EEe1“*“ wsmen;
shen. S M. S. „Hyäne“, 1 Kapitän Reincke, ist am 14. Oktober in Kamerun an⸗ gekommen.
Seine Majestät der Kaiser und König reiten durch die Mitte der Truppenaufstellung bis in die Nähe des vor dem Denkmal zu errichtenden Altars, worauf wieder im ganzen das Gewehr „über“ und „ab“ genommen wird. Die Truppe bleibt „stillstehen“.
Die Leib⸗Kompagnie des 1. Garde⸗Regiments z. F., welche mit den drei alten Fahnen des Regiments, den Spielleuten und dem Musikkorps, sowie den zu weihenden Fahnen im Lichthof des Zeughauses bereit steht, marschiert sogleich nach⸗ dem Seine Majestät der Kaiser und König am Portal des Zeughauses vorbeigeritten sind, aus dem letzteren heraus, formiert sich vor demselben in Fügen — Front nach dem Denkmal — und erwartet daselbst den Befehl zum Anmarsch. Die neuen Fahnen stehen in drei Zügen in aufgeschlossener Kompagnie⸗Kolonne, die Flügel der Züge mit den drei ältesten Königlichen Söhnen und den drei Söhnen Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen besetzt, vor den Spielleuten der Kompagnie.
Nachdem Seine Majestät der Kaiser und König den Befehl 24 Anmarsch ertheilt haben, marschiert die Kompagnie mit en Fahnen, geführt von dem Kommandeur des 1. Garde⸗ Regiments z. F. soweit an den Altar heran, daß die “ nach dem Halt der Kompagnie eine Aufstellung bilden, welche in einem nach dem Altar zu offenen Viereck Seine Majestät den Kaiser und König und die Fürsten umschließt. Musik und Spielleute der Leib⸗Kompagnie befinden sich hinter der Front.
Sobald die Aufstellung eingenommen ist, folgt ein kurzes Gebet und die Weihe der Fahnen durch den Militär⸗Ober⸗ pfarrer des Garde⸗ ꝛc. Korps, Hofprediger D. Frommel, in Gegenwart des katholischen Feldpropstes der Armee. Während der Weihe nehmen die Kommandeure den Unteroffizieren die Fahnen ab und senken dieselben bei der Einsegnung.
MNiach Beendigung des feierlichen Aktes übergeben Seine Majestät der Kaiser die Fahnen mit einer Ansprache an die Kommandeure und befehlen das Präsentieren als erstes Honneur für die Fahnen. Die Truppen nehmen darauf Gewehr über. Der General⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal dankt im Namen der Armee, befiehlt das Präsentieren — wobei nicht geschlagen wird — und bringt nun ein dreifaches Hurrah auf Seine Majestät den Kaiser und König aus. Sämmtliche Musikkorps spielen die Nationalhymne. Die Kommandeure geben die Fahnen an die betreffenden Unteroffiziere wieder ab.
Darauf erfolgt ein Parademarsch in der Richtung nach dem Brandenpurger Thor.
Nach ndigung des Parademarsches werden die neuen der Linien⸗Regimenter durch die Kompagnie des Lehr⸗ Infanterie⸗Bataillons in das Zeughaus und die Fahnen der in Berlin garnisonierenden Gardetruppen durch die Leib⸗ Kompagnie des 1. Garde⸗Regiments z. F. nach dem König⸗ lichen Schloß eägeac
Am 18. d. M., 5 Uhr Nachmittags, findet im Neuen Palais Galatafel, Abends 8 Uhr im Opernhause eine mili⸗ tärische Festvorstellung statt.
Zu den Festlichkeiten aus Anlaß der Fahnenweihe trifft, wie „W. T. B.“ meldet, Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog von Baden heute Abend um 8 Uhr 50 Minuten auf der Station Wildpark ein und nimmt im Neuen Palais Wohnung. Morgen Nachmittag 5 Uhr 30 Minuten wird Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin erwartet, Höchstwelcher ebendaselbst Aufenthalt nimmt. In Potsdam treffen heute Abend bezw. im Laufe des morgigen Tages ein und nehmen im Stadtschlosse daselbst Wohnung: Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Olden⸗ burg, Ihre Durchlauchten der Fürst zur Lippe, der Fürst zu Schaumburg⸗Lippe, der Fürst Reuß ä. L. und der Erbprinz Reuß j. L. sowie der Fürst zu Waldeck und Pyrmont.
Die Ankunft Seiner Majestät des Königs von Serbien erfolgt in Potsdam morgen Abend 7 Uhr.
Der Kursus für Verwaltungsbeamte im Hygie⸗
nischen Institut der Königlichen Universität findet in der
Zeit vom 19. November bis inkl. 1. Dezember d. J. statt. Anmeldungen zu diesem Kursus sind umgehend an den Direktor, Professor Dr. Rubner, Berlin C., Klosterstraße 36, zu richten. hücse tete Anmeldungen können nicht mehr berücksichtigt werden.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr.
Schneider im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und
Medizinal⸗Angelegenheiten ist nach Wiesbaden abgereist.
Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe Graf von Lerchenfeld⸗Köfering ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der
Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli ist hier angekommen.
