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Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.
— Der Reichstag setzte in der heutigen 11. Sitzung, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, die Staats⸗ sekretäre, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Frei⸗ herr von Marschall, der Staatssekretär Nieberding, sowie die Staats⸗Minister Bronsart von Scheklendorff und Schönstedt beiwohnten, die erste Berathung des Gesetzes, betreffend Aenderung und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, des Militär⸗Strafgesetzbuchs und des Gesetzes über die Presse fort. Das Wort erhielt zunächst der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (dkons.): Der Redner drückte die Befriedigung seiner Partei über die Vorlage des Entwurfs aus, der bekunde, daß man davon abgekommen sei, die Sozialdemokraten wie andere Parteien zu behandeln. Der Anspruch derselben, als Arbeitervertretung vorzugsweise zu gelten, sei durchaus unberechtigt; was zu Gunsten der Arbeiter von anderer Seite geschehen sei, habe die sozialdemokratische Partei immer bekämpft und zu hindern gesucht. Die konservative Partei halte für unerläßlich, daß auf dem Wege positiver Reformen fortgeschritten werde, und zwar in der Richtung, daß der Mittelstand durch Organisation des Handwerks gestärkt und daß die Lage der Landwirthschaft gebessert werde. Sie begrüße s mit Freuden, daß vom Regierungstisch aus nicht mehr geringschätzig von der Noth der bandwirthschaft gesprochen werde. Der Zentrums⸗ partei hielt der Redner vor, daß sie früher die Forderung gestellt babe, man möge die Umsturzbestrebungen der Sozialdemokraten auf dem Boden des gemeinen Rechts bekämpfen. Jetzt, da es sich darum handle, diesem Rath zu folgen, kehre sie, getreu ihrer stets be⸗ olgten Taktik, Konzessionen auf heterogenen Gebieten zu er⸗ zwingen, das angebliche Ausnahmegesetz gegen die Jesuiten hervor. Daß das vorliegende Gesetz auch andere politische Parteien als die ozialdemokratische treffen werde, sei ausgeschlossen, denn nur diese erfolge Tendenzen, welche unter die Bestimmungen der Vorlage üelen. Der Kampf müsse endlich energisch aufgenommen werden, nd zwar mit wirksamen Mitteln. Es handele sich nicht nur um einen Geisterkampf, sondern um die Abwehr einer politischen Organisation, die auf die Vernichtung des Staats und der Gesellschaft abziele. Das Haus möge der Vorlage zustimmen; lehne es sie ab, so werde ein iel gewaltsameres Vorgehen unvermeidlich werden.
(Bei Schluß des Blattes spricht der Redner weiter.)
— Die Abgg. Dr. Hasse und Genossen (nl.) haben im Reichs⸗
tage folgende Interpellation eingebracht: „Was gedenkt der Herr
Reichskanzler zu thun angesichts der vielfachen Klagen über den man⸗ elnden Schutz der Deutschen im Auslande, insbesondere in Zentral⸗Amerika?“ 8
Höhe der Schneedecke in Zentimetern am Montag, den 7. Januar 1895, um 7 Uhr Morgens.
Mitgetheilt Königlich preußischen Meteorologischen Institut.
Die Stationen sind nach Flußgebieten geordnet.)
Oestliche Küstenflüsse. Memel (Dange) 23, Tilsit (Memel) 13, Insterburg (Pregel) eilsberg (Pregel) 28, Königsberg i. Pr. (Pregel) 19. Weichsel. Groß⸗Blandau (Bobr, Narew) 10, Czerwonken (Bobr, Tarew) 19, Marggrabowa (Bobr, Narew) —, Klaussen (Pissa) —, Neidenburg (Wkra) 22, Osterode (Drewenz) 12, Altstadt (Drewenz) 9, Konitz (Brahe) 13, Bromberg (Brahe) 15, Berent (Ferse) —, Karienburg (Nogat) —.
Kleine Flüsse zwischen Weichsel und Oder. Lauenburg i. P. (Leba) 16, Köslin (Mühlenbach) 21, Schivelbein (Rega) 16. 1G 8 er.
Leobschütz (Zinna) 12, Ratibor 12, Beuthen (Klodnitz) 17, Oppeln 20, Brand (Glatzer Neisse) 69, Reinerz (Glatzer Neisse) 42, Glatz (Glatzer Neisse) 16, Görbersdorf (Glatzer Neisse) 37, Fried⸗ land (Glatzer Neisse) —, Weigelsdorf (Glatzer Neisse) 17, Rosen⸗ berg (Stober) 10, Breslau 13, Liegnitz (Katzbach) 11, Fraustadt (Landgraben) 9, Grünberg —, Krummhübel (Bober) —, Wang (Bober) 75, Eichberg (Bober) —, Schreiberhau (Bober) —, Warmbrunn (Bober) 14, Bunzlau (Bober) —, Görlitz (Lausitzer Neisse) 13, Frankfurt 11, Ostrowo Warthe) 10, Posen (Warthe) 6, Tremessen (Warthe) 12, Samter (Warthe) 6, Paprotsch (Warthe) — Neustettin (Warthe) —, Deutsch⸗Krone (Warthe) 20, Landsberg (Warthe) 4, Stettin 18, Pammin (Ihna) 10, Prenzlau (Uecker) 17, Demmin (Peene) —.
Kleine Flüsse zwischen Oder und Elbe. Putbus —, Rostock (Warnow) 4, Kirchdorf auf Poel 4, Sege⸗ erg (Trave) 8, Lübeck (Trave) —, Eutin (Schwentine) 3, Schleswig (Schlei) —, Flensburg 4, Gramm (Fladsau) 8, Westerland auf Sylt 3, Wyk auf Fohr 1, Husum 1, Meldorf 1. 1“ Elbe.
Torgau 13, Dessau (Mulde) 8, Rudolstadt (Saale) 17, Jena (Saale) 16, Ilmenau (Saale) —, Stadtilm (Saale) 21, Dingelstädt (Saale) 28, Erfurt (Saale) —, Sondershausen (Saale) 18, Nord⸗ hausen (Saale) 12, Halle (Saale) 14, Klostermansfeld (Saale) —, Bernburg (Saalc) 16, Quedlinburg (Saale) 29, Harzgerode (Saale) —, Magdeburg 15, Neustrelitz (Havel) 26, Kottbus (Havel) 11, Dahme (Havel) —, Berlin (Havel) 14, Blankenburg bei Berlin (Havel) —, Spandau (Havel) 14, Heinersdorf, Kr. Teltow, (Havel) —, Potsdam (Havel) 14, Brandenburg (Havel) 14, Kyritz (Havel) 18, Gardelegen (Aland) 18, Jeetze (Aland) 17, Waren (Elde) 21, Marnitz (Elde) 19, Schwerin (Elde) 6, Uelzen (Ilmenau) 13, Lüneburg (Ilmenau) 10, Neumünster (Stör) 5, Bremervörde (Oste) 7.
