteherin. — Das im Grundbuch von Malchow Band 1 Blatt 10 auf den Namen des Kaufmanns Robert Frick eingetragene, zu Malchow belegene Grundstück; Fläche 3,5720 ha; Mindestgebot 210 ℳ; für das Meist⸗ ’n. von 8025 ℳ wurde der Kaufmann Julius Wall zu Char. ottenburg, Kleiststraße 4, Ersteher. — Endlich das im Grundbuch von Lichtenberg Band 16 Blatt Nr. 548 auf den Namen des Mechanikers Heinrich Micklisch zu Friedrichsberg eingetragene, zu Lichten berg belegene Grundstück; Fläche 2,84 a; Nutzungswerth 705 ℳ, Mindestgebot 557 ℳ, für das Meistgebot von 2500 ℳ wurde der Arbeiter F. E. Noack zu Berlin, Reinickendorferstraße 56 b und die Frau Klose, geb. Noack, zu Berlin, Fennstraße 49, Ersteher.
Theater und Mufik.
8 Königliches Schauspielhaus. Gestern Abend gelangte das Lustspiel „Ungerathene Kinder“ von Dr. Paul Lindau 128 ersten Aufführung und wurde zumeist von freundlichem Beifall begleitet, der aber nur am Schluß des zweiten und letzten Aufzugs lebhafteren Charakter gewann und hier wohl gleichmäßig der trefflichen Darstellung und der Dichtung galt. Das Lustspiel beruht auf der gewagten Vorausse ung, daß ein in einem Gewerbe unter harten Entbehrungen zu Reichthum gelangter ann von seinen beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, verlangt, daß sie sich lärmenden Vergnügungen und möglichst kost⸗ spieligen Jugendfreuden, die er hat entbehren müssen, hingeben sollen. Aber der Vater hat „ungerathene Kinder“, denn beide, Emil und Agathe, haben durchaus natve und ruhige Vorstellungen von Glück und Lebensfreude, und zum Kummer des Vaters wird der musterhafte Sohn Theologe und die schweigsame Tochter reicht einem harm⸗ losen Dorfpfarrer die Hand zum Ehebund. Der Einfall an sich ist launig und sicherlich aus einer wirklichen Lebenserfahrung ab- geleitet, aber eine so der F widersprechende Erscheinung kann nur Glauben finden, wenn die Charaktere der handelnden Personen sicher und klar gezeichnet sind, und wenn die Reibhenfolge der Geschehnisse sich natürlich entwickelt. In dem Lindau'schen Lustspiel aber entbehren die Träger der Handlung zumeist einer anschaulichen Individualität; zu erheiternder Wirkung kamen nur zwei Personen: die schweig⸗ same Agathe und der blonde, in gespreiztem Buch⸗ deutsch redende junge Pfarrer, und beide wirkten fast mehr durch die übertriebene Zeichnung ihrer Eigenart als durch Natürlichkeit. Die Handlung wird wiederholt durch alte Theaterpraktiken in Gang gehalten; Mißverständnisse und heimliches Belauschen mußten wieder den gewohnten belustigenden Eindruck auf die Zuschauer ausüben, und selbst einer künstlich aufgebauschten Duell⸗ affaire hörte man mit Geduld und auch wohl mit Gefallen aufs neue zu. Im allgemeinen ist das Lustspiel ebenso harmlos wie durch⸗ sichtig und leicht Der Dialog weist manche guten, spaßhaften und witzigen emerkungen auf, aber sie sind weder so zahl⸗ reich no so originell wie in den früheren Schauspielen Lindau's. — Um die arstellung machten sich besonders Frau Elise Sauer als Agathe und Herr Vollmer als Pastor Schrot verdient. Frau Sauer, die gestern zum ersten Mal auf der Königlichen Bühne erschien, war eine köstliche Verkörperung verschämter mädchenhafter Schweigsamkeit. Ihr „Ja“ und „Nein“ brachte sie ausdrucksvoll zum Vortrag und war im stummen Spiel ebenso reizend wie rührend; aber der schnellen Rede im letzten Akt hätte man mehr Laune wünschen können. err Vollmer zeigte sich als blonder Dorfpfarrer voll liebenswürdiger Treuherzigkeit, zu der die steife Pedanterie seiner schrift⸗ und urdeutschen Ausdrucks⸗ weise eine lustige Ergänzung bildete. Die Liebesscene zum Schluß des zweiten Akts, die er mit Frau Sauer spielte, rief dur ihre Zartheit und weltfremde Unbeholfenheit stürmische Heiterkeit hervor und bildete den Glanzpunkt der Darstellung und der Dichtung. Herr Blencke gab den Vater der „un⸗ gerathenen Kinder“; die Rolle ist vom Dichter nicht kräftig Hünug S.. und der Darsteller vermochte nicht, den verwischten ügen eben zu geben. Als ewig durstiger Major hatte sich Herr Klein eine sehr gelungene Maske zurecht gemacht, auch den Ton zufriedener, etwas seichtlebiger Behaglichkeit traf er sehr gut. Den windigen Sohn dieses trinkfrohen Vaters spielte Herr Carl Wallner etwas