Sachsen, Königliche Hoheit, sowie andere militärische Mel⸗ dungen entgegen und kehrten Nachmittags mit dem Zuge um 3 Uhr 5 Minuten nach dem Neuen Palais zurück.
eute Morgen um 9 ¼ Uhr empfingen Seine Majestät den Chef des Zivilkabinets und nahmen anschließend daran die Vorträge der Marine entgegen.
Die Kommission für die zweite Lesung des Ent⸗ wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 22. bis 24. Ok⸗ tober die Berathung der Vorschriften über das Vermächtniß (§S 1842 bis 1885) fort.
Der § 1864 bestimmt, daß ein Vermächtniß, dessen Gegenstand eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ist, nach den Vorschriften über das Wahlvermächtniß § 1862) zu beurtheilen ist, wenn der Wille des Erblassers erhellt, die Auswahl auf die im Nachlasse befindlichen Sachen zu beschränken. Die Vorschrift wurde gestrichen. Man war einverstanden, daß es mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Fälle richtiger sei, von der Auf⸗ stellung einer gesetzlichen Regel abzusehen.
Eine eingehende Erörterung knüpfte sich an die Vorschrift des § 1865, wonach durch das Vermächtniß für den Ver⸗ mächtnißnehmer nur eine Forderung gegen den Beschwerten auf Leistung des Gegenstandes des Vermächtnisses begründet, mithin das sogenannte Vindikationslegat beseitigt wird. Dem⸗ gegenüber war von verschiedenen Seiten beantragt, in ge⸗ üßßem Umfang auch das Vindikationslegat anzuerkennen. Die Mehrheit trat indessen dem Entwurf bei. Mit Rücksicht auf die Nichtanerkennung des Vindikations⸗ legats bestimmt der § 1866, daß, wenn eine dem Erblasser gegen den Erben zustehende Forderung Gegenstand des Vermächtnisses ist, das Schuldverhältniß in Ansehung des Vermächtnisses nicht als durch Vereinigung erloschen gilt. ie Vorschrift fand mit der Erweiterung Fefttamung, daß, wenn ein eine Sache oder ein Recht des Erben belastendes Recht des Erblassers Gegenstand des Ver⸗ mächtnisses ist, das Recht des Erblassers nicht als durch Ver⸗ einigung aufgehoben anzusehen ist.
Die Vorschriften des § 1867 über den Anfall des Vermächtnisses, d. h. über den Zeitpunkt, in welchem der Vermächtnißanspruch, vorbehaltlich des Ausschlagungsrechts, zur Entstehung kommt, gelangten sachlich nach dem Entwurf zur Annahme. Hinzugefügt wurde der Satz, daß, wenn das Vermächtniß unter Bestimmung eines Anfangstermins an⸗ geordnet ist, der Anfall mit dem Eintritt des Termins erfolgt. Gegen den § 1868, welcher die Wirksamkeit des Vermächt⸗ nisses davon abhängig macht, daß der Vermächtnißnehmer den Erblasser überlebt, erhob sich kein Widerspruch.
Der § 1869 stellt im Anschluß an die Vorschriften des § 1813 über die zeitliche Begrenzung der Nacherbfolge auch für die Entstehung aller Vermächtnisse, die nicht mit dem Erbfalle dem Bedachten anfallen, eine zeitliche Grenze auf. Die Vorschriften wurden entsprechend den Beschlüssen zu § 1813 umgestaltet. .
Der sachliche Inhalt der §§ 1870 bis 1872, welche die Anwachsung bei Vermächtnissen regeln, erfuhr keine Anfech⸗ tung. Auch die Vorschriften des § 1873 über die Annahme und Ausschlagung des Vermächtnisses wurden sachlich ge⸗ billigt. Einem Antrage, über die Annahme des Vermächt⸗ nisses keine Bestimmungen aufzunehmen, wurde keine Folge gegeben.
Nach dem § 1874 ist das Vermächtniß unwirksam, wenn dem Bedachten eine Handlung zur Last fällt, wegen deren ein Erbe nach § 2045 erbunwürdig sein würde. Man war darüber einverstanden, daß das Vermächtniß in einem solchen Falle nur für anfechtbar zu erklären sei.
Zustimmung fand der § 1875, wonach die Unwirksam⸗ keit eines Vermächtnisses, vorbehaltlich der Vorschriften über Ersatzberufung und Anwachsung, dem Beschwerten
u statten kommt; desgleichen der § 1876 Abs. 1, welcher estimmt, daß ein Vermächtniß im Zweifel durch den Weg⸗ fall des Beschwerten nicht unwirksam wird, sondern in einem solchen Falle derjenige als beschwert anzusehen ist, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten zu statten kommt. Gebilligt wurde auch die Vorschrift des § 1876 Abs. 2, wonach, wenn einem Vermächtnißnehmer eine Beschwerung auferlegt ist, im Falle der Unwirksamkeit des Vermächtnisses derjenige, welchem die Unwirksamkeit zu statten kommt, wegen der Beschwerung nur in demselben Maße haftet, wie der Vermächtnißnehmer gehaftet haben würde; die Bestimmung soll jedoch dem § 1881 angeschlossen werden.
Die Vorschrift des § 1877 über die Zeit, zu welcher der mit einem Vermächtniß beschwerte Vermächt⸗ nißnehmer das Vermächtniß zu erfüllen hat, wurde nicht beanstandet.
