1894 / 280 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Nov 1894 18:00:01 GMT) scan diff

an der Fhü der Provinz, wieder in Sodann konstatierte der Jahresbericht, daß sich die ständischen Institute sämmtlich in günstiger Lage befänden, obgleich alle wirthschaftlichen Verhältnisse so sehr des erwünschten Auf⸗ schwungs entbehrten. Hierauf erfolgte die Konstituierung des Landtags unter Mittheilung der seit dem vorigen Jahre ein⸗ getretenen Personalveränderungen, sowie durch Einführung dreier neugewählter Landtagsmitglieder. Einige eingegangene Urlaubsgesuche wurden genehmigt. Hierauf wurde der Kammerherr und Landrath Dr. von Seydewitz auf Reichen⸗ bach und Schoeps dessen zweijährige Wahlperiode abgelaufen war, auf fernere zwei Jahre als Landesbestallter wiedergewählt. Nach erfolgter Zutheilung der einzelnen Landtagsmitglieder in die für die Vorberathung einer Anzahl von 1 en eingesetzten Landtags⸗Ausschüsse wurden die durch Ablauf der Wahlperiode oder durch sonstiges Ausscheiden mehrerer Mit⸗ glieder erledigten Aemter in verschiedenen ständischen Depu⸗ tationen dur Jahresbericht gestellte Anträge genehmigt. Die Verwaltungs⸗ berichte der Oberlausitzer Provinzial⸗Sparkasse, der Ober⸗ lausitzer Heietase. des Kredit⸗Instituts für die Ober⸗ und Niederlausitz, über das Oberlausitzer Waisenhaus in Reichen⸗ bach O.⸗L., die Woller'sche Waisen⸗Anstalt, sowie über den Unterstützungsfonds für emeritierte Geistliche und Hinterbliebene von Geistlichen wurden vorgetragen. Hierbei wurden die auf die laufende Verwaltung erforderlichen Beschlüsse gefaßt, sowie Bewilligungen für gemeinnützige Zwecke aus der Hilfskasse, der Gräflich Loeben'schen Nebenstiftang und dem Fonds zu milden Zwecken ausgesprochen. Damit war die Tagesordnung für die erste Plenarg ung erledigt. Der Vorsitzende beraumte für heute Abend 5 Uhr eine Sitzung der ehemals rauchsteuer⸗ pflichtigen Landstädte und Landgemeinden und um 6 Uhr eine Sitzung der stiftsberechtigten Stände an und schloß dann die Sitzung. Morgen arbeiten die drei Landtags⸗Ausschüsse über die ihnen zugetheilten Vorlagen. Die nächste Plenarsitzung findet am 29. d. M. statt.

Württemberg. Die evangelische Landessynode ist Minister des Kirchen⸗ und S ulwesens Dr 1611111161614“2“*“

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Gestern Nachmittag traf Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin⸗Wittwe in Eisenach ein und wurde von Ihrer Königlichen Saheit der Großherzogin, sowie Seiner Durchlaucht dem Prinzen Heinrich VII. Reuß empfangen. Die Hohen Herrschaften geleiteten sodann die Erbgroßherzogin nach Weimar. Um 7 ¼ Uhr Abends kam der Extrazug mit der Leiche Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs unter dem Geläut der Glocken in Eisenach an. uf dem Bahnhof war eine militärische Ehrenwache aufgestellt; ferner waren die Behörden, der Ge⸗ meinderath, die Kriegervereine und eine große Volksmenge versammelt. Als der Zug einlief, entblößte die Versammlung die Häupter und die Musik spielte den Choral „Jesus meine Zuversicht“. Sodann erfolgte die Weiterfahrt nach Weimar, wo der Zug um 8 ³ Uhr ankam. Die Leiche wurde durch die mit dichten, in ehrerbietigem Schweigen verharrenden Menschenmassen gefüllten Straßen, in denen fackeltragende Krieger⸗ und Militärvereine Spalier bildeten, zur Hofkirche daörtt. wo in Anwesenheit der Höchsten Herrschaften die Einsegnung stattfand.

Zu den Beisetzungsfeierlichkeiten werden in Weimar erwartet: Seine Majestät der König und Seine Königliche 858 der Prinz Georg von Sachsen, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, der Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, der Fürst von Hohenzollern, der Erb⸗ großherzog von Baden und der Erbprinz von Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, Seine 8ee der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, sowie Ihre Durchlauchten der

gestern durch den

b von Waldeck und Pyrmont und der Erbprinz

euß j. L., ferner der italienische Botschafter Graf Lanza und eine besondere Mission der Königin⸗Regentin der Niederlande. Auf Beschluß des Senats der Universität Jena wird diese bei der Beisetzung des Erbgroßherzogs durch eine große Deputation vertreten sein. An dem daige Tage wird eine Trauerfeier der Universität in der Kollegienkirche stattfinden; der Professor Nippold wird die Gedächtnißrede halten. An beiden Tagen fallen die Vorlesungen aus.

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Oesterreich⸗Ungarn.

In der gestrigen Abendsitzung des Wah ausschusses des österreichischen Ahgeordnetenhauses gab, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister⸗Präsident Fürst Windischgrätz, anknüpfend an die vorjährige Erklärung der Regierung, die Erklärung ab, daß er es als erste wichtigste Aufgabe betrachte, im Einvernehmen mit den Koalitions⸗ parteien eine umfassende Wahlreform zu schaffen mit Aufrechterhaltung der bisherigen Vertretung der Inter⸗ essengruppen, mit genauer Berücksichtigung der Ver⸗ hältnisse der Königreiche und Länder und mit einer wesentlichen Ausdehnung des Wahlrechts insbesondere auf die Arbeiter, zugleich mit der Sicherung des bisherigen Schwer⸗ gewichts der politischen Rechte des Bürgerstands und Bauern⸗ stands. Zur Erreichung dieses Zwecks sei zunächst der Weg vertraulicher Besprechungen eingeschlagen worden, jedoch