Weser.
Meiningen (Werra) 16, Liebenstein (Werra) 23, Fulda (Fulda) —, Altmorschen (Fulda) —, Schwarzenborn (Fulda) 24, Cassel (Fulda) 12, Uslar 12, Bielefeld (Werre) —, Herford (Werre) 14, Scharfenstein (Aller) —, Ilsenburg (Aller) 31, Braunschweig (Aller) 22, Celle (Aller) 11, Göttingen (Aller) 12, Herzberg (Aller) 24, Klausthal (Aller) 71, Seesen (Aller) 29, Hannover (Aller) —, B Oldenburg (Hunte) 3, Elsfleth 4.
Kleine Flüsse zwischen Weser und Ems.
Jever 4. Ems. Gütersloh (Dalke) 12, Münster i. W. 9, Lingen 9,
(Haase) —, Löningen (Haase) 7, Aurich —, Emden 5. Darmstadt 14, Coburg (Main) 21, Frankenheim (Main) Frankfurt (Main) 10, Wiesbaden —, Geisenheim 7, Birkenfeld (Nahe) 14, Schweinsberg (Lahn) 11, Rauschenberg (Lahn) 19, Mar⸗ burg (Lahn) 12, Weilburg (Lahn) 9, Schneifel⸗Forsthaus (Mosel) —, Bitburg (Moseh 10, von der Heydt⸗Grube (Mosel) 17, Trier (Mosel) 4, Neuwied 9, Hachenburg (Sieg) 22, Köln 9, Krefeld 7, Arnsberg (Ruhr) 16, Brilon (Ruhr) 18, Lüdenscheid (Ruhr) 44,
Alt⸗Astenberg (Ruhr) 90, Mülheim (Ruhr) 8, Kleve —, Ellewiek
)—, Aachen (Maaß) 21. 1““
(BVssel)
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Der Höhe von 1 cm Schneedecke entsprachen: 1.7 mm Schmelz⸗
wasser.
am 6. Januar 1895 in Czerwonken — Marggrabowa Neidenburg Altstadt Schivelbein Leobschütz Wang Ostrowo Samter Rudolstadt Nordhausen Potsdam Brandenburg Liebenstein Fulda Schwarzenborn Uslar
Celle Klausthal
v. d. Heydt⸗Grube Neuwied Brilon
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Nr. 1 des „Zentralblatts der Bauperwaltung“, berausgegeben im Ministerium deröffentlichen Arbeiten, vom 5. Januar, hat folgenden Inhalt: Kaiser Wilhelm⸗Denkmal für die Rheinprovinz. — Straßenhochbahn nach dem Schwebebahn⸗System Eugen Langen. — Die Figuren des Heidelberger Schlosses. — Be⸗ seitigung der Drehbrücke bei Hämerten und Einwechselung eines festen eisernen Ueberbaues. — Ueber die Sturmfluth vom 22. und 23. De⸗ zember 1894 an der Nordseeküste. Vermischtes: Preisbewerbung für ein Geschäftshaus in Dresden. — Ehrenbezeigung für den Ge⸗ heimen Regierungs⸗Rath Berring in Koblenz. — Baurath Salbach in Dresden k.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die in Preußen über ein der Kom mune von der Kommunal⸗ Sparkasse gewährtes Darlehn ausgestellte Schuldverschreibung unterliegt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 1. Oktober 1894, nicht dem im Reichs⸗Stempelgesetz vom 29. Mai 1885 für Anschaffungsgeschäfte vorgeschriebenen Stempel. — Die Stadtgemeinde Quedlinburg hatte aus der dortigen städtischen Sparkasse ein mit 3 ½ % verzinsliches Darlehn von 500 000 ℳ entnommen und hierüber eine „Schuldverschreibung“ ausgestellt. Die Provinzial⸗ Steuer⸗Direktion erblickte in dem in dieser Schuldverschreibung enthaltenen Empfangsbekenntniß ein Anschaffungsgeschäft im Sinne der Ziff. 4 A2 des Tarifs zum Reichs⸗Stempelgesetze. Die Stadtgemeinde zahlte die danach von ihr geforderte Stempelabgabe von 50 ℳ und erhob die vorbehaltene Rückforderungsklage. Sie erstritt in beiden Instanzen obsiegliche Urtheile, und die Revision des Steuerfiskus wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es be⸗ gründend ausführte: „Die Sparkasse ist ein „Kommunal⸗Institut“, wie das Gesetz — das Reglement, die des Sparkassen⸗ wesens betreffend, vom 12. Dezember 1838 — selbst sie bezeichnet, keine juristische Person. Die Annahme eines Rechtsgeschäfts zwischen der Gemeinde und der Sparkasse ist sonach von vornherein ausge⸗ schlossen. Die zum Zwecke der gehörigen Sicherstellung der Einlagen unter den Nummern 5—8 des Reglements enthaltenen besonderen Bestimmungen betreffen durchweg innere Einrichtungen der Kom⸗ mune, und eine solche Einrichtung enthält auch die unter Ziffer 8. den Kommunen gestattete „Entnahme von Darlehen aus den Sparkassenfonds“. Die Sparkasse ist aber keine von der Kommune verschiedene juristische Person, sondern, wie die „andern Kassen“, eine Kasse der Stadtverwaltung, welche nach den Ziffern 5 und 6 des Reglements, „damit nicht durch unordentliche Verwaltung die Sicher⸗ heit der Einlagen gefährdet werde, einen besondern, von andern Kassen unvermischt zu haltenden Fonds bilden muß“. Und aus diesem Spar⸗ kassenfonds der Stadtverwaltnng dürfen die Kommunen nach Ziffer 8. des Reglements zu neuen Bedürfnissen unter Genehmigung des Ober⸗ Präsidenten „Darlehen entnehmen“. Dieses „Darlehen aus den Sparkassenfonds entnehmen“ ist kein Anschaffungsgeschäft, d. h. kein auf die Anschaffung des Eigenthums an fremden Sachen gegen Entgelt gerichtetes Rechtsgeschäft“. (81/94.)