Nach dem § 1878 hat der mit dem Vermächtniß eines zum Nachlaß gehörenden Gegenstandes Beschwerte dem Ver⸗ mächtnißnehmer auch den Zuwachs und die seit dem Anfall des Vermächtnisses gezogenen Früchte herauszugeben, so⸗ fern nicht ein anderer Wille des Erblassers erhellt. Unter Ab⸗ lehnung eines auf die Streichung des § 1878 gerichteten Antrags entschied sich die Mehrheit dafür, den § 1878 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen:
„Ist ein zum Nachlaß gehörender bestimmter Gegenstand vermacht, so hat der Beschwerte dem Vermächtnißnehmer auch die seit der erlangten Kenntniß von dem Anfalle des Ver⸗ mächtnisses gezogenen Früchte sowie das seit dem Anfalle des Vermächtnisses auf Grund des vermachten Rechtes Erlangte herauszugeben. Die auf die Gewinnung der Früchte ver⸗ wendeten Kosten sind dem Beschwerten insoweit zu ersetzen, als sie einer vrbnungsngec Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte nicht übersteigen.“
Der § 1879 verweist für den Fall, daß eine nur der Gattung nach bestimmte Sache als Vermächtniß zugewendet ist, soviel die Gewährleistungspflicht des Erben den Vermächtnißnehmer betrifft, auf die allgemeinen Vor⸗ schriften über die Gewährleistung eines veräußerten Rechts und wegen Mängel einer veräußerten Sache (88 370 ff., 381 ff. des Entw. 1). Unter Berücksichtigung der in zweiter Lesung gefaßten Beschlüsse hinsichtlich der Gewahrleistungspflicht des Verkäufers (§8 375 ff., §§ 397 ff. des Entw. II) einigte man sich dahin, an Stelle des § 1879 folgende Vorschriften auf⸗ zunehmen:
„Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ver⸗ macht, so hat der Beschwerte einen Mangel im Recht nach Maßgabe des § 375 Abs. 1, der 88 376 bis 379, des § 382. Abs. 2, 3 und der §§ 383 bis 385 (des Entw. II) zu vertreten.
unter den Arbeitern der
Ist die geleistete Sache mangelhaft, so kann der Ver⸗ mächtnißnehmer verlangen, daß ihm an Stelle derselben eine mangelfreie geliefert wird. Hat der Beschwerte den Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Vermächtnißnehmer statt der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.“
Füͤr den Fall, daß ein nicht zum Nachlaß gehörender be⸗ stimmter Gegenstand vermacht ist, beschränkt sich nach dem Entwurf 8 1849 in Verbindung mit § 1861 Abs. 1) die Gewährleistungspflicht des Beschwerten auf die Verpflichtung zur Gewährleistung wegen Fehlens des Eigenthums an der vermachten Sache oder wegen Fehlens des vermachten Rechts. Statt dessen wurde beschlossen, daß auch in diesem Fall der Beschwerte im Zweifel einen Pen im Recht im gleichen Umfang zu vertreten habe, wie in dem Fall, wenn eine nur der Gattung nach bestimmte Sache vermacht sei, jedoch unbeschadet der aus § 1849 sich ergebenden Einschränkung der Haftung und mit der weiteren Maßgabe, daß, wenn ein Grundstück vermacht ist, der Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten haftet.
Die Berathung der Vorschriften des § 1880 über den Anspruch des Beschwerten auf Ersatz von Verwen⸗ dungen dem Vermächtnißnehmer gegenüber wurde nicht zu
Ende geführt.
Die Kommission d-. Arbeiterstatistik wird am 9. November zu einer Sitzung zusammentreten. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Untersuchung über die Verhältnisse der in Gast⸗ und Schankwirthschaften beschäftigten Personen. Der Berathung darüber wird das im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Ergebniß der Ende vorigen Jahres veranstalteten Fragebogen⸗Erhebung zu Grunde gelegt werden, welches als Drucksache „Erhebung über die Arbeits⸗ und Gehaltsverhältnisse der Kellner und Kell⸗ nerinnen“ in Carl Heymann’s Verlag “ erschienen ist. Zu der Verhandlung sollen 2 Wirthe und 2 Kellner als sach⸗ G Beisitzer mit berathender Stimme zugezogen werden.
Ferner beabsichtigt die Kommission, in ihrer nächsten Tagung — ebenfalls unter Zuziehung sachverständiger Beisitzer — 84 Aus⸗ kunftspersonen aus dem Handelsgewerbe zu vernehmen. Die Auskunftspersonen, 32 Prinzipale, 32 Gehilfen, 10 Hausdiener, der Vertreter eines Vereins für weibliche Angestellte und der Leiter einer kaufmännischen Stellenvermittelung, sind durch einen Ausschuß der Kommission aus einer größeren Zahl von Personen ausgewählt worden, die seitens kaufmännischer Verbände und Vereine vorgeschlagen waren. Bei der Auswahl haben die verschiedenen Gegenden des Reichs, große, mittlere und kleine Städte, sowie die hauptsächlichsten Geschäftszweige entsprechende Berücksichtigung gefunden. Die Vernehmungen werden voraussichtlich den Abschluß der Er⸗ hebung über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Lehrlings⸗ verhältnisse im Handelsgewerbe bilden, sodaß demnächst der Schlußbericht der Kommission über diese Ec⸗ hebung an den Reichskanzler zu erstatten sein wird. Die bisherigen Ergebnisse der Erhebung sind in drei Druck⸗ sachen (Berlin, Carl Heymann'’s Verlag) niedergelegt, deren letzte vor kurzem erschienen ist und außer anderem auch ein Gut⸗ achten des Kaiserlichen Gesundheitsamts über den Einfluß der Beschäftigung der Handlungsgehilfen und Lehrlinge auf ihre Gesundheit enthält.