hätten die seitens der Regierung als Grundlage der Be⸗ sprechungen mitgetheilten Grundzüge nicht allseiti e Zu⸗ stimmung gefunden. Bei Wiederaufnahme der Berathungen, vorerst mit den Obmännern der koalierten Klubs, sei aus der Mitte der Theilnehmer auf den Antrag zur Errichtung von Arbeiterkammern, mit Ertheilung des Wahlrechts an diese, hingewiesen worden und es habe nicht ausgeschlossen geschienen, daß das Projekt in den Haupt⸗ prinzipien bei den koalierten Parteien Anklang finden werde. Da zugleich hervorgetreten sei, daß die Sicherung der nothwendigen qualifizierten Majorität für die umfassende Vorlage mancherlei bedeutenden Schwierigkeiten begegnen werde, sei die Re⸗ gierung bereit gewesen, jenen Vorschlag zur Errichtung von Arbeiterkammern beziehungsweise von Abtheilungen bei den Handelsgewerbekammern für Arbeiter⸗Angelegenheiten aufzunehmen, um so mehr als die Vertreter sämmtlicher Parteien übereinstimmend mit der die Ge⸗ währung einer parlamentarischen Vertretung an die Arbeiter unter allen Umständen angezeigt erachtet hätten. Bei der

r Oberlausitz weile.

Neuwahlen wieder besetzt, auch einige im

SS. 1

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jüngsten Erweiterung des Kreises der zu den Besprechungen beigezogenen Vertrauensmänner habe es sich jedoch heraus⸗ gestellt, daß auch gegen diesen Vorschlag gewichtige Bedenken erhoben würden, sodaß die Einbringung einer derartigen Vorlage keinen unmittelbaren Erfolg gehabt haben würde. Die Regierung lasse nunmehr eine Ausschußberathung über die Wahlreform eintreten. Nach den Erfahrungen bei den bisherigen Besprechungen scheine die Einräumun einer parlamentarischen Vertretung an die Arbeiter nur all⸗ seitige Billigung gefunden zu haben und werde eine solche zunaͤchst in Aussicht zu nehmen sein. Sollte eine Berücksichtigung auch anderer, bisher nicht wahlberechtigter Volksschichten die der genannten Parteien finden, so werde die

egierung, insofern solche Anträge in dem Rahmen der obenerwähnten maßgebend bleibenden Erklärungen sich bewegten, bereit sein, an dem Zustandekommen von Gesetzentwürfen auf dieser Basis mitzuwirken. Seitens der Konservativen erklärten sich Graf Hohenwart, seitens der der Abg. Stadnicki, seitens der vereinigten deutschen

inken Graf Kuenburg mit dem von der Regierung einge⸗ schlagenen Wege einverstanden und sprachen die Hoffnung aus, daß es in den Berathungen des Ausschusses gelingen werde, die Differenzen der Parteien zu überbrücken und die Angelegen⸗ heit einer gedeihlichen Lösung zuzuführen. Namens der Jung⸗ czechen trat der Abg. Brzorad suns das allgemeine, gleiche, direkte Wahlrecht ein. Der Minister⸗Präsident Fürst Windischgrätz theilte mit, daß der Minister des Innern Marquis Bacquehem mittels Zuschrift an das Präsidium des Abgeordnetenhauses die

Wahlreformvorlage des letzten Ministeriums zurückgezogen habe.

Er, der Minister⸗Präsident, hoffe, auf dem eingeschlagenen Wege durch das Einvernehmen der koalierten Parteien das Ziel zu erreichen. Die dhütcxan habe die am 23. November 1893 abgegebene Erklärüng nicht mit Stillschweigen über⸗ gangen⸗ vielmehr alle damals maßgebend gewesenen Umstände in die heutige Erklärung aufgenommen, insbesondere den, daß sie nur einer von sämmllichen koaglierten Par⸗ teien angenommenen Wahlreform zustimmen könne. Gegen⸗ über der jungczechischen Forderung des allgemeinen Stimm⸗ rechts erklärte der Minister⸗Präsident, daß die Regierung an den in ihrer ersten Erklärung ausgedrückten Prinzipien fest⸗ halte und den auf allgemeines, gleiches und direktes Wahl⸗ recht abzielenden Anträgen nicht zustimmen könne. Im weiteren Verlauf der Debatte äußerten sich der Prinz Carl Schwarzenberg, die Vertreter des böhmischen Großgrundbesitzes, der Abg. Dipauly aus Tirol, der Ruthene Romanczuk und der Pole Rulowski zustimmend zu der Erklärung der Regierung, der deutsch⸗ nationale Abg. Prade und der mährische gheche Fanderlik gegen dieselbe. Der Abg. Pattai wünschte die Anreihung weier Wahlkörper. Der Minister des Innern Marquis

acquehem sagte die Vorlegung des statistischen Materials zu. Die weitere Berathung wurde sodann auf morgen vertagt.

Das ungarische Unterhaus trat gestern sofort in die Berathung des auf der Tagesordnung Fecenben Budgets des Handels⸗Ministeriums ein, ohne daß zuvor seitens der Opposition irgend welche Anfrage gestellt wurde.

Dem Unterhause wird in den nächsten Tagen eine Gesetzesvorlage zugehen wegen Errichtung einer Rentenanstalt für Landwirthschaft und Verkehrswesen mit einem Aktienkapital von 20 Millionen Kronen; der Staat betheiligt sich an dem mit der Anstalt verbundenen Kreditverein mit 2 Mill. Kronen. Drei Viertel der Direktionsmitglieder sollen ungarische Staatsbürger sein. Die Regierung entsendet in die Direktion zwei Mitglieder und ernennt einen Regierungskommissar zur Kontrole. Die Errichtung der Rentenanstalt erfolgt unter der Aegide der Wiener Unionbank und unter Mitwirkung der Ungarischen Eskompte⸗ und Wechselbank. Die Aktien der neuen Anstalt werden nach Ablauf einer gewissen Frist auch in Oesterreich und dem Auslande emittiert werden.