Der Regierungs⸗Assessor Forstreuter zu Fischhausen ist
der Königlichen zu Königsberg i. Pr. zur weiteren dienstlichen Verwen
ung überwiesen worden. Die neuernannten Regierungs⸗Assessoren von Stock⸗
hausen und Oskar Keßler sind bis auf weiteres, ersterer dem Landrath des Kreises Luckau, Regierungsbezirk Frank⸗
furt a. O., letzterer dem Landrath des Landkreises Trier zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden. Versetzt worden sind: die Strafanstalts⸗Geistlichen Fricke
von Sonnenburg nach Naugard, Brandt von Naugard nach Lichtenburg und Meyer von Lichtenburg nach Sonnenburg.
8 1 Laut telegraphischer Mittheilung an das Ober⸗Kommando
der Marine ist S. M. S. „Loreley“, Kommandant Kor⸗
etten⸗Kapitän Grolp, am 13. Oktober in Sebastopol an⸗ ekommen und beabsichtigt von dort heute wieder in See zu ommandant Korvetten⸗
1
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der Landtag des Herzogthums Gotha nahm in
seiner gestrigen Sitzung die Vorlage über den Zuschuß von 9000 ℳ für das Herzogliche Hoftheater mit 15 gegen 4 Stimmen an. Zu der Petition auf höhere Besteuerung der Wander⸗ lager und Ausverkäufe beschloß der Landtag einstimmig, die Regierung um Vorlegung eines entsprechenden Gesetzes zu er⸗ suchen, obgleich der Staats⸗Minister von Strenge erklärt hatte, der Bundesrath werde dem Reichstag baldigst ein solches Gesetz vorlegen. Nachdem sodann noch die Wahl eines Vize⸗ Präsidenten vorgenommen worden war, wurde der Landtag auf unbestimmte Zeit vertagt.
Deutsche Kolonien.
Der auswärtige Handel des deutsch-⸗ostafrika⸗ nischen Schutzgebiets für das Jahr 1893 belief sich nach dem „Deutschen Kolonialblatt“ (in Mark berechnet) auf 8 89 822 ℳ Werth der Einfuhr und 5580 739 ℳ Werth der
usfuhr.
Der Missionar der evangelischen Mission für Deutsch⸗ Ostafrika Hermann Klein, welcher seit Juli 1892 im 1öu“ zu Dar⸗es⸗Salam thätig war, ist plötzlich ge⸗ storben.
Der Rittmeister à la suite des 3. Bayerischen Chevaux⸗ leger⸗Regiments Freiherr von Stetten ist am 10. August in Kamerun eingetroffen und hat das Kommando der Kaiser⸗ lichen Schutztruppe übernommen.
Der dem Kaiserlichen Gouvernement zu Kamerun über⸗ wiesene Gerichts⸗Assessor von Lucke ist am 13. Juni d. J. in Kamerun eingetroffen und hat die Geschäfte des Kanzlers über⸗ nommen.
Der Kaiserliche Landeshauptmann für die Marschall⸗ Inseln Dr. Irmer ist am 11. Mai d. J. in Jaluit ein⸗ getroffen und hat die Geschäfte von seinem Vorgänger über⸗ nommen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser und der König von Serbien begaben sich gestern früh von Budapest direkt in das Jagdrevier von Gödöllö. Nachmittags 5 Uhr wurde der König von Serbien in dem dortigen Schloß von der Kaiserin empfangen. Um 6 Uhr fand das Hofdiner statt, nach dessen Beendigung beide Monarchen nach Budapest zuruckkehrten.
Das Wiener „Fremdenblatt“ bespricht den Besuch des Königs von Serbien am österreichisch⸗unga⸗ rischen Hof und sagt, dieser Besuch sei ein neuer Beweis der guten Beziehungen, die sich zwischen Oesterreich⸗Ungarn und dem Nachbarlande herangebildet hätten, und an deren Herstellung und Pflege König Alexander großen Antheil habe. Das Blatt verweist auf den Trinkspruch des Königs und er⸗ klärt, die herzliche Aufnahme, die dem König Alexander von der Bevölkerung Budapests bereitet worden sei, zeige, welche Sympathien der König auch in Oesterreich⸗Ungarn genieße.
Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge konferierte der Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky gestern Nachmittag in Budapest mit den ungarischen Ministern Dr. Wekerle, von Lukacs und Graf Festetics. Dabei dürfte auch die von Frankreich aufgeworfene Frage des Weinzolls erörtert worden sein.
Der Feldmarschall⸗Lieutenant GalgoczU de Galantha begiebt sich heute von Hermannstadt 8. Sinaia, um sich dem König von Rumänien als kommandierender General in Siebenbürgen vorzustellen.
Der Justizausschuß des ungarischen Unterhauses nahm gestern die von dem Oberhause an dem Gesetzentwurf über die Religion der Kinder vorgenommenen Abänderungen unter der Voraussetzung an, daß der Gesetzentwurf über die freie Religionsübung die eliminierten Stellen des ersteren Ge⸗ sebentwurfe ergänzen werde.
Bei der gestern vorgenommenen Ergänzungswahl der Stadtbezirke Bruck und Leoben zum österreichischen Reichs⸗ rath wurde der Deutschliberale Lorber mit 767 Stimmen gegen Walz (deutschnational), der 687 Stimmen erhielt, ge⸗ wählt
Das Budget für 1895, das dem österreichischen Ab⸗ geordnetenhause heute vorgelegt wird, veranschlagt das esammterforderniß auf 636 527 870 Gulden, die Gesammt⸗ bedeckung auf 638 985 577, daher den Ueberschuß auf 2 457 707, gegen das Vorjahr also um 134 688 Gulden höher.