Zur Fortsetzung der im Sommer v. J. eingeleiteten Er⸗ hebung über die Arbeitszeit in Getreidemühlen sind entsprechend den Beschlüssen der Kommission vom Juni d. J. gutachtliche Aeußerungen von Vereinigungen der betheiligten Unternehmer und Arbeiter erfordert worden. Die zu diesem Zweck aufgestellten Fragebogen wurden 20 Müller⸗Innungen, dem Verbande deutscher Müller und 19 Zweigverbänden des⸗ selben sowie 39 Vereinen von Müllergesellen Anfang Sep⸗ tember d. J. übersandt. Ein Theil der Antworten ist bereits eingegangen; die übrigen sind im Laufe k. M. zu erwarten.
Der „Vorwärts“ läßt es sich dauernd angelegen sein, Königlichen Fabriken in Spandau Mißvergnügen und Unzufriedenheit zu erregen.
Wir haben bereits unter dem 28. v. M. darauf hin⸗ gewiesen, mit welchen Mitteln diese systematisch betriebene Ver⸗ hetzung arbeitet. Damals handelte es sich darum, daß auf Grund gestohlenen Materials der „Vorwärts“ in doppel⸗ deutigen Ausführungen völlig grundlose Verdächtigungen über die Grundsätze ausgestreut hatte, nach welchen bei gebotener Einschränkung des Betriebes Arbeiterentlassungen stattfinden sollten. Es konnte demgegenüber festgestellt werden, in wie hohem Maße auch in dieser Hinsicht Fürsorge für die Arbeiter getroffen war.
Der „Vorwärts“ hat von dieser Feststellung natürlich seinen Lesern nichts mitgetheilt; dagegen hat er in seiner Nummer 221 wiederum eine hämische Verunglimpfung der Bestrebungen der Direktion des Feuerwerks⸗Laboratoriums gebracht, ihre Arbeiter zum Sparen anzuregen und ihnen bei der Zurücklegung eines Nothgroschens durch Beschaffung und Aufbewahrung der Sparkassenbücher ꝛc. behilflich zu sein.
Es erscheint nützlich, die nachfolgenden Sätze des betreffen⸗ den Artikels hier niedriger zu hängen:
„Was will man mehr? Hätte der malitiöseste Reichsfeind dem vor so wenigen Jahren stolz und prunkooll zum Kampf ausgerittenen Schlachtroß der Königlich preußischen Sozialreform eine ödere Halte⸗ station wünschen können, als an der, das Patent Eugen Richter tragenden Sparkrippe des Herrn Oberst⸗Lieutenant Bahn? 9
Ach, wie geht alles so herrlich in Erfüllung! Wie siegesgewiß dürfen die Männer der Ordnung dem Ausgang des Kampfes gegen die eigenthums⸗ und ordnungsfeindliche Sozialdemokratie entgegensehen, nachdem im Königlichen Feuerwerks⸗Laboratorium zu Spandau der beglückte Sieger in dem vom Herrn Direktor arrangierten Wett⸗ sparen in sieben Monaten baare 280 ℳ an die Kante gebracht hat.“
Für diejenigen, die sich zu den „Männern der Ordnung“ rechnen, wollen wir hier hinzufügen, daß sich 880 Arbeiter, ohne daß ein Zwang ausgeübt wurde, an dem Sparen be⸗ theiligt und im Verlauf von 4 Monaten fast 13 000 ℳ zurückgelegt haben. 1
Hieraus dürfte zweierlei hervorgehen: einmal, daß die Löhne in den Königlichen Fabriken — „die Königlich preußi⸗ schen Musteranstalten“ nennt sie der „Vorwärts“ mit Vor⸗ liebe — doch auskömmlich sein müssen, und ferner, daß trotz allen Hetzens und Schürens der Sozialdemokratie bei diesen Arbeitern der Liebe Müh' umsonst war.
C
Der Kaiserliche Botschafter in Madrid, Wirkliche Geheime Rath von Radowitz ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der General⸗Lieutenant von Hoffbauer, Inspekteur der Feld⸗Artillerie, ist hierher zurückgekehrt.
Der Kaiserliche Gesandte in Belgrad Freiherr von Waecker⸗Gotter ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Königlich niederländische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe Jonkheer van Dets van Goudriaan ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath: Königlich bayerischer Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern Dr. Frei⸗ herr von Crailsheim, Königlich bayerischer Staats⸗Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch, Königlich württembergischer Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten Dr. Freiherr von Mittnacht, Königlich württembergischer Regierungs⸗Direktor von Schicker, Großherzoglich hessischer Staats⸗Minister, Minister des Großherzoglichen Hauses, des Aeußern, des Innern und der Justiz Finger, Großherzoglich mecklenburg⸗ schwerinscher Staats⸗Minister von Bülow, Herzoglich sächsischer Staats⸗Minister von Helldorff, Fürstlich wal⸗ deckischer Landes⸗Direktor von Saldern, Fürstlich schaum⸗ burg⸗lippischer Staats⸗Minister Spring, Senator der Freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli und Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Versmann, haben Berlin verlassen.
Ferner sind abgereist: der Großherzoglich mecklenburg⸗ schwerinsche Staatsrath von Arnsberg und der Senator der Freien und Hansestadt Lübeck Dr. Rittscher.