In der gestrigen Abendkonferenz der liberalen Partei sagte der Minister⸗Präsident Dr. Wekerle auf den seitig geäußerten Wunsch nach direkten Aufklärungen in Be⸗ Sanktionierung der kirchenpolitischen Gesetz⸗ entwürfe: er halte es für seine Pflicht, zu erklären, daß er bei dem Könige mit der Bitte erschienen sei, Allerhöchstderselbe möge unabhängig von der Ver⸗ handlung der zwei noch in Berathung stehenden Gesetz⸗ entwürfe, die kirchenpolitischen Gesetze schon vorher zu sanktionieren geruhen. Bei dieser Gelegenheit habe er, der Minister⸗Präsident, die allgemeine politische Lage geschildert. Er habe die Allerhöchste Ermächtigung zu der Erklärung er⸗ halten, daß Seine Majestät die kirchenpolitischen Vor⸗ lagen und zwar unter dem gegenwärtigen Ka⸗ binet sanktionieren werde. Damit sei zu dem ferneren Wirken des Kabinets nicht nur die Rechtsbasis, sondern

leichzeitig die Pflicht gegeben. Er halte es somit für über⸗ Russis⸗ auf die Gerüchte von einer Krise und der Haltung einzelner Kabinetsmitglieder einzugehen. Von einer Krise sei keine Rede. Die Mitglieder des Kabinets würden von der Sicherung ihrer prinzipiellen Gesichtspunkte und nicht von persönlichen Rücksichten geleitet. Die Erklärung des Minister⸗ Präsidenten fand allgemeine lebhafte Zustimmung.

In der Sitzung des kroatischen Landtags vom 26. d. M. widmete der Präsident dem Kaiser Alexander von Rußland einen warmen Nachruf, worin er ihn als und Freund des Kaisers Franz Joseph feierte.

as Haus hörte den Nachruf stehend an und brach in die Rufe: Slava! und Ehre seinem Angedenken! aus. Der Nachruf

treff der

wurde in das Sitzungsprotokoll aufgenommen.

Frankreich.

Im Senat stand gestern, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, das Gesetz über die Beschlagnahme und Einbehaltung des Lohns von Arbeitern und Angestellten auf der Tagesordnung, das in seinen einzelnen Artikeln und dann im ganzen angenommen wurde. Es folgte die Berathung des Entwurfs über die Errichtung von Saharatruppen.

Freyecinet, der Präsident der Heereskommission, beantragte

die Dringlichkeit, die das Haus auch aussprach. Darauf wurde das Gesetz angenommen. Der Minister⸗Präsident Dupuy brachte sodann die Forderungen für Madagaskar ein.

In der Deputirtenkammer erklärte der Deputirte

Levy (Sozialist), er wünsche die Regierung wegen der irrigen

Auskunft über die Angelegenheiten des Waisenhauses von Cempuis zu interpellieren. Die Kammer beschloß jedoch, die Interpellation um einen Monat zu vertagen. Dann legte der Deputirte Coutant einen Antrag auf Erlaß einer allgemeinen Amnestie auf den Tisch des Hauses mit der Begründung, daß nach der Bewilligung der Kosten für den Feldzug auf Madagaskar eine

Amnestie Pflicht der Regierung sei. Der Minister⸗Präsiden Dupuy verwies auf seine früheren Aeußerungen über diesen Gegenstand und bat die Kammer, auch ihrerseits bei ihrem damaligen Beschluß zu beharren. Darauf wurde der Antrag Coutant mit 355 gegen 133 Stimmen abgelehnt. Der Deputirte Odilon⸗Barrot wünschte eine Frage zu stellen wegen der unbe⸗ rechtigten Ausgaben des ehemaligen Kabinets⸗Direktors Favette. Der Minister⸗Präsident Dupuy erwiderte, die gerichtliche Untersuchung gegen Favette sei eröffnet. Es folgte dann die Berathung über das Zollabkommen mit Kanada. Der Deputirte Lechevalier befürwortete die Ablehnung des Vertrages, der Deputirte . und der Minister des Auswärtigen Hanotaux vertheidigten ihn. Schließlich wurde der Vertrag genehmigt.

Rußland.

Gestern Abend 8 ¾ Uhr haben, wie „W. T. B.“ meldet, der Prinz und die Prinzessin Ferne9 von Preußen sowie der Großherzog von Hessen St. Petersburg ver⸗ lassen. Der Kaiser und die Kaiserin gaben ihren Anperwandten das Geleit zum Bahnhof. Dort hatten sich auch der Großfürst und die Großfürstin Sergius, mehrere andere Großfürsten, der deutsche Botschafter, General der Infanterie von Werder mit den Mitgliedern der Botschaft, der bayerische Gesandte, der Adjunkt des Hof⸗Ministers Baron und das Gefolge des Kaisers eingefunden. Der

aiser und die Kaiserin verabschiedeten sich aufs Herzlichste von dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich.

Der Prinz Ferdinand von Rumänien ist gestern Abend 6 Uhr von St. Petersburg

Bei dem deutschen Botschafter, General der Infanterie von Werder fand gestern ein Dejeuner statt, woran der Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha, der Prinz Albert von Sachsen⸗Altenburg, der Prinz Ferdi⸗ nand von Rumänien und der Großfürst Wladimir theilnahmen.

Der französische General Boisdeffre und der Admiral Gervais haben gestern die Rückreise nach Paris angetreten.