— In Bezug auf § 700 II 1 des Preuß. Allg. Landrechts, wonach grobe und widerrechtliche Kränkungen der Ehre den Be⸗ leidigten berechtigen, auf Ehescheidung zu klagen, hat das Reichs⸗ gericht, IV. Zivilsenats, durch Urtheil vom 15. Oktober 1894 aus⸗ gesprochen, daß diese Vorschrift einen böswilligen Angriff gegen die Ehre unter besonders erschwerenden Umständen voraussetzt, daß sie die überlegte Absicht des beleidigenden Theiles erfordert, dem anderen Ehegatten die Achtung, worauf derselbe ver⸗ möge seiner Verhältnisse Anspruch machen könne, zu ent⸗ ziehen und ihm dadurch einen bleibenden Schaden zuzu⸗ fügen, daß aber eine Ehrenkränkung im Sinne des § 700 a. a. O. alsdann nicht vorliegt, wenn die Beleidigung in einem von dem einen Ehegatten an den anderen gerichteten Briefe erfolgt ist. .. . Die überlegte Absicht, dem anderen Ehegatten die Achtung zu entziehen und ihm Schaden zuzufügen, ist nicht vorhanden, wenn die Beleidigung allein dem anderen Ehegatten gegenüber ausgesprochen ist, sodaß nicht andere Personen Zeugen derselben gewesen sind, und namentlich wenn die Absicht des beleidigenden Theiles, die Aeuße⸗ rung zur Kenntniß anderer Personen zu bringen, aus⸗ geschlossen erscheinen muß, welches letztere alsdann der Fall ist, wenn die Aeußerung in einem an den anderen Ehegatten gerichteten Briefe enthalten ist. Dadurch, daß die Beklagte ihre Aeußerungen in einem an den Kläger gerichteten Brief niederlegte, hat sie zu erkennen gegeben, doß sie dieselben nur dem Kläger gegenüber abgeben wollte, nicht aber die Absicht habe, den Inhalt des Briefes auch zur Kenntniß Dritter zu bringen. Der Mangel der letzterwähnten Absicht kann aber dadurch nicht ersetzt werden, daß Kläger selbst diesen Brief im Prozesse vor⸗ gebracht hat“. (109/94.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die Nachtwächter gehören, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 2. Mai 1894, im Sinne der preußischen Verwaltungsgesetze nicht zu denjenigen Polizeibeamten, welche nur zu mechanischen Dienstleistungen verwendet werden, sondern zu denjenigen Polizeibeamten, deren Obliegenheiten im wesentlichen in mechanischen Dienstleistungen bestehen. Die Nachtwächterstellen gehören demnach zu denjenigen, welche nach dem Gesetz vom 21. Juli 1892 den Militäranwärtern ausschließ⸗ lich vorbehalten sind, dagegen bedarf die Anstellung von Nachtwächtern in den Stadtgemeinden der Provinz Schleswiga⸗ Holstein (in welcher gesetzlich [Gesetz vom 14. April 12869, § 89] die Anstellung von Gemeinde⸗Polizeibeamten, welche nur zu mecha⸗ nischen Dienstleistungen verwendet werden, nicht der Bestätigung der Regierung bedürfen) der Bestätigung des Regierungs⸗Präsidenten. — Der Magistrat zu Altona faßte im Juli 1893 den Beschluß, sieben Reservewächter definitiv als städtische Nachtwächter anzustellen und von einer Einholung der Genehmigung des Regierungs⸗Präsidenten abzusehen. Der Ober⸗Bürgermeister 11“ diesen Beschluß, und die vom Magistrat auf Aufhebung der Beanstandungsverfügung erhobene Klage wurde vom Bezirksausschuß abgewiesen. Auf die Berufung des Magistrats bestätigte das Ober⸗Verwaltungsgericht die
Vorentscheidung, indem es begründend ausführte: Gesetzes vom 14. April 1869:
„Diejenigen von der Gemeinde anzustellenden Polizeibeamten welche nur zu mechanischen Dienstleistungen verwendet werden, bedürfen der Bestätigung der Regierung nicht“ — 8
statuiert eine Ausnahme von der Rechtslage in den altländischen Provinzen. Während die Städteordnung vom 19. November 1808 und die Allerhöchste Kabinetsordre vom 17. März 1831 das An⸗ stellungsrecht der Magistrate in den Grenzen der §§ 157 bezw. 96 anerkannten, hatte das Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 eine bewußte Einschränkung herbeigeführt durch die Bestimmung in § 4:
„Die Ernennung aller Polizeibeamten, deren Anstellung den Gemeindebehörden zusteht, bedarf der Bestätigung der Staats⸗ regierung.“
und zwar in Ausführung des im § 1 an die Spitze gestellten Grund⸗ satzes, daß die örtliche Polizeiverwaltung im Namen des Königs geführt werde. Dieses Bestätigungsrecht für alle Hi Eh ist auch durch die Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen der Monarchie vom 30. Mai 1853 nicht berührt worden. — Die Nacht⸗ wächter sind Beamte, welche sowohl der Sicherheitspolizei im allge⸗ meinen, als der Feuerpolizei insbesondere zu dienen und in beiden Be⸗ ziehungen aus eigener Initiative einzuschreiten haben. Ohne freies Ermessen zu üben, würden sie ihr Amt gar nicht verwalten können; so haben sie unter anderem über die vorläufige Festnahme im Fall des § 127 der Straf⸗Prozeßordnung zu befinden. Durch diese Be⸗ rufung zu einem auf öffentlich rechtlichem Gebiet sich bewegenden, jeden⸗ falls Urtheilsfähigkeit und selbst ein bescheidenes Maß von Gesetzes⸗ kenntniß erheischenden Handeln nach freiem Ermessen unterscheiden sich derartige exekutive Polizeibeamte immerhin wesentlich von solchen Dienern, welche, wie Wärter, Boten, Ofenheizer, Pförtner und dergl. sich lediglich in einem Kreise von auftragsgemäß vorzunehmenden geringen Hilfsleistungen bewegen. Die Nachtwächter, um deren An⸗ stellung es sich handelt, können also nicht zu denjenigen Polizei⸗ beamten gezählt werden, welche nur zu mechanischen Dienst⸗ leistungen verwendet werden.. Das Gesetz vom 21. Juli 1892 steht in gar keinem Zusammenhang mit der Be⸗ stätigungsfrage, sondern verfolgt lediglich den Zweck, den Kreis der den Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen zu fixieren. Wenn es dabei den in den Städteordnungen bezüglich der Anstellungsbedingungen vorkommenden Ausdruck von Beamten, welche nur zu mechanischen Dienstleistungen verwendet werden, in der veränderten Form von „im wesentlichen“ mechanischen Dienstleistungen anwendet, so werden jene Klassen zwar umfaßt, aber auch zugseich erweitert und damit den Militäranwärtern eine größere Zahl von Stellen zugewendet, ent⸗ sprechend der vorher erörterten Tendenz des Gesetzes.“ (II. 666.)
Settatistik und Volkswirthschaft.
Alters⸗ und Invaliditätsversicherung.