S. M. Kreuzer „Falke“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Graf von Moltke, ist nach einer an das Ober⸗Kommando der Marine gelangten telegraphischen Meldung am 27. Oktober in Sydney angekommen. b
Oesterreich⸗Ungarn.
In der vorgestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses interpellierte der Abg. Marchet die Regierung wegen der Unzukömmlichkeiten bei der Weinausfuhr aus Italien, infolge deren auch nicht aus Italien stammende Weine zur Einfuhr gelangen könnten. — Der Minister des Innern Marquis Bacquehem beantwortete die Interpellationen über die Vorgänge in Pirano. Der Minister erklärte nach einer eingehenden geschichtlichen Dar⸗ stellung der ganzen Vorgänge, er stimme mit dem Justiz⸗ Minister darin überein, daß der Bürgermeister von Pirano zu der Abgabe der Erklärung in keiner Weise berechtigt ge⸗ wesen sei, daß die einsprachigen italienischen Tafeln wieder angebracht werden sollten. Der Regierung liege nichts ferne, als der italienischen Bevölkerung des Küstenlandes durch den Auftrag zur Anbringung eines zweisprachigen Amtsschildes irgendwie zunahe treten zu wollen. Die Regierung ver⸗ urtheile die stattgehabten Excesse auf das nachdrücklichste und habe die erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung getroffen. Er spreche die bestimmte Er⸗ wartung aus, die dortige Bevölkerung werde sich weiterer Excesse enthalten; er sei fest entschlossen, die Autorität der Staatsgewalt zu wahren.
Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge wird der Handels⸗ Minister Lukacs in der nächsten Sitzung des ungarischen Unterhauses, die wahrscheinlich am 30. d. M. stattfinden wird, Gesetzentwürfe über die Errichtung einer selbständigen ungarischen Schiffahrt und über den Bau der Szekler Eisen bahnen im Anschluß an die Staatsbahnen vorlegen.
Aus Budapest erfährt „W. T. B.“, der Sohn Kossuth's sei gestern bei seiner Ankunft daselbst auf dem Bahnhof von den Anhängern seines Vaters begrüßt worden und habe geantwortet, er beuge sich vor dem Willen der Nation, die sich mit der Dynastie versöhnt und einen Schleier auf die Vergangenheit geworfen habe. Er wolle die Unabhängig keit Ungarns auf dem positiven Boden der Gesetze stehend er⸗ ringen. Mit Negation habe selbst sein Vater nichts auszu⸗ richten vermocht. Er hege volle Loyalität zu dem König von Ungarn, der ein Muster von Verfassungstreue sei, den er hoch⸗ achte als Herrscher wie als Menschen. Er hoffe, der König werde einsehen, daß ein unabhängiges Ungarn die beste Stütze des Throns sei. 89
Großbritannien und Irland. “
Der Premier⸗Minister Lord Rosebery hielt am Sonn⸗ abend in Bradford eine Rede, worin er, dem „W. T. 8.8 zufolge, über die Politik der Regierung hinsichtlich des Ober⸗ hauses sprach und hervorhob, die Regierung sei ganz mit einer zweiten Kammer einverstanden, aber das gegenwärtige Haus der Lords, das hauptsächlich aus Tories bestehe, bilde eine nationale Drohung, ja sogar eine Aufforderung zur Revolution. Die Regierung werde daher das Unterhaus in der nächsten Session auffordern, auf dem Wege einer Resolution die Privilegien des Unterhauses gegenüber dem unverantwortlichen Oberhause zu betonen, indem es erkläre, daß das Unterhaus in der Genossen⸗ schaft der beiden Kammern das vorherrschende sei. Eine solche Resolution würde die vereinigte Forderung der Regierung und des Unterhauses nach einer Verfassungsrevision darstellen. Sollte das Haus der Lords dieses Vorgehen ignorieren, o würde die Regierung an das Volk appellieren, da solche Fragen auch in anderen Ländern ad referendum gestellt würden. Gestern Nachmittag kehrte Lord Rosebery von Brad⸗ ford nach London zurück.
Frankreich.
In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerratz machte der Minister für die Kolonien Delcassé die Mü⸗ theilung, daß die Strafgefangenen auf den Salut⸗ Inseln (Guyana) sich, von den Anarchisten dazu angestie⸗ empört und in der Nacht vom 21. zum 22. d. M. drei Aunf seher getödtet hätten. Die Revolte sei unterdrückt worden. zwölf Gefangene, darunter fünf Anarchisten seien g worden. (Vergl. Nr. 254 d. Bl. vom 27. d. M.)
Die Deputirtenkammer genehmigte am Sonnabend einstimmig den bereits vom Senat angenommenen Gesetz⸗ entwurf über die Bildung landwirthschaftlicher Kreditgesellschaften. Im Laufe der Debatte erklärte der Deputirte Jaurès, der Gesetzentwurf sei sozialistischen Ideen entsprungen, er glaube aber nicht, daß er wirksam sein werde. Der Deputirter Möline behauptete im Gegentheil, das Gesetz werde von gutem Erfolge sein, indem es den landwirthschaft⸗ lichen Kredit organisiere; die sozialistischen Theorien könnten nur zu einer Entvölkerung des flachen Landes führen. Mit 319 gegen 143 Stimmen genehmigt die Kammer sodann einen Gesetzentwurf, wonach der Einfuhrzoll auf Melasse auf 5 Fr. erhöht wird.