Die vereinigte deutsche Linke hielt gestern in An⸗ wesenheit der Minister Dr. von Plener und Graf Wurm⸗ brand sowie des Präsidenten des Abgeordnetenhauses Frei⸗ 8 von Chlumecki eine Sitzung, worin Graf Wurmbrand beifällig aufgenommene Aufklärungen über das wirthschaftliche Programm ertheilte. Sodann referierte Ruß über die Be⸗ mühungen des Vorstandes, um die Einstellung eines Betrages in das Budget für 1895 für das utraquistische Gymnasium in Cilli zu verhindern. Hieran knüpfte sich dann eine längere Debatte.
In der vorgestern in Prag dhg hc eeeg Versammlung der Vertrauensmänner der eutschen Böhmens wurde eine Resolution angenommen, worin die geschlossene Haltung und Einigkeit der deutschen Abgeordneten als die wichtigste Bürgschaft der erfolgreichen allseitigen Abwehr der immer ungestümer auftretenden Angriffe auf den er⸗ erbten Besitzstand des deutschen Volkes in Böhmen erklärt wird. Die Vertrauensmänner verharren unver⸗ brüchlich auf den Grundsätzen des wahren Freisinns und Fortschritts, sie billigen die allgemeine Wahlreform mit Er⸗ weiterung des politischen Wahlrechts und Vermehrung der Zahl der Abgeordneten unter gleichzeitiger Wahrung des politischen Besitzstandes der deutschen Bürger und Bauern und drücken ihre Anhänglichkeit an den eeinheitlichen Staat, ihre unbegrenzte Liebe zu Kaiser und Reich und ihre Bereitwilligkeit aus, die bestehende Koalition der drei gemäßigten großen Parteien des Reichsraths ver⸗ trauensvoll zu unterstützen. Die Vertrauensmänner geben schließlich der Erwartung Ausdruck, daß die Regierung den nationalen Besitzstand aller Deutschen Oesterreichs schützen werde. Auf den Antrag Strache’'s wurde der Zusatz an⸗ petcke „Wir erwarten von unseren “ auf as bestimmteste, daß sie die Errichtung einer slavischen Unter⸗ richtsanstalt in Cilli entschieden ablehnen.“
Gestern, am Vorabend des Wiederzusammentritts des Reichstags, fanden mehrfach Demonstrationen für die Ein⸗ führung des allgemeinen Wahlrechts statt. In Wien wurden in sämmtlichen Bezirken stark besuchte Arbeiter⸗ versammlungen abgehalten, in denen eine gleichlautende Reso⸗
lution zu Gunsten des allgemeinen direkten Wahlrechts ange⸗ nommen und für eine zu Donnerstag einberufene Massen⸗ versammlung Propaganda gemacht wurde. Die Versamm⸗ lungen verliefen durchweg ruhig In Brünn fand ein Massenaufzug der Arbeiter als Kundgebung zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts statt. Der Aufzug vollzog sich ohne nennenswerthe Ausschreitungen. In Krakau sollte nach einer ruhig verlaufenen Arbeiterversammlung zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts eine Kundgebung der Arbeiter auf dem Ringplatz und in den angrenzenden Straßen stattfinden, die indessen von der Polizei und von Militärabtheilungen verhindert wurde. Dreizehn Arbeiter wurden wegen Widerstands verhaftet. 1 8
Großbritannien und Irland. ““
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Heinrich von Preußen sowie Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Ludwig von Battenberg sind gestern Abend zum Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin Frkedrich von London nach Kronberg abgereist. Auf dem Bahnhof war Oberst Byng als Vertreter der Königin Victoria anwesend.
Der Premier⸗Minister Lord Rosebery wohnte gestern einem in Balmoral abgehaltenen Ministerrath bei, der sich mit der Vertagung des Parlaments bis zu einem späteren Fhütannet⸗ als ursprünglich festgesetzt war, beschäftigte. Lord Rosebery reiste nach dem Ministerrath wieder nach seinem Landsitz ab.
Frankreich.
Bei einer in Montpellier abgehaltenen Versammlung von Weinbauern, hielt vorgestern Méline eine Rede, worin er die Angriffe gegen die Schutzzölle zurückwies und ausführte, das Jahr sei ein unglückliches gewesen und würde ohne die 82 tarife noch schlimmer gewesen sein. Die französischen Tarife seien nicht hoch genug. Die französische dcfahr habe nicht abgenommen, aber der Werth der Produkte sei zurück⸗ “ Getreide, Wein und Seidenwaaren litten unter
em niedrigen Stand des Silbers.
Rußland. Nach einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ aus
St. Petersburg wäre die Abreise des va⸗ nach
Korfu für den 24. d. M. in Aussicht genommen. er Kaiser werde den Seeweg einschlagen, die Ueberfahrt bis zum Piräus auf dem Dampfer „Orel“ zurücklegen und sich dort auf der Nacht „Polarstern“ einschifften. — Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Korfu, daß der Ober⸗Hofmarschall des Kaisers
Graf Benkendorff dort eingetroffen sei und das Schloß
„Mon repos“ in Augenschein genommen habe.
