1895 / 3 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

u Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. Januar.

Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr in der Amtswohnung des Minister⸗Präsidenten Fürsten zu Hohenlohe unter Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers und Königs zu einer Sitzung zusammen.

1“ 8

S. M. S. „Arcona“, Flaggschiff der Kreuzer⸗Division, Chef: Kontre⸗Admiral Hoffmann, ist laut telegraphischer Mittheilung an das Ober⸗Kommando der Marine am 3. Ja⸗ nuar von Shanghai nach Amoy in See gegangen.

Sigmaring en, 3. Januar. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzefsin Ferdinand von Rumänien find aus Darmstadt hier eingetroffen. Braunschweig. Der Landtag ist auf den 31. d. M. einberufen worden.

OesterreichUngarn.

Die „Budapester Correspondenz“ erfährt aus Wien, daß der Kaiser kaum vor Sonnabend Abend in Budapest ein⸗ treffen werde.

Die feierliche Beisetzung der Leiche des Königs Franz II. fand gestern in Arco in Gegenwart der dort anwesenden Erz⸗ herzoge, des Grafen von Caferta, der Herzoginnen von Parma und von Alengon, des Erbprinzen von Hohenzollern und des Herzogs Siegfried in Bayern statt. Die Stadt hatte reichen Trauerschmuck angelegt.

Die Landtage von Kärnten, Salzburg, der Bukowina

und Tirol sind gestern in der üblichen f ierlichen Weise eröffnet

Der „Regierungsbote“ veröffentlicht ein von gestern datiertes Kafferliches Reskript an den Feldmarschall Gurko, worin in sehr gnädigen Ausdrücken der Thätigkeit desselben als General⸗Gouverneur in Warschau gedacht wird. Das Reskript bedauert den Rücktritt des Feldmarschalls wegen dessen zerrütteter Gesundheit und spricht die Hoffnung aus, er werde nach seiner Genesung sich wieder dem Dienste des Vater⸗ landes widmen. 1

Der Kaiser hat das Protektorat der Kaiserlich russischen geographischen Gesellschaft übernommen und in dem betreffen⸗ den 8 die nützliche Thätigkeit der Gesellschaft hervor⸗ gehoben. 8 Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters⸗ burg war das Befinden des Ministers des Auswärtigen von Giers gestern ein zufriedenstellendes.

Eine in Fiflis erscheinende russische Zeitung meldet aus

ars, daß daselbst in den letzten Wochen 300 armeni

Emigranten aus der Türkei eingetroffen seien.

Italien.

Die Einnahmen aus den Zöllen, dem Salz⸗ Monopol, den Schiffahrtsabgaben und den Steuern vom Geschäftsbetriebe überstiegen für das erste Semester des laufenden Etatsjahres den Voranschlag.

Türkei⸗

Die türkische Regierung hat die Wahl Matheos Is⸗ mirlian's zum Patriarchen der gregorianischen Kirche bestätigt. Der Patriarchatsvikar theilte die Wahl telegraphisch dem Katholikos in Etschmiadzin und dem Pa⸗ triarchen Aghtamar in Jerusalem mit. Am Montag wird

ch der neugewählte Patriarch feierlich von Scutari in die Kathedrale von Kumpaku begeben, in welcher die Eidesleistung attfinden soll. Rumänien.

Der Unterrichts⸗Minister Jonesco wurde gestern von einem gewissen Draghicesco thätlich angegriffen, der ihm von rückwärts einen Schlag versetzte. Man bringt dem

W. T. B.“ zufolge die That damit in Verbindung, daß Draghicesco bei der Bewerbung um eine Professur am Lyceum zum dritten Mal unterlegen sei. Der Thäter gilt übrigens als geistesgestört. Die Untersuchung ist eingeleitet. 8

Serbien. Die Verhandlung gegen Sima Djakowic und Genossen

1 egen geplanter Vergiftung des Königs Alexander ist gestern.

beendigt worden. Das Urtheil wird gleichzeitig mit dem Ur⸗ theil im Prozeß Cebinac am 12. d. M. veröffentlicht werden.

Bulgarien.

Zankow ist von Belgrad nach Sofia abgereist, nachdem er und Lukanow von dem Minister⸗Präsidenten Stoilow telegraphisch die Ermächtigung zur Rückkehr nach Bulgarien

rhalten hatten. 8

Nach einer Meldung der „Kölnischen Zeitung“ aus Sofia

on gestern hätte der militärische Untersuchungsrichter die

Verhaftung Stambulow's beschlossen, gegen den einige Zeugen in dem Prozeß gegen Ila Georgiew ausgesagt hätten, daß er an der Ermordung des Ministers Beltschew betheiligt gewesen sei. Der „Neuen Freien Presse“ zufolge befinde sich Stambulow noch auf freiem Fuß; die bulgarische Regierung solle von den Vertretern einiger Großmächte darauf aufmerksam gemacht worden sein, daß weitere Ver⸗ folgungen Stambulow’s Bulgarien nur Schaden bringen

könnten. G 8 Amerika. 8 8

Im Senat brachte, wie „W. T. B.“ aus Washington erichtet, Quay ein Amendement zu den Abänderungs⸗ orschlägen zur Tarifbill ein. Bieses neue Amendement vill die Einkommensteuer beseitigen und an deren Stelle den Artikel des Mac Kinley⸗Tarifs über den Wollzoll wieder⸗ herstellen. 8 18

theilzunehmen.

Der „Times“ wird aus Buenos Aires von gestern gemeldet, im Senat habe Garcia eine Resolution ein⸗ gebracht, durch welche der Präsident von Argentinien Luis Saenz Pena für unfähig erklärt wird, die Präsident⸗ schaft fortsagahr e. Als sich bei zweimaliger Abstimmung Stimmengleichheit herausgestellt habe, habe der Senats⸗ Präsident seine entscheidende Stimme gegen die Resolution ab⸗ gegeben. Garcia beabsichtige, den Angriff auf den Präsidenten in einigen Tagen zu erneuern.