Der Kriegs⸗Minister, General Mercier und der Minister der öffentlichen Arbeiten Barthou trafen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Pau ein, um der Enthüllung des Denkmals des Marschalls Bosquet beizuwohnen, der sich als Befehls⸗
aber eines Korps im Krimkriege auszeichnete. Der Kriegs⸗ Minister schilderte den Lebenslauf Bosquet’s, dessen Andenken eng verbunden sei mit der Erinnerung an den ritterlichen, aber brudermörderischen Kampf der beiden großen Nationen, deren gegenseitige Sympathie sich seitdem in glänzender Weise befestigt habe. Bei dem der Enthüllung folgenden Bankett sagte der Kriegs⸗Minister General Mercier: „Ich bitte einen von dem Minister Barthou ausgedrückten Gedanken wieder aufnehmen zu dürfen. Wir haben dem Ruhm der Vergangenheit gehuldigt; nach der Vergangenheit giebt es eine Zukunft, eine Zukunft, die ich nicht definieren will. Sie werden mich ohne weitere Erklärung verstehen. Stimmen Sie ein in meinen Toast: Nach dem Ruhm der Vergangenheit und demjenigen der Gegenwart trinken wir vor allem auf den Ruhm der Zukunft.“
Der Kreuzer „Lalande“ ist am Sonnabend nach den Küsten von Tanger abgegangen, um die Ereignisse in Marokko zu überwachen. .“ 8
Das am Sonnabend Abend 7 Uhr in Livadia ausge⸗ gebene Bulletin über das Befinden des Kaisers lautet:
Der Kaiser speiste im Laufe des Tages gut. Die Herzthätigkeit war etwas besser. Das Oedem hat nicht zugenommen. Das Selbst⸗ gefühl war besser als gestern.
Gestern Vormittag 10 Uhr wurde nachstehendes Bulletin ausgegeben:
Der Kaiser schlief gut. keine Veränderung eingetreten.
“ Abend 7 Uhr ist folgendes Bulletin ausgegeben worden:
Im Laufe des Tages ist in dem Gesundheitszustande des Kaisers eine Veränderung nicht eingetreten.
Aus St. Petersburg von gestern wird dem „W. T. B.“
weiter gemeldet, der Professor Sacharjin glaube verbürgen zu können, daß der Kaiser im stande sein werde, sich an der Vermählung des Großfürsten⸗Thronfolgers mit der Weinzesttn Alix von Hessen, die heute um 2 Uhr stattfinden solle, wenigstens so weit zu betheiligen, daß er das Paar segne. Die Wahl des heutigen Tages entspreche einem Herzenswunsch des Kaisers, der an diesem durch die Katastrophe von Borki denkwürdigen Tage auch die Hochzeit vollzzogen zu sehen wünsche. Das Klima in Livadia sei augen⸗ blicklich ein wundervolles, das Thermometer zeige 20 Grad Wärme, sodaß die Fenster des Kaiserlichen Krankenzimmers geöffnet werden könnten. Der Professor Grube habe vorgestern beim Kaiser eine Probeabzapfung des Wassers zur Analyse gemacht. Die Abzapfung sei gut verlaufen.
Der Metropolit Palladius zelebrierte gestern im Alexander⸗Newski⸗Kloster vor den Reliquien Alexander Newski's, des Kaiserlichen Schutzpatrons, ein Gebet für die Genesung des Kaisers.
Das Ministerium des Auswärtigen hat die diplo⸗
Der Appetit ist gut. Im übrigen ist
matischen Vertreter zu einem heute Mittag abzuhaltenden
Dankgottesdienst anläßlich des Jahrestages von Borki F 11I1““ für die Genesung des Kaisers ein⸗ geladen.
In den russischen Kadettenkorps sind unlängst, wie der „Russ. Inval.“ berichtet, auf Befehl des Kaisers die Frei⸗ stellen vermehrt worden. Die Eltern der in diesem Jahre in die Kadettenkorps in Moskau und Simbirsk aufgenom⸗ menen Kadetten hatten an den Kriegs⸗Minister Telegramme ge⸗ richtet, worin sie ihre Gefühle des Dankes für die Kaiser⸗ liche Huld aussprachen und sagten, sie beteten zu Gott für die Gesundheit des Kaisers und der Kaiserlichen Sv. Auf den hierüber vom Kriegs⸗Minister an den Kaiser erstatteten Bericht hat der Kaiser eigenhändig bemerkt: „Sehr erfreut“ und: „Ich freue mich und danke Ihnen“.
Der Minister des Innern Durnowo hat verschiedenen Personen gegenüber seinen festen Entschluß erklärt, bei dem Tode des Kaisers sein Abschiedsgesuch einzureichen. In gut unterrichteten Kreisen glaube man aber, daß dieses Gesuch nhchgghs für die ean Wochen nicht genehmigt werden ürfte.
Das Finanz⸗Ministerium projektiert eine He rab⸗ setzung der Kronsteuer für sämmtliche Versicherungs⸗ zweige.
Nach amtlicher Mittheilung weist der endgültige Budget⸗ abschluß für das Jahr 1893 an ordentlichen Ein⸗ nahmen 1 045 685 000 Rubel auf, an außerordentlichen 174 375 000. Die ordentlichen Ausgaben betrugen 946 955 000, die außerordentlichen 113 581 000. Außerdem standen aus früheren Jahren an Krediten 91 726 000 Rubel zur Verfügung. Der Uebers chuß betrug 179 250 572 Rubel. Der freie Baarbestand der Reichs⸗ rentei, der im Januar 1893 921⁄10 Millionen Rubel betrug,
wuchs am Jahresschluß auf 2717⁄10 Millionen Rubel an.