Italien. 8
Unter dem Vorsitz des Papstes sollen, wie „W. T. B.“ meldet, in nächster 83 zwei Konferenzen stattfinden zur Berathung der Maßregeln, die zu ergreifen seien, um die Rückkehr der orientalischen Kirchen zur Einheit der katholischen Kirche herbeizuführen. Von den fünf armenisch⸗katholischen Patriarchen werden der Melchiten⸗ Patriarch Jussef und der syrisch⸗katholische Patriarch Behnam Benni an diesen Konferenzen theilnehmen. Die erste Konferenz soll in dieser Woche stattfinden.
Spanien. Der Minister des Auswärtigen Moret ist gestern Abend von Madrid nach Paris abgereist Belgien. ZBis gestern Abend 11 Uhr war in Brüssel das Ergebniß
aus 137 von 139 dortigen Wahlbureaux bekannt; demnach er⸗
hielten die Sozialisten 42 418 Stimmen, die Liberalen 64 408, die Katholiken 98 124 Stimmen. Eine Stichwahl zwischen Katholiken und Liberalen ist also sicher. In Lüttich sind entgegen den zuerst gemeldeten Resultaten nach dem offiziellen Wahlresultat nur 4 Sozialisten im ersten Wahlgang gewählt worden. Eine Stichwahl findet statt zwischen 1 Liberalen (Frère⸗Orban), 6 Katholiken und 7 Sozialisten. Unter den letzteren befinden sich Anseele, Defuisseaux und Hector Dénis. — In Mons kam es gestern zu Ausschreitungen; die dortigen Sozialisten warfen die Fenster des katholischen Vereinshauses ein. — In Brüssel fand gestern Abend eine sozialistische Kundgebung statt. Ein Zug von mehreren tausend Personen durchzog die Haupt⸗ straßen der Stadt unter dem Gesang der Marseillaise. Alles verlief ruhig. Es werden keine Ruhestörungen befürchtet.
Die frühere Kammer zählte 93 Katholiken, diese verlieren bis jetzt 10 und gewinnen 2 Sitze; ferner 59 Liberale, diese verlieren 24 und gewinnen 7 Sitze. Die Sozialisten, bh Cügber früheren Kammer nicht vertreten waren, erhalten
Sitze.
Im Senat befanden sich 47 Katholiken, sie gewinnen 10 und verlieren 3 Sitze; die Liberalen, deren Zahl im Senat 30 betrug, verlieren 10 Sitze, welche die Katholiken gewinnen, dagegen gewinnen die Liberalen 3 von den Katho⸗ liken verlorene Sitze. In 9 Arrondissements haben Stich⸗ wahlen stattzufinden.
Bulgarien.
Tontschew hat, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, gestern nach der Rückkehr von Varna formell sein Ent⸗ lassungsgesuch überreicht, das angenommen wurde. Der Finanz⸗Minister Geschow ist mit der Führung des Handels⸗ Portefeuilles betraut worden.
Montenegro.
Die auswärts verbreitete Nachricht, daß in mehreren Distrikten Montenegros Hungersnoth herrsche, wird, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Cetinje, offiziell für unbegründet erklärt. Gleichzeitig wird festgestellt, daß die diesjährige Ernte, eine Mittelernte, für die Bedürfniffe der Bevölkerung hinreichend sei.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Simla gemeldet wird, ist der indischen Regierung die Bestätigung der ernst⸗ lichen Erkrankung des Emirs von Afghanistan zuge⸗ gangen. Die Natur des Leidens wird offiziell nicht angegeben, es soll sich um eine innere Blutung handeln.
Der „Times“ wird aus Tientsin vom gestrigen Tage gemeldet, in Peking sei ein Kaiserlicher Erlaß erschienen, wonach die hinestsche Regierung die volle Verant⸗ wortlichkeit für den Schutz der Ausländer übernehme, Das chinesische Geschwader habe die Docks in Port Arthur verlassen. Die Reparaturen seien beendet und die Pulrervorrathe eenen 114“
juristischen 1 DDr. honoris causa;
Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Tientsin, es bestätige sich, daß die chinesische Regierung keine Friedens⸗ vorschläge gemacht habe.
Wie das „Reuter’sche Bureau“ aus YNokohama meldet, ist der japanische Landtag gestern in Hiroschima zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetreten. Kusomoto ist zum Präsidenten und Shimada zum Vize⸗Präsidenten ge⸗ wählt worden. Die offizielle Eröffnung erfolgt morgen. — Graf Inouye ist nach Korea abgegangen. Nomura ist um Minister des Innern ernannt worden. Viele Kriegs⸗ gefangene sind in Tokio angekommen. 4 - “
Aus Lourenço Marquez meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß die Kaffern am Montag die Stadt ange⸗ griffen hätten, aber zurückgeschlagen worden seien. Gestern früh sei der Angriff erneuert worden. Die dortigen Behörden hätten die Regierung von Transvaal um Hilfe gebeten. Einer weiteren Meldung zufolge habe die Regierung in Lourenço Marquez eine Proklamation erlassen, worin unter Hinweis auf den neuen Angriffsfall erklärt werde, die Regierung könne für das Leben der Einwohner in keinem Stadttheil mit Ausnahme des Marktplatzes einstehen. Aus dem Landstrich der Maputa heimkehrende Kaufleute berichteten, die Maputa hätten sich mit den Rebellen in Gungunhama vereinigt und rückten auf Inhambane vor.
u.“
Kunst und Wissenschaft.
Die hiesige Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität beging gestern den Akt des Rektoratswechsels.