Die wichtigsten Punkte des vorgestern erlassenen Kaiser⸗ lichen Manifestes betreffen dem „W. T. B.“ zufolge pekuniäre Erleichterungen für die ackerbauenden Bevölkerungs⸗ klassen, Adel und Bauern. Dem ersteren werden die Herab⸗ setzung des Zinsfußes für Darlehen aus der Reichs⸗Adels⸗ Agrarbank. von 4 ½ auf 4 Proz. sowie Erleichterungen bei der Schuldentilgung bewilligt. Den Bauern wird der Erlaß ver⸗ schiedener und Steuerrückstände gewährt.

In Helsingfors wie in ganz Finland wurde am Montag die Vermählung des Kaisers festlich begangen. Die Stadt hatte Festschmuck angelegt, am Abend fand Illu⸗ mination statt. Die Theater hatten Festvorstellungen arran⸗

iert. In dem schwedischen Theater brachte der General⸗

ouverneur vor Beginn der Vorstellung ein Hoch auf das junge Kaiserliche Paar aus. Das Publikum ant⸗ wortete mit donnerndem Hurrah. Die Musik spielte die russische und die finländische Nationalhymne. In dem finnischen Theater wurde ein Prolog zu Ehren des Kaiserpaars ge⸗ sprochen. Die Amtsbureaux und die Schulen waren gestern im ganzen Lande geschlossen.

Rumänien.

Das Parlament ist gestern unter dem üblichen Zeremoniell eröffnet worden. Der König wurde auf der Fahrt sowie bei dem Eintritt in das Haus auf das Wärmste begrüßt. Die Thronrede wurde häufig durch enthusiastischen Beifall unter⸗ brochen. Der König gab darin vorerst der Befriedigug Aus⸗ druck über die anläßlich der Feier der silbernen Hochzeit und der Geburt der Prinzessin Elisabeth seitens der ge⸗ sammten Bevölkerung gegebenen Beweise der Liebe und An⸗ hänglichkeit; es sei dies der angenehmste Lohn für die Bemühungen zu Gunsten des Landes. Die Be⸗ ziehungen zu allen Mächten, sagt die Thronrede weiter, seien die freundschaftlichsten. Die wuͤrdige und kluge Politik Ru⸗ mäniens, die von den Regierungen aller Länder Europas, die vor allem die Aufrechterhaltung und Konsolidierung des Friedens wünschten, anerkannt werde, erwecke die Achtung und das Vertrauen für das rumänische Volk, diesen friedlichen Arbeiter, der getreulich den internationalen Ver⸗ pflichtungen nachkomme. Zwei Großmächte, zu denen Ru⸗ mänien in engen, freundschaftlichen Beziehungen stehe, seien von dem Schicksal grausam heimgesucht worden. Der Prä⸗ sident der französischen Republik sei als Opfer der Pflicht gefeen, der Kaiser von Rußland sei nach kurzer Regierung

er Liebe seines Volks entrissen worden. Diese Ungluͤcksfälle hätten Rumänien umsomehr getroffen, als der Fetse⸗ von Ruß⸗ land stets ein mächtiger und aufrichtiger Förderer des Friedens gewesen sei. Die Thronrede mhahe. alsdann die Reformen, mit denen sich das Parlament zu befassen haben werde und unter denen sich solche des Berg⸗Forstwesens und des Elementar⸗ und des höheren Unterrichts befinden. Unter den vorzulegenden Gesetzen befindet sich ein Entwurf über den Bau und Betrieb der aus privater Initiative herzustellenden Trotz der I die landwirtoschafkliche Krise entstandenen Schwierigkeiten hätten die Finanzen des Staats in keinerlei Weise gelitten. Der Abschluß für 1893/94 habe einen Ueberschuß von mehr als 20 Millionen ergeben. Das Budget des laufenden Jahres werde ohne Defizit ab⸗ schließen. Die Thronrede kündigt schließlich auch eine Armee⸗ reform im Hinblick auf die Organisation des Generalstabs und der Avancementsverhältnisse an; die bereits in der Armee bewerkstelligten Reformen hätten glänzende Ergebnisse bei den letzten Manövern aufgewiesen. 8

Serbien.

Der König Alexander ist gestern in Belgrad ein⸗ offen und wurde am Bahnhof vom König Milan und Ministern empfangen. 1 3

Hohen

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg ist wie „W. T. B.“ meldet, gestern Vormittag zu kurzem Auf enthalt aus Philippopel in Sofia eingetroffen.

Der Ministerrath hat die Baupläne für den H

von Varna genehmigt und eine Bauausschreibung für die

Arbeiten angeordnet. Die hierzu nöthige Summe wird au 8 Millionen Franecs geschätzt.

Die Regierung brachte in der Sobranje einen Gesetz ein, wodurch alle auf die Presse bezüglichen Sonder gesetze sowie sämmtliche die Presse einschränkenden Verfügungern aufgehoben werden. 1

Behufs Studiums des Verfahrens mit Heilserum wird die

Regierung vier Aerzte nach Paris entsenden.

Afssten.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Yokohama von gestern hat der Kaiser von Japan an die japanische Armee und Flotte, die Port Arthur genommen haben, die folgende Proklamation erlassen:

Port Arthur, das der Feind für einen Schutzwall seines Landes hielt, ist von Euch in einem Ansturm genommen worden. Wir würdigen Eure Dienste; da aber die Kälte zunimmt und das Ende unserer Operationen noch fern ist, bewahrt Euch in guter Gesundheit, um Eure Leistungen fortzusetzen.

Beim Eindringen in Port Arthur stießen die Japaner auf die verstümmelten Leichen ihrer Landsleute, welche Ge⸗ fangene der Chinesen gewesen waren.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Shanghai von vorgestern die Gefangennahme seines Spezialkorrespon⸗ denten in Port Arthur durch die Japaner bestätigt. Die Japaner hielten den Korrespondenten für einen Offizier in chinesischen Diensten. Die nöthigen Schritte zu seiner Be⸗ freiung sind eingeleitet.