Italien. Unter dem Vorsitz des Papstes fand gestern die zweite
Sitzung der Konferenz über die orientalischen Kirchen statt. Der Sitzung wohnten nur dieselben Persönlichkeiten bei, die in der ersten Sitzung zugegen gewesen waren. Die nächste Sitzung wird am 31. d. M. stattfinden. Das Programm der Konferenzen soll vornehmlich die Wiederaufrichtung des Prestiges und die Erweiterung der Macht der orientalischen katholischen Patriarchate umfassen, sodaß letztere das natürliche Zentrum für den Zu⸗ sammenschluß der Dissidenten bildeten, die so einen Ritus und Privilegien finden würden, die ihren bezüglichen Nationalitäten entsprächen.
Spanien. Der Ministerrath hat dem „W. T. B.“ zufolge gestern über das den Cortes zu unterbreitende Regierungspro⸗ gramm berathen, heute soll wiederum eine Sitzung stattfinden.
Belgien.
Der chinesische Gesandte in London wurde gestern Nachmittag in Brüssel von dem König empfangen und machte sodann den Mitgliedern des diplomatischen Korps Be⸗ suche. Der Gesandte wird sich heute behufs Waffenankaufs nach Lüttich und Herstal begeben und morgen nach London zurückkehren.
Bei den gestern im ganzen Lande vorgenommenen Pro⸗ vinzialrathswahlen haben die Katholiken in Flandern alle bisher innegehabten Stellen behauptet und außerdem 3 Sitze gewonnen. Sie kommen in Gent mit 14 aus⸗ scheidenden Liberalen in Stichwahl; in der Provinz Antwerpen behaupteten die Katholiken ihre bisherigen Stellungen und kommen mit 23 Liberalen, deren Mandat erloschen ist, in Stichwahl. In der Provinz Namur hat eine Stichwahl zwischen 13 ausscheidenden Katholiken und 13 Liberalen stattzufinden. In Brabant gewannen die Katho⸗ liken 11 Sitze, außerdem haben dort zahlreiche Stichwahlen stattzufinden zwischen Liberalen, Katholiken und Sozial⸗ demokraten. In der Provinz Lüttich gewinnen die Katholiken einen Sitz, für die Stadt Lüttich ist eine Stichwahl zwischen 23 ausscheidenden Liberalen und 23 Sozialdemokraten nothwendig. Im Henne⸗ gau gewinnen die Katholiken 8 Sitze und die Sozialdemokraten 15 von den Liberalen. Außerdem haben mehrere Stichwahlen zwischen den ausscheidenden Liberalen und den Sozialdemokraten stattzufinden. In den übrigen Provinzen hat keine bemerkens⸗ werthe Veränderung stattgefunden. ““
Serbien. 8
Das neue Ministerium ist, wie „W. T. B.“ aus Belgrad meldet, folgendermaßen zusammengesetzt: Nikola Christic: .“ und Inneres, Milan Bogitschewic: Aeußeres,
eneral Zdrawkowic: Bauten, Wukaschin Petrowic: Finanzen, Michael Kr. Djordjewic: Justiz und in Ver⸗ tretung Kultus, General Milowan Pawlowic: Krieg, Sima Lozanic: Handel.
Die Ansichten in Belgrad über das neu gebildete Kabinet gehen dem genannten Bureau zufolge im allgemeinen dahin, daß das neue Kabinet über den politischen Parteien stehe und eine Politik der Neutralität, der Festigkeit im Innern und der Ordnung der Finanzen repräsentiere.
Bulgarien. “
Die Sobranje ist am Sonnabend Mittag mit dem üblichen Zeremoniell und unter zahlreicher Betheiligung der Be⸗ völkerung von dem Prinzen Ferdinand von Sachsen⸗ Coburg mit einer Thronrede eröffnet worden, worin zunächst der Geburt eines Prinzen gedacht wurde, durch die ein glühender Wunsch der Nation erfüllt sei. Weiter heißt es dann in der Thronrede: „Sie kennen die Ereignisse, welche mir die Pflicht auf⸗ erlegten, mich noch vor Ablauf der fünfjährigen Mandatsdauer der Sobranje an das Volk zu wenden, um seine Ansicht zu ver⸗ langen, wie es die Leitung der Staatsgeschäfte erwarte. Ihre Wahl beweist, daß mich das Volk verstanden hat.“ Die Thronrede fordert sodann die Deputirten auf, sich um den Thron zu schaaren und sich mit dem Prinzen Ferdinand zur gemeinsamen Arbeit für den Fortschritt und das Wohlergehen des Vater⸗ landes zu vereinigen. Er sei befriedigt durch den eklatanten Beweis von politischer Reife, den die Bevölkerung bei den Wahlen gegeben habe. „Das Ergebniß war“, fährt die Thron⸗ rede fort, „daß noch keine Nationalversammlung durch eine so große Anzahl intelligenter Männer und guter Patrioten aus⸗ gezeichnet war. Auch unsere hauptsächlichste und einzige Mission ist es, für das Vaterland feierlich eine neue Aera der inneren moralischen und materiellen Wiedergeburt zu inaugurieren; eine Aera, die den Fortschritt in der Freiheit sichern, den öffentlichen Wohlstand blühend gestalten, die nationalen Gesinnungen befestigen und alle diese Tugenden entwickeln wird.“ Die Thronrede zählt sodann mehrere Gesetz⸗ entwürfe auf, die in der Sobranje eingebracht werden sollen, darunter solche über die Steuerreform, die Hebung der In⸗ dustrie, betreffend Landwirthschaftskassen und Handelskammern. Die Thronrede wurde mit stürmischen langedauernden Hurrah⸗ rufen aufgenommen. . 1
Nachdem der Prinz die Sobranje verlassen hatte, schritt diese zur Wahl des Bureaus. Zum Präsidenten wurde mit 102 von 149 Stimmen der Regierungskandidat Todorow gewählt; der Konservative Mintschewitsch erhielt 40, der Radoslawist Watschew 2 Stimmen. Zum Ersten Vize⸗ Präsidenten wurde der Unionist Jankoloin mit 97, zum Zweiten Vize⸗Präsidenten der Zankowist danew mit 91 Stimmen gewählt. “ 1 Schweden und Norwegen. Alm Sonnabend Nachmittag erfolgte in Stock holm die feierliche Beerdigung des ehemaligen schwedisch⸗norwegischen Gesandten in Berlin, Reichs⸗Marschalls Freiherrn von Bildt unter Betheiligung des Königs, des Prinzen Karl, eines Vertreters der Königin und des Kronprinzenpaares, und der Herzogin von Dalekarlien. Außer Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser hatten der König und die Königliche Familie von Schweden und Norwegen, ferner die Kronprinzessin von Dänemark Kränze gesandt.