Der zeitige Rektor, Geheime Regierungs⸗Rath, Professör Dr. Weinhold leitete die Uebergabe des Rektorats an seinen Nachfolger, den ordentlichen Professor Dr. Pfleiderer mit dem Vortrage einer statistischen Uebersicht der Ereignisse des jetzt abgelaufenen Rektoratsjahres ein, aus welcher Folgen⸗ des mitzutheilen ist:
Aus dem Lehrpersonal der Universität schieden aus: durch den Tod: die ordentlichen Professoren Geheimer
Medizinal⸗Rath Dr. Hirsch, Dr. von der Gabelentz, Geheimer
Regierungs⸗Rath Dr. Kundt, Dr. Dillmann, Wirklicher Ge⸗ heimer Rath Dr. von Helmholtz; die außerordentlichen Professoren Dr. Falk, Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Spitta, Geheimer Medizinal⸗Rath Dr. Fräntzel, der ordentliche onorar⸗Professor Dr. Michelet, sowie der Privatdozent, Pro⸗ essor Dr. Brugsch;
durch Entbindung von seinen amtlichen Pflichten: der ordentliche Professor, Wirkliche Geheime Rath Dr. Zeller;
durch Berufung nach außerhalb: die außerordentlichen Professoren Dr. M. Weber, Dr. Waetzoldt, Dr. Furtwängler, Dr. Ebbinghaus, die Privatdozenten Lic. Voigt, Dr. Schlange, Dr. von Noorden, Dr. Cloetta, Dr. Rinne, Dr. Töpffer, Dr. Meinardus, Dr. Heider, Dr. Abel.
Dagegen traten in den Lehrkörper neu ein:
durch Berufung: der ordentliche Professor Dr. Stumpf, 8 zheresbentliche Professor Dr. Heubner und der Lektor Dr. Pariselle;
durch Habilitation: in der juristischen Fakultät: die DDr. Kaufmann und Burchard; in der medizinischen Fakultät: die DDr. Ohlmüller, Westphal, Greef, Gebhard; in der philo⸗ sophischen Fakultät: die DDr. Lehmann, Konrad, Kretschmer, Schmekel, Krigar⸗Menzel, Winter, Seeler, Krauske und Gilg.
Befördert wurden: in der medizinischen Fakultät: die Privatdozenten DDr. Straßmann und Winter und der Lehrer der Zahnheilkunde Dr. Miller zu außerordentlichen Professoren; in der philosophischen Fakultät: der außerordent⸗ liche Professor Dr. Paulsen zum ordentlichen Professor, der Privatdozent Dr. Heusler zum außerordentlichen Professor.
Es wurden im Laufe des Jahres promoviert: voon der theologischen Fakultät 2 Lizentiaten, von der juristischen Fakultät 5 Doktoren, von der medizinischen Fakultät 129 Doktoren, von der philosophischen Fakultät 72 Doktoren, außerdem von der theologischen Fakultät 2 und von der
365 Theologen, 1284 Juristen, 787 Mediziner, 1020 Philosophen, Summa 3456 Studierende; abgegangen sind: 1“ 409 Theologen 1302 Juristen, 836 Mediziner, 871 Philcsophen,
immatrikuliert:
“
“
5 Todesfälle von Studierenden sind zur Anzeige ge⸗ kommen. 1
Es wurden 792 Privat⸗ und 517 öffentliche Vorlesungen seslen an welchen 28 448 bezw. 23 970 Zuhörer theil⸗ nahmen.
Der Rektor berichtete ferner über die Handhabung der akademischen Disziplin und einige allgemeine Universitäts⸗ verhältnisse, theilte mit, daß der verstorbene praktische Arzt Dr. Düsterhoff der Universität ein Kapital von 10 000 ℳ zur Unterstützung eines Studierenden der Medizin vermacht und der Stadt⸗Baurath Becker in Liegnitz der zoologischen Samm⸗ lung eine Dipteren⸗Sammlung geschenkt habe. Auch die Legung einer Pferdeeisenbahnlinie über das Grundeigenthum der Universität erwähnte der Rektor. nahm der Rektor seinem Amtsnachfolger den vorgeschriebenen Rektoreid ab und übergab ihm die Insignien des Rektoramts.
Der neue Rektor, Professor der Theologie Dr. Pflei derer hielt hierauf seine Antrittsrede, in welcher er über „Theologie und Geschichtswissenschaft“ sprach.
Der für das Universitätsjahr 1894/95 konstituierte Senat besteht aus:
1) dem Rektor, ordentlichen Professor Dr. Pfleiderer,
2) dem Universitätsrichter, Geheimen Regierungs⸗Rath Dr. Daude,
3) dem Prorektor, Geheimen Regierungs⸗Rath, Professor Dr. 8 .eS” tultät, P fess b
4) dem Deka ischen Fakultät, Professor Dr. derg 8 kan der theologischen F.
dem Dekan der juristischen Fakultät, Geheimen Justiz⸗
9 Rath, Professor Dr. Hinschius, b ertag dem Dekan der medizinischen Fakultät, Professor Dr.
französischen Grenze eingerichtete Wachtdienst wieder aufgehoben worden.
7) dem Dekan der philosophischen Fakultät, Geheimen Regierungs⸗Nath, Professor Dr. Freiherrn von Richthofen,
8) den Senatoren Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Schulze, Geheimer Justiz⸗Nath, Professor Dr. Pernice, Geheimer “ Professor Dr. Gerhardt, Geheimer Regierungs⸗Rat „Professor Dr. Sachau und Professor Dr. Diels
Land⸗ und Forstwirthschaft.