Bei der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗Anstalt Berlin sind im Laufe des Vierteljahrs Oktober / Dezember 1894 167 Anträge auf Gewährung von Altersrente eingegangen; aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1894 lagen noch 37 Anträge vor, hinsichtlich deren die Entscheidung noch ausstand. Von diesen 204 Anträgen sind bewilligt 143, abgelehnt 32, anderweit erledigt 3 und unerledigt auf das fol⸗ gende Vierteljahr übernommen 26. Bis zum 31. Dezember 1894 waren insgesammt bewilligt an Altersrenten 2713. Von diesen sind ausgeschieden durch Tod 390, aus anderen Gründen 42, zusammen 432, sodaß am 1. Januar 1895 2281 Altersrentenempfänger vorhanden waren.
Innerhalb des gleichen Vierteljahrs sind 353 Anträge auf Ge⸗ währung von Invalidenrente eingegangen und 153 unerledigt aus dem Vorvierteljahr übernommen. Von diesen 506 Invalidenrenten⸗ Anträgen sind 276 bewilligt, 121 abgelehnt, 19 anderweit erledigt, 90 unerledigt auf das folgende Quartal übernommen worden. n Inpalidenrenten sind bis zum 31. Dezember 1894 überhaupt 1468 be⸗ willigt worden. Ausgeschieden sind inzwischen durch Tod 247, aus anderen Gründen 21, zusammen 268; mithin war am 1. Januar 1895 ein Bestand von 1200 Invalidenrenten⸗Empfängern aufzuweisen.
— Bei der Versicherungsanstalt Baden sind kim Monat Dezember 1894 194 Rentengesuche (55 Alters⸗ und 139 Invaliden⸗ rentengesuche) eingereicht und 160 Renten (45 + 115) bewilligt worden. Es wurden 30 Gesuche (9 + 21) abgelehnt, 106 (31 + 75) blieben unerledigt. Außerdem wurden im schiedsgerichtlichen Verfahren zu⸗ erkannt: — Alters⸗ und 3 Jnvalidenrenten.
den einzelnen Jahren seit 1. Januar 1891 sind bewilligt worden:
1“
Altersrenten Invalidenrenten im ganzen 1891: 2 643 — 643 1892: 815 705 1 520 1893: 672 1 094 1 766 1894: 604 1 398 2 002 Renten zusammen 4 734 3 197 7 931 Von diesen 7931 Renten kamen wieder in Wegfall 2044 (1101 + 943), sodaß auf 1. Januar 1895: 5887 Rentenempfänger vorhanden sind (3633 Alters⸗ und 2254 Invalidenrentner). Verglichen mit dem 1. Dezember 1894, hat sich die Zahl der Rentenempfänger vermehrt um 86 (9 Alters⸗ und 77 Invalidenrentner). Die Rentenempfänger beziehen Renten im Gesammtjahresbetrage von 736 648 ℳ 36 ₰ (mehr seit 1. Dezember 1894 10 643 ℳ 12 ₰). Der Jahresbetrag für die im Monat Dezember bewilligten 45 Alters⸗ renten berechnet sich auf 5752 ℳ 20 ₰ und für 118 Invalidenrenten auf 14 448 ℳ 60 ₰, somit Durchschnitt für eine Altersrente 127 ℳ 83 ₰ und für eine Invalidenrente 122 ℳ 45 ₰. (Für sämmtliche bis 1. Januar 1894 bewilligten Renten betrug der durchschnittliche Jahresbetrag einer Altersrente 128 ℳ 93 ₰, einer Invalidenrente 116 ℳ 13 3)
Wohlfahrtseinrichtungen für Arbeiter.
Die Arbeiter der Württembergischen Metallwaaren⸗ fabrik wurden zu Neujahr durch eine Stiftung des Geheimen Kommerzien⸗Raths Siegle in Stuttgart, Vorsitzenden des Aufsichts⸗ raths der genannten Gesellschaft, erfreut. Die Stiftung beträgt, wie dem „St. A. f. W.“ aus Gaislingen geschrieben wird, 60 000 ℳ; ihr Erträgniß wird voraussichtlich für Kranke und Erholungsbedürftige
verwendet werden — unbeschadet der Leistungen der Krankenkasse und des Unterstützungsfonds. 18.
Zur Arbeiterbewegung.
Hier in Berlin haben, wie der „Vorwärts“ „berichtet, die Metalldrücker in der Metallwaarenfabrik von Lewy u. Söhne infolge von Lohnabzügen die Arbeit niedergelegt.
In Birmingham wurde am Dienstag die Jahreskonferenz des Bundes der Bergleute von Großbritannien eröffnet. Die Delegirten vertreten 180 000 Arbeiter. Der Parlamentsabgeordnete Wilson verlas eine Eröffnungsansprache des erkrankten Präsidenten Pickard. Die Rede erwähnte der guten Folgen, die der Ver⸗
söhnungsrath bei dem letzten großen Ausstande gehabt habe. Auf fast 1
zwei Jahre sei der Friede jetzt wenigstens verbürgt.
Aus Amsterdam wird dem „Vorwärts“ über die dortige Bäckerbewegung geschrieben: Die Lohnbewegung der Bäckergesellen, die im November v. J. mit einem siegreichen Ausstand anfing, ist jetzt mit einer Niederlage (der Arbeiter) beendet. Unmittelbar nach dem Ausstande holten die Arbeitgeber Zuzug aus der Provinz und entließen nach und nach die Ausständigen, in einigen Wochen mehr als 80 Gesellen. Die organisierten Gesellen versuchten einen neuen Ausstand, doch folgten die eingeschüchterten Arbeiter nicht. Nur in drei Fabriken war das Personal einstimmig. Im ganzen zählt man jetzt 130 Ausgeschlossene. Diese werden eine
Gesellen⸗Bäckerei gründen, wenn das nöthige Kapital zu beschaffen ist.
„§ 89 Abs. 2 da.
Aus Bu 2 n08 A ires 1 meldet B W. T. B. stand der in der Küstenschiffahrt beschäftigten Verlader und See⸗ leute ist der Verkehr im hiesigen Hafen völlig lahmgelegt.