Die Vermählung des früheren deutschen Gesandten in Stockholm Grafen von Wedel mit der Gräfin Platen hat vorgestern Abend 6 ½ Uhr in der deutschen Kirche zu Stock⸗ holm stattgefunden. Der Füin⸗ Karl, die Staatswürden⸗ träger, sowie die Mitglieder des diplomatischen Korps wohnten der kirchlichen Feier bei. Zu Ehren der Neuvermählten fand bei dem Minister des Auswärtigen Grafen Lewenhaupt ein Diner statt. 1 8 Asien. 88 8
Am Sonnabend aus Wiju in Yokohama eingetroffene Depeschen berichten dem „Reuter'schen Bureau“ zufange; Nach dem Uebergang über den Yalu sei die ganze japanische Armee in nördlicher Richtung vorgegangen und habe von allen Seiten das Kastell Kiuren angegriffen, das eine auf 20 000 Mann geschätzte chinesische Streitmacht besetzt gehalten habe. Diese habe ihre Stellung mit großer Tapferkeit in einem erbitterten Kampfe vertheidigt. Schließlich hätten die Japaner einen entscheidenden Sieg davongetragen. Die Chinesen seien in der Richtung nach Antung in der Nähe der Mündung des Naluflusses, geflohen. Die Japaner hätten reichliche Beute gemacht, 30 Kanonen, eine große Menge Munition, sowie 300 Zelte seien in ihre Hände gefallen. Die Chinesen seien von den Generalen Song und Lin befehligt worden. Sie besäßen eine sehr starke Stellung bei Honghwong, dessen Fort mit
20 000 Mann besetzt sei. Ferner würden Truppen bei
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Kiuchow zur Vertheidigung Port Arthurs konzentriert. Die Japaner blockierten vollständig Talienwan, Port Arthur
und die naheliegenden Häfen und Buchten. Auf der Ostküste
der Halbinsel Kinchou hätten die Japaner Truppen gelandet,
den engen Theil der Halbinsel besetzt und die Verbindung von Port Arthur mit dem Festlande abgeschnitten. Weitere ergnssche Verstärkungen seien in Seikiofu südöstlich von Port Arthur elandet. Eine japanische Flotte mit 34 Torpedobooten foll nach einer Meldung der „Times“ aus Shanghai von gestern Wei⸗Hai⸗Wei bedrohen.
Nach einer Meldung der Londoner Blätter aus Tokio vom Sonnabend hätten 2000 aufständische Tonghaks am Freitag das japanische Fort Anpo bei Fusan angegriffen, seien aber zurückgeschlagen worden. Die Rebellen hätten auf ihrem Rückzuge die Telegraphenverbindungen zerstört.
Afrika. Das „Reuter’'sche Bureau“ meldet aus Fez vom 25. d. M., daß eine britische Gesandtschaft unter Führung des britischen Gesandten in Marokko daselbst eingetroffen sei. Aus Kairo von gestern meldet dasselbe Bureau, der dortige britische Unter⸗Staatssekretär der Finanzen Gorst sei in das Departement des Innern versetzt worden. Der Posten eines General⸗Polizei⸗Inspektors werde abgeschafft werden.