In Paris sind Meldungen aus Lima eingetroffen, wonach die Regierungstruppen die Anhänger Pierola's in der Provinz Junin geschlagen hätten. . Aus Tientsin wird der „Times b dem 2. d. M. gemeldet: Die chinesischen Gesandten würden in zehn Tagen nach Japan abreisen und in Kobe mit dem amerikanischen Delegirten Foster zusammentreffen. Von chinesischer Seite werde behauptet, daß die Japaner unter der Kälte stark zu leiden hätten.

Die „Italia militare“ schreibt: Der General Baratieri habe mit seinen Truppen Aduah wieder verlassen, um nach Asmara und Keren zuruckzukehren, nachdem er sich von der niederschmetternden Wirkung seiner Erpedition überzeugt und die vollste Versicherung der Freundschaft und Unterwerfung seitens der Geistlichkeit und der Häuptlinge in Aduah empfangen habe. Mangascha solle Schritte gethan haben, um die guten Be⸗ ziehungen zu Italien wieder anzuknüpfen. Es beständen keinerlei Anzeichen dafür, daß die Derwische einen Angriff planten; sie könnten auch jetzt keine ernste Unternehmung ver⸗ suchen, weil es ihnen beim Verlassen ihrer Stellungen an Lebensmitteln und Wasser fehlen würde. 8

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Massowah von gestern gemeldet: Der General Baratieri sei vorgestern mit allen seinen Streitkräften auf dem Rückmarsche von Aduah in Adiquala (2) an dem italienischen Ufer des Mareb ein⸗ getroffen. Die Kompagnien der Miliztruppen, die Baratieri bei sich habe, hätten eine vorzügliche Haltung, ebenso wie die Kompagnien des stehenden Heeres, gezeigt. In Kassala herrsche vollständige Ruhe.

Aus Aden meldet die „Agenzia Stefani“, daß der König Menelik den aus Schoa eingetroffenen Nachrichten zufolge sich Mitte November mit Ras Alula nach Süden begeben habe, um an einer auf drei Wochen bemessenen Expedition Nach seiner Rückkehr wolle Menelik sich nach Borumsched begeben. Man glaube in Schoa, er werde bis Wolamo vordringen. In Gurage habe zwischen Truppen Menelik's und Ras Mikael's ein Scharmützel stattgefunden. Die „Tribuna“ meldet: In Schoa werde eine französische Kommission erwartet; deren Führer Moudon habe die Nachricht verbreiten lassen, er komme als offizieller französischer Vertreter und werde drei Monate in Schoa bleiben. Der König Menelik solle die französische Kommission eingeladen haben, bis zur Rückkehr von seiner Expedition in den Süden in Harrar zu bleiben.

Eine Depesche Le Myre de Vilers' aus Sansibar vom 2. Januar sagt, die Regierung der Howas habe in Ant⸗ wort auf seine Mittheilung vom 1. Dezember gegen die Ein⸗ nahme von Tamatave protestiert, die eine Verletzung des Vertrages sei, und mache Frankreich für die Folgen verant⸗ Le Myre de Vilers fügt hinzu, er habe nicht ge⸗ antwortet und werde am 21. d. M. in Frankreich eintreffen.

Ein Telegramm des Befehlshabers der Flottenstation auf Madagaskar zeigt an, daß die Besetzung von Tamatave gesichert sei. Ein Engländer Namens Lornet ist 12 km von Tamatave entfernt von den Howas ermordet worden.

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Nr. 1’ der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 3. Januar hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera uü. s. w.). Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera zc. Desgl. gegen Pest. Aus dem statistischen Jahrbuche von Wien, 1892. Typhus in Marseille. Gesundheitszustand in Niederländisch⸗Indien, 3. Viertel⸗ jahr. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Schweineseuchen⸗Statistik. (Sachsen). Chemische Zentralstelle für öffentliche Gesundheits⸗ pflege. (Württemberg). Apotheken und Arzneien. (Baden). Nahrungsmittel⸗Chemiker⸗Prüfung. (Mecklenburg⸗Schwerin). Schweineseuchen⸗Bekämpfung. (Sachsen⸗ Meiningen). Ge⸗ bühren für gerichtsärztliche Sachverständige. (Sachsen⸗Alten⸗ burg). Getrocknete Aepfel. Schweineschmalz. (Oester⸗ reich)h. Schweizerpillen. Pollack'sche Weinessenz. Verstärkungs⸗ essenzen für gebrannte geistige Getränke. (Großbritannien). Schweine⸗ märkte. (Rumänien). Veterinärdienst. Gang der Thierseuchen in Rußland, 1. März bis 19. August. Desgl. in Bulgarien, 1. Juli bis 30. September. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Deutsches Reich, Belgien). Rechtsprechung. (Landgericht Hagen). Hühneraugenmittel. Vermischtes. (Preußen, Berlin.) Kokskörbe zum Austrocknen von Neubauten. (Hessen). Chemisches Unter⸗ suchungsamt zu Darmstadt, 1890/92. (Niederlande). Gesundheits⸗ dienst in Amsterdam, 1893. (Norwegen). Irrenhäuser, 1892. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. 2½5Q☚. und Bodenwärme in Berlin und München, No⸗ vember

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Zuwid erhandlung gegen eine landespolizeiliche Ver⸗ ordnung, wonach jeder, der Rindvieh in die dort bezeichnete Zone, oder innerhalb der Zone über die Grenze einer Stadt⸗ oder Dorf⸗ feldmark treibt, Ursprungsatteste für das Vieh besitzen muß, macht, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 27. Oktober 1894, im Gebiet des preußischen Allgemeinen Landrechts gemäß § 25 I1 6 den Thäter für den bei Gelegenheit seiner Nicht⸗ beachtung der erwähnten Verordnung entstandenen Schaden haftbar. Hat der Zuwiderhandelnde das Vieh in die Zone hinein⸗ getrieben und seinem Abnehmer übergeben und hat so⸗ dann dieser das Vieh, ohne die erforderlichen Ursprungs⸗ atteste zu besitzen, innerhalb der Zone über die Grenze einer anderen Feldmark getrieben, so haftet für den sodann eintretenden Schaden der Abnehmer und nicht der erste Zuwiderhandelnde. Der Viehhändler J. hatte der Gutsbesitzerin v. E. zu Ober⸗W. 30 Kühe verkauft und geliefert. Die Käuferin behielt vom Kaufpreis einen Betrag von 5000 ein, indem sie behauptete, daß Verkäufer