Der chinesische Zollkommissar Detring, der nach Japan behufs Friedensunterhandlungen abgesandt worden ist, ist in Kobe angekommen und hat eine Unterredung mit dem Premier⸗ Minister nachgesucht.

Aus Tientsin von gestern meldet das „Reuter'sche Bureau“, ein Kaiserlicher Erlaß entsetze Li⸗Hung⸗ Tschang aller Ehren und Würden, belasse ihn jedoch in der Stellung als Vize⸗König. Der Kapitän von Hanneken habe sich nach D zur Besichtigung und Verstärkung der Befestigungen begeben.

Ein Telegramm der „Times“ aus Chefoo vom 26. d. M. enthält folgende Meldungen: Nach dem Kampfe von Port Arthur hätten die Japaner die Chinesen, ohne ihnen die Waffen abzunehmen, entkommen lassen; ein Theil derselben sei in Dschunken nach Westen, der größere Theil in östlicher Richtung entflohen. t

Der Taotai von Port Arthur Kung sei in einer Dschunke entkommen.

Einem Gerücht zufolge hätten die Japaner 200 Chi⸗ nesen niedergemacht, um die an den gefangenen Japanern begangenen Gewaltthaten zu rächen.

Die chinesische Armee unter General Sung habe am 21. November Talienwan angegriffen, sei aber wahr⸗ scheinlich zurückgeschlagen worden. Die chinesische Bevölkerung habe den Japanern auf dem Marsche Hilfe geleistet.

In Port Arthur seien neue japanische Truppen⸗ transporte mit den letzten Reserven eingetroffen.

Die aus Nin⸗Tschuan abgehenden Dampfer nähmen fortwährend Hunderte von Flüchtigen mit. Die Eisenbahn von Schan⸗hai⸗kwan nach Tientsin sei täglich überfüllt. Die Beunruhigung der Bewohner der Mandschurei sei hauptsächlich durch fliehende oder entlassene chinesische Soldaten veranlaßt. Infolge der Ueberschwemmungen in der Mandschurei vom Sommer stehe dort für den Winter eine Hungersnoth bevor.

Eine Depesche des Amsterdamer Blattes „Telegraaf“ meldet aus Lombok, daß Nengah Karang, ein legitimer Sohn des Radjah, im Kampf bei Topati getödtet worden sei. Die Holländer hätten einen Todten und fünf Verwundete ver⸗ loren. Die Truppen würden den Marsch gegen die Ein⸗ geborenen⸗Dörfer Lingsar und Narmada antreten.

Afrika. Wie „W. T. B.“ aus Tanger berichtet, ist der deutsche Gesandte Graf Tattenbach, der sich zu dem Sultan be⸗ geben hatte, um wegen der Ermordung eines Deutschen bei Casablanca Genugthuung zu fordern, am 22. November feierlich in Fez eingezogen.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die Vorsteher eines Privatvereins, dessen Hauptzweck es ist, Leistige Getränke an die Mitglieder in dem Vereinslokal zum Verzehr auf der Stelle zu veräußern, können, nach einem Urtheil

des Pis venealtengeheriene, I. Senats, vom 26. Juni 1894,

polizeilich ur Auskunft über die Mitglieder des Vereins an die Polizeibehörde angehalten werden, jedoch kann die Polizei⸗ behörde nicht verlangen, daß ein Mitglieder⸗Verzeichniß dauernd an irgend einem Ort angebracht oder angehefter werde, wo es auch allen dort verkehrenden dritten Personen erkennbar werden muß. Die Polizeiverordnung für den Kreis H. vom 14. August 1893 bestimmt hinsichtlich der geschlossenen Gesellschaften, deren Hauptzweck es ist, geistige Getränke einzukaufen und an die Mit⸗ glieder in dem Gesellschaftslokal zum Verzehr auf der Stelle wieder zu veräußern, daß an der Außenseite der Eingangsthür zum Haupt⸗ Gesellschaftszimmer eine Tafel anzubringen ist, welche die Namen der Mitglieder enthält. Unter Bezugnahme auf diese Verordnung for⸗ derte der Amtmann zu B. mittels Verfügung den B. als Vor⸗ sitzenden der geschlossenen Gesellschaft „Waldschlößchen“ auf, an der Thür ein vbbö anzubringen. Auf die Kf⸗ge des B. setzte das Ober⸗Verwaltungsgericht die polizeiliche Verfügn des Amt⸗ manns außer Kraft, indem es begründend ausführte: „T.« Aufgaben der Polizei sind begriffsmäßig auf den Schutz der öffentlichen Interessen be⸗ chränkt, wie dies §6e des Polizeigesetzes vom 11. März 1850 gerade be⸗ züglich der Beherbergung von Fremden und der Verabreichung von Speisen und Getränken noch besonders betont hat. Daher sind die Vorgänge im Familienkreise, in der Privatgesellschaft im Privathause, mögen sie auch in der Verabreichung von Getränken bestehen, ihrer Einwirkung entzogen; es sei denn, daß durch dieselben wiederum andere, polizeilich zu schützende öffentliche Interessen berührt werden. Welche öffentliche Faseesen zu dem Erlaß der gedachten Bestimmung der Polizeiverordnung bestimmt haben, ist bisher weder erwähnt, noch auch nur angedeutet. Somit bleibt nur die Annahme übrig, daß die Verabreichung geistiger Getränke, falls sie des Erwerbes wegen erfolgt, der besonderen polizeilichen Genehmigung wie der Anmeldung zwecks der Besteuerung unterliegt und andern⸗ falls bei Strafe verboten ist; daß ferner die zu jenem Zweck gebildeten Gesellschaften erfahrungsmäßig dem Verdacht ausgesetzt sind, sie möchten durch Verabreichung an Nichtmitglieder und an Nichtgäste Gewerbe⸗ Polizei⸗ oder Steuerkontraventionen begehen, und daß daher die Polizei, um ihrer Pflicht zur Verhinderung oder Verfolgung von Strafthaten zu genügen, berechtigt ist, von dem Leiter der Gefellschaft Auskunft über deren Mitglieder u. s. w. selbst dann zu verlangen, wenn der Verein kraft des Vereinsgesetzes vom 11. März 1850 zu einer solchen Anzeige auch nicht verpfli tet sein mag. Aber diese Befugniß, von einen Privaten oder einem Privatverein zu verlangen, daß er über bestimmte Thatsachen und zu einem bestimmten Zwecke der Polizeibehörde Kenntniß giebt, schließt doch die völlig anders geartete und viel weiter gehende Berechtigung nicht in sich, daß die Polizei von dem Privaten oder der Privatgesellschaft nun auch fordern dürfe, er solle diese Auskunft nicht lediglich der Polizei mittheilen, sondern