Entscheidungen des Reichsgerichts. 8 1
In einer Schadenersatzklage gegen einen Rechtsanwalt, welcher einen Auftrag zur einer Interventionsklage nicht ausgeführt hatte, hat das Reichsgericht, IV. Zivilsenat, durch Urtheil vom 25. Juni 1894 ausgesprochen, daß im Gebiete des Preuß. Allg. Landrechts die Annahme eines Mandats seitens eines Anwalts zur Klageerhebung zwar auch stillschweigend durch konkludente Handlungen geschehen kann, daß aber die nicht erfolgte Ablehnung des Auftrags nicht ausreicht, um eine stillschweigende Annahme zu rechtfertigen. — Der Kaufmann M. hatte einem Rechtsanwalt brieflich den Auftrag ertheilt, eine Interventionsklage gegen ie Kreissparkasse zu Sch. anzustellen, welche einen ihm gehörenden Dampfdreschapparat wegen einer Forderung, die ihr gegen den früheren Eigenthümer jener aschine zustand, hatte pfänden und ver⸗ steigern lassen. Der Rechtsanwalt beantwortete weder das Schreiben des M., noch stellte er die Klage an. M. forderte hierauf klagend von dem Rechtsanwalt Schadenersatz. In der Berufungsinstanz wurde der beklagte Rechtsanwalt nach dem Klageantrage verurtheilt, falls Kläger den Eid leiste, daß der Beklagte die Ausführung des Auftrags nicht schließlich abgelehnt habe. Auf die Revision des Beklagten hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „Mit der Ertheilung des schriftlichen Auftrags an den Beklagten war der Vollmachtsantrag zwischen ihm und dem Kläger noch nicht abgeschlossen, da nach § 30 der Rechtsanwalts⸗ Ordnung eine Verpflichtung zur Annahme eines Mandats nicht mehr besteht, die §§ 13—16 Th. 1 Tit. 13 des Preuß. Allg. Landrechts nicht mehr gelten und deshalb gemäß 8 11 da⸗ selbst die wenn auch nur stillschweigend geschehene Annahme der Vollmacht seitens des Beklagten nothwendig war. Daß diese erfolgt sei, stellt das Berufungsgericht nicht fest. Bloßes Schweigen reicht nicht aus, um eine stillschweigende Annahme zu recht⸗ fertigen; dazu gehören Handlungen, aus denen eine Annahme sich klar ergiebt. Die nicht erfolgte Ablehnung, die, wenn der Kläger den Eid leistet, feststehen würde, genügt daber nicht, um den Nachweis der seitens des Beklagten geschehenen Annahme zu erbringen. Vielmehr bedarf es einer positiven Feststellung derjenigen Umstände, die darauf ee lassen, daß der Beklagte die Vollmacht angenommen habe.“
Kunst und Wissenschaft.
Das Standbild des Physiologen Claude Bernard wurde gestern Vormittag in Lyon enthüllt. Wie „W. T. B.“ meldet, nahmen viele namhafte Gelehrte und Vertreter fremder Universitäten, darunter Vertreter der Universität Bonn, an der Feier theil.
„— Gestern wurde in Bari der fünfte Kongreß der Dante Alighieri⸗Gesellschaft eröffnet. Bonghi hielt, wie „W. T. B. berichtet, die Eröffnungsrede, welche von dem zahlreich erschienenen Publikum mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. Hierauf wurde Bonghi zum Präsidenten des Kongresses gewählt.
Gesundheitswesen Thierkrankheiten und Absperrungs⸗
Maßregeln.
Portugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die Häfen Süd⸗Hollands für choleraverdächtig erklärt worden, während Amsterdam nach wie vor als verseucht gilt. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 251 vom 24. d. M.)
Argentinien.
Durch Regierungsdekret vom 19. v. M. sind die Häfen Portugals für rein von Cholera erklärt worden. Herkünfte aus diesen Häfen haben sich in Argentinien nur noch einer 24stündigen Beobachtung zu unterwerfen. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 219 vom 17. v. M.)
Indien. (Großbritannien.)
Die gegen Einschleppung der chinesischen Pest aus Hongkong und Canton erlassenen Quarantänemaßregeln sind nunmehr für sämmt⸗ liche Häfen Britisch⸗Indiens wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 177 vom 30. Juli 1894.)
Asien. (Japan.) Durch Bekanntmachung des Japanischen Ministers des Innern vom 11. September 1894 sind die bisher angeordneten Untersuchungs⸗ und Quarantänemaßregeln gegen die aus Hongkong und Chinesischen Häfen kommenden Schiffe mit Rücksicht auf das Erlöschen der Pest⸗ rankheit außer Kraft gesetzt worden. (⸗R.⸗A.“ Nr. 183 vom 6. August 1894.) 8 Die Station für die sanitätspolizeiliche Untersuchung der in Yokohama einlaufenden Schiffe ist von Nagaura nach Nagahama im Kuraki⸗Kreis (Kanagawa⸗ken) verlegt worden
Cholera. u6 vE116““ “ ““ Bei der Regierung zu Oppeln sind
gestern je ein Cholerafall aus Burowietz, Kreis Kattowitz, und
Breslau, 27. Oktober.
aus Berun, Kreis Pleß, gemeldet worden.
Wien, 28. Oktober. Nach den am 26. d. M. hier eingeroffenen Nachrichten über den Stand der Cholera kamen in Galizien 73 Er⸗ krankungen und 33 Todesfälle, in der Bukowina 1 Erkrankung vor. Vom 27. d. M. wurden aus Galizien 102 Erkrankungen und 54 aus der Bukowina 6 Erkrankungen und 4 Todesfälle gemeldet.
St. Petersburg, 27. Oktober. An Cholera erkrankten und starben nach dem Bericht des „W. T. B.“ vom 21. bis 27. d. M. in St. Petersburg 1 bezw. 2 Personen, vom 14. bis 20. d. M. in den Gouvernements Warschau 1 bezw. 0, Petrikau 42 bezw. 27, Witebsk 27 bezw. 9, Minsk 26 bezw. 12, Podolien 448 bezw. 168, St. Petersburg 6 bezw. 1, Taucien 9 bezw. 4., vom 7. bis 13. d. M. in den Gouvernements Kalisch 8 bezw. 6, Kowno 18 bezw. 3, Perm 124 bezw. 61, Bessarabien 103 bezw. 33
vom 30. September bis 6. Oktober in Kurland 75 bezw. 32 Personen