ihrem Gute mit seinen Kühen die Maul⸗ und Klauenseuche zugeschleppt

habe, wodurch sie einen Schaden von mindestens 5000 erlitten habe. Das Gut der Käuferin liegt im Amtsbezirk P., und sowohl dieser Bezirk als auch die benachbarte Stadt G. gehören zu einer durch landespolizeiliche Verordnung gesperrten Zone, in welche und innerhalb welcher über die Grenze einer Stadt⸗ oder Dorffeldmark Vieh ohne Ursprungsatteste nicht getrieben werden darf. Der Viehhändler J. war nun hinsichtlich einer der 30 Kühe nicht im Besitz der Ursprungsatteste gewesen. Seine Klage gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreisrestes von 5000 wurde vom Landgericht abgewiesen, mit der Ausführung, daß der Kläger, der sich durch die unvollständige Lieferung von Ursprungsattesten nach § 328 Strafgesetzbuchs strafbar gemacht, nach den §§ 25, 26 I16 A. L.⸗R. die Vermuthung gegen sich habe, die Seuche und zwar schuldvoll ein⸗ geschleppt zu haben, daß er diese Vermuthung nicht widerlegt habe und deshalb für den Schaden als unmittelbaren Schaden 26 16) hafte. Kläger legte Berufung ein und begründete sie damit, daß er bestritt, die Kühe in Ober⸗-⸗W. abgeliefert zu haben, vielmehr behauptete, sie schon in der Stadt G. an Leute der Käuferin übergeben zu haben. Diesen Einwand erachtete das Be⸗ rufungsgericht für unerheblich. Auf die Revision des Klägers hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend aus⸗ führte: „Es läßt sich nicht bestreiten, daß die Beklagte gegen die er⸗ wähnte landespolizeiliche Verordnung gefehlt hat, wenn sie für den Transport der Kühe von G. nach ihrem Gut Ober⸗W. verantwortlich ist, was davon abhängt, ob ihr die Kühe bereits in G. übergeben worden sind und ob der Weitertransport auf ihre Disposition zurückzuführen ist. Denn solchenfalls besaß sie ebenso wenig wie bis dahin der Kläger bei dem Weitertrans⸗ port vollständige Ursprungsatteste und der Transport ging über die Grenze mindestens einer Feldmark hinüber. Hat aber sie und zwar zeitlich nach der unerlaubten Handlung des Klägers, selber eine unerlaubte Handlung begangen, auf die, wie hier nicht zweifel⸗ haft sein könnte, der Thatbestand der 8 den §§ 25, 26 I. 6 Allgemeinen Landrechts aufgestellten Vermuthung zutrifft, daß bei dieser Gelegenheit ein Schade entstanden sei, so läßt sich die Kon⸗ sequenz nicht abweisen, daß damit die gegen den Kläger sprechende Vermuthung widerlegt und ausgeschlossen wird. Die nach dem Gesetz zu vermuthende Kausalverbindung zwischen dem Schaden und der Handlung des Klägers würde unterbrochen sein, wenn sich zwischen die Handlung und die muthmaßliche Wirkung die Handlung eines anderen einschiebt, mit der das Gesetz dieselbe Vermuthung verbindet.“ (170/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Zum Zwecke der polizeilichen Revisionen der Maße und Gewichte von Gewerbetreibenden, wie solche gesetzlich vorge⸗ schrieben sind, darf, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 20. September 1894, die Polizeibehörde nur in solche Lokalitäten eindringen, in denen ein öffentlicher Gewerbeverkehr stattfindet, in denen Waaren für Jedermann feil⸗

ehalten oder verkauft werden. Damit sind von der Unter⸗ diejenigen Räume ausgeschlossen, wo ein derartiger öffentlicher Verkehr nicht stattfindet, der Gewerbetreibende vielmehr nur seine Waaren anfertigt. Diese Räume darf der Polizeibeamte behufs Vornahme der Revision ohne die Erlaubniß des Gewerbetreibenden nicht betreten. Auf die Veranlassung des zuständigen Amtsvorstehers begab sich der Gendarm in das Geschäftslokal des Bäckermeisters R., um daselbst eine polizeiliche Maß⸗ und Gewichsrevision abzuhalten. Als der Gendarm in die Backstube des R. eintreten wollte, um die daselbst befindlichen Gewichte zu revidieren, weigerte sich R. ihn in die Backstube einzulassen. Der Amtsvorsteher forderte nunmehr durch eine Verfügung unter Strafandrohung den R. auf, dem Gendarmen die in der Backstube befindlichen Gewichte zur Revision vorzulegen. R. erhob hiergegen Klage, welche in beiden Instanzen abgewiesen wurde. Auf die Revision des Klägers hob das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht die Vorentscheidung auf und wies die Sache an den Bezirksausschuß zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurück, indem es begründend ausführte: „Es handelt sich nicht um die Durchsuchung der Wohnung. und anderer Räume desjenigen, welcher als Thäter oder Theilnehmer einer strafbaren Handlung oder als Begünstiger oder Hehler ver⸗ dächtig ist, sondern um die polizeiliche Revision der Gewichte, nach denen öffentlich verkauft wird, insbesondere darum, ob ein Polizei⸗ beamter befugt ist, nicht nur die Räume, in denen öffentlich verkauft wird, sondern auch andere Räume, in denen ein solcher Verkauf nicht stattfindet, gegen den Willen des Gewerbetreibenden zu betreten, um eine Revision der Gewichte vorzunehmen. Gegenüber dem Art. 6 der Verfassungsurkunde, welcher lautet:

„Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in dieselbe und Haussuchungen sowie die Beschlagnahme von Briefen und eh. sind nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen gestattet“,

muß der Polizeibehörde eine gesetzliche Vorschrift zur Seite stehen, die sie ermächtigt, in die Wohnung des Klägers, zu welcher auch⸗ seine Geschäftsräume gehören, einzudringen. Nach den Vorschriften der Maß⸗ und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816 und der Kabinetsordre vom 28. Juni 1827 sowie der Verordnung vom 13. Mai 1840 und dem Gesetz vom 24. Mai 1853 ist die Polizei⸗ behörde befugt, ‚die Maße und Gewichte, wonach öffentlich verkauft wird, zu untersuchen“, oder, wie § 3 der Verordnung vom 13. Mai 1840 besagt, „auf die Beachtung der Bestimmungen der in Gemäßheit des § 19 der Maß⸗ und Gewichtsordnung dur Untersuchung der in den Gewerbslokalen vorhandenen Maße und Gewichte zu machen“. Das Wort „Gewerbslokal“ bedeutet aber nicht jedes Lokal, wo ein gewerblicher Betrieb stattfindet, sondern soviel als im § 12 der Maß⸗ und Gewichtsordnung wonach „wer irgend eine Waare für jedermann feil hält, sich bei dem Verkauf keines anderen als gehörig gestempelten Maßes und Gewichts bedienen, auch selbst in seinem Laden oder in seiner Bude keine ungestempelten Maße oder Gewichte haben darf“, die Worte „Laden oder Bude“, wo Waaren für jedermann feil gehalten werden, also soviel als „Verkaufslokal“ im Zirkularreskript vom 12. Februar 1836. Demgemäß kam es im vorliegenden Falle darauf an, ob die Backstube des Klägers zugleich als Verkaufslokal diente oder nicht.“ (III 1027.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Das Wirthschaftsjahr 1894.

Der Jahresbericht der Handelskammer zu Hamburg über das Jahr 1894 äußert sich über die allgemeine Geschäftslage im wesentlichen folgendermaßen: Die wirthschaftliche Entwicklung Ham⸗ burgs im Jahre 1894 hat sich in ruhigen Bahnen Solh. Für eine Reihe von Geschäftszweigen dauerte die Ungunst der Lage fort; für andere trat zwar eine Besserung ein, hielt sich jedoch in be⸗ scheidenen Grenzen. Eine unternehmungslustige Stimmung konnte nirgends aufkommen; mehr als je schien die Anwendung großer Vor⸗ sicht geboten, und nur die angestrengteste Arbeit vermochte dem Ge⸗ schäftsverkehr einen Gewinn abzuringen. Von wesentlicher Bedeutung war das weiterr Sinken der Preise vieler und wichtiger Waaren; so er⸗ reichten die großen Artikel Getreide, Zucker, Spiritus, Baumwolle und manche andere von geringerer Bedeutung einen so tiefen Preisstand wie nie zuvor. Unter dieser rückgängigen Konjunktur, die unter anderem eine Schwächung der Kaufkraft der landwirthschaftlichen Bevölkerung be⸗ wirkte, hatte natürlich auch der Handel zu leiden; doch dürfte der Umfang des Verkehrs im ganzen nicht abgenommen haben. Bereits im 28 1893 hatte der Raumgehalt der in Hamburg angekommenen Seeschiffe insgesammt 5 886 378, darunter im Verkehr mit außer⸗ deutschen Häfen 5 405 355 Registertonnen betragen. Mit letzterer Ziffer war eine Höhe erreicht, hinter der zum ersten Male der Verkehr