8 Obstbaukunde. Im Jahre 1893 wurden in Preußen an 29 Anstalten (Baum⸗ schulen, Obstbauschulen, Ackerbau⸗ und landwirthschaftliche Winter⸗ schulen) Kurse zur Unterweisung von Seminar⸗ und Volksschullehrern in der Obstbaukunde abgehalten. Diese Kurse waren besucht von 23 Seminarlehrern, 554 Volksschullehrern und 202 sonstigen Per⸗ jonen. Zur Deckung der Kosten der Kurse waren wiederum bedeutende Zuschüsse aus den Mitteln des Ministeriums für Landwirthschaft ꝛc. und des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten bewilligt worden.
8 Saatenstand in Rumänien.
Infolge anhaltender Trockenheit während des Monats September konnte die Bestellung der Wintersaaten nur langsam vor sich gehen. Für die bereits bestellten Felder ist Regen dringend erwünscht.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Spanien. Durch Verordnung des Königlich spanischen Ministeriums des Innern vom 9. d. M. ist die gegen Herkünfte von Algier angeordnete Beobachtungsquarantäne wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 236 vom 6. d. M.) Durch Königliche Verordnung vom 10. d. M. ist der an der
(Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 195 vom 20. August d. J.) Portugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind der Hafen von Marseille und die Häfen der Departements Var und Bouches du Rhone für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „R. Anz.“ Nr. 183 vom 6. und Nr. 185 vom 8. August d. J.)
Griechenland.
Die für Herkünfte aus den am Schwarzen Meer zwischen Phatiza und Sinope gelegenen Häfen angeordnete 24stündige Beobachtungs⸗ quarantäne ist aufgehoben und durch eine strenge ärztliche Untersuchung ersetzt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 208 vom 4. v. M.)
Argentinien. 8
Durch Regierungsdekret vom 14. v. M. sind die Häfen von Oesterreich⸗Ungarn und den Niederlanden für choleraverseucht erklärt worden.
1 vIZ
Durch Verordnung der Regierung zu Montevideo sind die russischen Ostseehäfen für choleraverseucht und die übrigen Häfen Rußlands für verdächtig erklart worden. Infolgedessen hat die Ge⸗ sundheitsbehörde in Montevideo für die seit dem 25. August d. J. aus einem russischen Hafen abgegangenen Schiffe eine achttägige Quarantäne angeordnet.
Cholera. 1
Danzig, 15. Oktober. In Tolkemit sind am 13. d. M. 3, am 14. d. M. 2 Cholerafälle festgestellt worden.
Breslau, 13. Oktober. Bei der Regierung zu Oppeln sind am 12. d. M. 2 Cholerafälle, und zwar je einer aus Myslowitz und aus Adamewitz, Kr. Groß⸗Strehlitz, “ worden.
St. Petersburg, 15. Oktober. An Cholera erkrankten bezw. starben nach dem Bericht des „W. T. B.“ in St. Petersburg vom 6. bis 13. Oktober 15 bezw. 5, vom 23. bis 29. September in den Gouvernements Kalisch 21 bezw. 11, Livland 9 bezw. 4, Wolhynien 17 bezw. 5, Bessarabien 61 bezw. 34, Perm 94 bezw. 30, Taurien 18 bezw. 6; vom 30. September bis 6. Oktober in den Gouvernements Witebsk 40 bezw. 14, Podolien 240 bezw. 111, Wladimir 96 bezw. 55, Nischninowgorod 17 bezw. 9, Petrikau 46 bezw. 27, Petersburg 12 bezw. 4, und vom 16. bis 22. September in den Gouvernements Kurland 72 bezw. 27, Jekaterinoslaw 42 bezw. 28.
Wien, 16. Oktober. „W. T. B.“ meldet: Der oberste Sanitätsrath sprach sich bezüglich der neuen Serum⸗Therapie bei Diphtheritis dahin aus, g. er die aufmerksamste Prüfung des Heilserums dringendst empfehle; doch sei bei der An⸗ wendung des neuen Mittels, dessen Nebenwirkungen und Indikationen noch nicht hinreichend erforscht seien, die größte Vorsicht nothwendig; die Heilversuche seien auf die Heil⸗ stätten zu beschränken, welche eine wissenschaftliche Würdigung der Behandlung verbürgen. Der Bezug von Serum sei noch sehr schwierig, weshalb Vorsorge zu treffen sei, daß nur solches Serum Anwendung finde, welches unter der Garantie anerkannter Fachmänner und unter Beobachtung der gesetzlichen Kautelen abgegeben wird.
Handel und Gewerbe.
In der Nummer 229 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 28. v. M. brachten wir die Mittheilung, daß dem Parlament der eng⸗ lischen Kolonie Victoria (Australien) seit dem 31. Juli d. J. ein Gesetzentwurf wegen Abänderung des Zoll⸗ tarifs zur Berathung vorliege und daß die Sätze desselben, soweit sie 78 als Zollerhöhungen darstellen, bereits vom 1. August d. J. ab provisorisch in Kraft gesetzt worden seien. Infolge des Ende August erfolgten Rücktritts des Ministeriums der Kolonie sind für das dortige Parlament inzwischen Neu⸗ wahlen ausgeschrieben worden und damit alle bisher unerledigt gebliebenen Gesetzentwürfe ausgefallen. Da zu denselben auch die Vorschläge wegen Abänderung des Zolltarifs gehören, so sind ohne weiteres die früheren Zollsätze wieder in Wirk⸗ samkeit getreten. Die Zurückerstattung der dicfereaten zwischen diesen und den seit dem 1. August provisorisch erhobenen höheren Zöllen ist demgemäß bereits verfügt worden.