Kunst und Wissenschaf.
st Die Münchener Künstlervereinigung der Vier⸗ undzwanzig hat gegenwärtig im Kunstsalon von Eduard Schulte eine Sonderausstellung veranstaltet. Von den Be⸗ gründern des Vereins vermissen wir diesmal mit Bedauern L. Dill, den virtuosen Maler venetianischer Kanalveduten, Friedrich Fehr, den Thiermaler Hubert von Heyden, Albert Keller, den genialen Bildhauer Rudolf Maison, 2 Schlittgen, Trübner, Oppler und andere, für die als Ersatzmänner Franz Stuck, Hierl⸗Deronco, Keller⸗Reutlingen, F. Alexander, Landenberger, Thomas und die Bildhauer H. Hahn und Joseph Floßmann eingetreten sind. Die Gesammtphysiognomie der Ausstellung hat dadurch einigen Reiz eingebüßt. Besonders schwer waren die Bildhauer Maison und Oppler zu ersetzen. Hahn ist ein Künstler von recht beachtenswerther Begabung; glückliche, scharfe Beobachtung und enerzische Ausführung vereinigen sich in seinen Bronzereliefporträts zu eindrucksvoller irkung; eine lebendig auf⸗ gefaßte Marmorbüste und ein flott modellierter Thonkopf zeigen den Künstler in allen bildnerischen Techniken gewandt. Ein vu monflischer Glühlichtständer — Prometheus im Frack — ist ein witziger Einfall, aber der Virtuosität im Technischen, wie dem köstlichen sehk Humor der Auffassung Rudolf Maison's lassen sich diese Leistungen nicht ver⸗ gleichen. Auch J. Floßmann's Bronzebüste des Porträtmalers
Samberger ruft den Vergleich mit Oppler's Büste Hubert von Heyden’s nicht zu ihren Gunsten hervor. Die weibliche Halbfigur Hugo Kaufmanns ist eine solide, fein charakterisierte Arbeit, ohne doch besonders tiefen Eindruck zu machen.
Der Führer unter den Malern der Künstlergruppe Fritz von
Uhde läßt in seiner in grünlichem Gesammtton gehaltenen Flucht nach Egypten die Intimität der Empfindung, die h legendarischen Darstellungen sonst auszeichnet, vermissen. Wie die Farbenhaltung, ist auch die Auffassung des Vorganges nicht im Chronikenstil gehalten. Die Staffage der heiligen Familie tritt zurück hinter die in zarte Nebelschleier gehüllte Waldlandschaft. Der Künstler verzichtet auf das ihm sonst so einzig zur Verfügung stehende Mittel, die Gestalten der heiligen Geschichte in persönliche Beziehung zum Beschauer zu setzen. Auch Ha bermann's mwstisch verzückter Kopf einer Heiligen wendet sich ausschließlich an den mahkerischen Gourmet, der Charakter einer interessanten Studie über⸗ wiegt. Franz Stuck, der dem Klub der Vierundzwanzig erst neuerdings beigetreten ist, hat sich nur mit zwei kleineren Arbeiten an der Ausstellung betheiligt: einem leidenschaftlich erregten Frauen⸗ kopf in Kreide, aus einem Zuge geschaffen, und einem zierlich durch⸗ Fühbeten schlichten Mädchenbildniß, das auch in dem primitiven Konturstil und der subtilen Technik den Charaktergegensatz beider Ge⸗ stalten mit künstlerischem Bewußtsein durchführt. Freilich genügen beide Proben nicht, um Stuck's großes Talent zu repräsentieren, so wenig wie Ecter's kleine Landschaft aus der Rheinpfalz ein richtiges Bild von der Bedeutung ihres Schöpfers zu geben vermag. Auch Gotthardt Kühl hat bedeutsamere Leistungen aufzuweisen als jenes Kircheninterieur, das kaum zu seinen Arbeiten zu zählen sein dürfte. Joseph Block, der für die erste Ausstellung der Vierund⸗ zwanzig in Berlin mit besonderem Eifer gewirkt und erst unlängst bei Schulte eines seiner novellistisch zugespitzten Sittenbilder ausgestellt hatte, ist diesmal nur als Bildnißmaler Ersclenen. Von den ungleichartigen Porträts erhebt sich zu tieferer Charakteristik nur dasjenige des Schauspielers Kainz, während die Damenbildnisse meist im koloristischen Problem stecken bleiben. Von diesem halb dekorativen Standpunkt verdienen auch die malerisch vornehmen Bildnisse von Reinhold Lepsius lebhafte Anerkennung; dieses Zusammenstimmen von Gesichtsausdruck, Haltung und Umgebung auf einen, freilich manch⸗ mal etwas müden Ton, kommt besonders in dem großen Frauenporträt von L., das nur durch ungünstige Aufstellung und dadurch bedingte perspektivische Verschiebungen etwas beeinträchtigt wird, vortheilhaft zur Geltung. Ein kleines Kabinetsstück verdient das Kostümbild ge⸗ nannt zu werden, das des Künstlers Gattin, eine Tochter des unlängst verstorbenen Professors Graef, als japanische
Gärtnerin darstellt. Hier verlangt der Beschauer nicht,
jenen Nachdruck auf geistige Charakteristik gelegt zu sehen, den er in
den eigentlichen Porträts L.'s hier und da vermißt. Rein koloristisch faßt auch der Uhdeschüler F. Alexander seine Aufgabe als Porträt⸗ maler, und zwar im Sinne extremer Freilichtmalerei, die ein Frauen⸗ vorträt vielen Besuchern der Ausstellung zum Räthsel macht, während
A. in der Studie eines zeitunglesenden Mädchens beweist, wie viel Gutes er von seinem Meister auch in Bezug auf Charakteristik gelernt hat. Auch die flüchtige, aber fein beobachtete Studie eines Pariser Boulevardiers von Alexander ist in dieser Beziehung dem erstgenannten Damenporträt entschieden überlegen. Sehr schwer macht auch C. Landenberger der Kritik die Aufgabe, zwischen seinen Absichten und den künstlerischen Vorbegriffen des Publikums zu vermitteln. Zweifellos steckt in seinem Freilichtbild „Badende Knaben“ ein tüchtiges Talent, aber die Schlacken der Sturm⸗ und Drangperiode hat der jedenfalls jugendliche Künstler noch nicht abge⸗ worfen. Dagegen läßt sich in zwei Arbeiten von Charles Vetter ein erfreulicher Fortschritt der Entwickelung deutlich wahrnehmen. Von jenen Interieurstudien, die schon auf früheren Ausstellungen den Beschauer nicht recht zur Klarheit über Können und Wollen ihres Schöpfers kommen ließen, bis zu dem flott und farbenfrisch hinge⸗ malten Blick auf eine Münchener Straße ist in der That ein be⸗ deutender Schritt. Interieurs mit pikanter Farbenwirkung im Stil Lesser Ury's hat Hans Borchardt, feine Gouachen mit Motiven aus der modernen Großstadt⸗Gesellschaft Friedrich Wahle beigesteuert. Für den diesmaligen Ausfall an Landschaften von W. Trübner entschädigen die Bilder von Benno Becker und Keller⸗Reutlingen, die dem älteren Genossen zweifellos mehr Anregung verdanken, als ihrer Selbständigkeit ut ist, nur theilweise. Dagegen ist in Victor Thomas dem Bunde der Vierundzwanzig ein frischern Farbentalent beigetreten, der in seinen kleinen Landschaftsbildern unbekümmert um irgendwelche Vorbilder seine eigene Naturanschauung zu Worte kommen läßt. Schließlich sei noch als eines neuen Klubmitgliedes Otto Hierl⸗ Deronco's gedacht, dessen buntfarbiges Frauenporträt auf starke, aber nicht gerade feine Effekte angelegt ist.