die Ber

Liverpools mit außerenglischen Häfen zurückblieb. 1894 erfuhr der Verkehr in Hamburg eine weitere Steigerung und wird in diesem Jahre gegenüber dem Vorjahr 3 bis 400 000 e mehr betragen. Dementsprechend wird voraussichtlich auch der Waarenverkehr Hamburgs mit dem Ausland sowohl für die Ausfuhr wie für die Einfuhr eine Zunahme aufweisen. Während des ganzen Jahres und auf⸗ fallender Weise besonders in den letzten Monaten war das Geld flüssig und der Zinsfuß sehr niedrig. Während der Verkehr mit Rußland durch den neuen Handelsvertrag von den Schädigungen des Zollkrieges befreit und wesentlich gefördert wurde, war im Verkehr mit Portugal und Spanien der Mangel geregelter handelspolitischer Beziehungen zu beklagen. Der Verkehr mit der Levante, Griechen⸗ land, Türkei, Kleinasien und Egppten hat sich infolge der verbesserten Schiffahrtsverbindungen außerordentlich gehoben. In dem bedeutenden Wirthschaftsgebiet der Vereinigten Staaten von Amerika ist eine Erholung von der Krisis des Jahres 1893 nur zum theil eingetreten. Der Handel mit jenem Lande wird durch die schwankende und unberechenbare Zollpolitik erschwert. Brasilien hat eine Zeit schwerer innerer Wirren verhältnißmäßig leicht überwunden. Eine ungemein reiche Kaffee⸗Ernte trägt zur schnelleren Heilung der durch den Bürgerkrieg geschlagenen Wunden erheblich bei. Demgemäß erfreut sich der Handel großer Lebhaftigkeit, und Deutschlands Ausfuhr nach den hauptsächlichen brasilianischen Proxigzen hat einen erneuten Aufschwung genommen. Argentinien hat sich noch immer nicht von seiner schweren Finanzkrisis erholt; an⸗ der Einfuhr für den gewöhnlichen Gebrauch der zunehmenden Be⸗ völkerung hat Deutschland seinen hervorragenden Antheil behauptet. Der . China und Japan ausgebrochene Krieg hat bisher auf den mit jenen Ländern betriebenen Handel, an dem Hamburg einen so erheblichen Antheil hat, keinen wesentlichen Einfluß auszuüben ver⸗ mocht. Einen erfreulichen Aufschwung nimmt die wirthschaftliche Ent⸗ wickelung in Süd⸗Afrika. Am günstigsten hat sich Transvaal, wo auch das Geschäft mit Deutschland im Aufblühen begriffen ist, ent⸗ wickelt. Unsere deutschen Kolonien entwickeln sich langsam, aber stetig. Der Tabackbau in Neu⸗Guinea nimmt zu und liefert eine vor⸗ zügliche Waare. Das Togogebiet weist eine Zunahme des Handels⸗ verkehrs auf. Die Handelskammer zu Lübeck spricht sich über die allgemeine Lage und die Entwickelung des Geschäfts folgendermaßen aus: Die be⸗ scheidenen Hoffnungen, die der Handel und Verkehr hier auf das nunmehr ver⸗ flossene Jahr gesetzt hatten, sind im Laufe des Jahres zum größten Theil in Erfüllung gegangen und auf den Gebieten, wo das nicht der Fall gewesen ist, erscheint wenigstens die Aussicht auf zukünftige Erfolge gesteigert und gesichert. Gegenüber dem Rückgang oder Stillstand, den das Jahr 1893 zeigte, bedurfte es keines großen Aufschwung), um das Jahr 1893 zu über⸗ flügeln; immerhin aber ist es befriedigend, daß eine Besserung im Handel und Verkehr wirklich eingetreten ist und daß das Jahr 1894 über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre steht. Fördernd trat besonders der Abschluß des russisch⸗deutschen Handelsvertrags auf. Ein günstiger Einfluß dieses Handelsvertrags auf den Verkehr Lübecks ist bemerkbar; daß der Gewinn, den Lübecks Handel und Schiffahrt davon zog, nicht noch größer war, lag an besonderen Umständen: die reiche Ernte Deutschlands und anderer Länder ist der Grund gewesen, daß der Getreidehandel in Lübeck und im allgemeinen nicht die erwartete Lebhaftigkeit gewann. Die Aufhebung des Identitätsnachweises hat die ostpreußischen Häfen begünstigt und ihren Getreideverkehr und Absatz wesentlich gehoben. Durch den Wegfall der Zollermäßigung, die vor dem Abschluß des Handelsvertrages für einige wichtige Waaren bei der Einfuhr zur See nach Rußland bestand, wurde der Verkehr über Lübeck zur See nach Rußland beeinträchtigt. Mit der Erstarkung der Handelsbeziehungen und der dadurch bewirkten Ver⸗ mehrung des Absatzes nach Rußland und des Eintritts eines größeren Bedarfs an russischen Erzeugnissen wird auch auf eine weitere und erheblichere Zunahme des Lübecker Handels und Verkehrs zu rechnen sein. Das weitere große und voraussichtlich noch folgenreichere Er⸗ eigniß des vorigen Jahres bildet der durch den Vertrag 8S Preuße und Lübeck endgültig besiegelte Beschluß, den lange ersehnten Elbe⸗Trave⸗Kanal nunmehr zu bauen. Wie die Einfuhr und Ausfuhr Deutschlands sich im Jahre 1894 nicht unerheblich gehoben hat, weisen auch die. bisherigen vorläufigen Er⸗ mittelungen über die Einfuhr und Ausfuhr Lübecks, im ganzen ge⸗ nommen einen Zuwachs nach. Bestätigt werden sie durch die höhere Zahl der und abgegangenen Schiffe. Alles in allem genommen, hak die Schiffahrt sich im Jahre 1894 dem Raumgehalt nach um 10 vom Hundert gehoben. Ferner hat auch der Verkehr zu Lande, auf den Bahnen der Lübeck⸗ Büchener Eisenbahn⸗Gesellschaft, und zwar sowohl der Personen⸗ verkehr als auch der Güterverkehr eine Zunahme erfahren. Der Verkehr Lübecks mit Dänemark zeigt, obgleich noch keine genaue Uebersichten über den Waarenumsatz vorliegen, durchschnittlich ein ähnliches Bild wie in den voraufgehenden Jahren. Die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh hat zugenommen und den zwischen dänischen Häfen und Luͤbeck verkehrenden Dampfern lohnende Beschäftigung geboten. Bei der Ausfuhr nach Dänemark steht das Speditionsgeschäft voran, doch unterhält auch der Lübecker Eigen⸗ handel Verbindungen mit Dänemark. Die gesammte Einfuhr von Schweden nach Lübeck, die 1893 etwas zurückging, dürfte sich im Jahre 1894 annähernd auf der durchschnittlichen Höhe der letzten Jahre gehalten haben. Die regelmäßigen Schiffsverbindungen nach Schweden haben eine weitere Ausdehnung gewonnen und die Ausfuhr dahin ist dement⸗ sprechend größer gewesen. Die Einfuhr von Finland hat sich infolge der Aufhebung des Jollzuschlags nach Abschluß des Handelsvertrags wieder von dem Rückgang, den der Zollkrieg nach sich zog, erholt. Die Ausfuhr nach Finland hat nach Abschluß des Handelsvertrags mit Rußland, der auch den Fortbestand der bisher gültigen Zölle in Finland auf weitere fünf Jahre siccherte, allmählich ihre frühere Gestalt wiedergewonnen. Es zeigte sich bald lebhafte Nachfrage, namentlich nach allen deutschen Erzeugnissen. Die Einfuhr aus Rußland hat sich nach dem Abschluß des Handels⸗ vertrags wieder gehoben; namentlich ist mehr eingeführt von Roggen und Gerste; eine außerordentliche Steigerung hat ferner die Einfahr von Hafer erfahren. Die Ausfuhr nach Rußland hat sich gleichfalls wesentlich gehoben, namentlich von Maschinen und Maschinentheilen, Eisen und Stahl und Baumwolle. Der Verkehr mit den deutschen Ostseehäfen begann im Jahre 1894 recht frühzeitig. Spe⸗ ditionsgüter waren für alle deutschen Richtungen recht reich⸗ lich vorhanden; die Dampfer erhielten daher auch meistens Ladung, nur waren die Frachten in der Regel niedrig. Der Verkehr mit dem Inlande und besonders mit den benachbarten deutschen Gebieten ist wieder ein sehr lebhafter gewesen; aber die Geldverhältnisse haben sich wieder verschlechtert. Der Landwirth erhält für das Getreide einen Preis, der nicht mit den Kosten des Lebens und den Löhnen der Arbeiter im Einklang steht. Arbeitsmangel und Geldknapp⸗ heit zeigen sich als die üblen Folgen und die Verbrauchsfähigkeit sinkt.