— Ueber das Ergebniß der Verhandlungen in der gestrigen Generalversammlung des Verbandes Oberschlesischer Walz⸗ werke theilt „W. T. B.“ Folgendes mit: Sämmtliche Mitglieder des Verbandes Oberschlesischer Walzwerke sind zu seiner Verlängerung geneigt; die Verhandlungen wegen Beitritts anderer Werke zur Neu⸗ organisation eines auf mehrere Jahre zu bildenden Verbandes sollen sofort begonnen werden. Die definitive Beschlußfassung erfolgt in einer Generalversammlung, die am 31. d. M. in Oberschlesien stattfinden soll.
8 Verkehrs⸗Anstalten.
““
Der Schnelldampfer „Spaarndam“ der Niederländisch⸗ Amerikanischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 14. d. M. in New⸗York angekommen.
Bremen, 16. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelmll.“ hat am 13. Oktober Abends die Reise von Gibraltar nach New⸗Pork fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Saale“ hat am 15. Oktober Nachmittags Lizard passiert. Der Schnelldampfer „Trave“ ist am 13. Oktober Vormit⸗ tags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Wittekind“ hat am 15. Oktober Nachm. Lizard passiert. Der Post⸗
Cruz passiert. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wil⸗ belm“, am 22. September von Neapel abgegangen, ist am 14. Ok⸗ tober Nachmittags in New⸗York angekommen. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Gera“⸗ ist am 14. Oktober Nachmittags in Suez ange⸗ kommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Karlsruhe“ hat am 14. Ok⸗ tober Abends die Reise von Port Said nach Suez fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Darmstadt“ ist am 13. Oktober Nachmittags in Hongkong angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 15. Oktober 8e Ouessant passiert. Der Schnell⸗ dampfer „Fulda“ hat am 15. Oktober Vormittags die Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Elbe* ist am 15. Oktober Morgens in Southampton angekommen und hat die Reise nach Bremen fortgesett; er überbringt 289 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Ems“ ist am 15. Oktober Morgens in New⸗York angekommen. London, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Spartan“ ist am Sonntag auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Pembroke Castle“ ist Sonn⸗ abend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Uniondampfer „Scot“ ist auf der Ausreise Sonnabend von Southampton abgegangen. Der Uniondampfer „Pretoria“ ist auf der Heimreise Sonnabend von Kapstadt abgegangen. Der Uniondampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise Sonnabend in Plymouth angekommen.
Triest, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Jupiter“ ist Mittags aus Konstantinopel hier angekommen.
Theater und Mustk.
1 Königliches Schauspielhaus.
Das für den gestrigen Abend angesagte erste Wiederauftreten der Frau Seebach hatte das Schauspielhaus mit einem erwartungs⸗ vollen, festlich gestimmten Publikum dicht gefüllt, welches gekommen war, um die von ihrem beklagenswerthen Unfall glücklich wieder⸗ hergestellte allbeliebte Künstlerin zu Im zweiten Akt des Benedix'’'schen Lustspiels „Gegenüber“ erschien sie nach langer unfreiwilliger Pause zum ersten Mal wieder auf der Stätte ihrer früheren Erfolge, von einem freudigen lang anhaltenden Beifallssturm bewillkommnet, inmitten einer Fülle der schönsten. Blumen⸗ spenden, die in dem Stück zugleich durch die Geburtstags⸗ feier der von ihr dargestellten Frau von Wahren motiviert wurden. Diese Scene bot der verehrten Künstlerin Anlaß, sich in einer traulich schwäbelnden Ansprache, aus der Rührung und Ergriffen⸗ heit hindurchklangen, für den herzlichen Empfang zu bedanken, zugleich aber Gottes Gnade zu preisen, die im Verein mit menschlicher Hilfe sie wieder habe genesen lassen. Bei den letzteren Worten wandte sich Frau Seebach mit dem deutlich in ihrem thränenden Auge erglänzenden Ausdruck innigen Dankes nach der Loge hin, in welcher Geheimer Rath von Bergmann seinen Platz hatte, dessen operative Meisterhand ihre Glieder 8b wunderbar wiederhergestellt hat. Wie vollkommen die Heilung geglückt ist, davon konnten sich die Zu⸗ schauer zu ihrem freudigen Erstaunen nicht nur in der genannten, von der Künstlerin fast jugendlich behende und graziös gespielten Rolle, sondern auch in dem folgenden Putlitz'schen Einakter „Die alte Schachtel“ überzeugen, worin Frau Seebach die Titelrolle der alten Lotte mit ihrem derbkomischen Wesen und ihrem ostpreußischen Dialekt so beweglich, munter und erheiternd wie früher spielte. Das Publikum zeichnete die Wiedergewonnene im Verlauf des Abends durch die herzlichsten Ovationen aus; nach dem ersten Stück wurden ihr eine große Zahl herrlicher Lorbeerkränze mit Widmungsschleifen überreicht, und nach dem Schluß wollten die Hervorrufe kein Ende nehmen. Die Damen Lindner, Plan und von Mayburg sowie die Herren Oberländer, Keßler, Purschian und Hertzer wirkten neben der