So ist das Bild der diesmaligen Ausstellung der Vierundzwanzig nicht ganz so einheitlich und eindrucksvoll, wie bei der ersten Aus⸗ stellung; gleichwohl repräsentieren die dargebotenen Leistungen ein ansehnliches Ka⸗ ital an künstlerischer Kraft, zumal, wenn man berück⸗ sichtigt, daß die hier vertretene Künstlerschaar doch nur enen kleinen Bruchtheil der Münchner Künstlerschaft darstellt. 1“
m elektrisch erleuchteten Vordersaale der Schulte’'schen Kunst⸗ handlung, die für die gebotenen Anregungen des Dankes der Berliner Kunstfreunde sicher sein darf, sind zahlreiche Porträts von G. Sauter in London zu einer Sonderausstellung vereinigt, ausgezeichnet durch fühe breite energische Pinselführung, die mit einfachen Mitteln oft ehr . Wirkung erzielt. Nur vertragen zarte präraphaelitisch auf⸗ gefaßte rauengestalten, wie die beiden weißgekleideten Damenbildnisse zarthun, diese derbe Technik nicht, da derselben ein Hauptreiz, die zierliche feinempfundene Linienführung, fehlt.
d Der Verein Berliner Künstler wählte gestern, da lrektor von Werner die Wiederwahl aus Gesundheitsrücksichten ab⸗ Felehnt hat, den Landschafts⸗ und Marinemaler Professor Ernst Körner zum Vorsitzenden. Die übrigen Mitglieder des Vorstandes wurden v deigeweh lt. o — Un der Humboldt⸗Akademie, deren bisher eröffnete Vortragscyelen und Unterrichtskurse sich größtentheils eines sehr zahl⸗ 85 Besuchs erfreuten, beginnen morgen noch folgende Vor⸗ 5 ungen g Herren und Damen (der erste Vortrag jedes Cyclus g 5 Kursus ist frei): In NW. Georgenstraße 30/31: 7 bis 9 Uhr Abends ofessor Dr. O. Dziobek, Elementar⸗Mathematik II, 7 bis 8 ½ Profess
: Durch einen Aus⸗
Dr. H. Buchholtz, italienische Grammatik, 8 bis 9 Uhr Dazent
E. F. Frey, Goethe’s Frauengestalten in seinen prosaischen Meister⸗ werken; Dozent G. Duncan, M. A. Bellamy's „Feosaischege Metster. (Der Cypeclus von Dr. Botho Graef, griechische Literatur, beginnt wegen Trauerfalls erst am Freitag, 18. Januar.) In W., Lützowstraße 84 d, beginnen morgen Abend: 6 bis 7 Uhr Dozent Ch. Marelle, Cours de prononciation française; 7, bis 8 Uhr Dr. Ad. von Hanstein, Die Zeit des jungen Goethe. Alles Nähere enthalten die Programme, die an den bekannten Stellen unentgeltlich ausgegeben werden. — Am Sonnabend, Abends 8 Uhr findet der 4. „Wissenschaftliche Abend“, NW. Dorotheenstraße 41, 2 Treppen, statt, mit Vortrag von Professor Dr. S. Herrlich: „Die Bedeutung der antiken Kunst für den Unterricht“; hierauf Disputation an der Hand gedruckter Thesen. Karten für Nichtmitglieder in den Bureaux; Zentralhotel, Laden 14, und Potsdamerstraße 116.
— Der Direktor des Polytechnikums in München, Professor Karl Haushofer ist laut Meldung des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage gestorben. Z1“ 11A1A“
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
1 Cholera.
Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden dem „Oest. San.⸗W.⸗ zufolge vom 23. bis 30. Dezember 1894 56 Erkrankungen und 31 Todesfälle amtlich gemeldet. Insgesammt beträgt die Zahl der vom 7. April bis 30. Dezember 1894 in Galizien festgestellten ö 14 975, diejenige der Todesfälle 8238.
Rußland. Vom 8. bis 22. Dezember 1894 wurden dem Medizinal⸗Departement folgende Cholerafälle angezeigt: In Lomza sind vom 25./11. bis 1./12. erkrankt 3, gestorben 5; Petrikau vom 25./11. bis 15./12. 60 bezw. 31; Grodno vom 25./11. bis 8./12. 61 bezw. 35; Kowno vom 25./11. bis 15./12. 40 bezw. 27; Kurland vom 18./11. bis 1./12. 2 bezw. 1; Wilna vom 25./11. bis 15./12. 19 bezw. 9; Lublin vom 18./11. bis 8./12. 25 bezw. 9; Wolhynien vom 25./11. bis 8./12. 32 bezw. 20; Podolien vom 25./11. bis 15./12. 763 bezw. 286; Bessarabien vom 25./11. bis 15./12. 78 bezw. 29; Taurien vom 25./11. bis 8./12. 5 bezw. 3; Kiew vom 25./11. bis 8./12. 61 bezw. 30; Tschernigow vom 25./11. bis 8./12. 18 bezw. 4; Mohilew vom 25./11. bis 8./12. 41 bezw. 13; Minsk vom 25./11. bis 15./12. 24 bezw. 10; Witebsk von 25/12. bis 8./12. 39 bezw. 16; Pskow vom 25./11. bis 17112. 9 bezw. 1; Olonez vom 18./11. bis 24/11. 7 bezw. 4; Jaroslaw vom 25./11. bis 8./12. 6 bezw. 1; Rjäsan vom 25./11. bis 8/12. 27 bezw. 16; Kursk vom 2/12 bis 8./12 5 bezw. 3; Jekaterinoslaw vom 25./11. bis 8./12. 9 bezw. 4; Tiflis vom 18./11. bis 1./12. 10 bezw. 2; Baku vom 11./11. bis 8./12. 8 bezw. 7; Saratow vom 25./11 bis 8,/12. 13 bezw. 7; Tambow vom 25./11. bis 8./12. 3 bezw. 3. Neueren amtlichen Nachrichten zufolge sind im Gouvernement Petrikau vom 16. bis 25. Dezember 1894 4 Erkrankungen und 1 Todesfall angezeigt worden.
Riederlande. Einer Mittheilung vom 30. Dezember 1894 zufolge sind seit dem 8. Dezember Cholerafälle nicht bekannt geworden.
Ostindien. Kalkutta. Vom 10. bis 16. November 1894 starben 19 Personen an Cholera.