In Borek bei Prag ist, wie der „Vorwärts“ meldet, in der abrik von Brandeis ein Lohnstreit zwischen den Formern und ießern und ihrem Arbeitgeber ausgebrochen.

schottischen Kohlenbezirken lauten die Nach⸗

1— „Volks⸗Ztg.“ geschrieben wird, fortgesetzt

- V „Ausschuß des schottischen Bergarbeiter⸗Ver⸗

Verb bet den Beschluß gefaßt, den Vorstand des Grubenbesitzer⸗ Grr 32* s, zu ersuchen, eine gemeinsame nationale Konferenz von 8 enarbeitern und Grubenbesitzern zu beschicken, um ein Einigungs⸗ am (coneiliation board) zur Festsetzung der Löhne ins Leben zu rufen. Aus den englischen Kohlenbezirken komaen äͤhnliche 8 Der Grubenarbeiter⸗Verband von Durham hat be⸗ sch Chfn. das geplante Schiedsgericht einzuführen. Die Grubenarbeiter üb üdwales und Monmouthshire haben sich mit den Grubenbesitzern ü 8. die Einführung der sogenannten „gleitenden Lohnskala“ (gliding sCale) geeinigt. In Northumberland und Cumberland beschlossen beit r d nführung von Schiedsgerichten. 88

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Kunst und Wissenschaft.

In der hiesigen Gesellschaft für Erdkunde wird morgen . Dr. W. Kükenthal aus Jena über „eine Fahrt in das nere von Borneo“ sprechen und Major Kurt von Frangois „Bei⸗ träge zur Kenntniß der Verhältnisse in unserem Schutzgebiet Südwest⸗ Afrika“ liefern.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln. 8—

Deutsches Reich. In der Zeit vom 24. bis 31. Dezember 1894, Mittags, wurde, wie in den „Veröffentlichungen des Kaiser⸗ lichen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, aus Einlage, Kreis Danziger Niederung, 1 tödtlich verlaufene Erkrankung bei einem aus Helsingör zugereisten Matrosen angezeigt.

Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden dem „Oest. San.⸗W.“ zufolge vom 17. bis 22. Dezember 1894 56 Erkrankungen und 39 Todesfälle zur Anzeige gebracht.

Rußland. Dem Medizinal⸗Departement wurden vom 1. bis 8. Dezember 1894 folgende Cholerafälle angezeigt: In Lomza vom 18./11. bis 24./11. 38 Erkrankungen und 3 Todesfälle, Kowno vom 18./11. bis 24./11. 10 bezw. 5, Lublin vom 11./11. bis 17./11. 10 bezw. 4, Wolhynien vom 11./11. bis 24./11. 41 bezw. 18, Podolien (einschließlich Nachtrag) vom 18./11. bis 24./11. 359 bezw. 144, Bessarabien vom 18./11. bis 24./11. 19 bezw. 12, Taurien vom 18./11. bis 24./11. 1 bezw. 1, Kiew vom 18,/11. bis 24./11. 29 bezw. 12, Tschernigow vom 18./11. bis 24./11. 9 bezw. 4, Witebsk vom 18./11. bis 24./11. 6 bezw. 3, Pskow vom 11./11. bis 24./11. 4 bezw. 1, Jaroslaw vom 18./11. bis 24./11. 6 bezw. 3, Rjäsan vom 18./11. bis 24./11. 4 bezw. 2, Jekaterinoslaw vom 18./11. bis 24./11. 12 bezw. 7, Tiflis vom 11./11. bis 17./11. 22 bezw. 6, Saratow vom 18/11. bis 24./11. 5 bezw. 5, Tambow vom 18./11. bis 24./11. 39 bezw. 13, Pensa vom 11./11. bis 24./11. 20 bezw. 12. Nach neueren amtlichen Nachrichten wurden folgende Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: im Gouvernement Olonesch vom 18. bis 24. November 7 (4), ferner vom 25. November bis 1. Dezember in den Gouvernements Mohi⸗ lew 6 (2), Pskow (1), Witebsk 39 (16) und Minsk 23 (6), vom 2. bis 8. Dezember in den Gouvernements Grodno 16 (8), Wilna 16 (6) und Kowno 23 (16), vom 10. bis 19. Dezember im Gouvernement Petrikau 21 (5).

Ostindien. Kalkutta. Vom 17. bis 24. November 1894 starben 20 Personen an Cholera.

Französisches Sudangebiet. Einer Nachricht vom 20. De⸗ zember 1894 zufolge sind in Kayes am 6. und 9. Dezember 2 tödt⸗ lich verlaufene Cholerafälle vorgekommen.

Gelbfieber.

Dem „Boletim quinz. de est. dem. san. da cidade do Rio de Janeiro“ zufolge starben in dieser Stadt während der Monate Juli, (August), (September] 14, (12), [3] Personen am Gelb⸗ fieber. An Malaria starben 77, (69), (611[, an Beri⸗beri 24, (9), [5] Personen. Die Gesammtsterblichkeit in Rio de Janeiro be⸗ zifferte sich auf 1010, (1112), (1001]) Todesfälle, oder im täglichen Durchschnitt etwa 33, (36), [33]. Deutsche sind 5, (11), [2] ge⸗ storben. In Hapana betrug, nach dem „Abstr. of sanit. Rep.“ die Zahl der Todesfälle vom 9. bis 15. November 1894 4, vom 16. bis 22. November 3, in Santiago de Cuba vom 11. bis 17. No⸗ vember 2, in San Juan, Puerto Rico vom 8. bis 14. November 1, in Vera Cruz vom 16. bis 22. November 1 und in San Sal⸗ vador vom 10. bis 16. November 43 (bei 51 Erkrankungen). In der im Gebirge gelegenen Stadt Betizogue (Staat Los Andes in Venezuela) sind einer Meldung vom 6. November zufolge ebenfalls Fälle von Gelbfieber vorgekommen, während die Küste des Landes bisher von der Krankheit freigeblieben ist. 85

Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 16. bis 22. Dezember ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 15,6). Auch in dieser Woche blieben unter den Todesursachen akute Ent⸗ zündungen der Athmungsorgane vorherrschend, wenn auch der Verlauf in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein günstiger war. Erkrankungen an Grippe kamen gleichfalls nicht selten zur Be⸗ obachtung und wurden 5 Todesfälle infolge von Grippe berichtet. Dagegen zeigten sich akute Darmkrankheiten nur in beschränkter Zahl als Todesursachen. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine kleine; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 47 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unterleibstyphus selten. Erkrankungen an Masern und Scharlach wurden etwas zahlreicher, an Diphtherie etwas seltener zur Anzeige gebracht und zwar zeigten sich Masern im Stralauer Viertel, in der Oranienburger Vorstadt und auf dem Wedding, Erkrankungen an Scharlach im Stralauer Viertel, Erkrankungen an Diphtherie im Stralauer Viertel, der Oranienburger Vorstadt, in Moabit, auf dem und ganz besonders in der Rosenthaler Vorstadt sehr zahl⸗ reich. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 4 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden etwas weniger, Er⸗ krankungen an Keuchhusten etwas mehr beobachtet. Auch rheumatische Beschwerden aller Art, namentlich rheumatische Erkrankungen der Muskeln, wurden häufiger zur ärztlichen Behandlung gebracht.