ee dauernd an irgend einem Orte anbringen oder anheften, wo sie

auch allen dort verkehrenden dritten Personen erkennbar werden muß.“

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Statistik und Volkswirthschafr.

8 Zur Arbeiterbewegung.

Der Streit unter den sozialdemokratischen Führern (vergl. Nr. 271 d. Bl.) wird in den Parteizeitungen und in Versammlungen fort⸗ gesetzt. In München hielt am Montag der sozialdemokratische Reichs⸗ tagsabgeordnete von Vollmar in einer von mehr als 2000 Per⸗ sonen besuchten Versammlung eine Rede, in der er Bebel heftig angriff. Einige Redner sprachen sich für die thunlichste Schonung Bebel'’s im Interesse des Friedens aus, die Mehrzahl trat aber, wie der „Voss. Ztg.“ geschrieben wird, entschieden auf Vollmar's Seite. Ein Antrag, Bebel zu einer Versammlung zu laden, wurde mit erdrückender Mehr⸗ heit abgelehnt; dann wurden zwei Beschlüsse angenommen, die scharf gegen Bebel's Rede protestieren und die Nothwendigkeit der Fürsorge be⸗ tonen, daß die Partei vor jedem Mißbrauch persönlicher Autorität bewahrt bleibe, die der Uebereinstimmung mit ihren Abgeordneten und der Soli⸗ darität der bayerischen Gencssendnft der Gesammtpartei Ausdruck geben, das Verhalten der bavyperischen Sozialdemokraten rechtfertigen und endlich Vollmar ein Vertrauensvotum ertheilen. In Braun⸗

chweig wurde laut Mittheilung der „Köln. Ztg.“ eine von 3000 Personen besuchte sozialdemokratische Versammlung, in der der Streit der sich befehdenden beiden Richtungen zum Austrag ge⸗ bracht werden sollte, wegen großen Lärms polizeilich aufgelöst.

Aus Oberhausen wird der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ geschrieben: Eine 1 öffentliche Bergarbeiter⸗Versammlung, die am Sonntag hier stattfand, war nur von etwa 100 Personen besucht. Die schwache Betheiligung bewies zur Genüge, daß die Bergleute von derartigen Zusammenkünften nichts wissen wollen. Diesmal sprach der im Ruhrkohlenrevier gut bekannte Agitator Schröder⸗Dort⸗ mund; er wies wieder auf die traurige Lage des Bergmanns bin und bemerkte, daß hier nur die Organisation helfen könne. Redner beantragte, den am 26. und 27. Dezember in Essen tagenden natio⸗ nalen Kongreß zu beschicken. Als Delegirter wurde der abgelegte Bergmann Peschke⸗Oberhausen gewählt.

Aus Troppau meldet „W. T. B.“, daß der Bergarbeiter⸗ Ausstand in Peterswald beendet ist. 8

Kunst und Wissenschaft.