Argentinien. Nach einer Mittheilung vom 29. Dezember 1894 ist die asiatische Cholera in der Provinz Santa Fe mit bisher vereinzelten Fällen aufgetreten. In Buenos Aires sind cholera⸗ verdächtige Erkrankungen vorgekommen.
. Flecktyphus. Reg.⸗Bez. Marienwerder. In Cielenta (Kreis Strasburg) sind in der ersten Hälfte des November v. J. 2 weitere Mitglieder der früher erwähnten Familie erkrankt.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb in der Woche vom 23. bis 29. Dezember v. J. ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 14,7). — Unter den Todesursachen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane immer noch sehr häufig zum Vorschein, doch wurde der Verlauf im allgemeinen ein milderer und die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle kleiner. Dagegen kamen Erkrankungen an Grippe etwas seltener zur Meldung, doch wurden noch 4 Todes⸗ fälle infolge von Grippe mitgetheilt. Akute Darmkrankheiten blieben in beschränkter Zahl Todesursache; die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war eine sehr geringe: von je 10 000 Leben⸗ den starben, aufs Jahr berechnet, 38 Säuglinge. — Das Vorkommen der Infektionskrankheiten war meist ein etwas selteneres als in der Vor⸗ woche; nur Erkrankungen an Scharlach waren unwesentlich vermehrt. Am häufigsten zeigten sich Masern im Stralauer Viertel, während das Scharlachfieber aus der jenseitigen Louisenstadt, Erkrankungen an Diphtherie aus dem Stralauer Viertel, der Rosenthaler Vorstadt, aus Moabit und aus dem Wedding am häufigsten zur Anzeige kamen. Erkrankungen an Typhus blieben selten. An Kindbettfieber kamen 3 Erkrankungen zur Kenntniß. Rosenartige Entzündungen des Zell⸗ gewebes der Haut wurden etwas weniger beobachtet. Erkrankungen an Keuchhusten gelangten etwas mehr zur ärztlichen Behandlung. Häufig waren rheumatische Beschwerden aller Art, insbesondere kamen dda Gelenkrheumatismen in gesteigerter Zahl zur ärztlichen Be⸗ andlung.
Handel und Gewerbe.
Der Ausweis der Reichsbank vom 7. Januar zeigt bei einem gesammten Kassenbestand von 1 053 397 000 ℳ gegen Ende Dezember 1894 eine Zunahme von 12 043 000 ℳ; der Metallbestand für sich hat sich in der letzten Woche um 10 627 000 ℳ vermehrt. Die An⸗ lagen in Wechseln mit 558 296 000 ℳ zeigen eine Abnahme von 44 435 000 ℳ, die Anlagen im Lombardgeschäft mit 89 974 000 ℳ eine Abnahme um 10 406 000 ℳ, zusammen beträgt also die Ab⸗ nahme dieser Anlagen 54,8 Millionen Mark. Der Notenumlauf hat sich um 47 192 000 ℳ auf 1 164 040 000 ℳ ermäßigt und die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeien (Girokonto) von 433 966 000 ℳ haben sich um 1 384 000 ℳ vermindert. “
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 11 425, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. „In Oberschlesien sind am 8. d. M. gestellt 4918, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
..“ EEEET* Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 9. Ja⸗ nuar zur Versteigerung das Grundstück: Poststr. 1, Königstr. 1— 6 und Burgstraße 7 „Alte Post“, dem Kaufmann Otto Schincke gehörig; Fläche 4,85 a; Nutzungswerth 85 500 ℳ; Mindestgebot 2 893 200 ℳ; Meistbietender blieb der Kaufmann Fedor Berg, Königgrätzerstr. 9, mit dem Gebot von 3 170 000 ℳ
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Steglitz Band 37 Blatt Nr. 1156 auf den Namen des Fuhrherrn F. Petruschke zu Rix⸗ dorf, Berlinerstraße 42, eingetragene, zu Steglitz, Straße 15, be⸗ legene Grundstück; Fläche 6,98 a; Mindestgebot 590 ℳ; für das Meistgebot von 71 000 ℳ wurde der Schmiedemeister Hein⸗ rich Braschwitz zu Berlin, Wrangelstraße 32, Ersteher. — Das im Grundbuch von Groß⸗Lichterfelde Band 59 Blatt Nr. 1770 auf den Namen des Zimmermeisters Wilhelm Kulisch eingetragene, zu Groß⸗Lichterfelde, Straße 6, belegene Grundstuück; Fläche 8,51 a; Mindestgebot 410 ℳ; für das Meistgebot von 33 300 ℳ wurde der Kaufmann Hermann Franke zu Groß ⸗Lichterfelde, Schillerstr. 23, Ersteher. — Endlich das zu Deutsch⸗Wilmersdorf Band 36 Blatt Nr. 1094 auf den Namen des Malermeisters Th. Rieß und des Restaur teurs H
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Br andt eingetragene, zu Deutsch⸗Wilmersdorf, Uhlandstr. 67,
belegene Grundstück; Fläͤche 6,69 a; für das Meistgebot von 129 000 ℳ
beon der Zimmermeister Aug. Pohl zu Berl „Flemmingstr. 5, rsteher.
— Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stutt⸗ — herausgegeben wird, hat in der Nr. 1 vom 5. Januar folgenden
nhalt: An die Leser des Gewerbeblattes. — Ausstellung für Kunst⸗ gewerbe und Elektrotechnik Stuttgart 1896. — Das Lehrlingsprüfungs⸗ wesen in Württemberg. — Apparat zur Weichmachung und Reinigung des Wassers für industrielle Zwecke. — Verschiedene Mittheilungen. (Gebrauchsmusterschutz. — Abendkochschulen für Fabrikarbeiterinnen in Barmen. — Reinigen von Speise⸗ und Schmieröl durch Elektrizität. — Betrieb elektrischer Klingeln mit Beleuchtungsstrom. — Angelhaken.) — Gewerbliche Rezepte. — Mittheilungen aus dem Vereinsleben. (Handels⸗ und Gewerbeverein Biberach.) — Literarische Erscheinungen. — Neue Erwerbungen für die Bibliothek der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel. — Frequenz der Sammlungen der Zentral⸗ stelle. — Fragekasten. —
— Das „Gewerbeblatt für das Großherzogthum en“, Zeitschrift des Landesgewerbvereins, hat in der Nr. 1 vom
anuar 1895 folgenden Inhalt: Die Verwendung des Leuchtgases zum Kochen und Heizen. — Der Kork und seine Verwendung. — Aus den Ortsgewerbevereinen. Alzey. Babenhausen. Darmstadt. Flonheim. Heppenheim. Langen. Pfungstadt. Roßdorf. Wimpfen. — Verschiedene Mittheilungen. Patente von im Großherzogthum Hessen lebenden Erfindern. Zum Schutz ausgedehnter Massen von Heeregt. Der Zolltarif der Vereinigten Staaten. Kleinere industrielle Mittheilungen. — Literatur. Ernst Jvoachim Frühauf. Grundriß der allgemeinen Waarenkunde.