efeierten nach besten Kräften mit, um den Abend zu einem heiteren und festlichen zu gestalten. Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater erfüllte gestern Ab eine Pietätspflicht durch eine Festvorstellung zu Ehren des fünfzig⸗ jährigen Künstler⸗Jubiläums des Komponisten Johann Srraag. dem gerade diese vorwiegend der Operette gewidmete Bühne so viele schöne Erfolge verdankt. Nach einer Strauß'schen Ouvertüre folgte ein von L. Herrmann gedichtetes Festspiel, das das künstlerische Wirken des „Meister Strauß“ in einer gefälligen Scene feiert. In einem Traumgesicht erscheinen dem Librettisten Doktor Faust, der einen Festprolog für den Meister Strauß dichten soll, die beliebtesten Ge⸗ stalten aus den Strauß'schen Operetten in lebenden Bildern, die Frau Musica poetisch deutet. Ein malerisches Ensemble dieser Operetten⸗ figuren bildet das Schlußbild: im Vordergrund erblickt man die Büste des Meisters, die von Frau Musica mit dem verdienten Lorbeer bekränzt wird. — Als charakteristisch für die schöpferische musikalische Eigenart des Jubilars spielte alsdann das Orchester den prächtigen Walzer „An der schönen blauen Donau“, während der zweite Akt der Operetten „Der lustige Krieg“ und Die
ledermaus“, welche die Festaufführung beschlossen, das rühmlich Schaffen des Meisters auf diesem Gebiet in ein besonders helles Licht stellten, da alle Mitwirkenden, durch die Bedeutung des Tages an⸗ gespornt, ihre volle künstlerische Kraft einsetzten. Neben den bewährten alten Darstellern und Sangeskräften wie Fräulein Jerg, Fräulein El. Schmidt und den Herren Steiner und Wellhof machte sich im „Lustigen Krieg“ wieder Fräulein Kramm durch ihre angenehme und wenn auch nicht große, so doch ausdrucksvolle Stimme und die Anmuth ihres Spiels vortheilhaft bemerkbar. In der „Fledermaus“ hatten die Damen Jerg, Cornelli und Collin und die Herren Steiner, Binder und Sommer die Hauptrollen inne und führten sie frisch und lebensvoll durch. — Das gut besetzte Haus nahm alle Gaben des Festabends mit lebhaftem Beifall auf, der in besonders hohem Grade dem Schlußbilde des Festspiels zu
theil ward. Residenz⸗Theater.
Gestern Abend fand das erste Gastspiel des Théütre Libre aus Paris statt, an dessen Spitze Mr. Antoine steht. Das Théâtre Libre, das in seinen Zielen ungefähr mit den Bestrebungen unserer „Freien Bühnen“ übereinstimmt, die vor allem das junge auf⸗ strebende Geschlecht, die noch unbekannten oder ungenannten Dichter und Autoren wollen öffentlich zu Worte kommen lassen, brachte gestern Abend zwei, ihrem inneren Wesen nach sehr verschiedene Stücke zur Darstellung. Das erste und größere Werk „Blanchette“, eine Komödie in drei Akten von Eugoͤne Brieur, entsprach den Erwartungen, die man gewohnheitsmäßig an die moderne Schule knüpft. Die Handlung der Komödie greift hinein in das alltägliche Leben des arbeitenden Volks und löst einen volksthümlichen Konflikt, dessen Entstehen und Entwickelung sich einfach und natürlich ergiebt, im Sinne der gewöhnlichen Erfahrung. Ein kleiner arbeitsamer Schankwirth hat seiner Tochter eine gute Erziehung geben lassen; sie hat mit allen Ehren ihr Lehrerinnenexamen bestanden und wartet nun auf eine Anstellung, die bei dem großen Andrang zu dem Beruf in weiter Ferne steht. Unterdeß langweilt sie sich in den engen, dürftigen Verhältnissen des Elternhauses. Der Vater fängt an zu grollen, daß die großen Opfer keine Ernte bringen, und sieht zuletzt fast mit Haß auf die Bildung der Tochter, die sich den Eltern gegenüber in e. . aber praktisch unbrauchbaren Plänen und hochmüthigen Reden gefällt. Eltern und Tochter verstehen sich nicht mehr und sind sich innerlich fremd geworden. Nach einem heftigen Wortwechsel mit dem Vater verläßt die Tochter das Haus und treibt nun ihrem Geschick entgegen. Nach vielen Kämpfen und Leiden erkauft sie ein üppiges Wohlleben mit ihrer Ehre. Als sie in Glanz und Pracht zu den vollständig ver⸗ armten Eltern, Hilfe bietend, zurückkehrt, weist der Vater ihr zum zweiten Male die Thür. — Die Komödie zeigt ein bitter ernstes Gesicht, aber alle Züge sind wahr gezeichnet. Daß das Glück nicht durch die größere Schulung des Geistes gesichert wird, sondern im Herzen seine eimath hat, deutet der Ver⸗ asser in der kleinen Schlußscene des Stückes an, in der Blanchette wehmüthig die ehrliche Hand des einfachen
dampfer „Graf Bismarck“ hat am 14. Oktober Mittags Santa
Jugendfreundes ausschlägt. Die Handlung steigert sich geschick von Akt zu Akt; die Lösfung des Konflikts wird ohne leere Redensarten