8 . 1 9 1 8†½ Eine fesselnden Neuerscheinungen ungewöhnlich reiche Gemälde⸗Ausstellung ist am 25. November im Kunstsalon von E. Schulte eröffnet worden. Schon der eine Umstand, daß dieselbe nicht weniger als acht Bilder von Arnold Böcklin enthält, genügt, ihre Anziehungskraft für alle Kunstfreunde der Reichshauptstadt zu sichern. Freilich ist das elektrische Licht, das die Wände des Böcklin⸗ saals bestrahlt, etwas grell und unruhig, aber die phantastische htbengeagg der Bilder gewinnt in dieser Beleuchtung ge⸗ eimnißvoll flackerndes Leben. Von älteren Werken Böcklin's ist zu⸗ nächst das träumerische Selbstporträat aus dem Anfang der siebziger Jahre zu nennen, dann das große Tritonenbild aus der Sammlung des Bildhauers Seßsnee ee born, der diesen Schatz seiner Galerie mit gleicher Bereitwilligkeit den Ausstellern zur Ver⸗ fügung gestellt hat wie ein zweiter Berliner Sammler W. Neumann seine zierliche „Sommertagsidylle“. Eine E“ der in den achtziger Jahren geschaffenen „Todteninsel“, die wohl als kostbarstes Vermächtniß Böcklin's an die Nachwelt gelten darf, ist ebenfalls aus⸗ estellt. Die erste Fassung dieses Motivs befindet sich bekanntlich im städtischen Museum zu Leipzig. Ein reizvolles Gegenstück zu dem Sommer⸗ tag bilden die zartgestimmten „Herbstgedanken“. Von neueren Schöpfungen Böcklin's, die in Berlin bisher nicht ausgestellt waren, interessiert neben der leise ironisierenden Tochter der Herodias (1891) und dem mit Rubens' Amazonenschlacht in kühner Koloristik wetteifernden Teutonenkampf auf einer Brücke besonders die Fischpredigt des heiligen Franciscus. Auch aus diesem Bilde kichert der Muthwille des großen Humoristen schalkhaft hervor; die ascetisch ängstliche Gestalt des Heiligen auf dem ins Meer hinausragenden Felsblock mit ihrem stark gerötheten Antlitz und erregter Rednergeberde ist offenbar absichtlich chargiert, die phantastischen Meergeschöpfe, deren Köpfe aus den Fluthen auftauchen und die im untern, durch eine Leiste abgetrennten Theil des Bildes auf dem Grunde des Meeres ihr Wesen treiben, zeugen von der satt⸗ sam bekannten und doch immer wieder überraschenden Erfindungskraft Böcklin's. Mit unnachahmlicher Feinheit ist der landschaftliche Theil des Bildes gegeben: die zarten Nebeldünste über den Wassern, die burggekrönte Felsküste und die flimmernde Luft würden allein ge⸗ nügen, um dem Bild seine Wirkung zu sichern. Wie viele Künstler würden mit diesem Keegeht g Pendeten Beiwerk allein die Kosten eines anspruchsvollen Gemäldes bestreiten! 3 Wer neben solchen Werken die Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, muß über besondere Reizmittel verfügen. Nament⸗ lich schwer wird diese Aufgabe den beiden Künstlern gemacht, die verwandte Saiten der Empfindung anschlagen: H. von Volkmann und Schuster⸗Woldan. Gleichwohl behauptet sich Volkmann’'s Campo Santo auch in dieser gefährlichen Nachbarschaft. was für den Ernst seiner künstlerischen Auffassung beredtes Zeugniß ablegt. Schuster⸗Woldan hat sich zweifellos an den Gemälden Anselm Feuerbach's inspiriert, wenigstens erkennt man aus seiner Madonna unschwer die klassische Fermehsvanch⸗ und die schwermüthige Empfindung des unglücklichen Bahnbrechers des modernen Idealismus; einzelne Porträts von Schuster tragen eine selbständigere Physiognomie. Von Böcklin's weltfremder Phantastik zu dem pikanten Realismus der Pariser Studien Hoeniger's führt keine Brücke. Gleich⸗ wohl sind diese frisch beobachteten Straßenfiguren vom Pariser Pflaster schöne Zeugnisse eines mehr und mehr zur Reife durch⸗ dringenden Talents. Hoeniger, der anfangs allzu ängstlich den Spuren seines Meisters Skarbina folgte, erscheint in der reichen Auswahl von Studien und ausgeführten Bildern, die in dieser Ausstellung vereinigt sind, ungleich fertiger und selbst⸗ ständiger als früher. Seine Zeichnung ist bestimmter geworden, die Palette giebt willig für alle zarten Farbennuancen ihre Töne her. In richtiger Selbsterkenntniß beschränkt er das Fermnat seiner Bilder auf kleine Flächen, wohl belehrt durch den Mißerfolg, den sein lebensgroßes Straßenbild auf der großen diesjährigen Sommer⸗ ausstellung hatte. So erwirbt er sich am ehesten die Anwartschaft auf das Erbe Skarbina's. Joseph Block, der seinen Wohnsitz zwischen Berlin und München zu wechseln liebt, hat seine künstlerische Heimath gleichwohl in der Isarstadt. So ist es nicht wunderbar, in seinen Bildnissen Reminiscenzen an Piglhein und Habermann zu begegnen, während er in dem Novellenbilde ein Arbeits⸗ feld gefunden hat, das seine Begabung selbständiger zum Ausdruck bringt. Die Bewunderer seines „verlorenen Sohnes“, des ersten Bildes, welches seinen Namen bekannt machte, werden dem pfpchologisch und malerisch fein durchgeführten Gemälde „Der neue Herr“ zweifellos mehr Sympathie entgegenbringen, als seinen Por⸗ träts. Zwei beliebte Berliner Portrétiten Hans Fechner und Robert Warthmüller, sowie der in Weimar thätige Norweger Fritjof Smith und Fritz Wichgraf in Wiesbaden vervollständigen die Reihe von modernen Bildnissen, die in der diesmaligen Aus⸗ stellung vertreten sind. Ein bemerkenswerthes Talent bekundet auch der jugendliche Freiherr L. von König in seinem archaisierenden der Frau M. Ghika, das in dem vordersten Saal auf⸗ gestellt ist.

Der einst dochgeschiete Landschaftsmaler Graf Stanislaus von Kalckreuth ist gestern im Alter von fast 73 Jahren in München gestorben. Die Berliner National⸗Galerie besitzt von ihm drei groß aufgefaßte Gebirgsbilder, zwei davon aus den Pyrenäen und eins aus der Schweiz (Ansicht des Rosenlani⸗Gletschers). Graf Kalckreuth war Mitglied der Kunst⸗Akademien von Berlin, Amster⸗ dam und Rotterdam und Inhaber zahlreicher Medaillen. Weimar verdankt ihm die Gründung der dortigen Kunstschule, die er auch von 1860 bis 1876 persönlich geleitet hat.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperru Maßregeln.

Türkei.

Der internationale Gesundheitsrath folgende Quarantänemaßnahmen getroffen. 1) Herkünfte von der kleinasiatischen Küste des Schwarzen Meeres zwischen Ineboli (ausschließlich) und Schile (ausschließlich) haben sich in Sinope einer zehntägigen Quarantäne zu unterwerfen. Herkünfte von der Küstenstrecke Ineboli⸗Sinope (ausschließlich) unter⸗ liegen einer vierundzwanzigstündigen Beobachtung.

2) Für Herkünfte von der Südküste Kleinasiens zwischen Alaja und Kap Chelidonia ist eine fünftägige Quarantäne angeordnet worden.

in Konstantinopel hat

Rio de Janeiro, 27. November. In Re. ende und Coc⸗ schoeira traten, dem „W. T. B.“ zufolge, verdë tige Krankheits⸗ fälle in größerer Zahl auf. Zum Studium der Krankheit sind Aerzte dorthin abgegangen.

Handel und Gewerbe.