1 Haäandel und Gewerbe.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank wurden im Monat Dezember 1894 1 633 870 300 abgerechnet gegen 1 616 005 600 im Monat November 1894, 1 509 563 100 im Dezember 1893, 1 494 131 300 im Dezember 1892, 1 474 263 500 im Dezember 1891 und 1 677 785 900 im Dezember 1890.

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Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks n der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 3. d. M. gestellt 10 004, nicht rechtzeitig

gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 2. d. M. gestellt 5531, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

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Alusweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht⸗ viehmarkt vom 2. Januar 1895. Auftrieb und Marktpreise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 139 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität ℳ, II. Qualität ℳ, III. Qualität 96 106 ℳ, IV. Qualität 90 949 Schweine. Auftrieb 4678 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 102 104 ℳ, Landschweine: a. gute 98 100 ℳ, b. geringere 94 96 ℳ, Galizier ℳ, leichte Ungarn bei 20 % Tara, Bakonyer bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 483 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qual. 1,36 1,44 ℳ, II. Qual. 1,20 1,34 ℳ, III. Qualität 1,10 1,18 Schafe. Auftrieb 544 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) 1. Qualität 0,96 1,12 ℳ, II. Qualität 0,80 0,92 ℳ, III. Qualität

Die Annoncen⸗Expedition von Rudolf Mosse hat, wie alljährlich, so auch für 1895 einen großen Zeitungs⸗Katalog und Insertions⸗Kalender ndet. Die diesmalige Ausgab

eine vollkommene Umgestaltung erfahren. Praktische und Schönheits⸗ gründe haben dazu geführt, dem Katalog ein Großquartformat zu geben und ihn als Pultmappe, Schreibunterlage und Notiz⸗Kalender zu gestalten. Diese Idee ist mit Geschmack durchgeführt worden. Der Katalog hat wesentlich an Uebersichtlichkeit gewonnen und zeigt wieder die praktischen Einrichtungen, die ihn zu einem nützlichen Handbuch machen.

„— Die Betriebseinnahmen der Ostpreußischen Südbahn im Dezember 1894 betrugen nach vorläufiger Feststellung im Personen⸗ verkehr 71 251 ℳ, im Güterverkehr 311 343 ℳ, an Exrtra⸗ ordinarien 20 000 ℳ, zusammen 402 594 ℳ, darunter auf der Strecke Fischhausen Palmnicken 5089 ℳ, im Dezember 1893 nach vorläufiger Feststellung 371 967 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 30 627 ℳ, im ganzen vom 1. Januar bis 31. Dezember 1894 4 825 614 (vorläufige Einnahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen vorläufig 4 003 792 im Vorjahr, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres mehr 821 822 ℳ, gegen die endgültige Einnahme von 4 206 675 im Vorjahr mehr 618 939

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Die Möglichkeit eines Kohlenmangels in den letzten Tagen des Jahres 1894 ist dadurch ausgeschlossen worden, daß noch in letzter Stunde die beantragte Erhöhung der Lizenz durch die ober⸗ schlesische Kohlenkonvention genehmigt wurde. Die Bestellungen sind jedoch in letzter Zeit derartig spärlich eingegangen, daß es nur ganz wenigen Gruben gelungen ist, die Erhöhung voll auszunützen. Bis zu den Weihnachtsfeiertagen war das Kohlengeschäft noch recht lebhaft, ließ aber dann plötzlich nach und ist augenblicklich sehr flau. Fast auf jeder Anlage hat man Feierschichten einlegen müssen. Indessen hat man noch Hoffnung auf ein reges Geschäft nach Neujahr. Auf der einen oder anderen Anlage geht man mit Vergrößerungen vor, so ist z. B. der Heinrichsschacht auf der Carlssegengrube derartig vergrößert worden, daß nunmehr täglich etwa 20 000 Centner Kohlen gefördert werden können, also fast mehr das als doppelte Quantum der früheren Förderung. Ein beträchtliches Ouantum Kohlen aller Art mußte wieder in die Bestände gebracht werden. Ausgenommen sind Gas⸗ und Kokskohlen, die nach wie vor reichlichen Absatz finden, obgleich die schlechte Eisenkonjunkktur auf letztere Qualitäten nicht ganz ohne Einfluß geblieben ist. Im Koksgeschäft und in der Koksfabrika⸗ tion ist in den letzten Wochen keine Aenderung eingetreten.

.— Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt be⸗ richtet die „Schl. Ztg.“: Das oberschlesische Eisengeschäft verlief in der Weihnachtswoche äußerst ruhig, da sich Konsumenten wie Händler von Bezügen möglichst zurückhielten und sich nur auf die nothwendigsten Anschaffungen beschränkten. Hatte das Roheisen⸗ geschäft vor dem Feste bereits einen sehr matten Gang ge⸗ nommen, so verflaute dasselbe während der Weihnachtswoche noch mehr, und die Roheisenbestände haben auf den Hochofenwerken, da die Abfuhr zu den Walzwerken und Gießereien geringer war, nicht unbedeutend zugenommen. Auch an Alteisen sind große Bestände vorhanden, da die Werke es in den meisten Fäünlen vor⸗ ziehen, Roheisen zu verarbeiten. Auf dem Walzeisen⸗ markt scheint nunmehr eine Besserung eintreten zu wollen; in den letzten Tagen sind die Aufträge auf diverse Sorten Walzeisen zur baldigen Ablieferung zahlreicher eingegangen, und auch seitens der Händler sind mehrere Schlüsse pro 1. Quartal cr. ge⸗ thätigt worden. Auch aus dem Auslande hat sich der Ordreseingang, 8 sonders auf einzelne bevorzugte Marken und Qualitäten, zur Ablieferung pro Januar cr. gehoben. Einzelne Walzwerke haben während der Fest⸗ woche ihre Strecken theilweise nur halb betrieben, theilweise ganz stehen lassen und die Arbeiter inzwischen theils mit Reparaturen, theils mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Ein gleiches ist von den Blechwalzwerken zu berichten, da einzelne wegen Mangels an Aufträgen ebenfalls sehr schwach beschäftigt waren. Die Lage der Stahlwerke, Maschinen⸗ und Kesselfabriken sowie Konstruktionswerkstätten war ebenfalls keine bessere. Im Betriebe der Eisengießereien hat sich in der letzten Woche nichts geändert, dieselben waren, wie schon vorher, ungleich beschäftigt. Im Zinkgeschäft ist neues nicht zu berichten; die Verladung war der Festwoche wegen matt; die Preise blieben dieselben.

„— Die Leipziger Monatsschriftfür Textil⸗Industrie“, die von Theodor Martin in Leipzig herausgegeben wird, ent⸗ hält in dem vorliegenden Heft 12 des 9. Jahrgangs zahlreiche Artikel aus dem Gebiet der Spinnerei, Weberei, Färberei ꝛc. Die Nummer wird auch für weitere Kreise Interesse gewinnen, da mit dem Abdruck einer längeren Artikekreihe über „Die Textil⸗Industrie und ihre Maschinen in den Vereinigten Staaten“ begonnen wird. Diese Auf⸗ sätze rühren von dem Ingenieur Emil Lembcke, dem Direktor der Königlichen Webschule in Krefeld, her. Als Sonderbeilage enthält die Nummer ein Namen⸗ und Sachregister zum Jahrgang 1894.

DieStatistischen Uebersichten, betreffend den aus⸗ wärtigen Handel des österreichisch⸗ungarischen Zoll⸗ gebiets im Jahre 1894“, die vom Statistischen Departement i Kaiserlich⸗Königlichen Handels⸗Ministerium zu Wien zusammengestellt werden, enthalten in dem vorliegenden XII. Heft die Waaren⸗Ei und Ausfuhr im November 1894.

Magdeburg, 3. Januar. (W. T. B.) Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 9,05 9,15. Kornzucker exkl., 88 % Rendement 8,55 8,70, neue 8,60 8,70. Nachprodukte exkl 75 % Rendement 5,80 6,55. Matt. Brotraffinade I. 21,00. Bro raffinade II. 20,75. Gem. Raffinade. mit Faß 20,50 21,50, Ge Melis I, mit Faß 19,50. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Januar 8,55 bez., 8,57 ½ Br., pr. Februar 362 ½ Gd., 8,67 ½ Br., pr. März 8,72 ½ Gd., 8,77 ½ Br., pr. April⸗ Mai 8,85 Gd., 8,90 Br. Matt. 1

Leipzig, 3. Januar. (W. T. T.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 2,82 ½ ℳ, pr. Februar 2,82 ½ ℳ, pr. März 2,82 ½ ℳ, pr. April 2,82 ½ ℳ, pr. Mai 2,85 ℳ, pr. Juni 2,87 ½ ℳ, pr. Juli 2,90 ℳ, pr. August 2,92 ½ ℳ, pr. September 2,92 ½ ℳ, pr. Oktober 2,95 ℳ, pr. November 2,95 ℳ, pr. Dezember ℳ. Umsatz: 5000 kg. f

Bremen, 3. Januar. (W. T. B.) (Börsen⸗Schlußbericht.) Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Petroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 5,30 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middl loko 28 ½ 4. Schmalz. Ruhig. Wilcox 37 ½ ₰, Armour shield 36 ¾ ₰, Cudahy 37 ¾⅞ ₰, Fairbanks 30 ₰. Wolle Umsatz 68 Ballen. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 35 ½, Dezember⸗Januar⸗Abladung —. Taback. Umsatz: 42 Faß Virginy, 111 Seronen Cuba.

„Hamburg, 3. Januar. (W. T. B.) Kaffee (Nachmittags bericht.) Good average Santos pr. März 70 ½, pr. Mai 69 ¼, pr. Sep⸗ tember 69, pr. Dezember 67 ¾. Behauptet.

Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produ Basis 88 % Rendement neue Usance, frei Bord Hamburg pr. Ja⸗ nuar 8,55, pr. März 8,70, pr. Mai 8,87 ½, pr. August 9,07 ½. Matt. Wien, 4. Januar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 24. Dezember bis 31. Dezember 766 665 Fl., Mehr⸗ einnahme 5098 Fl.

London, 3. Januar. (W. T. B.) 96 % Javazucker loko 11 ¾ ruhig, Rüben⸗Rohzucker loko 8 träge. Child⸗Kußfer 4011/16,

pr. 3 Monat 411/⁄16. 8 Liverpool, 3. Januar. (W. T. B.) Offizielle Notie rungen. American good ordin. 2 ¾, do. low middling 2 ⅞, do. middling 3 ½2, do. good middling 3 31⁄16, do. middling fair 3 ⅝, Pernam fair 3 ⅜, do. good fair 313⁄28, Ceara fair 3 ⅛, do. good fair 3¹8⁄16, Egyptian brown fair 311⁄16, do. do. good fair 4 ⁄18, do. do. good 4 ½, Peru vouh. good fair 5 ¼, do. do. good 5; ⅜8, do. do. fine 5 do. moder. rough fair 4, do. do. good fair 4 ⅜, do. do. good 413/16, do smooth fair 35⁄16, do. do. good fair 3 ⁄16, M. G. Broach good 21 ⁄16, do. fine 3 9⁄16, Dhollerah good 2 ⅝, do. fully good 2 ¾, do. fine 2¹5/16,

Zuckerbericht.

Oomra good 2 ⅝, do. fully good 2 ¼, do. fine 21/⁄6, Scinde good ir 2, do. good 2 ½¼, Bengal fully good 2 ⁄¼18, do. fine 2u⸗ 8