Königsberg, 9. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen flau. Roggen unverändert, do. pr. 2000 Pfd. Zoll⸗ gewicht 106 — 107. Gerste unverändert. Hafer matter, do. loko pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 104,00. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 107,00. Spiritus pr. 100 1 100 % loko 31 ½ Gd., pr.
Frübjahr 32 ½ Gd.
Magdeburg, 9. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 9,05 — 9,15. Kornzucker exkl., 88 % Rendement 8,55 — 8,65, neue 8,60 — 8,75. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 5,75 — 6,45. Etwas besser. Brotraffinade 1 —,—. Brot⸗ raffinade II —,—. Gem. Raffinade mit Faß 20,25 — 21,50, Gem. Melis I mit Faß —,—. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Januar 8,72 ½ Gd., 8,80 Br., pr. Februar 8,77 ½ bez., 8,80 Br., pr. März 8,80 Gd., 8,85 Br., pr. April⸗Mai 8,90 Gd., 8,95 Br. Ruhiger.
Leipzig, 9. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 2,77 ½ ℳ, pr. Februar 2,77 ½ ℳ, pr. März 2,80 ℳ, pr. April 2,80 ℳ, pr. Mai 2,82 ⅓̃ ℳ, pr. Juni 2,85 ℳ, pr. Juli 2,87 ½ ℳ, pr. August 2,87 ½ ℳ, pr. September 2,90 ℳ, pr. Oktober 2,90 ℳ, pr. November 2,92 ½ ℳ, pr. Dezember 2,92 ½ ℳ Umsatz 25 000 kg. 8
Anstalten.
Zur Beförderung von Briefen und Postpacketen nach Deutsch⸗Südwest⸗Afrika bietet der am 31. Januar von Ham⸗ burg dahin abfahrende Postdampfer eine günstige Gelegenheit. Die betreffenden Sendungen müssen mit dem Leitvermerk „über Ham⸗ burg mit direktem Dampfer“ versehen sein. Postpackete sind bis zum Gewicht von 5 kg zur Mitbeförderung zulässig; das Porto, welches auf 3 ℳ 50 ₰ festgesetzt ist, muß vom Absender voraus⸗ bezahlt werden.
Bremen, 9. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer „Hohenstaufen“ hat am 7. Januar Nachmittags die Reise von Suez nach Aden fortgesetzt. Der Reichs⸗ Postdampfer „Karlsruhe“ ist am 7. Januar Vormittags in Suez angekommen.
— 10. Januar. (W. T. B.) Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 8. Januar Nachmittags die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Karlsruhe“ hat am 8. Januar Morgens die Reise von Port Said nach Neapel fortgesetzt. Der Postdampfer „Stuttgart“ hat am 9. Januar Nachmittags Dover passiert. Der Postdampfer „Lancelor“ hat am 9. Januar Morgens Vlissingen passiert. Der Rcichs⸗Post⸗ dampfer „Danzig“ hat am 9. Januar Nachmittags St. Catha⸗ rines Point passiert. Der Postdampfer „Weimar“ hat am 9. Januar Nachmittags Lizard passiert. Der Postdampfer „Straß⸗ burg“ ist am 5. Januar und der Postdampfer „München“ am 6. Januar in Montevideo angekommen.
„Lond on, 9. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Methven Castle“ ist am Montag auf der Ausreise von Mauritius abgegangen. Der Castle⸗DampferVenice“ ist heute auf der Ausreise in Durban angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Harlech Castle“ ist heute auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Union⸗Dampfer „Scot“ ist am Mittwoch auf der Ausreise von Madeira abgegangen.
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus.
Die Rolle des Faust in Gounod's Oper „Margarethe“ sang gestern Abend Herr Ben Davies als Gast. Im ersten Akt, beim Vortrag des großen Monologs, vermochte das zarte Organ mit der Kraftentfaltung des Orchesters nicht immer Schritt zu halten; daher gestaltete sich die Wirkung dieser Scene weniger ein⸗ dringlich, als die hohe Sangeskunst des aus den von ihm hier ge⸗ gebenen Konzerten vortheilhaft bekannten Gastes erwarten ließ. Um so eindrucksvoller traten die Vorzüge seiner Stimmmittel in der großen Gartenscene hervor; hier zeigte sich Herr Ben Davies als ein hervorragender lyrischer Sänger, dessen wohllautendes Organ tadellos allen Anforderungen entspricht und eine ungewöhnliche Biegsamkeit und Ausdrucksfähigkeit besitzt. Die Stimme behielt in allen Tonlagen einen jugendfrischen, schmelzenden Klang, da der Sänger auch bei stärkerer Tonentfaltung nie das Schönheitsmaß überschreitet. Sein Vortrag ist beweglich und empfindungsvoll, besonders in den Momenten, in denen er dem Faust die sieghafte Miene des zärtlichen und galanten Liebhabers verleiht. Nicht ebenso glücklich war die äußere Erscheinung des Darstellers.
Hiedler sang gestern die Margarethe mit glänzendem
elingen; sie überraschte fast durch die Pracht und Fülle des Ton
und die Innigkeit des Vortrags. Die Herren Mödlinger (Mephistopheles) und Fränkel (Valentin) sowie die Damen Rot⸗ bansen (Siebel) und Lammert (Marthe) boten ebenfalls lobens⸗ werthe Leistungen. 8
Konzerte
In seinem gestrigen „Chopin⸗Abend“ im Saal Bechstein gab Herr Wlavdimer von Pachmann aufs neue Zeugniß von hervorragenden Befähigung für die richtige Vortragsweise der Werke dieses Die vollkommene Beherrschung aller technischen S wierigke ten ist es nicht allein, sondern auch das tiefe Eingehen in alle Feinheiten Chopin's, was seinem Spiel einen unwiderstehlichen Zauber verleiht. Die B-moll-Sonate mit dem Trauermarsch, das ‚elten gehörte Konzert⸗Allegro (op. 46), die Polonaise op. 40 Nr. 2, zwei Etuden, das dritte Scherzo, die Phantasie (op. 49) und einige kleinere Stücke wurden von den zahlreich erschienenen Zuhörern mit rauschendem Beifall aufgenommen. Auch an Wiederholungen und Zugaben ließ es der unermüdliche Künstler nicht fehlen. Im Konzertsaal des Klubhauses (Potsdamerstraße 9) ließen
sich zu gleicher Zeit drei Künstler aus Dresden zum ersten Mal vor n hiesigen Publikur Die Sängerin Fräulein Manja Frejtag