Der Zentralausschuß der Reichsbank hielt heute, Vor⸗ mittags 10 Uhr, seine Monatssitzung. Aus dem Vortrage des Vorsitzenden, Präsidenten des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirklichen Geheimen Raths Dr. Koch sind einige die herrschende Geldfülle charakterisierende Zahlen hervorzuheben. Das Metall hat seit dem 23. November 1893 um 257 Millionen, seit dem 1. Januar 1894 um 278 Millionen, seit dem 23. Oktober 1294 um 121 Millionen zugenommen. Gold hat die Reichsbank seit dem 1. Januar d. J. 229 Millionen angekauft, seit dem 23. Oktober 15 ½ Millionen, während ihr seit Ende v. M. auch beträchtliche Mengen geprägten deutschen Goldes aus dem Auslande zugeflossen sind. Die fremden Gelder sind seit dem 23. v. M. um 98 Millionen, gegen das Vorjahr Wum 160 Millionen gestiegen. Trotzdem hat auch der Notenumlauf gegen das Vorjahr um 81 Millionen zugenommen. Wir befinden uns aber in diesem Jahre zum vierten Mal in einer Ueberdeckung der Noten, welche im IV. Quartal noch niemals vorgekommen ist. Die Noten⸗ reserve ist um 175 Millionen größer als am 23. No vember 1893. Der Börsendiskont ist trotz des §. nahens des Jahresschlusses noch immer im Weichen. Eine Diskontveränderung ist nicht beabsichtgt. Zum Wort meldete sich niemand. Nachdem noch eine Gattung Stadtschuldverschreibungen zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen und die Zahlung einer Abschlagsdividende von 1 ¾ Proz. genehmigt worden war, wurde die Sitzung geschlossen.

Die Reformen in der heeasb. der Republik Paraguay, welche der mit der vollziehenden Gewalt betraute Vize⸗Präsident Morinigo vorgenommen hat, haben folgende Aenderungen des Zolltarifs im Gefolge gehabt: 3

Durch Gesetz vom 30. Juli d. J., welches die Emission innerer Schuldtitel in Höhe von 1 140 000 Pesos genehmigte ist unter Aufhebung der früheren Sätze der Ausfuhrzoll für die Arroba ungemahlener Ja auf 10 Centavos Gold 0,40 und gemahlener Yerba auf 9 Centavos Gold 0,36 ℳ) oder den Gegenwerth dieser Sätze in Papiergeld estgesetzt worden.

Ferner ist durch Gesetz vom 24. September d. J. für die Zeit vom 1. Oktober d. J. zur Bildung eines für die Konversion des zirkulierenden Papiergeldes bestimmten Fonds ein in Gold oder dessen Gegenwerth in Papier zu entrichtender Zuschlagszoll von 5 Proz. auf die Einfuhr gelegt worden. Derselbe tritt an die Stelle der nicht mehr zur Erhebung gelangenden, durch die Gesetze vom 10. Oktober und 13. Mai 1892 eingeführten, in Papiergeld zu entrichtenden Zuschlagszölle von 20 und 10 Proz.

Verdingungen im Auslande.

Serbien. Kriegs⸗Ministerium. Bekleidungsabtheilung in Belgr 10. Dezember. Lieferung von 3000 Stück Militärdecken. 4. Dezember. Lieferung von 100 000 m amerikanischer Leinewand. 5. Dezember. Lieferung von 30 000 m Zwillichleinewand. 6. Dezember. Lieferung von 20 000 m Futterleinewand und 10 000 m Leinewand zu Strohsäcken. 8 7. Dezember. Lieferung von 6 700 m gelber Sbhuur für Garderöcke, 10 000 m gelber Schnur zur Numerierung, 1 480 m gelber Husarenschnur, 12 500 m Band zu Halsbinden, 300 m gelber Seidenschnur, 1 100 m Silber umsponnener Seidenschnur, 40 000 Stück 5 und Oesen, 2 000 Stück Mützenschirme zu 203 Stück Müzen chirme zu Gardemützen, 497 Stück Mützenschirme zu Gendarmeriemützen, 000 Stück größere gelbe Metallknöpfe, 000 Stück kleinere des 000 Stück größere weiße Metallknöpfe, 9 000 Stück kleinere desgleichen, 0 000 Stück größere schwarze Beinknöpfe, 24 000 Stück kleinere desgleichen, 8 75 000 Stück größere wesße Beinknöpfe, 25 000 Stück kleinere desgleichen, 46 000 Stück Schuhschnallen, 1 10 000 Stück kleine Monogramme, gelb und weiß, 4 670 Stück Kokarden und 700 kg Schusterleim. . 8 Bedingungen sowie Muster liegen in der Kanzlei der Abtheilung Laution für Einheimische 10 %, für Fremde r

Verkehrs⸗Anstalten

Bremen, 27. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 25. November Vor⸗ mittags in Colombo angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Darm⸗ stadt“ ist am 25. November Nachmittags auf der Weser ange⸗ kommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 25. November Nachmittags in Shanghai Der Postdampfer „Köln“ ist am 25. November Abends in Antwerpen angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Gera' hat am 26. November Morgens die Reise von Port Said nach Suez fortgesetzt. Der Reichs⸗ Ee „Habsburg“ ist am 15. November Vormittags in Colombo angekommen. Der Postdampfer „Roland“ hat am 26. November Vormittags die Reise von Vigo nach Antwerpen fortgesetzt. Der Postdampfer „Queen Victoria“ hat am 25. No⸗ vember Bahia passiert. Die Postdampfer „Mark“ und „Witte⸗ kind“ haben am 26. November Nachmittags Prawle Point passiert. Der Postdampfer „Braunschweig' hat am 26. November Vormittags Prawle Point passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Olden burg“ hat am 26. November Vormittags die Reise von Southampton nach Genua fortgesetzt.

28. November. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ ist am 26. November Nachm. in New⸗York ange⸗

kommen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ hat am 26. November